30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön
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GRUßWORT | 3 30 Jahre erfolgreiches Miteinander – im Einklang mit der Natur Im Biosphärenreservat Rhön gelingt das Leben und Wirt- schaften im Einklang mit der Natur nunmehr seit 30 Jahren. Mit regionalen Qualitätsprodukten, naturverträglichem Tourismus und nachhaltiger Regionalentwicklung – ganz im Sinne des UNESCO-Programms „Der Mensch und die Bio- sphäre“. Viele haben zu dieser Erfolgsgeschichte beigetragen: die Landesregierungen und die Teams der Verwaltungen von Thüringen, Bayern und Hessen, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und vor allem: die Bürgerinnen und Bürger der Region. Gemeinsam haben sie es geschafft, aus dem „Land der offenen Fernen“ eine Modellregion für nachhalti- ge Entwicklung zu machen. Die Rhön hat sich auch international einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Zahlreiche Länder profitieren von ihren Erfah- rungen, zum Teil im Rahmen fester Partnerschaften. 30 Jahre gelungenes Miteinander – dazu gratuliere ich herz- lich und wünsche viel Erfolg für die weitere Arbeit! Svenja Schulze Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
4 | GRUßWORT 30 Jahre internationale Anerkennung für ein grünes Stück „Tafelsilber“ der deutschen Einheit Die Rhön verbindet drei Bundesländer miteinander: Bayern, Hessen und Thüringen. Bis zum 9. November 1989 war die Rhön durch die innerdeutsche Grenze geteilt. Gut ein Jahr nach dem Mauerfall wurde sie als UNESCO-Biosphärenreser- vat anerkannt – die Idee dafür entstand in Thüringen. Sie ist ein Erbe des „DDR-Nationalparkprogramms“ von 1990. Biosphäre, das heißt nachhaltig wirtschaften und im Ein- klang mit der Natur leben. Die gemeinsame Motivation für die Gründung durch die drei Bundesländer war der Erhalt einer herausragend schönen grenzenlosen Landschaft, dem „Land der offenen Fernen.“ Entlang der ehemaligen Grenze in der Thüringer Rhön ver- läuft das Grüne Band. Der einstige Todesstreifen ist heute lebendige Verbindungslinie für Pflanzen, Tiere und – gerade auch – für Menschen. Seit 30 Jahren wird in der Rhön erfolgreich und zukunftswei- send erprobt, wie eine nachhaltige Landnutzung funktio- nieren kann. Eine Aufgabe und ein Anspruch, der angesichts der Bedrohungen durch den globalen Klimawandel und die Biodiversitätskrise noch bedeutsamer geworden ist. Herzlichen Dank daher an alle Unterstützerinnen und Unter- stützer des Biosphärenreservates! Anja Siegesmund Thüringer Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz
GRUßWORT | 5 Fester Bestandteil und Motor der Region im Sinne der UNESCO 30 Jahre Anerkennung durch die UNESCO sind ein Erfolg aller, die im Biosphärenreservat leben, arbeiten und den Ge- danken einer nachhaltigen Entwicklung auf vielfältige Weise in ihren Alltag tragen. Was vor weit mehr als drei Jahrzehnten als Idee engagierter Naturschützerinnen und Naturschützer in Hessen, Bayern und Thüringen begann, ist heute fester Bestandteil und Motor der Region im Sinne der UNESCO. Im Biosphärenreser- vat auf hessischer Seite ist es gelungen, Naturschätze wie das Rote Moor zu renaturieren und zu erhalten und zahlreiche Natur- und Artenschutzprojekte wie für den Rotmilan und die Rhöner Bergwiesen zu initiieren und erfolgreich durchzu- führen. Immer wieder können hierbei zahlreiche Freiwillige motiviert werden, sich einzubringen – ein Zeichen dafür, dass die Bevölkerung die Idee des Biosphärenreservats mitträgt. Regionales Bewusstsein zeigt sich auch beim Konsum und Einkauf heimischer Produkte. Das stets wachsende Netzwerk der Dachmarke Rhön ist ein gelungenes Beispiel für regio- nale Wertschöpfung und Mehrwert, auch im touristischen Bereich. Wie Tourismus, Nachhaltigkeits- und Schutzgedanke gemeinsam funktionieren, zeigt nicht zuletzt die Auszeich- nung als Sternenpark – ein Alleinstellungsmerkmal, auf das die mittragenden Kommunen stolz sein können. Ich danke allen Beteiligten für Ihr Engagement und Ihre Unterstützung. Gemeinsam mit Ihnen wollen wir das Bio- sphärenreservat auch in Zukunft als Modellregion weiter- entwickeln! Priska Hinz Hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
6 | GRUßWORT Die Biosphärenidee ist bei den Menschen angekommen Vor 30 Jahren wurde die Rhön von der UNESCO als Biosphä- renreservat ausgezeichnet – ein wahrhaft stolzes Jubiläum, zu dem ich herzlich gratuliere. Das Biosphärenreservat Rhön steht für drei Jahrzehnte enge länderübergreifende Zusam- menarbeit, erfolgreiche nachhaltige Regionalentwicklung und herausragendes Engagement und Gestaltungswillen vor Ort. Die Bayerische Rhön setzt Maßstäbe beim Erhalt von Lebens- räumen und Landschaften, bei der nachhaltigen Entwicklung und im Umweltbildungsbereich. Auch die Regionalvermark- tung hat vor Ort einen besonderen Stellenwert. So hat das Rhönschaf, eine alte Haustierrasse, die vor 40 Jahren kurz vor dem Aussterben stand, im „Land der offenen Fernen“ wieder eine Heimat gefunden. Heute sind über 6.000 dieser Rhöner „Wappentiere“ als wertvolle Landschaftspfleger auf den heimischen Bergwiesen im Einsatz und machen die jährlichen „Rhönschafwochen“ zu einem besonderen Spektakel. Die Produkte der Rhöner Landwirte sind sehr geschätzt. Die Dach- marke Rhön und Regionalmärkte wie der Rhöner Wurstmarkt haben dazu einen großen Beitrag geleistet. Die Biosphärenidee ist bei den Menschen angekommen – ein Beleg dafür ist die Erweiterung des bayerischen Teils des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön im Jahr 2014 auf Initiative der Kommunen. Das Netz an Bildungs- und Informations- einrichtungen wird kontinuierlich ausgebaut. Als neueste Einrichtung bringt das Naturerlebniszentrum Rhön aktuelle, spannende Impulse für die nachhaltige Entwicklung in der Rhön. Meinen großen Respekt und Dank an alle, die die Erfolgsge- schichte 30 Jahre Biosphärenreservat Rhön mitgeschrieben haben. Ich wünsche dem Biosphärenreservat Rhön und allen, die sich für seine vorbildhafte Entwicklung im Dienst der Menschen in der Rhön einsetzen, weiterhin viel Erfolg und Zuspruch. Mit herzlichen Grüßen Ihr Thorsten Glauber, MdL Bayerischer Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz
GRUßWORT | 7 Leben und Arbeiten – mit und von der Natur 30 Jahre Anerkennung durch die UNESCO feiern wir in diesem Jahr in einer besonderen Zeit, die unsere Gesellschaft vor neue Herausforderungen stellt. Auch die Verantwortlichen des länderübergreifenden UNESCO-Biosphärenreservats hatten es vor 30 Jahren nicht einfach und stießen auf Skepsis: In der Bevölkerung gab es die Sorge, Verbote und Einschränkungen würden den Einheimischen die Nutzung weiter Teile der Rhöner Landschaft womöglich entziehen. Diese Bedenken sind rasch beseitigt worden. Heute ist die Rhön das bekannteste Biosphärenreservat weltweit. Die Rhöne- rinnen und Rhöner sind stolz auf ihr Biosphärenreservat und das, was sich dort entwickelt hat und entwickeln wird. Daran haben neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den drei Verwaltungsstellen und den sechs Landkreisen vor allem auch die vielen Ehrenamtlichen aus dem Naturschutz Anteil – ebenso wie die Land- und Forstwirtschaft. Sie alle setzen die Idee des Biosphärenreservats um: Dass Menschen in einer attraktiven Region leben und arbeiten – mit der Natur, aber auch von der Natur. Das Biosphärenreservat nachhaltig liebens- und lebenswert zu machen – nicht nur für Touristen aus aller Welt, sondern vor allem für die, die hier ihre Heimat haben –, diesen Weg wollen wir auch in den kommenden 30 Jahren gemeinsam gehen! Bernd Woide Thomas Habermann Peggy Greiser Landrat Landkreis Fulda Landrat Landkreis Rhön-Grabfeld Landrätin Landkreis Schmalkalden-Meiningen Torsten Warnecke Thomas Bold Reinhard Krebs Landrat Landkreis Landrat Landkreis Bad Kissingen Landrat Wartburgkreis Hersfeld-Rotenburg
8 | I N H A LT Inhalt Grußworte .............................................................................................. S. 3–7 Editorial: Mensch. Natur. Einklang. ...................................................... S. 9 Das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön in Zahlen ............................... S. 10–11 Blick zurück: Auf Zeitreise mit Karl-Friedrich Abe ............................... S. 12–13 Von 1991 bis Heute 1991 bis 1995 ......................................................................................................... S. 14–15 1996 bis 2000 ......................................................................................................... S. 16–17 2001 bis 2005 ......................................................................................................... S. 18–19 2006 bis 2010 ......................................................................................................... S. 20–21 2010 bis 2015 ......................................................................................................... S. 22–23 2016 bis 2021 ......................................................................................................... S. 24–25 Das tun wir – heute und morgen Naturschutz und Schutz der Kulturlandschaft ............................................ S. 28–30 Nachhaltige (Regional-)Entwicklung .............................................................. S. 31–35 Bildung und Kommunikation ........................................................................... S. 36–38 Forschung und Monitoring ............................................................................... S. 39–42 Biosphäre für alle Sinne: Formate und Produkte zum Jubiläum ......... S. 43 Wir sind Biosphäre! ................................................................................ S. 44–45 Das wünschen wir uns für die Zukunft .................................................. S. 46–49 R N E E N E EU T G GEST H MOR
EDITORIAL | 9 Mensch. Natur. Einklang. Die Erfolgsgeschichte soll weitergehen! Kulturlandschaft muss in Zeiten des Klima- wandels ganz anders gestaltet werden als noch vor 30 Jahren. 30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön – das haben wir im Jahr 2021 mit Lassen Sie uns diese Aufgaben auch Ihnen, liebe Rhönerinnen und Rhöner, weiterhin gemeinsam angehen – und gefeiert. Wenn auch anders als erhofft: die Idee, Mensch und Natur in Einklang Die Corona-Pandemie stellt uns als Ge- zu bringen, umsetzen. Die vergangenen sellschaft immer noch vor neue, kräfte- 30 Jahre haben gezeigt, wie das funktio- zehrende Herausforderungen – auch im nieren kann. Mit zahlreichen Projekten in Biosphärenreservat. den Bereichen Natur- und Artenschutz, Regionalentwicklung und Tourismus hat Der Erfolg der vergangenen drei Jahr- man früh begonnen, eine nachhaltige zehnte kommt nicht von ungefähr. Dass Entwicklung der Region anzustoßen und sich eine Region zu einer Modellregion qualitätsvolle Produkte zu entwickeln. für nachhaltige Entwicklung entfalten Rhönschaf, Apfelinitiative, Rotmilan, Birk- kann und zum bekanntesten Biosphären- huhn und Sternenpark sind beispielhafte, reservat weltweit wird, funktioniert nur, besondere Markenzeichen und gleichzei- wenn die Menschen die Biosphären-Idee tig identitätsstiftende, nachhaltige Projek- mittragen. Wenn sie miteinander reden, te, mit denen es gelungen ist, viele Akteu- sich länderübergreifend austauschen rinnen und Akteure zu motivieren, sich für Foto: Andreas Kuhrt – und das über viele unterschiedliche den Erhalt und die Entwicklung dieser ein- Interessengruppen hinweg. Dieser Aus- zigartigen Naturlandschaft e inzusetzen. tausch hat in den vergangenen Monaten DER HOCHRHÖNER® und Extratouren, schmerzlich gefehlt. Das Vereinsleben, Dachmarke Rhön, Junior Ranger, Grünes die Kulturszene, viele Partnerinnen und Band und Rhöner Bergwiesen sind weitere Partner im Bildungsbereich und natür- Leuchttürme, auf die wir alle stolz sein lich auch die Gastronomie und Hotellerie können und dürfen. Bildung für nachhal- sind stark gezeichnet. Die Folgen werden tige Entwicklung tragen wir direkt in die wir noch lange spüren. Dem Ziel des Schulen und Kitas, seit zwei Jahren gibt es UNESCO-Biosphärenreservats, die Rhön ein eigenes Zertifizierungsprogramm. Auf zu einer attraktiven, lebenswerten Region alldem wollen wir – die Verwaltungen und zu entwickeln, kommt in solchen Zeiten Trägervereine des Biosphärenreservats – eine ganz neue Bedeutung zu. Und auch weiter aufbauen – gemeinsam mit Ihnen, der Schutz und Erhalt unserer wertvollen die Sie im UNESCO-Biosphärenreservat Natur und unserer charakteristischen leben und arbeiten! Foto: Annemarie Hochrein Die Fotos stammen aus unserem Fotowettbewerb anlässlich unseres Jubiläums. Die Fotografinnen und Fotogra- fen haben festgehalten, was sie mit dem Einklang von Mensch und Natur verbinden. Foto: Regina Schmidt Foto: Helen Stupp
10 | DA S U N E S CO - B I O S PH Ä R E N R E S E R VAT R H Ö N I N Z A H L E N Das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön in Zahlen 36 Im länderübergreifenden Biosphären- Biosphären- 280 reservat brüten rund Schulen und Rotmilan-Paare Biosphären-Kitas – das sind also 560 sind seit dem Sommer 2019 zertifiziert ausgewachsene Rotmilane. worden. 12 davon haben sich das Thema Konsum zum Schwerpunkt gemacht. Gerade die besonderen Tier- Zählt bis 100, arten der Rhön leiden um ein Elektroauto im unter dem Klimawandel: Verkehrsfluss zu finden: 32 von 63 1,32 Prozent so genannten Zielarten sind des gesamten PKW-Bestands „Klimaverlierer“ und haben Wie lange dauert es, das sind E-Autos, also mit sich verschlechternden Biosphärenreservat einmal von Nord insgesamt 2.504 Stück. Lebensbedingungen nach Süd zu durchqueren? Kommt drauf an, zu kämpfen. laut Google Maps und outdooractive: mit dem Fahrrad 11 Stunden und 5 Minuten 39 Stunden auf 144,9 km, zu Fuß und 40 Minuten 2 Stunden auf 143,8 km oder mit dem Auto und 19 Minuten auf 124 km. Willkommen, Aardöpflsküchle, ihr Neu-Rhönerinnen und Rhöner: Dätscher, Reibekuchen … 2.592.112 mal 1.824 Babys 15 wurde 2020 die Website www.biosphaerenreservat-rhoen.de wurden im Jahr 2019 im Biosphärenreservat unterschiedliche aufgerufen. 2010 waren es noch 415.200 Aufrufe. geboren. Begriffe für „Kartoffelpuffer“ gibt es in den verschiedenen Rhöner Dialekten.
D A S U N E S C O - B I O S P H Ä R E N R E S E R V A T R H Ö N I N Z A H L E N | 11 216 Seit Bestehen des Biosphärenreservats gab es Betriebe sind unter der 349 wissen- Dachmarke Rhön im Handel zu finden. des Seit der Auszeichnung Biosphärenreservats als schaftliche For- 62 davon sind internationaler Sternenpark haben schungsarbeiten außerdem noch bio-zertifiziert. 50 Kommunen der Sternenpark-Beleuchtungsrichtlinie – 44 laufen derzeit noch. zugestimmt – einige Kommunen Von insgesamt 77 Monitoring- bzw. Ortsteile liegen auch projekten sind noch 38 aktiv. außerhalb des Biosphärenreservats. Eine Erkenntnis 2.597 daraus: Stunden lang haben Menschen bis ins Jahr 2017 an Bildungsveranstaltungen Gemeinschaftswerk: Rund teilgenommen. Mittlerweile sind das noch einmal deutlich 300 Akteurinnen mehr geworden. und Akteure haben bei der Erstellung des Rahmenkonzepts 592,9 von 2014 bis 2018 mitgewirkt. Kilometer weit lässt es sich auf extra- schönen Wegen wandern, 51 Aus denn das ist die Gesamtlänge der 32 Premiumwege. Ländern 64-mal Rekordwanderer können haben sich die Kollegin- waren schon nen und Kollegen der 7.952 km weit laufen, ohne Delegationen im einmal den gleichen Biosphärenreservate Biosphärenreservat deutschlandweit Weg benutzen zu Besuch. zu müssen. bisher getroffen. In den sechs Landkreisen, die Anteil am Biosphärenreservat haben, gibt es eine Landrätin und 5 Landräte, außerdem 9 Bürger- meisterinnen und 60 Bürgermeister. So kommen wir auf einen Auf 102.383,40 Hektar Frauenanteil von wächst Wald im Biosphärenreservat – das sind 42,08 % der Gesamtfläche. Am häufigsten gibt es Buchen (44 % der gesamten Bäume), danach rund 13 Prozent kommen Fichten (22 %), Kiefern (10 %), Eichen (7 %), weitere Edellaubhölzer (7 %) und Lärchen (5 %). an der Spitze der Kommunen.
12 | D A S W A R U N S E R W E G – R Ü C K B L I C K M I T K A R L- F R I E D R I C H A B E Die friedliche Revolution als Glücksfall für den Naturschutz in der Rhön Blick zurück: Auf Zeitreise Schon einige Tage vorher, ab dem ein Visum, und am Samstag fuhr ich zum mit Karl-Friedrich Abe 1. September, saß der damals 35-jährige Wandern“, erzählt Abe. Schwarzes Moor, Karl-Friedrich Abe in einem schmuck- Heidelstein, Kreuzberg, Wasserkuppe, Die letzte Sitzung des DDR-Ministerrats losen Flachbau der ehemaligen Land- Rotes Moor, das alles in rasantem Tempo vor dessen Auflösung, der letzte Ta- wirtschaftlichen Produktionsgenossen- – jede freie Sekunde verbrachten Abe gungsordnungspunkt – und sozusagen schaft (LPG) Kaltensundheim – zunächst und seine Frau in der Bayerischen und die letzten Minuten vor dem Beitritt dienten lediglich eine Obststiege und ein Hessischen Rhön. „Man wusste ja nicht, der DDR zur Bundesrepublik: Mit der Telefon als Büroausstattung. Die Auf- wie lange diese neu gewonnene Freiheit Verabschiedung des Nationalparkpro- gabe: den Aufbaustab für den thüringi- anhalten würde.“ Schnell fasste er dabei gramms ist der 12. September 1990 in schen Teil des im Nationalparkprogramm Kontakte zu Willy Bauer, Dr. Franz Müller die Geschichte des deutschen Natur- vorgesehenen Biosphärenreservats Rhön und Reinhard Kolb von der Hessischen schutzes eingegangen. Der Beschluss, 14 zu bilden. „Das war ein Wagnis – schließ- Gesellschaft für Ornithologie (HGON), die große Naturlandschaften dauerhaft unter lich gab es das Gesetz noch gar nicht“, später mit Abe, Dr. Aribert Bach, Klaus Schutz zu stellen, legte den Grundstein erinnert sich Karl-Friedrich Abe heute. Schmidt und Volker Trauboth aus Thürin- für das spätere länderübergreifende Im Oktober 2019 hatte er sich als dienst- gen sowie Ludwig Sothmann aus Bayern UNESCO- Biosphärenreservat Rhön. ältester deutscher Leiter einer Biosphä- eine deutsch-deutsche Arbeitsgruppe renreservatsverwaltung verabschiedet. ehrenamtlicher Naturschützer bildeten. Heute, 30 Jahre nach der UNESCO-An- Bereits im Januar 1990 gab es dann kon- erkennung, blickt er zurück auf die An- krete Überlegungen zu gemeinsamen fänge „seines“ Biosphärenreservats. Naturschutzprojekten, es wurde an einer Gebietsabgrenzung für ein länderüber- Rüber nach Bayern und Hessen greifendes Schutzgebiet gearbeitet. Der erste Arbeitstitel: Landschaftsreservat. „In der Rhön gab es schon immer „Die Schutzkategorie Biosphärenreser- Menschen, die sich für den Erhalt der vat kannte man damals im Westen noch Natur und der Kulturlandschaft nicht“, erklärt Abe. Auf einer Arbeits- einsetzten – schon lange vor tagung am 13. Februar 1990 in Berlin der Ausweisung des Biosphä- verständigte man sich schließlich auf den renreservats“, betont Abe. Begriff Biosphärenreservat Rhön. Im Juni Die Grenzöffnung machte 1990 wurde Abe dann auf einer Tagung schließlich den engen im „Lämmchen“ im hessischen Schlitzen- Austausch zwischen hausen gefragt, ob er den Aufbaustab Naturschützern des künftigen Biosphärenreservats leiten aus Bayern, Hessen wolle. „Ich hatte zwei Stunden, um mich und Thüringen zu entscheiden. Noch am selben Tag möglich. „Am Don- musste ein Name nach Berlin gemeldet nerstag fiel die Mauer, werden.“ am Freitag holte ich mir Karl-Friedrich Abe mit der „Verordnung über die Festsetzung von Naturschutzgebieten und einem Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung mit der Gesamtbezeichnung Biosphä- renreservat Rhön“. / Foto: Anna-Lena Bieneck
D A S WA R U N S E R W E G – R Ü C K B L I C K M I T K A R L- F R I E D R I C H A B E | 13 „Alles war noch im Aufbau, es herrschte große Euphorie“ So war Abes Karriere als Berufsschulleh- rer beendet, drei Monate später saß er in dem Flachbau in Kaltensundheim. Mit der Verabschiedung des Nationalpark- programms wurde auch die „Verordnung über die Festsetzung von Naturschutz- gebieten und einem Landschaftsschutz- gebiet von zentraler Bedeutung mit der Gesamtbezeichnung Biosphärenreser- vat Rhön“ angenommen, die mit dem Einigungsvertrag in bundesdeutsches Recht überführt wurde. „Somit hatten Schon lange vor der Wiedervereinigung haben sich in den drei Bundesländern ehrenamtliche Naturschützer für wir eine Handlungsbasis“, sagt Abe. Eine den Erhalt der Kulturlandschaft eingesetzt. Nach der Wende vernetzten sie sich schnell. der ersten Aufgaben des Aufbaustabs: Foto: Scan Magazin "Quick", 1. Februar 1990 Die Anerkennung durch die UNESCO musste auf den Weg gebracht werden. Im anträgen nach Bonn und von da als „Ge- folgte im Jahr 1991. „Das alles ging da- November 1990 stand der Entwurf für die samtantrag Rhön“ nach Paris geschickt mals sehr schnell“, bilanziert Karl-Fried- thüringische Antragstellung, die später wurde. Die Übergabe der Anerkennungs- rich Abe. „Alles war noch im Aufbau, es mit den bayerischen und hessischen Teil- urkunde an die drei Umweltminister herrschte große Euphorie. Die friedliche Revolution war ein Glücksfall für den Naturschutz in Deutschland und in der Rhön.“ Heute ist Abe stolz auf die länderüber- greifende Zusammenarbeit zwischen Bayern, Hessen und Thüringen, die be- sonders in den vergangenen Jahren noch weiter gefestigt worden sei. Die größten Aufgaben für die Zukunft? „Im breiten Miteinander an einer nachhaltigen Ent- wicklung arbeiten und den internationa- len Status erhalten“, sagt Karl-Friedrich Abe. Die drei tragenden Säulen dabei: „Klima, Biodiversität – und die Menschen im Biosphärenreservat.“ Ulrike Schade, seit Dezember 2019 Lei- terin der aktuell federführenden Thü- ringer Verwaltung, steht damit vor ganz anderen Herausforderungen als noch vor 30 Jahren. „Neben dem Schutz der Natur mit ihren Tieren und Pflanzen stehen heute vor allem Themen wie Regional- entwicklung und Bildung für nachhalti- ge Entwicklung im Vordergrund – und neben dem Klimaschutz die Frage, wie nachhaltiges Wirtschaften und Zusam- Karl-Friedrich Abe 1991 in seinem Büro in Kaltensundheim. / Foto: Archiv Abe menleben künftig funktionieren kann.“
14 | M E I L E N S T E I N E 19 91–19 95 25. September 1991 Gründung Verein Natur- und Lebensraum Rhön e. V. (VNLR) Im Anschluss an den Besuch von Bundesumweltminister Töpfer wird in Kaltensund- heim der Verein Natur- und Lebensraum Rhön gegründet, dessen Aufgabe es war und ist, die Beteiligung der Bürgerschaft der Rhön am Biosphärenreservat zu gewährleisten. Ursprünglich als länderübergreifender Verein geplant, ist er ab Mitte der 1990er Jahre als Verein für die hessische Kulisse tätig und organisiert für diesen Bereich auch die Ver- gabe von EU-LEADER-Mitteln (Fördermittel für Regionalentwicklung). Foto: Harald Meiß 11. Juli 1991 Gründung des Landschaftspflegeverbands BR Thüringische 25. September 1991 Rhön e. V. als Projektträger für die Landschaftspflege Die Rhön im Weltnetz Bereits am 6. März war die Anerkennung bestätigt worden, mit einer großen Feierstunde in Kalten- 15. Juli 1991 sundheim wird es nun offiziell: Der Vorsitzende des Einzug der bayerischen Verwaltung in das Büro in der Deutschen MAB-Nationalkomitees, Winfried Goerke Rhönbergstraße 16 in Weisbach (rechts), überreicht die UNESCO-Anerkennungsur- kunde im Beisein von Bundesumweltminister Klaus Töpfer an Thüringens Umweltminister Hartmut Sieckmann. Damit ist die Rhön in das weltweite Netz der UNESCO-Biosphärenreservate aufgenommen. 12. Juni 1992 Einrichtung der Hessischen Verwaltungsstelle per Erlass 2016 1991 1992 1993 1. August 1992 August 1993 Die Aufbauleitung des Einzug der bayerischen Verwaltung in die Büroräume Biosphärenreservats in der Hauptstraße 43 in Oberelsbach in Thüringen zieht ins Kulturhaus Kaltensund- 9. September 1993 heim um Erste Regionalschau „Region in Aktion“ in Tann Foto: Gemaltes Türschild von Jürgen Prüfer April 1993 Rhönbahn bleibt erhalten 15. Dezember 1992 Nach fast 100 Jahren sollte die Rhönbahn mit Verbindung von Fulda und Gersfeld Billigung des Entwurfs zum im Jahr 1989 stillgelegt werden. Mit dem Rhönbahnvertrag zwischen dem Land- Vertrag über die Einrichtung, kreis Fulda und der Deutschen Bundesbahn wird 1993 die Stilllegung gestoppt. Bis Entwicklung und Verwaltung 2006 folgt die Modernisierung, an der sich der Landkreis, das Land Hessen, die EU des Biosphärenreservats Rhön und die Anliegergemeinden Gersfeld, Ebersburg, Eichenzell und Fulda finanziell durch das bayerische Kabinett beteiligen. Dank LEADER-Mitteln kann seitens der Biosphärenreservatsverwaltung eine Million Euro beigesteuert werden. Seit den Umbauarbeiten wird die Strecke im signalisierten Zugleitbetrieb befahren, ist ein Aushängeschild der Region – und eines der frühen großen Erfolge im Biosphärenreservat. Meine Erinnerungen „Ich habe die Anfangszeit ab 1991 als Geschäftsführer des Vereins Natur- und Lebensraum Rhön begleitet. Dauerhaft in Erinnerung geblieben ist die Aufbruchsstimmung jener Zeit und die Schwierigkeit, den Menschen den Begriff der „Biosphäre“ in Verbindung mit „Reservat“ anschaulich zu vermitteln. Gelungen ist es mit einigen Pionieren aus der Region, die sofort diese Zukunftschancen erkannt und sich dann mit kreativen Ideen sowie innovativen Ansätzen eingebracht haben. Interessant ist, dass diese damals noch vielfach belächelten „Querdenker“ aber dann den Vorzug genießen konnten, zu den Trendsettern der jeweiligen Szene zu zählen. Nichts macht den Ansatz nachhaltiger Entwicklung oder Modellregionen besser transparent als diese Menschen, die über den Tellerrand schauen konnten, Mut zum Risiko aufbrachten und damit zu den Gewinnern dieses Biosphärenreservats-Prozesses zählen. Will man den Begriff des „Querdenkens“ auf seinen wahren Kern reduzieren, dann war dies deren Stunde. Wer sich aber heute oftmals selbst so bezeichnet, hat nie den inhaltlichen Sinn dieses Wortes begriffen oder gar gelebt.“ Dieter Popp, Geschäftsführer VNLR (1991–1996)
M E I L E N S T E I N E 19 91–19 95 | 15 1. Januar 1995 Erstes Veranstaltungs- und Bildungsprogramm 12. April 1995 Die länderübergreifende Umweltbildungsarbeitsgruppe, bestehend aus 402 Seiten – erstes Rahmenkonzept Klaus Spitzl, Jürgen Holzhausen und Martin Kremer, legt das erste Ver- In Zella/Rhön wird im Beisein von Dr. anstaltungsprogramm vor, in das bereits viele ehrenamtliche Anbieterin- Andreas Gadow, Vorsitzender des MAB- nen und Anbieter aus der Region eingebunden sind. Nationalkomitees, der Schlussbericht des „Rahmenkonzepts zu Schutz, Pfle- ge und Entwicklung des Biosphärenre- Februar 1995 servats Rhön“ feierlich übergeben. Mit Gründung der Rhöner Apfelinitiative dem Planungsbüro Grebe aus Nürn- berg war in den Jahren 1992 bis 1994 Eine Handvoll Idealisten gründet einen Verein zur Förderung und dieses erste Rahmenkonzept erarbei- Weiterentwicklung der Rhöner Streuobstbestände. Es geht um den tet worden – mit drei Vorentwürfen, Erhalt der heimischen Sortenvielfalt, um Bioqualität, eine regionale Ver- zahllosen Diskussionsrunden mit den edelung und Vermarktung. Im Laufe der Zeit entstehen stationäre und lokalen Stakeholdern sowie unzähligen mobile Apfelsaftkeltereien, sortenreine Apfelweine, das Rhöner Apfel- Stellungnahmen. Der damalige Thürin- bier und viele weitere Produkte. Mit 2.000 Mitgliedern zählt die Rhöner ger Staatssekretär Stephan Illert spricht Apfelinitiative heute als Deutschlands größte Bio-Streuobstinitiative. vom „bundesweiten ersten Modell für eine breite und damit demokratische Erarbeitung und Verbreitung eines solchen Rahmenkonzepts“. April 1994 Gründung des Vereins Aus der Rhön – für die Rhön 1994 1995 22. Juli 1994 Ranger nehmen in Hessen ihre Arbeit auf Den ersten Rhön-Ranger gibt es in Bayern bereits, nun werden in der hessischen Rhön vier haupt- amtliche Naturschutzwarte vorgestellt – sie alle sind auch heute noch im Dienst, insgesamt sieben Ranger sind 2021 bei der Hessischen Biosphären- reservatverwaltung angestellt. In Bayern werden Foto: Fuldaer Zeitung, Ausgabe 23.07.1994 im Jubiläumsjahr die Ranger-Stellen aufgestockt: Ab September 2021 sind in den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld insgesamt elf Ran- NOTIZ AM RANDE gerinnen und Ranger im Einsatz – sieben für die Verwaltung, vier für den Verein Naturpark & Bio- Biosphärenreservat sphärenreservat Bayerische Rhön. Der Begriff „Biosphärenreser- vat“ prägte sich in der Anfangs- zeit nicht überall schnell ein. Ein Versuch, für das vorliegende Magazin die unterschiedlichen alternativen Wortkonstrukte zu 5. Mai 1995 zählen, die in der Presse und vor Hoffnungsträger Molkerei Rhöngold allem auf Postsendungen an die Verwaltungsstellen zu lesen waren, Die ursprünglich aus der Kaligemeinde Neuhof stammende Molkerei war blieb erfolglos – es waren schier zu nach der Wiedervereinigung in das thüringische Kaltensundheim umgezo- viele. Daher nur unsere Favoriten – gen. Die Ansiedlung (Grundsteinlegung im September 1993, Einweihung im gesammelt von Karl-Friedrich Abe: • Biosphärenreservat „Fluss- Mai 1995) ist ein Glücksfall: Sie bietet Arbeitsplätze, und die kontinuierliche landschaft Rhön“ Bio-Milchbelieferung ist durch den gegenüberliegenden Landwirtschafts- • Bio-Reservat betrieb bestens gewährleistet. Rhöngold wird zum Pionier für Bioprodukte • Bioreserverad • Bio’s Phärenreservat bei Milch, Joghurt und Frischkäse. Leider muss die Bioproduktion neun • Bärenreservat Rhön Jahre später eingestellt werden, 2015 folgt die Insolvenz. • Biosphären Residenz Rhön
16 | M E I L E N S T E I N E 19 9 6 –20 0 0 Juni 1996 Erstmals „Mitteilungen aus dem Biosphärenreservat“ Die Thüringer Verwaltung veröffentlicht das erste Heft aus der Reihe „Mitteilungen aus dem Biosphä- renreservat Rhön“ – ein kostenloses Informations- und Lehrmaterial zur Heimatkunde. Zahlreiche haupt- und ehrenamtliche Forscherinnen und Forscher haben bis zum Jahr 2019 an insgesamt 24 Mittei- lungsbänden und 10 Monografien mitgewirkt. Im Jubiläumsjahr wird die Reihe fortgesetzt: Die länder- übergreifenden Arbeitsgruppen Arten- und Naturschutz sowie Forschung und Monitoring der Biosphärenreservatverwaltungen und ihre Partnerinnen und Partner erarbeiten ein Heft unter dem Oberthema Insekten in Kernzonen. 1. Mai 1997 Gründung Verein Naturpark & 30. Mai 1997 Biosphärenreservat Bayerische Rhön (NBR) e. V. Eröffnung Haus der Schwarzen Berge Aus dem im Jahr 1967 gegründeten Zweckverband Bayerische Das Biosphärenzentrum Rhön „Haus der Schwar- Rhön geht nach einer Ausweitung des Aufgabenspektrums der Ver- zen Berge“ in Wildflecken-Oberbach greift die ein Naturpark & Biosphärenreservat Bayerische Rhön (NBR e. V.) her- Themen eines Biosphärenreservates auf und infor- vor. Die Vereinsmitglieder sind die beiden Landkreise Bad Kissingen miert auf Grundlage einer interaktiven Ausstellung und Rhön-Grabfeld, die Kreisstadt Bad Kissingen sowie 40 Städte anschaulich über das UNESCO-Biosphärenreservat und Gemeinden und vier Mitglieder aus anerkannten Naturschutz- Rhön und das Naturschutzgebiet Schwarze Berge. verbänden. Ab dem Jahr 2001 übernimmt der Verein neben den Unter einem Dach sind heute Touristinformation, klassischen Naturpark-Aufgaben im bayerischen Teil des UNESCO- Umweltbildung, Caféteria, Regionalwarenladen Biosphärenreservats Rhön zudem den Auftrag der Umweltbildung, und ein Ausrichtungsort für Medienevents und Bildung für Nachhaltige Entwicklung und Information. Sonderausstellungen vereint. 19962016 1997 1998 14. August 1998 29. Oktober 1999 Angela Merkel und Rhöner Joghurt Neuer Sitz für die Die damalige Bundesumweltministerin Angela Bayerische Verwaltung Merkel ist zu Gast im Biosphärenreservat. Sie Auf einer Feier zur Einwei- besucht das Rhöngymnasium in Kaltensund- hung übergibt der damalige heim – heute Biosphären-Schule –, die Land- Bayerische Staatsminister schaftspflege-Agrarhöfe und die Bio-Molkerei Dr. Werner Schnappauf den Rhöngold, die die Milch der Agrarhöfe ver- Schlüssel für das neue Ma- arbeitete. Die Ministerin zeigt sich begeistert nagementzentrum Oberels- Foto: B. Fritz, Freies Wort, Ausgabe 15.08.1998 vom Geschmack des Rhöner Joghurts. bach an Michael Geier. November 1998 Zweite Runde LIFE Die EU-Kommission bereist die drei Länder zur Kontrolle der Umsetzung der zweiten Phase des LIFE-Projekts, das unter Federführung Bayerns Dezember 1998 von 1998 bis 2001 durchgeführt Verwaltung Hessen zieht auf den höchsten Berg wird und einen finanziellen Umfang Die Hessische Verwaltungsstelle zieht von Wüsten- von 4,1 Mio. DM hat. Es geht um die sachsen in die ehemalige Kaserne „Groenhoff-Haus“ Sicherung der Borstgras- und Kalk- auf die Wasserkuppe um. Nach Abzug der Bundeswehr magerrasen, Hochmoore und Block- verhindert die Umsiedlung sicher auch Vandalismus schuttwälder. Die erste Phase mit auf Hessens höchstem Berg. Gleichzeitig eröffnet der Beginn im Jahr 1994 konnte mit einem neue Standort aufgrund hoher Besucherfrequenz neue Gesamtvolumen von 2,85 Millionen Möglichkeiten für die Bildungs- und Öffentlichkeits- DM erfolgreich realisiert werden. arbeit. Neben der Verwaltung befinden sich im Erdge- schoss eine Ausstellung und ein Regionalladen. Foto: Arnulf Müller
M E I L E N S T E I N E 19 9 6 –2 0 0 0 | 17 8. Januar 2000 Wichtige Begegnung jährt sich zum 10. Mal Zehn Jahre ist es her, dass sich ehrenamtliche Naturschützer aus Hessen und Thüringen im Gasthaus Sächsischer Hof in Dermbach getroffen haben. Hier wurden 1990 die ers- ten Striche zur Abgrenzung für das Biosphärenreservat in topografische Karten gezeich- net. Bei einer kleinen Feier blicken die damals Beteiligten zurück. Foto: Karl-Friedrich Abe 13. Januar 2000 Gründung der ARGE Rhön Die fünf Landräte aus Bad Kissingen, Fulda, Rhön-Grabfeld, Schmalkalden-Mei- 6. Juli 2000 ningen und dem Wartburgkreis sowie die Vorsitzenden der drei Vereine Natur- Platz 1 für die länderüber- und Lebensraum Rhön, Naturpark & Biosphärenreservat Bayerische Rhön und greifende Zusammenarbeit Tourismusgemeinschaft Thüringer Rhön gründen in Frankenheim die Regionale Auf der Weltkonferenz „Urban Arbeitsgemeinschaft Rhön. Ziel ist die Intensivierung der länderübergreifenden 21“ in Berlin wird die Rhön für Zusammenarbeit zur nachhaltigen Entwicklung und zur Gestaltung der Rhön einen der acht ersten Plätze als gemeinsamen Wirtschafts-, Kultur- und Lebensraum. Mit dem Koordinie- des bundesweiten Wettbe- rungsausschuss schafft sich die ARGE ein Arbeitsinstrument. Zur Umsetzung werbs „Regionen der Zukunft“ der konkreten Ziele werden die Facharbeitskreise Kommunale Strukturen und ausgezeichnet. Öffentlichkeitsarbeit, Dachmarke Rhön, Umsetzung von Energiekonzepten, Arbeitsplätze und Innovation, Chance für die Jugend, Tourismuskonzept, land- schaftsgerechtes Bauen und Wohnen sowie Lokale Agenda 21 gegründet. 1999 2000 1. März 2000 Juli 2000 Das Biosphärenreservat im WWW Durch das Einen Internetanschluss hat die Büro- Biosphärenreservat lotsen gemeinschaft Hessische Verwaltung Um die vielen Anfragen nach Führun- und Verein Natur- und Lebensraum gen auf mehrere Schultern verteilen Rhön bereits seit 1996, wenig später zu können, werden in Thüringen die wird mithilfe eines Praktikanten die ersten Landschaftsführerinnen und erste Webseite gebaut. Im Jahr 2000 Landschaftsführer ausgebildet. folgt schließlich der erste Relaunch (siehe Foto). Meine Erinnerungen „Diese Jahre haben mein Verständnis für die Erfolgsfaktoren von großen und ambitionierten Naturschutz- projekten maßgeblich geprägt. Der ganz besondere Erfolg, der den Verwaltungsstellen gelungen ist: Aus der Umsetzung eines Schutzprojekts haben sie zugleich ein Projekt für die ganzheitliche Entwicklung einer Region gemacht und sich mit dem Ansatz der regionalen Wertschöpfung auch hohe Akzeptanz für ihre Schutzaufgabe erarbeitet. (…) Letztlich war die Zusammenarbeit der drei Verwaltungsstellen auch ein maßgeblicher Anstoß für die Grün- dung der länderübergreifenden ARGE Rhön, deren ehrenamtlicher Gründungsgeschäftsführer ich sein durfte. (…) Für mich war diese Zeit beruflich und menschlich prägend. Das lag natürlich an den besonderen beruflichen Herausforde- NOTIZ AM RANDE rungen, die weit über die üblichen Aufgaben eines juristischen Staatsbeamten hinausgingen. Das lag aber auch an den vielen besonderen Begegnungen mit Menschen, zu denen für mich die engagierten Vertreter der Verwaltungsstellen in Zum Wohl! besonderer Weise gehören. Ihnen gebührt dabei eine besondere Anerkennung. Denn sie verbinden den leidenschaft- Im Dezember 1996 zeigt eine Bier- lichen Einsatz für den Schutz der Natur und des „Landes der offenen Fernen“ mit dem festen Willen und erkennbarer deckelserie der Rhönbrauerei in Kal- Bereitschaft, eine ganze Region auf diesem Weg mitzunehmen. Dass das gelungen ist, zeigt – bereits damals – der tennordheim gefährdete Vogelarten aus dem Biosphärenreservat. Die acht Wunsch vieler Kommunen, ihre Gemeinden auch in die Gebietskulisse des Biosphärenreservates aufzunehmen. Motive werden später als schönste Bier- Ein schöneres Kompliment kann man eigentlich nicht machen.“ deckelserie Deutschlands ausgezeichnet. Volkmar Halbleib, Leiter Abteilung Umwelt im Landratsamt Bad Kissingen (1995–2002)
18 | M E I L E N S T E I N E 20 01–20 05 Januar 2001 20. Januar 2003 Erste Teilnahme an der Startschuss für Naturschutzgroßprojekt Internationalen Grünen Woche in Berlin Nach zehn Jahren zähen Ringens kann der Thüringer Umweltminister Dr. Volker Sklenar in Kaltensundheim den Förderbescheid für die erste Phase des neuen Na- turschutzgroßprojekts „Thüringer Rhönhutungen“ an Wolfgang Dietz, Vorsitzender des Landschaftspflege- verbands (LPV) BR Thüringische Rhön e. V., übergeben. Bis Juni 2016 werden 4,5 Millionen Euro zum Erhalt der artenreichen historischen Thüringer Kalkmagerrasen 14. Mai 2001 auf einer Fläche von 13.400 Hektar investiert. Umge- Eröffnung Haus der Langen Rhön setzt werden die Maßnahmen auf 13.400 ha vom LPV. Das Biosphärenzentrum Haus der Langen Rhön in Oberelsbach informiert mit einer interaktiven Aus- stellung über das Biosphärenreservat, erläutert die 9. Juli 2003 Entwicklung der Landschaft und stellt verschiedene Erste UNESCO-Prüfung Projekte zur nachhaltigen Entwicklung vor. Bei der Ein- Das Deutsche MAB-Nationalkomitee überprüft alle 10 weihungsfeier mit Umweltminister Dr. Werner Schnap- Jahre den Fortschritt der Entwicklung im Biosphären- pauf werden zudem 10 Jahre UNESCO-Biosphärenre- reservat – erstmals ist eine 40-köpfige Prüfkommission servat Rhön gefeiert. Jubiläumsveranstaltungen gibt es am 9. und 10. Juli in der Rhön unterwegs. Neben einer im Laufe des Jahres auch auf der Wasserkuppe – unter umfangreichen Berichterstattung durch die Verwal- anderem mit dem beliebten Kinderlieder-Sänger Rolf tungen stehen Betriebsbesichtigungen und Gespräche Zuckowski – und in Kaltensundheim. mit regionalen Akteuren im Fokus. 2016 2001 2002 2003 e Se it Februar 2002 Erste Akzeptanzstudie durch 42 1. Dezember 2002 Länderübergreifende Meinungsforschungsinstitut Allensbach Zusammenarbeit geregelt Drei Länder – ein Biosphärenreservat. Nach jahrelangen Verhandlungen über eine recht- 12. + 13. Oktober 2002 liche Regelung der länderübergreifenden Erster Rhöner Wurstmarkt in Ostheim Zusammenarbeit unterzeichnen die drei Um- Auf Initiative der Bayerischen Verwaltung findet in Ostheim vor der weltminister Dr. Werner Schnappauf ( Bayern), Rhön der erste Markt mit regionalen Wurst- und Schinkenspeziali- Wilhelm Dietzel (Hessen) und Dr. Volker täten und allerlei Begleitprodukten statt – mit vollem Erfolg. Rund Sklenar im November ein Verwaltungsab- 13.000 Besucherinnen und Besucher kommen zur Premiere, die kommen über die gemeinsame Erhaltung „Mainpost“ titelt später: „Der Wurstgipfel als Schlemmerparadies“. und Entwicklung des Biosphärenreservats Schnell etabliert sich der fortan zweijährig veranstaltete Markt als gemäß dem MAB-Programm der UNESCO. weit über die Rhön hinaus bekannte Feinschmeckermesse. Der Wurst- Das Abkommen tritt zum 1. Dezember in markt ist Vorlage für eine Reihe weiterer Regionalmärkte wie den Kraft, die Thüringer Verwaltung hat als erste Brot- und Biermarkt in Poppenhausen, den Milch- und Honigmarkt in die dreijährige Federführung inne. Gersfeld und den Schinken- und Destillationsmarkt in Rasdorf. Meine Erinnerungen Die Jahre 2001 bis 2005 verbinde ich mit dem Beginn der systematischen Quellenkartierung im Biosphärenreservat. Nachdem vorher eigentlich kaum etwas zu den winzigen Bewohnern in Quellen bekannt war, sind damit Kleinstlebewesen wie die Rhönquellschnecke und der Alpenstrudelwurm in das Licht der Öffentlichkeit gerückt. Dass daraus einmal eines der größten international anerkannten Untersuchungsprojekte wird, hat damals natürlich keiner geahnt. Beim Thema Fledermausschutz verbinde ich diese Jahre immer mit der Öffnung des Milseburgtunnels, der Mitte 2003 für Fahrradfahrer geöffnet wurde. Das Jahr 2001 war dabei im Vorfeld der Bauplanung der Start für das Monitoring der Fledermaus-Winterquartiere in der hessischen Rhön. Ich erinnere mich an unzählige Besprechungen zur Bauausführung bezüglich des Fledermausschutzes, an lange Nächte und Netzfänge an den Tunnelportalen zur Erfassung der Fledermausarten und tolle Winterkontrollen. Bei diesem Projekt sieht man sehr schön, wie man Tourismus und Naturschutz vereinen kann. Die steigenden Zahlen der seltenen Mopsfledermaus im Tunnel sprechen da für sich. Stefan Zaenker, Landesverband für Höhlen- und Karstforschung Hessen
M E I L E N S T E I N E 20 01–20 05 | 19 24. Oktober 2003 2004 Se it e Beirat für das Biosphärenreservat Ritter der Rhöner Bäche kehrt zurück Bereits seit 2002 wird der heimische Deut- 2004 Junior Rangerinnen 36 Er soll den Biosphärenreser- sche Edelkrebs in den Gewässern der Rhön und Ranger in der Rhön vatverwaltungen und den wieder angesiedelt. Nach umfangreichen unterwegs zuständigen Ministerien Voruntersuchungen, Vorträgen und Ab- beratend zur Seite stehen: stimmungsgesprächen sowie einer ersten Im Eisenacher Haus gründet Konzeption beginnt 2004 der Besatz von sich der Beirat für das Bio- Edelkrebsen in zehn Bachläufen der hessi- Juni 2004 sphärenreservat Rhön – mit schen Rhön. Das Projekt wird von Anfang Gute Noten aus Paris Mitgliedern aus Vereinen, an mit vielen Ehrenamtlichen durchgeführt Die UNESCO schickt das Ergebnis Verbänden aus Bayern, Hes- und gilt als eines der vielen erfolgreichen der ersten Evaluierung. Das Bio- sen und Thüringen. Erster Citizen Science-Projekte im Biosphärenre- sphärenreservat hat die Prüfung Vorsitzender ist Staats- servat. Bis heute erfolgt ein Monitoring der bestanden – mit Bravour: der sekretär Stefan Baldus aus Bäche und sukzessive auch weitere länder- Rhön wird ein „beispielhaftes dem Thüringer Umwelt- übergreifende Besatzmaßnahmen. Vorgehen bei der Umsetzung der ministerium. Die Beirats- Sevilla-Strategie und der interna- mitglieder werden alle drei tionalen Leitlinien“ attestiert. Jahre durch die Ministerien neu berufen. Die nächsten Ernennungen stehen im Herbst 2021 an. 3. September 2004 Eröffnung NABU-Haus Foto: Alexander Mengel am Roten Moor 2004 2005 Februar 2005 Qualität hat jetzt ein Siegel Nach jahrelanger Vorarbeit werden ab Frühjahr 2005 regionale Produkte der Dachmarke Rhön mit dem „Qualitätssiegel Rhön“ aus- gezeichnet. Regionale Unternehmen aus den Landkreisen Wartburgkreis, Schmal- kalden-Meiningen, Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen und Fulda können nun mit einem einheitlichen Logo werben. Kriterien gibt es für insgesamt 9 Branchen. Mit der „Qualität des Biosphärenreservats“ und der Rhöner Herkunft werden die Ziele des UNESCO Biosphärenreservats Rhön verfolgt und Verbraucherinnen und Ver- brauchern ermöglicht, regionale Produkte mit hoher Qualität schnell zu erkennen. NOTIZ AM RANDE 31. Mai 2005 meins! Die Biosphärenreservate in Erstes Autobahnschild Deutschland noch bekannter An der A 71, kurz vor der Talbrücke machen: Das ist das Ziel einer bundesweiten Plakataktion von Rotes Tal in Richtung der Ausfahrt EUROPARC Deutschland e. V. Meiningen-Nord, wird das erste touris- Die Aktion ist eine Reaktion einer tische Hinweisschild angebracht, das deutschlandweiten Analyse der Be- kanntheit der Biosphärenreservate in auf das Biosphärenreservat hinweist. der Bevölkerung. Auch wenn die Rhön Schmalkalden-Meiningens Landrat Ralf hier den anderen Gebieten deutlich Luther (links) und Karl-Friedrich Abe, voraus ist – das hatte die Allensbach- Studie gezeigt –,beteiligt sich die Rhön Leiter der Thüringer Biosphärenreser- auf Initiative der Thüringer Verwaltung. vatverwaltung, ziehen die Schrauben Los geht es am 6. Dezember 2003: Das fest. Später folgen Schilder an der A 7 Mädchen mit den verschränkten Armen, das die typische Rhönlandschaft – das in Hessen und der A 71 in Bayern. Ulstertal – als ihr Eigen bezeichnet, ist an mehr als 200 Standorten zu sehen.
20 | M E I L E N S T E I N E 20 0 6 –2010 24. September 2006 Eröffnung des Premiumwanderweges DER HOCHRHÖNER ® Einmal mitten durch die Rhön: Der Start des Fernwanderwegs ist in Bad Kissingen, das Ziel ist Bad Salzungen – oder andersrum! Um die schönsten Landschaftsformationen der Rhön einzubin- den, wurden drei Varianten entwickelt: die westliche Route über die Basaltkegel der Kuppenrhön (136 km) und die östliche Route über das Plateau der langen Rhön (122 km). Wer es etwas kürzer mag, der kann die Hochrhönrunde mit 88 km erwandern. Der Pre- miumwanderweg, der heute von mehr als 31 Extratouren ergänzt wird, wird 2010 zu Deutschlands schönstem Wanderweg gewählt. Foto: Carsten Kallenbach 6. April 2006 6. Juni 2008 Juni 2008 Eröffnung der Infostelle Übergabe des Ersten Integrier- Partnerschaft mit Südafrika am Schwarzen Moor ten Umweltberichtes für das Biosphärenreservat Im Rahmen einer Nebenveranstaltung der 9. UN-Naturschutzkonferenz in Bonn unter- zeichnen Vertreterinnen und Vertreter der Biosphärenreservate Rhön und Kruger to Canyons (Südafrika) eine Willenserklärung. 27. Oktober 2007 Die beiden Biosphärenreservate wollen ihre Aussichtsturm am Schwarzen bereits begonnene Kooperation fortsetzen Moor wird eröffnet und vertiefen. Foto: Marc Huter, ZdL 20062016 2007 2008 4. Februar 2009 Jahr der Biosphärenreservate in Deutschland In Erfurt wird das Jahr der Biosphärenreservate in Deutschland eröffnet – mit einer Sonderfahrt in der Straßenbahn, die große Fotos aus der Rhön und dem Vessertal zieren. Unter anderem präsentieren sich die 13 deutschen Biosphärenreservate 2009 mit einer ge- meinsamen Ausstellung auf der Bundesgartenschau in Schwerin. Foto: Mediendienst Rhön Juni 2009 Poesie auf der Wasserkuppe Schon seit 1996 gehören die „Nächte der Poesie“ in Rhön und Vogelsberg zu den jähr- lichen Veranstaltungshighlights. Der Schau- spieler und Sänger Rudolf H. Herget begeis- tert auch in diesem Jahr wieder Hunderte Menschen – diesmal auf der Wasserkuppe. Foto: Bernd Götte
M E I L E N S T E I N E 20 0 6 –2010 | 21 Juli 2010 Digitale Mitfahrzentrale für die Rhön Unter Hessischer Federführung wird mit einer regionalen Firma die „Digitale Mitfahrzentrale Rhön“ entwickelt – finanziert von den drei Verwaltungen. Die Idee dazu hatte ursprüng- lich Michael Müller, Mitarbeiter der Hessischen Verwaltung. Vor allem Pendlerinnen und Pendler in den ländlichen Regionen sollen so ergänzende Möglichkeiten zum öffentlichen Foto: Carsten Kallenbach Nahverkehr geboten werden. 4. Februar 2010 Biosphären-Schilder nun auch in Bayern „geduldet“ In Thüringen gibt es sie schon lange, und auch in Hessen gehören sie seit einiger Zeit zum Erscheinungsbild aller Kommunen, die im Biosphärenreservat Rhön liegen: die braunen Schilder mit dem Schriftzug „Die Rhön – UNESCO-Biosphärenreservat“. Ab sofort sind die Schilder nun auch in Bayern geduldet: „Auf meine Weisung hin wird seitens des Freistaats Bayern bis auf weiteres nicht mehr gegen die Zusatzbeschilderung eingeschritten“, teilt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann mit. Foto: Carsten Kallenbach 2009 2010 11. Dezember 2009 4. September 2009 Einweihung des Biosphären-Infozentrums Thüringer Verwaltung zieht in historische Propstei in der Propstei Zella/Rhön Der Umzug aus dem Kulturhaus Kaltensundheim ist geschafft, die neuen Diensträume der Thüringer Verwaltung in der Propstei Zella/Rhön werden eingeweiht. Mit der Belegung durch die staatliche Behörde ist die Zukunft des historischen Gebäudes gesichert. Seit 2001 wurden in die Sanierung ins- gesamt 1,97 Millionen Euro investiert, mit einem Eigenanteil der Gemeinde Zella/Rhön von 349 000 Euro. Meine Erinnerungen NOTIZ AM RANDE Im Sommer 1989 wurde ich Präsidentin des großen Rhönklubs und sagte in meiner Antrittsrede „Mein größter Wunsch wäre es, auch für die Thüringer Rhön Präsidentin sein zu dürfen“. Ein hal- Bionade und Ostheimer bes Jahr später war ich es. Was sich dann in den drei Rhöngebieten alles tat, füllt aufgeschrieben Leberkäs im Bordbistro Bücherregale. Die Rhön wurde Biosphärenreservat! Nicht alle Rhöner haben gejubelt! „Indianer- Kulinarischer Hochgenuss in den Zügen reservat“ – wir – und uns einsperren lassen? Nein! „Die Knüppel liegen dort hinter dem Ofen“ wurde mir auf der Deutschen Bahn: Im Rahmen eines Projekts der Initiative „Slow Food“ haben einer Versammlung zugerufen. Im hessischen Teil gründete sich der Verein Natur- und Lebensraum Rhön – die Bordbistros zum 1. Oktober 2006 die und die Gastronomie erfand den „Rhöner Charme“. Das Rhönschaf wurde zum Kennzeichen im Land der of- inzwischen bundesweit bekannte Rhöner fenen Fernen und damit als Art erhalten. Jürgen Krenzer holte alte Rezepte aus der Truhe. Den Lupinen ging Limo „Bionade“ und die regionale Speziali- es an den Kragen, das Birkhuhn wurde gepäppelt. Kernzonen wurden – oft unter Protest – ausgewiesen. tät „Ostheimer Leberkäs“ in ihr Sortiment Bei allen Beratungen wurde der Rhönklub hinzugezogen, stand die Rhöner einzigartige Natur doch auch aufgenommen. Ziel des Projekts „Arche des Geschmacks“ ist es, lokale und regionale unter dem Schutz des Wandervereins. Der Rhönklub trug auch seinen Teil zum Gesamtkonzept bei. Durch Lebensmittel, Nutztier- und Nutzpflanzenarten lange und gründliche Verhandlungen und Überlegungen entstand DER HOCHRHÖNER ®, der schließlich sowie Gerichte, die mangels Angebot auszuster- zum schönsten Wanderweg Deutschlands gekürt wurde. ben drohen, vor dem Vergessen zu retten. Regina Rinke, Rhönklub-Präsidentin (1989–2011)
22 | M E I L E N S T E I N E 2 010 –2 015 26. Juni 2012 Ein Kosmos voller Leben in Oberelsbach Die Umweltbildungsstätte Oberelsbach wird feierlich eröffnet. Der pädagogische Schwerpunkt der Bildungs- einrichtung mit 72 Übernachtungsmöglichkeiten liegt auf dem Lebensraum Mensch und Natur im UNESCO-Bio- sphärenreservat. Bis heute zählt die Umweltbildungsstätte 38.224 Gäste, 75.395 Übernachtungen und 60.278 Teilneh- merinnen und Teilnehmer an den rund 50 frei wählbaren Bildungsmodulen in den Themenbereichen Ernährung und Landwirtschaft, Wald und Holz, Siedlung und Soziales, Nachhaltiger Konsum sowie Mensch, Natur und Umwelt. Foto: Angela-Bungert Juni 2013 Zweite Evaluierung durch die UNESCO Im Sommer erfolgt die zweite Evaluierung durch den Internationalen Koordinierungsrat (ICC) der UNESCO mit Empfehlungen zu den verschiedenen Aufgabenbereichen, die es in den folgenden Jahren umzusetzen gilt. Die nächste Evaluierung erfolgt im Jahr 2024. 2010 2016 2011 2012 2013 16. Mai 2010 Erster Brot- und Biermarkt 14. August 2013 Neue bayerische Kernzonen- in Poppenhausen 25.–28. August 2011 verordnung 20 Jahre 3 Prozent der bayerischen Rhön UNESCO-Biosphärenreservat Rhön mit 3.889 Hektar werden fortan November + In Gersfeld wird die 20-jährige An- als Naturschutzgebiet geschützt. Dezember 2010 erkennung durch die UNESCO gefeiert Es folgt der schonende Wald- Zweite große – mit einem „Markt der Ideen“ und umbau von standortfremdem Repräsentativ- einem „Markt der Rhöner Genüsse“. Fichtenbeständen zu Rhön-typi- befragung e In einer Regionalkonferenz mit 300 schen Laub- bzw. Mischwäldern. Se it 4 2 Akteurinnen und Akteuren wird ein Strategiepapier als Vorlage für das neue Rahmenkonzept verabschiedet. Meine Erinnerungen „Mit dem Naturschutzgroßprojekt „Thüringer Rhönhutungen“ hat unser Landschaftspflegeverband vor allem für den Erhalt der mit Schafen beweideten landschaftsprägenden Hutungsflächen viel getan. Diese Mager- und Trockenrasen der Thüringer Rhön sind hin- sichtlich ihrer Größe und Vernetzung herausragend im bundesweiten Vergleich. Wir haben im Rahmen dieses Naturschutzvorhabens zum Erhalt und zur Förderung der Artenvielfalt auch ein Stück weit die Rhöner Landschaft verändert. Solche Projekte sind erfolgreich, wenn sich alle Betroffenen mitgenommen fühlen. Das entspricht der grundsätzlichen Philosophie der Landschafts- pflegeverbände – sie bauen Brücken zwischen Mensch und Natur. Das schafft man nur im ständigen Dialog und Respekt füreinander. Projekte schie- ben Prozesse an, sie sind allerdings zeitlich begrenzt. Bindet man alle Partnerinnen und Partner ein, kann die Verantwortlichkeit über das Projektende hinaus erreicht werden. Dafür müssen Menschen, die dafür einstehen und in ihrer Arbeit Naturschutzaspekte berücksichtigen, dauerhaft honoriert werden. Denn die Verantwortung zum Erhalt der Biologischen Vielfalt tragen wir alle.“ Petra Ludwig, Geschäftsführerin des Landschaftspflegeverbands „Thüringer Rhön“
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