GERECHTIGKEIT BMF-Monatsbericht - Januar 2020 - Bundesfinanzministerium
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Editorial Editorial Monatsbericht des BMF Januar 2020 Die größten Investitionsbedarfe bestehen bei den Kommunen. Daher will Bundesfinanzminister Olaf Scholz ihre Handlungsfähigkeit stärken. Hier geht es insbesondere darum, die hochverschuldeten Kom- munen zu unterstützen. Denn sie sind häufig nicht mehr in der Lage, in die Zukunft zu investieren. Des- halb wollen wir gemeinsam mit den betroffenen Ländern in diesem Jahr das Problem überbordender kommunaler Altschulden angehen und lösen. Dazu bedarf es der Solidarität aller Länder und des Bundes. Ein Höhepunkt dieses Jahres wird die EU-Rats präsidentschaft sein, die Deutschland im zwei- ten Halbjahr 2020 übernehmen wird. Zum 13. Mal Liebe Leserinnen, liebe Leser, wird Deutschland die Europäische Union für sechs Monate nach innen und nach außen repräsentie- vor wenigen Tagen haben die 20er Jahre des 21. Jahr- ren sowie die Abstimmung mit den europäischen hunderts begonnen. Schon jetzt ist erkennbar, dass Partnern organisieren und leiten. Für den Bundes- die kommenden Jahre von zwei Megathemen be- finanzminister werden dabei insbesondere Fragen stimmt werden: Klimawandel und Digitalisierung; der Steuerpolitik und die Weiterentwicklung der Themen von globaler Bedeutung, die aber ganz un- Banken- und Kapitalmarktunion sowie die Vertie- mittelbare und vielfältige Auswirkungen auf das Le- fung der Wirtschafts- und Währungsunion wichtige ben der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ha- Themen sein. ben und wesentlich sind für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Die Bundesregierung hat sich den Das Bundesministerium der Finanzen hat auch in Herausforderungen gestellt – und wird dies auch im diesem Jahr viel vor. Damit Sie uns auf diesem Weg neuen Jahr tun. noch besser begleiten können, wirft unser Monats- bericht künftig jeden Monat ein Schlaglicht auf ein Das Jahr 2020 hat mit guten Nachrichten begonnen: Leitthema, das für unsere Arbeit von besonderer Be- Der Haushalt des vergangenen Jahres wurde erneut deutung ist – in diesem Monat ist es das Thema Ge- mit finanziellen Überschüssen abgeschlossen. Das rechtigkeit. Ich hoffe, dass der Monatsbericht da- zeigt der vorläufige Jahresabschluss, den das Bun- durch für Sie noch nutzbringender wird. desfinanzministerium Mitte des Monats veröffent- licht hat. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat vor- Ich wünsche Ihnen ein frohes und gesundes Jahr 2020. geschlagen, den zusätzlich zur Verfügung stehenden finanziellen Spielraum zu nutzen, um die Investiti- onen über das Jahr 2020 hinaus zu verstetigen und unser Land mit einer langfristigen Investitionsper Wolfgang Schmidt spektive fit für die Zukunft zu machen. Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen 3
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Analysen und Berichte____________________________________________7 Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2020___________________________________________________________ 8 Europäische Öffentliche Güter: Gemeinsam sind wir stark_______________________________________________ 14 Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2019________________________________ 19 Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2019_________________________________________________________ 23 „Die Bauwirtschaft: Engpass für die öffentliche Investitionstätigkeit?“ – Ergebnisse eines BMF-Workshops_______________________________________________________________________ 40 Aktuelle Wirtschafts- und Finanzlage____________________________47 Überblick zur aktuellen Lage_____________________________________________________________________________ 48 Konjunkturentwicklung aus finanzpolitischer Sicht______________________________________________________ 49 Steuereinnahmen im Dezember 2019____________________________________________________________________ 56 Entwicklung der Länderhaushalte bis einschließlich November 2019_____________________________________ 60 Finanzmärkte und Kreditaufnahme des Bundes__________________________________________________________ 62 Aktuelles aus dem BMF__________________________________________73 Hintergrund: Kohleausstieg______________________________________________________________________________ 74 Im Portrait: Parlamentarische Staatssekretärin Sarah Ryglewski__________________________________________ 77 Termine_________________________________________________________________________________________________ 80 Publikationen___________________________________________________________________________________________ 81 Hinweise auf Stellenausschreibungen____________________________________________________________________ 82 Terminhinweis auf Stellenausschreibungen______________________________________________________________ 86 Statistiken und Dokumentationen_______________________________87 Übersichten zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 88 Übersichten zur Entwicklung der Länderhaushalte_______________________________________________________ 89 Gesamtwirtschaftliches Produktionspotenzial und Konjunkturkomponenten des Bundes________________ 89 Kennzahlen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung____________________________________________________ 90 Redaktionelle Hinweise__________________________________________91 Impressum______________________________________________________93
Analysen und Berichte Analysen und Berichte Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2020 8 Europäische Öffentliche Güter: Gemeinsam sind wir stark 14 Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2019 19 Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2019 23 „Die Bauwirtschaft: Engpass für die öffentliche Investitionstätigkeit?“ – Ergebnisse eines BMF-Workshops 40
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Januar 2020 Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2020 ● Seit dem 1. Januar 2020 sind einige gesetzliche Änderungen in Kraft getreten, die sich auf den Alltag der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen auswirken werden. ● Deutschland trägt als eine führende Industrienation eine besondere Verantwortung für den welt- weiten Klimawandel. Mehrere steuerliche Maßnahmen tragen zum Umdenken und Umlenken bei Mobilität und Energie bei. ● Darüber hinaus werden Familien, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Arbeitgeber entlastet. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen profitieren vom weiteren Abbau von Bürokratie. Entlastung von Familien 1. Juli 2019 wurde das Kindergeld pro Kind um 10 € pro Monat erhöht. Entsprechend steigt nun Eltern erbringen durch Unterhalt, Betreuung und auch der steuerliche Kinderfreibetrag ab dem 1. Ja- Erziehung ihrer Kinder wichtige Leistungen für die nuar 2020 um 192 € von 7.620 € auf 7.812 €. Au- Gesellschaft. Dies wird bei der Bemessung der Ein- ßerdem wird der in den Einkommensteuer tarif kommensteuer berücksichtigt. Dabei ist auch das inte grierte Grundfreibetrag angehoben, näm- Existenzminimum der steuerpflichtigen Menschen lich ab dem 1. Januar 2020 um 240 € von 9.168 € und ihrer Kinder einkommensteuerlich zu verscho- auf 9.408 €. Für den Veranlagungszeitraum 2020 nen. Zudem ist die Wirkung der kalten Progression werden zudem die übrigen Eckwerte des Einkom- im Einkommensteuertarif zu berücksichtigen. An- mensteuertarifs zum Ausgleich der kalten Progres- derenfalls würde es bei Lohnerhöhungen, die ledig- sion nach rechts verschoben, und zwar um 1,95 %. lich die allgemeine Inflation ausgleichen, zu einer Das bedeutet, dass der Beginn des nächsten Ta- höheren individuellen Besteuerung kommen. rifabschnitts erst bei entsprechend höherem zu versteuernden Einkommen greift. Als kalte Progression wird der Anstieg des durchschnittlichen Die neuen Beträge im Überblick: Tabelle 1 Steuersatzes der Einkommensteuer bezeich- Grundfreibetrag, Kinderfreibetrag, net, der auf Lohn- und Gehaltserhöhungen Unterhaltshöchstbetrag zurückzuführen ist, die lediglich den Preis- Anhebung anstieg (Inflation) ausgleichen. 2019 um 2020 Grundfreibetrag 9.168 € 240 € 9.408 € Kinderfreibetrag 7.620 € 192 € 7.812 € Im steuerlichen Familienleistungsausgleich sor- Unterhaltshöchstbetrag 9.168 € 240 € 9.408 € gen Kinderfreibeträge und Kindergeld für eine an- Quelle: Bundesministerium der Finanzen gemessene Besteuerung von Familien. Bereits zum 8
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2020 Januar 2020 Anhebung der Pauschalen Planungssicherheit beitragen und weitere Impulse für Verpflegungsmehr für eine umweltschonende Mobilität geben. aufwendungen Analysen und Berichte Die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendun- Sonderabschreibung für gen wurden von 24 € auf 28 € (für jeden Kalender- Elektrofahrzeuge tag, an dem die steuerpflichtige Person 24 Stun- den aufgrund einer beruflichen Tätigkeit von ihrer Es wurde eine zeitlich befristete Sonderabschrei- Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte oder Be- bung für Elektronutzfahrzeuge und elektrisch be- triebsstätte abwesend ist) erhöht. Sie wurden au- triebene Lastenfahrräder eingeführt. Die Son- ßerdem von 12 € auf 14 € (bei Abwesenheit von derabschreibung beträgt einmalig – im Jahr der mehr als acht Stunden von der Wohnung und ers- Anschaffung – 50 % der Anschaffungskosten ent- ten Tätigkeitsstätte oder Betriebsstätte sowie für sprechender Fahrzeuge, die zwischen dem 1. Ja- den An- oder Abreisetag einer mehrtägigen aus- nuar 2020 und dem 31. Dezember 2030 angeschafft wärtigen beruflichen Tätigkeit mit Übernachtung werden. Die Maßnahme steht derzeit allerdings außerhalb der Wohnung) angehoben. noch unter einem beihilferechtlichen Vorbehalt. Neu: Übernachtungspauschale Besteuerung von Jobtickets für Berufskraftfahrerinnen und Jobtickets können durch die Arbeitgeberseite pau- -fahrer schal mit 25 % besteuert werden, ohne dass die Entfernungspauschale bei der Arbeitnehmerin be- Durch die Einführung eines neuen gesetzlichen ziehungsweise dem Arbeitnehmer gemindert wer- Pauschbetrags in Höhe von 8 € pro Kalendertag mit den muss. Dadurch soll Arbeitgebern die Möglich- Übernachtung wird die steuerliche Geltendma- keit gegeben werden, die Akzeptanz von Jobtickets chung der Aufwendungen vereinfacht, die Berufs- insbesondere bei den Arbeitnehmerinnen und Ar- kraftfahrerinnen und -fahrern typischerweise ent- beitnehmern zu erhöhen, die öffentliche Verkehrs- stehen, wenn sie in ihrem Fahrzeug übernachten. mittel aufgrund ihres Wohnorts oder ihrer Arbeits- stätte im ländlichen Raum gar nicht oder nur sehr eingeschränkt nutzen können. Förderung der umweltfreundlichen Mobilität Betrieblich übereignete Fahrräder Im Jahr 2018 traten bereits steuerliche Regelungen in Kraft, welche die Förderung der umweltfreund- Darüber hinaus wurde eine Pauschalbesteuerungs- lichen Mobilität zum Ziel haben. Die Elektromo- möglichkeit mit 25 % für unentgeltlich oder verbil- bilität ist ein zentraler Baustein für eine zukunfts- ligt übereignete betriebliche Fahrräder geschaffen. gerechte Fortbewegung. Zusätzliche Maßnahmen Diese einfache steuerliche Lösung verringert den sollen ab dem Jahr 2020 die Umweltverträglich- administrativen Aufwand der Arbeitgeber. keit des Personen- und Güterverkehrs erhöhen, zur 9
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2020 Januar 2020 Private Nutzung betrieblicher Energetische Elektro- oder Hybridfahrzeuge Sanierungsmaßnahmen Bei der privaten Nutzung eines betrieblichen Elek- Deutschland hat sich gemeinsam mit seinen eu- tro- oder extern aufladbaren Hybridfahrzeugs gilt ropäischen Partnern geeinigt, in Europa den Aus- für die Dienstwagenbesteuerung die Halbierung stoß von Treibhausgasen bis 2030 gegenüber 1990 der Bemessungsgrundlage nun bis Ende 2030. Die deutlich zu verringern. Dazu soll umweltfreund- ursprünglich bis Ende 2021 geltende Halbierung liches Verhalten steuerlich stärker gefördert wer- wurde bis zum 31. Dezember 2030 bei stufenwei- den. So werden energetische Sanierungsmaßnah- ser Anhebung der Voraussetzungen verlängert. Zu- men an selbstgenutztem Wohneigentum durch sätzlich wird auch für Elektro- und Elektrohybrid- einen prozentualen Abzug der Aufwendungen von Dienstwagen, die pro gefahrenem Kilometer keine der Steuerschuld (verteilt über drei Jahre) gefördert. CO2-Emissionen haben, bei privater Nutzung nur Förderfähig sind Einzelmaßnahmen, die auch in be- ein Viertel der Bemessungsgrundlage berücksich- stehenden Programmen der Gebäudeförderung als tigt. Dies gilt für Kraftfahrzeuge, deren Bruttolis- förderfähig eingestuft sind (z. B. Wärmedämmung, tenpreis nicht mehr als 40.000 € beträgt. Erneuerung von Fenstern, Außentüren oder einer Heizungsanlage). Die Förderung erfolgt durch den Abzug von der Steuerschuld. Es wird also die tarif- Aufladen eines Elektro- oder liche Einkommensteuer, nachdem sonstige Steuer Hybridfahrzeugs beim Arbeitgeber ermäßigungen abgezogen sind, hierbei verringert. Insgesamt besteht je Objekt ein Förderbetrag in Das elektrische Aufladen eines Elektro- oder Hybrid Höhe von 20 % der Aufwendungen – höchstens je- elektrofahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers bleibt doch 40.000 € – für diese begünstigten Einzelmaß- auch nach 2020 für zehn weitere Jahre steuerfrei. Das nahmen zur Verfügung. Damit können Aufwen- Gleiche gilt für die zeitweise Überlassung einer be- dungen bis 200.000 € berücksichtigt werden. trieblichen Ladevorrichtung zur privaten Nutzung. Diesen Steuervorteil können Nutzerinnen und Nut- zer von Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen nun Förderung von Forschung und bis Ende 2030 in Anspruch nehmen. Der Arbeitgeber Entwicklung hat ferner die Möglichkeit, die Lohnsteuer für geld- werte Vorteile aus der unentgeltlichen oder verbil- Es wurde eine steuerliche Forschungszulage einge- ligten Übereignung einer Ladevorrichtung sowie führt, die unabhängig von der jeweiligen Gewinn- für Zuschüsse zu den Aufwendungen der Arbeit- situation von allen berechtigten Unternehmen in nehmerin beziehungsweise des Arbeitnehmers für Anspruch genommen werden kann. Die steuerli- den Erwerb und für die Nutzung einer Ladevorrich- che Förderung tritt dabei neben die gut ausgebaute tung pauschal mit 25 % zu erheben. Auch diese Maß- Projektförderlandschaft. Sie soll den Investitions nahme wird bis Ende 2030 verlängert. standort Deutschland stärken und die Forschungs- aktivitäten insbesondere kleiner und mittlerer Un- ternehmen anregen. Die Förderung bezieht sich Umsatzsteuersenkung im auf Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in Schienenverkehr den Kategorien Grundlagenforschung, industrielle Forschung und experimentelle Entwicklung. Sie Die Attraktivität des öffentlichen Personenschie- bemisst sich an den Lohnaufwendungen für for- nenbahnfernverkehrs wird durch die Senkung des schendes Personal sowie an den Auftragskosten bei Umsatzsteuersatzes für diese Leistungen von 19 % in Auftrag gegebenen Vorhaben. Zudem können auf 7 % verbessert. Dies dient gleichzeitig der auch Aufwendungen der selbstforschenden Un- Rechtsvereinfachung und dem Bürokratieabbau. ternehmen berücksichtigt werden. Die Förderung 10
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2020 Januar 2020 erfolgt in Form einer Forschungszulage und be- Steuerliche Entlastungsmaßnahmen trägt 25 % einer maximalen Bemessungsgrundlage von 2 Mio. €. Die Forschungszulage wird auf die In Vorbereitung des Gesetzentwurfs wurden zahl- Analysen und Berichte nächste Steuerfestsetzung angerechnet und ausge- reiche Vorschläge, auch seitens der Verbände, ge- zahlt, soweit sie die festgesetzte Steuer übersteigt. prüft. Im Ergebnis wurde weiterer Bürokratieabbau Auf die Forschungszulage besteht – bei Vorliegen beschlossen, bei dem aus Sicht der Bundesregie- aller Voraussetzungen – ein Rechtsanspruch. rung in einer Gesamtabwägung die entlastenden Wirkungen gegenüber möglichen nachteiligen Wirkungen überwiegen: Bürokratieabbau ● Anhebung der umsatzsteuerlichen Kleinunter- Vom Dritten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG III) nehmergrenze von 17.500 € auf 22.000 € Vor- profitieren insbesondere kleine und mittelständi- jahresumsatz, sche Unternehmen. Das Gros der Entlastung ent- fällt auf steuerliche Maßnahmen. ● Anhebung der lohnsteuerlichen Pauschalie- rungsgrenze von 62 € auf 100 € für Beiträge zu einer Gruppenunfallversicherung, Mitwirkungspflichten bei einer Außenprüfung ● Anhebung des steuerfreien Höchstbetrags von 500 € auf 600 € im Kalenderjahr je Arbeitneh- Steuerpflichtige haben bei einer Außenprüfung merin beziehungsweise Arbeitnehmer für be- Mitwirkungspflichten. Die Finanzverwaltung kann triebliche Gesundheitsförderung, entweder ● Anhebung der Arbeitslohngrenze zur Lohn- ● die Einsicht in die mithilfe eines Datenverar- steuerpauschalierung bei kurzfristiger Beschäf- beitungssystems erstellten Daten sowie die tigung, Nutzung dieses Datenverarbeitungssystems ● Pauschalierung der Lohnsteuer für beschränkt ● oder die maschinelle Auswertung dieser Daten steuerpflichtige Arbeitnehmerinnen und Ar- durch den Steuerpflichtigen beitnehmer, ● oder einen Datenträger mit den gespeicherten ● Erhöhung der Grenzbeträge für Hilfeleistung Steuerunterlagen durch Lohnsteuervereine, verlangen. Diese drei alternativen Datenzugriffs- ● Bürokratieabbau für Bescheinigungs- und In- rechte bedeuten hohe Bürokratielasten für die Un- formationspflichten der Anbieter von Alters- ternehmen, da die Datenverarbeitungssysteme vorsorgeverträgen gegenüber den Steuerpflich- über die zehnjährige Aufbewahrungsfrist nach ei- tigen, nem Wechsel des Datenverarbeitungssystems oder einer Datenauslagerung aufrechterhalten werden ● Einführung einer (elektronischen) Übermitt- müssen. Künftig reicht es aus, wenn die Steuer- lungspflicht der für die Besteuerung erhebli- pflichtigen fünf Jahre nach einem Systemwechsel chen rechtlichen und tatsächlichen Verhält- oder einer Datenauslagerung nur noch einen Da- nisse anlässlich der Aufnahme einer land- und tenträger mit den gespeicherten Steuerunterlagen forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder frei- vorhalten. beruflichen Tätigkeit innerhalb eines Monats. 11
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2020 Januar 2020 Ebenfalls zum Zwecke des Bürokratieabbaus, aber dem EU-Doppelbesteuerungsabkommen-Streit- mit dem Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur beilegungsgesetz (EU-DBA-SBG), im besonderen Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltun- Interesse. Die EU-Streitbeilegungsrichtlinie wirkt gen1, wurde die Grenze für die Berechnung der Um- ausschließlich zugunsten der Steuerpflichtigen satzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Ver- und gibt ein weiteres Verfahren für die Streitbeile- steuerung) von 500.000 € auf 600.000 € erhöht. gung in sämtlichen Fällen der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen im Hinblick auf die Anwendung von Doppelbesteuerungsabkom- E-Books, E-Paper, men zwischen EU-Mitgliedstaaten vor. Der Vorteil Monatshygiene des neuen Verfahrens gegenüber bestehenden Ver- fahren liegt darin, dass ein harmonisierter und in Im Jahr 2018 wurde den EU-Mitgliedstaaten die einem höheren Maß verbindlicher und transparen- Möglichkeit eingeräumt, auf Umsätze mit Bü- ter Rahmen für die grenzüberschreitende Streitbei- chern, Zeitungen, Zeitschriften und anderen Er- legung geschaffen wird. zeugnissen unabhängig von der äußeren Form der Publikation einen ermäßigten Steuersatz an- zuwenden. Die Bundesregierung hat dies weitge- Ausfuhrlieferungen im nicht- hend umgesetzt, die neue Regelung gilt bereits seit kommerziellen Reiseverkehr dem 18. Dezember 2019. Ziel ist die Gleichbehand- lung körperlicher und elektronischer Erzeugnisse Für den nichtkommerziellen Reiseverkehr wurde wie beispielsweise E-Books oder E-Paper. Hiervon eine Wertgrenze für die Umsatzsteuerrückerstat- ausgenommen sind Veröffentlichungen, die voll- tung eingeführt. Damit werden Einkäufe erst ab ei- ständig oder im Wesentlichen Werbezwecken die- nem Rechnungsbetrag über 50 € von der Umsatz- nen, sowie Veröffentlichungen, die vollständig oder steuer befreit, sodass mit einer Verbesserung der im Wesentlichen aus Videoinhalten oder hörbarer Zollabfertigung und Entlastung der Infrastruktur Musik bestehen. an den Grenzen gerechnet wird. Die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie der Europä ischen Union (EU) lässt zudem die Anwendung des Reiseverkehr ermäßigten Steuersatzes auf Erzeugnisse für Zwe- Unter den Stichwörtern „Tax free“ erklärt die cke der sogenannten Monatshygiene (beispiels- Bundeszollverwaltung auf ihrer Internetsei- weise Tampons und Binden) zu. Auch diese uni- te www.zoll.de beispielsweise, wie im Reise- onsrechtliche Option wird in nationales Recht verkehr der steuerfreie Einkauf in der Praxis umgesetzt, die Steuersenkung auf diese Produkte funktioniert. gilt seit dem 1. Januar 2020. Ein wesentliches Ziel bei der Einführung der Wert- EU-Doppelbesteuerungsab- grenze ist es, den papiergebundenen Verwaltungs- kommen: Streitbeilegung aufwand an der Schweizer Grenze zu reduzieren. Hier ist es in den vergangenen Jahren zu stark stei- Für Steuerpflichtige mit grenzüberschreitenden Be- genden Abfertigungszahlen gekommen, verbun- zügen steht die Umsetzung der EU-Streitbeilegungs- den mit langen Wartezeiten in den Supermärkten richtlinie in einem neuen Steuerverfahrensgesetz, und an den Zollstellen. Neben der Reduzierung des Verwaltungsaufwands soll auch eine Entspannung der Verkehrssituation im deutsch-schweizerischen 1 Link zum Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen: Grenzgebiet herbeigeführt werden. http://www.bundesfinanzministerium.de/mb/202001011 12
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die wichtigsten steuerlichen Änderungen 2020 Januar 2020 Erhöhung der werden regelmäßig die Unterschiede der Steuer- Luftverkehrsteuer rechtsordnungen mehrerer Staaten ausgenutzt, um die steuerpflichtigen Gewinne in Staaten mit vor- Analysen und Berichte Um Anreize zu schaffen, den Ausstoß von klima- teilhafteren Steuersystemen zu verlagern oder die schädlichen Treibhausgasen zu verringern und Gesamtsteuerbelastung der Steuerpflichtigen zu die Bürgerinnen und Bürger zu klimafreundli- verringern. Infolgedessen kommt es häufig zu ei- chem Handeln zu ermuntern, wird die Luftver- nem beträchtlichen Rückgang der Steuereinnah- kehrsteuer zum 1. April 2020 erhöht. Der Steuer- men. Die Gestaltungen widersprechen den gesetz- satz für kürzere Flüge wird stärker angehoben: Für geberischen Prinzipien steuerlicher Gerechtigkeit, Inlandsflüge und Flüge innerhalb der EU/Europä indem komplexe zivilrechtliche Strukturen zur Er- ischen Freihandelsassoziation steigt der Steuersatz zielung steuerlicher Vorteile genutzt werden. von 7,50 € auf 13,03 € pro Flug; das bedeutet eine Steigerung um 74 %. Der Steuersatz für Flüge über Um dem zu begegnen, setzt die Bundesregierung 2.500 km bis 6.000 km erhöht sich um 9,58 € auf eine EU-Richtlinie um, die das Ziel verfolgt, grenz 33,01 € je Flug und für Flüge über 6.000 km steigt überschreitende Steuervermeidungspraktiken und der Steuersatz um 17,25 € auf 59,43 € pro Flug Gewinnverlagerungen zu identifizieren und zu ver- (Steigerung um jeweils circa 41 %). ringern, um die Erosion des Steuersubstrats zu verhindern. Hierfür ist von entscheidender Be- deutung, dass die Gesetzgeber und zuständigen Fi- Die Luftverkehrsteuer nanzbehörden zeitnah umfassende und relevante wird von Luftverkehrsunternehmen, die ge- Informationen über gesetzlich nicht vorgesehene werbsmäßig Personen befördern, entrichtet. Steuergestaltungen erhalten. Diese Informatio- Post- und Frachtverkehre werden nicht be- nen sollen die Gesetzgeber und Finanzbehörden in steuert. Die Luftverkehrsteuer setzt das Vor- die Lage versetzen, gegen schädliche Steuerprakti- liegen eines Rechtsvorgangs voraus und ent- ken vorzugehen und ungewollte Gestaltungsspiel- steht mit dem Abflug des Fluggastes von räume zu schließen. Dabei wird sowohl das rechts- einem deutschen Flughafen. politische Ziel verfolgt, den Gesetzgeber frühzeitig über mögliche Lücken in den bestehenden Rechts- vorschriften zu informieren, als auch der veranla- gungsbegleitende Zweck, den Steuerverwaltungen Pflicht zur Mitteilung eine gezieltere Prüfung zu ermöglichen. grenzüberschreitender Steuergestaltungen Meldungen über grenzüberschreitende Steuerge- staltungen müssen nach der EU-Vorgabe bereits ab Steuergestaltungen werden immer ausgefeil- dem 1. Juli 2020 entgegengenommen werden kön- ter und machen sich häufig die höhere Mobilität nen. Der erste Informationsaustausch zwischen von Kapital, Personen und immateriellen Werten den Mitgliedstaaten der EU soll bereits am 31. Ok- zunutze. Bei grenzüberschreitenden Strukturen tober 2020 abgeschlossen sein. 13
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Januar 2020 Europäische Öffentliche Güter: Gemeinsam sind wir stark ● Die Ökonomen Prof. Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest und Prof. Jean Pisani-Ferry haben eine ökono- mische Studie zur Frage der Entwicklung Europäischer Öffentlicher Güter erstellt und diese am 8. November 2019 in Brüssel dem Bundesfinanzminister Olaf Scholz und seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire übergeben. ● Die Studie stellt substanzielle Ansätze für eine Neubestimmung der Kompetenzverteilung zwischen der Ebene der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten vor, um den europäischen Mehrwert zu steigern und die neuen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts in Europa gemeinsam zu be- wältigen. ● Die Analyse durch Fuest und Pisani-Ferry leistet einen wichtigen Debattenbeitrag, greift die Perspektive zur Stärkung eines souveränen Europas auf und gibt damit Impulse für die politische Agenda der neuen Europäischen Kommission. Einführung Ökonomische Begründung für Europäische Öffentliche Güter Die renommierten Ökonomen Clemens Fu- est (EconPol Europe und ifo-Präsident) und Jean Nach welchen Kriterien bestimmt sich, auf welcher Pisani-Ferry (European University Institute, Brue- Ebene der erwünschte Effekt der Bereitstellung öf- gel sowie Hertie School of Governance) haben in fentlicher Güter besonders groß wäre? Welche öf- einer vom BMF und dem französischen Finanz- fentlichen Güter haben wann einen europäischen ministerium initiierten Studie die Frage der Kom- Mehrwert? Welche Voraussetzungen müssen vor- petenzzuordnung in Europa – Verantwortung auf liegen, damit die Verlagerung auf die europäische der Ebene der Europäischen Union (EU) oder der Ebene in der Praxis gelingen kann? Welche instituti- mitgliedstaatlichen Ebene – neu gestellt. Der vom onellen Fortentwicklungen werden damit erforder- Forschungsnetz EconPol Europe veröffentlichte, lich? Und für welche Europäischen Öffentlichen Gü- international beachtete Policy Report wurde am ter sind sinnvolle Zwischenlösungen denkbar? Nicht Rande des ECOFIN am 8. November 2019 in Brüs- zuletzt: Wie groß wären die Opportunitätskosten, sel dem Bundesfinanzminister Olaf Scholz und sei- wenn in den relevanten Bereichen der Schritt zur nem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire Europäisierung nicht gelänge? Mit der Behandlung übergeben und von den Autoren im Einzelnen dieser zentralen Fragen liefert der Bericht substanzi- vorgestellt.1 elle Ansätze für eine wechselseitige Neubestimmung der Kompetenzverteilung zwischen EU-Ebene und 1 Die komplette Studie (englisch) finden Sie hier: Mitgliedstaaten und skizziert gleichzeitig zentrale https://www.econpol.eu/publications/policy_report_16 Handlungs- und Prüfungsfelder für eine Europäisie- Ein auf der Studie aufbauenden Kommentar (deutsch) ist rung von Kompetenzen. veröffentlicht unter: https://www.ifo.de/ifo-Standpunkt-210- Europaeische-oeffentliche-Gueter 14
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Europäische Öffentliche Güter: Gemeinsam sind wir stark Januar 2020 Ökonomisch leitet sich die Begründung für eine die EU und ihre Mitgliedstaaten fundamental ge- Bereitstellung von öffentlichen Gütern aus deren wandelt haben. Nur ein einiges Europa und damit Eigenschaften der Nicht-Rivalität im Konsum so- eine starke EU – so der Befund – sind in der Lage, Analysen und Berichte wie der Nicht-Ausschließbarkeit ab. Ein typisches Handlungsfähigkeit in zentralen Politikbereichen ökonomisches Beispiel ist die Verteidigung. Für öf- zu beweisen, im globalen Kontext, aber auch mit fentliche Güter ist eine europäische Bereitstellung Blick auf die konkreten Bedürfnisse der Bürgerin- gegenüber einer rein nationalen nach der Vorstel- nen und Bürger. Die Mitgliedstaaten der EU sind lung der beiden Ökonomen dann zu präferieren, zweifellos mit einer Reihe an internationalen He- wenn sich – auch unter Berücksichtigung der in- rausforderungen konfrontiert: der Bekämpfung stitutionellen Rahmenbedingungen – ein klarer des Klimawandels, der Besteuerung multinationa- europä ischer Mehrwert aufgrund der Gütercha- ler Unternehmen, den gegenseitigen Handelsbezie- rakteristika empirisch nachweisen lässt. Diese Ab- hungen, der Stabilität der Finanzmärkte oder dem schätzung eines europäischen Mehrwerts und die Umgang mit Flüchtlingen. Diese Aufgaben lassen Wahrung des Subsidiaritätsprinzips sind somit sich aber durch nationalstaatliches Handeln allein zwei Seiten einer Medaille. Wenngleich die empi- nicht mehr effektiv lösen. rische Kosten-Nutzen-Abschätzung durchaus an- spruchsvoll ist (nicht zuletzt für die Öffentlichkeit), In einem von technologischen, globalen und regi- so ist die daraus abzuleitende Kompetenzvertei- onalen Herausforderungen sowie geopolitischen lung doch eine eminent wichtige Frage. Verschiebungen veränderten Kontext ist es an der Zeit, den Europäischen Öffentlichen Gütern neue Priorität einzuräumen. Die beiden Ökonomen ar- Als öffentliches Gut gumentieren, dass sich die Wirtschaftsbeziehun- wird in den Wirtschaftswissenschaften ein gen zu globalen Playern, die Außen- und Verteidi- Gut bezeichnet, das vielen Konsumentin- gungspolitik, der Kampf gegen den Klimawandel, nen und Konsumenten preisgünstig zur Ver- die Migrationspolitik oder etwa die digitale Souve- fügung gestellt werden kann (Nicht-Rivali- ränität und Cybersicherheit nur grenzüberschrei- tät im Konsum) und bei dem es gleichzeitig tend, gemeinsam und damit auf EU-Ebene regeln sehr schwierig ist, andere Konsumentinnen lassen. und Konsumenten vom Gebrauch oder Kon- sum dieses Guts auszuschließen (Nicht-Aus- Gleichzeitig stellen die beiden Autoren fest, dass in schließbarkeit). Öffentliche Güter können der Vergangenheit die wirtschaftliche Integration ein Grund von Marktversagen sein. Um die- in der EU im Vordergrund gestanden hat. Der Bin- ses Problem zu lösen, kann der Staat selbst nenmarkt und der Euro waren und sind sowohl in- das öffentliche Gut zur Verfügung stel- tegrationsgetrieben als auch Integrationstreiber. Es len oder Anreize für private Unternehmen sei aber darüber hinaus immer Ziel gewesen, Euro- schaffen, das Gut zu produzieren. Ein Eu- päische Öffentliche Güter zu produzieren, etwa in ropäisches Öffentliches Gut liegt dann vor, Gestalt gemeinsamer Politiken wie der Industriepo- wenn aufgrund der Gütereigenschaften eine litik. Solchen Zielen müsse künftig stärkere Beach- europäische Bereitstellung einen erkennba- tung geschenkt werden. „Es gibt sicher berechtigte ren europäischen Mehrwert erbringt, insbe- Sorgen, dass die Nationalstaaten ihre Souveränität sondere im Vergleich zu einer rein nationa- verlieren könnten, wenn die EU neue Kompeten- len oder regionalen Bereitstellung. zen bekommt. Aber auf verschiedenen Politikfel- dern haben wir heute nur die Wahl zwischen einer europäischen Souveränität und gar keiner Souve- Hintergrund dieser Neuverortung ist eine Situa- ränität“, so Pisani-Ferry und Fuest. tion, in der sich die politischen Erwartungen an 15
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Europäische Öffentliche Güter: Gemeinsam sind wir stark Januar 2020 Zentrale politische 4. Spitzenforschung: Eine europäische Förde- Handlungsfelder rung bahnbrechender Innovationen im Stile der US-amerikanischen Defense Advanced Research Die EU sollte daher die Arbeitsteilung zwischen der Projects Agency (DARPA) sollte sich auf wegwei- nationalen und der europäischen Ebene neu orga- sende Projekte konzentrieren – ohne Berücksichti- nisieren. Die Studienautoren plädieren dafür, der gung der regionalen Verteilung über Länder hin- EU-Ebene mehr Zuständigkeiten zu übertragen. In weg – und sollte Instrumente an der Hand haben, dem sich über die vergangenen Jahrzehnte grund- um erfolglose Projekte auch effektiv zu beenden. legend veränderten wirtschaftspolitischen Um- feld sei eine deutliche Ausweitung der potenziellen Handlungsfelder mit dem Charakter von öffentli- Die Defense Advanced Research Projects chen Gütern festzustellen. Konkret sehen die bei- Agency, kurz DARPA, den Ökonomen Vorteile für eine Vergemeinschaf- ist die Forschungsagentur des US-Ver- tung der EU-Politik in folgenden Feldern: teidigungsministeriums. Gegründet wur- de sie als ARPA nach dem Sputnik-Schock 1. Außenwirtschaftsbeziehungen: Die EU darf im Jahr 1958. Ihre Aufgabe ist nach eigenen nicht nur die Wettbewerbs- und Handelspolitik Angaben, die „technische Überlegenheit des in den Blick nehmen, sondern muss sich auch um US-Militärs aufrechtzuerhalten“. Die Behör- die „Investitionspolitik“ kümmern. Der Rat der EU de kümmert sich um militärisch relevante soll das Recht erhalten, mit qualifizierter Mehrheit Forschung wie die Entwicklung von Droh- ausländische Investitionen in einem EU-Land zu nen, Robotern oder der Tarnkappentechnik. blockieren, die eine Gefährdung der europäischen Das bekannteste und erfolgreichste Pro- Sicherheit darstellen. Die Internationalisierung jekt der Agentur dürfte das Arpanet sein, aus des Euro sollte gefördert werden, etwa durch die dem das Internet hervorging. Einführung eines gemeinsamen sicheren Ver- mögenswerts; auf eine konsolidierte Vertretung des Euro-Währungsgebiets beim Internationalen 5. Entwicklungszusammenarbeit und finanzielle Währungsfonds (IWF) wäre hinzuarbeiten. Unterstützung für Drittländer: Aufgrund starker Argumente für einen gemeinsamen Entwick- 2. Klimaschutz: Alle Sektoren sollten Teil eines lungsansatz sollte die EU entscheiden, ob sie das europäischen Regimes sein, das auf dem Emissi- Außenmandat der Europäischen Investitionsbank ons Trading System (ETS) oder einem System der stärken oder ihre Beteiligung an der Europäischen CO2-Steuer beruht. Die EU sollte in der Lage sein, Bank für Wiederaufbau und Entwicklung zu- mit qualifizierter Mehrheit verbindliche Korridore kunftsorientiert nutzen will. für Kohlenstoffpreise festzulegen und Verstöße gegen eine gemeinsam festgelegte Dekarbonisie- 6. Migrationspolitik und Schutz der Flüchtlinge: rung zu ahnden. Dabei sollten die sozialen Kosten Ein Vorschlag der Autoren lautet, ein europäisches des Übergangs ausgeglichen werden. Grenzschutzsystem, ein gemeinsames Asylrecht und Verfahren für die Verteilung von Asylberech- 3. Digitale Souveränität: Die EU sollte ihre Res- tigten und die Rückführung von Menschen ohne sourcen bündeln, um die Cybersicherheit und die Asylanspruch einzuführen. Dies setzt in der Logik digitale Souveränität zu schützen. Eine hochran- einer flexiblen Geometrie voraus, dass derartige gige Gruppe sollte Maßnahmen für den Binnen- Initiativen zunächst im Rahmen einer verstärkten markt und Optionen für eine engere Zusammen- Zusammenarbeit einer Untergruppe von Mitglied- arbeit zwischen den Regionen vorschlagen. staaten vorangetrieben werden, an dessen Ende 16
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Europäische Öffentliche Güter: Gemeinsam sind wir stark Januar 2020 der Schengen-Raum und der gemeinsame migrati- Im Falle von Club-Gütern onspolitische Raum sich überschneiden. ist eine Ausschließbarkeit im Konsum oder von der Nutzung möglich. Gleichzeitig liegt Analysen und Berichte 7. Außenpolitik und Außenvertretung: Die Argu- keine oder nur eine geringe Rivalität im Kon- mente für einen gemeinsamen europäischen au- sum vor. Club-Güter müssen nicht durch ßenpolitischen Ansatz sind stark. Gleichwohl sind den Staat bereitgestellt werden, sondern prozedurale Mechanismen nicht hinreichend, um können auch durch Unternehmen und an- bestehende, tiefgreifende politische Differenzen dere Organisationen in Form von Gruppen zwischen den Mitgliedstaaten zu überwinden. In beziehungsweise Clubs angeboten werden. einem graduellen Ansatz werden daher Initiativen Normalerweise besteht hier keine Rivalität, zur Stärkung der europäischen „Soft Power“, eine weil diese Güter von mehreren Konsumen- effizienzorientierte Verwaltungszusammenarbeit tinnen und Konsumenten gleichzeitig ge- sowie regelmäßige Weißbücher zur europäischen nutzt werden können. Rivalität im Konsum Außenpolitik vorgeschlagen. entsteht bei einer Bereitstellung über einen Club bei steigender Mitgliederzahl aufgrund 8. Militärische Beschaffung und Verteidigung: Der von Kapazitätsgrenzen. Weg zu einer europäischen Verteidigung unter- liegt ebenfalls den Regeln der flexiblen Geometrie. Dabei sollten zunächst Fortschritte auf dem Weg Der Anspruch einer Entwicklung Europäischer Öf- zu einer gemeinsamen Beschaffung, gemeinsamen fentlicher Güter und die damit verbundene Effizi- Infrastrukturen, einer gemeinsamen Rüstungsex- enzvermutung muss empirisch nachgewiesen wer- portpolitik und gemeinsamen Verteidigungsinitia- den, um dann in der Konsequenz Ressourcen auf tiven erzielt werden. die europäische Ebene zu verlagern. Auch die fis- kalischen Implikationen der Entwicklung Europäi- scher Öffentlicher Güter sowie die Rückwirkungen Fragen der Governance und auf nationales und regionales staatliches Handeln sind in den Blick zu nehmen. Zwar erfordert die Finanzierung verstärkte Bereitstellung Europäischer Öffentli- cher Güter zusätzliche Finanzmittel, jedoch sollte Die Beantwortung der Frage nach arbeitsfähi- sich die Gesamtbelastung für die EU-Bürgerinnen gen Formen der Bereitstellung solcher Güter kann und -Bürger damit nicht erhöhen. Im Sinne des nicht im institutionellen Vakuum erfolgen, son- Konzepts muss es gerade ein Kernziel des Ansat- dern begründet sich durch die Rahmenbedin- zes sein, Budgetbelastungen zu reduzieren, indem gungen und Spielräume, welche die EU-Verträge öffentliche Güter auf europäischer Ebene effizien- aufspannen. Die Heterogenität der potenziellen ter als auf nationaler Ebene bereitgestellt werden. Handlungsfelder erfordert im Verständnis der Au- Mit Blick auf die aktuelle Debatte um das künftige toren eine flexible Geometrie institutioneller Lö- Finanzierungssystem der EU schlagen die beiden sungen, die von vollständiger Vergemeinschaftung, Ökonomen vor, dass hierfür die Finanzierungsbei- aber auch vollständiger Dezentralisierung über so- träge der Mitgliedstaaten erhöht werden müssten. genannte Club-Güter bis hin zu bilateralen Pilot- projekten reichen kann. 17
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Europäische Öffentliche Güter: Gemeinsam sind wir stark Januar 2020 Um das Momentum zur Bereitstellung Euro- Fazit päischer Öffentlicher Güter zu stärken, schla- gen die Autoren bilaterale Projekte vor, etwa eine Die Analyse der Potenziale einer Europäisierung deutsch-französische Agentur beziehungsweise wichtiger öffentlicher Aufgabenbereiche durch ein gemeinsames Forschungsinstitut für Cybersi- Fuest und Pisani-Ferry leistet einen weiteren wich- cherheit sowie einen deutsch-französischen Fonds tigen Debattenbeitrag, greift die bekannte Perspek- zur Unterstützung grundlegender, sogenannter tive zur Stärkung eines souveränen Europas auf Sprunginnovationen. Ferner fordern sie eine ge- und gibt damit Impulse für die politische Agenda meinsame Afrikastrategie sowie eine gemeinsame der neuen Europäischen Kommission. deutsch-französische Vertretung im IWF. 18
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Januar 2020 Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2019 Analysen und Berichte ● Die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden (ohne Gemeindesteuern) stiegen im Haushaltsjahr 2019 gegenüber dem Vorjahr um 3,1 % auf 735,9 Mrd. €. ● Die gemeinschaftlichen Steuern haben mit 595,4 Mrd. € oder 80,9 % den größten Anteil am Gesamtergebnis. Hier trugen insbesondere einkommens- und gewinnabhängige Steuerarten wie Lohnsteuer, veranlagte Einkommensteuer und die nicht veranlagten Steuern vom Ertrag zum guten Ergebnis bei. ● Vom Zuwachs des Steueraufkommens profitierten alle föderalen Ebenen, allerdings in un- terschiedlichem Maße: Während die Einnahmen des Bundes um 2,1 % stiegen, konnten die Länder Zuwächse von 3,3 % und die Gemeinden von 5,8 % verbuchen. Entwicklung der Steuereinnah- Gesamteinnahmen von 713,6 Mrd. € war dies ein men (ohne Gemeindesteuern) Zuwachs von 22,3 Mrd. € oder 3,1 %. im Haushaltsjahr 2019 Die Steuereinnahmen im Haushaltsjahr 2019 und Im Haushaltsjahr 2019 konnten Bund, Länder die Veränderungen gegenüber dem entsprechen- und Gemeinden Steuereinnahmen (ohne Ge- den Vorjahreszeitraum sind in Tabelle 1 dargestellt. meindesteuern)1 in Höhe von 735,9 Mrd. € ver- buchen. Gegenüber dem Haushaltsjahr 2018 mit Im Haushaltsjahr 2019 stiegen die Einnahmen aus den gemeinschaftlichen Steuern gegenüber dem Haushaltsjahr 2018 um 3,4 % auf 595,4 Mrd. €. Das 1 Über die Einnahmen aus Gemeindesteuern berichtet das Aufkommen der Bundessteuern stieg um 0,9 % Statistische Bundesamt vierteljährlich. Diese Einnahmeer- gebnisse werden in der Fachserie 14 „Finanzen und Steuern“, auf 109,5 Mrd. €. Die Ländersteuern verzeichneten Reihe 4 „Steuerhaushalt“ im Rahmen eines Gesamtüberblicks einen Zuwachs von 8,1 % auf 25,8 Mrd. €. Die Zoll über die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden einnahmen lagen wie im Jahr 2018 bei 5,1 Mrd. €. veröffentlicht. Entwicklung der Steuereinnahmen im Haushaltsjahr 2019 Tabelle 1 Haushaltsjahr in Mrd. € Änderung gegenüber Vorjahr Steuereinnahmen nach Ertragshoheit 2019 2018 in Mrd. € in % Gemeinschaftsteuern 595,4 576,0 +19,4 +3,4 Bundessteuern 109,5 108,6 +1,0 +0,9 Ländersteuern 25,8 23,9 +1,9 +8,1 Zölle 5,1 5,1 +0,0 +0,6 Steuereinnahmen insgesamt (ohne Gemeindesteuern) 735,9 713,6 +22,3 +3,1 Abweichungen in den Summen durch Rundung der Zahlen möglich. Quelle: Bundesministerium der Finanzen 19
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2019 Januar 2020 Grundlagen des Anstiegs der Steuereinnahmen wa- Das Bruttoaufkommen der Körperschaftsteuer ren vor allem die anhaltend positive Entwicklung verringerte sich im Haushaltsjahr 2019 um 4,1 % des Arbeitsmarkts sowie steigende Löhne und Ge- auf 32,1 Mrd. €. Nach Abzug der betragsmäßig ver- hälter in Deutschland. Daraus resultierte ein fort- gleichsweise geringen Investitionszulage ergibt gesetzter Anstieg des Lohnsteueraufkommens. Die sich ein Kassenaufkommen im Haushaltsjahr 2019 zum Teil kräftige Aufwärtsentwicklung der Ein- von 32,0 Mrd. € (-4,2 % gegenüber 2018). nahmen aus den gewinnabhängigen Steuern, be- sonders der veranlagten Einkommensteuer, re- Das Steueraufkommen der nicht veranlagten Steu- sultierte u. a. aus Erträgen der vergangenen Jahre. ern vom Ertrag stieg im Haushaltsjahr 2019 brutto Zudem schlug sich die gute binnenwirtschaftliche um 0,2 % auf 24,5 Mrd. €. Hiervon abzuziehen sind Nachfrage in einem entsprechenden Wachstum Erstattungen durch das Bundeszentralamt für der Steuern vom Umsatz nieder. Steuern. Diese lagen um 20,4 % unter dem Vorjah- resniveau. Im Ergebnis stieg das Kassenaufkom- men der nicht veranlagten Steuern vom Ertrag im Gemeinschaftsteuern Haushaltsjahr 2019 um 1,3 % auf 23,5 Mrd. €. Basis für wachsende Einnahmen bei der Lohnsteuer Das Kassenaufkommen der Abgeltungsteuer auf war die gute Beschäftigungslage, die sich in einer Zins- und Veräußerungserträge war im Haushalts- weiteren Zunahme der sozialversicherungspflich- jahr 2019 abermals geringer als im Vorjahr. Es ver- tigen Beschäftigungsverhältnisse und kräftigen ringerte sich um 25,3 % auf 5,1 Mrd. €. Angesichts Lohnsteigerungen zeigte. Das Bruttoaufkommen des anhaltend niedrigen Zinsniveaus kann diese der Lohnsteuer stieg dadurch im Haushaltsjahr 2019 Entwicklung nicht aus der Besteuerung der Zins auf 264,6 Mrd. €. Dies entspricht einem Zuwachs ge- einkünfte hergeleitet werden. Vielmehr ist ein ge- genüber dem Vorjahr um 5,4 %. Hiervon abzuziehen ringeres Steueraufkommen aus Veräußerungs- ist das aus dem Lohnsteueraufkommen gezahlte erträgen wahrscheinlich. Mangels getrennter Kindergeld in Höhe von 42,5 Mrd. €. Zudem sind die statistischer Erfassung der beiden Aufkommens- Aufwendungen für die Altersvorsorgezulage hier- komponenten liegen hierzu jedoch keine gesicher- von abzuziehen. Diese sind im Haushaltsjahr 2019 ten Erkenntnisse vor. um 8,7 % auf 2,4 Mrd. € gestiegen. Im Ergebnis stieg das Aufkommen der Lohnsteuer im Haushalts- Die gute binnenwirtschaftliche Nachfrage schlug jahr 2019 um 5,5 % auf 219,7 Mrd. €. sich in einem entsprechenden Wachstum der Steu- ern vom Umsatz nieder. Im Haushaltsjahr 2019 Die veranlagte Einkommensteuer verzeichnete im wiesen die Steuern vom Umsatz insgesamt einen Haushaltsjahr 2019 Bruttoeinnahmen in Höhe von Zuwachs von 3,6 % gegenüber dem Haushalts- 79,3 Mrd. €, was einer Steigerung von 5,1 % gegen- jahr 2018 auf und lagen bei 243,3 Mrd. €. Die (Bin- über dem Vorjahr entsprach. Die Abzugsbeträge nen-)Umsatzsteuer zeigt ein Plus von 4,4 %, die von Investitionszulage und Eigenheimzulage be- Einfuhrumsatzsteuer auf Importe aus Ländern au- einflussten das Ergebnis aufgrund des Auslaufens ßerhalb der Europäischen Union (EU) verzeichnete der Förderung nur noch unerheblich. Betrags- ein Plus von 1,3 %. mäßige Relevanz hatten hingegen die aus dem Aufkommen der veranlagten Einkommensteuer gezahlten Erstattungen an veranlagte Arbeitneh- Bundessteuern merinnen und Arbeitnehmer. Unter Berücksichti- gung der Abzugsbeträge ergaben sich Kassenein- Bei den Bundessteuern wurde mit 109,5 Mrd. € nahmen der veranlagten Einkommensteuer im im Haushaltsjahr 2019 das Vorjahresniveau um Haushaltsjahr 2019 in Höhe von 63,7 Mrd. €. Dies 1,0 Mrd. € oder 0,9 % überschritten. Die Energie- bedeutet einen Anstieg um 5,5 %. steuer ist mit einem Aufkommen von 40,7 Mrd. € 20
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2019 Januar 2020 im Haushaltsjahr 2019 die aufkommensstärkste Bundessteuern beitragende Steuerarten im Haus- Bundessteuer. Maßgeblich für das Volumen der haltsjahr 2019: die Alkoholsteuer mit 2,1 Mrd. € be- Energiesteuer ist – mit 90,3 % des Aufkommens – ziehungsweise -0,7 %, die Schaumweinsteuer mit Analysen und Berichte die Besteuerung des Kraftstoffverbrauchs, insbe- 0,4 Mrd. € beziehungsweise +1,6 % und die Kaffee- sondere von Benzin und Diesel. Hier verringerten steuer mit 1,1 Mrd. € beziehungsweise +2,3 %. sich die Steuereinnahmen im Vorjahresvergleich um 0,1 %. Das Aufkommen aus der Energiesteuer auf Heizöl stieg um 14,3 %, dasjenige auf Erd- Ländersteuern gas verringerte sich um 10,2 %. Im Ergebnis ist bei der Energiesteuer ein leichter Rückgang um 0,5 % Die Ländersteuern steigerten ihr Aufkommen im zu verzeichnen. Die Tabaksteuer verzeichnete im Haushaltsjahr 2019 gegenüber dem Vorjahr deut- Haushaltsjahr 2019 einen Rückgang der Einnah- lich um 8,1 % auf 25,8 Mrd. €. Wie in den Vorjahren men um 0,6 % auf 14,3 Mrd. €. Der Solidaritäts- konnte die Grunderwerbsteuer deutlich um 12,1 % zuschlag wies im Haushaltsjahr 2019 ein Einnah- auf aktuell 15,8 Mrd. € zulegen. Zuwächse ver- mewachstum um 3,8 % auf 19,6 Mrd. € auf. Damit zeichneten noch die Rennwett- und Lotteriesteuer folgt er als Zuschlag in Höhe von 5,5 % der fest- um 4,3 % auf 2,0 Mrd. € und die Feuerschutzsteuer gesetzten Steuer der Entwicklung seiner Bemes- um 3,2 % auf 0,5 Mrd. €. Die Erbschaftsteuer stieg sungsgrundlagen – der Lohnsteuer, der veranlag- um 2,6 % auf 7,0 Mrd. €. Das Biersteueraufkommen ten Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer, der verringerte sich um 5,8 % auf 0,6 Mrd. €. Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungser- träge und der nicht veranlagten Steuern vom Er- trag. Das Kraftfahrzeugsteueraufkommen stieg im Entwicklung der Haushaltsjahr 2019 um 3,6 % auf 9,4 Mrd. €. Bei der Steuereinnahmen in den Versicherungsteuer gab es 2019 mit 2,6 % gegen- über 2018 abermals Zuwächse im Steueraufkom- einzelnen Quartalen men auf 14,1 Mrd. €. Die Luftverkehrsteuer verrin- gerte sich um 0,4 % auf 1,2 Mrd. €. Die Stromsteuer Ein Blick auf die Ergebnisse der einzelnen Quartale schloss mit einem Minus von 2,5 % bei 6,7 Mrd. € des Haushaltsjahres 2019 zeigt unterjährig zum Teil ab. Es folgen die Beträge und Veränderungs- hohe Veränderungsraten (siehe Tabelle 2). raten für weitere zum Gesamtaufkommen der Entwicklung der Steuereinnahmen in den einzelnen Quartalen 2019 Tabelle 2 2019 Steuereinnahmen nach Ertragshoheit 1. Quartal 2. Quartal 3. Quartal 4. Quartal Gemeinsschaftsteuern (Mrd. €) 143,5 151,3 144,5 156,0 Veränderung gegenüber Vorjahr in % +1,6 +4,9 +3,5 +3,4 Bundessteuern (Mrd. €) 24,0 26,6 26,7 32,3 Veränderung gegenüber Vorjahr in % +0,9 +0,6 +0,9 +1,1 Ländersteuern (Mrd. €) 6,5 6,1 6,5 6,7 Veränderung gegenüber Vorjahr in % +11,9 -1,3 +11,9 +10,4 Zölle (Mrd. €) 1,2 1,3 1,3 1,3 Veränderung gegenüber Vorjahr in % -5,8 +13,7 -3,9 +0,3 Steuereinnahmen insgesamt (ohne Gemeindesteuern) (Mrd. €) 175,2 185,3 179,0 196,3 Veränderung gegenüber Vorjahr in % +1,8 +4,1 +3,4 +3,2 Quelle: Bundesministerium der Finanzen 21
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Die Steuereinnahmen des Bundes und der Länder im Haushaltsjahr 2019 Januar 2020 Verteilung der Steuereinnah- Gemeinschaftsteuern. Die Verteilung der Steuer- men auf die Ebenen einnahmen im Haushaltsjahr 2019 auf Bund, Län- der, Gemeinden und EU und die Veränderungen Im Haushaltsjahr 2019 konnten alle Ebenen bes- gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeit- sere Ergebnisse erzielen als im Vorjahr. Basis die- raum sind in Tabelle 3 dargestellt. ser Entwicklung war die Steigerung bei den Verteilung der Steuereinnahmen auf die Ebenen Tabelle 3 Haushaltsjahr in Mrd. € Veränderung gegenüber Vorjahr Ebenen 2019 2018 in Mrd. € in % Bund¹ 329,1 322,4 +6,7 +2,1 Länder¹ 324,5 314,1 +10,5 +3,3 Gemeinden² 51,4 48,6 +2,8 +5,8 EU 30,9 28,6 +2,3 +8,2 Zusammen 735,9 713,6 +22,3 +3,1 Abweichungen in den Summen durch Rundung der Zahlen möglich. 1 Nach Bundesergänzungszuweisungen. 2 Lediglich Gemeindeanteil an Einkommensteuer, Abgeltungsteuer und Steuern vom Umsatz. Quelle: Bundesministerium der Finanzen 22
Analysen und Berichte Monatsbericht des BMF Januar 2020 Vorläufiger Abschluss des Bundeshaushalts 2019 Analysen und Berichte ● Der Bundeshaushalt 2019 konnte mit einem Überschuss abgeschlossen werden. Zur positiven Entwicklung hat die nach wie vor gute wirtschaftliche Lage Deutschlands beigetragen. ● Auf Basis des vorläufigen Jahresabschlusses 2019 ergab sich ein struktureller Überschuss von 0,11 % des Bruttoinlandsprodukts. ● Von einer Entnahme aus der Rücklage zur Finanzierung von Belastungen im Zusammenhang mit der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen konnte abge- sehen werden. Darüber hinaus ergab sich eine saldierte Entlastung von rund 13,5 Mrd. €, die gemäß Haushaltsgesetz 2019 den Rücklagen zugeführt werden. ● Die Investitionen erreichten im Bundeshaushalt 2019 eine Höhe von 38,1 Mrd. € und damit das Niveau des Vorjahres. Bereinigt um einen Sondereffekt im Jahr 2018 überschritten die Investiti- onen das Vorjahresniveau um 6,6 %. ● Länder und Kommunen wurden durch den Bund in erheblichem Umfang unterstützt. Ausgangslage Die verhaltene wirtschaftliche Dynamik im Jahr 2019 zeigte sich insbesondere in der anhalten- Die konjunkturelle Dynamik der deutschen Wirt- den Schwäche der Industrie. Die gebremste Welt- schaft hat sich im Jahr 2019 merklich verlang- konjunktur und der verlangsamte globale Handel samt. Nach den ersten vorläufigen Berechnungen belasteten die exportorientierten Unternehmen. des Statistischen Bundesamts vom 15. Januar 2020 Zudem trübten außenwirtschaftliche Risiken und ist das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt Unsicherheiten die Stimmung im Verarbeitenden (BIP) um 0,6 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen Gewerbe. Zusätzlich stellten strukturelle Verände- (2018: +1,5 %). Nach einem deutlichen Anstieg des rungen im Automobilsektor Herausforderungen BIP im 1. Quartal des Jahres (+0,5 % gegenüber dem für die Industrie dar. Wichtige Wachstumsimpulse Vorquartal) war die gesamtwirtschaftliche Aktivi- kamen dagegen aus der Binnenwirtschaft. Insbe- tät im 2. Quartal rückläufig (-0,2 % gegenüber dem sondere die privaten und staatlichen Konsumaus- Vorquartal). Dagegen beschleunigte sich die kon- gaben sowie Investitionen in Bauten entwickelten junkturelle Dynamik im 3. Quartal wieder leicht sich dynamisch. Zusätzlich trugen fiskalische Im- um 0,1 % im Vergleich zum Vorquartal. Für das pulse zu der robusten Binnennachfrage bei. Schlussquartal 2019 deuten aktuelle Wirtschafts- daten ebenso auf eine leicht aufwärtsgerichtete Die Binnennachfrage wurde von der anhaltend gu- wirtschaftliche Entwicklung hin. Zu Beginn des ten Entwicklung am Arbeitsmarkt gestützt, auch Jahres 2020 dürfte die konjunkturelle Dynamik ins- wenn diese etwas an Dynamik verlor. Die Erwerbs- gesamt noch verhalten bleiben, aber im Verlauf des tätigkeit nahm im Jahresdurchschnitt 2019 wei- Jahres wieder an Fahrt gewinnen. ter zu und lag nach vorläufigen Berechnungen 23
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