Natur in Berlin - Mythos Fledermaus Wie Forscher ihnen auf die Spur kommen Wo wir sie in Berlin beobachten können
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Ausgabe 1/2021 Landesverband Berlin Natur in Berlin Mit dem Exkursionsprogramm von März bis Juni Mythos Fledermaus Wie Forscher ihnen auf die Spur kommen Wo wir sie in Berlin beobachten können
AKTUELLES LIEBE MITGLIEDER, Petition Flughafensee 3 Eisvogel-Nisthilfe 5 LIEBE FREUNDINNEN UND FREUNDE DES NABU, Vergiftete Greifvögel 5 Artenschutz-Seminare 6 für uns alle war 2020 ein schwieriges Jahr. Fachgruppe Feldherpetologie 7 Dennoch konnten wir viel erreichen, und trotz Corona hatten unsere neuen, vom SCHWERPUNKT FLEDERMÄUSE Senat geförderten Projekte „Artenschutz Unbekannte Nachttiere 8 am Gebäude“ und „Hymenopterenschutz“ Was kann ich für Fledermäuse tun? 9 Die Fachgruppe BatCity 10 einen guten Start – nicht zuletzt, weil die Tipps zur Fledermaus-Beobachtung 11 Kolleg*innen flexibel reagierten und mit vielen ihrer geplanten Veranstaltungen in SPEKTRUM den virtuellen Raum auswichen. Novellierung der Bauordnung 12 Neben Haussperlingen und Mauerseglern Wasservogelzählung 13 stehen vor allem die Fledermäuse im Vogelschlag am BER 14 Mittelpunkt des Projekts „Artenschutz am Gebäude“. Dies nehmen wir zum Anlass, NABU VOR ORT den oft zu Unrecht gefürchteten, noch Der Schäfersee 17 immer wenig erforschten Nachttieren den Schwerpunkt dieses Heftes zu widmen. BERLINER MITBEWOHNER Lesen Sie mehr über Breitflügelfledermaus, Abendsegler & Co. ab Seite 8. Die Weiden-Sandbiene 16 Zu den weniger erfreulichen Entwicklungen des vergangenen Jahres zählt, dass uns unsere langjährige Geschäftsführerin Jutta Sandkühler Ende Dezember ver- TERMINE UND KONTAKTE 19 lassen hat, um in ihre alte Heimat Hamburg zurückzukehren. Jutta Sandkühler hat den NABU Berlin in den letzten fünf Jahren maßgeblich geprägt und weiter- entwickelt; nicht zuletzt dank ihres Engagements konnten wir die oben genann- ten Projekte angehen. Wir bedanken uns an dieser Stelle herzlich für ihren uner- müdlichen und erfolgreichen Einsatz und ihr Bemühen, allen Mitarbeiter*innen des NABU Berlin eine gute Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Besonders am Herz liegt Jutta Sandkühler das Schicksal des Flughafensees in Tegel, dessen Zukunft nach der Schließung des Airports ungewiss ist. Mehr als 8.700 Bürger*innen unterzeichneten innerhalb von vier Monaten unsere Petition für die Unterschutzstellung des Naturjuwels – ein riesiger Erfolg für unsere On- line-Aktion. Mitte April wird Umweltsenatorin Regine Günther die Unterschriften entgegennehmen. Bis dahin haben wir hoffentlich die magische Zahl von 10.000 Unterschriften erreicht! Enten zählen Ich bedanke mich für Ihre Unterstützung und wünsche viel Spaß beim Lesen. Seit mehr als 50 Jahren beteiligen sich NABU-Aktive jeden Winter an der Wasservogelzählung. Leider gehen 1. Vorsitzender NABU Berlin die Bestände zurück. Seite 14 IMPRESSUM NABU Berlin e.V., Wollankstraße 4, 13187 Berlin; 1. Vorsitzender: Rainer Altenkamp, 2. Vorsitzende: Kerstin Brümmer, Geschäftsführung: N.N. ; www.nabu-berlin.de, www.facebook.com/ NABU-Berlin; Herausgeber (V.i.S.d.P.): Rainer Altenkamp (ra); Redaktion und Layout: Alexandra Rigos (ar); Schlussredaktion: Alexandra Vogels; Redaktionelle Beiträge Regina Eidner, Janna Einöder, Stephan Härtel, Anton Kulmus, Andreas Otto, Ansgar Poloczek, Alexandra Rigos, Lisa Söhn, Jens Scharon, Kerstin Schötschel, Imke Wardenburg (iw); Anzeigendaten: NABU Berlin e.V., Wollankstraße 4, 13187 Berlin, Tel.: (030) 9860837-18, arigos@nabu-berlin.de; Mediadaten unter www.nabu-berlin.de; Erscheinungsweise vierteljährlich; Nächster Re- daktionsschluss 06.05.21, nächster Veranstaltungszeitraum Juli-September 2021; Papier 100% Recycling, Auflage 13.300, Druck Dierichs Druck + Media GmbH, Kassel; Bildnachweis: Titel: Breitflügelfledermaus: Eckhard Grimmberger, S.2: Rainer Altenkamp: Carmen Baden, Aquarell Schellente: Regina Eidner, S.3: Flughafensee: Alexandra Rigos, Haussperlinge: Nicola Heyde, S. 5: Bau Eisvogelnisthilfe: Karsten Matschei, Einflugloch: Antje Stavorinus, Janna Einöder: Annika Friedrich; S.6: Mauersegler: Werner Bartsch, S. 7: Amphibien-Aktion: Jens Scha- ron, toter Mäusebussard: Katrin Koch, S. 8: Großes Mausohr im Flug und hängend: Otto Schäfer, S.9: Jagende Wasserfledermaus: Dietmar Nill, Geißblatt: Helge May, S. 10: Fledermäuse auf Dachboden, Monitoring: Christoph Schötschel, S. 11: alle Fotos: Eckhard Grimmberger, Grafik Fledermaussilhouette: zaie / Freepik, S.12: Schottergarten: Iris Barthel, S. 13: Ölbild Gänsesäger: Regina Eidner, S.14: Terminal BER: Arne Müseler / arne-mueseler.com, Waldschnepfe: Lars Lachmann, Kollisionsspur: Claudia Wegworth/BUND, S.15: Schäfer- see, Gruppenbild: Projektgruppe Schäfersee, S.16: Weiden-Sandbiene: Bildagentur Zoonar GmbH/shutterstock.com, Böschung und Nesteingang: Stephan Härtel, S. 18: Störche: Doro- thea Bellmer, U4: Anzeigengestaltung: Moira Burges, Stockente: Malte Tschertner, Hinweise der Redaktion: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Die Redaktion behält sich Kürzungen und Bearbeitung von Beiträgen vor. Der NABU Berlin haftet nicht für unverlangt eingesandte Beiträge. Das Magazin und alle in ihm enthaltende Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Eine Verwertung bedarf der Genehmigung. Bankverbindung Spendenkonto NABU Berlin, Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE 76 1002 05000 003 2932 00 BIC: BFSWDE33 BER NATUR IN BERLIN 1/21
AKTUELLES | 3 lehnt eine zeitnahe Ausweisung mit Hin- weis auf Personalmangel und andere Pri- oritäten der SenUVK jedoch ab. Allerdings hat die SenUVK ihr Personal in anderen Bereichen, etwa für die Aus- weisung von Radwegen, beträchtlich aufgestockt. „Warum ist das für den Naturschutz nicht möglich?", fragt der Berliner NABU-Vorsitzende Rainer Alten- kamp, „offensichtlich sind Flächesiche- rung und Naturschutz für die Senatorin nachrangige Ziele." Indessen werden bei der städtebaulichen Planung in Tegel bereits Fakten geschaf- Im Vogelschutzreservat am Flughafensee fen: Im Januar legte die Senatsverwaltug für Stadtentwicklung ein „Quartiers- handbuch“ vor, das Architekten und 8.753 Stimmen für die Natur in Tegel Bauherren Orientierung geben soll. Darin sind zwar viele positive Ansätze enthalten, etwa autofreie Straßen, aber Jetzt muss der Senat Konsequenzen ziehen zugleich wird die angrenzende Tegeler Stadtheide, die zumindest in Teilen un- Die erste Online-Petition des NABU Ber- Im Dezember hat Umweltstaatssekretär ter Naturschutz gestellt werden müsste, lin war ein Erfolg: Bis Redaktionsschluss Stefan Tidow endlich auf den entspre- im wesentlichen als Sport- und Spielflä- haben 8.753 Unterstützer*innen unseren chenden Antrag des NABU Berlin geant- che präsentiert. Appell unterzeichnet, die artenreichen wortet, den wir bereits im Juli an die Der Bezirk Reinickendorf wiederum Naturoasen am ehemaligen Flughafen Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr plant bereits die Neuordnung eines Ge- Tegel umgehend unter Naturschutz zu und Klimaschutz (SenUVK) geschickt biets, das auch den Flughafensee um- stellen. Mitte April will Umweltsenato- hatten. Tidow spricht sich in seinem fasst. Mitte Februar fand dazu eine rin Regine Günther die Unterschriften Schreiben zwar prinzipiell für ein Na- Begehung mit dem Planungsbüro und persönlich entgegennehmen. turschutzgebiet am Flughafen Tegel aus, Vertreter*innen des NABU Berlin statt. Naturerfahrung im Netz Neue Online-Angebote des NABU Spatz bleibt König der Wintervögel Berlin erfolgreich gestartet Neuer Beteiligungsrekord bei NABU-Zählaktion Immer wieder dasselbe Spiel: Kann die Mehr Vogelfreund*innen, weniger Vögel viele Vögel im Wald, wo sie noch genug Exkursion stattfinden – oder kann sie – das ist, kurz gesagt, das Ergebnis der Nahrung finden, statt Futterstellen in nicht? Während es letzten Sommer ein diesjährigen „Stunde der Wintervögel“ Menschennähe aufzusuchen. paar „reale“ Veranstaltungen gab, muss- Mitte Januar. Sowohl bundesweit als Auffallend zugelegt haben der Star, der ten wir im Winter alle Führungen und auch in Berlin verzeichnete der NABU immer häufiger den Winter hier ver- Vorträge absagen. Viele Exkursionsleiter einen neuen Beteiligungsrekord: 6.451 bringt, statt gen Süden zu ziehen, und hatten sich umsonst vorbereitet, viele Berliner*innen machten mit, das sind die Ringeltaube. Dass auch die Straßen- Interessent*innen wurden enttäuscht. 74 Prozent mehr als 2020. Vermutlich taube einen großen Zuwachs verzeichne- Um Naturfreund*innen trotz anhalten- hat die Corona-Pandemie mit all ihren te, dürfte vor allem an ihrer Medienkar- der Pandemie ein attraktives Angebot Einschränkungen dazu geführt, dass sich riere als Top-Kandidat bei der Wahl zum zu machen, hat der NABU Berlin deshalb so viele Menschen der Natur vor ihrer „Vogel des Jahres 2021“ liegen. Anfang des Jahres eine Online-Seminar- Haustür widmeten. reihe gestartet, die sehr gut angenom- Spitzenreiter in Ber- men wurde. Insbesondere die Webinare lin war – wie immer – des Hymenopterendienstes rund um der Haussperling, des- Hummeln, Wespen und Hornissen er- sen Zahl im Vergleich freuten sich großer Beliebtheit und ver- zu 2020 sogar leicht zeichneten insgesamt mehrere Hundert zunahm. Anmeldungen. Auch im Frühjahr wird Hingegen machten es einige digitale Veranstaltungen des sich Meisen und Fin- NABU Berlin geben, unter anderem Vo- ken rar, was wohl an gelstimmenseminare mit unserem Ar- der recht milden Wit- tenschutzreferenten Ansgar Poloczek. terung lag. In war- Haussperlinge im Wedding Nähere Informationen auf Seite 18. men Wintern bleiben NATUR IN BERLIN 1/21
4 | AKTUELLES / MEINUNG Semi-virtueller Spaziergang BG Mitte erprobt neuartige, Einladung zur Mitgliederversammlung pandemiegerechte Veranstaltung des NABU Berlin Als eine bereits ausgebuchte Vogelfüh- rung am Havelufer Anfang Dezember am Mittwoch, 19. Mai 2021, um 18.00 Uhr schweren Herzens abgesagt werden musste, setzte die Bezirksgruppe Mitte spontan eine coronataugliche Alter- Wegen der Corona-Pandemie findet die diesjährige Mitglieder- nativ-Veranstaltung an: Die Idee der versammlung digital statt. „Na(h)-Tour“ war, in einem Kiez nach Wahl allein oder in Zweierteams herum- Wir bitten um Anmeldung an mv2021@nabu-berlin.de. zustreifen. Dabei waren nach Art einer Rallye verschiedene Aufgaben zu lösen: Tagesordnung: etwa, drei Spatzentrupps zu finden und ihren Aufenthaltsort zu notieren, eine im Dezember noch blühende Pflanze TOP 1 Begrüßung und Bericht des Vorstands für 2020 zu fotografieren oder Spuren eines wild TOP 2 Finanzen 2020 lebenden Säugetiers zu dokumentieren. TOP 3 Bericht der Kassenprüfer Anschließend galt es, dem Exkursi- TOP 4 Aussprache und Entlastung des Vorstands onsleiter die Resultate zu übermitteln TOP 5 Perspektiven 2021 und sich per Videokonferenz bei einer TOP 6 Finanzplan 2021 Tasse Tee über die Entdeckungen aus- TOP 7 Wahl der Delegierten für die zutauschen. Das Angebot wurde gut Bundesvertreterversammlung angenommen. Zwar kamen die meisten TOP 8 Bericht der NAJU Berlin Teilnehmer*innen aus der Gruppe, doch TOP 9 Sonstiges waren auch einige Externe dabei. Einladung zur Mitgliederversammlung der NAJU Berlin am Mittwoch, 7. April 2021, um 18.00 Uhr Aufgrund der aktuellen Covid-19-Pandemie und der nicht vor- hersehbaren Entwicklung wird die diesjährige Mitgliederver- sammlung hybrid durchgeführt. Wir bitten um vorherige Anmeldung an mail@naju-berlin.de. Tagesordnung: TOP 1 Begrüßung, Feststellung der Beschlussfähigkeit TOP 2 Wahl von Sitzungsleitung und Protokoll TOP 3 Beschluss der Tagesordnung TOP 4 Protokollkontrolle und –beschluss TOP 5 Bericht 2019 und 2020 TOP 6 Haushalt 2019 und 2020 TOP 7 Entlastung des Vorstands TOP 8 Wahlen TOP 9 Haushalt 2021 und Ausblick 2021 TOP 10 Wahl der Delegierten zur Bundesdelegierten- versammlung TOP 11 Anträge TOP 12 Sonstiges NATUR IN BERLIN 1/21
AKTUELLES | 5 kommentar Der Wert der Natur Janna Einöder Unterkonstruktion der Niströhre, Nesteingang (links) Pressesprecherin NABU Berlin „Vögel machen glücklicher als Geld“, so das Ein Quartier für den Eisvogel Fazit einer vielzitierten Studie des Sencken- berg-Instituts in Frankfurt. Die Befragung von 26.000 Menschen aus ganz Europas er- Gruppe Treptow-Köpenick baut Nisthilfe gab, dass die Anzahl der Vogelarten in der Umgebung stärker mit dem Wohlbefinden der Einen fischenden Eisvogel hatte ein Mit- im Dezember mit Schaufel, Werkzeug Menschen korreliert als das Einkommen. Joel glied der neu gegründeten Bezirksgrup- und Betonfertigteilen am Seeufer an. Methorst und seine Kolleg*innen berechneten pe Treptow-Köpenick zwar am Müggel- Der Wurzelteller eines kürzlich umge- sogar ganz genau: 14 Vogelarten mehr in der see gesichtet. Ob der gewandte Jäger am stürzten Baums simulierte geradezu ide- Umgebung machen zufriedener als zehn Pro- schilfgesäumten Ufer allerdings auch al einen senkrechten Abhang. In diese zent Gehaltserhöhung. nisten konnte, bezweifelten die NABU- Struktur bauten die Aktiven eine Röh- Das klingt zunächst einmal gut: Geld ist nicht Aktiven. re mit angrenzendem Brutkasten ein. alles, auch Artenvielfalt macht glücklich! Auf Eisvögel graben Tunnel in steile Uferbö- Um die Fertigteile für die zukünftigen den zweiten Blick wirft die Studie aber Fragen schungen, die in eine Bruthöhle mün- Bewohner attraktiv zu machen, kleide- auf: Zum einen ist eine Korrelation keine Kau- den. Darin legen sie dann Ende März ten die Naturfreund*innen Röhre und salität. Menschen in einer vogelreicheren Um- oder Anfang April ihre sechs bis acht Kasten mit Lehm und Sand aus. Zum gebung könnten ja aus anderen Gründen zu- Eier. Das Müggelsee-Ufer ist mit geeigne- Schluss ging es mit Watanzug und Gum- friedener sein. Interessanterweise macht eine ten Stellen jedoch nicht reich gesegnet. mistiefeln ins Wasser, um Lücken um hohe Vielfalt von Säugetieren oder Bäumen die Um das Wohnungsangebot für den tür- den Höhleneingang herum mit Lehm zu Menschen laut Studie nicht glücklicher. kisblau schillernden Vogel zu erweitern, stopfen und das gesamte Konstrukt mit Zum anderen führt diese Argumentation auf rückten die Treptower Aktiven deshalb Erde, Laub und Geäst zuzudecken. ein gefährliches Gleis. Denn auch wenn es das Anliegen der Forscher war zu zeigen, dass Ar- tenvielfalt wertvoll und deshalb schützenswert Wer vergiftet Greifvögel auf dem Friedhof Wollankstraße? ist, so leitet sich dieser Wert doch von ihrem Mehrere ungeklärte Totfunde im Herbst 2020 Nutzen für uns Menschen ab. Aber hat Na- tur nur dann einen Wert, wenn sie uns etwas Zwei Mäusebussarde und ein Habicht fall oder natürlicher Tod unwahrschein- bringt? Oder anders gefragt: Wenn 14 Vogel- wurden zwischen Oktober und Dezem- lich ist. Bereits in früheren Jahren waren arten mehr die Menschen zufriedener machen, ber 2020 tot auf dem Friedhof St. Elisa- auf dem Friedhof Greifvögel vergiftet, 14 Baumarten zusätzlich aber nicht, sind die beth in der Wollankstraße aufgefunden. 2016 zudem eine mit einem Giftköder Bäume dann wertlos? Und was ist eigentlich Zumindest zwei der Tiere waren in bester präparierte Taube entdeckt worden. mit Wespen, Spinnen und Blattläusen, die uns körperlicher Verfassung, so dass ein Un- Der NABU Berlin hat die toten Vögel gelegentlich die gute Laune verhageln? dem Institut für Zoo- und Wildtierfor- Vor dem Hintergrund von Klimakrise und schung (IZW) übergeben, das die Tiere Artensterben ist es wichtiger denn je, den auf Giftspuren untersucht. Wir bitten Menschen Wertschätzung für die Natur alle Besucher*innen des Friedhofs St. und Artenvielfalt zu vermitteln. Auch, aber Elisabeth, auf verdächtige Aktivitäten nicht nur, weil sie uns Menschen nützt. Aber zu achten. Wer dort einen toten oder ge- Vogelfreund*innen werden mir beipflichten: schwächten Vogel findet, sollte ihn kei- Die Natur mit ihren komplexen Ökosystemen nesfalls anfassen, da die möglicherweise und der faszinierenden Artenvielfalt hat einen Toter Mäusebussard eingesetzten Kontaktgifte auch für Men- Eigenwert, der sich jeglicher Kosten-Nutzen- schen gefährlich sein können! Rechnung entzieht! NATUR IN BERLIN 1/21
6 | AKTUELLES Fachleute vom Bau offen für Naturschutz Schulungen des Projekts „Artenschutz am Gebäude“ gut nachgefragt „Viele Fakten waren neu für mich. bei Renovierungs- und Umbaumaßnah- geförderten Projekts „Artenschutz am Danke für die Inspirationen, ich werde men zu berücksichtigen ist. Gebäude“ des NABU Berlin hielten im einiges davon umsetzen!“, so die Rück- Schulungsinhalte sind, neben der recht- letzten Jahr 22 Schulungen mit insge- meldung einer Architektin, die an einer lichen Situation, auch die Schaffung samt etwa 500 Teilnehmer*innen ab. Schulung zum Thema „Artenschutz am zusätzlicher Fortpflanzungs- und Ruhe- Imke Wardenburg Gebäude“ des NABU Berlin teilgenom- stätten sowie men hat. von Nahrungs- Zwar sei sie schon lange im Geschäft, habitaten im aber so richtig hatte sie die gebäude- Bestand und besiedelnden Vogel- und Fledermaus- beim Neubau. arten dabei nicht auf dem Schirm. So Erfeulicherwei- wie ihr ging es vielen Architekt*innen, se sind viele Ak- Energieberater*innen und Planer*innen, teure vom Bau die an einer der regelmäßig angebote- offen für den nen Artenschutz-Schulungen teilnah- Naturschutz, men. und auch in Dass sich Zwerg- und Breitflügelfleder- den Berliner mäuse ebenso wie Mauersegler, Haus- Hochschulen sperling und Hausrotschwanz in Hohl- ist das Thema räumen des Mauerwerks oder unter angekommen. Dachziegeln einquartieren, ist keine Die beiden Mit- Seltenheit. Die Tiere und ihre Lebens- arbeiterinnen stätten sind ganzjährig geschützt, was des vom Senat An unsanierten Häusern finden Mauersegler gute Nistmöglichkeiten . NATUR IN BERLIN 1/21
AKTUELLES | 7 Rückblick auf 40 Jahre FG Feldherpetologie Amphibienschwund und wenig Interesse: Fachgruppe gibt auf Interessierte teil, so dass keine kontinu- ierliche Fachgruppenarbeit mehr erfolgte. Engagement nötiger denn je Natürlich ist es weiterhin notwendig, sich für die Lurche und Kriechtiere in Berlin einzusetzen. Der Schutz noch vor- handener oder durch Bauprojekte gefähr- deter Vorkommen, die Sicherstellung einer ausreichenden Wasserführung in den Laichgewässern, die Vernetzung der Vorkommen durch einen Biotopverbund und die Umsetzung funktionaler Ersatz- maßnahmen sind nur einige Themen. Zumindest bis auf weiteres wird es aber keine Fachgruppe Feldherpetologie im NABU Berlin mehr geben. Stattdessen werden wir sporadisch Vortragsabende, Besuche von Vorkommen heimischer Wartung der Amphibienschutzanlage an der Schönerlinder Chaussee im Frühjahr 2019 Lurche und Kriechtiere sowie Besich- tigungen von Ersatzmaßnahmen im A lles begann am 21. Februar 1979, Die nun im NABU Berlin organisierte NABU-Programm anbieten. als sich an heimischen Lurchen Fachgruppe Feldherpetologie erfasste Jens Scharon, seit 2002 Sprecher der Fachgruppe und Kriechtieren interessierte weiterhin Lurche und Kriechtiere, deren Menschen aus dem Berliner Raum im Bestandsgrößen und -entwicklungen, Anzeigen Museum für Naturkunde versammelten. strebte Schutzgebietsausweisungen an Was als fachlicher Austausch und Be- und betrieb praktischen Artenschutz. ginn einer methodischen Erfassung der Vorkommen für einen Verbreitungsatlas Forum für Fachleute begann, wurde schnell Motor des prak- Sie war ein Forum, in dem sich Fachleute tischen Naturschutzes. Gerade in dieser aus der Verwaltung und Sachverständige Zeit wollten sich viele DDR-Bürger*innen mit ehrenamtlich tätigen Naturschüt- für die Natur engagieren. zern austauschten. Gemeinsam mit Na- Und so trat die Erfassung der Arten gegen- turschutzämtern, Verbänden und ABM- über umfangreichen Arbeitseinsätzen, Trägern errichtete sie allein im Jahr 2004 vor allem zur Pflege von Laichgewässern, rund 5.600 Meter Schutzzaun an Straßen in den Hintergrund. Bald wurden die Ver- und setzte über 22.300 Amphibien um. anstaltungsräume zu klein, Bezirksgrup- Mittlerweile hat der Bedarf an prakti- pen in Weißensee, Marzahn, Köpenick schen Schutzmaßnahmen wegen des und Hohenschönhausen gründeten sich. massiven Rückgangs der Amphibien Neben den Pflegearbeiten engagierten sie stark abgenommen. Besuche an traditio- sich für eine Unterschutzstellung noch nellen Laichgewässern lohnen sich kaum vorhandener Laichgewässer. Nicht ohne noch. Ursache des Rückgangs ist vor al- Erfolg: Als erstes Flächennaturdenkmal lem die Austrocknung der Gewässer, aber mit herpetologischer Bedeutung wurde auch die zunehmende Waschbärenpopu- 1979 das Kleingewässer „Am Teichberg“ lation und fehlende Pflegemaßnahmen in Karow gesichert, weitere folgten. in den Biotopen spielen eine Rolle. Hinzu kommt, dass Erfassung und Keimzelle des NABU Schutz der Amphibien und Reptilien seit Neue Möglichkeiten brachte die Wende. 2015 vom Senat organisiert werden, ohne Doris Nabrowsky gründete im Frühjahr die bis dahin tätigen Akteure angemes- 1990 den damals noch auf die DDR be- sen einzubinden. Erholung mit dem Hauch Abenteuer schränkten NABU mit, aus dem zusam- Auch wurde es zuletzt immer schwieri- Segelurlaub auf der Ostsee: Entdecke die men mit dem im Westen aktiven „Deut- ger, Themen und Referent*innen für die prächtige dänische Inselwelt mit dem Segelschiff schen Bund für Vogelschutz“ der heutige Fachgruppentreffen zu finden. Aus all BANJAARD. Familiengeeignet. Keine Segelkennt- NABU hervorging. diesen Gründen nahmen immer weniger nisse nötig. www.banjaard.net. NATUR IN BERLIN 1/21
8 | SCHWERPUNKT Unbekannte Nachtgeschöpfe Das Leben der Fledermäuse steckt voller Großes Mausohr (oben und rechts)Überraschungen Kahnpartie: Pechsee um 1930 S ie sind Säugetiere wie wir und uns Das zweite Schriftzeichen des chinesi- Zudem scheinen Fledermäuse Abwechs- doch so fremd. Nicht nur, weil sie schen Worts für „Fledermaus“ entspricht lung zu lieben, wie ein weiterer Befund im Gegensatz zu allen anderen in seiner Aussprache nämlich dem Wort nahelegt: Ein im 40 Kilometer entfern- Säugern das Fliegen gelernt haben und für „Glück“ – ein linguistischer Zufall, ten Bad Freienwalde markiertes Mausohr mit ihrer Echoortung über einen uns un- der wenig mit den Tieren selbst und ih- tauchte nicht nur in verschiedenen Win- zugänglichen Sinn verfügen – sondern rem Leben zu tun hat. terquartieren in Berlin und Brandenburg auch, weil sie nachtaktiv sind, sich tags- Immerhin hat die Wissenschaft, unter- auf, sondern einmal sogar in einem 244 Ki- über gut verstecken und wir von ihrem stützt von moderner Technik wie der lometer entfernten Stollen im Unterharz. Leben daher wenig mitbekommen. Allen- Telemetrie, einiges über die geheimnis- So viel Flexibilität macht es Forschern falls als hin- und herhuschende Schatten umwitterten Tiere herausgefunden und schwer, die Bestände einer Art im Winter- über unseren Köpfen nehmen wir sie ge- sie uns so näher gebracht. Zu den über- quartier zu erfassen: Treffen in einem Jahr wöhnlich wahr. raschendsten Entdeckungen dürfte gehö- besonders viele Tiere ein, muss das nicht Ihre heimliche Lebensweise, ihre histo- ren, wie mobil Fledermäuse sind. unbedingt auf eine Zunahme der Popula- risch oft als „widernatürlich“ empfunde- tion hindeuten. Obendrein versteckt sich nen Flugkünste und sicher auch ihre geis- Wandern wie die Zugvögel ein Teil der Fledermäuse so gut in unzu- terhaft-erratisch wirkenden Luftmanöver Viele Leute wissen zwar, dass Fledermäu- gänglichen Ritzen, dass sie sich jeder In- haben dazu beigetragen, dass Fledermäu- se in Kellern, Bunkern und Höhlen über- ventur entziehen. Wissenschaftler*innen se von jeher einen schlechten Ruf genos- wintern – nicht aber, dass manche wie können ihre Zahl daher nur grob anhand sen. Als „unrein“ verdammte sie schon Zugvögel den Winter im Süden verbrin- der sichtbaren Exemplare schätzen. die Bibel, später wurden sie als Begleiter gen. Auf ihrer Reise in den Mittelmeer- von Vampiren und anderen Schreckge- raum legen vor allem Baumbewohner wie Sommer im Grünen stalten zum Inbegriff des Gruseligen. Großer und Kleiner Abendsegler sowie Wie das wanderlustige Mausohr über- Bis heute kommt keine Halloween-Deko die Zweifarbfledermaus leicht 1.000 bis wintern viele Fledermäuse zwar in Ber- ohne Fledermausmotive aus. 1.500 Kilometer zurück – pro Strecke. lin, verbringen den Sommer jedoch im Den Weltrekord hält eine Rauhautfleder- Grünen, etwa in der Schorfheide oder im Corona kratzt am Image maus, die 2015 in Lettland beringt wurde Oderbruch. Es sind Arten wie Wasser-, Mit dem steigenden Verständnis auch für und 2020 in der spanischen Provinz Na- Zwerg- und Mückenfledermaus, die zu weniger „charismatische“ Arten in den varra – leider tot – aufgefunden wurde: den regionalen Wanderern zählen und letzten Jahrzehnten gerieten Fledermäu- 2.224 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Dutzende oder sogar Hunderte Kilometer se zwar verstärkt in den Fokus des Na- beiden Orten, die tatsächliche Flugstrecke zwischen Sommer- und Winterquartier turschutzes. Viele Menschen nahmen an dürfte noch weitaus länger gewesen sein. pendeln. Andere, wie Bechsteinfleder- abendlichen Fledermaus-Führungen teil Die Reise- und Überwinterungsgewohn- maus und Braunes Langohr, bleiben hin- oder hängten Kästen für die kleinen Mit- heiten der Fledermäuse sind komplex. So gegen eher an Ort und Stelle. bewohner auf. Zuletzt jedoch hat die Co- ziehen keineswegs alle Großen Abendseg- Nicht zuletzt wegen seiner gut besuchten vid 19-Pandemie wieder schwer an ihrem ler im Herbst gen Süden. Etliche überwin- Winterquartiere gilt Berlin als „Haupt- Image gekratzt, stammt ein Vorläufer des tern auch, oft in stattlichen Kolonien, in stadt der Fledermäuse“. Übers ganze neuen Coronavirus doch wahrscheinlich Baumhöhlen, Dachzwischenräumen oder Jahr betrachtet kommen hier 18 der 25 von asiatischen Hufeisennasen. auch hinter der Fassadenverschalung Ber- in Deutschland heimischen Arten vor, Ironisch erscheint, dass die Pandemie liner Wohnblöcke, etwa im Köpenicker von denen allerdings nur sieben regelmä- ausgerechnet in dem Land begann, in Salvador-Allende-Viertel. Studien zeigen, ßig in Berlin überwintern. Die Zitadelle dem Fledermäuse nicht als Boten des Bö- dass der Klimawandel Abendsegler im- Spandau, die zeitweise bis zu 11.000 Tiere sen, sondern als Glückssymbole gelten. mer weiter nördlich überwintern lässt. beherbergt, gilt als eines der bedeutends- NATUR IN BERLIN 1/21
SCHWERPUNKT | 9 ten Winterquartiere Mitteleuropas. Hier sektenjagd und verlässt spätestens im wurden in den 1930er Jahren die ersten September die mütterliche Obhut. Kaum Fledermäuse in Europa beringt. Bis heu- sind die Kleinen flügge, dreht sich bei den te liefern Beringungen der Wissenschaft erwachsenen Tieren bereits alles um die wichtige Daten. Paarung. Schließlich ist das Jahr für un- Jetzt, Anfang März, hängen die bei uns sere heimischen Fledermäuse kurz, da sie überwinternden Tiere zumeist noch reg- ganze fünf Monate verschlafen. los in ihren schützenden Höhlen und Zur Paarungszeit suchen manche Fleder- Spalten. Ihre Körpertemperatur liegt mit mäuse noch einmal besondere Balzquar- drei bis fünf Grad Celsius nur knapp über tiere auf. So ist die Zitadelle Spandau ein dem Gefrierpunkt, Atmung und Herz- viel frequentiertes Liebesnest der Was- schlag sind auf das Äußerste reduziert. serfledermäuse, die hier ab Mitte August zum Schwärmen eintreffen. Bei anderen Wasserfledermaus Spermien im Speicher Arten besetzen die Männchen Höhlen Je nach Witterung ab etwa Ende März ver- entlang der Flugroute ins Winterquartier, lassen die Tiere ihr Winterquartier – ab- um die Weibchen abzupassen. Mit Balz- gemagert um rund 30 Prozent. Die wan- rufen locken die Männchen ihre Partne- mehrfach auf dieses Winterquartier hin- dernden Arten machen sich auf den Weg rinnen an, kurz nach dem Paarungsakt gewiesen hatte. Was aus den schlafenden in ihr mehr oder weniger fernes Som- beginnt schon das große Schlafen. Fledermäusen wurde, ist ungewiss. merquartier, wo die Weibchen trächtig Schlimm trifft die nächtlichen Flieger werden. Wer sich nun flatternde Liebes- Fledermäuse sterben jung auch der Schwund ihrer Nahrung, der spiele im Mai vorstellt, liegt falsch, denn Fledermäuse können – vor allem in Rela- Insekten. Eine Fledermaus muss allnächt- Fledermäuse paaren sich bereits im Spät- tion zu ihrer geringen Körpergröße – sehr lich bis zu einem Drittel ihres eigenen sommer oder Herbst, manchmal auch im alt werden. Ein beringtes Mausohr brach- Körpergewichts fressen. Das sind bis zu Winterquartier. Da die Entwicklung eines te es auf 25 Jahre, eine Zwergfledermaus zehn Gramm Insekten – oder mehrere Embryos im Winter aber zu viel Energie immerhin auf 16 Jahre. Im Durchschnitt Kilogramm pro Saison. Da aber die Bio- kosten würde, speichern die Weibchen werden diese Arten aber gerade einmal masse der Luftinsekten Studien zufolge das Sperma bis zum Frühjahr und lassen vier respektive 2,5 Jahre alt, denn den zumindest in Teilen Deutschlands um bis erst dann die Befruchtung zu. wenigsten Fledermäusen ist es vergönnt, zu 80 Prozent zurückgegangen ist, dürf- Vor der Niederkunft im Frühsommer eines natürlichen Todes zu sterben. ten viele Fledermäuse hungern. bilden die Weibchen Wochenstuben, in Viele kommen vorzeitig ums Leben, weil Immerhin scheinen die Bestände in den denen üblicherweise zehn bis 50 Tiere, sie mit Autos oder Windrädern kolli- großen Berliner Winterquartieren wie bei einigen Arten aber auch mehrere dieren oder weil ihre Quartiere aus Un- der Zitadelle Spandau in den letzten Jah- Hundert Mütter ihre Jungen aufziehen. wissenheit oder Nachlässigkeit zerstört ren recht stabil zu sein. Damit die kleinen Fledermäuse bringen ein, selten zwei Jun- werden. So ließ das Pankower Grünflä- Unbekannten aber auch künftig nachts ge auf die Welt, die bei der Geburt nur chenamt im Dezember einen hohlen über unseren Köpfen herumflitzen, muss weniger Gramm schwer sind. Doch der Baum im Bürgerpark kappen, in dem mehr passieren als die Erhaltung einiger Nachwuchs entwickelt sich rasch, geht etliche Große Abendsegler überwinter- Winterquartiere. schon nach vier bis fünf Wochen auf In- ten – obwohl der NABU Berlin das Amt Alexandra Rigos, Lisa Söhn Was kann ich für Fledermäuse tun? • Erhalten Sie alte Bäume! Alte Bäume mit rissiger Borke und Specht- höhlen sind ideale Quartiere, leider oft • Fördern Sie Insekten! nierung an, holen Sie fachkundigen Rat morsch. Lassen Sie zumindest den Stamm Blütenreiche, nicht hochgezüchtete Pflan- ein, wenn Sie vermuten, dass sich Fle- trotzdem stehen. Wenn Sie Platz haben, zen, gerne ein Teich sowie nicht allzu viel dermäuse am Haus aufhalten. Der NABU pflanzen Sie Obsthochstämme. Setzen Sie Ordnung im Garten fördern das Insekten- Berlin hilft Ihnen gerne weiter (arten- sich für die Erhaltung alter Straßen- und leben – und damit die Fledermäuse. Auch schutz_am_gebaeude@nabu-berlin.de oder Parkbäume ein. auf dem Balkon kann man Wildblumen Tel. 986 08 37-0). und Kräuter kultivieren. „Nachtfalter- pflanzen“ wie Phlox, Lichtnelke oder • Vermeiden Sie Unfälle! Geißblatt, die am Abend duften, locken Regentonnen und leere, hohe Gefäße im die Lieblingsspeise vieler Fledermäuse an. Garten können zur Falle werden – sorgen Sie für eine Abdeckung. Verzichten Sie • Schaffen und schützen Sie Quartiere! auf Leimringe und Klebfallen. Wenn Sie Hängen Sie an geeigneten Bäumen oder Kaminholz im Freien lagern, inspizieren Mauern Fledermauskästen auf. Unter Sie jedes Scheit genau, bevor sie es ins www.nabu.de/downloads/praxistipps/fleder- Haus holen, damit Sie nicht versehentlich mauskasten.pdf finden Sie eine Anleitung eine Fledermaus verbrennen. Einige Ar- Nachtfaltermagnet Geißblatt zum Selberbauen. Steht eine Gebäudesa- ten überwintern gern in Holzstapeln. NATUR IN BERLIN 1/21
10 | SCHWERPUNKT Lieber an der Ecke wohnen? Noch Ehrenamtliche für Monitoring gesucht Werden im Rahmen von Gebäudesanie- rungen Fledermausquartiere zerstört, müssen Bauherr*innen diese Lebensstät- ten ersetzen. Häufig kommen dabei han- delsübliche Fledermauskästen zum Ein- satz. Bisher ist allerdings nicht bekannt, wie gut die Tiere verschiedene Quartier- kästen annehmen und von welchen Fak- Mücken- oder Rauhautfledermäuse auf dem toren dies abhängt. Dachboden des Museums Julianenhof Im senatsgeförderten Projekt „Arten- schutz am Gebäude“ geht der NABU Ber- lin dieser Frage auf den Grund. Die beim Großer Einsatz für kleine Flieger Monitoring gewonnenen Erkenntnisse sollen helfen, Ersatzmaßnahmen künf- tig wirkungsvoller umzusetzen. Die Fachgruppe BatCity stellt sich vor Künstliche Quartiere auf Fledermäuse zu überprüfen, stellt eine Herausforderung dar – nicht nur wegen der heimlichen Le- D ie Geburt der „BatCity“-Gruppe verdankt sich einem Moment der Begeisterung: Im März 2017 startete ßerdem richten wir Kästenquartiere ein, die wir dann betreuen. bensweise der Tiere, sondern auch, weil sie ihr Quartier häufig wechseln. Im Sommer 2020 hielten rund zehn Eh- Sebastian Kolberg, Referent für Arten- Offene Plattform renamtliche 30 Kästen fest im Blick, um schutz beim NABU-Bundesverband, BatCity Berlin betrachtet sich als offene keinen Ausflug zu verpassen. Es gibt ers- seine Seminarreihe „BatCities“ in der Plattform für den Fledermausschutz in te Hinweise darauf, dass Kästen an Ge- Hauptstadt. Unterstützt wurde er von Berlin, da uns die Vernetzung und Ko- bäudeecken besonders beliebt sind. Um Silke Voigt-Heucke. operationen mit anderen Akteuren im diese These zu bestätigen, bedarf es aller- Etwa 20 Teilnehmer*innen lernten bei Fledermausschutz am Herzen liegt. Im dings weiterer Daten. dieser Veranstaltung alles über die be- Jahr 2019 haben wir aus diesem Grund Deshalb ist der NABU Berlin auch in sondere Biologie der Fledermäuse, die den 1. Berliner Fledermaustag organi- diesem Jahr wieder auf der Suche nach Echoortung und den Schutz der faszi- siert. Hier stellten sich verschiedene Fledermausfreund*innen, die uns tatkräf- nierenden Tiere. Danach war der Groß- Fledermausschützer*innen mit Vorträ- tig bei den Sichterfassungen in der Däm- teil der Teilnehmenden Feuer und Flam- gen vor; anschließend fand ein reger merung unterstützen. iw me und wollte in ein Ehrenamt starten. Austausch statt. Hieraus hat sich ein Interessenten melden sich bitte unter: Aus diesem Impuls heraus entstand die „Fledermausstammtisch“ entwickelt, artenschutz_am_gebaeude@nabu-berlin.de Gruppe „BatCity Berlin“ (kurz: BCB). der nach der Corona-Pandemie in die nächste Runde gehen soll. „Batnight“ im Tierpark Ein weiteres Anliegen unserer Gruppe Der Fledermausschutz ist gerade in ei- ist das stetige Lernen. Uns ist es wichtig, ner so großen Stadt wie Berlin eine wich- viele Erfahrungen zu sammeln und neue tige und vor allem vielfältige Aufgabe. Kenntnisse zu erlangen, die wir im prak- Ein bedeutender Teil unserer Tätigkeit tischen Fledermausschutz anwenden ist der Informationsaustausch und die können. Daher sind wir stets offen für Aufklärung der Bevölkerung. Nur wer gemeinsame Aktionen mit erfahrenen weiß, was hoch über seinem Kopf fliegt, Fledermausschützer*innen, aber auch kann die Tiere auch schützen. für Neulinge, die sich uns anschließen Schwerpunkte unserer Arbeit sind da- möchten und noch am Anfang ihrer „Fle- her Vorträge und Exkursionen, außer- dermauslaufbahn“ stehen. dem Info-Stände, zum Beispiel auf Kin- BatCity Berlin trifft sich immer in den derfesten, sowie die Organisation einer ungeraden Monaten am dritten Dienstag „Batnight“ zusammen mit dem Tier- um 19.00 Uhr. Interessierte bitten wir, park Neukölln in der Hasenheide. sich vorab per E-Mail unter fledermaus- Zum praktischen Teil unserer Arbeit ge- schutz.berlin@posteo.de anzumelden. Unterwegs mit dem Bat-Detektor hören Zählungen und Monitorings. Au- Kerstin Schötschel NATUR IN BERLIN 1/21
SCHWERPUNKT | 11 Breitflügelfledermaus Eptesicus serotinus Diese typische „Hausfledermaus“ versteckt sich häu- Zwergfledermaus fig unter Dachpfannen, gelegentlich ist sie auch auf Pipistrellus pipistrellus Dachböden anzutreffen. Breitflügelfledermäuse flie- gen relativ langsam, fast behäbig, und jagen meist Die nur fünf Zentimeter langen Tiere fliegen schnell nicht weit von ihrem Wochenstubenquartier entfernt. und wirken mit ihren abrupten Richtungsänderun- gen hektisch. Oft jagen sie in der Nähe von Bäumen oder Hecken, aber auch in geschützten (halb-)offenen Habitaten wie an Gewässern, in Innenhöfen oder um Straßenlaternen. Dabei stoßen sie hohe Soziallaute aus, die Menschen mit bloßem Ohr hören können. Gesichter der Nacht Hier können Sie Fledermäuse beobachten Auf Friedhöfen oder in Parks lassen sich Auch Gewässer bieten gute Beobach- Führungen & Ausstellungen : Fledermäuse häufig gut beim Jagen be- tungsmöglichkeiten. An der Spree • Der BAT e.V. betreut den Fledermauskeller in obachten. Am häufigsten begegnet man und am Weißensee jagen Wasser-, der Zitadelle Spandau mit einer Ausstellung sowie dort der Zwergfledermaus, aber auch Zwerg- und Rauhautfledermäuse. Ers- 150 tropischen Fledermäusen. Außerdem bietet der der Breitflügelfledermaus. Bei Tieren, tere ziehen ihre eher regelmäßigen Verein in der Schwärmzeit Ende August bis Novem- die hoch am Himmel fliegen, etwa über Kreise nahe der Wasseroberfläche, ber Führungen in der Zitadelle an. Kleingärten, Parks oder Gewässern, han- während Zwerg- und Rauhautfleder- bat-ev.de, Tel.030/36750061 delt es sich meist um Große Abendsegler. mäuse sich durch einen unsteten, • Der Verein ASG Fort Hahneberg e.V. führt an Im Frühjahr und Herbst hat man gute wendigeren Flug höher über dem Was- Wochenenden und Feiertagen im Sommer durch Chancen, Fledermäuse sogar bei Tages- ser oder im Uferbereich auszeichnen. die zweite Fledermaus-Hochburg in Spandau. licht zu erblicken. Früh fliegende Arten Wer ein Fledermausquartier an seinem www.forthahneberg.de wie Zwergflügelfledermaus und der Gro- Haus vermutet, sollte sich im Sommer • Das Internationale Fledermausmuseum Julia- ße Abendsegler jagen dann manchmal einmal in der Stunde vor Sonnenauf- nenhof im Naturpark Märkische Schweiz (Branden- deutlich vor Sonnenuntergang, da es gang auf Erkundungstour begeben. Ins- burg) bietet eine Ausstellung, Veranstaltungen wie später zu kalt für ihre Beute, die Insek- besondere Zwergfledermäuse „schwär- das abendliche "Nachtfalterkino" sowie die Chance, ten, wird. Sogar an warmen Wintertagen men“ vor ihrem Quartier, fliegen also zu die Tiere im Eiskeller oder im Fledermausgarten zu lassen sich diese Arten bisweilen beob- mehreren um das Quartier herum und beobachten. achten. dieses auch immer weder an. Lisa Söhn www.fledermausmuseum-julianenhof.de Hinweis: Wegen der Corona-Pandemie sind das Museum und der Fledermauskeller ggfs. vorüber- gehend geschlossen, bitte informieren Sie sich vor einem Besuch. Für Fledermausführungen sind bei allen Anbietern Anmeldungen erforderlich. Wasserfledermaus Myotis daubentonii Großer Abendsegler Nyctalus noctula Wasserfledermäuse jagen am liebsten nur wenige Zentimeter über stehenden oder langsam fließen- Mit seinen langen, schmalen Flügeln ist er ein rasanter und wendi- den Gewässern. Die eher kleine bis mittelgroße Art ger Flieger, der gern Sturzflüge einlegt. Vor allem in der Dämme- ist auf der Oberseite graubraun, unterseits heller rung, wenn beide Arten unterwegs sind, kann man ihn leicht mit gefärbt. Als Sommerquartier nutzt sie vorwiegend einem Mauersegler verwechseln. Der Große Abendsegler besitzt ein Baumhöhlen in Ufernähe, den Winter verbringt sie kurzes, rostbraunes Fell und ist mit einer Flügelspannweite von bis in unterirdischen Höhlen, Stollen oder Kellern. zu 40 Zentimetern eine der größten heimischen Arten. NATUR IN BERLIN 1/21
und mangels Personal auch nicht flächen- deckend durchführbar. Deshalb wollen wir zur rechtlichen Klarstellung, dass Schotter- gärten explizit gesetzlich verboten werden. Tiere und Das kann in der Bauordnung geschehen oder nach dem Vorbild von Baden-Würt- Pflanzen temberg auch im Naturschutzgesetz. Denn jeder Quadratmeter Vegetationsfläche hilft. gehören dazu Der Ökoparagraph Wie die Berliner In der Bauordnung wird es künftig einen speziellen Ökoparagraphen geben. Arbeits- Bauordnung titel: „Nicht überbaute Flächen der bebau- ten Grundstücke, Grundstücksbegrünung, ökologischer wird tierfreundliches Bauen“. Um die Begrünung von Grundstücken und Gebäuden als Regel- fall zu etablieren, soll die Bauordnung eine Bald explizit verboten: Schottergarten. Mindestfläche des Grundstücks, der geeig- neten Dächer und einen Anteil der Fassade festsetzen, wo Pflanzen wachsen sollen. B Neben der Pflanzenwelt haben wir die Tie- eim Bau von Häusern aus Beton, bauten, mehr Barrierefreiheit in öffentli- re im Blick. Dabei geht es zum einen um Ziegel, Stahl, Glas und anderen chen Gebäuden und im Wohnungsbau, eine Nistmöglichkeiten für Gebäudebrüter und Baustoffen wird enorm viel CO2 Genehmigungspflicht von Abrissen, eine Fledermäuse. Die Anzahl der Nistmöglich- freigesetzt und der Klimawandel Abstandsfläche von 0,5 mal Gebäudehöhe keiten, die pro Gebäude oder auf einer be- beschleunigt. Darüber hinaus enthält je- (...) zu erreichen. Die Koalition wird eine stimmten Fassadenlänge anzubringen sind, des Gebäude Schadstoffe, die im Falle eines Strategie „Asbestfreie Hauptstadt 2030“ zur muss noch im parlamentarischen Verfahren Abrisses oft auf der Deponie landen oder schrittweisen Asbestsanierung erarbeiten geklärt werden. verbrannt werden. Überall wo gebaut wird, und umsetzen.“ Besonders schwierig ist die Debatte um das verschwindet ein Stück vorhandene Natur. Thema Vogelschlag an Glas. Dazu gibt es Boden wird versiegelt, Bäume und Vegetati- Novelle kommt noch vor der Wahl verschiedene Formulierungsvorschläge, die on werden gerodet. Für die bündnisgrüne Fraktion stehen die insbesondere auf das Vermeiden spiegeln- Die menschliche Zivilisation verursacht ökologischen Themen besonders im Fokus. der Glasflächen abzielen. Spätestens wenn durch Bautätigkeit viele Schäden an der Bereits 2018 wurde in der Berliner Bauord- der Gesetzentwurf im Abgeordnetenhaus Umwelt, auch in Berlin. Die Stadt erlebt nung der Grundsatz der Recyclingfähig- vorliegt, lohnt sich dazu eine Gesprächsrun- einen Bauboom wie lange nicht mehr. Und keit von Bauprodukten formuliert und die de mit den Naturschutzverbänden, um die damit dieser Bauboom den Lebensraum von Verwendung von konstruktiven Holzele- beste Formulierung zu finden. Pflanzen und Tieren nicht einfach vernich- menten bei Gebäuden bis 22 Meter Höhe Letzter Punkt in diesem Kanon ist das The- tet, muss bei neuen Häusern und Quartie- erleichtert. Seit zwei Jahren wird an einer ma Licht. Außenbeleuchtung soll so be- ren deutlich mehr auf die Verträglichkeit größeren Novelle gearbeitet, die weitere schaffen sein, dass die Auswirkungen auf mit der Natur geachtet werden. ökologische Fragen behandelt. Sie soll nach die Tierwelt beachtet werden. Auch das Ein Weg dahin ist Aufklärung, ein zweiter der Beteiligung der Verbände noch vor dem muss noch präziser formuliert werden. sind Anreize, und ansonsten gibt es natür- Sommer im Abgeordnetenhaus behandelt Überhaupt betreten die Senatsverwaltun- lich Vorschriften und Gesetze. Ein solches werden, so dass sie vor der Wahl im Septem- gen für Stadtentwicklung und für Umwelt Gesetz ist die Bauordnung, die in Deutsch- ber in Kraft tritt. mit den Ökothemen in der Bauordnung land von den einzelnen Länderparlamenten Mehrere naturschutzrelevante Änderun- Neuland. beschlossen und gegebenenfalls novelliert gen sind hervorzuheben: Die Abstands- Historisch befasst sich eine Landesbauord- wird. Damit die Praxis wenigstens ähnlich flächen zwischen Gebäuden sollen etwas nung mit Gebäudesicherheit, insbesondere ist, gibt es eine Musterbauordnung, die von größer werden. Das bringt mehr Licht, aber Statik, Brandschutz, Haustechnik. Dass die der Bauministerkonferenz regelmäßig dis- auch mehr Platz für die Vegetation. Die Be- Tier- und Pflanzenwelt selbstverständlich kutiert und modifiziert wird. Die Berliner grünung der Grundstücksteile, die nicht be- dazu gehört, müssen die Genehmigungs- Bauordnung lehnt sich weitgehend an die baut werden, ist auch heute schon pauschal behörden, die Architekten und viele Bau- Musterbauordnung an. Trotzdem hat sich in der Bauordnung (§8, Abs.1) vorgeschrie- herrinnen erst lernen. Diese Bildungsauf- unsere Koalition 2016 einige Punkte vorge- ben. Trotzdem geschieht das oft nicht, oder gabe lässt sich nicht allein mit Gesetzen nommen, die wir anders machen wollen. es werden gar sogenannte Schottergärten lösen. Dazu sind die Naturschutzverbände, Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Die angelegt. Dass diese Praxis nicht durch die die Schulen, die Medien und wir alle nötig. Koalition wird die Berliner Bauordnung Bezirksämter unterbunden wird, macht ein Aber wann, wenn nicht jetzt, muss es los- novellieren mit dem Ziel, eine stärkere Umsetzungsproblem deutlich. gehen. Andreas Otto Begrünung von Grundstücken und Gebäu- Die Bauordnung setzt stark auf die Eigen- Unser Gastautor ist Mitglied der Fraktion Bündnis 90/ den, mehr recyclingfähige Baustoffe, eine verantwortung von Bauherrinnen und Ar- Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus und Vereinfachung der Genehmigung von Holz- chitekten. Kontrollen vor Ort sind selten Sprecher für Baupolitik und Berlin-Brandenburg. NATUR NATUR IN IN BERLIN BERLIN 1/21 3/19
SPEKTRUM | 13 vertraut, doch für den Nachwuchs von heute ist Entenfüttern keine Selbstver- ständlichkeit mehr – nicht nur, weil es verboten ist, sondern auch, weil selbst die früher allgegenwärtigen Stockenten und Blässhühner sich immer rarer machen, wie die Datenreihen der WVZ belegen. Die Zahl der im April erfassten Stockenten war in der Saison 2018/19 gegenüber dem Mittelwert der vorherigen Dekade um ein Drittel gesunken, und in den letzten 25 Jahren nahm der Rastbestand des Bläss- huhns um 72 Prozent ab. Zwar täuschte seine starke Präsenz in einigen Kältewin- tern zeitweise über den Abwärtstrend hin- weg, doch seit sieben Jahren sank seine Zahl ununterbrochen. Da allein diese bei- de Arten 77 Prozent der derzeit in Berlin gezählten Wasservögel ausmachen, sind Regina Eidner zählt nicht nur Wasservögel, sondern malt sie auch. diese Ergebnisse ein Alarmzeichen. Dieses Ölbild zeigt drei männliche und zwei weibliche Gänsesäger. Bei Frost lockt Berlin viele Wasservögel an, weil die Stadt wärmer ist und das Was- ser unter Brücken oder in Schiffsfahrrin- nen lange offen bleibt. Während Gänsesä- Gänsesäger zum Appell ger und Schellenten allwinterlich präsent sind, hängt das Auftreten anderer Vögel Seit mehr als 50 Jahren werden in Berlin allwinterlich deshalb von der Witterung in weiter nörd- lich gelegenen Rastgebieten ab. Wasservögel gezählt – viele NABU-Aktive machen mit Wegen des Klimawandels werden harte Winter seltener, doch kann die milde Wit- terung allein den Rückgang der Wasservo- V ier Gänsesäger fliegen auf, als wir Doch nicht nur die Zählfrequenz stieg im gel-Zahlen nicht erklären. Schließlich sind uns dem Ufer nähern. Es ist ein Laufe der Jahre, auch das Artenspektrum auch die Brutbestände rückläufig. Wie so frostiger Sonntagvormittag Mitte erweiterte sich. Es umfasst jetzt alle Arten viele Arten leiden eben auch Wasservögel Januar, und auf der Dahme bei Schmöck- von Schwänen, Gänsen, Enten, Sägern, unter Lebensraumverlusten, in Berlin vor witz hat sich stellenweise eine Eishaut ge- Rallen, Tauchern und Reihern, den Kor- allem durch Bauprojekte. bildet. Doch an dieser Stelle ist das Wasser moran, alle Watvögel und Möwen, Greif- frei, und es tummeln sich allerlei Vögel vögel mit Wasserbezug wie Rohrweihe, Partyflöße vergraulen Vögel auf dem See. Ein Trupp Stockenten läuft Fischadler und Seeadler sowie ausgewähl- Auch die zunehmende Störung durch uns bis vor die Füße, als wolle er zum te Singvögel wie die Bartmeise und die Ge- Freizeitsportler spielt eine Rolle. So klagt Zählappell antreten. Und zum Zählen birgsstelze. ein Anwohner aus Schmöckwitz über das sind wir schließlich hier. Gezählt wird von Berliner Ehrenamtli- sommerliche Treiben auf der Dahme, das Seit 54 Jahren erfassen Vogelfreund*innen, chen, die jeweils die Verantwortung für die Graugänse vertreibe. Vor allem die so darunter viele NABU-Aktive, jeden Winter ein oder mehrere Gebiete übernommen genannten Partyflöße seien in den letzten die Wasservögel in der Hauptstadt. Die haben, in derzeit 105 Gebieten, von denen Jahren ein Problem geworden. vom Dachverband Deutscher Avifaunis- sieben ganz oder teilweise in Brandenburg Gleichwohl zählen gerade die Graugänse ten initiierte Zählung läuft nach einheitli- liegen. Die erhobenen Datensätze werden zu den wenigen Gewinnern in der Wasser- chen Vorgaben bundesweit ab und ist Teil in die Datenbank der Plattform www.orni- vogel-Statistik; seit Jahren zieht es immer eines internationales Programms. Ziel tho.de eingespeist. mehr Gänse in die Stadt. Auch Silberrei- ist vor allem das Erkennen langfristiger her lassen sich mittlerweile oft blicken. Trends bei den häufigen und mittelhäufi- Stockenten machen sich rar Am Ende ihrer Zählung hat Regina Eidner gen Arten. Am Ufer der Dahme baut Regina Eidner, immerhin 177 Stockenten gezählt, dazu Alles begann mit der bis heute besonders Berliner Koordinatorin der Wasservo- 30 Blässhühner, 22 Gänsesäger und 18 wichtigen Mittwinterzählung im Januar. gelzählung (WVZ), ihr Spektiv auf. Weit Höckerschwäne, weiter ein paar Graugän- In den 1970er Jahren kamen die Novem- draußen sind noch mehr Gänsesäger und se, Graureiher, Kormorane, Möwen und, ber- und Märzzählungen hinzu, die auch ein paar vereinzelte Graugänse zu sehen. als Highlight des Tages, eine männliche international die Migration der Wasservö- Derweil packen zwei junge Frauen Brot- Schellente. Nicht berauschend, aber auch gel ins Visier nehmen. Später wurde von reste aus und beginnen, die Stockenten zu nicht übel für diesen Teil der Dahme. Oktober bis März, seit der Saison 2003/04 füttern. Schnell sind sie von Dutzenden Regina Eidner, Alexandra Rigos sogar von September bis April jeweils ein- Enten und gut 20 Blässhühnern umlagert. Interessent*innen, auch Anfänger, sind willkommen. mal im Monat gezählt. Vielen sind solche Bilder aus Kindertagen Kontakt: stockente@eidner-berlin.de NATUR IN BERLIN 1/21
14 | SPEKTRUM Tödliche Wände Massiver Vogelschlag am BER-Terminal Photo/Map: Arne Müseler / arne-mueseler.com / CC-BY-SA-3.0 / https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.de D as Terminal befand sich noch im bäude regelmäßig viele Vögel an Kollisionsspur am Bau, da kostete es in einer ein- den Glasfronten verunglücken. BER-Terminal (oben). zigen Oktobernacht schon mehr Allein am Hauptgebäude des Termi- Waldschnepfen (links) sind als 50 Singdrosseln das Leben. Sie wa- nals 1 wurden mehr als 20.000 Quadrat- häufige Opfer von Glasanflügen. ren während des Herbstzugs gegen die meter Glas verbaut, die Fensterf lächen großf lächigen Fassaden des Glaskas- der fast 1,5 Kilometer langen Abf lugpiere tens gef logen und verendet. nicht eingerechnet. Jalousien oder andere Flugweg suggerieren. Belastbare Stu- Mitarbeiter des Flughafens BER spra- Vorrichtungen, die nächtliche Lichtemis- dien sind zwar rar, doch Hochrech- chen damals laut „Tagesspiegel“ von sion verhindern könnten, gibt es nicht. nungen gehen von mehreren Milli- 350 toten Vögeln allein im Oktober Das ist fatal, da illuminierte Gebäude onen toten Vögeln pro Jahr allein in 2012. Diese Zahl dürfte allerdings das nachts Vögel anlocken. Berlin aus. absolute Minimum darstellen, denn in Das durch Glasscheiben hervorgerufene Dieses Massensterben ließe sich rela- der Regel werden viele Opfer von Glas- signifikant erhöhte Tötungsrisiko für tiv leicht vermeiden: Es nutzt schon kollisionen erst gar nicht gefunden. Vögel stellt einen Verstoß gegen §44 des etwas, Fenster und Glasfassaden Beutegreifer schleppen die toten Vögel Bundesnaturschutzgesetzes dar. Mehr- seltener und weniger gründlich zu weg, oder das Reinigungsteam erledigt fach haben Umweltverbände versucht, reinigen. Zudem können spezielle die Arbeit, bevor eine Kontrolle statt- mit der „Flughafen Berlin Brandenburg Folien die Scheiben für Vögel besser finden kann. GmbH“ ins Gespräch zu kommen, um sichtbar machen. Wirkungslos sind Maßnahmen gegen den Vogeltod am BER hingegen die schwarzen Greifvogel- Bislang nichts passiert anzustoßen. Doch ihre Bemühungen stie- silhouetten, wie man sie oft sieht. Schon damals versprachen die Flugha- ßen bisher auf keinerlei Resonanz. Weder fenbetreiber, die Gefahr für Zugvögel hat die Betreibergesellschaft die Schrei- Offener Brief an Minister zu entschärfen. Bislang allerdings ist ben beantwortet noch mitgeteilt, welche Auf klärung über einen vogelverträg- wenig passiert. Im Jahr 2019 entdeck- Verbesserungsmaßnahmen sie konkret lichen Einsatz von Glas in der Archi- ten Besucher wiederum während des anstrebt. tektur ist Teil des senatsgeförderten Herbstzuges viele tote Singdrosseln vor Natürlich tritt Vogelschlag nicht nur am NABU-Projekts „Artenschutz am Ge- den Scheiben der Terminals. Flughafen BER, sondern an beinahe allen bäude“. Im Fall des BER hat der NABU Bei einer Begehung des Terminals 1 im Glasfassaden auf. Gerade während des Berlin nun zusammen mit dem Lan- Januar 2020 zählten NABU-Expert*innen Vogelzuges, grundsätzlich aber das ganze desverband Brandenburg und dem mindestens 100 Spuren von Vogelkolli- Jahr über, lassen sich Schlagopfer an oder BUND in einem offenen Brief an die sionen. Federfunde und Fotos belegen, unter Fensterscheiben nachweisen. Flughafenbetreiber und die zuständi- dass sich unter den Opfern auch selte- Vögel sehen das Glas schlichtweg nicht, gen Verkehrsminister gefordert, dem ne Arten wie Eisvogel und Waldkauz Spiegelungen des Himmels oder von Bäu- massenhaften Vogelsterben am BER befanden. Man muss also davon ausge- men können aus der Perspektive eines endlich Einhalt zu gebieten. hen, dass seit dem Bau der Flughafenge- f liegenden Vogels einen hindernisfreien Ansgar Poloczek NATUR IN BERLIN 1/21
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