Monitoring-Rundbrief 1/2011 - Dachverband Deutscher ...

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Monitoring-Rundbrief 1/2011 - Dachverband Deutscher ...
Monitoring-Rundbrief 1/2011

                                 Liebe Leserin, lieber Leser!

                                 So schnell konnte man Mütze und Schal kaum ausziehen, wie in den letzten
                                 Tagen der Frühling Einzug hielt. Betrachtet man allein die Temperaturen,
Inhalt                           so wurde der Frühling förmlich übersprungen. Dieses Gefühl schienen auch
Wann kommt ornitho.de?.... 2     so manche Heimzügler zu verspüren, denn der eine oder andere trat un-
Birdrace 2011............. 3     gewöhnlich früh hierzulande und andernorts in Europa auf. So flogen die
Monitoring häufiger Brut          ersten Rauchschwalben bereits vor Mitte März umher und ihre in der Regel
  vögel – erste Ergebnisse       erst im April eintreffenden Verwandten, die Mehlschwalben, wurden bereits
  der Saison 2010 ......... 4    ab dem 25. März entdeckt. Ebenso sind Schwarzmilane vor Mitte März eher
Volkszählung beim Rotmilan 6     ungewöhnlich, mindestens ebenso Baumfalken, ein Kuckuck oder Gartenrot-
Jahresreffen der Koord-          schwänze im März. Einen Wiedehopf verschlug es vor lauter Vorfreude im
  inatoren des Brutvogel-
  monitorings und ADEBAR-
                                 März bis nach Schleswig-Holstein und in den ersten April-Tagen schlug be-
  Projektes ............... 8    reits die erste Nachtigall bei Hannover. Die besonders frühen Vorboten hier-
ADEBAR trägt erste Früchte:      zulande fügen sich in das Bild andernorts ein: Ungewöhnlich frühe Ankünfte
  Der Hessen-Atlas ist           – nicht nur von Einzelvögeln – gab es auch in Großbritannien, etwa von Baum-
  erschienen! ............. 9    falken und Kuckucken.
Integriertes Monitoring              Angesichts des jetzt teils schon sommerlichen Wetters besonders weit-
  Weißstorch – demografische
  Daten zeigen, wie es Ade-      sichtig handelte allerdings ein Waldkauzpaar in Münster, das bereits Mitte
  bar in Deutschland geht 10     März flugfähige Junge fütterte und sich somit vielleicht schon im Januar für
Ehrenamtliches Engagement        den Nachwuchs entschied. Nach den langen, bereits im November einsetzen-
  im Vogelmonitoring in          den, eisigen und schneereichen Wochen hatten offenbar nicht nur wir an den
  Deutschland ............ 14
                                 ersten milderen Tagen des neuen Jahres das Gefühl, dass der Winter jetzt
2011 – Internationales Jahr
                                 eigentlich zu Ende sein könnte.
  der Freiwilligentätigkeit 16
„Vögel in Deutschland 2010“
  zieht Bilanz: Nagoya –            Hätten wir jetzt schon ornitho.de ... mag der eine oder andere jetzt denken.
  mehr als ein Silberstreif      Uns geht es da nicht anders. Dann hätte man ein wesentlich vollständigeres
  am Horizont? .......... 18     Bild der Heimzügler zeichnen können. Aber es gibt gute Gründe, weshalb
Vom Goldhähnchen-Laubsänger      der Start etwas später erfolgen wird. Lesen Sie hierzu – sowie zu vielen wei-
  zur Schieferdrossel: Deut-
  sche Seltenheitenkommission
                                 teren spannenden Ergebnissen und Entwicklungen in der Vogelwelt – mehr
  wird Deutsche Avifaunisti-     auf den folgenden Seiten.
  sche Kommission ........ 20
Zum Vorkommen der Raub-             Wir wünschen allerseits viele spannende Beobachtungen und Entdeckungen
  seeschwalbe im Nordosten       in der Vogelwelt, sei es bei den Kartierungen der häufigen Brutvögel, des
  Deutschlands ........... 24
                                 Rotmilans, einfach so bei Spaziergängen durch den herrlichen Frühling oder
Ergebnisse der dritten
  Löffler-Synchronzählung im      am 7. Mai beim Birdrace.
  deutschen Wattenmeer am
  14./15. August 2010 .... 28    Johannes Wahl, Christoph Grüneberg, Christopher König und Sven Trautmann
Jungvogelanteile von
  Schwänen und Gänsen im
  Winter 2010/11 – erste
  Eindrücke .............. 30
40 Jahre Dachverband Deut-
  scher Avifaunisten e.V. 33
Zähltermine 2011/12...... 34
Monitoring-Rundbrief 1/2011 - Dachverband Deutscher ...
Foto: Eckhard Möller.
Wann kommt ornitho.de?
Christopher König und Johannes Wahl

Diese Frage wurde uns in den vergangenen Wochen und Monaten sicherlich Hunderte Male gestellt. Die
Vorfreude scheint bundesweit (und inzwischen auch darüber hinaus) erfreulich groß zu sein. In diesem Beitrag
wollen wir diese Frage beantworten und über die wichtigsten Fortschritte der letzten Zeit kurz berichten.

Solide Vorbereitung statt Schnellstart    programme ergeben. Durch die Zu-               Eine tagesgenaue Antwort auf
Das selbst gesteckte Ziel, im ersten      sammenarbeit mit der LNVL wird             die Ausgangsfrage, wann ornitho.de
Quartal 2011 zu starten, konnten          Französisch als dritte Sprache hin-        nun startet, wird uns niemand entlo-
wir nicht einhalten. Dafür, dass wir      zukommen. Damit sollte ornitho.de          cken können. Wir arbeiten jedoch
nicht „auf Teufel komm raus“ zum          für die meisten nicht der deutschen        Tag und Nacht an der Fertigstellung
31. März online gegangen sind, gibt       Sprache mächtigen Vogelbeobach-            und hoffen, dass wir im Laufe des
es gute Gründe. Der wichtigste: Ein       ter verständlich sein. Ein sehr erfreu-    Aprils, spätestens im Mai gut vorbe-
so umfangreiches Unterfangen wie          licher Grund, weshalb ornitho.de et-       reitet starten können.
ornitho.de muss solide vorbereitet        was später starten wird.
und mit vielen Einrichtungen und Per-
sonen abgestimmt werden, damit es
von Beginn an eine breite Akzeptanz
und Unterstützung erhält. Dazu sind
wir inzwischen in den meisten Bun-
desländern von Schleswig-Holstein
bis Bayern und von Sachsen bis ins
Saarland gereist, haben ornitho.de
bei Fachverbänden und -behörden
vorgestellt, Einführungen bei OAGs
und Spezialistengruppen gegeben,
mit dem Aufbau der regionalen
Organisationsstrukturen begonnen
und rechtlichen Rat bezüglich der
Nutzung der Daten sowie der Spiel-
regeln von ornitho.de eingeholt.

Luxemburg – herzlich
willkommen in der ornitho-Familie!
Im Februar haben sich die luxem-
burger Kollegen von der Lëtzebuer-
ger Natur- a Vulleschutzliga (LNVL)
entschlossen, bei ornitho.de einzustei-
gen. Die LNVL koordiniert die avi-
                                          Der inhaltlich größte Fortschritt der vergangenen Monate war die Integration der
faunistische Arbeit in Luxemburg, so      Topographischen Karten bis zum Maßstab 1:25.000. Diese können im Wechsel mit
dass sich viele Synergien auch bei        Luftbildern von GoogleMaps genutzt werden. Möglich wurde die Nutzung durch die
der Entwicklung von Eingabemodulen        vertrauensvolle Zusammenarbeit im Rahmen des Vogelmonitorings mit dem Bundes-
für die systematischen Erfassungs-        amt für Naturschutz und den Fachbehörden der Länder.

                                   2      DDA-Monitoring-Rundbrief
                                          Frühjahr 2011
Monitoring-Rundbrief 1/2011 - Dachverband Deutscher ...
7. Mai – Tag der Vogelartenvielfalt:

Birdrace 2011
Johannes Wahl und Christopher König                                                       „Wannacks Topticker“ im Einsatz.
                                                                                          Foto: DDA-Archiv.

Am ersten Samstag im Mai findet – mittlerweile zum achten Mal – das bundesweite Birdrace statt. Ziel der Ver-
anstaltung ist es – im Gegensatz den sonstigen Aktivitäten des DDA – nicht, wissenschaftlich exakte Daten zur
Verbreitung oder Bestandsentwicklung von Vogelarten zu sammeln. An diesem Tag stehen vielmehr der Spaß
an der Vogelbeobachtung und die Begeisterung möglichst vieler Menschen für die Vogelwelt im Vordergrund.
Mithilfe der großen medialen Aufmerksamkeit, die der Beobachtungswettbewerb alljährlich hervorruft, wollen
wir die breite Öffentlichkeit zudem auf die Vielfalt in der Vogelwelt und deren Erhaltung aufmerksam machen.

Die Artenvielfalt in der Vogelwelt        wurde. Alle Teilnehmer verpflichten        viele Vogelarten zu entdecken und
hierzulande erkunden die Teams an         sich selbstverständlich zur absoluten     mit Freunden einen spannenden Tag
diesem Tag intensiver als an jedem        Fairness – gegenüber den anderen          voller interessanter Erlebnisse zu
anderen im Jahr. Denn Ziel der ein-       Teams, vor allem aber gegenüber           verbringen. Alle Teams sind jedoch
zelnen, aus drei bis fünf Beobachtern     der Natur im Allgemeinen und der          auch dazu aufgerufen, Spenden für
bestehenden Teams ist es, am 7. Mai       Vogelwelt im Speziellen: Klangat-         ein jährlich festgelegtes Projekt zu
zwischen 0 und 24 Uhr so viele Vo-        trappen sind ebenso verboten, wie         sammeln (keine Teilnahmevorausset-
gelarten wie möglich zu sehen oder        jedwede Beeinträchtigung speziell         zung). Neben den Siegern im „Arten-
zu hören. Eine Art darf gewertet          von Vögeln an ihren Brutplätzen.          rennen“ wird es somit auch Sieger
werden, wenn sie von der Mehr-                Besonders dort, wo mehrere            im „Spendenrennen“ geben. Auf Be-
zahl der Teammitglieder bestätigt         Teams antreten, ist eine exakte Fest-     schluss der Mitgliederversammlung
                                          legung des Beobachtungsgebiets            des DDA fließen die Spendenein-
                                          aus Gründen der Vergleichbarkeit          nahmen in diesem Jahr wieder in
                                          wichtig. Deshalb orientiert sich die-     das Projekt ornitho.de, und zwar in
                                          ses in der Regel an der Grenze von        den Unterhalt für das erste Jahr so-
                                          (Land)Kreisen. Wenn einstmals weit        wie die Weiterentwicklung. Die Bird-
                                          verbreitete Arten wie Feldlerche          racerinnen und Birdracer des Jahres
                                          oder Rebhuhn am Ende des Tages auf        2010 können stolz auf das Erreichte
                                          der Liste fehlen, dann lassen sich For-   sein, denn durch ihre Spenden leiste-
                                          derungen etwa nach einer vielfälti-       ten sie einen wichtigen Beitrag zum
                                          geren Landschaft gut in die Öffent-       Aufbau des Portals in Deutschland,
                                          lichkeit transportieren. Selbstredend     das in Kürze seine virtuellen Pforten
                                          wird kein Kreis ein Artenschutzpro-       öffnen wird.
                                          gramm auflegen, um beim Birdrace
                                          besser abzuschneiden. Aber es wird
                                          dadurch einmal auf ganz andere             Alle Informationen rund um das
                                          Weise deutlich, dass unsere heimi-         Birdrace, einschließlich der Ergeb-
Das Gimpel-Pärchen von Michael
                                          sche Natur schleichend an Artenviel-       nisse aller Teams aus den Vorjah-
Sprinckstub wird dieses Jahr die Bird-
race-Urkunde zieren. Das Original, das
                                          falt verliert.                             ren, finden sich im Internet unter
der Künstler eigens für das Birdrace                                                 www.dda-web.de/birdrace. Die
anfertigte und uns spendete, verlosen     Spendenrennen für ornitho.de               Anmeldung ist ab dem 9. April
wir unter allen Teilnehmern, deren Team   Ohne Frage ist das wichtigste Ziel         möglich.
mind. 100 Euro für ornitho.de einwirbt.   aller Teams, am 7. Mai möglichst

                                                                                     3
Monitoring-Rundbrief 1/2011 - Dachverband Deutscher ...
Monitoring häufiger Brutvögel –
erste Ergebnisse der Saison 2010
Alexander Mitschke

                                                                                                                               Foto: Christoph Moning.
Die Saison 2010 war in dreifacher Hinsicht für das Monitoring häufiger Brutvögel ein einschneidendes Jahr.
Ornithologisch wirkte sich in diesem inzwischen siebten Jahr des „neuen Monitorings“ vor allem der Kälte-
winter 2009/10 aus. Inhaltlich war 2010 das letzte Jahr des „alten Monitorings“, mit Punkt-Stopp-Zählungen
und Revierkartierungen auf frei ausgewählten Routen und Flächen. Nach mehr als 20 Jahren Laufzeit und einer
insgesamt siebenjährigen Überlappungsperiode steht jetzt zum einen eine umfassende Auswertung des von
Martin Flade und Johannes Schwarz koordinierten Programms an. Außerdem werden die beiden Zeitreihen aus
dem „alten“ und dem „neuen“ Monitoring derzeit miteinander verrechnet, so dass in Zukunft Aussagen zur
Bestandsentwicklung unserer häufigeren Brutvögel möglich sein werden, die bis ins Jahr 1990 zurückreichen.
Und schließlich gab es Ende des Jahres 2010 im koordinativen Bereich eine personelle Veränderung.

Über den Zeitraum von sieben Jah-          in Folge in Mitleidenschaft gezoge-         derzeit zumindest aus dem Westen
ren zeigt die überwiegende Zahl            nen Zaunkönig vor allem der Star zu         Deutschlands zurück.
der häufigeren Brutvogelarten               nennen ist, dessen Bestand 2010 um
keine deutlichen Bestandsverände-          weitere 19 % einbrach.                      Der Kältewinter 2009/10
rungen. Bei vielen weit verbreite-             Deutlich positiv haben sich in den      hinterließ seine Spuren
ten Arten deuten sich derzeit leicht       letzten sieben Jahren die Bestände          Die Brutsaison 2010 stand unter dem
ansteigende Bestände an (z.B. Am-          einiger mittelhäufiger Arten entwi-          Einfluss des vorangegangenen Kälte-
sel, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke).          ckelt, deren Vorkommen in Deutsch-          winters 2009/10. Auch wenn die
Arten wie Buchfink und Rotkehlchen          land sich derzeit in Ausbreitung be-        hier präsentierten Zwischenergeb-
zeigen stabile Verhältnisse. Nur we-       finden (Birkenzeisig, Blaukehlchen,          nisse bisher nur auf den Daten von
nige sehr häufige Arten weisen in           Graugans, Nilgans, Schnatterente,           169 für 2010 aufbereiteten Probe-
den letzten Jahren deutlich negati-        Schwarzkehlchen). Dagegen ziehen            flächen beruhen und daher sehr vor-
ve Entwicklungen auf, wobei hier ne-       sich Arten wie Schlagschwirl, Stein-        läufigen Charakter haben, wird der
ben dem durch zwei harte Winter            schmätzer oder Zwergschnäpper               kältebedingte Bestandseinbruch vor

        a                                                               b

Abb. 1: Bestandsentwicklung von a) Zaunkönig und Rotkehlchen sowie b) Rebhuhn und Wintergoldhähnchen 2004–2010 nach den
Daten des Monitorings häufiger Brutvögel in Deutschland relativ zum Jahr 2006. Hinweis: Die Daten für das Jahr 2010 sind noch
unvollständig.

                                  4        DDA-Monitoring-Rundbrief
                                           Frühjahr 2011
Monitoring-Rundbrief 1/2011 - Dachverband Deutscher ...
a                                                                   b

Abb. 2: Bestandsentwicklung von a) Waldlaubsänger und Stieglitz sowie b) Zilzalp und Kleiber 2004–2010 nach den Daten des
Monitorings häufiger Brutvögel in Deutschland relativ zum Jahr 2006. Hinweis: Die Daten für das Jahr 2010 sind noch unvollständig.

allem beim Zaunkönig bereits sehr
                                              Wechsel in der bundesweiten Koordination
deutlich, welcher nach derzeitigem
                                              des „Monitorings häufiger Brutvögel“
Stand um mehr als 40 % zurückging.
                                              Zum Jahreswechsel 2010/11 hat die bundesweite Koordination des Monitorings
Interessanterweise zeigte das Rot-
                                              häufiger Brutvögel gewechselt. Nach sieben Jahren Aufbauarbeit unseres neuen
kehlchen, welches während des letz-
                                              Monitorings war für mich die Zeit gekommen, meine unterschiedlichen beruflichen
ten Kältewinters 2005/06 eine dem             Schwerpunkte neu zu ordnen. Am Monitoring häufiger Brutvögel werde ich weiterhin
Geschehen beim Zaunkönig weit-                als Landeskoordinator in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen sowie auf
gehend parallele Entwicklung auf-             ehrenamtlicher Basis im Beirat des DDA mitarbeiten. Die bundesweite Koordination
wies, aktuell keinerlei Bestandsver-          wird in den kommenden Monaten schrittweise an Sven Trautmann übergeben.
lust (Abb. 1a). Weitere Arten, auf                Wir alle können auf die letzten Jahre und das gemeinsam Erreichte sicherlich
die sich der vorangegangene, stren-           mehr als zufrieden zurückblicken. Vor allem dank des Engagements auf Landese-
ge Winter negativ ausgewirkt hat,             bene werden inzwischen auf mehr als 1.400 Probeflächen in ganz Deutschland all-
sind u.a. Rebhuhn (-41%) und Win-             jährliche Brutvogelkartierungen durchgeführt. Mir hat die Koordination des Monito-
tergoldhähnchen (-31%, Abb. 1b).              rings in den letzten Jahren sehr viel Spaß gemacht, und ich bin allen Beteiligten sehr
    Auf der anderen Seite waren in            dankbar für die Unterstützung und zahllose Anregungen zur Weiterentwicklung un-
der Brutsaison 2010 beispielsweise            seres Programms. Im Rahmen unseres Projektes bin ich weit „herumgekommen“ und
bei Waldlaubsänger (+31%) und                 habe an verschiedensten Kartierer- und Regionaltagungen teilnehmen dürfen. Das
                                              gab mir die Gelegenheit, viele ehrenamtliche Kartierer in den Bundesländern per-
Stieglitz (+37%; Abb. 2a) deutlich
                                              sönlich kennen zu lernen. Für diese vielen Kontakte, netten Gespräche und motivie-
mehr Reviere als in den Vorjahren             rende Mitarbeit bin ich sehr dankbar! Ich bin überzeugt, dass es mit dem Wechsel
besetzt. Und Zilpzalp (+25%) und              des bundesweiten Ansprechpartners gelingen wird, die „Erfolgsgeschichte“ des Mo-
Kleiber (+21%, Abb. 2b) setzten               nitorings häufiger Brutvögel nahtlos fortsetzen zu können!
ihre längerfristig positiven Trends in                                                                         Alexander Mitschke
der Saison 2010 ausgeprägt fort.
Bei Fichtenkreuzschnabel und Erlen-                                                 Zum 1. Februar 2011 habe ich die Betreuung
zeisig wirkte sich die starke Fichten-                                              des „Monitorings häufiger Brutvögel“ in der
fruktifikation vor allem in den Mittel-                                              Geschäftsstelle des DDA übernommen. Ne-
gebirgslagen sehr positiv aus. Dies                                                 ben der bundesweiten Koordination werde ich
führte offenbar zu einem Einflug mit                                                 übergangsweise solange auch für Rheinland-
                                                                                    Pfalz die Landeskoordination übernehmen, bis
verbreiteten Brutaktivitäten.
                                                                                    dort eine langfristig tragfähige Lösung ge-
                                                                                    funden ist. Neben den rein organisatorischen
Danke!                                                                              Tätigkeiten möchte ich mich verstärkt mit Aus-
Ein herzlicher Dank gilt wieder al-                                                 wertungsmethoden des Vogelmonitorings be-
len, die durch ihre Kartierungen zum                                                schäftigen, Methodiken ausarbeiten und über-
erfolgreichen Fortgang und Aus-                                                     prüfen sowie über Bestandshochrechnungen
bau unseres Monitoringnetzwerkes                                                    und -trends hinausgehende Auswertungen an-
in Deutschland beigetragen haben.                                                   gehen.
2010 beteiligten sich über 1.000                  Ich bin Diplom-Biologe und schließe momentan parallel zu meiner neuen Tätig-
Vogelkundlerinnen und -kundler an             keit im DDA meine Doktorarbeit am Biodiversitäts- und Klimaforschungszentrum in
der Bearbeitung von rund 1.400                Frankfurt am Main ab. Thema der Arbeit ist die statistische Modellierung der Ver-
Probeflächen. Unentbehrlicher Teil             breitung von Vogelarten und -gemeinschaften unter dem Einfluss von Klima- und
des Netzwerks sind auch die Lan-              Landnutzungswandel. Ich würde mich sehr freuen, möglichst schnell nicht nur die
deskoordinatoren vor Ort in den               Landeskoordinatoren, sondern auch ehrenamtliche Kartierer des „Monitorings häu-
                                              figer Brutvögel“ kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.
Bundesländern, die einen großen
                                                                                                                Sven Trautmann
Teil der Mitarbeiterbetreuung und
Datenverarbeitung leisten. Herzli-            Kontakt: Sven Trautmann, Dachverband Deutscher Avifaunisten e.V., An den Speichern
chen Dank für Ihre/eure Unterstüt-            4a, 48157 Münster, Tel.: 0251.210140-14, E-Mail: sven.trautmann@dda-web.de
zung!

                                                                                             5
Monitoring-Rundbrief 1/2011 - Dachverband Deutscher ...
Bundesweite Rotmilankartierung 2011/2012

Volkszählung beim Rotmilan

Christoph Grüneberg

                                                                                                                     Foto: Oliver Richter.
Mit 10.000–14.000 Paaren brütet mehr als die Hälfte des weltweit nahezu ausschließlich auf Europa
beschränkten Rotmilanbestandes hierzulande. Deutschland hat daher eine herausragende internationale
Verantwortung für den Schutz dieser Art. Eine bundesweite Bestandserfassung, organisiert vom DDA und
seinen Mitgliedsverbänden und unterstützt vom Bundesamt für Naturschutz und den Landesfachbehörden, soll
die Voraussetzungen dafür schaffen, einen umfassenden nationalen Aktionsplan zum Schutz des Rotmilans
aufzustellen. Dabei hoffen wir auf Ihre Mithilfe!

Gefährdungsanalyse als                 oder Horststandorten sowie zum Brut-   standsschätzungen in Größenklassen
Basis für ein Schutzkonzept            erfolg sind Voraussetzung für eine     gefragt waren. Die Ergebnisse der
Die Ergebnisse der Kartierung für      umfassende Gefährdungsanalyse,         Gefährdungsanalyse sollen für die
den bundesweiten Brutvogelatlas        bei der beispielsweise die Lebens-     Umsetzung von Artenschutzprogram-
ADEBAR geben die aktuelle Ver-         raumausstattung, die Auswirkungen      men in den Bundesländern und für
breitung auf der Basis der Topogra-    der Landnutzung auf Bruterfolg und     die Erstellung eines nationalen Ak-
fischen Karten 1:25.000 bereits sehr    Habitatqualität oder den Erfolg von    tionsplans zum Schutz des Rotmilans
gut wider (Abb. 1). Wozu benötigen     Schutzmaßnahmen bewertet werden        herangezogen werden.
wir also eine weitere Kartierung?      sollen. Diese Daten kann ADEBAR
Präzise Daten zu den Brutwäldern       nicht liefern, in dessen Rahmen Be-    Gefährdungsursachen
                                                                              noch unzureichend bekannt
                                                                              Seit Beginn der 1990er Jahre nahm
                                                                              der Brutbestand bundesweit um
                                                                              etwa 30 % ab. Die größten Verluste
                                                                              traten zwischen 1991 und 1997
                                                                              auf: Allein im nördlichen Harzvor-
                                                                              land brach die lokale Population auf
                                                                              fast die Hälfte ein. Seitdem ist die
                                                                              Entwicklung uneinheitlich: Während
                                                                              der Rückgang in Ostdeutschland
                                                                              bis heute anhält, waren im Westen
                                                                              des Landes bis 2003 leicht positi-
                                                                              ve Tendenzen erkennbar; seitdem
                                                                              nahm der Bestand aber auch dort
                                                                              um bis zu 20 % ab. Für eine lang-
                                                                              lebige Art wie den Rotmilan ist dies
                                                                              ein alarmierender Wert.
                                                                                 Die Ergebnisse verschiedener
                                                                              Untersuchungen deuten darauf hin,
Neben der Zahl der Reviere sind für weitergehende Auswertungen die Lage der   dass in ackerreichen Landschaften
Brutwälder oder Horste von besonderem Interesse. Foto: Christian Gelpke.      der schnelle und dichte Aufwuchs

                               6       DDA-Monitoring-Rundbrief
                                       Frühjahr 2011
Monitoring-Rundbrief 1/2011 - Dachverband Deutscher ...
von Wintergetreide und Ölsaaten zu
einem Nahrungsengpass in der Auf-
zuchtszeit führt. So ist der Bruterfolg
dort geringer als in grünlandreichen
Flussauen und Mittelgebirgslagen,
wie z.B. in Nordhessen festgestellt
wurde. Andere Gefährdungsursa-
chen sind Störungen im Horstumfeld
während der Brutzeit oder Wind-
energieanlagen, in deren Nähe Rot-
milane jagen oder nach Kollisions-
opfern suchen und dabei häufig
selbst verunglücken. In Spanien und
Frankreich, wo ein Großteil der mit-
teleuropäischen Population über-
wintert, zählen illegale Vergiftun-
gen und Abschüsse zu den häufigsten
Todesursachen. Eine Verbesserung
der Gefährdungssituation ist der-
zeit nicht in Sicht. Jedoch sind wei-
tere großräumige Untersuchungen
notwendig, um das Ausmaß der ver-
schiedenen Gefährdungsursachen
zu quantifizieren und zu fundierten,
allgemein gültigen Aussagen zu
gelangen, auf deren Grundlage
Schutzmaßnahmen konzipiert und
umgesetzt werden können.

Ihre Mitarbeit ist gefragt!
Rotmilane erfassen ist nicht nur etwas
für Spezialisten. Ganz im Gegen-
teil, sie sind anhand des charakte-
ristischen Aussehens und des auffäl-
ligen Fluges mit etwas Übung leicht       Abb. 1: Verbreitung des Rotmilans in Deutschland 2005–2009 nach den noch vorläu-
für jede/n zu erkennen. Je mehr Be-       figen Ergebnissen des Projektes ADEBAR (Atlas Deutscher Brutvogelarten).
obachter an dieser Erfassung teil-
nehmen, desto genauer und aussa-          Bundesland           Kartierjahr Koordination          Telefon            E-Mail
gekräftiger werden die Ergebnisse.        Baden-Württemberg 2011/2012      Jochen Hölzinger      07146 2 85 69 29   jochen.hölzinger@ogbw.de
Alles was Sie benötigen, sind ein                                          Jochen Walz           07152 4 29 23      walz.j@web.de
Fernglas und Zeit für drei Gelände-       Bayern               2011/2012   Ulrich Lanz           09174 47 75-31     u-lanz@lbv.de
                                                                           Hans Joachim Fünf-    08821 9 43 01 15   jochen.fuenfstueck@lfu.
begehungen zwischen Mitte März                                               stück                                     bayern.de
und Mitte Mai, bei denen Rotmilane        Brandenburg / Berlin 2011/2012   Rainer Altenkamp      030 8 32 52 83     r.altenkamp@web.de
und deren Brutwälder erfasst wer-
                                          Hamburg              2011/2012   Alexander Mitschke    040 81 95 63 05    mitschke@dda-web.de
den. Sofern es ihre Zeit zulässt, sol-
len darauf aufbauend die Horste           Hessen               2011        Christian Gelpke      0163 70 700 10     panamagelpke@yahoo.de
gesucht und an zwei Terminen der
                                          Mecklenburg-Vorp.    2011/2012   Frank Vökler          038203 77 63 30    frank.voekler@t-online.de
Bruterfolg ermittelt werden.
    Alle wichtigen Informationen rund     Niedersachsen /      2011/2012   Knut Sandkühler       0511 30 34-32 22 knut.sandkuehler@nlwkn-
                                          Bremen
um die bundesweite Rotmilankartie-                                                                                  h.niedersachsen.de
rung haben wir in einem Kartierleit-      Nordrhein-Westfalen 2011/2012    Jens Brune            02307 93 30 66   jens_brune@gmx.de
faden zusammengefasst, den sie zu-        Rheinland-Pfalz      2011/2012   Thomas Wolf           06131 60 33-1432 thomas.wolf@luwg.rlp.de
sammen mit weiteren Informationen
                                          Saarland             2011        Norbert Roth          06875 70 97 15     roth@ornithologie-saar-
auf den Internetseiten des DDA un-                                                                                    land.de
ter www.dda-web.de/rotmilan fin-           Sachsen              2011        Winfried Nachtigall   035933 3 11 15     winfried.nachtigall@smul.
den. Bitte sprechen Sie mit ihrem                                                                                     sachsen.de
Landeskoordinator (s. Tabelle), be-       Sachsen-Anhalt       2012        Stefan Fischer        039244 94 09-17    stefan.fischer@lau.mlu.
                                                                                                                      sachsen-anhalt.de
vor Sie mit der Arbeit beginnen!
                                          Schleswig-Holstein   2011/2012   Hans Wirth            04531 8 63 02      hans.wirth@bsu.ham-
                                                                                                                      burg.de
                                          Thüringen            2011        Thomas Pfeiffer       03643 50 45 54     thpfeiffer@gmx.net

                                                                                                 7
Monitoring-Rundbrief 1/2011 - Dachverband Deutscher ...
Jahresreffen der Koordinatoren des
Brutvogelmonitorings und ADEBAR-Projektes
Vom 11.-13. Februar trafen sich in Lenzen       Ein immer wieder angesprochenes
an der Elbe im Vierländereck zwischen       Problem der Basismitarbeiter ist die
Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpom-          zeitaufwändige Auswertung der Kartier-
mern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg        ergebnisse. Als eine mögliche Perspektive
die Koordinatoren des Monitorings häu-      stellte Alexander Mitschke dazu ein Tool
figer sowie seltener Brutvögel und des       zur digitalen Dateneingabe und zentra-
ADEBAR-Projektes, um auf der über tau-      len Auswertung aus den Niederlanden
sendjährigen Burg der Stadt über aktu-      vor, das dort 2010 erstmals erfolgreich
elle Themen der Monitoringprogramme         getestet wurde. Deshalb wollen wir prü-
und des Atlasprojektes zu beraten.          fen, ob wir darauf aufbauend auch für
    Für die Koordinatoren des Brutvogel-    Deutschland ein solches Tool in den kom-    Mit über 30 Teilnehmern war das
                                                                                        Koordinatorentreffen auf Burg Lenzen
monitorings war dies das erste Treffen      menden Jahren in Anbindung an ornitho.de
                                                                                        gut besucht. Foto: Bernd Hälterlein.
dieser Art, mit dem – wie beim Monito-      realisieren können.
ring rastender Wasservögel – eine neue                                                  sich die Bundes- und Landeskoordinato-
Tradition ins Leben gerufen werden soll.    Pläne für das                               ren im Anschluss an die Koordinatoren-
                                            Monitoring seltener Brutvögel               treffen zur Beratung über den weiteren
Aktuelles zu den häufigen Brutvögeln         Am Samstagvormittag stand zuerst die        Ablauf des ADEBAR-Projektes zusam-
Am Freitag berichteten Alexander            Rotmilankartierung 2011/2012 im Mit-        men. Obwohl die Korrekturphase der
Mitschke und sein Nachfolger Sven           telpunkt. Eine Umfrage unter den Koor-      grundlegenden Kartierergebnisse und
Trautmann über erste Ergebnisse zu den      dinatoren dieses Projektes weckte posi-     der darauf basierenden Datenbanken
häufigen Arten aus der Saison 2010           tive Erwarten: Nach dem aktuellen Stand     für die ADEBAR-Karten noch immer nicht
und die Auswirkungen des vorange-           wird voraussichtlich bereits 2011 in vie-   abgeschlossen werden konnte, haben wir
gangenen Kältewinters (s. S. 4). Anhand     len Bundesländern ein Großteil des Be-      uns dazu entschlossen, jetzt mit der Er-
von Beispielen wurde gezeigt, wie die       standes erfasst werden können. Beson-       stellung der Artkapitelentwürfe zu be-
Ergebnisse der bisherigen Punkt-Stopp-      ders positive Resonanz gibt es in den       ginnen und diese zur Korrektur online zu
Zählungen mit denen der Linienkartie-       Ländern, in denen die Kartierer für ihren   stellen. Inzwischen liegen die ersten 100
rung kombiniert werden können. Ge-          Aufwand eine finanzielle Entschädigung       Entwurfsfassungen vor, an deren Verbes-
meinsam erörterten die Teilnehmer, wie      durch die Vogelschutzwarten oder ent-       serung – nach dem Wikipedia-Prinzip –
und in welchem Umfang auf dieser Ba-        sprechenden Fachbehörden erhalten.          sich inzwischen auch schon viele versierte
sis auch landesspezifische Auswertungen          Für das Monitoring seltener Brut-       Ornithologen und Avifaunisten Deutsch-
zur Verfügung gestellt werden können        vögel stellte Christoph Grüneberg das       lands beteiligen.
und welche Unterstützung der DDA da-        Konzept des DDA vor, das zukünftig –             Die Karten für die häufigen Brut-
bei leisten kann.                           neben den seltenen – auch die Erfas-        vogelarten Deutschlands, deren Ver-
                                            sung mittelhäufiger Arten vorsieht. Da-      breitung auf der Grundlage der Kar-
                                            bei zeigt es sich, dass zu den sehr         tierungen auf den Probeflächen des
                                            seltenen Arten, den Koloniebrütern sowie    Monitoring häufiger Brutvogelarten mo-
                                            den im Fokus des Artenschutzes stehen-      delliert wurden, liegen inzwischen in ei-
                                            den Großvogelarten bereits sehr gute        ner Entwurfsfassung vor, die jetzt von
                                            Daten vorliegen. Handlungsbedarf be-        den Landeskoordinatoren intensiv ge-
                                            steht vor allem bei den an Gewässern        prüft werden. Inzwischen fertig gestellt
                                            und in Feuchtgebieten brütenden „mittel-    sind auch die meisten der die Artkapitel
                                            häufigen“ Vogelarten, für die gebietsbe-     illustrierenden Aquarelle. Paschalis Dou-
                                            zogene Erfassungen angestrebt werden        galis zeigt im wieder auf beeindrucken-
                                            sowie den weit verbreiteten „mittelhäufi-    de Weise seine mehrfach ausgezeichne-
                                            gen“ Vogelarten, für die aufbauend auf      te Kunst und die eine oder der andere
                                            ADEBAR Erhebungen auf TK25-Qua-             wird sich glücklich schätzen, bereits früh-
                                            dranten und/oder Minutenfeldern (ca.        zeitig zum ADEBAR-Paten bekannt zu
                                            2 km²) angestrebt werden. Die Teilneh-      haben. Apropos Patenschaften: Die Fa-
                                            mer des Koordinatorentreffens beschlos-     milie der ADEBAR-Paten wächst bestän-
                                            sen, dass diese Ansätze konkretisiert und   dig weiter. Inzwischen hat bereits eine
                                            nach Abschluss der Rotmilankartierung       ganze Reihe von Arten ihre maximal fünf
                                            ab 2013 in die Praxis umgesetzt wer-        Spendenpaten gefunden. Noch wie in je-
                                            den sollen.                                 der Familie gibt es einige Nesthäkchen,
Auf der gemeinsamen Exkursion bot                                                       die noch auf Ihre Unterstützung warten!
der ehemalige Grenzturm einen weiten        ADEBAR in der Auswertephase                 Helfen Sie ADEBAR und werden auch Sie
Blick über die Elbtalaue. Foto: Bernd       Auf Einladung der Stiftung Vogelmoni-       Pate! Wie es geht, all das erfahren Sie
Hälterlein.                                 toring Deutschland und des DDA fanden       unter www.stiftung-vogelmonitoring.de.

                                    8       DDA-Monitoring-Rundbrief
                                            Frühjahr 2011
Monitoring-Rundbrief 1/2011 - Dachverband Deutscher ...
ADEBAR trägt erste Früchte:
Der Hessen-Atlas ist erschienen!
Stefan Stübing

Es ist geschafft – die hessischen Vogelkundler hielten vor Weihnachten
die landesweiten Ergebnisse des Atlas Deutscher Brutvogelarten ADEBAR
in den Händen. Nur gut ein Jahr nach Abschluss der letzten Erfassungen
stellte die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.
das mehr als 500 Seiten starke Werk bei einer Feierstunde im Museum
Wiesbaden am 9. Dezember der Öffentlichkeit vor.

Mehr als 700 Mitarbeiter hatten zwi-   des Einflusses des Klimawandels“
schen 2005 und 2009 die Brutvögel      geleistet, das der DDA mit der Uni
auf der Basis der Quadranten der       Gießen durchgeführt hat.
Topographischen Karten 1:25.000
anhand der bundesweit einheitlichen    Großer Erkenntnis-
Methode erfasst. Insgesamt wurden      zuwachs und neue Wege
dabei 188 Brutvogelarten nachge-       Der größte Erkenntnisgewinn war         steht den Wiesenvögeln das Was-
wiesen, darunter auch Besonderhei-     bei den so genannten „mittelhäufi-       ser bis zum Hals. Kiebitz, Bekassine
ten wie Zwergohreule, Mantelmöwe,      gen Arten“ festzustellen, weit ver-     oder Wiesenpieper nehmen drama-
Spießente und Gelbkopf-Schafstel-      breitete Arten, die in meist geringer   tisch ab, das Braunkehlchen ist mitt-
ze. Völlig unerwartet war auch das     Siedlungsdichte brüten, so dass im      lerweile seltener als das Schwarz-
in Deutschland als ausgestorben ge-    Vorfeld viele Vorkommen unbekannt       kehlchen.
führte Zwergsumpfhuhn dabei, von       waren. Oftmals sind die Bestände            Die Bestände von 26 Vogelarten
dem mehrere Reviere in der Wet-        dieser Arten zwei oder dreimal so       und damit etwa 15 % der hessischen
terau und im Hessischen Ried erfasst   groß, wie zuvor vermutet. Dies be-      Brutvogelfauna sind seit dem Jahr
werden konnten.                        ruht jedoch nicht auf einer tatsäch-    1850 sogar erloschen. Um das Aus-
   Dank der tatkräftigen Unterstüt-    lichen Bestandszunahme, sondern         sterben weiterer Arten zu verhindern,
zung des DDA und Dr. Thomas Gott-      allein auf der nun deutlich verbes-     ist der Naturschutz auf eine breite
schalk (Universität Gießen) war es     serten Datengrundlage.                  öffentliche Basis angewiesen. Hier
möglich, erstmals modellierte Ver-         Bei einem Waldanteil von 42 %       schlägt der hessische Brutvogelatlas
breitungskarten der häufigen Arten      weisen vor allem Spechte, Eulen und     einen neuen Weg ein. Die Kombina-
sowie deren Bestandstrends dar-        Greifvögel im Bundesmaßstab hohe        tion aus bewusst kurz und informa-
zustellen. Die Grundlagen für die      Bestände auf, aber auch andere Ar-      tiv gehaltenen Texten, einem anspre-
modellierten     Verbreitungskarten    ten wie der Birkenzeisig sind über-     chenden, modernen Layout und den
wurden im Rahmen des vom Bundes-       proportional vertreten. Während         großformatigen Verbreitungskarten
amt für Naturschutz mit Mitteln des    bei Drossel- und Schilfrohrsänger       und Artfotos von einzigartiger Qua-
Bundesumweltministeriums geförder-     oder Zwergdommel nach jahrzehn-         lität sollen auch Nicht-Vogelkundlern
ten F+E-Vorhabens „Verbreitungs-       telanger Abnahme endlich wie-           die „Faszination Vogel“ vermitteln
analyse von Vogelarten und Analyse     der Zunahmen zu verzeichnen sind,       und so für eine breite Unterstützung
                                                                               der Naturschutz-Anliegen werben.
                                                                                   Ein herzliches Dankeschön allen
                                                                               Beteiligten für ihre engagierte Mit-
                                                                               arbeit und allen Artpaten für ihre
                                                                               großzügige Unterstützung, ohne die
                                                                               die „Brutvögel Hessens in Raum und
                                                                               Zeit“ nicht so umfassend und zeitnah
                                                                               hätten erscheinen können!
                                                                                Durch seine zentrale Lage in
                                                                                Deutschland und das große Ar-
                                                                                tenspektrum ist dieser Band auch
                                                                                für Vogelbeobachter außerhalb
                                                                                Hessens interessant.
                                                                                Das Buch kann zum Preis von
                                                                                49,80 EUR zzgl. Versandkosten in
                                                                                der HGON-Geschäftstelle, Tel.:
                                                                                06008-1803, E-Mail: marion.
                                                                                mogk@hgon.de bestellt werden.

                                                                                9
Monitoring-Rundbrief 1/2011 - Dachverband Deutscher ...
Integriertes Monitoring Weißstorch
– demografische Daten zeigen,
wie es Adebar in Deutschland geht

                                                                                                                             Foto: Erich Greiner.
Ulrich Köppen, Christoph Kaatz und Jan Schimkat

Unter den gegenwärtig in Deutschland laufenden Vogelmonitoring-Programmen hat das Integrierte Monitoring
Weißstorch in der ornithologischen Öffentlichkeit bisher vergleichsweise wenig Aufsehen erregt. Dabei ist
es allein wegen der im Mittelpunkt stehenden Art von besonderer naturschutzpraktischer wie -politischer
Bedeutung. Das von der NABU Bundesarbeitsgruppe (BAG) Weißstorchschutz und der Beringungszentrale
Hiddensee (LUNG Mecklenburg-Vorpommern) gemeinsam organisierte Weißstorchmonitoring ist wohl eines der
umfangreichsten Programme hierzulande und zugleich ein sehr lebendiges. Es stützt sich auf lange Zeitreihen
und es mobilisiert alljährlich viele hundert Artspezialisten in Deutschland.

Aus der Bezeichnung geht bereits         Die durch ein Netz von ehrenamt-            Ergebnisse zusammenfasste, auswer-
hervor, dass es sich beim Integrierten   lichen Horstbetreuern ermittelten           tete und auch ihre Veröffentlichung
Monitoring um die Kombination            Daten wurden über Kreis- und Be-            veranlasste[1, 2]. Dieses Betreuungs-
zweier verschiedener Ansätze der         zirksbetreuer an den zentralen Vor-         system wurde nach 1990 unter dem
Datenerhebung handelt, nämlich der       stand des AK gemeldet, der die              Dach des NABU als Bundesarbeits-
herkömmlichen Zählung von Brut-
paaren und deren Jungen sowie der
Methode der individuellen Markie-
rung. Die Anwendung beider metho-
discher Ansätze beim Weißstorch hat
in Ostdeutschland eine vergleichs-
weise lange Tradition. Rechnet man
die flächendeckend dokumentierten
jährlichen Brutbestandszahlen und
Reproduktionskennziffern mit ein, so
reichen die Wurzeln bis in das Jahr
1979 zurück, als der zentrale Arbeits-
kreis (AK) Weißstorchschutz der DDR
gegründet wurde, der die kontinu-
ierliche Erfassung der Brutbestände      Abb. 1: Ergebnisse der flächendeckenden Erfassung von Brutbeständen des Weiß-
und des Reproduktionsgeschehens          storchs in Ostdeutschland am Beispiel des Landes Brandenburg: Horstpaare 1934-
der Weißstörche nach einheitlicher       2008 (dunkle Balken: Horstpaare mit Bruterfolg). Quelle: http://bergenhusen.nabu.
Methodik landesweit organisierte.        de/weissstorch/national/ , B. Ludwig (Rangsdorf).

                                10       DDA-Monitoring-Rundbrief
                                         Frühjahr 2011
Im Jahr 2010 wurden in allen 16
                                                                                      deutschen Bundesländern insgesamt
                                                                                      ca. 4.400 Weißstorchpaare erfasst.
                                                                                      Hinzu kommen ca. 300 Paare, die
                                                                                      von Storchen“freunden“ zugefüttert
                                                                                      werden und deren Bestand daher
                                                                                      als mehr oder minder fütterungsab-
                                                                                      hängig angesehen werden muss.
                                                                                         2010 wurden 1.231 Jungvögel
                                                                                      von 23 speziell befugten Beringern
                                                                                      nach strengen Standards markiert.
                                                                                      Eine neue Jahresbestleistung er-
                                                                                      brachten die vielen passionierten
                                                                                      ehrenamtlichen Ringableser: 1.671
                                                                                      Rückmeldungen beringter Störche
                                                                                      gingen bislang für 2010 ein (Abb. 3).
                                                                                      Der Löwenanteil dieser Rückmeldun-
                                                                                      gen betrifft erwartungsgemäß Hid-
                                                                                      densee-Ringvögel (786 Ind.).
                                                                                         Ende des Jahres 2010 lagen
                                                                                      damit insgesamt 51.674 Hidden-
                                                                                      see-Beringungsdaten sowie 20.307
                                                                                      Rückmeldungen von Hiddensee-Ring-
                                                                                      vögeln vor (Abb. 4). Letztere schlie-
                                                                                      ßen etwa 5.800 Fernfunde (> 100
                                                                                      km vom Ort der Beringung) ein. Aus
                                                                                      populationsökologischem Blickwinkel
                                                                                      besteht aber der eigentliche „Daten-
                                                                                      schatz“ in den 8.820 Nahfunden
Abb. 2: Ergebnisse der flächendeckenden Erfassung von Brutbeständen des Weiß-
                                                                                      (11 bis 100 km vom Beringungsort),
storchs in Ostdeutschland am Beispiel des Landes Brandenburg: Brutverbreitung         den 1.300 kurzfristigen Ortsfunden
2004. Quelle: http://bergenhusen.nabu.de/weissstorch/national/                        (< 11 km, < 91Tage nach Berin-
                                                                                      gung) und 2.744 langfristigen Orts-
gruppe (BAG) Weißstorchschutz –           Abundanz des Weißstorchs, zur               funden (< 11 km, > 90 Tage nach
nun alle Bundesländer umfassend –         räumlichen Verteilung seiner Brut-          Beringung).
bis heute erfolgreich weitergeführt.      orte sowie zu wichtigen Reproduk-
    Die Beringung von Weißstörchen        tionskennziffern (Abb. 1, 2).
hat in Deutschland sogar eine bis
Anfang des 20. Jahrhunderts zurück-
reichende Tradition. Sie wurde in
der DDR ab den 1960er Jahren
mit geschärftem Profil fortgesetzt[3]
und im Jahr 1996 auf gemeinsame
Initiative von BAG Weißstorchschutz,
Beringungszentrale Hiddensee und
der Naturschutzfachbehörden der
fünf ostdeutschen Bundesländer neu
fokussiert. Schwerpunkt ist seitdem
die Datensammlung zu populations-
ökologischen Fragestellungen, um
Wissensgrundlagen für die tägliche
Praxis wie auch langfristige Strate-
gien des Weißstorchschutzes zu ge-
winnen.

Langjährige,
umfangreiche Datenreihen
Dank der über Jahrzehnte zentral          Abb. 3: Jährliche Anzahlen von Weißstorch-Beringungen in Ostdeutschland (Linie)
organisierten Bestandserfassungen         und registrierter Rückmeldungen beringter Störche (Säulen) 1964 – 2010, dunkle
existieren heute für alle ostdeutschen    Säulenanteile: tot, krank oder geschwächt gefunden, hell: Ring am lebenden Vogel
Bundesländer lange Zeitreihen zur         abgelesen.

                                                                                       11
Auf Zuwanderung angewiesen
                                                                                   Anhand regionaler Reproduktions-
                                                                                   daten und Sterblichkeitsschätzun-
                                                                                   gen konnte nachgewiesen werden,
                                                                                   dass die Nettoreproduktionsraten
                                                                                   der Weißstorch-Brutbestände in den
                                                                                   Bundesländern Sachsen, Sachsen-An-
                                                                                   halt und Niedersachsen in den Jahren
                                                                                   1994 bis 1999 nicht ausreichten, um
                                                                                   deren einfache Reproduktion zu ge-
                                                                                   währleisten[4]. Dafür wären in Sach-
                                                                                   sen mittlere Jungenzahlen von 2,57
                                                                                   statt der realen 1,65 notwendig ge-
                                                                                   wesen, in Sachsen-Anhalt 2,57 statt
                                                                                   realer 2,00. Entsprechend ist der im
                                                                                   selben Zeitraum beobachtete Be-
                                                                                   standsanstieg nur auf Zuwanderung
                                                                                   von Brutvögeln zurückzuführen, die
                                                                                   rechnerisch bei durchschnittlich 8 %
                                                                                   des Gesamtbestandes lag. Auch für
                                                                                   das Gebiet Ostdeutschlands insge-
                                                                                   samt ergaben Populationsmodellie-
                                                                                   rungen für den Zeitraum 1984 bis
                                                                                   2000 eine sich immer weiter öffnen-
                                                                                   de Schere zwischen der „aus eige-
                                                                                   ner Kraft“, d.h. ohne Immigration,
                                                                                   möglichen Bestandsentwicklung und
                                                                                   den tatsächlich vorhandenen Brutbe-
                                                                                   ständen (Abb. 5).
                                                                                      Diese z. T. alarmierenden Entwick-
                                                                                   lungen stehen in engem Zusammen-
                                                                                   hang mit dem weiter beschleunigten
                                                                                   Verlust von Weißstorch-Lebensräu-
                                                                                   men im zentraleuropäischen Brut-
                                                                                   gebiet. Einen besonders negativen
                                                                                   Stellenwert in der Populationsbilanz
                                                                                   nehmen die noch immer dramati-
                                                                                   schen Mortalitätsraten der Jungvögel
                                                                                   durch Stromschlag an Freileitungen
Abb. 4: Geografische Verteilung aller Rückmeldungen von Hiddensee-Ringstörchen      in den ostdeutschen Bundesländern
1964–2009 (n= 18.595).                                                             wie auch auf dem südöstlichen Zug-
                                                                                   weg einschließlich Israels ein[5].

                                                                                   Überwinterungsgebiete und ihr
                                                                                   Einfluss auf die Bestandsentwicklung
                                                                                   Die Dynamik der hier betrachteten,
                                                                                   größtenteils aus Ostziehern beste-
                                                                                   henden Weißstorchpopulation wird
                                                                                   maßgeblich auch von den Umwelt-
                                                                                   verhältnissen auf dem Zuge und im
                                                                                   Überwinterungsgebiet      bestimmt.
                                                                                   Das konnte anhand von über 30.000
                                                                                   Ringfunden ostdeutscher und polni-
                                                                                   scher Weißstörche gezeigt wer-
                                                                                   den[6]: Die jährlichen Überlebens-
                                                                                   raten der Weißstörche beider
                                                                                   Länder wiesen im Zeitraum 1984 bis
Abb. 5: Reale Bestandsentwicklung des Weißstorchs in Ostdeutschland (Rauten),      2001 weitgehend synchrone jähr-
anhand einer Populationsmodellierung ohne Immigration ermittelte rechnerische      liche Schwankungen und ähnliche
Bestandsentwicklung (Kreise) sowie die Dismigrationsrate (Abwanderung; Quadrate)   langjährige Mittelwerte auf. Mitver-
ostdeutscher Störche im Zeitraum 1984 bis 1999 (aus Schimkat 2008).                antwortlich dafür sind Schwankun-

                                12         DDA-Monitoring-Rundbrief
                                           Frühjahr 2011
Abb. 6: Jahresspezifische Überlebensraten von ostziehenden Weißstörchen aus Polen (Quadrate) und Ostdeutschland (Kreise) in
den Jahren 1983–2001, gefüllte Symbole: Altvögel, offene Symbole: Jungvögel, und deren Zusammenhang mit den Vegetations-
verhältnissen in den afrikanischen Überwinterungsgebieten Sahel, Ostafrika und Südafrika (Karte rechts). Die farbigen Balkenab-
schnitte (oben) stehen für Jahre mit starker (blau), mittlerer (grün) und geringer Vegetationsausbildung (gelb) in den betreffenden
Gebieten (aus Schaub et al. 2005).

                                                                                            6   Schaub, M., W. Kania & U. Köp-
gen der jährlichen Primärprodukti-            Literatur                                         pen (2005): Variation of pri-
on (gemessen anhand des NDVI =                1   Dornbusch, M. (1987): Der Be-                 mary production during winter
                                                  stand des Weißstorchs (Ciconia                induces synchrony in survival
Normalized Difference Vegetation                  ciconia) 1986 in der DDR. Mit-                rates in migratory white storks
Index) in der östlichen Sahelzone in              teilungen des Arbeitskreises                  Ciconia ciconia. J. Anim. Ecol.
                                                  Weißstorch 65.                                74: 656–666.
Afrika, aus denen sich bis zu 88 %
                                              2   Kretschmann, K. & C. Kaatz
der Variation der jährlichen Weiß-                (1996): 15 Jahre Arbeitskreis
storch-Sterberaten erklärt (Abb. 6).              Weißstorch - Ein Rückblick zum            Anschriften der Verfasser:
Ein gutes Nahrungsangebot in die-                 Weißstorchschutz im östlichen             Dr. Ulrich Köppen, Beringungszen-
                                                  Deutschland. In: Kaatz C. & M.
sem ersten Zielgebiet auf dem afri-               Kaatz (Hrsg.): Jubiläumsband              trale Hiddensee, Landesamt für Um-
kanischen Kontinent, besitzt ganz                 Weißstorch. 3. Sachsen-Anhalti-           welt, Naturschutz und Geologie
                                                  nischer Storchentag. Tagungs-
offenbar lebenswichtige Bedeutung                 bandreihe des Storchenhofes Lo-           (LUNG) Mecklenburg-Vorpommern,
für viele ostziehende Weißstörche.                burg am MLRU-LSA: 11-15.                  Badenstr. 18, 18439 Stralsund;
                                              3   Siefke, A. (1989): Beringung              E-Mail: ulrich.koeppen@lung.mv-re-
                                                  von Weißstörchen (Ciconia ci-
Danke!                                            conia) in der DDR - wie weiter?
                                                                                            gierung.de
Das Integrierte Monitoring Weiß-                  Ber. Vogelwarte Hiddensee 9:
storch in Ostdeutschland ist ein Ge-              10–15.                                    Dr. Christoph Kaatz, Vogelschutz-
                                              4   Schimkat, J. (2008): Untersu-
meinschaftswerk von ehrenamtlichen                chung der Populationsdynamik
                                                                                            warte Storchenhof Loburg e.V.,
Horstbetreuern, Landes-, Regional-                von Regionalbeständen ostzie-             Chausseestr. 18, 39279 Loburg;
und Kreisbetreuern der NABU BAG                   hender Weißstörche (Ciconia ci-           E-Mail: vogelschutzwarte@storchen
                                                  conia) mittels eines Simulati-
Weißstorchschutz, von Weißstorch-                 onsmodells. In: Kaatz C. & M.             hof-loburg.de
beringern, ambitionierten Ringab-                 Kaatz (Hrsg.): 3. Jubiläumsband
                                                  Weißstorch, 10.-15. Sachsen-An-
lesern und vielen weiteren Storchen-              haltinischer Storchentag 2001-            Dr. Jan Schimkat, Naturschutzinstitut
freunden. Sie alle leisten in ihrer               2006, Loburg: 330–333.                    Region Dresden e.V., Weixdorfer
Freizeit eine sehr wichtige Arbeit            5   Köppen, U., J. Schimkat & C.              Straße 15, 01129 Dresden; E-Mail:
                                                  Kaatz (2010, Hrsg.): Bessere
für den Weißstorch, für den Natur-                Einschätzung des Erhaltungszu-            nsi-dresden@naturschutzinstitut.de
schutz und für die ganze Gesell-                  standes von Populationen durch
                                                  Integriertes Monitoring - das
schaft. Dafür danken wir ihnen aufs               Beispiel Weißstorch Ciconia ci-
Herzlichste!                                      conia in Ostdeutschland. Bonn-
                                                  Bad Godesberg.

                                                                                                13
Ehrenamtliches Engagement
                                               im Vogelmonitoring in Deutschland

                                                                                                                            Foto: Stefan Gonser.
                                               Christoph Sudfeldt und Johannes Wahl

Ehrenamtliche bilden die tragende Säule der Avifaunistik in Deutschland: Kein Brutvogelatlas, kein bundes-
weites Vogelerfassungsprogramm ließe sich in Deutschland ohne sie realisieren. Welcher zeitlicher Einsatz, aber
auch welche Motivation und Erwartungen hinter diesem Engagement stehen, ist jedoch bislang kaum unter-
sucht worden. Basierend auf Umfragen unter den Mitarbeitern der Wasservogelzählung und Teilnehmern von
Tagungen zum Vogelmonitoring sowie eigenen Recherchen hat der DDA anlässlich der Fachtagung „30 Jahre
Vogelschutzrichtlinie“ (s. S. 16) das ehrenamtliche Engagement im Vogelmonitoring in Deutschland bilanziert[1].

Die Ergebnisse verdeutlichen, welch      Langfristiges                             Erfassungsprogrammen, deren Ziel
enorme gesellschaftliche Wertschöp-      Engagement als Basis                      die langfristige Beschreibung von
fung alljährlich allein im Rahmen des    Viele Ehrenamtliche engagieren sich       Bestandsveränderungen ist.
Vogelmonitorings erbracht wird:          dabei über den gesamten Jahres-
Rund 5.000 Mitarbeiter stellen jähr-     verlauf durch die Mitarbeit in meh-       Deutlicher Männchen-Überschuss und
lich über 200.000 Stunden ihrer          reren Erfassungsprogrammen – oft          später Start ins „Monitoringleben“
Freizeit für die Bestandserfassungen     über einen beträchtlichen Teil ihres      Überraschend gering ist der An-
zur Verfügung. Das entspricht einer      Lebens. Das führte die Umfrage un-        teil der Mitarbeiterinnen an den Er-
Wertschöpfung von mindestens             ter den Mitarbeitern der Wasservo-        fassungsprogrammen: Ganz gleich,
2 Mio. Euro, legt man einen „ehren-      gelzählung eindrucksvoll vor Augen:       ob beim Monitoring häufiger Brut-
amtlichen Stundenlohn“ von 10 Euro       Über ein Viertel der Ehrenamtli-          vögel, bei der Wasservogelzäh-
je Stunde zugrunde, die als Eigenleis-   chen war seit mehr als 25 Jahren          lung, bei den Möwen-Schlafplatz-
tung für ehrenamtliche Tätigkeiten       an den Erfassungen beteiligt, und         zählungen oder bei Tagungen zum
z.B. in Nordrhein-Westfalen ange-        knapp 8 % der Antwortenden ga-            Vogelmonitoring, der Anteil der Mit-
setzt werden. Hinzukommt ein be-         ben im Winter 2004/05 an, dass sie        arbeiterinnen lag durchweg nur bei
achtliches, ebenfalls größtenteils       seit über 38 Jahren, also seit Beginn     rund 10 %. Auch unter den Ehren-
ehrenamtliches Engagement auf ko-        des International Waterbird Census        amtlichen in der Schweiz ist der An-
ordinativer Ebene. Die Fahrtkosten in    im Winter 1966/67, zählen. Der            teil der Mitarbeiterinnen mit 16 %
Höhe von rund 175.000 Euro sowie         überwiegende Teil der Mitarbeiter         gering (jedoch mit steigender Ten-
die beachtlichen Ausrüstungskosten       blieb dabei vermutlich seinem Zähl-       denz[2]).
werden ebenfalls größtenteils selbst     gewässer treu oder wechselte die-             Durchaus typisch für das
getragen. Nicht eingerechnet ist da-     ses nur bedingt durch die Änderung        Vogelmonitoring – auch in anderen
bei das ehrenamtliche Engagement,        des Wohnorts. Dieses hohe Maß an          Ländern – scheint der geringe An-
das zwischen 2004 und 2009 bei ei-       Kontinuität sichert somit nicht nur die   teil von Mitarbeiterinnen und Mitar-
nem beachtlichen Teil der Mitarbei-      Aufrechterhaltung des Programms,          beitern im unteren Drittel der Alters-
ter für das ADEBAR-Projekt erbracht      sondern erhöht gleichzeitig die Ver-      pyramide zu sein. So schätzen wir
wurde, an dem sich über 3.000 Kar-       gleichbarkeit der Zählergebnisse –        den Anteil der Unter-30-Jährigen
tierer beteiligten.                      eine essentielle Voraussetzung von        auf weniger als 5 %. Auch bei den

                                14       DDA-Monitoring-Rundbrief
                                         Frühjahr 2011
Mitarbeitern der SOVON (4,2 % <
30 Jahre [3]), der Schweizerischen Vo-
gelwarte Sempach (7 % < 30 Jah-
re [2]) sowie den Kartierern des aus-
tralischen Brutvogelatlasses (7,6 %
< 40 Jahren [4]) war diese Alters-
klasse deutlich unterrepräsentiert.
Eine geringe Beteiligung der jungen
Generation ist durchaus gut nach-
vollziehbar: Ein Einstieg in eine län-
gerfristige Mitarbeit erfolgt oft erst
mit der Festlegung auf einen dauer-
haften Wohnsitz, der Festigung sozi-
aler Bindungen (Familie, Beruf) oder
auch der Pensionierung.

Begeisterung für die
                                           Eine in ihrer Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzende Aufgabe übernehmen die
Vogelwelt frühzeitig wecken
                                           oftmals ebenfalls ehrenamtlich tätigen Koordinatorinnen und Koordinatoren der Er-
Obgleich der Einstieg in eine regel-       fassungsprogramme. Im Bild einige Koordinatoren des Monitorings rastender Wasser-
mäßige und längerfristige Mitarbeit        vögel bei ihrer jährlichen Tagung. Foto: Christoph Sudfeldt.
in Vogelerfassungsprojekte vielfach
erst in der zweiten Lebenshälfte er-       durch die Unterstützung der Pro-           und die Möglichkeiten des Internets
folgt, ist es wichtig, dass das für eine   gramme den Vogelschutz zu unter-           konsequenter genutzt werden. Un-
spätere Mitarbeit notwendige Inter-        stützen (was uns durchaus erstaunte),      seres Erachtens sollten wir uns also
esse an der Vogelwelt auch im un-          neue Kontakte aufzunehmen oder             nicht die Frage nach der Zukunft der
teren Drittel der Alterspyramide           beruflichen Nutzen daraus zu ziehen.        Erfassungsprogramme an sich stel-
gelegt wird. Hier gilt es Ideen zu         Die wichtigsten Erwartungen an die         len, sondern uns darauf konzentrie-
entwickeln, wie sowohl im Rahmen           Organisatoren des Vogelmonitorings         ren, wie wir Interessierte insgesamt,
der schulischen Ausbildung als auch        waren die Mitteilung von Ergebnis-         aber auch einzelne Zielgruppen
in der Freizeit attraktive Angebote        sen, leicht verständliche Methoden-        besser ansprechen, die Mitarbeit at-
geschaffen werden können, um Kin-          anleitungen, eine persönliche Betreu-      traktiver machen und Ehrenamtlichen
der und Jugendliche für die Natur          ung und Weiterbildungsseminare.            eine Beteiligung an den Monitoring-
im Allgemeinen und die Vogelwelt im                                                   programmen – bei gleichbleiben-
Speziellen zu begeistern und damit         Grenzen des                                der wissenschaftlicher Qualität – er-
auch deren oft sehr geringe Arten-         ehrenamtlichen Engagements                 leichtern können.
kenntnis zu verbessern [5]. Ein kleiner    Die Publikation schließt mit Ausfüh-
Baustein kann dabei auch ein Wett-         rungen zu den Grenzen des ehren-           Literatur
bewerb wie das bundesweite Bird-           amtlichen Engagements bzw. dessen          1   Wahl, J. & C. Sudfeldt (2010):
                                                                                          Ehrenamtliches Engagement im
race sein: 35 % der Teilnehmer im          Abgrenzung zu hauptamtlichen Bio-              Vogelmonitoring in Deutschland.
Jahr 2010 waren jünger als 30 Jah-         logen im Naturschutzmonitoring. Wir            Naturschutz und Biologische
re, 9 % jünger als 20 Jahre alt. Der       vertreten die Auffassung, dass von             Vielfalt 95: 199–230.
                                                                                      2   Furrer, C. (2008): Freiwilligen-
Altersdurchschnitt lag bei 36,5 Jah-       der Anerkennung des Naturschutzes              arbeit bei der Schweizerischen
ren. Mit einer speziell auf Schüler        als gesellschaftliche Aufgabe und              Vogelwarte Sempach – Von der
zugeschnittenen Form des Wettbe-           der mittlerweile hohen Wertschät-              Bestandsaufnahme zum zukunfts-
                                                                                          gerichteten Freiwilligenmanage-
werbs könnten durch den sportlichen        zung ehrenamtlich erhobener Daten              ment. Masterarbeit, Fachhoch-
Charakter sicherlich viel weitere          auch das Hauptamt profitiert hat.               schule Nordwestschweiz Olten.
Kreise angesprochen werden. Einen          Eine für alle Beteiligten klare und        3   Vermanen, C. (2007): SOVON in
                                                                                          kaart gebracht. SOVON-Nieuws
wichtigen Beitrag hierzu wird hof-         nachvollziehbare Aufgabenteilung               20: 17–18.
fentlich auch ornitho.de leisten.          im Naturschutzmonitoring soll künf-        4   Weston, M., A. Silcocks, C.
                                           tig helfen, die Akzeptanz für beide            Tzaros & D. Ingwersen (2006):
                                                                                          A survey of contributors to
Die Mitarbeit muss Spaß machen!            Standbeine des Monitorings zu er-              an Australian bird atlassing
Bei Umfragen unter Teilnehmern bei         höhen.                                         project: demography, skills and
                                                                                          motivation. Austral. J. Volunt.
Tagungen zum Vogelmonitoring wur-                                                         11: 51–58.
den als wichtigste Beweggründe für         Ausblick                                   5   Zahner, V., S. Blaschke, P.
eine Mitarbeit am Vogelmonitoring          Wir sind überzeugt, dass (deutlich)            Fehr, S. Herlein, K. Krause, B.
                                                                                          Lange & C. Schwab (2007): Vogel-
genannt, dass die Mitarbeit Spaß           mehr Menschen für die Mitarbeit an             arten-Kenntnis von Schülern in
machen muss und zur Erweiterung            systematischen Vogelerfassungspro-             Bayern. Vogelwelt 128: 203–214.
der Kenntnisse und Erfahrungen bei-        grammen begeistert werden können,
trägt. Etwas weniger bedeutsam             wenn diese noch stärker auf die
war, an einem bundesweiten Ge-             Möglichkeiten und Wünsche von Eh-
meinschaftsprogramm teilzunehmen,          renamtlichen ausgerichtet werden

                                                                                          15
2011 – Internationales Jahr
der Freiwilligentätigkeit
Das Jahr 2011 wurde von der Euro-       darauf geachtet werden, dass auf-
päischen Union zum internationalen      grund knapper Ressourcen nicht zu-
„Jahr der Freiwilligentätigkeit“ aus-   nehmend staatliche Aufgaben ins
gerufen. Gerade im Naturschutz          Ehrenamt abgeschoben werden.“
stellt ehrenamtliches Engagement        Das Engagement Freiwilliger im Na-
in vielen Bereichen eine unverzicht-    turschutz deckt ein weites Feld ab.
bare Grundlage dar, um großräu-         Der Schwerpunkt liegt in Maßnah-
mig vergleichbare Daten zu erheben      men zum Artenschutz oder der Biotop-
wie auch um lokal Arten- und Bio-       pflege, der Schutzgebietsbetreuung,
topschutzmaßnahmen in die Tat           der Arbeit in Beiräten („berufenes
umzusetzen. Dieses Engagement           Ehrenamt“), Naturerlebnisangebo-
trägt entscheidend zu der in der        ten bis hin zur Bestandserfassung von
Nationalen Strategie zur biologi-       Tieren und Pflanzen. Die bundesweit
schen Vielfalt geforderten Verbes-      tätigen Naturschutzverbände hatten
serung der Datenbasis zum Zustand       2010 ca. 5,2 Millionen Mitglieder von
und zur Entwicklung der biologi-        denen sich mehrere hunderttausend
schen Vielfalt in Deutschland bei.      aktiv für den Naturschutz einbringen.
Aus diesem Anlass veranstaltete das     Von einer effektiven Zusammenarbeit
Bundesamt für Naturschutz (BfN) im      profitieren sowohl der staatliche, als     Dr. Christoph Sudfeldt stellte auf dem
                                                                                  „Dialogforum Ehrenamt“ die Verdiens-
Februar 2011 ein Dialogforum zum        auch der ehrenamtliche Naturschutz
                                                                                  te des ehrenamtlichen Engagements im
Thema „Ehrenamtliche Aktivitäten zur    und letztendlich die Natur, die es
                                                                                  Vogelmonitoring heraus, an dem sich
Erfassung der biologischen Vielfalt“.   zu schützen gilt. Voraussetzung sind      inzwischen mehr als 5.000 Mitarbeite-
Rund 70 Vertreterinnen und Vertre-      eine stärkere Wertschätzung der eh-       rinnen und Mitarbeiter beteiligen.
ter von Naturschutzverbänden, Ver-      renamtlichen Arbeit, die finanzielle       Foto: Ursula Euler (BfN).
einen, Universitäten und Behörden       Unterstützung durch die Öffentliche
tauschten sich über das gesellschaft-   Hand für koordinative Tätigkeiten,        Die Ergebnisse der Tagung sind auf
liche Engagement im Naturschutz aus     die Erarbeitung von bundesweit ein-       der Homepage der Nationalen Stra-
und entwickelten gemeinsam Ideen        heitlich Methoden und Standards,          tegie zur biologischen Vielfalt www.
für die zukünftige Zusammenarbeit.      die das ehrenamtliche Engagement          biologischevielfalt.de    eingestellt,
Das Vogelmonitoring wurde für vie-      nicht überfordern, sowie eine ange-       die Vorträge stehen dort als PDF
le Bereiche der Ehrenamtsförderung      messene Aufwandsentschädigung             zum Herunterladen bereit.
als „best practise“-Beispiel hervor-
gehoben – einmal mehr eine große
Anerkennung der im zurückliegenden
Jahrzehnt erreichten Fortschritte!       Boye, P., Vischer-Leopold, M., Paulsch, C.,
                                         Ssymank A. und Beulshausen, F. (Bearb.; 2010)
Anerkennung und                          Drei Jahrzehnte Vogelschutz im Herzen
Würdigung des großen                     Europas: Rückblick, Bilanz und Heraus-
ehrenamtlichen Engagements               forderungen
BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel       Referate und Ergebnisse der Fachtagung
würdigte die enormen Leistungen          „30 Jahre Vogelschutzrichtlinie“ am 5. und 6.
der ehrenamtlich Aktiven im Natur-       November 2009 in Bonn. 258 Seiten. ISBN
schutz: „Ohne die Unterstützung von      978-3-7843-3995-5. Preis: 20,00 Euro. Bezug:
Freiwilligen wäre der Naturschutz in     www.buchweltshop.de/bfn
Deutschland weniger leistungsfähig.
Es gäbe keine Roten Listen gefähr-       Vor 30 Jahren, am 2. April 1979, setzte der Rat der Europäischen Gemein-
deter Arten und kein bundesweites        schaften die Vogelschutzrichtlinie in Kraft und schuf damit ein wirksames
Vogelmonitoring. Unser Wissen über       Instrument für den Naturschutz in Europa. Bei einer Jubiläumstagung in
Verbreitung und Bestandsentwicklung      Bonn haben Experten aus Behörden und Verbänden die Entwicklungen im
von Arten wäre nur spärlich. Ehren-      Vogelschutz während der letzten 30 Jahre betrachtet, die aktuelle Situation
amtlich erhobene Daten bilden die        von Arten, Lebensräumen und Vogelschutzgebieten dargestellt sowie über
Basis für effiziente Naturschutzmaß-      Monitoringprogramme diskutiert. Die Vorträge dieser Veranstaltung wurden
nahmen – und zwingen Behörden und        kürzlich in Band 95 der BfN-Schriftenreihe „Naturschutz und Biologische
Politik dazu, sich mit aktuellen Ent-    Vielfalt“ veröffentlicht. Darin enthalten ist auch der Beitrag „Ehrenamtliches
wicklungen der biologischen Vielfalt     Engagement im Vogelmonitoring in Deutschland“. Dieser ist auch auf der
auseinander zu setzen. Gerade in Zei-    Internetseite des DDA unter www.dda-web.de/publikationen verfügbar.
ten knapper Finanzen muss aber auch

                               16       DDA-Monitoring-Rundbrief
                                        Frühjahr 2011
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