Musik des 19. Jahrhunderts
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Musik des 19. Jahrhunderts A. Vom Wiener Kongress bis zur Märzrevolution Als 1814/15 die Fürsten und Könige Europas in Wien zusammentrafen, um die Zukunft nach den Siegen über Napoleon zu beraten, waren sie sich schnell in einer Hinsicht einig: diese „dummen Ideen“ der französischen Revolution, z.B. dass alle Menschen von Geburt an gleich sind, mussten wieder aus den Köpfen der BürgerInnen verschwinden und die Privilegien des Adels wieder hergestellt werden (Restauration). Treibender Kopf hinter diesem Standpunkt war der österreichische Staatskanzler Clemens Metternich, auf dessen Veranlassung später in den deutschen Fürstentümern und im österreichischen Kaiserreich ein Polizei- und Spitzelstaat mit Pressezensur, Versammlungsverbot und der erbarmungslosen Verfolgung liberaler oder nationaler Ideen. Dies führte dazu, dass sich die BürgerInnen vor allem im Privat- und Familienleben engagierten. Die dabei entstandene Kultur ist als Biedermeier bekannt und manifestierte sich im deutschsprachigen Gebiet, sowie in Skandinavien. In anderen Ländern war das Leben nicht so eingeschränkt, sodass sich dort bürgerliche und nationale Ideen leichter ausbreiten konnten. Carl Spitzweg: Der arme Dichter 4. Klasse
1. Kammermusik Als Kammermusik bezeichnet man Musik, die in Zimmern aufgeführt werden konnte. Die wichtigsten Besetzungen sind daher: - Streichtrio (Geige. Bratsche, Cello), Streichquartett (2 Geigen, Bratsche, Cello), Streichquintett - Klavier solo - Klavier und weiteres Instrument - Gesang und Klavier - Bläserquintett - Flötenquartett, Klarinettenquartett, Klavierquartett usw. (= Streichquartett, wo die 1. Geige durch ein anderes Instrument ersetzt wird) Der Grund für das Überwiegen der Kammermusik im Biedermeier liegt im Versammlungsverbot, das die Veranstaltung von öffentlichen Konzerten überaus schwierig machte. Wichtigster Komponist des Biedermeiers ist Franz Schubert, dessen Oeuvre eine Vielzahl von Kammermusikwerken umfasst. Franz Schubert (1797- 1828): Sohn eines Lehrers aus dem heutigen 9. Bezirk. Erste musikalische Ausbildung im Elternhaus (Vater und ältere Brüder), dann als Sängerknabe in der Hofkapelle. Mit 17 Jahren Hilfslehrer an der Schule seines Vaters. Nachdem ihn der Vater von Zuhause rausschmiss, lebte er vor allem bei Freunden, die er schon aus der Hofkapelle kannte. Sie gaben ihm Unterkunft, bezahlten Kompositionsaufträge und veranstalteten zu seinen Ehren Hauskonzerte und musikalische Landpartien, die sogenannten „Schubertiaden“. Vermutlich während einer kurzen Anstellung als Musiklehrer eines Grafen infizierte er sich mit Syphilis, an der er elendiglich zugrunde ging. Werke: über 600 Lieder 8 Symphonien sehr viel Klaviermusik sehr viel Kammermusik 6 Messen einige Chorwerke Opern und Singspiele (erfolglos) 2. Virtuosen Als Virtuosen bezeichnet man einen Menschen, der irgendetwas außergewöhnlich gut kann. In der Musik spricht man von Virtuosen, wenn jemand ein Instrument besonders gut und artistisch beherrscht. Im frühen 19. Jahrhundert wurden diese erstmals durch öffentliche Konzerte so bekannt und beliebt, dass man sie mit heutigen Superstars vergleichen kann. Aufgrund der politischen Verhältnisse konnten 4. Klasse
solche Konzerte in Österreich jedoch viel später als im übrigen Europa stattfinden (erst nach 1848). Um den Geiger Nicolò Paganini und den Pianisten Franz Liszt entwickelte sich ein richtiger Starkult. Weitere bekannte Virtuosen waren die PianistInnen Frédéric Chopin und Clara Schumann, später auch der Geiger Joseph Joachim u.a.m. Nicoló Paganini Franz Liszt Frédéric Chopin Clara Wieck (später: Schumann) 3. Nationale Bewegungen In der heutigen Zeit hat der Begriff „Nationalismus“ einen unangenehmen Beigeschmack, weil er die eigene Nationalität für besser hält als alle anderen oder auch die eigenen Minderheiten. Jedoch war er im 19. Jahrhundert eine überaus fortschrittliche Idee. Erstmals setzte sich die Idee durch, dass die Bürger eines Staats durch eine gemeinsame Sprache und Kultur zusammengehören und nicht dadurch, dass sie einem gemeinsamen Herrscher untertan sind. Folglich wurde der Ruf nach nationaler Eigenständigkeit laut. Die Polen wollten nicht länger dem Zarenreich angehören, Tschechen, Ungarn, Serben etc. nicht mehr der Habsburgermonarchie, Italiener nicht mehr Frankreich, dem Papst oder Österreich, Belgier nicht mehr den Niederlanden, Griechen nicht mehr dem Osmanischen Reich usw. Auch in Deutschland und Russland entstanden nationale Bewegungen, die sich der Monarchen entledigen und Demokratie einführen wollten. Sie wurden aber brutal niedergehalten. 4. Klasse
Francisco Goya: Die Erschießung der Aufständischen (Spanischer Aufstand gegen Napoleon) In der Musik drückte sich diese Haltung durch eine bewusste Beschäftigung mit nationalen musikalischen Traditionen (Volksmusik) aus, sodass nun auch die Kunstmusik einen nationalen Charakter erhielt. Russische Musik klang z.B. vor Michail Glinka wie französische oder italienische Musik, nach ihm allerdings “russisch“. Die Bezeichnung für diese national orientierten Komponisten ist „Nationale Schulen“, wobei es sich dabei nicht um Schulgebäude handelt, sondern eben um Künstler, die eine ähnliche, nationale Haltung vertraten. Ungarische Schule: Franz Liszt („Ungarische Rhapsodien“: Klavierwerke, die aber auch in Bearbeitungen für Orchester berühmt wurden) Tschechische Schule: Antonín Dvorák („Symphonie aus der Neuen Welt“, Oper „Rusalka“), Bedrich Smetana (symphonische Dichtung „Mein Vaterland“, Oper „Die verkaufte Braut“) Russische Schule: Michail Glinka, Pjotr Iljitsch Tschaikowsky (Symphonien, Oper „Eugen Onegin“, Ballette „Schwanensee“, „Nussknacker“), Modest Mussorgsky (Klavierkomposition „Bilder einer Ausstellung“, Oper „Boris Godunov“) Polnische Schule: Frédéric Chopin (Klavierliteratur) Der wichtigste italienische Komponist des 19. Jahrhundert war der Opernkomponist Giuseppe Verdi, der 1842 seinen Durchbruch mit „Nabucco“ hatte (Gefangenenchor!). Weitere berühmte Werke: „La Traviata“, „Rigoletto“, „Aida“, „Don Carlo“, „Otello“, “Falstaff“ und sein Requiem. 4. Klasse
Verdis deutsches Gegenstück war der Opernkomponist Richard Wagner, dessen Werke sich fast ausschließlich mit deutschen Helden- und Göttersagen beschäftigten. („Der Ring des Nibelungen“, bestehend aus „Rheingold“; „Die Walküre“, „Siegfried“ und „Götterdämmerung“, weiters „Lohengrin“, „Die Meistersinger von Nürnberg“; „Tristan und Isolde“, „Parsifal“ etc.) Verdi und Wagner „Der Ring des Nibelungen“: Uraufführung und 100 Jahre später B. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts Im März 1848 erhoben sich in ganz Deutschland und Österreich die BürgerInnen, um die Einführung einer verfassunggebenden Nationalversammlung und allgemeine Wahlen zu erzwingen. Zwar hatten sie kurzfristig Erfolg, wurden aber schließlich von den Armeen der eigenen Staaten niedergeschlagen. Trotzdem blieben einige Verbesserungen erhalten, unter anderem Aufhebung der Erbuntertänigkeit, Einführung von Geschworenengerichten, Aufhebung des Versammlungsverbots und Lockerung der Zensur. Nachdem Österreich 1866 im Krieg gegen Preußen unterlegen war, konnte Kaiser Franz Joseph nicht umhin, weitere Zugeständnisse an die BürgerInnen zuzulassen. Dies alles führte zu einer großen Änderung im Musikleben, das nun vom Bürgertum bestimmt wurde 4. Klasse
1. Bürgerliches Musikleben und Symphonische Musik Im 19. Jahrhundert organisierten sich BürgerInnen in Vereinen, um gemeinschaftlich Musik zu pflegen: in den sogenannten Musikvereinen. Sie bauten auch gemeinsam öffentliche Konzertgebäude, wo sich große Konzerte für ein zahlendes Publikum veranstalten ließen. Besonders beliebt waren dabei Konzerte mit großen Orchestern, sodass es in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einer Blüte der Symphonischen Musik kam. Der älteste und wichtigste Musikverein Österreichs ist die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, der 1812 gegründet wurde, aber erst 1870 sein berühmtes Gebäude, den „Musikverein“ erbauen durfte. Ziel des Vereins ist: „Die Hervorbringung der Musik in allen ihren Bereichen“. Der Verein veranstaltet bis heute Konzerte, unterhält einen wichtigen Konzertchor aus LaiensängerInnen („Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde“) und beherbergt ein weltberühmtes Archiv. Ebenfalls gegründet wurde ein Konservatorium für Musik, das aber heute vom Staat unterhalten wird (Universität für Musik und Darstellende Kunst). Das Musikvereinsgebäude ist vor allem bekannt für die wunderbare Akustik des Großen Saals, der sich optimal für Orchestermusik eignet. Weitere wichtige Musikvereine in Österreich: Musikverein für Steiermark (gegründet 1815), Konzerthausgesellschaft Wien (gegründet 1890). Außerdem sehr wichtig wurde der Verein, den die Musiker der Hofoper 1842 gründeten, um in ihrer Freizeit auch symphonische Musik zu spielen und damit zusätzliches Geld zu verdienen. Dieser Verein war von Anfang an demokratisch organisiert und pflegt eine enge Zusammenarbeit mit der Gesellschaft der Musikfreunde: die Wiener Philharmoniker. 2. Unterhaltungsmusik und Salonmusik Da im 19. Jahrhundert die BürgerInnen zunehmend wohlhabender wurden, gaben sie dieses Geld auch gern für Unterhaltungsmusik aus. Die Kapellen von Joseph Lanner oder Johann Strauß Vater erfreuten sich großer Beliebtheit, aber der König der Unterhaltungsmusik war Johann Strauß Sohn, der mit seiner Arbeit sogar überaus reich wurde. Man spielte in Kaffeehäusern und Tanzlokalen, deren Preise auch für Durchschnittsmenschen erschwinglich waren. 4. Klasse
In den Häusern der (reichen) Bürger war es daneben üblich, dass die Hausfrau und die Töchter des Hauses für die Unterhaltung der Gäste zu sorgen hatten. Viele spielten ihren Gästen (seichte) Unterhaltungsmusik vor, Bearbeitungen von erfolgreicher Konzertmusik oder von Opern. Man kann daher durchaus sagen, dass das erste Massenmedium der Musik vor der Schallplatte die Musikbearbeitungen für Klavier zu 4 Händen waren (2 Spielerinnen an einem Klavier). Zwei berühmte Bilder von Auguste Renoir C. Wichtige österreichische Komponisten des 19. Jahrunderts Johannes Brahms (1833-1897) wurde in Hamburg als Sohn eines Musikers geboren. Schon früh eigene Kompositionen. Robert Schumann gab seiner Karriere den entscheidenden Kick, als er in der „Neuen Zeitschrift für Musik“ (Schumanns Gründung; gibt es bis heute!) eine Artikel über Brahms schrieb und ihn mit Empfehlungsschreiben nach Wien schickte. Dort wurde er vom Musikkritiker Eduard Hanslick in den Himmel gelobt, weil er im Gegensatz zu Richard Wagner, den Hanslick hasste, keine neue musikalischen Formen entwickeln wollte. Brahms lebte ab 1863 ständig in Wien und wurde eine wichtige Person im Wiener Musikleben, z.B. als Leiter des Singvereins der Gesellschaft der Musikfreunde. Der zweitgrößte Saal des Musikvereins wurde nach ihm benannt (Brahms-Saal) und sein gesamter Nachlass liegt im Archiv der Musikfreunde. Werke: alles außer Opern und katholischer Kirchenmusik (Brahms war evangelisch), also Symphonien Chorwerke Chor-Orchesterwerke (z.B: „Ein deutsches Requiem“) Lieder Kammermusik und viel Klaviermusik (Brahms spielte selbst Klavier) 4. Klasse
Anton Bruckner (1824-1896) wurde als Sohn eines Lehrers in Ansfelden bei Linz geboren und erhielt seine Ausbildung zunächst durch seinen Vater, nach dessen Tod aber als Sängerknabe im Stift St. Florian (ebenfalls bei Linz). Er legte die Prüfungen für den Lehrberuf ab und arbeitete als Lehrer in diversen Dörfern, sowie im Stift St. Florian, wo er sich bald zum Stiftsorganisten hocharbeitete. Schließlich wurde er 1855 Domorganist in Linz und übersiedelte 1868 nach Wien, wo er die Stelle seines verstorbenen Lehrers am Konservatorium erhielt. Als er nach anfänglichen Erfolgen seine 3. Symphonie Richard Wagner widmete, richtete sich Eduard Hanslick vollständig gegen ihn und versuchte erfolgreich ihm das Leben so schwer wie möglich zu machen (heute würde man sagen durch Mobbing). Die von ihm erhoffte Anerkennung blieb daher in Wien weitgehend aus, dafür erhielt er sie im Ausland: sowohl als Komponist, als auch als Improvisator auf der Orgel. Werke: 9 Symphonien Orgelwerke 4 Messen einige weitere Chorwerke Johannes Brahms Anton Bruckner 4. Klasse
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