30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön

 
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30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön
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DAS MAGAZIN ZUM JUBILÄUM

30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön
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GRUßWORT | 3

30 Jahre erfolgreiches Miteinander –
im Einklang mit der Natur

Im Biosphärenreservat Rhön gelingt das Leben und Wirt-
schaften im Einklang mit der Natur nunmehr seit 30 Jahren.
Mit regionalen Qualitätsprodukten, naturverträglichem
Tourismus und nachhaltiger Regionalentwicklung – ganz im
Sinne des UNESCO-Programms „Der Mensch und die Bio-
sphäre“.

Viele haben zu dieser Erfolgsgeschichte beigetragen: die
Landesregierungen und die Teams der Verwaltungen von
Thüringen, Bayern und Hessen, die Bürgermeisterinnen und
Bürgermeister und vor allem: die Bürgerinnen und Bürger
der Region. Gemeinsam haben sie es geschafft, aus dem
„Land der offenen Fernen“ eine Modellregion für nachhalti-
ge Entwicklung zu machen.

Die Rhön hat sich auch international einen hervorragenden
Ruf erarbeitet. Zahlreiche Länder profitieren von ihren Erfah-
rungen, zum Teil im Rahmen fester Partnerschaften.

30 Jahre gelungenes Miteinander – dazu gratuliere ich herz-
lich und wünsche viel Erfolg für die weitere Arbeit!

Svenja Schulze
Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und
nukleare Sicherheit
30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön
4 | GRUßWORT

               30 Jahre internationale Anerkennung
               für ein grünes Stück „Tafelsilber“
               der deutschen Einheit

               Die Rhön verbindet drei Bundesländer miteinander: Bayern,
               Hessen und Thüringen. Bis zum 9. November 1989 war die
               Rhön durch die innerdeutsche Grenze geteilt. Gut ein Jahr
               nach dem Mauerfall wurde sie als UNESCO-Biosphärenreser-
               vat anerkannt – die Idee dafür entstand in Thüringen. Sie ist
               ein Erbe des „DDR-Nationalparkprogramms“ von 1990.

               Biosphäre, das heißt nachhaltig wirtschaften und im Ein-
               klang mit der Natur leben. Die gemeinsame Motivation für
               die Gründung durch die drei Bundesländer war der Erhalt
               einer herausragend schönen grenzenlosen Landschaft, dem
               „Land der offenen Fernen.“

               Entlang der ehemaligen Grenze in der Thüringer Rhön ver-
               läuft das Grüne Band. Der einstige Todesstreifen ist heute
               lebendige Verbindungslinie für Pflanzen, Tiere und – gerade
               auch – für Menschen.

               Seit 30 Jahren wird in der Rhön erfolgreich und zukunftswei-
               send erprobt, wie eine nachhaltige Landnutzung funktio-
               nieren kann. Eine Aufgabe und ein Anspruch, der angesichts
               der Bedrohungen durch den globalen Klimawandel und die
               Biodiversitätskrise noch bedeutsamer geworden ist.

               Herzlichen Dank daher an alle Unterstützerinnen und Unter-
               stützer des Biosphärenreservates!

               Anja Siegesmund
               Thüringer Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz
30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön
GRUßWORT | 5

Fester Bestandteil und Motor der Region
im Sinne der UNESCO

30 Jahre Anerkennung durch die UNESCO sind ein Erfolg
aller, die im Biosphärenreservat leben, arbeiten und den Ge-
danken einer nachhaltigen Entwicklung auf vielfältige Weise
in ihren Alltag tragen.

Was vor weit mehr als drei Jahrzehnten als Idee engagierter
Naturschützerinnen und Naturschützer in Hessen, Bayern
und Thüringen begann, ist heute fester Bestandteil und
Motor der Region im Sinne der UNESCO. Im Biosphärenreser-
vat auf hessischer Seite ist es gelungen, Naturschätze wie das
Rote Moor zu renaturieren und zu erhalten und zahlreiche
Natur- und Artenschutzprojekte wie für den Rotmilan und
die Rhöner Bergwiesen zu initiieren und erfolgreich durchzu-
führen. Immer wieder können hierbei zahlreiche Freiwillige
motiviert werden, sich einzubringen – ein Zeichen dafür, dass
die Bevölkerung die Idee des Biosphärenreservats mitträgt.

Regionales Bewusstsein zeigt sich auch beim Konsum und
Einkauf heimischer Produkte. Das stets wachsende Netzwerk
der Dachmarke Rhön ist ein gelungenes Beispiel für regio-
nale Wertschöpfung und Mehrwert, auch im touristischen
Bereich. Wie Tourismus, Nachhaltigkeits- und Schutzgedanke
gemeinsam funktionieren, zeigt nicht zuletzt die Auszeich-
nung als Sternenpark – ein Alleinstellungsmerkmal, auf das
die mittragenden Kommunen stolz sein können.

Ich danke allen Beteiligten für Ihr Engagement und Ihre
Unterstützung. Gemeinsam mit Ihnen wollen wir das Bio-
sphärenreservat auch in Zukunft als Modellregion weiter-
entwickeln!

Priska Hinz
Hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön
6 | GRUßWORT

               Die Biosphärenidee ist bei
               den Menschen angekommen

               Vor 30 Jahren wurde die Rhön von der UNESCO als Biosphä-
               renreservat ausgezeichnet – ein wahrhaft stolzes Jubiläum,
               zu dem ich herzlich gratuliere. Das Biosphärenreservat Rhön
               steht für drei Jahrzehnte enge länderübergreifende Zusam-
               menarbeit, erfolgreiche nachhaltige Regionalentwicklung und
               herausragendes Engagement und Gestaltungswillen vor Ort.

               Die Bayerische Rhön setzt Maßstäbe beim Erhalt von Lebens-
               räumen und Landschaften, bei der nachhaltigen Entwicklung
               und im Umweltbildungsbereich. Auch die Regionalvermark-
               tung hat vor Ort einen besonderen Stellenwert. So hat das
               Rhönschaf, eine alte Haustierrasse, die vor 40 Jahren kurz vor
               dem Aussterben stand, im „Land der offenen Fernen“ wieder
               eine Heimat gefunden. Heute sind über 6.000 dieser Rhöner
               „Wappentiere“ als wertvolle Landschaftspfleger auf den
               heimischen Bergwiesen im Einsatz und machen die jährlichen
               „Rhönschafwochen“ zu einem besonderen Spektakel. Die
               Produkte der Rhöner Landwirte sind sehr geschätzt. Die Dach-
               marke Rhön und Regionalmärkte wie der Rhöner Wurstmarkt
               haben dazu einen großen Beitrag geleistet.

               Die Biosphärenidee ist bei den Menschen angekommen –
               ein Beleg dafür ist die Erweiterung des bayerischen Teils des
               UNESCO-Biosphärenreservats Rhön im Jahr 2014 auf Initiative
               der Kommunen. Das Netz an Bildungs- und Informations-
               einrichtungen wird kontinuierlich ausgebaut. Als neueste
               Einrichtung bringt das Naturerlebniszentrum Rhön aktuelle,
               spannende Impulse für die nachhaltige Entwicklung in der
               Rhön.

               Meinen großen Respekt und Dank an alle, die die Erfolgsge-
               schichte 30 Jahre Biosphärenreservat Rhön mitgeschrieben
               haben. Ich wünsche dem Biosphärenreservat Rhön und allen,
               die sich für seine vorbildhafte Entwicklung im Dienst der
               Menschen in der Rhön einsetzen, weiterhin viel Erfolg und
               Zuspruch.

               Mit herzlichen Grüßen

               Ihr
               Thorsten Glauber, MdL
               Bayerischer Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz
30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön
GRUßWORT | 7

Leben und Arbeiten – mit und von der Natur

30 Jahre Anerkennung durch die UNESCO feiern wir in diesem Jahr in einer besonderen Zeit, die unsere Gesellschaft vor
neue Herausforderungen stellt. Auch die Verantwortlichen des länderübergreifenden UNESCO-Biosphärenreservats hatten
es vor 30 Jahren nicht einfach und stießen auf Skepsis: In der Bevölkerung gab es die Sorge, Verbote und Einschränkungen
würden den Einheimischen die Nutzung weiter Teile der Rhöner Landschaft womöglich entziehen.

Diese Bedenken sind rasch beseitigt worden. Heute ist die Rhön das bekannteste Biosphärenreservat weltweit. Die Rhöne-
rinnen und Rhöner sind stolz auf ihr Biosphärenreservat und das, was sich dort entwickelt hat und entwickeln wird.

Daran haben neben den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den drei Verwaltungsstellen und den sechs Landkreisen vor
allem auch die vielen Ehrenamtlichen aus dem Naturschutz Anteil – ebenso wie die Land- und Forstwirtschaft. Sie alle setzen
die Idee des Biosphärenreservats um: Dass Menschen in einer attraktiven Region leben und arbeiten – mit der Natur, aber
auch von der Natur.

Das Biosphärenreservat nachhaltig liebens- und lebenswert zu machen – nicht nur für Touristen aus aller Welt, sondern vor
allem für die, die hier ihre Heimat haben –, diesen Weg wollen wir auch in den kommenden 30 Jahren gemeinsam gehen!

    Bernd Woide                               Thomas Habermann                          Peggy Greiser
    Landrat Landkreis Fulda                   Landrat Landkreis Rhön-Grabfeld           Landrätin Landkreis
                                                                                        Schmalkalden-Meiningen

    Torsten Warnecke                          Thomas Bold                               Reinhard Krebs
    Landrat Landkreis                         Landrat Landkreis Bad Kissingen           Landrat Wartburgkreis
    Hersfeld-Rotenburg
30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön
8 | I N H A LT

  Inhalt
  Grußworte .............................................................................................. S. 3–7

  Editorial: Mensch. Natur. Einklang. ...................................................... S. 9

  Das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön in Zahlen ............................... S. 10–11

  Blick zurück: Auf Zeitreise mit Karl-Friedrich Abe ............................... S. 12–13

  Von 1991 bis Heute
      1991 bis 1995 ......................................................................................................... S. 14–15
      1996 bis 2000 ......................................................................................................... S. 16–17
      2001 bis 2005 ......................................................................................................... S. 18–19
      2006 bis 2010 ......................................................................................................... S. 20–21
      2010 bis 2015 ......................................................................................................... S. 22–23
      2016 bis 2021 ......................................................................................................... S. 24–25

  Das tun wir – heute und morgen
      Naturschutz und Schutz der Kulturlandschaft ............................................ S. 28–30
      Nachhaltige (Regional-)Entwicklung .............................................................. S. 31–35
      Bildung und Kommunikation ........................................................................... S. 36–38
      Forschung und Monitoring ............................................................................... S. 39–42

  Biosphäre für alle Sinne: Formate und Produkte zum Jubiläum ......... S. 43

  Wir sind Biosphäre! ................................................................................ S. 44–45

  Das wünschen wir uns für die Zukunft .................................................. S. 46–49

                              R N                                                   E                                                      E N
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30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön
EDITORIAL | 9

Mensch. Natur. Einklang.
Die Erfolgsgeschichte
soll weitergehen!                             Kulturlandschaft muss in Zeiten des Klima-
                                              wandels ganz anders gestaltet werden als
                                              noch vor 30 Jahren.
30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat
Rhön – das haben wir im Jahr 2021 mit         Lassen Sie uns diese Aufgaben auch
Ihnen, liebe Rhönerinnen und Rhöner,          weiterhin gemeinsam angehen – und
gefeiert. Wenn auch anders als erhofft:       die Idee, Mensch und Natur in Einklang
Die Corona-Pandemie stellt uns als Ge-        zu bringen, umsetzen. Die vergangenen
sellschaft immer noch vor neue, kräfte-       30 Jahre haben gezeigt, wie das funktio-
zehrende Herausforderungen – auch im          nieren kann. Mit zahlreichen Projekten in
Biosphärenreservat.                           den Bereichen Natur- und Artenschutz,
                                              Regionalentwicklung und Tourismus hat
Der Erfolg der vergangenen drei Jahr-         man früh begonnen, eine nachhaltige
zehnte kommt nicht von ungefähr. Dass         Entwicklung der Region anzustoßen und
sich eine Region zu einer Modellregion        qualitätsvolle Produkte zu entwickeln.
für nachhaltige Entwicklung entfalten         Rhönschaf, Apfelinitiative, Rotmilan, Birk-
kann und zum bekanntesten Biosphären-         huhn und Sternenpark sind beispielhafte,
reservat weltweit wird, funktioniert nur,     besondere Markenzeichen und gleichzei-
wenn die Menschen die Biosphären-Idee         tig identitätsstiftende, nachhaltige Projek-
mittragen. Wenn sie miteinander reden,        te, mit denen es gelungen ist, viele Akteu-
sich länderübergreifend austauschen           rinnen und Akteure zu motivieren, sich für     Foto: Andreas Kuhrt
– und das über viele unterschiedliche         den Erhalt und die Entwicklung dieser ein-
Interessengruppen hinweg. Dieser Aus-         zigartigen Naturlandschaft e­ inzusetzen.
tausch hat in den vergangenen Monaten         DER HOCHRHÖNER® und Extratouren,
schmerzlich gefehlt. Das Vereinsleben,        Dachmarke Rhön, Junior Ranger, Grünes
die Kulturszene, viele Partnerinnen und       Band und Rhöner Bergwiesen sind weitere
Partner im Bildungsbereich und natür-         Leuchttürme, auf die wir alle stolz sein
lich auch die Gastronomie und Hotellerie      können und dürfen. Bildung für nachhal-
sind stark gezeichnet. Die Folgen werden      tige Entwicklung tragen wir direkt in die
wir noch lange spüren. Dem Ziel des           Schulen und Kitas, seit zwei Jahren gibt es
UNESCO-Biosphärenreservats, die Rhön          ein eigenes Zertifizierungsprogramm. Auf
zu einer attraktiven, lebenswerten Region     alldem wollen wir – die Verwaltungen und
zu entwickeln, kommt in solchen Zeiten        Trägervereine des Biosphärenreservats –
eine ganz neue Bedeutung zu. Und auch         weiter aufbauen – gemeinsam mit Ihnen,
der Schutz und Erhalt unserer wertvollen      die Sie im UNESCO-Biosphärenreservat
Natur und unserer charakteristischen          leben und arbeiten!                            Foto: Annemarie Hochrein

                                                          Die Fotos stammen aus
                                                     unserem Fotowettbewerb
                                                  anlässlich unseres Jubiläums.
                                                Die Fotografinnen und Fotogra-
                                                fen haben festgehalten, was
                                                 sie mit dem Einklang von
                                                  Mensch und Natur
                                         		              verbinden.
                      Foto: Regina Schmidt                                                   Foto: Helen Stupp
30 Jahre UNESCO-Biosphärenreservat Rhön
10 | DA S U N E S CO - B I O S PH Ä R E N R E S E R VAT R H Ö N I N Z A H L E N

  Das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön
  in Zahlen
                                                                                            36
           Im länderübergreifenden Biosphären-                                          Biosphären-
                        280
           reservat brüten rund
                                                                                       Schulen und
                   Rotmilan-Paare                                                    Biosphären-Kitas
           		 – das sind also 560                                                    sind seit dem Sommer 2019 zertifiziert
           		ausgewachsene Rotmilane.                                                   worden. 12 davon haben sich das
                                                                                                Thema Konsum zum
                                                                                               Schwerpunkt gemacht.

               Gerade die
           besonderen Tier-                                                                                             Zählt bis 100,
         arten der Rhön leiden                                                                                  um ein Elektroauto im
        unter dem Klimawandel:                                                                                Verkehrsfluss zu finden:

         32 von 63                                                                                       1,32 Prozent
      so genannten Zielarten sind                                                                       des gesamten PKW-Bestands
     „Klimaverlierer“ und haben                         Wie lange dauert es, das                              sind E-Autos, also
       mit sich verschlechternden                    Biosphärenreservat einmal von Nord                     insgesamt 2.504 Stück.
          Lebensbedingungen                        nach Süd zu durchqueren? Kommt drauf an,
               zu kämpfen.                      laut Google Maps und outdooractive: mit dem

                                                       Fahrrad     11 Stunden          und 5 Minuten

                                                                       39 Stunden
                                                    auf 144,9 km, zu Fuß                        und 40 Minuten

                                                                              2 Stunden
                                                  auf 143,8 km oder mit dem Auto
                                               		             und 19 Minuten auf 124 km.

                                                                                                                      Willkommen,
             Aardöpflsküchle,                                                                                   ihr Neu-Rhönerinnen
                                                                                                                    und Rhöner:
                Dätscher,
             Reibekuchen …                 2.592.112 mal                                                1.824 Babys
                    15                     wurde 2020 die Website
                                            www.biosphaerenreservat-rhoen.de                           wurden im Jahr 2019
                                                                                                       im Biosphärenreservat
            unterschiedliche                   aufgerufen. 2010 waren es noch
                                                  415.200 Aufrufe.                                       geboren.
              Begriffe für
           „Kartoffelpuffer“
               gibt es in den
           verschiedenen Rhöner
                 Dialekten.
D A S U N E S C O - B I O S P H Ä R E N R E S E R V A T R H Ö N I N Z A H L E N | 11

                                          		            216
      Seit Bestehen des
   Biosphärenreservats gab es                       Betriebe
                                                     sind unter der
   349 wissen-                                 Dachmarke Rhön
                                            im Handel zu finden.    			               des
                                                                                          Seit der Auszeichnung
                                                                                           Biosphärenreservats als

  schaftliche For-                               62 davon sind   		              internationaler Sternenpark haben

 schungsarbeiten
                                             außerdem noch
                                              bio-zertifiziert.                       50 Kommunen
                                                                        der Sternenpark-Beleuchtungsrichtlinie
        – 44 laufen derzeit noch.                                    		      zugestimmt – einige Kommunen
      Von insgesamt 77 Monitoring-                               		             bzw. Ortsteile liegen auch
       projekten sind noch 38 aktiv.                             		                   außerhalb des
                                                                 		                Biosphärenreservats.

                      Eine Erkenntnis

                      2.597
                     daraus:

                  Stunden          lang haben
                Menschen bis ins Jahr 2017 an
                  Bildungsveranstaltungen                                                  Gemeinschaftswerk: Rund
                 teilgenommen. Mittlerweile sind
                       das noch einmal deutlich                            300 Akteurinnen
               		mehr geworden.
                                                                         und Akteure                    haben bei
                                                                           der Erstellung des Rahmenkonzepts
      592,9                                                                 von 2014 bis 2018 mitgewirkt.

     Kilometer
       weit lässt es sich auf extra-
       schönen Wegen wandern,                                               51  Aus
      denn das ist die Gesamtlänge
           der 32 Premiumwege.                                           Ländern                                     64-mal
          Rekordwanderer können                                                                                haben sich die Kollegin-
                                                                            waren schon                        nen und Kollegen der
         7.952 km weit laufen, ohne                                       Delegationen im
           einmal den gleichen                                                                                  Biosphärenreservate
                                                                           Biosphärenreservat                     deutschlandweit
               Weg benutzen                                                    zu Besuch.
                zu müssen.                                                                                         bisher getroffen.

			                    In den sechs Landkreisen,
		               die Anteil am Biosphärenreservat
		                haben, gibt es eine Landrätin
           und 5 Landräte, außerdem 9 Bürger-

          meisterinnen und 60 Bürgermeister.
               So kommen wir auf einen              Auf 102.383,40 Hektar
  Frauenanteil von
                                                    wächst Wald im Biosphärenreservat – das sind
                                                        42,08 % der Gesamtfläche. Am häufigsten gibt es
                                                        Buchen (44 % der gesamten Bäume), danach
 rund 13 Prozent                                          kommen Fichten (22 %), Kiefern (10 %), Eichen (7 %),
                                                           weitere Edellaubhölzer (7 %) und Lärchen (5 %).
 an der Spitze der Kommunen.
12 | D A S W A R U N S E R W E G – R Ü C K B L I C K M I T K A R L- F R I E D R I C H A B E

  Die friedliche Revolution als Glücksfall
  für den Naturschutz in der Rhön
  Blick zurück: Auf Zeitreise                               Schon einige Tage vorher, ab dem ­­                   ein Visum, und am Samstag fuhr ich zum
  mit Karl-Friedrich Abe                                    1. September, saß der damals 35-jährige               Wandern“, erzählt Abe. Schwarzes Moor,
                                                            Karl-Friedrich Abe in einem schmuck-                  Heidelstein, Kreuzberg, Wasserkuppe,
  Die letzte Sitzung des DDR-Ministerrats                   losen Flachbau der ehemaligen Land-                   Rotes Moor, das alles in rasantem Tempo
  vor dessen Auflösung, der letzte Ta-                      wirtschaftlichen Produktionsgenossen-                 – jede freie Sekunde verbrachten Abe
  gungsordnungspunkt – und sozusagen                        schaft (LPG) Kaltensundheim – zunächst                und seine Frau in der Bayerischen und
  die letzten Minuten vor dem Beitritt                      dienten lediglich eine Obststiege und ein             Hessischen Rhön. „Man wusste ja nicht,
  der DDR zur Bundesrepublik: Mit der                       Telefon als Büroausstattung. Die Auf-                 wie lange diese neu gewonnene Freiheit
  Verabschiedung des Nationalparkpro-                       gabe: den Aufbaustab für den thüringi-                anhalten würde.“ Schnell fasste er dabei
  gramms ist der 12. September 1990 in                      schen Teil des im Nationalparkprogramm                Kontakte zu Willy Bauer, Dr. Franz Müller
  die Geschichte des deutschen Natur-                       vorgesehenen Biosphärenreservats Rhön                 und Reinhard Kolb von der Hessischen
  schutzes eingegangen. Der Beschluss, 14                   zu bilden. „Das war ein Wagnis – schließ-             Gesellschaft für Ornithologie (HGON), die
  große Naturlandschaften dauerhaft unter                   lich gab es das Gesetz noch gar nicht“,               später mit Abe, Dr. Aribert Bach, Klaus
  Schutz zu stellen, legte den Grundstein                   erinnert sich Karl-Friedrich Abe heute.               Schmidt und Volker Trauboth aus Thürin-
  für das spätere länderübergreifende                       Im Oktober 2019 hatte er sich als dienst-             gen sowie Ludwig Sothmann aus Bayern
  UNESCO- Biosphärenreservat Rhön.                          ältester deutscher Leiter einer Biosphä-              eine deutsch-deutsche Arbeitsgruppe
                                                            renreservatsverwaltung verabschiedet.                 ehrenamtlicher Naturschützer bildeten.
                                                            Heute, 30 Jahre nach der UNESCO-An-                   Bereits im Januar 1990 gab es dann kon-
                                                            erkennung, blickt er zurück auf die An-               krete Überlegungen zu gemeinsamen
                                                            fänge „seines“ Biosphärenreservats.                   Naturschutzprojekten, es wurde an einer
                                                                                                                  Gebietsabgrenzung für ein länderüber-
                                                            Rüber nach Bayern und Hessen                          greifendes Schutzgebiet gearbeitet. Der
                                                                                                                  erste Arbeitstitel: Landschaftsreservat.
                                                            „In der Rhön gab es schon immer                       „Die Schutzkategorie Biosphärenreser-
                                                            Menschen, die sich für den Erhalt der                 vat kannte man damals im Westen noch
                                                                  Natur und der Kulturlandschaft                  nicht“, erklärt Abe. Auf einer Arbeits-
                                                                      einsetzten – schon lange vor                tagung am 13. Februar 1990 in Berlin
                                                                       der Ausweisung des Biosphä-                verständigte man sich schließlich auf den
                                                                         renreservats“, betont Abe.               Begriff Biosphärenreservat Rhön. Im Juni
                                                                           Die Grenzöffnung machte                1990 wurde Abe dann auf einer Tagung
                                                                              schließlich den engen               im „Lämmchen“ im hessischen Schlitzen-
                                                                                Austausch zwischen                hausen gefragt, ob er den Aufbaustab
                                                                                  Naturschützern                  des künftigen Biosphärenreservats leiten
                                                                                  aus Bayern, Hessen              wolle. „Ich hatte zwei Stunden, um mich
                                                                                  und Thüringen                   zu entscheiden. Noch am selben Tag
                                                                                 möglich. „Am Don-                musste ein Name nach Berlin gemeldet
                                                                               nerstag fiel die Mauer,            werden.“
                                                                             am Freitag holte ich mir

                                                                           Karl-Friedrich Abe mit der „Verordnung über die Festsetzung von Naturschutzgebieten und
                                                                           einem Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung mit der Gesamtbezeichnung Biosphä-
                                                                           renreservat Rhön“. / Foto: Anna-Lena Bieneck
D A S WA R U N S E R W E G – R Ü C K B L I C K M I T K A R L- F R I E D R I C H A B E | 13

„Alles war noch im Aufbau,
es herrschte große Euphorie“

So war Abes Karriere als Berufsschulleh-
rer beendet, drei Monate später saß er
in dem Flachbau in Kaltensundheim. Mit
der Verabschiedung des Nationalpark-
programms wurde auch die „Verordnung
über die Festsetzung von Naturschutz-
gebieten und einem Landschaftsschutz-
gebiet von zentraler Bedeutung mit der
Gesamtbezeichnung Biosphärenreser-
vat Rhön“ angenommen, die mit dem
Einigungsvertrag in bundesdeutsches
Recht überführt wurde. „Somit hatten                     Schon lange vor der Wiedervereinigung haben sich in den drei Bundesländern ehrenamtliche Naturschützer für
wir eine Handlungsbasis“, sagt Abe. Eine                 den Erhalt der Kulturlandschaft eingesetzt. Nach der Wende vernetzten sie sich schnell.
der ersten Aufgaben des Aufbaustabs:                     Foto: Scan Magazin "Quick", 1. Februar 1990

Die Anerkennung durch die UNESCO
musste auf den Weg gebracht werden. Im                   anträgen nach Bonn und von da als „Ge-                 folgte im Jahr 1991. „Das alles ging da-
November 1990 stand der Entwurf für die                  samtantrag Rhön“ nach Paris geschickt                  mals sehr schnell“, bilanziert Karl-Fried-
thüringische Antragstellung, die später                  wurde. Die Übergabe der Anerkennungs-                  rich Abe. „Alles war noch im Aufbau, es
mit den bayerischen und hessischen Teil-                 urkunde an die drei Umweltminister                     herrschte große Euphorie. Die friedliche
                                                                                                                Revolution war ein Glücksfall für den
                                                                                                                Naturschutz in Deutschland und in der
                                                                                                                Rhön.“

                                                                                                                Heute ist Abe stolz auf die länderüber-
                                                                                                                greifende Zusammenarbeit zwischen
                                                                                                                Bayern, Hessen und Thüringen, die be-
                                                                                                                sonders in den vergangenen Jahren noch
                                                                                                                weiter gefestigt worden sei. Die größten
                                                                                                                Aufgaben für die Zukunft? „Im breiten
                                                                                                                Miteinander an einer nachhaltigen Ent-
                                                                                                                wicklung arbeiten und den internationa-
                                                                                                                len Status erhalten“, sagt Karl-Friedrich
                                                                                                                Abe. Die drei tragenden Säulen dabei:
                                                                                                                „Klima, Biodiversität – und die Menschen
                                                                                                                im Biosphärenreservat.“

                                                                                                                Ulrike Schade, seit Dezember 2019 Lei-
                                                                                                                terin der aktuell federführenden Thü-
                                                                                                                ringer Verwaltung, steht damit vor ganz
                                                                                                                anderen Herausforderungen als noch vor
                                                                                                                30 Jahren. „Neben dem Schutz der Natur
                                                                                                                mit ihren Tieren und Pflanzen stehen
                                                                                                                heute vor allem Themen wie Regional-
                                                                                                                entwicklung und Bildung für nachhalti-
                                                                                                                ge Entwicklung im Vordergrund – und
                                                                                                                neben dem Klimaschutz die Frage, wie
                                                                                                                nachhaltiges Wirtschaften und Zusam-
Karl-Friedrich Abe 1991 in seinem Büro in Kaltensundheim. / Foto: Archiv Abe                                    menleben künftig funktionieren kann.“
14 | M E I L E N S T E I N E 19 91–19 95

                                                        25. September 1991
                                                        Gründung Verein Natur- und Lebensraum Rhön e. V. (VNLR)
                                                        Im Anschluss an den Besuch von Bundesumweltminister Töpfer wird in Kaltensund-
                                                        heim der Verein Natur- und Lebensraum Rhön gegründet, dessen Aufgabe es war und
                                                        ist, die Beteiligung der Bürgerschaft der Rhön am Biosphärenreservat zu gewährleisten.
                                                        Ursprünglich als länderübergreifender Verein geplant, ist er ab Mitte der 1990er Jahre
                                                        als Verein für die hessische Kulisse tätig und organisiert für diesen Bereich auch die Ver-
                                                        gabe von EU-LEADER-Mitteln (Fördermittel für Regionalentwicklung).

                                Foto: Harald Meiß                                   11. Juli 1991
                                                                                    Gründung des Landschaftspflegeverbands BR Thüringische
  25. September 1991
                                                                                    Rhön e. V. als Projektträger für die Landschaftspflege
  Die Rhön im Weltnetz
  Bereits am 6. März war die Anerkennung bestätigt
  worden, mit einer großen Feierstunde in Kalten-
                                                                                       15. Juli 1991
  sundheim wird es nun offiziell: Der Vorsitzende des
                                                                                       Einzug der bayerischen Verwaltung in das Büro in der
  Deutschen MAB-Nationalkomitees, Winfried Goerke
                                                                                       Rhönbergstraße 16 in Weisbach
  (rechts), überreicht die UNESCO-Anerkennungsur-
  kunde im Beisein von Bundesumweltminister Klaus
  Töpfer an Thüringens Umweltminister Hartmut
  Sieckmann. Damit ist die Rhön in das weltweite Netz
  der UNESCO-Biosphärenreservate aufgenommen.
                                                                                        12. Juni 1992
                                                                                        Einrichtung der Hessischen Verwaltungsstelle per Erlass

             2016
          1991                                                           1992                                                          1993
  1. August 1992                                                                       August 1993
  Die Aufbauleitung des                                                                Einzug der bayerischen Verwaltung in die Büroräume
  Biosphärenreservats                                                                  in der Hauptstraße 43 in Oberelsbach
  in Thüringen zieht ins
  Kulturhaus Kaltensund-
                                                                                              9. September 1993
  heim um
                                                                                              Erste Regionalschau „Region in Aktion“ in Tann
Foto: Gemaltes Türschild von Jürgen Prüfer

                                                          April 1993
                                                          Rhönbahn bleibt erhalten
    15. Dezember 1992                                     Nach fast 100 Jahren sollte die Rhönbahn mit Verbindung von Fulda und Gersfeld
    Billigung des Entwurfs zum                            im Jahr 1989 stillgelegt werden. Mit dem Rhönbahnvertrag zwischen dem Land-
    Vertrag über die Einrichtung,                         kreis Fulda und der Deutschen Bundesbahn wird 1993 die Stilllegung gestoppt. Bis
    Entwicklung und Verwaltung                            2006 folgt die Modernisierung, an der sich der Landkreis, das Land Hessen, die EU
    des Biosphärenreservats Rhön                          und die Anliegergemeinden Gersfeld, Ebersburg, Eichenzell und Fulda finanziell
    durch das bayerische Kabinett                         beteiligen. Dank LEADER-Mitteln kann seitens der Biosphärenreservatsverwaltung
                                                          eine Million Euro beigesteuert werden. Seit den Umbauarbeiten wird die Strecke
                                                          im signalisierten Zugleitbetrieb befahren, ist ein Aushängeschild der Region – und
                                                          eines der frühen großen Erfolge im Biosphärenreservat.

                        Meine Erinnerungen
                      „Ich habe die Anfangszeit ab 1991 als Geschäftsführer des Vereins Natur- und Lebensraum Rhön begleitet. Dauerhaft in Erinnerung geblieben ist
                      die Aufbruchsstimmung jener Zeit und die Schwierigkeit, den Menschen den Begriff der „Biosphäre“ in Verbindung mit „Reservat“ anschaulich zu
                     vermitteln. Gelungen ist es mit einigen Pionieren aus der Region, die sofort diese Zukunftschancen erkannt und sich dann mit kreativen Ideen sowie
                  innovativen Ansätzen eingebracht haben. Interessant ist, dass diese damals noch vielfach belächelten „Querdenker“ aber dann den Vorzug genießen
      konnten, zu den Trendsettern der jeweiligen Szene zu zählen. Nichts macht den Ansatz nachhaltiger Entwicklung oder Modellregionen besser transparent als diese
      Menschen, die über den Tellerrand schauen konnten, Mut zum Risiko aufbrachten und damit zu den Gewinnern dieses Biosphärenreservats-Prozesses zählen. Will
      man den Begriff des „Querdenkens“ auf seinen wahren Kern reduzieren, dann war dies deren Stunde. Wer sich aber heute oftmals selbst so bezeichnet, hat nie den
      inhaltlichen Sinn dieses Wortes begriffen oder gar gelebt.“
      Dieter Popp, Geschäftsführer VNLR (1991–1996)
M E I L E N S T E I N E 19 91–19 95 | 15

    1. Januar 1995
    Erstes Veranstaltungs- und Bildungsprogramm                                                12. April 1995
    Die länderübergreifende Umweltbildungsarbeitsgruppe, bestehend aus                         402 Seiten – erstes Rahmenkonzept
    Klaus Spitzl, Jürgen Holzhausen und Martin Kremer, legt das erste Ver-                     In Zella/Rhön wird im Beisein von Dr.
    anstaltungsprogramm vor, in das bereits viele ehrenamtliche Anbieterin-                    Andreas Gadow, Vorsitzender des MAB-
    nen und Anbieter aus der Region eingebunden sind.                                          Nationalkomitees, der Schlussbericht
                                                                                               des „Rahmenkonzepts zu Schutz, Pfle-
                                                                                               ge und Entwicklung des Biosphärenre-
     Februar 1995                                                                              servats Rhön“ feierlich übergeben. Mit
     Gründung der Rhöner Apfelinitiative                                                       dem Planungsbüro Grebe aus Nürn-
                                                                                               berg war in den Jahren 1992 bis 1994
     Eine Handvoll Idealisten gründet einen Verein zur Förderung und                           dieses erste Rahmenkonzept erarbei-
     Weiterentwicklung der Rhöner Streuobstbestände. Es geht um den                            tet worden – mit drei Vorentwürfen,
     Erhalt der heimischen Sortenvielfalt, um Bioqualität, eine regionale Ver-                 zahllosen Diskussionsrunden mit den
     edelung und Vermarktung. Im Laufe der Zeit entstehen stationäre und                       lokalen Stakeholdern sowie unzähligen
     mobile Apfelsaftkeltereien, sortenreine Apfelweine, das Rhöner Apfel-                     Stellungnahmen. Der damalige Thürin-
     bier und viele weitere Produkte. Mit 2.000 Mitgliedern zählt die Rhöner                   ger Staatssekretär Stephan Illert spricht
     Apfelinitiative heute als Deutschlands größte Bio-Streuobstinitiative.                    vom „bundesweiten ersten Modell für
                                                                                               eine breite und damit demokratische
                                                                                               Erarbeitung und Verbreitung eines
                                                                                               solchen Rahmenkonzepts“.
April 1994
Gründung des Vereins Aus der Rhön – für die Rhön

              1994                                                                            1995
22. Juli 1994
Ranger nehmen in Hessen ihre Arbeit auf
Den ersten Rhön-Ranger gibt es in Bayern bereits,
nun werden in der hessischen Rhön vier haupt-
amtliche Naturschutzwarte vorgestellt – sie alle
sind auch heute noch im Dienst, insgesamt sieben
Ranger sind 2021 bei der Hessischen Biosphären-
reservatverwaltung angestellt. In Bayern werden
                                                                  Foto: Fuldaer Zeitung, Ausgabe 23.07.1994
im Jubiläumsjahr die Ranger-Stellen aufgestockt:
Ab September 2021 sind in den Landkreisen Bad
Kissingen und Rhön-Grabfeld insgesamt elf Ran-                                                                          NOTIZ AM RANDE
gerinnen und Ranger im Einsatz – sieben für die
Verwaltung, vier für den Verein Naturpark & Bio-                                                                         Biosphärenreservat
sphärenreservat Bayerische Rhön.                                                                                         Der Begriff „Biosphärenreser-
                                                                                                                        vat“ prägte sich in der Anfangs-
                                                                                                                       zeit nicht überall schnell ein.
                                                                                                                      Ein Versuch, für das vorliegende
                                                                                                                      Magazin die unterschiedlichen
                                                                                                                     alternativen Wortkonstrukte zu
   5. Mai 1995                                                                                                      zählen, die in der Presse und vor
   Hoffnungsträger Molkerei Rhöngold                                                                               allem auf Postsendungen an die
                                                                                                                   Verwaltungsstellen zu lesen waren,
   Die ursprünglich aus der Kaligemeinde Neuhof stammende Molkerei war                                            blieb erfolglos – es waren schier zu
   nach der Wiedervereinigung in das thüringische Kaltensundheim umgezo-                                         viele. Daher nur unsere Favoriten –
   gen. Die Ansiedlung (Grundsteinlegung im September 1993, Einweihung im                                       gesammelt von Karl-Friedrich Abe:
                                                                                                               • Biosphärenreservat „Fluss-
   Mai 1995) ist ein Glücksfall: Sie bietet Arbeitsplätze, und die kontinuierliche                              landschaft Rhön“
   Bio-Milchbelieferung ist durch den gegenüberliegenden Landwirtschafts-                                    • Bio-Reservat
   betrieb bestens gewährleistet. Rhöngold wird zum Pionier für Bioprodukte                                 • Bioreserverad
                                                                                                           • Bio’s Phärenreservat
   bei Milch, Joghurt und Frischkäse. Leider muss die Bioproduktion neun                                  • Bärenreservat Rhön
   Jahre später eingestellt werden, 2015 folgt die Insolvenz.                                             • Biosphären Residenz Rhön
16 | M E I L E N S T E I N E 19 9 6 –20 0 0

                             Juni 1996
                             Erstmals „Mitteilungen aus dem Biosphärenreservat“
                             Die Thüringer Verwaltung veröffentlicht das erste Heft aus der Reihe „Mitteilungen aus dem Biosphä-
                             renreservat Rhön“ – ein kostenloses Informations- und Lehrmaterial zur Heimatkunde. Zahlreiche
                             haupt- und ehrenamtliche Forscherinnen und Forscher haben bis zum Jahr 2019 an insgesamt 24 Mittei-
                             lungsbänden und 10 Monografien mitgewirkt. Im Jubiläumsjahr wird die Reihe fortgesetzt: Die länder-
                             übergreifenden Arbeitsgruppen Arten- und Naturschutz sowie Forschung und Monitoring
                             der Biosphärenreservatverwaltungen und ihre Partnerinnen und Partner erarbeiten
                             ein Heft unter dem Oberthema Insekten in Kernzonen.

       1. Mai 1997
       Gründung Verein Naturpark &                                                           30. Mai 1997
       Biosphärenreservat Bayerische Rhön (NBR) e. V.                                        Eröffnung Haus der Schwarzen Berge
       Aus dem im Jahr 1967 gegründeten Zweckverband Bayerische                              Das Biosphärenzentrum Rhön „Haus der Schwar-
       Rhön geht nach einer Ausweitung des Aufgabenspektrums der Ver-                        zen Berge“ in Wildflecken-Oberbach greift die
       ein Naturpark & Biosphärenreservat Bayerische Rhön (NBR e. V.) her-                   Themen eines Biosphärenreservates auf und infor-
       vor. Die Vereinsmitglieder sind die beiden Landkreise Bad Kissingen                   miert auf Grundlage einer interaktiven Ausstellung
       und Rhön-Grabfeld, die Kreisstadt Bad Kissingen sowie 40 Städte                       anschaulich über das UNESCO-Biosphärenreservat
       und Gemeinden und vier Mitglieder aus anerkannten Naturschutz-                        Rhön und das Naturschutzgebiet Schwarze Berge.
       verbänden. Ab dem Jahr 2001 übernimmt der Verein neben den                            Unter einem Dach sind heute Touristinformation,
       klassischen Naturpark-Aufgaben im bayerischen Teil des UNESCO-                        Umweltbildung, Caféteria, Regionalwarenladen
       Biosphärenreservats Rhön zudem den Auftrag der Umweltbildung,                         und ein Ausrichtungsort für Medienevents und
       Bildung für Nachhaltige Entwicklung und Information.                                  Sonderausstellungen vereint.

   19962016                                              1997                                        1998
                                                        14. August 1998                                         29. Oktober 1999
                                                        Angela Merkel und Rhöner Joghurt                        Neuer Sitz für die
                                                        Die damalige Bundesumweltministerin Angela              Bayerische Verwaltung
                                                        Merkel ist zu Gast im Biosphärenreservat. Sie           Auf einer Feier zur Einwei-
                                                        besucht das Rhöngymnasium in Kaltensund-                hung übergibt der damalige
                                                        heim – heute Biosphären-Schule –, die Land-             Bayerische Staatsminister
                                                        schaftspflege-Agrarhöfe und die Bio-Molkerei            Dr. Werner Schnappauf den
                                                        Rhöngold, die die Milch der Agrarhöfe ver-              Schlüssel für das neue Ma-
                                                        arbeitete. Die Ministerin zeigt sich begeistert         nagementzentrum Oberels-
      Foto: B. Fritz, Freies Wort, Ausgabe 15.08.1998
                                                        vom Geschmack des Rhöner Joghurts.                      bach an Michael Geier.

     November 1998
     Zweite Runde LIFE
     Die EU-Kommission bereist die drei
     Länder zur Kontrolle der Umsetzung
     der zweiten Phase des LIFE-Projekts,
     das unter Federführung Bayerns                          Dezember 1998
     von 1998 bis 2001 durchgeführt                          Verwaltung Hessen zieht auf den höchsten Berg
     wird und einen finanziellen Umfang                      Die Hessische Verwaltungsstelle zieht von Wüsten-
     von 4,1 Mio. DM hat. Es geht um die                     sachsen in die ehemalige Kaserne „Groenhoff-Haus“
     Sicherung der Borstgras- und Kalk-                      auf die Wasserkuppe um. Nach Abzug der Bundeswehr
     magerrasen, Hochmoore und Block-                        verhindert die Umsiedlung sicher auch Vandalismus
     schuttwälder. Die erste Phase mit                       auf Hessens höchstem Berg. Gleichzeitig eröffnet der
     Beginn im Jahr 1994 konnte mit einem                    neue Standort aufgrund hoher Besucherfrequenz neue
     Gesamtvolumen von 2,85 Millionen                        Möglichkeiten für die Bildungs- und Öffentlichkeits-
     DM erfolgreich realisiert werden.                       arbeit. Neben der Verwaltung befinden sich im Erdge-
                                                             schoss eine Ausstellung und ein Regionalladen.            Foto: Arnulf Müller
M E I L E N S T E I N E 19 9 6 –2 0 0 0 | 17

                                                8. Januar 2000
                                                Wichtige Begegnung jährt sich zum 10. Mal
                                                Zehn Jahre ist es her, dass sich ehrenamtliche Naturschützer aus Hessen und Thüringen
                                                im Gasthaus Sächsischer Hof in Dermbach getroffen haben. Hier wurden 1990 die ers-
                                                ten Striche zur Abgrenzung für das Biosphärenreservat in topografische Karten gezeich-
                                                net. Bei einer kleinen Feier blicken die damals Beteiligten zurück.
                     Foto: Karl-Friedrich Abe

13. Januar 2000
Gründung der ARGE Rhön
Die fünf Landräte aus Bad Kissingen, Fulda, Rhön-Grabfeld, Schmalkalden-Mei-                                         6. Juli 2000
ningen und dem Wartburgkreis sowie die Vorsitzenden der drei Vereine Natur-                                          Platz 1 für die länderüber-
und Lebensraum Rhön, Naturpark & Biosphärenreservat Bayerische Rhön und                                              greifende Zusammenarbeit
Tourismusgemeinschaft Thüringer Rhön gründen in Frankenheim die Regionale                                            Auf der Weltkonferenz „Urban
Arbeitsgemeinschaft Rhön. Ziel ist die Intensivierung der länderübergreifenden                                       21“ in Berlin wird die Rhön für
Zusammenarbeit zur nachhaltigen Entwicklung und zur Gestaltung der Rhön                                              einen der acht ersten Plätze
als gemeinsamen Wirtschafts-, Kultur- und Lebensraum. Mit dem Koordinie-                                             des bundesweiten Wettbe-
rungsausschuss schafft sich die ARGE ein Arbeitsinstrument. Zur Umsetzung                                            werbs „Regionen der Zukunft“
der konkreten Ziele werden die Facharbeitskreise Kommunale Strukturen und                                            ausgezeichnet.
Öffentlichkeitsarbeit, Dachmarke Rhön, Umsetzung von Energiekonzepten,
Arbeitsplätze und Innovation, Chance für die Jugend, Tourismuskonzept, land-
schaftsgerechtes Bauen und Wohnen sowie Lokale Agenda 21 gegründet.

1999                                                                                             2000
1. März 2000                                                                                                        Juli 2000
Das Biosphärenreservat im WWW                                                                                       Durch das
Einen Internetanschluss hat die Büro-                                                                               Biosphärenreservat lotsen
gemeinschaft Hessische Verwaltung                                                                                   Um die vielen Anfragen nach Führun-
und Verein Natur- und Lebensraum                                                                                    gen auf mehrere Schultern verteilen
Rhön bereits seit 1996, wenig später                                                                                zu können, werden in Thüringen die
wird mithilfe eines Praktikanten die                                                                                ersten Landschaftsführerinnen und
erste Webseite gebaut. Im Jahr 2000                                                                                 Landschaftsführer ausgebildet.
folgt schließlich der erste Relaunch
(siehe Foto).

                Meine Erinnerungen
                  „Diese Jahre haben mein Verständnis für die Erfolgsfaktoren von großen und ambitionierten Naturschutz-
                 projekten maßgeblich geprägt. Der ganz besondere Erfolg, der den Verwaltungsstellen gelungen ist: Aus der
                Umsetzung eines Schutzprojekts haben sie zugleich ein Projekt für die ganzheitliche Entwicklung einer Region
              gemacht und sich mit dem Ansatz der regionalen Wertschöpfung auch hohe Akzeptanz für ihre Schutzaufgabe
 erarbeitet. (…) Letztlich war die Zusammenarbeit der drei Verwaltungsstellen auch ein maßgeblicher Anstoß für die Grün-
 dung der länderübergreifenden ARGE Rhön, deren ehrenamtlicher Gründungsgeschäftsführer ich sein durfte. (…)
 Für mich war diese Zeit beruflich und menschlich prägend. Das lag natürlich an den besonderen beruflichen Herausforde-            NOTIZ AM RANDE
 rungen, die weit über die üblichen Aufgaben eines juristischen Staatsbeamten hinausgingen. Das lag aber auch an den
 vielen besonderen Begegnungen mit Menschen, zu denen für mich die engagierten Vertreter der Verwaltungsstellen in               Zum Wohl!
 besonderer Weise gehören. Ihnen gebührt dabei eine besondere Anerkennung. Denn sie verbinden den leidenschaft-                 Im Dezember 1996 zeigt eine Bier-
 lichen Einsatz für den Schutz der Natur und des „Landes der offenen Fernen“ mit dem festen Willen und erkennbarer              deckelserie der Rhönbrauerei in Kal-
 Bereitschaft, eine ganze Region auf diesem Weg mitzunehmen. Dass das gelungen ist, zeigt – bereits damals – der               tennordheim gefährdete Vogelarten
                                                                                                                              aus dem Biosphärenreservat. Die acht
 Wunsch vieler Kommunen, ihre Gemeinden auch in die Gebietskulisse des Biosphärenreservates aufzunehmen.
                                                                                                                             Motive werden später als schönste Bier-
 Ein schöneres Kompliment kann man eigentlich nicht machen.“                                                                 deckelserie Deutschlands ausgezeichnet.
 Volkmar Halbleib, Leiter Abteilung Umwelt im Landratsamt Bad Kissingen (1995–2002)
18 | M E I L E N S T E I N E 20 01–20 05

    Januar 2001                                                                            20. Januar 2003
    Erste Teilnahme an der                                                                 Startschuss für Naturschutzgroßprojekt
    Internationalen Grünen Woche in Berlin                                                 Nach zehn Jahren zähen Ringens kann der Thüringer
                                                                                           Umweltminister Dr. Volker Sklenar in Kaltensundheim
                                                                                           den Förderbescheid für die erste Phase des neuen Na-
                                                                                           turschutzgroßprojekts „Thüringer Rhönhutungen“ an
                                                                                           Wolfgang Dietz, Vorsitzender des Landschaftspflege-
                                                                                           verbands (LPV) BR Thüringische Rhön e. V., übergeben.
                                                                                           Bis Juni 2016 werden 4,5 Millionen Euro zum Erhalt der
                                                                                           artenreichen historischen Thüringer Kalkmagerrasen
    14. Mai 2001                                                                           auf einer Fläche von 13.400 Hektar investiert. Umge-
    Eröffnung Haus der Langen Rhön                                                         setzt werden die Maßnahmen auf 13.400 ha vom LPV.
    Das Biosphärenzentrum Haus der Langen Rhön in
    Oberelsbach informiert mit einer interaktiven Aus-
    stellung über das Biosphärenreservat, erläutert die                                    9. Juli 2003
    Entwicklung der Landschaft und stellt verschiedene                                     Erste UNESCO-Prüfung
    Projekte zur nachhaltigen Entwicklung vor. Bei der Ein-                                Das Deutsche MAB-Nationalkomitee überprüft alle 10
    weihungsfeier mit Umweltminister Dr. Werner Schnap-                                    Jahre den Fortschritt der Entwicklung im Biosphären-
    pauf werden zudem 10 Jahre UNESCO-Biosphärenre-                                        reservat – erstmals ist eine 40-köpfige Prüfkommission
    servat Rhön gefeiert. Jubiläumsveranstaltungen gibt es                                 am 9. und 10. Juli in der Rhön unterwegs. Neben einer
    im Laufe des Jahres auch auf der Wasserkuppe – unter                                   umfangreichen Berichterstattung durch die Verwal-
    anderem mit dem beliebten Kinderlieder-Sänger Rolf                                     tungen stehen Betriebsbesichtigungen und Gespräche
    Zuckowski – und in Kaltensundheim.                                                     mit regionalen Akteuren im Fokus.

            2016
         2001                                                              2002                                                                 2003
                                                                              e
                                                                        Se it
                  Februar 2002
                  Erste Akzeptanzstudie durch                            42                           1. Dezember 2002
                                                                                                       Länderübergreifende
                  Meinungsforschungsinstitut Allensbach                                                Zusammenarbeit geregelt
                                                                                                       Drei Länder – ein Biosphärenreservat. Nach
                                                                                                       jahrelangen Verhandlungen über eine recht-
    12. + 13. Oktober 2002                                                                             liche Regelung der länderübergreifenden
    Erster Rhöner Wurstmarkt in Ostheim                                                                Zusammenarbeit unterzeichnen die drei Um-
    Auf Initiative der Bayerischen Verwaltung findet in Ostheim vor der                                weltminister Dr. Werner Schnappauf (­ Bayern),
    Rhön der erste Markt mit regionalen Wurst- und Schinkenspeziali-                                   Wilhelm Dietzel (Hessen) und Dr. Volker
    täten und allerlei Begleitprodukten statt – mit vollem Erfolg. Rund                                Sklenar im November ein Verwaltungsab-
    13.000 Besucherinnen und Besucher kommen zur Premiere, die                                         kommen über die gemeinsame Erhaltung
    „Mainpost“ titelt später: „Der Wurstgipfel als Schlemmerparadies“.                                 und Entwicklung des Biosphärenreservats
    Schnell etabliert sich der fortan zweijährig veranstaltete Markt als                               gemäß dem MAB-Programm der UNESCO.
    weit über die Rhön hinaus bekannte Feinschmeckermesse. Der Wurst-                                  Das Abkommen tritt zum 1. Dezember in
    markt ist Vorlage für eine Reihe weiterer Regionalmärkte wie den                                   Kraft, die Thüringer Verwaltung hat als erste
    Brot- und Biermarkt in Poppenhausen, den Milch- und Honigmarkt in                                  die dreijährige Federführung inne.
    Gersfeld und den Schinken- und Destillationsmarkt in Rasdorf.

                   Meine Erinnerungen
                   Die Jahre 2001 bis 2005 verbinde ich mit dem Beginn der systematischen Quellenkartierung im Biosphärenreservat. Nachdem vorher eigentlich kaum
                  etwas zu den winzigen Bewohnern in Quellen bekannt war, sind damit Kleinstlebewesen wie die Rhönquellschnecke und der Alpenstrudelwurm in das
                 Licht der Öffentlichkeit gerückt. Dass daraus einmal eines der größten international anerkannten Untersuchungsprojekte wird, hat damals natürlich
                keiner geahnt. Beim Thema Fledermausschutz verbinde ich diese Jahre immer mit der Öffnung des Milseburgtunnels, der Mitte 2003 für Fahrradfahrer
       geöffnet wurde. Das Jahr 2001 war dabei im Vorfeld der Bauplanung der Start für das Monitoring der Fledermaus-Winterquartiere in der hessischen Rhön. Ich
       erinnere mich an unzählige Besprechungen zur Bauausführung bezüglich des Fledermausschutzes, an lange Nächte und Netzfänge an den Tunnelportalen zur
       Erfassung der Fledermausarten und tolle Winterkontrollen. Bei diesem Projekt sieht man sehr schön, wie man Tourismus und Naturschutz vereinen kann. Die
       steigenden Zahlen der seltenen Mopsfledermaus im Tunnel sprechen da für sich.
       Stefan Zaenker, Landesverband für Höhlen- und Karstforschung Hessen
M E I L E N S T E I N E 20 01–20 05 | 19

24. Oktober 2003                      2004                                                                                 Se it
                                                                                                                                 e
Beirat für das
Biosphärenreservat
                                      Ritter der Rhöner Bäche kehrt zurück
                                      Bereits seit 2002 wird der heimische Deut-
                                                                                         2004
                                                                                         Junior Rangerinnen                 36

Er soll den Biosphärenreser-          sche Edelkrebs in den Gewässern der Rhön           und Ranger in der Rhön
vatverwaltungen und den               wieder angesiedelt. Nach umfangreichen             unterwegs
zuständigen Ministerien               Voruntersuchungen, Vorträgen und Ab-
beratend zur Seite stehen:            stimmungsgesprächen sowie einer ersten
Im Eisenacher Haus gründet            Konzeption beginnt 2004 der Besatz von
sich der Beirat für das Bio-          Edelkrebsen in zehn Bachläufen der hessi-          Juni 2004
sphärenreservat Rhön – mit            schen Rhön. Das Projekt wird von Anfang            Gute Noten aus Paris
Mitgliedern aus Vereinen,             an mit vielen Ehrenamtlichen durchgeführt          Die UNESCO schickt das Ergebnis
Verbänden aus Bayern, Hes-            und gilt als eines der vielen erfolgreichen        der ersten Evaluierung. Das Bio-
sen und Thüringen. Erster             Citizen Science-Projekte im Biosphärenre-          sphärenreservat hat die Prüfung
Vorsitzender ist Staats-              servat. Bis heute erfolgt ein Monitoring der       bestanden – mit Bravour: der
sekretär Stefan Baldus aus            Bäche und sukzessive auch weitere länder-          Rhön wird ein „beispielhaftes
dem Thüringer Umwelt-                 übergreifende Besatzmaßnahmen.                     Vorgehen bei der Umsetzung der
ministerium. Die Beirats-                                                                Sevilla-Strategie und der interna-
mitglieder werden alle drei                                                              tionalen Leitlinien“ attestiert.
Jahre durch die Ministerien
neu berufen. Die nächsten
Ernennungen stehen im
Herbst 2021 an.                                                                                    3. September 2004
                                                                                                   Eröffnung NABU-Haus
                                                                Foto: Alexander Mengel             am Roten Moor

                               2004                                                           2005
Februar 2005
Qualität hat jetzt ein Siegel
Nach jahrelanger Vorarbeit werden ab Frühjahr 2005 regionale
Produkte der Dachmarke Rhön mit dem „Qualitätssiegel Rhön“ aus-
gezeichnet. Regionale Unternehmen aus den Landkreisen Wartburgkreis, Schmal-
kalden-Meiningen, Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen und Fulda können nun mit
einem einheitlichen Logo werben. Kriterien gibt es für insgesamt 9 Branchen. Mit
der „Qualität des Biosphärenreservats“ und der Rhöner Herkunft werden die Ziele
des UNESCO Biosphärenreservats Rhön verfolgt und Verbraucherinnen und Ver-
brauchern ermöglicht, regionale Produkte mit hoher Qualität schnell zu erkennen.

                                                                                                          NOTIZ AM RANDE

31. Mai 2005                                                                                             meins!
                                                                                                         Die Biosphärenreservate in
Erstes Autobahnschild                                                                                   Deutschland noch bekannter
An der A 71, kurz vor der Talbrücke                                                                    machen: Das ist das Ziel einer
                                                                                                       bundesweiten Plakataktion von
Rotes Tal in Richtung der Ausfahrt                                                                    EUROPARC Deutschland e. V.
Meiningen-Nord, wird das erste touris-                                                               Die Aktion ist eine Reaktion einer
tische Hinweisschild angebracht, das                                                                deutschlandweiten Analyse der Be-
                                                                                                   kanntheit der Biosphärenreservate in
auf das Biosphärenreservat hinweist.                                                              der Bevölkerung. Auch wenn die Rhön
Schmalkalden-Meiningens Landrat Ralf                                                              hier den anderen Gebieten deutlich
Luther (links) und Karl-Friedrich Abe,                                                           voraus ist – das hatte die Allensbach-
                                                                                                Studie gezeigt –,­beteiligt sich die Rhön
Leiter der Thüringer Biosphärenreser-                                                           auf Initiative der Thüringer Verwaltung.
vatverwaltung, ziehen die Schrauben                                                            Los geht es am 6. Dezember 2003: Das
fest. Später folgen Schilder an der A 7                                                       Mädchen mit den verschränkten Armen,
                                                                                              das die typische Rhönlandschaft – das
in Hessen und der A 71 in Bayern.                                                            Ulstertal – als ihr Eigen bezeichnet, ist an
                                                                                             mehr als 200 Standorten zu sehen.
20 | M E I L E N S T E I N E 20 0 6 –2010

        24. September 2006
        Eröffnung des Premiumwanderweges DER HOCHRHÖNER ®
        Einmal mitten durch die Rhön: Der Start des Fernwanderwegs ist
        in Bad Kissingen, das Ziel ist Bad Salzungen – oder andersrum!
        Um die schönsten Landschaftsformationen der Rhön einzubin-
        den, wurden drei Varianten entwickelt: die westliche Route über
        die Basaltkegel der Kuppenrhön (136 km) und die östliche Route
        über das Plateau der langen Rhön (122 km). Wer es etwas kürzer
        mag, der kann die Hochrhönrunde mit 88 km erwandern. Der Pre-
        miumwanderweg, der heute von mehr als 31 Extratouren ergänzt
        wird, wird 2010 zu Deutschlands schönstem Wanderweg gewählt.
                                                                                                                     Foto: Carsten Kallenbach

    6. April 2006                                 6. Juni 2008                               Juni 2008
    Eröffnung der Infostelle                      Übergabe des Ersten Integrier-
                                                                                             Partnerschaft mit Südafrika
    am Schwarzen Moor                             ten Umweltberichtes für das
                                                  Biosphärenreservat                         Im Rahmen einer Nebenveranstaltung der
                                                                                             9. UN-Naturschutzkonferenz in Bonn unter-
                                                                                             zeichnen Vertreterinnen und Vertreter der
                                                                                             Biosphärenreservate Rhön und Kruger to
                                                                                             Canyons (Südafrika) eine Willenserklärung.
                                                 27. Oktober 2007                            Die beiden Biosphärenreservate wollen ihre
                                                 Aussichtsturm am Schwarzen                  bereits begonnene Kooperation fortsetzen
                                                 Moor wird eröffnet                          und vertiefen.
                         Foto: Marc Huter, ZdL

    20062016                                         2007                                      2008

       4. Februar 2009
       Jahr der Biosphärenreservate in Deutschland
       In Erfurt wird das Jahr der Biosphärenreservate in
       Deutschland eröffnet – mit einer Sonderfahrt in der
       Straßenbahn, die große Fotos aus der Rhön und dem
       Vessertal zieren. Unter anderem präsentieren sich die
       13 deutschen Biosphärenreservate 2009 mit einer ge-
       meinsamen Ausstellung auf der Bundesgartenschau
       in Schwerin.
                                                                                                       Foto: Mediendienst Rhön

                                                                              Juni 2009
                                                                              Poesie auf der Wasserkuppe
                                                                              Schon seit 1996 gehören die „Nächte der
                                                                              Poesie“ in Rhön und Vogelsberg zu den jähr-
                                                                              lichen Veranstaltungshighlights. Der Schau-
                                                                              spieler und Sänger Rudolf H. Herget begeis-
                                                                              tert auch in diesem Jahr wieder Hunderte
                                                                              Menschen – diesmal auf der Wasserkuppe.
                                                          Foto: Bernd Götte
M E I L E N S T E I N E 20 0 6 –2010 | 21

                                                                                                   Juli 2010
                                                                                                   Digitale Mitfahrzentrale für die Rhön
                                                                                                   Unter Hessischer Federführung wird mit einer
                                                                                                   regionalen Firma die „Digitale Mitfahrzentrale
                                                                                                   Rhön“ entwickelt – finanziert von den drei
                                                                                                   Verwaltungen. Die Idee dazu hatte ursprüng-
                                                                                                   lich Michael Müller, Mitarbeiter der Hessischen
                                                                                                   Verwaltung. Vor allem Pendlerinnen und
                                                                                                   Pendler in den ländlichen Regionen sollen so
                                                                                                   ergänzende Möglichkeiten zum öffentlichen
                                                               Foto: Carsten Kallenbach            Nahverkehr geboten werden.

      4. Februar 2010
      Biosphären-Schilder nun auch in Bayern „geduldet“
      In Thüringen gibt es sie schon lange, und auch in Hessen
      gehören sie seit einiger Zeit zum Erscheinungsbild aller
      Kommunen, die im Biosphärenreservat Rhön liegen:
      die braunen Schilder mit dem Schriftzug „Die Rhön –
      UNESCO-Biosphärenreservat“. Ab sofort sind die Schilder
      nun auch in Bayern geduldet: „Auf meine Weisung hin
      wird seitens des Freistaats Bayern bis auf weiteres nicht
      mehr gegen die Zusatzbeschilderung eingeschritten“,
      teilt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann mit.
                                                                                                                                      Foto: Carsten Kallenbach

  2009                                                                                                           2010
                                                                                                        11. Dezember 2009
4. September 2009                                                                                       Einweihung des Biosphären-Infozentrums
Thüringer Verwaltung zieht in historische Propstei                                                      in der Propstei Zella/Rhön
Der Umzug aus dem Kulturhaus Kaltensundheim ist geschafft,
die neuen Diensträume der Thüringer Verwaltung in der
Propstei Zella/Rhön werden eingeweiht. Mit der Belegung
durch die staatliche Behörde ist die Zukunft des historischen
Gebäudes gesichert. Seit 2001 wurden in die Sanierung ins-
gesamt 1,97 Millionen Euro investiert, mit einem Eigenanteil
der Gemeinde Zella/Rhön von 349 000 Euro.

                  Meine Erinnerungen                                                                                            NOTIZ AM RANDE
                   Im Sommer 1989 wurde ich Präsidentin des großen Rhönklubs und sagte in meiner Antrittsrede
                  „Mein größter Wunsch wäre es, auch für die Thüringer Rhön Präsidentin sein zu dürfen“. Ein hal-             Bionade und Ostheimer
                 bes Jahr später war ich es. Was sich dann in den drei Rhöngebieten alles tat, füllt aufgeschrieben           Leberkäs im Bordbistro
               Bücherregale. Die Rhön wurde Biosphärenreservat! Nicht alle Rhöner haben gejubelt! „Indianer-                   Kulinarischer Hochgenuss in den Zügen
  reservat“ – wir – und uns einsperren lassen? Nein! „Die Knüppel liegen dort hinter dem Ofen“ wurde mir auf                   der Deutschen Bahn: Im Rahmen eines
                                                                                                                              Projekts der Initiative „Slow Food“ haben
  einer Versammlung zugerufen. Im hessischen Teil gründete sich der Verein Natur- und Lebensraum Rhön –                      die Bordbistros zum 1. Oktober 2006 die
  und die Gastronomie erfand den „Rhöner Charme“. Das Rhönschaf wurde zum Kennzeichen im Land der of-                       inzwischen bundesweit bekannte Rhöner
  fenen Fernen und damit als Art erhalten. Jürgen Krenzer holte alte Rezepte aus der Truhe. Den Lupinen ging               Limo „Bionade“ und die regionale Speziali-
  es an den Kragen, das Birkhuhn wurde gepäppelt. Kernzonen wurden – oft unter Protest – ausgewiesen.                     tät „Ostheimer Leberkäs“ in ihr Sortiment
  Bei allen Beratungen wurde der Rhönklub hinzugezogen, stand die Rhöner einzigartige Natur doch auch                    aufgenommen. Ziel des Projekts „Arche des
                                                                                                                         Geschmacks“ ist es, lokale und regionale
  unter dem Schutz des Wandervereins. Der Rhönklub trug auch seinen Teil zum Gesamtkonzept bei. Durch
                                                                                                                        Lebensmittel, Nutztier- und Nutzpflanzenarten
  lange und gründliche Verhandlungen und Überlegungen entstand DER HOCHRHÖNER ®, der schließlich                       sowie Gerichte, die mangels Angebot auszuster-
  zum schönsten Wanderweg Deutschlands gekürt wurde.                                                                  ben drohen, vor dem Vergessen zu retten.
  Regina Rinke, Rhönklub-Präsidentin (1989–2011)
22 | M E I L E N S T E I N E 2 010 –2 015

     26. Juni 2012
     Ein Kosmos voller Leben in Oberelsbach
     Die Umweltbildungsstätte Oberelsbach wird feierlich
     eröffnet. Der pädagogische Schwerpunkt der Bildungs-
     einrichtung mit 72 Übernachtungsmöglichkeiten liegt
     auf dem Lebensraum Mensch und Natur im UNESCO-Bio-
     sphärenreservat. Bis heute zählt die Umweltbildungsstätte
     38.224 Gäste, 75.395 Übernachtungen und 60.278 Teilneh-
     merinnen und Teilnehmer an den rund 50 frei wählbaren
     Bildungsmodulen in den Themenbereichen Ernährung
     und Landwirtschaft, Wald und Holz, Siedlung und Soziales,
     Nachhaltiger Konsum sowie Mensch, Natur und Umwelt.                                                                                             Foto: Angela-Bungert

                                                    Juni 2013
                                                    Zweite Evaluierung durch die UNESCO
                                                    Im Sommer erfolgt die zweite Evaluierung durch den Internationalen Koordinierungsrat
                                                    (ICC) der UNESCO mit Empfehlungen zu den verschiedenen Aufgabenbereichen, die es in
                                                    den folgenden Jahren umzusetzen gilt. Die nächste Evaluierung erfolgt im Jahr 2024.

   2010 2016                                      2011                                          2012                                           2013
    16. Mai 2010
    Erster Brot- und Biermarkt
                                                                                                                             14. August 2013
                                                                                                                             Neue bayerische Kernzonen-
    in Poppenhausen
                                                           25.–28. August 2011                                               verordnung
                                                           20 Jahre                                                          3 Prozent der bayerischen Rhön
                                                           UNESCO-Biosphärenreservat Rhön                                    mit 3.889 Hektar werden fortan
         November +                                        In Gersfeld wird die 20-jährige An-                               als Naturschutzgebiet geschützt.
         Dezember 2010                                     erkennung durch die UNESCO gefeiert                               Es folgt der schonende Wald-
         Zweite große                                      – mit einem „Markt der Ideen“ und                                 umbau von standortfremdem
         Repräsentativ-                                    einem „Markt der Rhöner Genüsse“.                                 Fichtenbeständen zu Rhön-typi-
         befragung                       e                 In einer Regionalkonferenz mit 300                                schen Laub- bzw. Mischwäldern.
                                   Se it
                                    4 2                   Akteurinnen und Akteuren wird ein
                                                           Strategiepapier als Vorlage für das
                                                           neue Rahmenkonzept verabschiedet.

                          Meine Erinnerungen
                           „Mit dem Naturschutzgroßprojekt „Thüringer Rhönhutungen“ hat unser Landschaftspflegeverband vor allem für den Erhalt der mit
                           Schafen beweideten landschaftsprägenden Hutungsflächen viel getan. Diese Mager- und Trockenrasen der Thüringer Rhön sind hin-
                         sichtlich ihrer Größe und Vernetzung herausragend im bundesweiten Vergleich. Wir haben im Rahmen dieses Naturschutzvorhabens
                       zum Erhalt und zur Förderung der Artenvielfalt auch ein Stück weit die Rhöner Landschaft verändert.
            Solche Projekte sind erfolgreich, wenn sich alle Betroffenen mitgenommen fühlen. Das entspricht der grundsätzlichen Philosophie der Landschafts-
            pflegeverbände – sie bauen Brücken zwischen Mensch und Natur. Das schafft man nur im ständigen Dialog und Respekt füreinander. Projekte schie-
            ben Prozesse an, sie sind allerdings zeitlich begrenzt. Bindet man alle Partnerinnen und Partner ein, kann die Verantwortlichkeit über das Projektende
            hinaus erreicht werden. Dafür müssen Menschen, die dafür einstehen und in ihrer Arbeit Naturschutzaspekte berücksichtigen, dauerhaft honoriert
            werden. Denn die Verantwortung zum Erhalt der Biologischen Vielfalt tragen wir alle.“
            Petra Ludwig, Geschäftsführerin des Landschaftspflegeverbands „Thüringer Rhön“
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