Monitoring-Rundbrief 1/2011 - Dachverband Deutscher ...
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Monitoring-Rundbrief 1/2011 Liebe Leserin, lieber Leser! So schnell konnte man Mütze und Schal kaum ausziehen, wie in den letzten Tagen der Frühling Einzug hielt. Betrachtet man allein die Temperaturen, Inhalt so wurde der Frühling förmlich übersprungen. Dieses Gefühl schienen auch Wann kommt ornitho.de?.... 2 so manche Heimzügler zu verspüren, denn der eine oder andere trat un- Birdrace 2011............. 3 gewöhnlich früh hierzulande und andernorts in Europa auf. So flogen die Monitoring häufiger Brut ersten Rauchschwalben bereits vor Mitte März umher und ihre in der Regel vögel – erste Ergebnisse erst im April eintreffenden Verwandten, die Mehlschwalben, wurden bereits der Saison 2010 ......... 4 ab dem 25. März entdeckt. Ebenso sind Schwarzmilane vor Mitte März eher Volkszählung beim Rotmilan 6 ungewöhnlich, mindestens ebenso Baumfalken, ein Kuckuck oder Gartenrot- Jahresreffen der Koord- schwänze im März. Einen Wiedehopf verschlug es vor lauter Vorfreude im inatoren des Brutvogel- monitorings und ADEBAR- März bis nach Schleswig-Holstein und in den ersten April-Tagen schlug be- Projektes ............... 8 reits die erste Nachtigall bei Hannover. Die besonders frühen Vorboten hier- ADEBAR trägt erste Früchte: zulande fügen sich in das Bild andernorts ein: Ungewöhnlich frühe Ankünfte Der Hessen-Atlas ist – nicht nur von Einzelvögeln – gab es auch in Großbritannien, etwa von Baum- erschienen! ............. 9 falken und Kuckucken. Integriertes Monitoring Angesichts des jetzt teils schon sommerlichen Wetters besonders weit- Weißstorch – demografische Daten zeigen, wie es Ade- sichtig handelte allerdings ein Waldkauzpaar in Münster, das bereits Mitte bar in Deutschland geht 10 März flugfähige Junge fütterte und sich somit vielleicht schon im Januar für Ehrenamtliches Engagement den Nachwuchs entschied. Nach den langen, bereits im November einsetzen- im Vogelmonitoring in den, eisigen und schneereichen Wochen hatten offenbar nicht nur wir an den Deutschland ............ 14 ersten milderen Tagen des neuen Jahres das Gefühl, dass der Winter jetzt 2011 – Internationales Jahr eigentlich zu Ende sein könnte. der Freiwilligentätigkeit 16 „Vögel in Deutschland 2010“ zieht Bilanz: Nagoya – Hätten wir jetzt schon ornitho.de ... mag der eine oder andere jetzt denken. mehr als ein Silberstreif Uns geht es da nicht anders. Dann hätte man ein wesentlich vollständigeres am Horizont? .......... 18 Bild der Heimzügler zeichnen können. Aber es gibt gute Gründe, weshalb Vom Goldhähnchen-Laubsänger der Start etwas später erfolgen wird. Lesen Sie hierzu – sowie zu vielen wei- zur Schieferdrossel: Deut- sche Seltenheitenkommission teren spannenden Ergebnissen und Entwicklungen in der Vogelwelt – mehr wird Deutsche Avifaunisti- auf den folgenden Seiten. sche Kommission ........ 20 Zum Vorkommen der Raub- Wir wünschen allerseits viele spannende Beobachtungen und Entdeckungen seeschwalbe im Nordosten in der Vogelwelt, sei es bei den Kartierungen der häufigen Brutvögel, des Deutschlands ........... 24 Rotmilans, einfach so bei Spaziergängen durch den herrlichen Frühling oder Ergebnisse der dritten Löffler-Synchronzählung im am 7. Mai beim Birdrace. deutschen Wattenmeer am 14./15. August 2010 .... 28 Johannes Wahl, Christoph Grüneberg, Christopher König und Sven Trautmann Jungvogelanteile von Schwänen und Gänsen im Winter 2010/11 – erste Eindrücke .............. 30 40 Jahre Dachverband Deut- scher Avifaunisten e.V. 33 Zähltermine 2011/12...... 34
Foto: Eckhard Möller. Wann kommt ornitho.de? Christopher König und Johannes Wahl Diese Frage wurde uns in den vergangenen Wochen und Monaten sicherlich Hunderte Male gestellt. Die Vorfreude scheint bundesweit (und inzwischen auch darüber hinaus) erfreulich groß zu sein. In diesem Beitrag wollen wir diese Frage beantworten und über die wichtigsten Fortschritte der letzten Zeit kurz berichten. Solide Vorbereitung statt Schnellstart programme ergeben. Durch die Zu- Eine tagesgenaue Antwort auf Das selbst gesteckte Ziel, im ersten sammenarbeit mit der LNVL wird die Ausgangsfrage, wann ornitho.de Quartal 2011 zu starten, konnten Französisch als dritte Sprache hin- nun startet, wird uns niemand entlo- wir nicht einhalten. Dafür, dass wir zukommen. Damit sollte ornitho.de cken können. Wir arbeiten jedoch nicht „auf Teufel komm raus“ zum für die meisten nicht der deutschen Tag und Nacht an der Fertigstellung 31. März online gegangen sind, gibt Sprache mächtigen Vogelbeobach- und hoffen, dass wir im Laufe des es gute Gründe. Der wichtigste: Ein ter verständlich sein. Ein sehr erfreu- Aprils, spätestens im Mai gut vorbe- so umfangreiches Unterfangen wie licher Grund, weshalb ornitho.de et- reitet starten können. ornitho.de muss solide vorbereitet was später starten wird. und mit vielen Einrichtungen und Per- sonen abgestimmt werden, damit es von Beginn an eine breite Akzeptanz und Unterstützung erhält. Dazu sind wir inzwischen in den meisten Bun- desländern von Schleswig-Holstein bis Bayern und von Sachsen bis ins Saarland gereist, haben ornitho.de bei Fachverbänden und -behörden vorgestellt, Einführungen bei OAGs und Spezialistengruppen gegeben, mit dem Aufbau der regionalen Organisationsstrukturen begonnen und rechtlichen Rat bezüglich der Nutzung der Daten sowie der Spiel- regeln von ornitho.de eingeholt. Luxemburg – herzlich willkommen in der ornitho-Familie! Im Februar haben sich die luxem- burger Kollegen von der Lëtzebuer- ger Natur- a Vulleschutzliga (LNVL) entschlossen, bei ornitho.de einzustei- gen. Die LNVL koordiniert die avi- Der inhaltlich größte Fortschritt der vergangenen Monate war die Integration der faunistische Arbeit in Luxemburg, so Topographischen Karten bis zum Maßstab 1:25.000. Diese können im Wechsel mit dass sich viele Synergien auch bei Luftbildern von GoogleMaps genutzt werden. Möglich wurde die Nutzung durch die der Entwicklung von Eingabemodulen vertrauensvolle Zusammenarbeit im Rahmen des Vogelmonitorings mit dem Bundes- für die systematischen Erfassungs- amt für Naturschutz und den Fachbehörden der Länder. 2 DDA-Monitoring-Rundbrief Frühjahr 2011
7. Mai – Tag der Vogelartenvielfalt: Birdrace 2011 Johannes Wahl und Christopher König „Wannacks Topticker“ im Einsatz. Foto: DDA-Archiv. Am ersten Samstag im Mai findet – mittlerweile zum achten Mal – das bundesweite Birdrace statt. Ziel der Ver- anstaltung ist es – im Gegensatz den sonstigen Aktivitäten des DDA – nicht, wissenschaftlich exakte Daten zur Verbreitung oder Bestandsentwicklung von Vogelarten zu sammeln. An diesem Tag stehen vielmehr der Spaß an der Vogelbeobachtung und die Begeisterung möglichst vieler Menschen für die Vogelwelt im Vordergrund. Mithilfe der großen medialen Aufmerksamkeit, die der Beobachtungswettbewerb alljährlich hervorruft, wollen wir die breite Öffentlichkeit zudem auf die Vielfalt in der Vogelwelt und deren Erhaltung aufmerksam machen. Die Artenvielfalt in der Vogelwelt wurde. Alle Teilnehmer verpflichten viele Vogelarten zu entdecken und hierzulande erkunden die Teams an sich selbstverständlich zur absoluten mit Freunden einen spannenden Tag diesem Tag intensiver als an jedem Fairness – gegenüber den anderen voller interessanter Erlebnisse zu anderen im Jahr. Denn Ziel der ein- Teams, vor allem aber gegenüber verbringen. Alle Teams sind jedoch zelnen, aus drei bis fünf Beobachtern der Natur im Allgemeinen und der auch dazu aufgerufen, Spenden für bestehenden Teams ist es, am 7. Mai Vogelwelt im Speziellen: Klangat- ein jährlich festgelegtes Projekt zu zwischen 0 und 24 Uhr so viele Vo- trappen sind ebenso verboten, wie sammeln (keine Teilnahmevorausset- gelarten wie möglich zu sehen oder jedwede Beeinträchtigung speziell zung). Neben den Siegern im „Arten- zu hören. Eine Art darf gewertet von Vögeln an ihren Brutplätzen. rennen“ wird es somit auch Sieger werden, wenn sie von der Mehr- Besonders dort, wo mehrere im „Spendenrennen“ geben. Auf Be- zahl der Teammitglieder bestätigt Teams antreten, ist eine exakte Fest- schluss der Mitgliederversammlung legung des Beobachtungsgebiets des DDA fließen die Spendenein- aus Gründen der Vergleichbarkeit nahmen in diesem Jahr wieder in wichtig. Deshalb orientiert sich die- das Projekt ornitho.de, und zwar in ses in der Regel an der Grenze von den Unterhalt für das erste Jahr so- (Land)Kreisen. Wenn einstmals weit wie die Weiterentwicklung. Die Bird- verbreitete Arten wie Feldlerche racerinnen und Birdracer des Jahres oder Rebhuhn am Ende des Tages auf 2010 können stolz auf das Erreichte der Liste fehlen, dann lassen sich For- sein, denn durch ihre Spenden leiste- derungen etwa nach einer vielfälti- ten sie einen wichtigen Beitrag zum geren Landschaft gut in die Öffent- Aufbau des Portals in Deutschland, lichkeit transportieren. Selbstredend das in Kürze seine virtuellen Pforten wird kein Kreis ein Artenschutzpro- öffnen wird. gramm auflegen, um beim Birdrace besser abzuschneiden. Aber es wird dadurch einmal auf ganz andere Alle Informationen rund um das Weise deutlich, dass unsere heimi- Birdrace, einschließlich der Ergeb- Das Gimpel-Pärchen von Michael sche Natur schleichend an Artenviel- nisse aller Teams aus den Vorjah- Sprinckstub wird dieses Jahr die Bird- race-Urkunde zieren. Das Original, das falt verliert. ren, finden sich im Internet unter der Künstler eigens für das Birdrace www.dda-web.de/birdrace. Die anfertigte und uns spendete, verlosen Spendenrennen für ornitho.de Anmeldung ist ab dem 9. April wir unter allen Teilnehmern, deren Team Ohne Frage ist das wichtigste Ziel möglich. mind. 100 Euro für ornitho.de einwirbt. aller Teams, am 7. Mai möglichst 3
Monitoring häufiger Brutvögel – erste Ergebnisse der Saison 2010 Alexander Mitschke Foto: Christoph Moning. Die Saison 2010 war in dreifacher Hinsicht für das Monitoring häufiger Brutvögel ein einschneidendes Jahr. Ornithologisch wirkte sich in diesem inzwischen siebten Jahr des „neuen Monitorings“ vor allem der Kälte- winter 2009/10 aus. Inhaltlich war 2010 das letzte Jahr des „alten Monitorings“, mit Punkt-Stopp-Zählungen und Revierkartierungen auf frei ausgewählten Routen und Flächen. Nach mehr als 20 Jahren Laufzeit und einer insgesamt siebenjährigen Überlappungsperiode steht jetzt zum einen eine umfassende Auswertung des von Martin Flade und Johannes Schwarz koordinierten Programms an. Außerdem werden die beiden Zeitreihen aus dem „alten“ und dem „neuen“ Monitoring derzeit miteinander verrechnet, so dass in Zukunft Aussagen zur Bestandsentwicklung unserer häufigeren Brutvögel möglich sein werden, die bis ins Jahr 1990 zurückreichen. Und schließlich gab es Ende des Jahres 2010 im koordinativen Bereich eine personelle Veränderung. Über den Zeitraum von sieben Jah- in Folge in Mitleidenschaft gezoge- derzeit zumindest aus dem Westen ren zeigt die überwiegende Zahl nen Zaunkönig vor allem der Star zu Deutschlands zurück. der häufigeren Brutvogelarten nennen ist, dessen Bestand 2010 um keine deutlichen Bestandsverände- weitere 19 % einbrach. Der Kältewinter 2009/10 rungen. Bei vielen weit verbreite- Deutlich positiv haben sich in den hinterließ seine Spuren ten Arten deuten sich derzeit leicht letzten sieben Jahren die Bestände Die Brutsaison 2010 stand unter dem ansteigende Bestände an (z.B. Am- einiger mittelhäufiger Arten entwi- Einfluss des vorangegangenen Kälte- sel, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke). ckelt, deren Vorkommen in Deutsch- winters 2009/10. Auch wenn die Arten wie Buchfink und Rotkehlchen land sich derzeit in Ausbreitung be- hier präsentierten Zwischenergeb- zeigen stabile Verhältnisse. Nur we- finden (Birkenzeisig, Blaukehlchen, nisse bisher nur auf den Daten von nige sehr häufige Arten weisen in Graugans, Nilgans, Schnatterente, 169 für 2010 aufbereiteten Probe- den letzten Jahren deutlich negati- Schwarzkehlchen). Dagegen ziehen flächen beruhen und daher sehr vor- ve Entwicklungen auf, wobei hier ne- sich Arten wie Schlagschwirl, Stein- läufigen Charakter haben, wird der ben dem durch zwei harte Winter schmätzer oder Zwergschnäpper kältebedingte Bestandseinbruch vor a b Abb. 1: Bestandsentwicklung von a) Zaunkönig und Rotkehlchen sowie b) Rebhuhn und Wintergoldhähnchen 2004–2010 nach den Daten des Monitorings häufiger Brutvögel in Deutschland relativ zum Jahr 2006. Hinweis: Die Daten für das Jahr 2010 sind noch unvollständig. 4 DDA-Monitoring-Rundbrief Frühjahr 2011
a b Abb. 2: Bestandsentwicklung von a) Waldlaubsänger und Stieglitz sowie b) Zilzalp und Kleiber 2004–2010 nach den Daten des Monitorings häufiger Brutvögel in Deutschland relativ zum Jahr 2006. Hinweis: Die Daten für das Jahr 2010 sind noch unvollständig. allem beim Zaunkönig bereits sehr Wechsel in der bundesweiten Koordination deutlich, welcher nach derzeitigem des „Monitorings häufiger Brutvögel“ Stand um mehr als 40 % zurückging. Zum Jahreswechsel 2010/11 hat die bundesweite Koordination des Monitorings Interessanterweise zeigte das Rot- häufiger Brutvögel gewechselt. Nach sieben Jahren Aufbauarbeit unseres neuen kehlchen, welches während des letz- Monitorings war für mich die Zeit gekommen, meine unterschiedlichen beruflichen ten Kältewinters 2005/06 eine dem Schwerpunkte neu zu ordnen. Am Monitoring häufiger Brutvögel werde ich weiterhin Geschehen beim Zaunkönig weit- als Landeskoordinator in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen sowie auf gehend parallele Entwicklung auf- ehrenamtlicher Basis im Beirat des DDA mitarbeiten. Die bundesweite Koordination wies, aktuell keinerlei Bestandsver- wird in den kommenden Monaten schrittweise an Sven Trautmann übergeben. lust (Abb. 1a). Weitere Arten, auf Wir alle können auf die letzten Jahre und das gemeinsam Erreichte sicherlich die sich der vorangegangene, stren- mehr als zufrieden zurückblicken. Vor allem dank des Engagements auf Landese- ge Winter negativ ausgewirkt hat, bene werden inzwischen auf mehr als 1.400 Probeflächen in ganz Deutschland all- sind u.a. Rebhuhn (-41%) und Win- jährliche Brutvogelkartierungen durchgeführt. Mir hat die Koordination des Monito- tergoldhähnchen (-31%, Abb. 1b). rings in den letzten Jahren sehr viel Spaß gemacht, und ich bin allen Beteiligten sehr Auf der anderen Seite waren in dankbar für die Unterstützung und zahllose Anregungen zur Weiterentwicklung un- der Brutsaison 2010 beispielsweise seres Programms. Im Rahmen unseres Projektes bin ich weit „herumgekommen“ und bei Waldlaubsänger (+31%) und habe an verschiedensten Kartierer- und Regionaltagungen teilnehmen dürfen. Das gab mir die Gelegenheit, viele ehrenamtliche Kartierer in den Bundesländern per- Stieglitz (+37%; Abb. 2a) deutlich sönlich kennen zu lernen. Für diese vielen Kontakte, netten Gespräche und motivie- mehr Reviere als in den Vorjahren rende Mitarbeit bin ich sehr dankbar! Ich bin überzeugt, dass es mit dem Wechsel besetzt. Und Zilpzalp (+25%) und des bundesweiten Ansprechpartners gelingen wird, die „Erfolgsgeschichte“ des Mo- Kleiber (+21%, Abb. 2b) setzten nitorings häufiger Brutvögel nahtlos fortsetzen zu können! ihre längerfristig positiven Trends in Alexander Mitschke der Saison 2010 ausgeprägt fort. Bei Fichtenkreuzschnabel und Erlen- Zum 1. Februar 2011 habe ich die Betreuung zeisig wirkte sich die starke Fichten- des „Monitorings häufiger Brutvögel“ in der fruktifikation vor allem in den Mittel- Geschäftsstelle des DDA übernommen. Ne- gebirgslagen sehr positiv aus. Dies ben der bundesweiten Koordination werde ich führte offenbar zu einem Einflug mit übergangsweise solange auch für Rheinland- Pfalz die Landeskoordination übernehmen, bis verbreiteten Brutaktivitäten. dort eine langfristig tragfähige Lösung ge- funden ist. Neben den rein organisatorischen Danke! Tätigkeiten möchte ich mich verstärkt mit Aus- Ein herzlicher Dank gilt wieder al- wertungsmethoden des Vogelmonitorings be- len, die durch ihre Kartierungen zum schäftigen, Methodiken ausarbeiten und über- erfolgreichen Fortgang und Aus- prüfen sowie über Bestandshochrechnungen bau unseres Monitoringnetzwerkes und -trends hinausgehende Auswertungen an- in Deutschland beigetragen haben. gehen. 2010 beteiligten sich über 1.000 Ich bin Diplom-Biologe und schließe momentan parallel zu meiner neuen Tätig- Vogelkundlerinnen und -kundler an keit im DDA meine Doktorarbeit am Biodiversitäts- und Klimaforschungszentrum in der Bearbeitung von rund 1.400 Frankfurt am Main ab. Thema der Arbeit ist die statistische Modellierung der Ver- Probeflächen. Unentbehrlicher Teil breitung von Vogelarten und -gemeinschaften unter dem Einfluss von Klima- und des Netzwerks sind auch die Lan- Landnutzungswandel. Ich würde mich sehr freuen, möglichst schnell nicht nur die deskoordinatoren vor Ort in den Landeskoordinatoren, sondern auch ehrenamtliche Kartierer des „Monitorings häu- figer Brutvögel“ kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Bundesländern, die einen großen Sven Trautmann Teil der Mitarbeiterbetreuung und Datenverarbeitung leisten. Herzli- Kontakt: Sven Trautmann, Dachverband Deutscher Avifaunisten e.V., An den Speichern chen Dank für Ihre/eure Unterstüt- 4a, 48157 Münster, Tel.: 0251.210140-14, E-Mail: sven.trautmann@dda-web.de zung! 5
Bundesweite Rotmilankartierung 2011/2012 Volkszählung beim Rotmilan Christoph Grüneberg Foto: Oliver Richter. Mit 10.000–14.000 Paaren brütet mehr als die Hälfte des weltweit nahezu ausschließlich auf Europa beschränkten Rotmilanbestandes hierzulande. Deutschland hat daher eine herausragende internationale Verantwortung für den Schutz dieser Art. Eine bundesweite Bestandserfassung, organisiert vom DDA und seinen Mitgliedsverbänden und unterstützt vom Bundesamt für Naturschutz und den Landesfachbehörden, soll die Voraussetzungen dafür schaffen, einen umfassenden nationalen Aktionsplan zum Schutz des Rotmilans aufzustellen. Dabei hoffen wir auf Ihre Mithilfe! Gefährdungsanalyse als oder Horststandorten sowie zum Brut- standsschätzungen in Größenklassen Basis für ein Schutzkonzept erfolg sind Voraussetzung für eine gefragt waren. Die Ergebnisse der Die Ergebnisse der Kartierung für umfassende Gefährdungsanalyse, Gefährdungsanalyse sollen für die den bundesweiten Brutvogelatlas bei der beispielsweise die Lebens- Umsetzung von Artenschutzprogram- ADEBAR geben die aktuelle Ver- raumausstattung, die Auswirkungen men in den Bundesländern und für breitung auf der Basis der Topogra- der Landnutzung auf Bruterfolg und die Erstellung eines nationalen Ak- fischen Karten 1:25.000 bereits sehr Habitatqualität oder den Erfolg von tionsplans zum Schutz des Rotmilans gut wider (Abb. 1). Wozu benötigen Schutzmaßnahmen bewertet werden herangezogen werden. wir also eine weitere Kartierung? sollen. Diese Daten kann ADEBAR Präzise Daten zu den Brutwäldern nicht liefern, in dessen Rahmen Be- Gefährdungsursachen noch unzureichend bekannt Seit Beginn der 1990er Jahre nahm der Brutbestand bundesweit um etwa 30 % ab. Die größten Verluste traten zwischen 1991 und 1997 auf: Allein im nördlichen Harzvor- land brach die lokale Population auf fast die Hälfte ein. Seitdem ist die Entwicklung uneinheitlich: Während der Rückgang in Ostdeutschland bis heute anhält, waren im Westen des Landes bis 2003 leicht positi- ve Tendenzen erkennbar; seitdem nahm der Bestand aber auch dort um bis zu 20 % ab. Für eine lang- lebige Art wie den Rotmilan ist dies ein alarmierender Wert. Die Ergebnisse verschiedener Untersuchungen deuten darauf hin, Neben der Zahl der Reviere sind für weitergehende Auswertungen die Lage der dass in ackerreichen Landschaften Brutwälder oder Horste von besonderem Interesse. Foto: Christian Gelpke. der schnelle und dichte Aufwuchs 6 DDA-Monitoring-Rundbrief Frühjahr 2011
von Wintergetreide und Ölsaaten zu einem Nahrungsengpass in der Auf- zuchtszeit führt. So ist der Bruterfolg dort geringer als in grünlandreichen Flussauen und Mittelgebirgslagen, wie z.B. in Nordhessen festgestellt wurde. Andere Gefährdungsursa- chen sind Störungen im Horstumfeld während der Brutzeit oder Wind- energieanlagen, in deren Nähe Rot- milane jagen oder nach Kollisions- opfern suchen und dabei häufig selbst verunglücken. In Spanien und Frankreich, wo ein Großteil der mit- teleuropäischen Population über- wintert, zählen illegale Vergiftun- gen und Abschüsse zu den häufigsten Todesursachen. Eine Verbesserung der Gefährdungssituation ist der- zeit nicht in Sicht. Jedoch sind wei- tere großräumige Untersuchungen notwendig, um das Ausmaß der ver- schiedenen Gefährdungsursachen zu quantifizieren und zu fundierten, allgemein gültigen Aussagen zu gelangen, auf deren Grundlage Schutzmaßnahmen konzipiert und umgesetzt werden können. Ihre Mitarbeit ist gefragt! Rotmilane erfassen ist nicht nur etwas für Spezialisten. Ganz im Gegen- teil, sie sind anhand des charakte- ristischen Aussehens und des auffäl- ligen Fluges mit etwas Übung leicht Abb. 1: Verbreitung des Rotmilans in Deutschland 2005–2009 nach den noch vorläu- für jede/n zu erkennen. Je mehr Be- figen Ergebnissen des Projektes ADEBAR (Atlas Deutscher Brutvogelarten). obachter an dieser Erfassung teil- nehmen, desto genauer und aussa- Bundesland Kartierjahr Koordination Telefon E-Mail gekräftiger werden die Ergebnisse. Baden-Württemberg 2011/2012 Jochen Hölzinger 07146 2 85 69 29 jochen.hölzinger@ogbw.de Alles was Sie benötigen, sind ein Jochen Walz 07152 4 29 23 walz.j@web.de Fernglas und Zeit für drei Gelände- Bayern 2011/2012 Ulrich Lanz 09174 47 75-31 u-lanz@lbv.de Hans Joachim Fünf- 08821 9 43 01 15 jochen.fuenfstueck@lfu. begehungen zwischen Mitte März stück bayern.de und Mitte Mai, bei denen Rotmilane Brandenburg / Berlin 2011/2012 Rainer Altenkamp 030 8 32 52 83 r.altenkamp@web.de und deren Brutwälder erfasst wer- Hamburg 2011/2012 Alexander Mitschke 040 81 95 63 05 mitschke@dda-web.de den. Sofern es ihre Zeit zulässt, sol- len darauf aufbauend die Horste Hessen 2011 Christian Gelpke 0163 70 700 10 panamagelpke@yahoo.de gesucht und an zwei Terminen der Mecklenburg-Vorp. 2011/2012 Frank Vökler 038203 77 63 30 frank.voekler@t-online.de Bruterfolg ermittelt werden. Alle wichtigen Informationen rund Niedersachsen / 2011/2012 Knut Sandkühler 0511 30 34-32 22 knut.sandkuehler@nlwkn- Bremen um die bundesweite Rotmilankartie- h.niedersachsen.de rung haben wir in einem Kartierleit- Nordrhein-Westfalen 2011/2012 Jens Brune 02307 93 30 66 jens_brune@gmx.de faden zusammengefasst, den sie zu- Rheinland-Pfalz 2011/2012 Thomas Wolf 06131 60 33-1432 thomas.wolf@luwg.rlp.de sammen mit weiteren Informationen Saarland 2011 Norbert Roth 06875 70 97 15 roth@ornithologie-saar- auf den Internetseiten des DDA un- land.de ter www.dda-web.de/rotmilan fin- Sachsen 2011 Winfried Nachtigall 035933 3 11 15 winfried.nachtigall@smul. den. Bitte sprechen Sie mit ihrem sachsen.de Landeskoordinator (s. Tabelle), be- Sachsen-Anhalt 2012 Stefan Fischer 039244 94 09-17 stefan.fischer@lau.mlu. sachsen-anhalt.de vor Sie mit der Arbeit beginnen! Schleswig-Holstein 2011/2012 Hans Wirth 04531 8 63 02 hans.wirth@bsu.ham- burg.de Thüringen 2011 Thomas Pfeiffer 03643 50 45 54 thpfeiffer@gmx.net 7
Jahresreffen der Koordinatoren des Brutvogelmonitorings und ADEBAR-Projektes Vom 11.-13. Februar trafen sich in Lenzen Ein immer wieder angesprochenes an der Elbe im Vierländereck zwischen Problem der Basismitarbeiter ist die Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpom- zeitaufwändige Auswertung der Kartier- mern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg ergebnisse. Als eine mögliche Perspektive die Koordinatoren des Monitorings häu- stellte Alexander Mitschke dazu ein Tool figer sowie seltener Brutvögel und des zur digitalen Dateneingabe und zentra- ADEBAR-Projektes, um auf der über tau- len Auswertung aus den Niederlanden sendjährigen Burg der Stadt über aktu- vor, das dort 2010 erstmals erfolgreich elle Themen der Monitoringprogramme getestet wurde. Deshalb wollen wir prü- und des Atlasprojektes zu beraten. fen, ob wir darauf aufbauend auch für Für die Koordinatoren des Brutvogel- Deutschland ein solches Tool in den kom- Mit über 30 Teilnehmern war das Koordinatorentreffen auf Burg Lenzen monitorings war dies das erste Treffen menden Jahren in Anbindung an ornitho.de gut besucht. Foto: Bernd Hälterlein. dieser Art, mit dem – wie beim Monito- realisieren können. ring rastender Wasservögel – eine neue sich die Bundes- und Landeskoordinato- Tradition ins Leben gerufen werden soll. Pläne für das ren im Anschluss an die Koordinatoren- Monitoring seltener Brutvögel treffen zur Beratung über den weiteren Aktuelles zu den häufigen Brutvögeln Am Samstagvormittag stand zuerst die Ablauf des ADEBAR-Projektes zusam- Am Freitag berichteten Alexander Rotmilankartierung 2011/2012 im Mit- men. Obwohl die Korrekturphase der Mitschke und sein Nachfolger Sven telpunkt. Eine Umfrage unter den Koor- grundlegenden Kartierergebnisse und Trautmann über erste Ergebnisse zu den dinatoren dieses Projektes weckte posi- der darauf basierenden Datenbanken häufigen Arten aus der Saison 2010 tive Erwarten: Nach dem aktuellen Stand für die ADEBAR-Karten noch immer nicht und die Auswirkungen des vorange- wird voraussichtlich bereits 2011 in vie- abgeschlossen werden konnte, haben wir gangenen Kältewinters (s. S. 4). Anhand len Bundesländern ein Großteil des Be- uns dazu entschlossen, jetzt mit der Er- von Beispielen wurde gezeigt, wie die standes erfasst werden können. Beson- stellung der Artkapitelentwürfe zu be- Ergebnisse der bisherigen Punkt-Stopp- ders positive Resonanz gibt es in den ginnen und diese zur Korrektur online zu Zählungen mit denen der Linienkartie- Ländern, in denen die Kartierer für ihren stellen. Inzwischen liegen die ersten 100 rung kombiniert werden können. Ge- Aufwand eine finanzielle Entschädigung Entwurfsfassungen vor, an deren Verbes- meinsam erörterten die Teilnehmer, wie durch die Vogelschutzwarten oder ent- serung – nach dem Wikipedia-Prinzip – und in welchem Umfang auf dieser Ba- sprechenden Fachbehörden erhalten. sich inzwischen auch schon viele versierte sis auch landesspezifische Auswertungen Für das Monitoring seltener Brut- Ornithologen und Avifaunisten Deutsch- zur Verfügung gestellt werden können vögel stellte Christoph Grüneberg das lands beteiligen. und welche Unterstützung der DDA da- Konzept des DDA vor, das zukünftig – Die Karten für die häufigen Brut- bei leisten kann. neben den seltenen – auch die Erfas- vogelarten Deutschlands, deren Ver- sung mittelhäufiger Arten vorsieht. Da- breitung auf der Grundlage der Kar- bei zeigt es sich, dass zu den sehr tierungen auf den Probeflächen des seltenen Arten, den Koloniebrütern sowie Monitoring häufiger Brutvogelarten mo- den im Fokus des Artenschutzes stehen- delliert wurden, liegen inzwischen in ei- den Großvogelarten bereits sehr gute ner Entwurfsfassung vor, die jetzt von Daten vorliegen. Handlungsbedarf be- den Landeskoordinatoren intensiv ge- steht vor allem bei den an Gewässern prüft werden. Inzwischen fertig gestellt und in Feuchtgebieten brütenden „mittel- sind auch die meisten der die Artkapitel häufigen“ Vogelarten, für die gebietsbe- illustrierenden Aquarelle. Paschalis Dou- zogene Erfassungen angestrebt werden galis zeigt im wieder auf beeindrucken- sowie den weit verbreiteten „mittelhäufi- de Weise seine mehrfach ausgezeichne- gen“ Vogelarten, für die aufbauend auf te Kunst und die eine oder der andere ADEBAR Erhebungen auf TK25-Qua- wird sich glücklich schätzen, bereits früh- dranten und/oder Minutenfeldern (ca. zeitig zum ADEBAR-Paten bekannt zu 2 km²) angestrebt werden. Die Teilneh- haben. Apropos Patenschaften: Die Fa- mer des Koordinatorentreffens beschlos- milie der ADEBAR-Paten wächst bestän- sen, dass diese Ansätze konkretisiert und dig weiter. Inzwischen hat bereits eine nach Abschluss der Rotmilankartierung ganze Reihe von Arten ihre maximal fünf ab 2013 in die Praxis umgesetzt wer- Spendenpaten gefunden. Noch wie in je- den sollen. der Familie gibt es einige Nesthäkchen, Auf der gemeinsamen Exkursion bot die noch auf Ihre Unterstützung warten! der ehemalige Grenzturm einen weiten ADEBAR in der Auswertephase Helfen Sie ADEBAR und werden auch Sie Blick über die Elbtalaue. Foto: Bernd Auf Einladung der Stiftung Vogelmoni- Pate! Wie es geht, all das erfahren Sie Hälterlein. toring Deutschland und des DDA fanden unter www.stiftung-vogelmonitoring.de. 8 DDA-Monitoring-Rundbrief Frühjahr 2011
ADEBAR trägt erste Früchte: Der Hessen-Atlas ist erschienen! Stefan Stübing Es ist geschafft – die hessischen Vogelkundler hielten vor Weihnachten die landesweiten Ergebnisse des Atlas Deutscher Brutvogelarten ADEBAR in den Händen. Nur gut ein Jahr nach Abschluss der letzten Erfassungen stellte die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V. das mehr als 500 Seiten starke Werk bei einer Feierstunde im Museum Wiesbaden am 9. Dezember der Öffentlichkeit vor. Mehr als 700 Mitarbeiter hatten zwi- des Einflusses des Klimawandels“ schen 2005 und 2009 die Brutvögel geleistet, das der DDA mit der Uni auf der Basis der Quadranten der Gießen durchgeführt hat. Topographischen Karten 1:25.000 anhand der bundesweit einheitlichen Großer Erkenntnis- Methode erfasst. Insgesamt wurden zuwachs und neue Wege dabei 188 Brutvogelarten nachge- Der größte Erkenntnisgewinn war steht den Wiesenvögeln das Was- wiesen, darunter auch Besonderhei- bei den so genannten „mittelhäufi- ser bis zum Hals. Kiebitz, Bekassine ten wie Zwergohreule, Mantelmöwe, gen Arten“ festzustellen, weit ver- oder Wiesenpieper nehmen drama- Spießente und Gelbkopf-Schafstel- breitete Arten, die in meist geringer tisch ab, das Braunkehlchen ist mitt- ze. Völlig unerwartet war auch das Siedlungsdichte brüten, so dass im lerweile seltener als das Schwarz- in Deutschland als ausgestorben ge- Vorfeld viele Vorkommen unbekannt kehlchen. führte Zwergsumpfhuhn dabei, von waren. Oftmals sind die Bestände Die Bestände von 26 Vogelarten dem mehrere Reviere in der Wet- dieser Arten zwei oder dreimal so und damit etwa 15 % der hessischen terau und im Hessischen Ried erfasst groß, wie zuvor vermutet. Dies be- Brutvogelfauna sind seit dem Jahr werden konnten. ruht jedoch nicht auf einer tatsäch- 1850 sogar erloschen. Um das Aus- Dank der tatkräftigen Unterstüt- lichen Bestandszunahme, sondern sterben weiterer Arten zu verhindern, zung des DDA und Dr. Thomas Gott- allein auf der nun deutlich verbes- ist der Naturschutz auf eine breite schalk (Universität Gießen) war es serten Datengrundlage. öffentliche Basis angewiesen. Hier möglich, erstmals modellierte Ver- Bei einem Waldanteil von 42 % schlägt der hessische Brutvogelatlas breitungskarten der häufigen Arten weisen vor allem Spechte, Eulen und einen neuen Weg ein. Die Kombina- sowie deren Bestandstrends dar- Greifvögel im Bundesmaßstab hohe tion aus bewusst kurz und informa- zustellen. Die Grundlagen für die Bestände auf, aber auch andere Ar- tiv gehaltenen Texten, einem anspre- modellierten Verbreitungskarten ten wie der Birkenzeisig sind über- chenden, modernen Layout und den wurden im Rahmen des vom Bundes- proportional vertreten. Während großformatigen Verbreitungskarten amt für Naturschutz mit Mitteln des bei Drossel- und Schilfrohrsänger und Artfotos von einzigartiger Qua- Bundesumweltministeriums geförder- oder Zwergdommel nach jahrzehn- lität sollen auch Nicht-Vogelkundlern ten F+E-Vorhabens „Verbreitungs- telanger Abnahme endlich wie- die „Faszination Vogel“ vermitteln analyse von Vogelarten und Analyse der Zunahmen zu verzeichnen sind, und so für eine breite Unterstützung der Naturschutz-Anliegen werben. Ein herzliches Dankeschön allen Beteiligten für ihre engagierte Mit- arbeit und allen Artpaten für ihre großzügige Unterstützung, ohne die die „Brutvögel Hessens in Raum und Zeit“ nicht so umfassend und zeitnah hätten erscheinen können! Durch seine zentrale Lage in Deutschland und das große Ar- tenspektrum ist dieser Band auch für Vogelbeobachter außerhalb Hessens interessant. Das Buch kann zum Preis von 49,80 EUR zzgl. Versandkosten in der HGON-Geschäftstelle, Tel.: 06008-1803, E-Mail: marion. mogk@hgon.de bestellt werden. 9
Integriertes Monitoring Weißstorch – demografische Daten zeigen, wie es Adebar in Deutschland geht Foto: Erich Greiner. Ulrich Köppen, Christoph Kaatz und Jan Schimkat Unter den gegenwärtig in Deutschland laufenden Vogelmonitoring-Programmen hat das Integrierte Monitoring Weißstorch in der ornithologischen Öffentlichkeit bisher vergleichsweise wenig Aufsehen erregt. Dabei ist es allein wegen der im Mittelpunkt stehenden Art von besonderer naturschutzpraktischer wie -politischer Bedeutung. Das von der NABU Bundesarbeitsgruppe (BAG) Weißstorchschutz und der Beringungszentrale Hiddensee (LUNG Mecklenburg-Vorpommern) gemeinsam organisierte Weißstorchmonitoring ist wohl eines der umfangreichsten Programme hierzulande und zugleich ein sehr lebendiges. Es stützt sich auf lange Zeitreihen und es mobilisiert alljährlich viele hundert Artspezialisten in Deutschland. Aus der Bezeichnung geht bereits Die durch ein Netz von ehrenamt- Ergebnisse zusammenfasste, auswer- hervor, dass es sich beim Integrierten lichen Horstbetreuern ermittelten tete und auch ihre Veröffentlichung Monitoring um die Kombination Daten wurden über Kreis- und Be- veranlasste[1, 2]. Dieses Betreuungs- zweier verschiedener Ansätze der zirksbetreuer an den zentralen Vor- system wurde nach 1990 unter dem Datenerhebung handelt, nämlich der stand des AK gemeldet, der die Dach des NABU als Bundesarbeits- herkömmlichen Zählung von Brut- paaren und deren Jungen sowie der Methode der individuellen Markie- rung. Die Anwendung beider metho- discher Ansätze beim Weißstorch hat in Ostdeutschland eine vergleichs- weise lange Tradition. Rechnet man die flächendeckend dokumentierten jährlichen Brutbestandszahlen und Reproduktionskennziffern mit ein, so reichen die Wurzeln bis in das Jahr 1979 zurück, als der zentrale Arbeits- kreis (AK) Weißstorchschutz der DDR gegründet wurde, der die kontinu- ierliche Erfassung der Brutbestände Abb. 1: Ergebnisse der flächendeckenden Erfassung von Brutbeständen des Weiß- und des Reproduktionsgeschehens storchs in Ostdeutschland am Beispiel des Landes Brandenburg: Horstpaare 1934- der Weißstörche nach einheitlicher 2008 (dunkle Balken: Horstpaare mit Bruterfolg). Quelle: http://bergenhusen.nabu. Methodik landesweit organisierte. de/weissstorch/national/ , B. Ludwig (Rangsdorf). 10 DDA-Monitoring-Rundbrief Frühjahr 2011
Im Jahr 2010 wurden in allen 16 deutschen Bundesländern insgesamt ca. 4.400 Weißstorchpaare erfasst. Hinzu kommen ca. 300 Paare, die von Storchen“freunden“ zugefüttert werden und deren Bestand daher als mehr oder minder fütterungsab- hängig angesehen werden muss. 2010 wurden 1.231 Jungvögel von 23 speziell befugten Beringern nach strengen Standards markiert. Eine neue Jahresbestleistung er- brachten die vielen passionierten ehrenamtlichen Ringableser: 1.671 Rückmeldungen beringter Störche gingen bislang für 2010 ein (Abb. 3). Der Löwenanteil dieser Rückmeldun- gen betrifft erwartungsgemäß Hid- densee-Ringvögel (786 Ind.). Ende des Jahres 2010 lagen damit insgesamt 51.674 Hidden- see-Beringungsdaten sowie 20.307 Rückmeldungen von Hiddensee-Ring- vögeln vor (Abb. 4). Letztere schlie- ßen etwa 5.800 Fernfunde (> 100 km vom Ort der Beringung) ein. Aus populationsökologischem Blickwinkel besteht aber der eigentliche „Daten- schatz“ in den 8.820 Nahfunden Abb. 2: Ergebnisse der flächendeckenden Erfassung von Brutbeständen des Weiß- (11 bis 100 km vom Beringungsort), storchs in Ostdeutschland am Beispiel des Landes Brandenburg: Brutverbreitung den 1.300 kurzfristigen Ortsfunden 2004. Quelle: http://bergenhusen.nabu.de/weissstorch/national/ (< 11 km, < 91Tage nach Berin- gung) und 2.744 langfristigen Orts- gruppe (BAG) Weißstorchschutz – Abundanz des Weißstorchs, zur funden (< 11 km, > 90 Tage nach nun alle Bundesländer umfassend – räumlichen Verteilung seiner Brut- Beringung). bis heute erfolgreich weitergeführt. orte sowie zu wichtigen Reproduk- Die Beringung von Weißstörchen tionskennziffern (Abb. 1, 2). hat in Deutschland sogar eine bis Anfang des 20. Jahrhunderts zurück- reichende Tradition. Sie wurde in der DDR ab den 1960er Jahren mit geschärftem Profil fortgesetzt[3] und im Jahr 1996 auf gemeinsame Initiative von BAG Weißstorchschutz, Beringungszentrale Hiddensee und der Naturschutzfachbehörden der fünf ostdeutschen Bundesländer neu fokussiert. Schwerpunkt ist seitdem die Datensammlung zu populations- ökologischen Fragestellungen, um Wissensgrundlagen für die tägliche Praxis wie auch langfristige Strate- gien des Weißstorchschutzes zu ge- winnen. Langjährige, umfangreiche Datenreihen Dank der über Jahrzehnte zentral Abb. 3: Jährliche Anzahlen von Weißstorch-Beringungen in Ostdeutschland (Linie) organisierten Bestandserfassungen und registrierter Rückmeldungen beringter Störche (Säulen) 1964 – 2010, dunkle existieren heute für alle ostdeutschen Säulenanteile: tot, krank oder geschwächt gefunden, hell: Ring am lebenden Vogel Bundesländer lange Zeitreihen zur abgelesen. 11
Auf Zuwanderung angewiesen Anhand regionaler Reproduktions- daten und Sterblichkeitsschätzun- gen konnte nachgewiesen werden, dass die Nettoreproduktionsraten der Weißstorch-Brutbestände in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-An- halt und Niedersachsen in den Jahren 1994 bis 1999 nicht ausreichten, um deren einfache Reproduktion zu ge- währleisten[4]. Dafür wären in Sach- sen mittlere Jungenzahlen von 2,57 statt der realen 1,65 notwendig ge- wesen, in Sachsen-Anhalt 2,57 statt realer 2,00. Entsprechend ist der im selben Zeitraum beobachtete Be- standsanstieg nur auf Zuwanderung von Brutvögeln zurückzuführen, die rechnerisch bei durchschnittlich 8 % des Gesamtbestandes lag. Auch für das Gebiet Ostdeutschlands insge- samt ergaben Populationsmodellie- rungen für den Zeitraum 1984 bis 2000 eine sich immer weiter öffnen- de Schere zwischen der „aus eige- ner Kraft“, d.h. ohne Immigration, möglichen Bestandsentwicklung und den tatsächlich vorhandenen Brutbe- ständen (Abb. 5). Diese z. T. alarmierenden Entwick- lungen stehen in engem Zusammen- hang mit dem weiter beschleunigten Verlust von Weißstorch-Lebensräu- men im zentraleuropäischen Brut- gebiet. Einen besonders negativen Stellenwert in der Populationsbilanz nehmen die noch immer dramati- schen Mortalitätsraten der Jungvögel durch Stromschlag an Freileitungen Abb. 4: Geografische Verteilung aller Rückmeldungen von Hiddensee-Ringstörchen in den ostdeutschen Bundesländern 1964–2009 (n= 18.595). wie auch auf dem südöstlichen Zug- weg einschließlich Israels ein[5]. Überwinterungsgebiete und ihr Einfluss auf die Bestandsentwicklung Die Dynamik der hier betrachteten, größtenteils aus Ostziehern beste- henden Weißstorchpopulation wird maßgeblich auch von den Umwelt- verhältnissen auf dem Zuge und im Überwinterungsgebiet bestimmt. Das konnte anhand von über 30.000 Ringfunden ostdeutscher und polni- scher Weißstörche gezeigt wer- den[6]: Die jährlichen Überlebens- raten der Weißstörche beider Länder wiesen im Zeitraum 1984 bis Abb. 5: Reale Bestandsentwicklung des Weißstorchs in Ostdeutschland (Rauten), 2001 weitgehend synchrone jähr- anhand einer Populationsmodellierung ohne Immigration ermittelte rechnerische liche Schwankungen und ähnliche Bestandsentwicklung (Kreise) sowie die Dismigrationsrate (Abwanderung; Quadrate) langjährige Mittelwerte auf. Mitver- ostdeutscher Störche im Zeitraum 1984 bis 1999 (aus Schimkat 2008). antwortlich dafür sind Schwankun- 12 DDA-Monitoring-Rundbrief Frühjahr 2011
Abb. 6: Jahresspezifische Überlebensraten von ostziehenden Weißstörchen aus Polen (Quadrate) und Ostdeutschland (Kreise) in den Jahren 1983–2001, gefüllte Symbole: Altvögel, offene Symbole: Jungvögel, und deren Zusammenhang mit den Vegetations- verhältnissen in den afrikanischen Überwinterungsgebieten Sahel, Ostafrika und Südafrika (Karte rechts). Die farbigen Balkenab- schnitte (oben) stehen für Jahre mit starker (blau), mittlerer (grün) und geringer Vegetationsausbildung (gelb) in den betreffenden Gebieten (aus Schaub et al. 2005). 6 Schaub, M., W. Kania & U. Köp- gen der jährlichen Primärprodukti- Literatur pen (2005): Variation of pri- on (gemessen anhand des NDVI = 1 Dornbusch, M. (1987): Der Be- mary production during winter stand des Weißstorchs (Ciconia induces synchrony in survival Normalized Difference Vegetation ciconia) 1986 in der DDR. Mit- rates in migratory white storks Index) in der östlichen Sahelzone in teilungen des Arbeitskreises Ciconia ciconia. J. Anim. Ecol. Weißstorch 65. 74: 656–666. Afrika, aus denen sich bis zu 88 % 2 Kretschmann, K. & C. Kaatz der Variation der jährlichen Weiß- (1996): 15 Jahre Arbeitskreis storch-Sterberaten erklärt (Abb. 6). Weißstorch - Ein Rückblick zum Anschriften der Verfasser: Ein gutes Nahrungsangebot in die- Weißstorchschutz im östlichen Dr. Ulrich Köppen, Beringungszen- Deutschland. In: Kaatz C. & M. sem ersten Zielgebiet auf dem afri- Kaatz (Hrsg.): Jubiläumsband trale Hiddensee, Landesamt für Um- kanischen Kontinent, besitzt ganz Weißstorch. 3. Sachsen-Anhalti- welt, Naturschutz und Geologie nischer Storchentag. Tagungs- offenbar lebenswichtige Bedeutung bandreihe des Storchenhofes Lo- (LUNG) Mecklenburg-Vorpommern, für viele ostziehende Weißstörche. burg am MLRU-LSA: 11-15. Badenstr. 18, 18439 Stralsund; 3 Siefke, A. (1989): Beringung E-Mail: ulrich.koeppen@lung.mv-re- von Weißstörchen (Ciconia ci- Danke! conia) in der DDR - wie weiter? gierung.de Das Integrierte Monitoring Weiß- Ber. Vogelwarte Hiddensee 9: storch in Ostdeutschland ist ein Ge- 10–15. Dr. Christoph Kaatz, Vogelschutz- 4 Schimkat, J. (2008): Untersu- meinschaftswerk von ehrenamtlichen chung der Populationsdynamik warte Storchenhof Loburg e.V., Horstbetreuern, Landes-, Regional- von Regionalbeständen ostzie- Chausseestr. 18, 39279 Loburg; und Kreisbetreuern der NABU BAG hender Weißstörche (Ciconia ci- E-Mail: vogelschutzwarte@storchen conia) mittels eines Simulati- Weißstorchschutz, von Weißstorch- onsmodells. In: Kaatz C. & M. hof-loburg.de beringern, ambitionierten Ringab- Kaatz (Hrsg.): 3. Jubiläumsband Weißstorch, 10.-15. Sachsen-An- lesern und vielen weiteren Storchen- haltinischer Storchentag 2001- Dr. Jan Schimkat, Naturschutzinstitut freunden. Sie alle leisten in ihrer 2006, Loburg: 330–333. Region Dresden e.V., Weixdorfer Freizeit eine sehr wichtige Arbeit 5 Köppen, U., J. Schimkat & C. Straße 15, 01129 Dresden; E-Mail: Kaatz (2010, Hrsg.): Bessere für den Weißstorch, für den Natur- Einschätzung des Erhaltungszu- nsi-dresden@naturschutzinstitut.de schutz und für die ganze Gesell- standes von Populationen durch Integriertes Monitoring - das schaft. Dafür danken wir ihnen aufs Beispiel Weißstorch Ciconia ci- Herzlichste! conia in Ostdeutschland. Bonn- Bad Godesberg. 13
Ehrenamtliches Engagement im Vogelmonitoring in Deutschland Foto: Stefan Gonser. Christoph Sudfeldt und Johannes Wahl Ehrenamtliche bilden die tragende Säule der Avifaunistik in Deutschland: Kein Brutvogelatlas, kein bundes- weites Vogelerfassungsprogramm ließe sich in Deutschland ohne sie realisieren. Welcher zeitlicher Einsatz, aber auch welche Motivation und Erwartungen hinter diesem Engagement stehen, ist jedoch bislang kaum unter- sucht worden. Basierend auf Umfragen unter den Mitarbeitern der Wasservogelzählung und Teilnehmern von Tagungen zum Vogelmonitoring sowie eigenen Recherchen hat der DDA anlässlich der Fachtagung „30 Jahre Vogelschutzrichtlinie“ (s. S. 16) das ehrenamtliche Engagement im Vogelmonitoring in Deutschland bilanziert[1]. Die Ergebnisse verdeutlichen, welch Langfristiges Erfassungsprogrammen, deren Ziel enorme gesellschaftliche Wertschöp- Engagement als Basis die langfristige Beschreibung von fung alljährlich allein im Rahmen des Viele Ehrenamtliche engagieren sich Bestandsveränderungen ist. Vogelmonitorings erbracht wird: dabei über den gesamten Jahres- Rund 5.000 Mitarbeiter stellen jähr- verlauf durch die Mitarbeit in meh- Deutlicher Männchen-Überschuss und lich über 200.000 Stunden ihrer reren Erfassungsprogrammen – oft später Start ins „Monitoringleben“ Freizeit für die Bestandserfassungen über einen beträchtlichen Teil ihres Überraschend gering ist der An- zur Verfügung. Das entspricht einer Lebens. Das führte die Umfrage un- teil der Mitarbeiterinnen an den Er- Wertschöpfung von mindestens ter den Mitarbeitern der Wasservo- fassungsprogrammen: Ganz gleich, 2 Mio. Euro, legt man einen „ehren- gelzählung eindrucksvoll vor Augen: ob beim Monitoring häufiger Brut- amtlichen Stundenlohn“ von 10 Euro Über ein Viertel der Ehrenamtli- vögel, bei der Wasservogelzäh- je Stunde zugrunde, die als Eigenleis- chen war seit mehr als 25 Jahren lung, bei den Möwen-Schlafplatz- tung für ehrenamtliche Tätigkeiten an den Erfassungen beteiligt, und zählungen oder bei Tagungen zum z.B. in Nordrhein-Westfalen ange- knapp 8 % der Antwortenden ga- Vogelmonitoring, der Anteil der Mit- setzt werden. Hinzukommt ein be- ben im Winter 2004/05 an, dass sie arbeiterinnen lag durchweg nur bei achtliches, ebenfalls größtenteils seit über 38 Jahren, also seit Beginn rund 10 %. Auch unter den Ehren- ehrenamtliches Engagement auf ko- des International Waterbird Census amtlichen in der Schweiz ist der An- ordinativer Ebene. Die Fahrtkosten in im Winter 1966/67, zählen. Der teil der Mitarbeiterinnen mit 16 % Höhe von rund 175.000 Euro sowie überwiegende Teil der Mitarbeiter gering (jedoch mit steigender Ten- die beachtlichen Ausrüstungskosten blieb dabei vermutlich seinem Zähl- denz[2]). werden ebenfalls größtenteils selbst gewässer treu oder wechselte die- Durchaus typisch für das getragen. Nicht eingerechnet ist da- ses nur bedingt durch die Änderung Vogelmonitoring – auch in anderen bei das ehrenamtliche Engagement, des Wohnorts. Dieses hohe Maß an Ländern – scheint der geringe An- das zwischen 2004 und 2009 bei ei- Kontinuität sichert somit nicht nur die teil von Mitarbeiterinnen und Mitar- nem beachtlichen Teil der Mitarbei- Aufrechterhaltung des Programms, beitern im unteren Drittel der Alters- ter für das ADEBAR-Projekt erbracht sondern erhöht gleichzeitig die Ver- pyramide zu sein. So schätzen wir wurde, an dem sich über 3.000 Kar- gleichbarkeit der Zählergebnisse – den Anteil der Unter-30-Jährigen tierer beteiligten. eine essentielle Voraussetzung von auf weniger als 5 %. Auch bei den 14 DDA-Monitoring-Rundbrief Frühjahr 2011
Mitarbeitern der SOVON (4,2 % < 30 Jahre [3]), der Schweizerischen Vo- gelwarte Sempach (7 % < 30 Jah- re [2]) sowie den Kartierern des aus- tralischen Brutvogelatlasses (7,6 % < 40 Jahren [4]) war diese Alters- klasse deutlich unterrepräsentiert. Eine geringe Beteiligung der jungen Generation ist durchaus gut nach- vollziehbar: Ein Einstieg in eine län- gerfristige Mitarbeit erfolgt oft erst mit der Festlegung auf einen dauer- haften Wohnsitz, der Festigung sozi- aler Bindungen (Familie, Beruf) oder auch der Pensionierung. Begeisterung für die Eine in ihrer Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzende Aufgabe übernehmen die Vogelwelt frühzeitig wecken oftmals ebenfalls ehrenamtlich tätigen Koordinatorinnen und Koordinatoren der Er- Obgleich der Einstieg in eine regel- fassungsprogramme. Im Bild einige Koordinatoren des Monitorings rastender Wasser- mäßige und längerfristige Mitarbeit vögel bei ihrer jährlichen Tagung. Foto: Christoph Sudfeldt. in Vogelerfassungsprojekte vielfach erst in der zweiten Lebenshälfte er- durch die Unterstützung der Pro- und die Möglichkeiten des Internets folgt, ist es wichtig, dass das für eine gramme den Vogelschutz zu unter- konsequenter genutzt werden. Un- spätere Mitarbeit notwendige Inter- stützen (was uns durchaus erstaunte), seres Erachtens sollten wir uns also esse an der Vogelwelt auch im un- neue Kontakte aufzunehmen oder nicht die Frage nach der Zukunft der teren Drittel der Alterspyramide beruflichen Nutzen daraus zu ziehen. Erfassungsprogramme an sich stel- gelegt wird. Hier gilt es Ideen zu Die wichtigsten Erwartungen an die len, sondern uns darauf konzentrie- entwickeln, wie sowohl im Rahmen Organisatoren des Vogelmonitorings ren, wie wir Interessierte insgesamt, der schulischen Ausbildung als auch waren die Mitteilung von Ergebnis- aber auch einzelne Zielgruppen in der Freizeit attraktive Angebote sen, leicht verständliche Methoden- besser ansprechen, die Mitarbeit at- geschaffen werden können, um Kin- anleitungen, eine persönliche Betreu- traktiver machen und Ehrenamtlichen der und Jugendliche für die Natur ung und Weiterbildungsseminare. eine Beteiligung an den Monitoring- im Allgemeinen und die Vogelwelt im programmen – bei gleichbleiben- Speziellen zu begeistern und damit Grenzen des der wissenschaftlicher Qualität – er- auch deren oft sehr geringe Arten- ehrenamtlichen Engagements leichtern können. kenntnis zu verbessern [5]. Ein kleiner Die Publikation schließt mit Ausfüh- Baustein kann dabei auch ein Wett- rungen zu den Grenzen des ehren- Literatur bewerb wie das bundesweite Bird- amtlichen Engagements bzw. dessen 1 Wahl, J. & C. Sudfeldt (2010): Ehrenamtliches Engagement im race sein: 35 % der Teilnehmer im Abgrenzung zu hauptamtlichen Bio- Vogelmonitoring in Deutschland. Jahr 2010 waren jünger als 30 Jah- logen im Naturschutzmonitoring. Wir Naturschutz und Biologische re, 9 % jünger als 20 Jahre alt. Der vertreten die Auffassung, dass von Vielfalt 95: 199–230. 2 Furrer, C. (2008): Freiwilligen- Altersdurchschnitt lag bei 36,5 Jah- der Anerkennung des Naturschutzes arbeit bei der Schweizerischen ren. Mit einer speziell auf Schüler als gesellschaftliche Aufgabe und Vogelwarte Sempach – Von der zugeschnittenen Form des Wettbe- der mittlerweile hohen Wertschät- Bestandsaufnahme zum zukunfts- gerichteten Freiwilligenmanage- werbs könnten durch den sportlichen zung ehrenamtlich erhobener Daten ment. Masterarbeit, Fachhoch- Charakter sicherlich viel weitere auch das Hauptamt profitiert hat. schule Nordwestschweiz Olten. Kreise angesprochen werden. Einen Eine für alle Beteiligten klare und 3 Vermanen, C. (2007): SOVON in kaart gebracht. SOVON-Nieuws wichtigen Beitrag hierzu wird hof- nachvollziehbare Aufgabenteilung 20: 17–18. fentlich auch ornitho.de leisten. im Naturschutzmonitoring soll künf- 4 Weston, M., A. Silcocks, C. tig helfen, die Akzeptanz für beide Tzaros & D. Ingwersen (2006): A survey of contributors to Die Mitarbeit muss Spaß machen! Standbeine des Monitorings zu er- an Australian bird atlassing Bei Umfragen unter Teilnehmern bei höhen. project: demography, skills and motivation. Austral. J. Volunt. Tagungen zum Vogelmonitoring wur- 11: 51–58. den als wichtigste Beweggründe für Ausblick 5 Zahner, V., S. Blaschke, P. eine Mitarbeit am Vogelmonitoring Wir sind überzeugt, dass (deutlich) Fehr, S. Herlein, K. Krause, B. Lange & C. Schwab (2007): Vogel- genannt, dass die Mitarbeit Spaß mehr Menschen für die Mitarbeit an arten-Kenntnis von Schülern in machen muss und zur Erweiterung systematischen Vogelerfassungspro- Bayern. Vogelwelt 128: 203–214. der Kenntnisse und Erfahrungen bei- grammen begeistert werden können, trägt. Etwas weniger bedeutsam wenn diese noch stärker auf die war, an einem bundesweiten Ge- Möglichkeiten und Wünsche von Eh- meinschaftsprogramm teilzunehmen, renamtlichen ausgerichtet werden 15
2011 – Internationales Jahr der Freiwilligentätigkeit Das Jahr 2011 wurde von der Euro- darauf geachtet werden, dass auf- päischen Union zum internationalen grund knapper Ressourcen nicht zu- „Jahr der Freiwilligentätigkeit“ aus- nehmend staatliche Aufgaben ins gerufen. Gerade im Naturschutz Ehrenamt abgeschoben werden.“ stellt ehrenamtliches Engagement Das Engagement Freiwilliger im Na- in vielen Bereichen eine unverzicht- turschutz deckt ein weites Feld ab. bare Grundlage dar, um großräu- Der Schwerpunkt liegt in Maßnah- mig vergleichbare Daten zu erheben men zum Artenschutz oder der Biotop- wie auch um lokal Arten- und Bio- pflege, der Schutzgebietsbetreuung, topschutzmaßnahmen in die Tat der Arbeit in Beiräten („berufenes umzusetzen. Dieses Engagement Ehrenamt“), Naturerlebnisangebo- trägt entscheidend zu der in der ten bis hin zur Bestandserfassung von Nationalen Strategie zur biologi- Tieren und Pflanzen. Die bundesweit schen Vielfalt geforderten Verbes- tätigen Naturschutzverbände hatten serung der Datenbasis zum Zustand 2010 ca. 5,2 Millionen Mitglieder von und zur Entwicklung der biologi- denen sich mehrere hunderttausend schen Vielfalt in Deutschland bei. aktiv für den Naturschutz einbringen. Aus diesem Anlass veranstaltete das Von einer effektiven Zusammenarbeit Bundesamt für Naturschutz (BfN) im profitieren sowohl der staatliche, als Dr. Christoph Sudfeldt stellte auf dem „Dialogforum Ehrenamt“ die Verdiens- Februar 2011 ein Dialogforum zum auch der ehrenamtliche Naturschutz te des ehrenamtlichen Engagements im Thema „Ehrenamtliche Aktivitäten zur und letztendlich die Natur, die es Vogelmonitoring heraus, an dem sich Erfassung der biologischen Vielfalt“. zu schützen gilt. Voraussetzung sind inzwischen mehr als 5.000 Mitarbeite- Rund 70 Vertreterinnen und Vertre- eine stärkere Wertschätzung der eh- rinnen und Mitarbeiter beteiligen. ter von Naturschutzverbänden, Ver- renamtlichen Arbeit, die finanzielle Foto: Ursula Euler (BfN). einen, Universitäten und Behörden Unterstützung durch die Öffentliche tauschten sich über das gesellschaft- Hand für koordinative Tätigkeiten, Die Ergebnisse der Tagung sind auf liche Engagement im Naturschutz aus die Erarbeitung von bundesweit ein- der Homepage der Nationalen Stra- und entwickelten gemeinsam Ideen heitlich Methoden und Standards, tegie zur biologischen Vielfalt www. für die zukünftige Zusammenarbeit. die das ehrenamtliche Engagement biologischevielfalt.de eingestellt, Das Vogelmonitoring wurde für vie- nicht überfordern, sowie eine ange- die Vorträge stehen dort als PDF le Bereiche der Ehrenamtsförderung messene Aufwandsentschädigung zum Herunterladen bereit. als „best practise“-Beispiel hervor- gehoben – einmal mehr eine große Anerkennung der im zurückliegenden Jahrzehnt erreichten Fortschritte! Boye, P., Vischer-Leopold, M., Paulsch, C., Ssymank A. und Beulshausen, F. (Bearb.; 2010) Anerkennung und Drei Jahrzehnte Vogelschutz im Herzen Würdigung des großen Europas: Rückblick, Bilanz und Heraus- ehrenamtlichen Engagements forderungen BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel Referate und Ergebnisse der Fachtagung würdigte die enormen Leistungen „30 Jahre Vogelschutzrichtlinie“ am 5. und 6. der ehrenamtlich Aktiven im Natur- November 2009 in Bonn. 258 Seiten. ISBN schutz: „Ohne die Unterstützung von 978-3-7843-3995-5. Preis: 20,00 Euro. Bezug: Freiwilligen wäre der Naturschutz in www.buchweltshop.de/bfn Deutschland weniger leistungsfähig. Es gäbe keine Roten Listen gefähr- Vor 30 Jahren, am 2. April 1979, setzte der Rat der Europäischen Gemein- deter Arten und kein bundesweites schaften die Vogelschutzrichtlinie in Kraft und schuf damit ein wirksames Vogelmonitoring. Unser Wissen über Instrument für den Naturschutz in Europa. Bei einer Jubiläumstagung in Verbreitung und Bestandsentwicklung Bonn haben Experten aus Behörden und Verbänden die Entwicklungen im von Arten wäre nur spärlich. Ehren- Vogelschutz während der letzten 30 Jahre betrachtet, die aktuelle Situation amtlich erhobene Daten bilden die von Arten, Lebensräumen und Vogelschutzgebieten dargestellt sowie über Basis für effiziente Naturschutzmaß- Monitoringprogramme diskutiert. Die Vorträge dieser Veranstaltung wurden nahmen – und zwingen Behörden und kürzlich in Band 95 der BfN-Schriftenreihe „Naturschutz und Biologische Politik dazu, sich mit aktuellen Ent- Vielfalt“ veröffentlicht. Darin enthalten ist auch der Beitrag „Ehrenamtliches wicklungen der biologischen Vielfalt Engagement im Vogelmonitoring in Deutschland“. Dieser ist auch auf der auseinander zu setzen. Gerade in Zei- Internetseite des DDA unter www.dda-web.de/publikationen verfügbar. ten knapper Finanzen muss aber auch 16 DDA-Monitoring-Rundbrief Frühjahr 2011
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