Naturvölker - Rettet die Naturvölker eV | Für Urvölker ...

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Naturvölker
                       Infoheft der Menschenrechtsorganisation
                       Rettet die Naturvölker e.V. (RdN)
                       Heft Nr. 85 – Mai 2018 – 27. Jahrgang

Die Batak leben im Einklang mit dem Regenwald         Foto: RdN

Ohne Stammesland keine Zukunft: „mapping-project“
soll helfen die Regenwaldheimat der Batak zu sichern!
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Inhaltsverzeichnis

In eigener Sache…………………………………………………………….                                   2
Ayoréo-Aislados, Bericht Teil II: Die Anwesenheit der in Isolation
lebenden Ayoreo an der Grenze zwischen Paraguay und Bolivien……              3
Malaysia: Der Kampf der Jah Hut um Landrechte geht weiter!..............   21
Angriff auf den Amazonas: Mine von Belo Sun in Volta Grande im
Herzen des brasilianischen Amazonasgebiets…………………………...                    21
Der schwere Weg der Batak von Palawan ins neue Jahrtausend……..             22
Aus unserer Post……………………………………………………………                                    35
Zur Erinnerung: RdN-Jahresversammlung 2018………………………...                     36

In eigener Sache

Wir hatten bisher jedem, egal wieviel er spendete eine Bescheinigung aus-
gestellt. Es ist halt der Dank, für die Unterstützung. Was man aber raus-
kriegen sollte: Wer kann auf eine Bescheinigung verzichten? Wer keine
braucht, wie z.B. Rentner, die keine Steuern zahlen, sollten uns informie-
ren. Danke.
                                                             Arne Salisch

Ein Gruß unserem neuen Mitglied Helmut Sachser aus Mörlenbach.

Bitte werben Sie für RdN mit unseren Flyern, Aufklebern und dem
neuen Flugblatt (anliegend beigefügt)

Organisationen, Firmen, die unsere Arbeit unterstützen:

                              Rettet den Regenwald e.V. setzt sich für
                              den Schutz und Bewahrung von Wäldern,
                              insbesondere des tropischen Regenwalds,
                              gemeinsam mit den dort lebenden Völkern
                              ein.

                              AUTARKA, Ihr Shop für Outdoor, Survi-
                              val, Adventure und autarke Selbstversor-
                              gung AUTARKA hilft RdN bei der Unterstüt-
                              zung von Projekten zum physischen und kul-
                              turellen Überleben von Naturvölkern. Nutzen
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Ayoreo-Aislados, Bericht Teil II

III. Die Anwesenheit der in Isolation lebenden Ayoreo an der Grenze
zwischen Paraguay und Bolivien

An der Grenze zwischen Paraguay und Bolivien werden die meisten Sich-
tungen von Gruppen der in Isolation lebenden Ayoreo registriert. Die Grup-
pen bestehen aus 12 oder mehr Personen – eine hohe Zahl im Vergleich
zu Gruppen aus anderen Regionen. Berichte von Sichtungen stammen
von Arbeitern, die beobachteten, wie die Aislados Landstraßen überquer-
ten, von Großgrundbesitzern und Parkwächtern, die von ihrer Ankunft
überrascht wurden und ihnen Wasser und Salz in Zeiten der Trockenheit
anboten und von Parkwächtern in Paraguay und Bolivien.

3.1. Das Gebiet von Chovoreca

Sichtung: Im Juli 2008 überflog ein Eigentümer sein Grundstück, das 60
Kilometer nordöstlich der Militärbasis Agua Dulce liegt. Er berichtete dem
Großgrundbesitzer Mauricio Fleitas, dass er dabei aus der Luft eine
Gruppe von 25 bis 30 Personen an einer Wasserstelle im Norden des
Grundstücks gesehen hatte. Die Information stammt aus einer zuverlässi-
gen Quelle; dennoch erschien sie dem erfahrenen Pilot Mauricio Fleitas
unglaubwürdig, da es schwierig ist, unter den beschriebenen Umständen
Menschen aus der Luft zu entdecken. Trotz der Meinung dieses Experten
wurde die Anwesenheit der Ayoreos dort von Arbeitern aus der Region von
Chovoreco bestätigt.

Spuren: Im August 2008 berichteten Ayoreo-Arbeiter an Mateo Sobode,
dass sie Spuren der Aislados auf einer Farm an der Linea (Erdstraße) 14
entdeckten, die nordöstlich von Agua Dulce und westlich des Landes der
Garaigosode liegt. Die Anwesenheit von Aislados in diesem Gebiet wurde
von Ebi Posorojnai bestätigt, auch wenn er die Spuren nicht genau lokali-
sierte.

Rufe der Waldbewohner: Am 18. Oktober 2008 unternahmen Ebi Po-
sorojnai und andere Ayoreo-Arbeiter einer Farm an der Línea 14 einen
Wochenendausflug zum Jagen und Honig ernten. Wie immer begannen
sie die Wanderung in den Wald gemeinsam, bevor sie sich auf verschie-
dene Wege aufteilten. Als Ebi nach einigen Minuten Honig fand und seinen
Begleitern zurief: „Hier gibt es viel Honig", antwortete ein Ayoreo fragend:
„Wo genau befindest du dich?".

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Als Ebi bemerkte, dass die Antwort nicht von seinen eigentlichen Beglei-
tern kam, erschrak er und flüchtete. Noch am selben Tag erzählte er an-
deren Ayoreos per Radio von dieser Begegnung.

Spuren an Wasserstellen: Im Juni 2009 näherten sich einige Aislados
einem neuangelegten Teich auf der Farm Arriero Porte in der Nähe von
Chovoreca. Während eines Monitoring entdeckten Experten der Ayoreos
und ein Team der IA Abdrücke der rechteckigen Sandalen der Ayoreos am
Rand des Ufers. Die Aislados waren zum Teich gekommen, um zu trinken
und hatten sich dann zurückgezogen. Man fand dort ebenfalls Ansätze ei-
nes Systems zum Filtern von Wasser, das von Aislados benutzt wird: Dazu
wird Gras in eine 40 zentimetertiefe Furche im Boden gelegt, welches das
Wasser auf seinem Weg vom Teich zum Auffangbecken filtert.

Sandalenabdruck der nomadisierenden Ayoréo-Aislados im Erdboden

Abgebrannte Fläche für Pflanzung: Im August 2009 arbeitete eine
Gruppe von Ayoreos mit dem Vermessungsingenieur Oscar Campuzano
in der Nähe von Chovoreca, der das 20.000 Hektar große Grundstück der
Ayoréo-Guidaigosode in dieser Region vermessen sollte. Sie fanden dabei
eine Stelle innerhalb eines naturbelassenen Gebiets, das die Aislados ab-
gebrannt hatten, um dort Saatgut auszusäen. Einer der Arbeiter, Tomasito

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Picanerai, erklärte, dass dies eine typische Anbaumethode der Ayoreos
sei. Die Stelle befindet sich in der Nähe des südlichen Grenzweges des
Landes der Ayoreo in Chovoreca.

Fußspuren: Am Morgen des 12. August 2012 überquerten die Aislados in
der Nähe von Chovoreca eine Erdstraße von Norden nach Süden. Der
Weg war vor kurzem für den Aufbau der Farm des Mennoniten Arnaldo
Wiens eingerichtet worden. Die Fußspuren wurden von einer Gruppe von
Ayoreos entdeckt, die ein Team von Technikern der IA, UNAP und der
Gobernación de Boquerón (Regierung von Boqueron) auf einer Monito-
ring-Reise begleiteten. Man fand sie fast genau in der Mitte zwischen der
Línea 14 und der (geraden Grenz)linie Chovoreca. Bereits in der Nacht
zuvor und in der Morgendämmerung hatten die älteren Ayoreos Zeichen
der Natur wahrgenommen, die darauf hinwiesen, dass Menschen oder Ti-
ger (Jaguar) in der Nähe waren. Sie waren so beunruhigt, dass sie eine
Nachtwache einrichteten. Als sie morgens auf die Suche nach Schildkrö-
ten gingen, fanden sie die Spuren in ca. 400 Metern Entfernung vom Lager.

Ayoreos der Monitoring-Gruppe, unter ihnen Mateo Sobode Chiquenoi (m.)

Rufe: Am 12. August 2012, dem letzten Tag ihrer Reise, gingen die
Ayoreos für einige Stunden jagen und sammeln. Einer von ihnen, der Alte
Guasí, hörte bei seiner Rückkehr aus dem Süden Rufe. Er antwortete
ihnen, weil er dachte, sie kämen von seinen Begleitern, denen er seinen
Aufenthaltsort anzeigen wollte. Als er keine Antwort erhielt und sah, dass
die anderen aus seiner Gruppe schließlich aus dem Norden und nicht wie
er aus dem Süden kamen, wusste er, dass er zuvor wahrscheinlich auf
eine Gruppe von in Isolation lebenden Ayoreos getroffen war.

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Nach diesem Ereignis wurden keine weiteren Jagdausflüge in kürzlich er-
schlossene Gebiete unternommen. Die Gruppe zog sich aus dem Gebiet
zurück und verbrachte die Nacht am Besucherzentrum des Nationalparks
Defensores del Chaco.

Sichtung und Spuren: Im Dezember 2012 sichteten der Betreiber der
Farm Arriero Porte und seine Frau die Aislados in der Nähe der Lagune
Atocase an der Línea 1. Auch Lucio Dosapei und seine Frau entdeckten
dort Pfade und Fußspuren der Aislados, die in Richtung der Wasserstelle
führten.

3.2 Das Gebiet von Gabino Mendoza und Médanos del Chaco

Alte Hütte: Im Juni 2005 entdeckte eine Gruppe von Parkwächtern eine
Hütte, die bis vor kurzem genutzt wurde. Sie beschrieben sie als eine
Hütte, wie sie auch von den Ayoreos aus den Wäldern genutzt wurde.
Ebenfalls erklärten sie, dass das Dach intakt war und die Hütte nicht mit
Unkraut bewachsen war, woraus sie schlossen, dass sie maximal ein Jahr
alt war und möglicherweise während der letzten Regenzeit genutzt worden
war.

Löcher für die Honigernte: Der Leiter derselben Gruppe, Enrique
Bragairac, entdeckte in der Nähe dieser Hütte auch neu angelegte Löcher
für die Honigernte. In diesem Gebiet hielten sich die Aislados während des
Winters (Trockenzeit) auf.

Fußspuren und Glutreste in der Asche: Parkwächter des Nationalparks
Médanos del Chaco fanden eines Morgens eine Feuerstelle, die erst vor
kurzem gelöscht worden war. Sie entdeckten ebenfalls Spuren von quad-
ratischen Sandalen, die von dort in Richtung Norden gingen.

Sichtung: Ende Juni 2005 wurde dem Parkwächter des Postens Lage-
renza'i von einer Gruppe Arbeitern berichtet, dass sie auf dem Weg von 4
de Mayo nach Lagerenza'i einen Mann und eine Frau der Aislados be-
obachtet hatten, die über eine Erdstraße aus dem Nationalpark Médanos
del Chaco heraus in Richtung Norden gingen. Dies geschah zwischen dem
Grenzweg im Nordosten des Parks und dem Wachposten Lagerenza'i.

Spuren: Im Juni 2006 entdeckten einige Guaraní-Indianer aus Pykasu
Fußspuren der Ayoreos in der Umgebung von Lagerenza'i. Sie erzählten
ihrem Anführer Eusebio davon, der wiederum unverzüglich Aquino

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Picanerai informierte, den für den Schutz der Aislados zuständigen Mitar-
beiter der UNAP.

Löcher für die Honigernte: Im Juli 2006 beobachtete Agapito Samudio,
Parkwächter des Postens Lagerenza'i, auf seiner Reise von Palmar de las
Islas nach Sierra León ein Tier, das über eine Landstraße in Richtung einer
Lichtung lief. Als er seinen Spuren folgte, entdeckte er ein erst kürzlich
angelegtes Loch in einem weißen Quebrachobaum.

Ayoreos der UNAP begutachten aufgehacktes Bienennest

Sichtung: Im Juli 2006 überflog Primo Cano auf der Suche nach Wasser-
stellen das Gebiet an der Landstraße 101. Östlich von Gabino Mendoza
konnte er in der Nähe der Lagune Trinidad aus der Luft Bewegungen aus-
machen. Zuerst dachte er, dass es sich dabei um Rinder handelte, die zu
der Wasserstelle gingen, aber bei einem späteren, niedrigeren Flug ent-
deckten sie Menschen. Von diesem Ereignis berichtete Agapito Samudio.

Spuren: Anfang Mai 2007 begannen Osvaldo Suárez und sein Sohn Ar-
beiten am Zaun der nordwestlichen Grenze der Farm "J", dort, wo die süd-
östliche Grenze des Nationalparks Médanos del Chaco und die südliche
Grenze des Nationalparks Defensores del Chaco aufeinandertreffen. Dort
fanden sie in der Nähe eines Baches namens "Corredero Tereré" frische
Spuren in der Form der rechteckigen Sandalen der Ayoreos. Diese

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Informationen wurden an Julio Samudio, Parkwächter im Posten Lage-
renza'i, übermittelt.
Spuren: Im gleichen Monat fand José María González Araujo, der Eigen-
tümer der Farm "J", zusammen mit Osvaldo Suárez und seinem Sohn Fuß-
spuren der Aislados. Sie berichteten, dass es sich dabei um Spuren der
"pytajovái1" handelte. So heißen die in Isolation lebenden Ayoreo auf Gu-
arani.
Die Spuren verliefen nach Westen, in Richtung Gabino Mendoza.

Löcher für die Honigernte und zur Entnahme von Wasser: Ungefähr
im Winter 2009 schlugen in Isolation lebende Ayoreos Löcher in Florettsei-
denbäume (palo borracho). Dies geschah im Médanos del Chaco in der
Nähe des Militärstützpunktes Gabino Mendoza. Die Löcher wurden von
Soldaten im August 2010 entdeckt, als sie auf Erdstraßen patrouillierten,
die zur Erschließung von Ölvorkommen angelegt worden waren. Einige
Tage später wurden die Löcher von einem Team der IA und UNAP, darun-
ter auch Experten der Ayoreos, analysiert. Aufgrund der Tiefe der Schnitte,
ihrer Breite und weiterer Merkmale kamen sie zu dem Schluss, dass die
Löcher mit typischen Werkzeugen der Ayoreos angefertigt worden waren
und ungefähr ein Jahr alt waren (von Mitte 2009). Eines der Löcher wurde
für die Honigernte angefertigt, während aus dem zweiten Wasser entnom-
men werden konnte. Beide Bäume standen einige hundert Meter vonei-
nander entfernt.

Geräusche von Äxten: Am 15. August 2010 war ein Soldat aus dem
Stützpunkt Gabino Mendoza auf Patrouille in der näheren Umgebung. Er
ging auf einer Erdstraße im Süden der Landebahn der Militärbasis in Rich-
tung Südosten. Nach anderthalb Kilometern hörte er Geräusche von Axt-
hieben, die aus dem Süden kamen. Da er wusste, dass die Geräusche
nicht von einem Specht stammen konnten, gab er einen Warnschuss in
Richtung der Geräusche ab und lief zurück zum Quartier. Zufällig gelangte
auch das Monitoring-Team der IA und UNAP am darauffolgenden Tag
dorthin. Während seiner Erzählung war der Soldat sichtlich eingeschüch-
tert, weil es verschiedene Anzeichen der Anwesenheit von Ayoreos in den
Tagen davor gegeben hatte. Er wusste, dass dort Indigene in Isolation leb-
ten, weil er es von seinen Kameraden gehört hatte und weil er selbst Be-
richte über Sichtungen in der unmittelbaren Nähe des Stützpunktes

   1
    Pytajovái: Wörtlich übersetzt aus dem Guaraní bedeutet es "zwei Fer-
   sen". Das Wort lehnt sich an die rechteckige Form der traditionellen San-
   dalen der Ayoreo an.

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während der letzten vier Jahre gelesen hatte. Diese Berichte sind in einem
Nachrichtenbuch festgehalten, das sich zusammen mit Radioberichten
über außergewöhnliche Situationen in der Kommandantur von Mariscal
Estigarribia befindet.
Löcher für die Honigernte: Anfang April 2014 entdeckten ein Brasilianer
und sein Planierraupenfahrer namens Giménez eine große Anzahl von Lö-
chern für die Honigernte in Bäumen. Die Löcher sind unterschiedlich alt.
Der Brasilianer fotografierte einige von ihnen. Er arbeitet in einem Gebiet
von 18.000 Hektar Größe nordöstlich der Militärbasis Gabino Mendoza.
Am 24. April 2014 berichtete Unine Cutamorajnai, Führer des Dorfes Cu-
yabia, während eines Besuchs im Büro der IA über das, was Giménez ihm
erzählt hatte.

Sichtung: Im April 2014 arbeitete Giménez, der bereits erwähnte Planier-
raupenfahrer, im Nordosten von Gabino Mendoza auf einer Lichtung an
einer Erdstraße, um die Gegend für die Abholzung vorzubereiten. Er sah,
wie ein Aislado in ungefähr 20 oder 30 Metern Entfernung einen Baum
hochkletterte, um zu schauen, ob dieser Honig enthielt, und dann wieder
herunterkletterte. Giménez erschrak. In seinem Bericht an den Führer von
Cuyabia, Unine Cutamorajnai, berichtete er von einer Technik, die die
Ayoreos früher zur Suche nach Honig in Bäumen nutzten.
Der Arbeiter erzählte Unine: „Unine, ich habe dort deine Landsleute gese-
hen. Es sind deine Leute, aber sie sind nicht wie du. Sie tragen keine Klei-
dung". Giménez sagte auch, dass er Unine holen würde, wenn er die Ais-
lados nochmal sähe, damit Unine dann Gelegenheit hätte, nicht mit ihnen
zu sprechen, sondern nur, um die Spuren mit eigenen Augen zu sehen.

3.3 Das Gebiet von Palmar de las Islas, zwischen der Grenze zu Boli-
vien und dem Nationalpark Defensores del Chaco

Spuren: Im Jahre 2002 wurde Agapito Samudio von Arbeitern im Norden
der Farm der Familie Insúa in Palmar de las Islas darüber informiert, dass
sie Spuren von Aislados im Nordwesten der Lagune entdeckt hatten. Sie
fanden Spuren von 3 oder 4 Personen. Samudio war zu dieser Zeit der
verantwortliche Parkwächter von Lagerenza'i.

Spuren: Am 1. August 2004 entdeckten alte Ayoreos und Mitarbeiter der
UNAP nördlich von Lagerenza, in der Nähe des Weges nach Palmar de
las Islas, frische Spuren von Aislados. Der Fund war zufällig und geschah
während einer Reise der Alten, – die, als sie noch jung waren, ebenso wie
die Aislados lebten – in die Territorien ihrer Vorfahren. Die Reise wurde

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von der IA unterstützt. Sie erkannten einige Stellen in der Wildnis wieder,
wo sie in Kontakt mit Missionaren gekommen waren. An einem dieser Orte,
wo sich früher ein Dorf befunden hatte, entdeckten sie frische Spuren von
Ayoreos aus den Wäldern. Sie zogen sich deshalb sofort aus diesem Ge-
biet zurück.

Blick auf den Cerro Gososo (San Miguel) von Palmar de las Islas aus, an der
Grenze zwischen Paraguay und Bolivien

Angriff von Aislados auf eine Planierraupe: Im Juli 2008 informierte
Gaspar Isaurralde über einen Angriff von Aislados auf Fahrer einer Pla-
nierraupe. Isaurralde arbeitete als Vertretung von Silvino González im Na-
tionalpark Defensores del Chaco. Er erzählte uns, was er von den Planier-
raupenfahrern auf der Farm Cerro León des Unternehmens Los Molinos
erfahren hatte: Sie hatten Gebiete im Norden des Grundstücks in der Nähe
einer Wasserstelle gerodet. In der Nähe gibt es zwei Lagunen. Sie hörten
Geräusche aus dem Wald und sofort wurden die Fahrer von den Aislados
attackiert. Sie flüchteten erschrocken. Offensichtlich stellte der Angriff eine
Warnung dar. Im November desselben Jahres berichtete ein Bekannter
dieser Fahrer von weiteren Details: Als sie gerade eine neue Erdstraße
von Süden nach Norden rodeten, riefen zwei Menschen aus dem Wald.
Sie erfuhren später, dass diese Rufe sie davor warnen sollten noch näher
zu kommen oder ihre Arbeit fortzusetzen. Einige Minuten später warfen sie
einen Speer und schossen einen Pfeil auf das Fahrzeug. Die Fahrer schos-
sen daraufhin aber nicht auf die Personen.

Hütten mit Resten von Utensilien und Nahrungsmitteln der Aislados:
Im August 2008 entdeckten Juan Echanagusía, Guido González und wei-
tere Planierraupenfahrer auf der Farm Cerro León des Unternehmens Los

                                       10
Molinos eine Hütte. Die Hütte stand an der Stelle, an der sie im vorherigen
Monat angegriffen worden waren. Darüber hinaus fanden sie dort Utensi-
lien, frische Asche und Reste von Schildkrötenpanzern. Juan Echenagusía
war zu dieser Zeit der Leiter der Farm. Laut seiner Beschreibung gab es in
der Hütte eine zentrale Säule und seitliche Säulen aus dem Holz des Gu-
ajakbaums. Das Dach bestand aus Zweigen, Blättern der Caraguatá-
Pflanze, darüber waren Lehm und Zweige. Sie fanden die Hütte ganz in
der Nähe seines Hauses, in einer Ecke der Landebahn. Wahrscheinlich
wollten die Aislados diese Hütte bei ihrem Angriff im Monat zuvor verteidi-
gen.

Sichtung: Im August 2008 überflogen die Eigentümer derselben Farm das
Gebiet. Aus der Luft machten sie eine Gruppe von 25 bis 30 Personen in
der Nähe einer Wasserstelle im Norden des Grundstücks aus. Diese Infor-
mation wurde durch die Parkwächter und Arbeiter dieses Gebietes über-
mittelt.

Reste eines Lagerfeuers und von Schildkrötenpanzern: Im August
2010 fanden Arbeiter auf einer sich im Aufbau befindlichen Farm, die 40
km westlich vom Militärstützpunkt Palmar de las Islas liegt, Reste eines
Lagerfeuers und von Schildkrötenpanzern. Dies geschah an der nördli-
chen Grundstücksgrenze. In der Nähe, wenige Meter vom Rand der Erd-
straße entfernt, befand sich außerdem ein Florettseidenbaum, an den ein
Stab genagelt war. Die Asche war noch frisch, vom Morgen des vorherigen
Tages, wie die Arbeiter erkannten. Sie waren die einzigen Menschen im
Umkreis von 30 Kilometern.

Sichtung, Trampelpfade und alte Hütten: Am 3. August 2010 liefen zwei
Arbeiter um ca. 10 Uhr morgens über eine Erdstraße im Südwesten eines
Grundstücks zwischen Palmar de las Islas und der Línea 2. Sie waren be-
waffnet, weil sie jagen gingen. Plötzlich sahen sie zwei Personen, die die
Straße von Westen nach Osten überquerten. Zehn Tage später, am 13.
August, erzählten sie uns von diesem Erlebnis, auch wenn sie sich nicht
daran erinnerten, ob die Aislados etwas in ihren Händen hielten. Sie sag-
ten, dass sie sich beide nur an wenige Details erinnerten, weil sie sich er-
schraken und sich sofort zurückzogen. Ein anderer Informant erzählte,
dass keiner der Arbeiter nach diesem Ereignis seine Arbeit dort fortsetzte.
Die Teams von IA und UNAP beobachteten die Gegend daraufhin. In der
Nähe entdeckten die Ayoreos einen alten Pfad. In der Nähe eines Fluss-
betts, in weniger als 30 Metern Entfernung von der kürzlich fertig gestellten
Erdstraße fanden sie außerdem ein ehemaliges Lager, ein Dorf. Dort war

                                      11
auch noch die Hauptsäule einer ehemaligen Hütte erhalten geblieben. We-
nige Meter von der Hütte entfernt fanden sie einen Florettseidenbaum, aus
dem vor vielen Jahren mehrere Male Honig entnommen worden war. Dies
war mit einer traditionellen Technik geschehen, die verhindert, dass die
Bienen den Baumstamm verlassen. Möglicherweise war ein ortskundiger
Aislado zurückgekehrt, um dort Honig zu ernten.

Sichtung und Kommunikation mit Waldbewohnern: Im August 2013
begegnete eine Gruppe von Arbeitern einer Gruppe von fünf in Isolation
lebenden Ayoreos. Dies geschah auf einer sich im Aufbau befindlichen
Farm in der Nähe des Markierungssteins VIII. Die Arbeiter bereiteten den
Untergrund für das Setzen von Pflöcken vor. Die Besucher waren drei
Männer und zwei Frauen, die in Isolation lebten. Sie näherten sich den
Arbeitern, weil sie von der Trockenheit 2 gezwungen waren, nach Wasser
und Salz zu fragen. Die Arbeiter hinterließen beides in einiger Entfernung,
damit sie es sich wegnehmen konnten. Einer der acht Arbeiter war ein jun-
ger Ayoreo namens Bisidi. Als die Aislados auf sich aufmerksam machten,
bat einer der Paraguayer Bisidi, dass er nicht eingreifen sollte und dass er
nicht auf Ayoreo mit ihnen sprechen, sondern sich verstecken sollte. Bisidi
blieb in einem Häuschen, von wo er alles beobachtete. Er sah dabei, wie
ein sehr alter Aislado den Weißen erklärte, dass sie kein Wasser mehr
hätten, und sie bat, ihnen etwas von ihrem abzugeben. Bisidi übersetzte
die Bitte von dem Häuschen aus, so wie alles andere, was die Aislados
sagten. Nachdem sie getrunken hatten und das Salz an sich genommen
hatten, sprach der Alte noch mit ihnen und erzählte, dass sie in diesem
Gebiet wohnten und dass sie zur Zeit nördlich von dort ihr Lager aufge-
schlagen hatten. Sie hatten ihr Lager auf der Suche nach Wasser verlas-
sen, aber im Dorf wohnten noch weitere Personen. Er fragte, ob sie alle
hierherkommen dürften, um dort zu leben und das Wasser zu nutzen. Die
Planierraupenfahrer bedeuteten ihnen mit Gesten, dass sie nicht kommen
sollten. Daraufhin zogen sich die Aislados zurück. Einer von ihnen sagte,
dass sie zurückkehren könnten, wenn sie mehr Wasser bräuchten, obwohl
dies auch in der folgenden Woche, in der die Arbeiter sich dort aufhielten,
nicht mehr geschah. Bisidi berichtete von diesem Ereignis am 1. Septem-
ber 2013, als er nach Campo Loro zurückkehrte.

Sichtung: Ende 2015 beobachteten einige Arbeiter der Ayoreo und Para-
guayer einen Ayoreo aus dem Wald, wie er von einer Seite auf die andere

   2
    Im Winter und Frühling 2013 herrschte im gesamten Chaco eine außerge-
   wöhnliche Trockenheit.

                                     12
Seite der Wege innerhalb einer Farm in der Nähe des Cerro León wech-
selte. Die Information stammte von einem jungen Arbeiter der Ayoreo, der
mit Mateo Sobode Chiquejno telefonierte. Der junge Mann wollte außer-
dem wissen, wie sie sich in solchen Fällen verhalten sollten. Mateos emp-
fahl ihnen, ruhig zu bleiben, nichts zu unternehmen und den Aislados die
Gelegenheit zu geben, sich zurückzuziehen.

Sichtung: Am Montag, dem 9. November 2015, beendeten zwei Arbeiter
einer Farm zwischen Palmar de las Islas und Cerro León gegen Mittag ihre
Arbeit, um ihr Mittagessen einzunehmen. Während sie sich am Rande ei-
nes vor kurzem gerodeten Stück Landes ausruhten, sahen sie, wie eine
Gruppe von in Isolation lebenden Ayoreo vorbeiging. Die Gruppe bestand
aus sieben Männern und befand sich in einer Entfernung von etwa 150
Metern. Die Aislados kamen aus dem Wald und gingen durch das gerodete
Gebiet. Offensichtlich waren sie sich nicht der Anwesenheit der Arbeiter in
ihrer Nähe bewusst. Laut dem Augenzeugen waren sie kräftig, unbekleidet
bis auf Lendenschurze und dunkelhäutig; alle waren mit Speeren bewaff-
net und hatten lange Haare, die am Hinterkopf mit Stricken umwickelt wa-
ren (ähnlich einem Dutt).

Spuren und vor kurzem angelegte Löcher für die Honigernte: Am
Dienstag, dem 10. November 2015, fanden Arbeiter auf derselben Farm
Spuren von Aislados auf einem der Wege, die die Parzellen zur Rodung
teilen. Sie sahen Spuren einer großen Gruppe von Menschen, die den
Weg von einer Seite zur anderen überquert hatten. Es waren viele Fuß-
spuren unterschiedlicher Größen zu sehen, teilweise auch von rechtecki-
gen "zapatos de tablita", teilweise von nackten Füßen. Sie verliefen in
Richtung West-Ost. "Die Spuren waren über eine Breite von 2 Metern ver-
teilt. Man sah, dass es viele waren", bestätigte der Augenzeuge, ein Arbei-
ter auf der Farm, der schätzte, dass man Spuren von mindestens 20 Per-
sonen sah. Der Vorgesetzte der Arbeiter verbot ihnen, darüber zu spre-
chen, und drohte ihnen, dass sie sonst ihre Arbeit verlieren würden 3.

Sichtung und Ereignis mit Schrecken: Im Juni 2016 gab es mehrere
Berichte über die Anwesenheit von in Isolation lebenden Ayoreos auf Far-
men in der Nähe der Grenze zwischen Paraguay und Bolivien, zwischen
den Grenzsteinen VI und VIII. Es wird berichtet, dass sich ein Ayoreo ei-
nem Lager von Arbeitern näherte, woraufhin diese aus unbekannten

   3
    Aus diesem Grund bleiben die Informanten, die über die Anwesenheit
   der Menschen aus den Bergen auf den Farmen berichten, anonym.

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Gründen auf ihn schossen. Der Beste dokumentierte Vorfall trug sich wie
folgt zu: Ein Arbeiter fertigte mit seiner Motorsäge Pfähle an. In zwei auf-
einanderfolgenden Nächten spürte er, dass sich ein Mann (oder eine Per-
son) seinem Lagerplatz näherte und ihn beobachtete. In der zweiten Nacht
sah er im Schein des Lagerfeuers in weniger als 60 Metern Entfernung die
Umrisse eines nackten Mannes, der ihn beobachtete. Der Arbeiter bekam
Angst und feuerte mit seinem Gewehr in Richtung des Körpers in der Dun-
kelheit. Einige Arbeiter, die sich in der Nähe aufhielten, bestätigten, dass
sie während zweier aufeinanderfolgender Nächte Schüsse gehört hatten.
Diejenigen, die sich noch näher aufhielten, konnten dies ebenfalls bezeu-
gen und erzählten, dass die Schüsse in Richtung eines Baumes abgefeu-
ert wurden, hinter dem man den sich versteckenden Aislado vermutete.
Sie konnten keine Blutspuren entdecken, die darauf hinwiesen, dass je-
mand vom Schuss getroffen wurde.

3.4 Nationalpark Defensores del Chaco

Nationalpark Defensores del Chaco. Der Cerro León, aus Richtung der Lagune im
Südwesten

Der Nationalpark Defensores del Chaco und Cerro León sind Teil des Ter-
ritoriums der Ayoreo. Verschiedene lokale Gruppen dieses Volkes lebten
entsprechend ihrer kulturellen Überzeugungen und nutzten ihr Territorium
ohne Unterbrechung bis in die zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhun-
derts, mit dem dann an ihnen begangenen erzwungenen Aufbruch. Das

                                      14
Gebiet ist Ursprung vieler sesshaft gewordener Familien der Ayoreo. Laut
überlebender Augenzeugen, die den Kontakt mit Missionen und der Kolo-
nialgesellschaft erlebt haben, lebten in der Gegend um Cerro León haupt-
sächlich die Ayoreo Ducodegosode, Erampepaigosode und Tiegosode;
aber auch die Totobiegosode, Garaigosode, Ijnapuigosode, Atetadiego-
sode und Amomegosode hielten sich dort auf. Die Überlebenden und ihre
Nachfahren leben in verschiedenen Gemeinden in Alto Paraguay und im
Chaco Central.
Verschiedene Augenzeugenberichte und ausgewertete Daten zeigen,
dass es immer noch verschiedene Gruppen gibt, die in freiwilliger Isolation
in verschiedenen Regionen im Norden des Chaco leben. Mehrere dieser
Gruppen bewohnen den Nationalpark Defensores del Chaco, der ihnen als
Lebensraum dient und ihnen Zuflucht bietet vor dem kolonisierenden Ein-
dringen des Agrobusiness in ihr Territorium, das mit hoher Geschwindig-
keit seine natürliche Integrität gefährdet.

Lagerfeuer: Zwischen dem 21. und 23. Juli 2000 sah der Soldat Mario
Reinoso im Cerro León ein Lagerfeuer aus der Ferne, während er seinen
Dienst im Militärstützpunkt 4 de Mayo leistete. Eines Tages sah er, wie
Rauch vom Cerro León aufstieg, was bedeutete, dass jemand dort ein
Feuer entzündet hatte. Dieses Ereignis wurde vom Augenzeugen Juan
Carlos Rivas, dem ehemaligen Parkwächter des Postens Cerro León, be-
stätigt. Auch er beobachtete eine Rauchsäule, die aus dem Inneren der
Hügel aufstieg; dies geschah ungefähr am gleichen Datum.

Abgebrannte `Garten`fläche: Im Jahre 2001 entdeckte Silvino González,
Parkwächter des Nationalparks Defensores del Chaco im Norden von
Cerro León, in der Nähe des Flussbettes des Tiemane ein natürliches Feld,
das für den Anbau von Pflanzen durch Abbrennen vorbereitet worden war,
so wie es die Ayoreo aus den Wäldern üblicherweise tun. Silvino entdeckte
diese Stelle während einer Erkundungsfahrt durch den Park. Der Ort ist
anderen Besuchern nicht zugänglich.

Anwesenheit der Aislados in der Nähe: Im August 2001 spürten die
diensthabenden Soldaten der Militärbasis 4 de Mayo, dass sich Fremde in
der Nähe ihrer Einrichtungen westlich des Cerro León aufhielten. Einer von
ihnen gab einen Schuss in die Luft ab, um sie einzuschüchtern. Dies zog
eine Reaktion der Gruppe der Aislados nach sich: In der Nacht warfen sie
Steine auf das Blechdach des Lagers. Der Augenzeugenbericht stammt
von einem Leutnant namens Brítez.

                                     15
Spuren: Im Jahr 2001 entdeckte Braulio Montoya auf der Farm von
Riquelme im Süden der Militärbasis 4 de Mayo frische Spuren von Aisla-
dos. Diese befanden sich westlich vom Zentrum der Farm. Der Informant
arbeitete gerade am Drahtzaun um die neugerodeten Waldflächen.

Sichtung von 3 Personen: 5 Kilometer südlich des Militärstützpunktes 4
de Mayo befindet sich die Rinderfarm des Sr. Manuel Villalba. Im Jahre
2001 berichtete Villalba, dass er eines Tages während der Mittagspause
zu seinen Arbeitern ging, um nach ihrer Arbeit zu schauen. Als er einen
kleinen Fußweg entlang ging, kam er an eine Stelle, wo drei Mitglieder
einer Gruppe von Aislados saßen. Offensichtlich hatten die Aislados nicht
bemerkt, dass sich die Weißen näherten. Villalba glaubt, dass sie ihn nicht
gehört hatten, weil an diesem Tag ein starker Wind aus Richtung Norden
wehte. Die drei Personen merkten dann aber schnell, dass sie beobachtet
wurden, standen auf und flüchteten.

Verschwinden von Vorräten: Im Mai 2003 informierten der Leutnant Víc-
tor Valiente und ein Soldat des Militärstützpunktes 4 de Mayo über das
Verschwinden der Lebensmittel der Truppe und baten das Hauptquartier
in Lagerenza um Hilfe. Sie berichteten vom Verschwinden eines Ölkanis-
ters, des gesamten Salzes und des Locros. Da sie nur zu zweit waren und
in den Tagen zuvor bereits die Anwesenheit von Aislados gespürt hatten,
waren sie sicher, dass es sich um einen Eingriff der Aislados handelte.

Spuren: Im Oktober 2003 berichteten der Soldat Mario Reinoso und der
Leutnant Aldo Segovia von einem weiteren Vorfall: Sie beobachteten ein
weiteres Anzeichen der Anwesenheit von Aislados am Teich, den der Mi-
litärstützpunkt für die eigene Wasserversorgung unterhält. Mario entdeckte
Spuren von zwei Personen. Der Teich befindet sich in 200 Metern Entfer-
nung vom Stützpunkt, in Richtung Westen. Sie fanden die Fußspuren wäh-
rend einer trockenen Periode. Mario erklärte, dass diese Wasserstelle an
trockenen Tagen die einzige Quelle für Süßwasser in dieser Gegend sei.

Verschwundene Kekse: Im November 2003 patrouillierten Mario Reinoso
und Aldo Segovia in der Umgebung ihres Quartiers in der Nähe des Mili-
tärstützpunktes 4 de Mayo. Sie gingen entlang der historischen Erdstraße
im Nordwesten des Cerro León. Bereits zuvor hatten sie die Anwesenheit
von Menschen in der Nähe des Stützpunktes gespürt. Um zu schauen,
was passieren würde, hinterließ Mario am Ast eines Baumes eine Tüte mit
Keksen und eine Flasche Zuckerrohrschnaps. Als sie im Laufe des Tages

                                     16
zurückkehrten, sah er, dass nur die Flasche Schnaps noch dort war. Die
Tüte mit Keksen war weg.
Am 15. November 2003 fiel 43 mm Regen. Von diesem Zeitpunkt an nah-
men sie keine weiteren Anzeichen für die Anwesenheit von Menschen in
dieser Gegend wahr.

Rauch auf dem Cerro León: Mitte 2004 befand sich Armando Lozada auf
einer Wanderung durch den Nationalpark Defensores del Chaco. Er be-
schloss, wie jeder Tourist, bis zum Cerro León zu gehen. Er kam am Be-
sucherzentrum des Nationalparks an und sah von dort, wie am Hügel
Rauch in Richtung Nordosten aufstieg.

Spuren: Am 20. Mai 2005 fuhr ein Militärlaster von Mariscal Estigarribia
nach Lagerenza. In ihm reisten zwei Soldaten und ein Ingenieur des Waf-
fenlagers der Armee. Sie hatten die Aufgabe, abgelaufene Munition in das
Lager der Stadt Paraguarí zu transportieren. Auf der Strecke zwischen
sechs und vier Kilometern vor der Ankunft am Militärstützpunkt 4 de Mayo
(aus dem Süden kommend), sahen sie Fußspuren von drei oder vier Per-
sonen, die von der östlichen Seite der Erdstraße kamen und mehrere Ki-
lometer über sie hinweg führten, bevor sie dann auf der anderen Seite der
Straße verschwanden. Als sie am Stützpunkt ankamen, fragten sie die Sol-
daten, ob diese jemanden hier hätten entlang gehen sehen. Sie antworte-
ten, dass seit 2 Tagen niemand dort lang gegangen sei.

Sichtung: Dieselbe Gruppe reiste nach ihrem Halt am Militärstützpunkt 4
de Mayo weiter auf der historischen Strecke. Ungefähr 10 Kilometer nörd-
lich sahen sie, wie zwei Personen mit nacktem Oberkörper die Straße von
Westen nach Osten überquerten. Von weitem sahen sie den Umriss von
etwas, dass einer der beiden an seiner Seite trug und die Größe eines
Kanisters von drei bis vier Litern Volumen hatte. Die Information wurde uns
durch den Soldaten Seferiano Cardoso übermittelt.

Sichtung: Im Februar 2009 sichtete Jorge Rayo in der Nähe der Farm "La
Luna" eine kleine Gruppe von Menschen, die wie Aislados aussahen (dun-
kelhäutig, lange, zusammengebundene Haare, nackt, mit Speeren). La
Luna liegt im Süden des Nationalparks Defensores del Chaco.

Sichtung: Im Jahre 2009 reiste ein australisches Pärchen in den Chaco.
Die beiden Touristen befanden sich auf einer Reise durch verschiedene
Länder Lateinamerikas. Sie fuhren von Asunción nach Santa Cruz (Boli-
vien) und erreichten die Militärbasis 4 de Mayo über Mariscal Estigarribia.

                                     17
Sie befragten die Soldaten, was es in dieser Region Besonderes zu sehen
gäbe. Die Soldaten schlugen vor, den Cerro León zu besichtigen und be-
gleiteten sie bis zum Eingang des Besucherzentrums. Die Touristen be-
schlossen, dort zu campen. Das Pärchen hatte zuvor erklärt, dass sie dort
einige Nächte verbringen wollten, aber nach einigen wenigen Stunden
kehrten sie in den Militärstützpunkt zurück. Sie hatten zwei Personen ge-
sehen, die auf sie zukamen und hatten sich erschrocken. Sie sagten, dass
es dunkelhäutige Menschen waren, mit zusammengebundenen Haaren
und mit Speeren in der Hand. Der Bericht ist im Libro de Partes im Quartier
Lagerenza dokumentiert.

Spuren: Am 24. September 2010 entdeckte der Parkwächter Guido
González Spuren von vier Personen am Rande des Weges, der von Mad-
rejón zum Cerro León führt. Die Spuren waren weit entfernt vom Besucher-
zentrum von Madrejón. Das Team der IA besuchte den Ort und dokumen-
tierte die Fußspuren der Aislados am Rande einer Wasserstelle.

Spuren: Ende September 2010 fand derselbe Parkwächter die Spuren ei-
ner Person mit rechteckigem Fußabdruck, ganz in der Nähe des ersten
Funds.
Es sollte an dieser Stelle hervorgehoben werden, dass das Gebiet des Na-
tionalparks Defensores del Chaco und seine Umgebung bis 2010 oder
2011 sehr wenig besucht wurde. Es gab dort zu jener Zeit erst wenige fertig
gestellte Farmen.

Sichtung: Im Dezember 2012 fuhr der Verwalter der Anwesen des Sr. Mi-
guel Ortega mit seinem Fahrzeug die Línea 2 entlang. Er fuhr in Richtung
Norden, auf der Straße Richtung Agua Dulce und nahm eine Gruppe von
Arbeitern mit auf die Farm. Ungefähr 15 Kilometer südlich der Kreuzung
mit der Línea 1 machten sie Aislados aus, die in diesem Moment die
Straße von Osten nach Westen überquerten. Die Sichtung geschah noch
innerhalb des Nationalparks Defensores del Chaco. Außer dem Verwalter
der Farm Arriero Porte, wo man im Juni 2009 – wie bereits zuvor berichtet
– ebenfalls Spuren und Fußspuren in der Nähe einer Wasserstelle gefun-
den hatte, befand sich im Laster noch Sr. Lucio Dosapei, Führer der
Ayoreo-Gemeinde Jogasui. Auch er sah die Aislados.

Fußpfade: Am 13. und 14. Februar 2015 erreichte eine Delegation von
Technikern aus verschiedenen NGOs und Ayoreos der lokalen Gruppen
Ducodegosode und Garaigosode den Cerro León. Sie wollten sich ein ei-
genes Bild der Situation am Cerro León machen im Hinblick auf Gerüchte,

                                     18
die von der Entnahme von Steinen dort berichtet hatten. Während der Er-
kundung gelangten sie an verschiedene Fußwege am Berg, die von Aisla-
dos benutzt worden waren. Sie konnten kleine Zweige entdecken, die nach
unten geknickt waren: Diese zeigten, dass jemand dort entlang gegangen
war und die Richtung markiert hatte, in die gelaufen werden sollte, um an
einen bestimmten Ort zu gelangen. Diese Markierungen werden von
Ayoreos auf ihrem Weg durch den Wald hinterlassen, damit andere ihnen
folgen können.

Rauch: Der Parkwächter Silvino González berichtete, dass er im Januar
2015 gemeinsam mit einem anderen Techniker bis zum Aussichtspunkt
des Cerro León aufgestiegen sei. Von dort konnten sie zwei dünne Rauch-
säulen im Park sehen, in der Nähe ihres Standortes.

Waldindianer der Ayoréo-Totobiegosode Foto: Bernd Wegener

Verschwinden von Vorräten: Im Sommer 2015 entdeckte eine Gruppe
von Arbeitern, dass Vorräte aus ihrem Lager verschwunden waren. Sie
waren mit dem Bau eines Zaunes auf einer im Aufbau befindlichen Farm
im Süden des Nationalparks Defensores del Chaco beschäftigt. Sie such-
ten die Umgebung des Lagers ab und fanden einige Spuren. Sie folgten
ihnen und fanden nach einer längeren Wanderung alle die Vorräte, die ver-
schwunden waren. Alles war auf dem Boden verteilt, als hätten sie etwas
gesucht und nicht gefunden, als wären es unnütze Dinge. Sie dachten,

                                     19
dass es Menschen seien, die den Wert von verpackten Lebensmitteln nicht
kannten. Sie waren überzeugt, dass es die "wilden Moros" waren.

      Ayoreo-Aislados in Bolivien        Ayoreo-Aislados im Grenzgebiet

      Ayoreo-Aislados in Paraguay

Iniciativa Amotocodie, 2017                Übersetzung: Hanna Hommes

Damit die frei lebenden Ayorèode überleben, unterstützt RdN die
Schutzmaßnahmen / Landsicherung von IA / UNAP sowie GAT für
die Totobiegosode (Spendenkennwort: Ayoreo bzw. Walderhalt).

                                    20
Malaysia: Der Kampf der Jah Hut um Landrechte geht weiter!

Hallo Bernd,
am 19. Februar 2018 ist der Prozesstermin für Kampung Sungai Mai, das
ist das Heimatdorf von Jef. Wir haben den Prozess durch unsere Förde-
rung und durch meinen Besuch dort ja erst wieder auf den Weg gebracht.
Es wird finanzielle Unterstützung gebraucht für Transportkosten etc., damit
die Dörfler zum Prozess kommen, denn sie sind arm ...
                                                                        Arne

Angriff auf den Amazonas: Mine von Belo Sun in Volta Grande im
Herzen des brasilianischen Amazonasgebiets

Mutige indigene Stämme wehren sich gegen einen riesigen kanadischen Bergbau-
riesen, welcher vorhat, eine zerstörerische Goldmine im Herzen ihres heiligen
Amazonas zu errichten!

Bereits am 28. August vergangenen Jahres titelte die Luzerner Zeitung:
BRASILIEN ⋅ Die Regierung hat ein Naturschutzgebiet von der Fläche
der Schweiz aufgelöst und für den Bergbau freigegeben. Opposition
und Umweltschützer sind höchst alarmiert. Ein mächtiger multinatio-
naler Konzern will im Herzen des Amazonas eine gigantische Gold-
mine bauen.

Größter Investor der geplanten Mine ist Agnico Eagle Mines. Neun indi-
gene Stämme sind betroffen. Ein Stamm ist vom Aussterben bedroht,
wenn dieser desaströse Plan umgesetzt wird Aber sie setzen sich zur
Wehr und ein Bundesgericht hat gerade die Bewilligung entzogen, so
AVAAZ im März 2018.
                                                                B.W.

                                      21
Der schwere Weg der Batak von Palawan ins neue Jahrtausend

Die Insel Palawan liegt nördlich von Borneo und ist Teil der Philippinen.
Lange galt Palawan, das einstige Paragua, als die letzte Front („the last

Luftbild Palawan 2018: Entwaldungen (hellgrün), Bergregenwald (dunkelgrün)
frontier“). Gemeint war damit die letzte Front (!) gegen die so genannte
wilde ungezähmte Natur. Präsident Magsaysay unterwarf vor etwa 40 Jah-
ren diese abseits gelegene Insel der „Grünen Revolution“. Trotz drasti-
scher Rodungen kann Palawan auch heute noch mit einigem Recht als ei-
ne „grüne“ Insel bezeichnet werden. Im Gegensatz zu den meisten Philip-
pineninseln, die größtenteils zu kahlen mit Cogon-Gras bewachsene In-
seln geworden sind, gibt es hier noch Regenwälder.

Auf der 450 km langen und 40 km breiten Insel lebt ein kleines Volk, das
sich Batak nennt. Ihre Eigenbezeichnung bedeutet – wie bei Naturvölkern
üblich – Mensch und somit Angehöriger dieses Volkes. Die Batak sind die

                                      22
Ureinwohner und gehören einer möglicherweise mit Australoiden verwand-
ten Altbevölkerung an, die sonst überall aus der gesamten südostasiati-
schen Region verdrängt worden ist. Außer ihrem Namen haben sie nichts
mit den Batak der indonesischen Insel Sumatra gemein. Diese gehören zu
den Protomalaien (Altmalaien).
Niemand weiß und niemand wird wohl je erfahren, woher die Ureinwohner
Palawans gekommen sind. Fest steht jedoch, dass die Batak ebenso wie
die mit ihnen eng verwandten weiter südlich lebenden Konoy, bereits auf
der Insel waren, bevor die Neuankömmlinge aus Borneo eintrafen. Den
ersten europäischen Beschreibungen nach, sollen die Batak wilde Men-

Batak-Frau mit Kind                                             Foto: RdN
schen sein. Sie waren ohne Hab und Gut. In kleinen Gruppen durchstreif-
ten sie die Küsten- und Bergwälder und schliefen einfach dort, wo die
Nacht sie überfiel.

Vor zwei Generationen wiesen die Batak noch körperliche Merkmale auf,
die sie deutlich von den Filipinos unterschieden: relativ geringe Körper-
größe, kraushaarig und dunkelhäutig. Inzwischen sind sie stark mit Ma-
laien vermischt. Kraushaar und dunkelhäutiger Typus sind seltener gewor-
den. Aufgrund des ursprünglichen Menschentyps werden sie zu den Neg-
ritos gezählt. Sie hatten, ebenso wie die noch dunkelhäutigeren Negrito-
Völker, bis zum Beginn des letzten Jahrhunderts schwer unter

                                    23
Sklavenjagden zu leiden. Der Bedarf an Sklaven war groß. In den malaii-
schen Sultanaten, bei reichen Indern sowie chinesischen und holländi-
schen Geschäftsleuten gab es für die malaiischen Sklavenfänger reichlich
Absatz. Ältere Batak wissen noch heute darüber zu berichten.

                                                Erst vor etwas mehr als
                                                einhundert Jahren sie-
                                                delten die ersten Ma-
                                                laien im Gebiet der da-
                                                mals rund 600 Batak,
                                                die im nördlichen Teil
                                                Palawans rings um den
                                                markanten mystischen
                                                Berg Puyos (Cleopatras
                                                Needle) ihren traditio-
                                                nellen Lebensraum ha-
                                                ben.
                                                Ursprünglich reine Wild-
                                                beuter gewesen, über-
                                                nahmen die Batak auf-
                                                grund des Kontaktes zu
                                                den Neusiedlern be-
                                                stimmte Elemente deren
                                                Wirtschaftsweise. Erste
                                                kleine Pflanzungen ent-
                                                standen in jener Zeit.

                                                Blick auf den 1.450 m ho-
                                                hen Mount Puyos-Gipfel
                                                Foto: RdN

                                   24
Batak-Gruppe mit Windschirm, die schnell errichtete Schutzunterkunft vor widriger
Witterung. Der Windschirm ist das traditionelle Schutzdach nomadisierender Jä-
ger- und Sammler-Ethnien Südostasiens.                                Foto: RdN

Vor ungefähr 60 Jahren drangen christianisierte Filipinos, zumeist von den
Inseln der Cuyos und den Visayas, in das Land der Batak ein. Die Kette
der Vertreibung fing damit an. Das Urvolk musste landeinwärts ins Dschun-
gelbergland ziehen und seine Lebensweise ändern. Kokosnuss-Palmen
und andere Pflanzen, die sie im Küstenstreifen gepflanzt hatten, fanden
neue Eigentümer. Die Batak konnten somit nicht mehr ernten, was sie dort
einst gepflanzt hatten.
Seinerzeit kamen auch die ersten weißen christlichen Missionare, die je-
doch die Batak nicht zu imponieren vermochten. Gerüchte gehen um, nach
denen im 2. Weltkrieg amerikanische Truppen im Kampf gegen die Japa-
ner auf Palawan die tödliche Form der Malaria verbreiteten. Palawan galt
jedenfalls als malariaverseucht und wurde so bis in die siebziger Jahre des
20. Jahrhunderts von größeren Einwandererströmen verschont. Der Ur-
wald blieb weitgehend erhalten. Erst der philippinische Präsident Magsay-
say ließ im Zuge eines von Amerikanern forcierten Reisanbauprojekts im
mittleren Teil Palawans große Teile des Urwaldes vernichten. Holzkon-
zerne begannen in diesem Zusammenhang die Insel heimzusuchen. Der
Lebensraum der Batak wurde immer mehr bedroht. Der letzte verbliebene
zusammenhängende Urwald hatte gerade noch die Ausdehnung Berlins.

                                        25
Batak-Frau aus Mangapin in ihrer Bananenpflanzung               Foto: RdN

Vor 40 Jahren drangen Missionare mit Kleinflugzeugen zu ihnen vor. Au-
ßerdem kamen brandrodende Filipinos, die das Land um die Siedlungen
der Batak kahlschlugen und für sich beanspruchten. Die Batak mussten
weiterziehen, und sie siedelten schließlich im Dschungel stromaufwärts im
Tal des Tanabag-Flusses und in den benachbarten Tälern. Doch die Mis-
sionare folgten hartnäckig entlang dem 1979 angelegten Holzfällerweg im
Tanabag-Tal. Daher siedelten die Batak im Jahre 1986 erneut um und lie-
ßen sich, um dem Einfluss eines Missionars zu entgehen, an einer Stelle

                                     26
nieder, die nur durch mehrmaliges Überqueren des oft reißenden Tana-
bag-Flusses zu erreichen ist. Der Missionar mit seinem Auto gab auf.

In der neuen kühlen Heimstätte im Bergland traten eingeschleppte Krank-
heiten auf, gegen die ihre Medizin versagte. So leiden fast alle Batak an
Tuberkulose und chronischem Husten. Weiterhin haben viele von ihnen
schwere Haut- und Augenleiden. Besonders die Kinder erkrankten an Ma-
laria, die viele von ihnen tötete. 1990 starben 51 Personen – hauptsächlich
Kinder – an Masern. So sank die Batak-Bevölkerung innerhalb von 25 Jah-
ren von ca. 600 auf weniger als 300 Personen. Die meisten lebten in der
Siedlung am Tanabag-Fluss.

Kalabayog, die neue kühle Heimstätte im Bergland                  Foto: RdN

Abgesehen von etwas Ackerbau leben die Batak insbesondere vom
Tauschhandel. An ein erfolgreiches Jagen in dem sie umgebenden
Dschungel ist kaum noch zu denken. Die rückläufige Jagd hat ihre Ursache
im Eindringen von fremden Jägern, die rücksichtslos mit Schweinebom-
ben, einem Gemisch aus Streichholzzündköpfen und Maniokbrei, das
beim Fressen explodiert, agierten. All das hat die Jagd sehr erschwert. So
sammeln die Batak bereits seit Jahren in deutlicher Abhängigkeit Baum-
harz (Almasiga), Rattan und saisonweise Honig und tauschen dies gegen
Reis, Salz, Kaffee, Zucker, Tabak usw. ein. Der Tauschhandel mit den

                                      27
Filipinos an der Küste ist den Batak gegenüber unfair, da sie im Gegenwert
stets viel weniger erhalten.

Batak mit Rattan-Bündeln für den Handel. Die Stängel der Rattan-Palme werden
u.a. zu Möbeln verarbeitet                                          Foto: RdN

Seit dem Machtwechsel im Malacanang-Palast im Februar 1986 fand eine
weitere massive Invasion, die für die Batak bisher gefährlichste, statt. Holz-
fällerfirmen, wie ELSATCO und PALUMCO begannen das Gebiet der Ba-
tak mit einem dichten Muster von Holzfällerwegen bis hinauf zu den Berg-
gipfeln zu bedecken. Die Batak hatten nun keine Möglichkeit mehr, auszu-
weichen. Die Proteste der Batak verhallten weitgehend ungehört.

1986 besuchte Hartmut Heller zum ersten Mal die Batak im Tal des Tana-
bag, wo damals etwa ein Drittel der 400 Batak noch teilweise traditionell
zu leben versuchten. Er berichtete damals: „Die Batak zeigten beim Be-
such große Verzweiflung angesichts der kommerziellen Holzfällerei, die
ihren ganzen Lebensraum zu vernichten drohte. Ein Holztransportweg war
von der drei Stunden Fußmarsch entfernten Küstenstraße durch den Wald
bis zu den Batak nach Kalabayog und weitere vier Stunden Fußmarsch bis
an die Wasserscheide heran geschlagen worden, die in der Mitte der lang
gestreckten Insel Palawan verläuft. Von dort verzweigte sich der von Holz-
fällern geschaffene Weg im dichten Urwald viele Male. Er durchzog das

                                      28
gesamte Jagd-, Sammel- und Wohngebiet der Batak im Talraum. Im ge-
samten Gebiet waren Motorsägen zu hören. Nachts arbeiteten die Holzfäl-
ler im Flutlicht. Auf der Wasserscheide angelangt, waren auf der anderen
Inselseite die Sägegeräusche der benachbarten Holzfällerfirmen zu hören.
Tagtäglich fuhren mehrere mit riesigen Baumstämmen beladene Trans-
portfahrzeuge an den Batak vorbei.“
1990 reiste der Ex-DDR Naturschützer Steffen Butzeck auf die Philippinen.
Seinen Angaben zufolge, gab es folgende Hintergründe der Vermarktung
des Regenwaldes von Palawan: „Zwei Industrielle dirigieren das Schicksal
der Insel. Der gefürchtete Name des einen: Jose Pepito Alvarez. Seine
Einkünfte, so sagt man, lägen jährlich bei 450 Millionen US-Dollar. Auch
auf Palawan sind bereits 85 % des Primär-Urwaldes verkauft, nun schlägt
dem Rest die Stunde. Die „Holzbarone“ sind nicht zimperlich: Eine modern
ausgerüstete Privatarmee sorgt für die erforderliche Geschäftsordnung ih-
rer legalen (und illegalen) Holzernte. Morde an neugierigen Journalisten
und Umweltschützern eingeschlossen. Die Freundschaft zwischen Alvarez
und Ramon Mitra, dem Sprecher des Repräsentantenhauses und engem
Vertrauten von Präsidentin Aquino, ebnet alle übrigen Hindernisse. Der mit
28 Milliarden US-Dollar im Ausland verschuldete Staat versucht mit seinen
Deviseneinnahmen aus dem Holzexport den Staatsbankrott hinauszu-
schieben.“
Die Batak waren machtlos, sich gegen diese ganz legale Vernichtung ihrer
Heimat zur Wehr zu setzen. Die den Batak verbliebene Restfläche von 600
km² Regenwald war durch die Holzeinschlagkonzessionen akut gefährdet.
Sie baten deshalb Hartmut Heller, einige ihrer Repräsentanten zur Präsi-
dentin Aquino zu bringen, damit sie ihre Sorgen und Nöte vortragen konn-
ten. Er lud drei ihrer Anführer ein, mit ihm nach Manila zu reisen. Die Prä-
sidentin sahen sie nicht, jedoch konnten sie in gemeinsamer Medienarbeit
erreichen, dass das Holzfällen im Tanabag-Tal sehr bald gestoppt wurde.
Die 130 im Tanabag-Tal lebenden Batak konnten wieder aufatmen. Ohne
den aus Manila angeordneten Abholzungsstopp hätten die Holzbarone Al-
varez und Christostomo den noch weitgehend intakten Regenwald am
Tanabag-Fluss in eine mit Cogon-Gras und Bambusgestrüpp bewachsene
Landschaft verwandelt, so wie sie es schon mit einem Großteil der einst
von paradiesisch grünen Dschungel bedeckten Insel gemacht hatten.
Auch die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt Palawans hatte so eine
Chance erhalten. Zwar nahm der Ansturm der landsuchenden Filipinos
von den dicht bevölkerten Inseln zu, die mit modernen Gewehren jagen,
mit Zyankali in den Flüssen fischen und den Wald brandroden, doch ein
Großteil des Waldes war zunächst erhalten worden, dank des mutigen Pro-
testes der Batak. Flughörnchen konnten weiter an den Bäumen klettern,

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Pangoline und die Binturongs, die Marderbären, fanden Deckung vor den
zweibeinigen Feinden, die auch die Batak so stark bedrohten. Die Schreie
der Nashornvögel, der Kakadus und der Wildhühner waren noch zu hören,
wenngleich auch immer seltener.

Lebensraumverlust der Batak im 20. Jahrhundert:

Damals wurden auch die Haribon-Gesellschaft und später die Haribon-Stif-
tung auf die Batak und ihren Regenwaldlebensraum aufmerksam. Man
versprach weitere Hilfe. Die Haribon-Stiftung, die nach Angaben ihres ehe-
maligen Direktors Dr. Celso Roque schon damals über ein durchschnitt-
liches Jahresbudget von ca. 20 Millionen US-Dollar verfügte, ist die größte
Naturschutzorganisation auf den Philippinen. Die Haribon-Stiftung versteht
sich als der philippinische Zweig des WWF (World Wide Found for Nature).
Es entstand eine Zweigstelle, die Haribon Foundation Palawan.
Die Batak hatten in den vergangenen Jahrzehnten von den Malaien die
Brandrodung gelernt. Damit waren sie in den Augen der Haribon Founda-
tion Waldzerstörer geworden. Die Brandrodungen der Batak sind jedoch
klein und wachsen, in Ruhe gelassen, nach einigen Jahren wieder zu. Pro-
teste von RdN konnten damals die Aussiedlung der Batak verhindern.
Die Holzkonzerne mit Konzessionen versuchten stets, ihre Vernichtungs-
arbeit zu rechtfertigen. So strengten sie damals eine Klage gegen die Ba-
tak an. Tenor der Anklage war der Vorwurf, die Batak vernichteten die
Kauri-Fichten (Alamasiga-Bäume) durch Anzapfen zwecks Gewinnung
von Baumharz. Die Batak sind jedoch von den Filipinos unter Drohungen
und Ausübung von Gewalt gezwungen, für einen lächerlichen Lohn das als
„Almasiga“ oder „Manilakopal“ bekannte Baumharz zu sammeln.
Im Oberlauf des Babuyan-Flusses gab es gegen Ende der achtziger Jahre
noch eine lebensfähige Population von Süßwasserkrokodilen. Eine kom-
merzielle japanische Krokodilfarm, die in der Nähe der Hauptstadt Puerto
Princes eingerichtet worden war, sollte durch den WWF einige dieser sehr
seltenen Krokodile zur Zucht erhalten. Unsachgemäßer Transport ließ ei-
nige der Tiere jedoch vorzeitig verenden. Zu Anfang der neunziger Jahre

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