Gutes Wohnen für alle - Für eine soziale Wohnungspolitik - Ver.di

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Gutes Wohnen für alle - Für eine soziale Wohnungspolitik - Ver.di
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                                         Gutes Wohnen
                                         für alle
                                         Für eine soziale Wohnungspolitik

Die Wohnungsfrage kehrt zurück      1

Geschichte der Wohnungspolitik      2

Wohnungsfrage als soziale Frage     4

Wohnungsmarkt:
Bedarf und Wirklichkeit             6

Betongold                           8

Neubau ist nicht alles             10

Wohnungspolitik:                   12
Öffentlich ist wesentlich!

Die Mieten bremsen                 16

Steuern vermeiden                  18
mit Wohnungen

Für eine andere Wohnungspolitik!   20
Gutes Wohnen für alle - Für eine soziale Wohnungspolitik - Ver.di
Herausgeber:
ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Bundesvorstand, Ressort 1
Paula-Thiede-Ufer 10
10179 Berlin

Verantwortlich:
Frank Bsirske

Bearbeitung:
Bereich Wirtschaftspolitik
Dr. Dierk Hirschel (Bereichsleiter)
Ralf Krämer
Dr. Patrick Schreiner
Anita Weber
Lena Müller
Ceren Ucar

Kontakt:
wirtschaftspolitik@verdi.de
www.wipo.verdi.de

Gestaltung und Satz:
VH-7 Medienküche GmbH, 70372 Stuttgart
www.vh7-m.de

Karikaturen:
Reinhard Alff, Dortmund

Fotos:
Titelfoto PM Cheung
Foto (Seite 2) Shutterstock.com

Druck:
DCM Druck Center Meckenheim GmbH & Co. KG

W-3061-10-1018
Januar 2019
Gutes Wohnen für alle - Für eine soziale Wohnungspolitik - Ver.di
Die Wohnungsfrage kehrt zurück

Im April 2018 demonstrierten
 25.000 Menschen in Berlin gegen
steigende Mieten, Immobilien­
                                       Wohnungsunternehmen gerieten
                                       ins Hintertreffen. Fördergelder
                                       wurden abgebaut. Der Neubau
                                                                                                 Das Nachsehen hatten und haben
                                                                                             die Mieterinnen und Mieter – viele
                                                                                             von ihnen Rentnerinnen und Rent-
                                                                                                                                                                      1

spekulation und fehlenden Wohn-        ging drastisch zurück – abgesehen                     ner, Arbeitslose, Soloselbstständige
raum. Aufgerufen hatten weit über      von der verstärkten Bautätigkeit in                   oder abhängig Beschäftigte. Die
200 Verbände und Initiativen.          Ostdeutschland nach der Wieder­                       allermeisten von ihnen werden sich
Der „Berliner Kurier“ schrieb von      ver­einigung. Die Spekulation mit                     absehbar niemals Wohneigentum
„Wut auf den Wucher“. Und die          Wohnungen und Grundstücken                            leisten können. Steigende Mieten
gibt es keineswegs nur in der          wurde nun zunehmend auch für                          aber eben auch nicht. Sie sehen
Bundes­hauptstadt: Initiativen und     internationale Finanzunternehmen                      sich nun aus ihren Nachbarschaften
zivilgesellschaftliche Bündnisse,      und Fonds interessant.                                verdrängt, weil Straßenzüge und
Proteste und Demonstrationen gab                                                             ganze Stadtteile für Menschen mit

                                       !
und gibt es auch in Hamburg,                 Haushalte mit kleinem                           kleinem oder sogar mittlerem
München, Frankfurt, Freiburg und             Geldbeutel haben das                            Einkommen zu teuer werden. Zu-
vielen anderen Städten.                      Nachsehen.                                      nehmende soziale Ungleichheit
    Im September 2018 organisierten                                                          und ein wachsender Niedriglohn-
Deutscher Mieterbund, Gewerk-                                                                sektor verschärfen die Situation.
schaften, Sozialverbände und
Mieterinitiativen anlässlich eines     „Seit den neunziger Jahren wurden Fördermittel für den Wohnungsbau
„Wohngipfels“ der Bundesregie-         gestrichen. Es gab genug Wohnraum, die öffentlichen Kassen waren
rung einen großen, bundesweiten        leer – und man glaubte, dass der Staat das Thema Wohnen dem Markt
„Alternativen Wohngipfel“ mitsamt      überlassen solle. Das war eine verhängnisvolle Fehleinschätzung.“
Protestdemo. Die gemeinsame For-       (Die Zeit, Januar 2018)
derung aller beteiligten Organisati-
onen: Solidarische Städte, die nicht
profitable Geschäftsmodelle für
wenige, sondern soziale Nachbar-
                                         Mietenexplosion in den Großstädten
schaften für viele bieten.
                                         Anstieg der Angebotsmieten in Prozent, 2010–2017

Der Markt versagt                          67,9 %
   Diese Beispiele zeigen: Die
Wohnungsfrage ist zurück auf der
politischen Tagesordnung. Und
das, nachdem sie noch in den                           46,0 %
                                                                 43,7%                                                                              42,5%
frühen 2000er-Jahren als gelöst                                           39,1%        37,4%
galt. Wie in anderen Bereichen                                                                   31,6%      30,9%      30,8%    29,9%     28,4%               28,9%
auch, hat die Politik die Weichen
daraufhin in Richtung „mehr
Markt“ gestellt: Schon seit den
1980er-Jahren wurden ganze
Wohnungsbestände privatisiert
und Regulierungen abgebaut.
Öffentliche und gemeinnützige
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                                                                                                                                     H
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                                                                                                                                                      eu
                                                                                                                                           ro
                                                                                                  D

                                                                                                               t
                                                                                                            ur

                                                                                                                                          G

                                                                                                                                                    D
                                                                                                           kf
                                                                                                         an
                                                                                                       Fr

                                         Seit einigen Jahren steigen die Mieten vor allem in Groß- und Universitätsstädten stark an.
                                         Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, eigene Berechnungen.
                                         *Kreisfreie Städte mit über 500.000 Einwohner*innen.
Gutes Wohnen für alle - Für eine soziale Wohnungspolitik - Ver.di
Gutes Wohnen für alle

    Geschichte der Wohnungspolitik
2
    N   ach dem Ersten Weltkrieg
        fehlten bis zu 1,5 Millionen
    Wohnungen. Der Markt konnte die
                                            schen Instrumente war die soge-
                                            nannte Hauszinssteuer. Diese auf
                                            Altbaubesitz erhobene Sondersteuer
                                                                                   Bundesrepublik:
                                                                                   vom öffentlichen und gemein-
                                                                                   nützigen Wohnungsbau …
    Versorgung mit bezahlbarem Wohn­-       subventionierte den sozialen Woh-          Nach dem Zweiten Weltkrieg
    raum nicht sicherstellen. Die Politik   nungsbau. Zudem drückte die            waren Infrastruktur und Wohn-
    reagierte mit staatlichen Eingriffen.   Rationalisierung der Bauwirtschaft     raum in erheblichem Umfang zer-
                                            (Normierung, Typisierung von           stört. Die Luftangriffe hinterließen
    Weimarer Republik:                      Bauteilen, Serienfertigung usw.)       neun Millionen Obdachlose. Hinzu
    öffentliche Wohnbauoffensive            die Kosten.                            kamen 12 Millionen Flüchtlinge
        In der Weimarer Republik (1918          Träger der Wohnungsbauoffen-       aus den Ostgebieten. Zwischen
    bis 1933) war die Wohnungspolitik       sive waren gemeinnützige Woh-          Hamburg und München fehlten
    immer auch Sozialpolitik. Jeder         nungsbaugenossenschaften. Sie          rund 5,5 Millionen Wohnungen.
    sollte eine gesunde und bedarfs­        bauten ab Mitte der 1920er-Jahre       Die erste Bundesregierung führte
    gerechte Wohnung bekommen.              fast jede zweite Wohnung. Die          eine Wohnungszwangsbewirt-
    Die Regierungen betrieben eine          Gewerkschaften spielten hier eine      schaftung ein. Die Adenauer-
    Wohnungszwangswirtschaft (Ein-          bedeutende Rolle. Die starke Bau-      Regierung verbot die Kündigung
    griffe ins Mietrecht und öffentliche    tätigkeit ging einher mit neuen        von Bestandsmietern, legte Miet­
    Wohnraumbewirtschaftung). Eines         architektonischen und städteplane-     niveaus fest, vergab privaten
    der wichtigsten wohnungspoliti-         rischen Formen. Als Gegenentwurf       Wohnraum an Wohnungssuchende
                                            zur Mietskaserne entstanden            und finanzierte den Bau von 3,3
                                            gewerkschaftliche und kommunale        Millionen Wohnungen. Ferner bau-
                                            Großsiedlungen. Die Weltwirtschafts-   ten private Investoren 2,7 Millio-
                                            krise 1929 beendete jedoch diesen      nen Wohnungen. Diese wohnungs-
                                            Bauboom.                               politischen Maßnahmen über-
                                                                                   wanden die große Wohnungsnot
                                            Naziregime ab 1933:                    der 1950er-Jahre. In der Nach-
                                            Kürzung der öffentlichen               kriegszeit wurden die westdeut-
                                            Wohnungsbauförderung                   schen Gewerkschaften zu einem
                                               Nach der Machtübernahme             zentralen Akteur des gemeinnützi-
                                            der Nazis wurde die öffentliche        gen Mietwohnungsbaus. 1954
                                            Wohnungsbauförderung gekürzt.          bündelten die gewerkschaftlichen
                                            Gefördert wurden nur noch Klein-       Wohnungsbaugesellschaften ihre
                                            siedlungen. Die Hitler-Diktatur        Aktivitäten unter dem Dach der
                                            schaffte die Wohnraumbewirt-           Neuen Heimat Hamburg. Die Neue
                                            schaftung (Ausnahme Kündigungs-        Heimat verfügte bereits in den
                                            schutz und Mietpreisbindung)           1950er-Jahren über 100.000 Woh-
                                            wieder ab. Die gemeinnützigen          nungen. Anschließend baute kein
                                            Wohnungsbaugenossenschaften            anderes deutsches Unternehmen
                                            und Bauvereine wurden in der           so viele Wohnungen.
                                            Deutschen Arbeitsfront (DAF)

                                                                                   !
                                            zwangsorganisiert und gleich­
                                                                                        Nach den Weltkriegen
                                            geschaltet. Darüber hinaus ver-             konnte die Wohnungsnot
                                            drängten die Nazis die jüdische             nur durch öffentlichen, ge-
                                            Bevölkerung aus ihren Wohnungen.            meinnützigen und sozialen
                                            Die braune Wohnungspolitik                  Mietwohnungsbau sowie
                                            entschärfte nicht den Wohnungs­             ein mieterfreundliches
                                            mangel in den Großstädten, zumal            Mietrecht überwunden
                                            mit Kriegsbeginn der Neubau ins             werden.
                                            Stocken geriet.
Gutes Wohnen für alle - Für eine soziale Wohnungspolitik - Ver.di
Nachdem die Wohnungsnot           nützigkeit heraus. Die Versorgung         Seit der Jahrtausendwende ver-   3
überwunden war, lockerte die          kleiner und mittlerer Einkommen       schärfte sich der Wohnungsmangel
Bundesregierung die Wohnungs-         mit bezahlbarem Wohnraum rückte       in den Metropolen. Die Zahl der
zwangswirtschaft und kürzte den       in den Hintergrund. Anfang der        Sozialwohnungen schrumpfte.
sozialen Mietwohnungsbau. Das         1980er-Jahre trieb die Geschäfts-     Während immer mehr Wohnungen
starke Bevölkerungswachstum           führung der Neuen Heimat das          aus der Mietpreisbindung fielen,
verhinderte jedoch, dass sich der     Unternehmen in den Konkurs.           wurden kaum noch neue Sozial-
Wohnungsmarkt dauerhaft ent-              Nach der Deutschen Einheit ver-   wohnungen gebaut. Zudem wurden
spannte. Ab den 1970er-Jahren         stärkte die innerdeutsche Zuwan-      große öffentliche und werksgebun-
wurde die Eigenheimförderung als      derung die Nachfrage nach Wohn-       dene Wohnungsbestände und
Mittelschichtsförderung ausgebaut.    raum im Westen. Die Bundes-           -unternehmen verkauft. Ferner un-
Steuerabschreibungen und Bau­         regierung verstärkte die sozialen     ternahm die Politik nichts gegen
kindergeld sollten die private Bau-   Wohnungsbauprogramme. Gleich-         steigende Baulandpreise. Viele
tätigkeit ankurbeln. Gleichzeitig     zeitig wurden im Osten viele leere    Eigentümer bauten nicht, sondern
schrumpfte der soziale Mietwoh-       Wohnungen abgerissen.                 spekulierten lediglich auf Wertzu-
nungsbau weiter. Ein Kündigungs-                                            wächse ihrer Grundstücke.
schutzgesetz und die Kopplung
von Mietsteigerungen an die orts-
übliche Vergleichsmiete (Miet­
spiegel) sollten stark steigende
Mieten verhindern.                     Wohnungspolitik in der DDR
                                       In Ostdeutschland war die Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg
… zu Marktgläubigkeit und              kleiner als im Westen. In der DDR war der Wohnungs- und Städtebau
Wohnraum-Mangel                        fester Teil der Planwirtschaft. In den ersten Nachkriegsjahrzehnten
   In den 1980er-Jahren wurde          flossen aber alle Ressourcen in den Aufbau der Industrie, weswegen
Miet-Wohnraum immer mehr zu            der Wohnungsbau kaum gefördert wurde. Die DDR-Regierung fror die
einer kapitalistisch verwerteten       Mietpreise auf den Stand von 1936 ein. Die Mietbelastung betrug nur
Ware. Selbst die Neue Heimat           drei Prozent des mittleren Haushaltseinkommens. Erst 1973 wurde ein
wuchs durch neue Geschäfts­            großes Neubauprogramm aufgelegt. Bis zum Ende der DDR wurden
modelle – Universitäten, Kranken-      1,8 Millionen Wohnungen neu gebaut. Der Wohnraummangel wurde
häuser, Kongresszentren, Altstadt-     dadurch aber nicht überwunden, und mit der Konzentration auf den
sanierung usw. – aus der Gemein-       Neubau ging ein Verfall des Altbaubestands einher.

 Wohnungspolitisches Vorbild Wien
 In den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg wuchs Wien, wie andere Städte auch, geradezu explosionsartig.
 Auf den daraus resultierenden Mangel an Wohnraum reagierte die Stadtverwaltung mit dem Aufbau eines
 großen öffentlichen Wohnungssektors. Noch heute gehört in Wien eine von vier Wohnungen der Stadt, und
 weitere werden ständig gebaut. Hinzu kommen öffentlich geförderte Wohnungen von Genossenschaften
 und Privatunternehmen, die strikten sozialen Vorgaben unterliegen. Fast zwei Drittel der Menschen in Wien
 leben in kommunalen oder geförderten Wohnungen. Und bei etwa der Hälfte dieser Wohnungen ist der Be-
 zug an Einkommensgrenzen gebunden – und zwar dauerhaft: Anders als im deutschen sozialen Mietwoh-
 nungsbau läuft diese Sozialbindung nicht nach 15 oder 20 Jahren aus. Dabei sind die Einkommensgrenzen
 bewusst hoch. Theoretisch hätten in Wien drei Viertel der Menschen Zugang zum geförderten Mietwoh-
 nungsbau. Über die tatsächliche Vergabe der Wohnungen entscheiden dann weitere Kriterien wie etwa
 Bedürftigkeit, Kinderzahl und Gesundheitszustand. Dieses System drückt die Mieten am gesamten Markt
 deutlich. Im Ergebnis hat Wien im Vergleich mit anderen europäischen Metropolen die niedrigsten Wohnkosten.
Gutes Wohnen für alle - Für eine soziale Wohnungspolitik - Ver.di
Gutes Wohnen für alle

                          Wohnungsfrage als soziale Frage
4
                          W      ohnen ist eine soziale Frage.
                                 Wohnlage, Wohnungsqualität
                          und Mietpreis unterscheiden sich
                                                                         benachteiligt: durch unzureichende
                                                                         Infrastrukturen, durch einge-
                                                                         schränkte Sozialkontakte und durch
                                                                                                                Soziale Spaltung auf dem
                                                                                                                Wohnungsmarkt
                                                                                                                    Einkommen und Vermögen
                          sehr stark. Die soziale Lebenslage             Stigmatisierung.                       prägen die Wohnverhältnisse. Zwi-
                          eines Menschen lässt sich häufig                   Die Mietpreise steigen. Da die     schen Berlin und München hat die
                          an seiner Wohnadresse ablesen.                 Arbeitseinkommen mit den Mieten        Ungleichheit deutlich zugenommen.
                              In den letzten Jahren hat sich             nicht mehr Schritt halten konnten,     Das reichste ein Prozent besitzt
                          die soziale Spaltung bei der Wohn-             erhöhte sich für viele Haushalte       heute rund 30 Prozent des gesam-
                          raumversorgung vertieft. Immer                 die Mietbelastung. Republikweit        ten Nettovermögens in Höhe von
                          mehr gilt: Die Reichen wohnen in               müssen heute Mieterinnen und           rund zehn Billionen Euro. Das
                          ihren Vierteln unter sich, den                 Mieter rund 28 Prozent ihres Netto-    reichste Zehntel verfügt über zwei
                          Armen bleiben allenfalls noch                  haushaltseinkommens für ein Dach       Drittel. Der Großteil dieses Vermö-
                          schlechte Randlagen. Selbst die                über dem Kopf ausgeben. Etwa           gens sind Wohn- und Gewerbe-
                          Mittelschicht wird zunehmend aus               jeder Fünfte zahlt sogar mehr als      bauten sowie Bauland. Etwa 19
                          ihren Nachbarschaften verdrängt.               40 Prozent.                            Millionen Haushalte haben Haus-
                          Die Gründe sind steigende Miet-                                                       und Grundvermögen. Das reichste

                                                                         !
                          preise, eine unzureichende Zahl an                  Steigende Mietpreise              Fünftel besitzt über 70 Prozent des
                          Sozialwohnungen sowie eine allge-                   zwingen viele Mieterinnen         Nettoimmobilienvermögens. Die
                          mein wachsende soziale Ungleich-                    und Mieter dazu, mehr als         untere Hälfte geht leer aus.
                          heit in Deutschland. Mancherorts                    40 Prozent ihres Haushalts-           Wer reich ist, wohnt in seinen
                          – insbesondere in ostdeutschen                      einkommens für die eigene         eigenen vier Wänden. Drei von vier
                          Städten – hat die räumliche Tren-                   Wohnung zu bezahlen.              reichen Haushalten haben heute
                          nung von Arm und Reich ein                                                            Wohneigentum. Der Kauf von
                          erschreckendes Ausmaß erreicht.                    Deutschland ist traditionell ein   Wohneigentum durch die obere
                          Gerade bei armen Kindern ist die               Mieterland. Mehr als die Hälfte der    Mittelschicht und Oberschicht
                          soziale Ausgrenzung besonders                  Bevölkerung wohnt zur Miete. In        wurde in den letzten Jahrzehnten
                          ausgeprägt. Wenn Menschen aber                 den Ballungsräumen sind es über        politisch gefördert. Die reichsten
                          in benachteiligten Quartieren auf-             85 Prozent. Folglich belasten die      20 Prozent kassierten drei Viertel
                          wachsen, dann leiden ihre Lebens-              steigenden Mieten nicht nur Gering-    der Bausparsubventionen und fast
                          chancen. Sie werden mehrfach                   verdiener und Transferempfänger.       die Hälfte der Einkommenssteuer-
                                                                                                                geschenke. So finanzierten die
                                                                                                                Kassiererin und der Altenpfleger
                                                                                                                das Eigenheim ihres Zahnarztes.
                                                                                                                    Etwa 45 Prozent der Haus- und
    Je reicher, desto mehr Immobilienvermögen                                                                   Wohneigentümer nutzen ihre Im-
    Verteilung des Immobilienvermögens nach Einkommensgruppen                                                   mobilie selbst. Zwei von drei Ver-
                                                                                               71,4 %
                                                                                                                mietern sind Kleinvermieter. Private
                                                                                                                Konzerne und Gesellschaften besit-
                                                                                                                zen zwei Millionen Mietwohnungen
                                                                                                                oder zehn Prozent des Gesamt­
                                                                                                                bestands. Einige, aber nicht alle
                                                                            19,4 %                              Immobilienbesitzer werden durch
                                                                                                                Mieteinnahmen reich. Deutsche
                                                              7,3 %                                             Privatvermieter erzielen nach Zinsen
             1,3 %                   0,5%
                                                                                                                und Steuern eine Nettorendite von
       Ärmstes Fünftel             2. Fünftel              3. Fünftel      4. Fünftel     Reichstes Fünftel
                                                                                                                zwei Prozent. Jeder vierte Vermieter
                                                                                                                erwirtschaftet eine Rendite von
                                                                                                                fünf Prozent. Jeder Siebte erreicht
    Immobilienvermögen ist nicht gleich verteilt, vielmehr besitzen vor allem Haushalte
    mit hohen Einkommen Häuser, Wohnungen und Grundstücke.                                                      nach Abzug aller Kosten sogar
    Quelle: Deutsche Bundesbank, eigene Berechnungen. Datenstand 2017.                                          mehr als acht Prozent.
Gutes Wohnen für alle - Für eine soziale Wohnungspolitik - Ver.di
Einkommensschwache wohnen          Familien, Auszubildende, Studie-                          Die soziale Spaltung des Woh-                                               5
in der Regel zur Miete. Ihre Eigen-    rende, Migrantinnen und ältere                         nungsmarktes ist Ausdruck eines
tümerquote liegt bei nur 17 Pro-       Menschen.                                              sozialpolitischen Versagens der
zent. Haushalte mit niedrigem Ein-        Im schlimmsten Fall droht die                       Wohnungspolitik. Eigentlich sollten
kommen leben in schlechter aus­-       Obdachlosigkeit. 2016 hatten                           der soziale Wohnungsbau, die
gestatteten Wohnungen, wohnen          860.000 Menschen keine Wohnung.                        Mietpreisbindung und das Wohn-
auf kleinerer Fläche und haben         Die Hälfte davon sind Flüchtlinge,                     geld dazu beitragen, dass sich
eine deutlich höhere Mietbelastung.    die überwiegend in Gemeinschafts-                      auch einkommensschwache Haus-
Die reichsten zehn Prozent haben       unterkünften wohnen. Rund                              halte eine Wohnung leisten können.
die dreifache Wohnfläche des           50.000 Wohnungslose leben auf                          Die Praxis ist eine Andere.
ärmsten Zehntels.                      der Straße.
    Arme zahlen nur geringfügig
kleinere Mieten als Reiche. Wohl-
habende Haushalte müssen ledig-
lich 13 Prozent mehr Miete zahlen
als arme Haushalte. Bezogen auf          Armutsrisiko von Mieterinnen und Mietern steigt
                                         Anteil der von Armut bedrohten Menschen, 1991–2015
den Quadratmeterpreis (Brutto­
kaltkosten) zahlen einkommens-           30 %
schwache Haushalte im Schnitt
                                         25%
etwa 7,20 Euro pro Quadratmeter.                                                                                                 Mieter
Die Quadratmeterpreise der Besser-       20 %
verdienenden liegen bei 8,10 Euro.       15 %
Folglich beläuft sich die Mietbelas-
                                         10 %
tungsquote kleiner Einkommens­                                                                         Wohnungseigentümer
bezieher (60 Prozent des mittleren        5%
Einkommens) auf rund 40 Prozent           0%
ihres Nettohaushaltseinkommens.
                                                 91
                                                      92
                                                           93
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                                                                     95
                                                                          96
                                                                                  97
                                                                                  98
                                                                                  99
                                                                                  00
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                                                                               20
                                                                               20
                                                                               20
                                                                               20
                                                                               20
                                                                               20
                                                                               20
                                                                               20
                                                                               20
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                                                                               20
Wohlhabende (140 Prozent des
mittleren Einkommens) müssen
                                         Mieterinnen und Mieter sind von Armut sehr viel häufiger betroffen als die Eigentümer von Wohnungen –
lediglich 17 Prozent ihres Einkom-       und das Risiko, arm zu sein, steigt für Mieter auch noch weiter an.
mens für die Miete aufbringen.           Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Bevölkerungsanteil der Personen mit weniger als 60 Prozent des Median der

!
                                         verfügbaren Einkommen; Population: Personen in Privathaushalten; bedarfsgewichtete Jahreseinkommen.

     Steigende Mieten treiben
     immer mehr Menschen
     in die Armut. Fast 30 Pro-          Überbelastung durch Wohnkosten
     zent der Mieterinnen und            nach Wohnstatus, Anteil an jeweiliger Gruppe, 2016
     Mieter sind heute von
     Armut bedroht.
                                                                    Mieter mit Marktpreismiete                                                                         23%

   Deswegen drohen immer mehr
Mieterinnen und Mieter in den            Mieter mit ermäßigter Miete oder unentgeltlich                                                                     19 %
Armutskeller zu stürzen. Etwa 1,3
Millionen Haushalte haben nach
Abzug der Miete ein Resteinkom-                  Eigentümer mit Hypothek oder Darlehen                                               10%
men unterhalb der Hartz-IV-Regel-
sätze. Die Armutsrisikoquote von
                                              Eigentümer ohne Hyperthek oder Darlehen                                             9%
Mieterinnen und Mietern stieg
zwischen 1991 und 2015 von 16
auf 29 Prozent. Besonders stark          Wer zur Miete lebt, hat ein deutlich größeres Risiko, durch Wohnkosten überbelastet zu werden.
betroffen sind junge Erwachsene          Quelle: Statistisches Bundesamt, als überbelastet gilt hier ein Haushalt, der mehr als 40 Prozent seines verfügbaren Einkommens
unter 35 Jahren, Alleinerziehende,       für Wohnkosten aufwendet.
Gutes Wohnen für alle

                            Wohnungsmarkt:
                            Bedarf und Wirklichkeit

                            D
                                                                                  !
6                               er Wohnungsmarkt ist unein-                                                             len fast 1,5 Millionen Wohnungen
                                                                                       In Deutschland fehlen
                                heitlich: In manchen Städten                                                            mit bezahlbaren Mieten. Mehr als
                                                                                       mehr als zwei Millionen
                            und Regionen gibt es Wegzug,                               bezahlbare Wohnungen.            die Hälfte dieser Haushalte findet
                            niedrige Mieten, leerstehende und                                                           also nur eine für sie eigentlich
                            verfallende Häuser. Insbesondere in                                                         nicht bezahlbare Wohnung – wenn
                            vielen Groß- und Universitätsstädten                  kosten) nicht mehr als 30 Prozent     überhaupt.
                            steigen hingegen die Mieten, und                      des jeweiligen Haushaltseinkommens        Ein Mangel an bezahlbarem
                            bezahlbare Wohnungen für Haus-                        ausmachen.                            Wohnraum herrscht einerseits in
                            halte mit geringem oder auch                             Hinzu kommt, dass nicht wenige     Städten mit vielen einkommens-
                            mittlerem Einkommen fehlen. Die-                      Haushalte dadurch Kosten sparen,      schwachen Haushalten, etwa in
                            se Lücke kann ohne mehr Neubau                        dass sie eine für ihre haushalts­     Berlin, Leipzig, Bremen, Dortmund.
                            nicht geschlossen werden.                             größe zu kleine Wohnung mieten,       Andererseits fehlen bezahlbare
                                                                                  wie eine Studie des Sozialverbands    Wohnungen in Großstädten mit
                            Großer Bedarf an bezahlbarem                          Deutschland ergeben hat. Vor die-     allgemein hohen Mieten wie etwa
                            Wohnraum                                              sem Hintergrund fehlen in Deutsch-    München, Hamburg, Frankfurt am
                                Eine Studie der Hans-Böckler-                     land sogar mehr als zwei Millionen    Main, Stuttgart, Düsseldorf. Trauri-
                            Stiftung hat ergeben, dass 2014 in                    Wohnungen.                            ger Spitzenreiter ist Berlin mit einer
                            deutschen Großstädten fast zwei                          Arme Haushalte sind davon          Lücke von über 310.000 Wohnun-
                            Millionen bezahlbare Wohnungen                        besonders betroffen. In den deut-     gen. Im Ergebnis werden einkom-
                            fehlten. Als „bezahlbar“ gelten                       schen Großstädten gibt es über        mensschwächere Haushalte zuneh-
                            dabei Mieten, die (inklusive Neben-                   2,6 Millionen Haushalte, deren Ein-   mend aus den Innenstädten
                                                                                  kommen unterhalb der Armutsrisiko­    verdrängt.
                                                                                  grenze liegt. Für diese Gruppe feh-

                                             Versorgungslücke                      Wohnen für Studierende und Auszubildende
    Großstadt                                (Anzahl Wohnungen)                    Besondere Wohnbedürfnisse haben auch Studierende und Auszubil-
    Berlin                                                         310.255         dende. Studierende können auf Wohnheime der Studierendenwerke
                                                                                   zurückgreifen. Immerhin 12 Prozent nutzen dieses Angebot – vor al-
    Hamburg                                                        150.323
                                                                                   lem Studierende mit kleinem Geldbeutel. Allerdings herrscht auch hier
    Köln                                                             86.008        ein zunehmender Mangel an Wohnraum. Für Auszubildende fehlt ein
    München                                                          78.882        solches Angebot dagegen fast vollständig. Aufgrund ihrer geringen
                                                                                   Vergütung haben sie zugleich kaum die Möglichkeit, eine preisgünsti-
    Bremen                                                           53.873
                                                                                   ge Wohnung in der Nähe ihrer Ausbildungsstätte zu mieten. Sinnvoll
    Hannover                                                         48.684        wären deshalb Auszubildendenwerke, die – ähnlich wie Studierenden-
    Dresden                                                          46.213        werke – unter anderem günstigen Wohnraum für Azubis anbieten.
                                                                                   Dafür gibt es schon gute Beispiele, etwa in Hamburg und Düsseldorf:
    Leipzig                                                          46.101
                                                                                   Dort stellen verschiedene Akteure unter Beteiligung kommunaler
    Düsseldorf                                                       43.521        Wohnungsgesellschaften kleinräumige Wohnungen für Azubis preis-
    Nürnberg                                                         42.597        günstig zur Verfügung.
    Stuttgart                                                        42.551
    Frankfurt am Main                                                42.058
    Essen                                                            39.428
    Münster                                                          33.292
    Dortmund                                                         32.561
    Bochum                                                           30.637
    Aachen                                                           29.330
    Duisburg                                                         29.160
Datenstand 2014. Quelle: Holm, Andrej / Lebuhn, Henrik et al. (2018): Wie viele
und welche Wohnungen fehlen in deutschen Großstädten? In: HBS Working Paper
Forschungsförderung 63 (2018).
Die Lücke schließen!                    Ein höherer Investitionspfad ist                      sollte jetzt ein dauerhaft höherer                          7
    Das Pestel-Institut hat 2015        notwendig                                             und stetigerer Investitions- und
berechnet, dass bis 2020 jährlich           Die Gründe dafür sind vielfältig:                 Ausgabenpfad eingeschlagen wer-
400.000 Wohnungen neu gebaut            So reichen die derzeitigen öffentli-                  den. Dann wird auch die Bauwirt-
werden müssen. Dies ist notwendig,      chen Investitionsmittel und Zu-                       schaft ihre Kapazitäten wieder
um zum einen den zusätzlichen           schüsse für den Wohnungsbau                           erweitern.
Bedarf zu decken, der aufgrund          schlicht nicht aus. Hier sind Steige-                     Um einen höheren Investitions-
der wachsenden Nachfrage in Zu-         rungen dringend notwendig. Auch                       pfad zu erreichen, muss aber auch
kunft anfallen wird. Zum anderen        wäre zu prüfen, welche Auflagen                       eine weitere Lücke geschlossen
kann nur so der in den letzten          und technischen Anforderungen                         werden: der Mangel an Personal in
Jahren aufgelaufene Mangel an           tatsächlich notwendig und zielfüh-                    den öffentlichen Bauverwaltungen.
Wohnraum ausgeglichen werden.           rend sind. Kurzum: Die allgemeinen                    Zwischen 1991 und 2010 wurde in
Mindestens 80.000 dieser 400.000        Bedingungen des Wohnungsneu-                          den Kommunalverwaltungen jede
neuen Wohnungen sollten Sozial-         baus müssen verbessert werden.                        dritte Stelle abgebaut, die sich mit
wohnungen sein. Weitere 60.000              Ein weiteres Problem ist, dass                    der Planung und Durchführung
sollten im bezahlbaren Bereich          die Bauwirtschaft ihre Kapazitäten                    von Infrastrukturmaßnahmen be-
etwas oberhalb der Angemessen-          verringert hat, weil schon seit langer                fasst. Bis 2015 ging die Beschäftig-
heitsgrenzen der Jobcenter liegen       Zeit zu wenig in Wohnraum inves-                      tenzahl dann erneut um knapp
– denn vielerorts haben inzwischen      tiert wird – ein Hochlaufen der                       neun Prozent zurück. Das rächt
selbst Haushalte mit mittlerem Ein-     Bautätigkeit ist daher kurzfristig                    sich heute bitterlich.
kommen Schwierigkeiten, sich eine       gar nicht möglich. Gerade deshalb
Wohnung zu leisten. Vermutlich
liegt der tatsächliche Bedarf an
neuen Sozialwohnungen inzwi-
schen allerdings noch weit höher:
Er dürfte mindestens 100.000 pro
Jahr betragen.
                                           Zu wenig neue Wohnungen

!
                                           Fertiggestellte Neubauten und Bedarf in Deutschland

     Es wird zu wenig                     700.000
                                                                                                                 Neu gebaute Wohnungen
     und zu teuer gebaut.
                                                                                                                 Zusätzlicher Neubau-Bedarf (2015–2017)
                                          600.000

   Die Neubautätigkeit in Deutsch-        500.000
land bleibt allerdings weit hinter
diesen Bedarfen zurück – und da­
                                          400.000
ran wird sich vermutlich auch in
nächster Zukunft nichts ändern.
                                          300.000
Zwar steigt die Zahl fertiggestellter
Wohnungen seit einem Tiefstand
2009 wieder an. Damals wurden             200.000
weniger als 160.000 Wohnungen
gebaut. 2017 aber lag die Zahl neu        100.000
gebauter Wohnungen mit 285.000
immer noch weit hinter den not-                   0
wendigen 400.000.
                                                      19 1
                                                      19 2
                                                      19 3
                                                      19 4
                                                      19 5
                                                      19 6
                                                      19 7
                                                      19 8
                                                      20 9
                                                      20 0
                                                      20 1
                                                      20 2
                                                      20 3
                                                      20 4
                                                      20 5
                                                      20 6
                                                      20 7
                                                      20 8
                                                      20 9
                                                      20 0
                                                      20 1
                                                      20 2
                                                      20 3
                                                      20 4
                                                      20 5
                                                      20 6
                                                        17
                                                        9
                                                        9
                                                        9
                                                        9
                                                        9
                                                        9
                                                        9
                                                        9
                                                        9
                                                        0
                                                        0
                                                        0
                                                        0
                                                        0
                                                        0
                                                        0
                                                        0
                                                        0
                                                        0
                                                        1
                                                        1
                                                        1
                                                        1
                                                        1
                                                        1
                                                        1
                                                      19

                                          In Deutschland steigt seit einigen Jahren die Zahl der jährlich neu gebauten Wohnungen wieder an.
                                          Dennoch wird der Bedarf an zusätzlichem Wohnraum nach wie vor nicht gedeckt.
                                          Quelle: Statistisches Bundesamt, Pestel-Institut.
Gutes Wohnen für alle

                           Betongold

                          E
                                                                                                               !
8                             ine Wohnung ist ein Grund­                nehmen und die Investoren setzen
                                                                                                                    Explodierende Immobilien-
                              bedürfnis der Menschen. Man               darauf, dass die Wohnungspreise
                                                                                                                    preise und Mieten treiben
                           braucht eine Wohnung, um darin               in den kommenden Jahren erheblich           sich wechselseitig nach
                           zu wohnen, ob sie nun gemietet               steigen und dann ein schneller hoher        oben.
                           oder selbstgenutztes Eigentum ist.           Gewinn durch Weiterverkauf von
                           Doch zugleich sind Wohnungen                 Wohnungsbeständen möglich ist.
                           auch eine Kapitalanlage und Ein-                                                        Seit der Finanzkrise ist die In-
                           kommensquelle für Vermögende,                Miet- und Wohnungspreis­               vestition in Wohnungsbestände in
                           für gewinnorientierte Wohnungs-              steigerung seit 2010                   Deutschland für Kapitalanleger aus
                           unternehmen und für Finanzfonds.                 Seit etwa 2010 steigen die         dem In- und Ausland zunehmend
                           Besonders die großen und meist als           Mieten und Wohnungspreise in           interessant geworden. Niedrige
                           Aktiengesellschaften an der Börse            Deutschland erheblich schneller als    Zinsen treiben die Wohnungspreise
                           notierten Wohnungskonzerne sowie             das allgemeine Preisniveau. Norma-     nach oben, weil die stabilen Rendi-
                           international tätige Immobilien-             lerweise beträgt der Marktwert einer   ten aus Wohnungsvermietung rela-
                           und Investmentfonds wollen mit               Wohnung etwa das Zwanzigfache          tiv attraktiver werden und deshalb
                           ihren Wohnungsbeständen mög-                 der jährlichen Nettokaltmiete, in      die Nachfrage nach Immobilien als
                           lichst hohe und sichere Renditen             Gegenden mit Überangebot auch          Kapitalanlage steigt. Zugleich kos-
                           erzielen.                                    deutlich weniger. Steigerungen des     tet die Finanzierung von Wohnungs-
                               Deswegen versuchen sie, Kosten           Mietniveaus in einer Gegend erhö-      käufen durch Kredite nur geringe
                           etwa für Instandhaltung und Be-              hen damit auch die Wohnungspreise.     Zinsen. Zudem wuchs die Wirt-
                           wirtschaftung der Wohnanlagen so             In Boomregionen treibt die Speku-      schaft in Deutschland seit 2010
                           gering wie möglich zu halten und             lation die Wohnungspreise aber         stärker als in vielen anderen
                           zugleich die Mieten so weit zu               auch auf das mehr als Dreißigfache     EU-Ländern.
                           erhöhen, wie es der örtliche Woh-            der Jahresmiete. Da Investoren             Auch die Bevölkerung nahm
                           nungsmarkt und die gesetzlichen              dennoch Renditen wollen, versuchen     insbesondere in Metropolen wie
                           Vorschriften zulassen. Gleichzeitig          sie, die Mieten noch weiter zu         Berlin, München, Hamburg oder
                           geht es um Spekulation: Die Unter-           erhöhen.                               Frankfurt am Main wieder zu. Da-
                                                                                                               durch entwickelte sich in vielen
                                                                                                               Ballungsgebieten ein zunehmender
                                                                                                               Wohnungsmangel, der die Durch-
                                                                                                               setzung von immer höheren Mieten
                                                                                                               ermöglichte. Da Wohnungen in
                                                                                                               deutschen Metropolen im Vergleich
                                                                                                               zu Städten wie London, Paris oder
    Verkaufte Wohnungsbestände in Deutschland 2008–2017                                                        Madrid immer noch als preisgünstig
    Wert in Milliarden Euro
                                                                                                               gelten, fließt auch viel ausländi-
                                                                                 23,5                          sches Kapital hierhin. Auch der
                                                                                                               Neubau von zumeist hochpreisigen
                                                                                                               Wohnungen wurde in diesen Re­
                                                                                                   15,6
                                                                 13,7                                          gionen zunehmend ökonomisch
                                                                        12,8              13,2
                                                         11,0                                                  interessant.

                                             6,0
       4,8
                    3,3         3,8

      2008         2009        2010         2011        2012     2013   2014     2015     2016     2017

    Wohnimmobilien werden immer häufiger und in immer größeren Paketen gekauft und verkauft.
    Das Motiv dahinter ist nicht selten Spekulation.
    Quelle: EY-Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt 2018.
!
„Betongold mit 40 % Aufwärtspotenzial! Eine Erfolgsstory,                                                              9
                                                                                    Auch Schwarzgeld und
die noch lange nicht zu Ende gehe, sei das DAX-Unternehmen
                                                                                    Geld aus kriminellen
Vonovia. Seit dem Börsengang in 2013 habe die Bochumer Immo-                        Geschäften wird bevorzugt
biliengesellschaft den Börsenwert von 3,7 Mrd. Euro auf rund                        in Immobilien in Deutsch-
20 Mrd. Euro steigern können.“ (Aktien-Magazin, Mai 2018)                           land angelegt. Es geht um
                                                                                    Milliardenbeträge.
    Was für das Kapital im Immo­          Das Ergebnis sind explosionsartig
bilienbereich günstige Bedingun-      steigende Mieten insbesondere bei
gen sind, stellt sich aus Sicht der   Neuvermietungen, zunehmender                Experten warnen, dass Deutsch-
Bevölkerung ganz anders dar. Die      Mangel an bezahlbaren Mietwoh-          land zu einem „Eldorado für Geld-
Menschen wollen möglichst gut,        nungen und Preise für Wohneigen-        wäscher und organisierte Kriminali-
sicher und preisgünstig wohnen.       tum, die sich nur noch Millionäre       tät“ geworden sei. Denn der wahre
Konzerne und Investoren kennen        leisten können. So stieg die ver-       Eigentümer muss hierzulande im
dagegen wenig Skrupel und nutzen      langte Miete bei Wohnungsange-          Grundbuch gar nicht verzeichnet
jede Möglichkeit, höhere Mietein-     boten in Berlin zwischen 2010 und       sein. Es reicht auch eine Briefkasten-
nahmen und Preise zu erzielen – zu­   2017 um fast 70 Prozent, im ohne-       firma, deren Hintermänner anonym
lasten der Menschen, die die höhe-    hin schon teuren München um             bleiben. Es gibt auch keine Möglich-
ren Mieten zahlen müssen oder für     46 Prozent. Die Zweckentfremdung        keit zentral abzufragen, welcher
die der Kauf einer eigenen Wohnung    von Mietwohnungen als Ferien-           Eigentümer zu welcher Immobilie
zunehmend unbezahlbar wird.           wohnungen und der Leerstand von         gehört. Deshalb wäre es wichtig,
                                      Wohnungen als Kapitalanlage und         dass jeder Staat ein nationales
Die Methoden der Miethaie             Spekulationsobjekt verschärfen die      Immobilienregister aufbaut, wie es
    Es werden alle Methoden ge-       Probleme.                               die Hälfte der EU-Staaten schon
nutzt. Die gesetzlichen Spielräume                                            haben. Doch das Bundesfinanz­
für Mietsteigerungen werden aus-                                              ministerium sträubt sich.
gereizt. Bis zur Höchstgrenze wer-
den die Kosten teurer Modernisie-
rungsmaßnahmen auf die Miete
geschlagen. Jede Neuvermietung
erfolgt zu massiv erhöhten Mieten.
Eigenbedarf wird angemeldet und
teilweise vorgetäuscht, um damit
Kündigungen begründen zu können.
Altbauten werden abgerissen und
durch Neubauten ersetzt, die ent-
weder als teure Eigentumswoh-
nungen verkauft oder zu vielfach
höheren Mieten als vorher vermietet
werden. Entscheidend ist dabei die
Lage, der örtliche Bodenwert, nicht
nur die Baukosten.
Gutes Wohnen für alle

                            Neubau ist nicht alles

                            E
                                                                                                                        !
10                             in Wohnungsmarkt ist kein Markt                    Wohnungspolitischer Teufels-
                                                                                                                             Der Markt versagt: Speku-
                               wie jeder andere. Schließlich                      kreis verhindert bezahlbaren
                                                                                                                             lation mit Wohnungen und
                            sind Grundstücke und Gebäude –                        Neubau                                     Grundstücken verhindern
                            erstens – nicht beliebig vermehrbar.                      Einfach auf den Markt zu ver-          den Neubau bezahlbarer
                            Sie eignen sich daher besonders                       trauen und nur die gesetzlichen            Wohnungen.
                            für Anleger, die einzig auf steigende                 und privatwirtschaftlichen Rahmen­
                            Boden- und Gebäudepreise (und                         bedingungen für den Neubau von
                            damit auf leistungslose Einkommen)                    Mietwohnungen verbessern zu               In Städten und Vierteln, in denen
                            spekulieren. Zweitens sind Woh-                       wollen, greift vor diesem Hinter-     Spekulation und Nachfrage die Im-
                            nungen sowohl unverzichtbar als                       grund viel zu kurz. Wir brauchen      mobilienpreise und Mieten treiben,
                            auch unbeweglich. Wohnraum­                           vielmehr eine aktive Wohnungs­        fehlt der Anreiz zur Schaffung be-
                            suchende benötigen eine für sie                       politik, die dort eingreift, wo der   zahlbaren Wohnraums. Gerade die
                            bezahlbare, in Größe und Ausstat-                     Markt zu unsozialen und proble-       steigenden Bodenpreise machen
                            tung passende Wohnung in der                          matischen Ergebnissen führt.          den Neubau immer teurer. Höhere
                            Nähe ihrer Arbeitsstätte bzw. in                                                            Mieten im Neubau führen aber
                            der Nähe von Kita und Schule ihrer                                                          zu einem allgemein höheren Miet­
                            Kinder. Damit sind sie finanziell                                                           niveau, was wiederum Miet­­
                            und räumlich wenig flexibel.                                                                erhöhungen im Bestand erleichtert.
                                                                                                                        Zudem kann bei jeder durch Um-
                                                                                                                        zug in einen Neubau frei werden-
                                                                                                                        den Wohnung die Miete einfacher
                                                                                                                        erhöht werden – und Umzüge in
                                                                                                                        Neubau werden wahrscheinlicher,
                                                                                                                        je stärker die Bestandsmieten stei-
                                                                                                                        gen. Ein Teufelskreis. Wenn auf
                                                                                                                        diese Weise aber auch die Bestands­
                                                                                                                        mieten von Jahr zu Jahr steigen,
     Immobilienpreise explodieren
                                                                                                                        werden Investitionen in bezahlbaren
     Index der Immobilien- und Baulandpreise, 2000–2017
                                                                                                                        neuen Wohnraum noch unrentabler.
     170%                                                                                                               Der Erwerb eines bestehenden
                          Bauland                                                                                       Wohnhauses ist dann für Investoren
     160%                 Neu erstellte Wohnimmobilien                                                                  attraktiver, weil mit weniger Risiken
                          Bestehende Wohnimmobilien
                                                                                                                        bei vergleichbaren Renditen
     150%                                                                                                               verbunden.
     140%
                                                          Abbildung 7
     130%

     120%

     110%

     100%

      90%
                00

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                                                                                       20

                                                                                            20

                                                                                                 20

                                                                                                      20

                                                                                                           20

                                                                                                                20

     Die Preise für Immobilien in Deutschland steigen seit einigen Jahren immer stärker an.
     Besonders stark ist der Anstieg der Baulandpreise.
     Quelle : Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen, 2000 = 100 %.
!
                                           Von entscheidender Bedeutung        vertraglich vereinbarte Rückkauf-      11
     Die steigenden Preise für
                                       ist nicht zuletzt eine zielgerichtete   rechte. Schon heute können
     Grund und Boden müssen
     ausgebremst werden.               Bodenpolitik der Kommunen. Sinn-        Kommunen unter bestimmten Um-
                                       voll sind Konzepte, bei denen           ständen Vorkaufsrechte nutzen,
                                       Städte und Gemeinden Grundstü-          was sie – nicht zuletzt aufgrund
                                       cke ankaufen und anschließend für       bestehender Hürden und Rechts-
    Um den Mietwohnungsbau im          Wohnbebauung zur Verfügung              unsicherheiten – viel zu selten tun.
bezahlbaren Segment anzukurbeln,       stellen, ohne die Kontrolle gänzlich    Hier wären rechtliche Erleichterun-
gilt es daher, Spekulation und         aus der Hand geben. Zu denken           gen sinnvoll.
Grundstückspreisentwicklung zu-        wäre dabei etwa an Erbpacht oder
rückzudrängen. Solange Spekulati-
onsgewinne nicht vollständig ab-
geschöpft werden, wird es weiter        Bodenpolitisches Vorbild Ulm
Spekulation geben. Solange Kom-         Schon seit über 125 Jahren wird Bauland im württembergischen Ulm
munen den Investoren keine oder         vor Spekulation geschützt. Die Stadt kauft Grundstücke auf, die sie
kaum soziale Vorgaben machen,           später als Tauschflächen, für eigene Bauvorhaben oder zur Entwick-
werden diese sich weiter im rendi-      lung von Gewerbe- bzw. Wohngebieten einsetzt. Ein Bebauungsplan
teträchtigen, hochpreisigen Seg-        wird erst rechtskräftig, wenn die Stadt alle Grundstücke besitzt. Damit
ment bewegen. Und solange Bund,         kann faktisch nur von der Stadt selbst Bauland erworben werden, und
Länder und Kommunen Grundstü-           zwar zu vorab festgelegten Preisen. Erwerben Investoren nun Grund-
cke an die Meistbietenden verkau-       stücke von der Stadt, so müssen sie soziale Bedingungen erfüllen,
fen, wird es keinen preisgünstigen      beispielsweise preisgünstigen Wohnraum schaffen. Verwenden sie das
Neubau geben können.                    Grundstück nicht für den vereinbarten Zweck, so müssen sie es an
                                        die Stadt zurückverkaufen. Der Weiterverkauf zu höheren Preisen an
Bodenpolitik gegen                      Private ist ihnen untersagt. Auf diese Weise hat die Stadt die Kontrolle
Bodenspekulation                        über alle Neubaugebiete.
    Ein zentrales Hindernis für be-
zahlbaren Neubau sind steigende
Preise für Grund und Boden, die
nicht zuletzt auf Spekulation grün-
den. Das Bundesverfassungsgericht
urteilte schon 1967, dass das All-
gemeinwohl höher zu gewichten
ist als das Eigentumsrecht an
Grundstücken: „Die Tatsache, dass
der Grund und Boden unvermehr-
bar und unentbehrlich ist, verbietet
es, seine Nutzung dem unüberseh-
baren Spiel der Kräfte und dem
Belieben des Einzelnen vollständig
zu überlassen. Eine gerechte
Rechts- und Gesellschaftsordnung
zwingt vielmehr dazu, die Interes-
sen der Allgemeinheit in weit
stärkerem Maße zur Geltung zu
bringen als bei anderen Vermö-
gensgütern.“
Gutes Wohnen für alle

                             Wohnungspolitik:
                             Öffentlich ist wesentlich!

                            G
                                                                                                           !
12                                erade, weil Wohnen eine exis-      Öffentliche, genossenschaftliche
                                                                                                                Ohne mehr öffentlichen
                                  tenzielle Notwendigkeit ist, ist   und privatwirtschaftliche Woh-
                                                                                                                Mietwohnungsbau ist die
                             Wohnraum keine Ware wie jede            nungsunternehmen sind hingegen             Versorgung mit bezahl­
                             andere. Eine ausreichende Versor-       in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg        barem Wohnraum vielerorts
                             gung zu sichern, ist daher eine         und Bremen sowie in städtischen            nicht zu gewährleisten.
                             grundlegende öffentliche und poli-      Regionen überdurchschnittlich
                             tische Aufgabe. Die Wohnungs­           stark vertreten – etwa im Ruhrge-
                             politik der letzten Jahrzehnte aber     biet, im Rhein-Main-Gebiet, in den        Der politische und demokrati-
                             war von anderen Zielen und              Regionen Stuttgart, Leipzig-Halle     sche Einfluss auf öffentliche Woh-
                             Grundsätzen geprägt: Öffentliche        und in München. In Städten oder       nungsunternehmen ist weitaus
                             Unternehmen verloren an Bedeu-          Stadtvierteln, deren öffentliche      größer als der auf private. Öffentli-
                             tung. Und die Orientierung am           Wohnungsbestände in den letzten       che Wohnungsunternehmen inves-
                             Gemeinwohl wurde zunehmend              Jahrzehnten in großen Teilen priva-   tieren mehr in den Neubau von
                             durch Orientierung am Profit            tisiert wurden, haben mittlerweile    Mietwohnungen als private, sie
                             verdrängt.                              private Wohnungsunternehmen           halten gekaufte oder gebaute
                                                                     eine enorme Marktmacht. Die           Wohnungen länger im eigenen
                             Gemeinwohl oder Profit?                 Möglichkeiten, mit öffentlichen       Bestand, sie nutzen bestehende
                                 In den verschiedenen Regionen       Wohnungsunternehmen etwas             Mieterhöhungsmöglichkeiten in
                             Deutschlands unterscheidet sich         gegen den Mangel an bezahlbarem       geringerem Umfang aus und sie
                             die Zusammensetzung des jeweili-        Wohnraum zu tun, sind dann oft        berücksichtigen dabei stärker als
                             gen Mietwohnungsmarktes be-             gerade dort besonders einge-          private die individuelle Situation
                             trächtlich: In Kleinstädten und         schränkt, wo es am dringendsten       ihrer Mieterinnen und Mieter.
                             ländlichen Räumen bestimmen die         wäre.                                 Daher sind öffentliche Wohnungs­
                             privaten Kleinvermieter den Markt.                                            gesellschaften gerade für jene
                                                                                                           Wohnungssuchenden besonders
                                                                                                           wichtig, die es am freien Markt
                                                                                                           schwerer haben – also einkom-
     Ausverkauf des öffentlichen Wohnungsbestandes                                                         mensschwache und stigmatisierte
     Anzahl verkaufter Wohnungen durch die öffentliche Hand, 2004–2017                                     Menschen und Familien. Es gibt
                                                                                                           daher viele gute Gründe, den öf-
     200.000
                                                                                         Kommunen          fentlichen Wohnungsbau zu stärken.
                                                                                         Bund/Land
     180.000
                                                                                                           Soziale Wohnungspolitik
     160.000                                                                                               statt Haushaltspolitik
                                                                                                               Die Unterschiede zwischen
     140.000
                                                                                                           öffentlichen und privaten Woh-
     120.000                                                                                               nungsunternehmen haben sich seit
                                                                                                           etwa den 1980er-Jahren abge-
     100.000
                                                                                                           schwächt. Viele Städte, Gemeinden
      80.000                                                                                               und Kreise haben ihren Wohnungs-
                                                                                                           unternehmen zunehmend abver-
      60.000
                                                                                                           langt, möglichst hohe Gewinne in
      40.000                                                                                               die jeweiligen kommunalen Haus-
                                                                                                           halte abzuführen. Wenn das Profit-
      20.000
                                                                                                           motiv auf diese Weise in den Vor-
            0                                                                                              dergrund tritt, nähert sich das
                   2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
                                                                                                           Handeln eines öffentlichen Woh-
                                                                                                           nungsunternehmens dem eines
     Bund, Länder und Kommunen haben beträchtliche Wohnungsbestände privatisiert.                          privaten an. Gleichwohl ist hier seit
     Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung.                                            einigen Jahren ein Umdenken zu
Förderrichtlinien sind Höchstbeträge                                                 13
 Arbeitsbedingungen in der privaten Wohnungswirtschaft
                                                                                              für die Mieten festgelegt, und ein-
 Die Wohnungswirtschaft ist Arbeitgeber für etwa 250.000 Menschen.
                                                                                              ziehen dürfen nur Haushalte mit
 Bis in die 1990er-Jahre waren für sie Mitbestimmung, Tarif­verträge und
                                                                                              geringem Einkommen. Mit Men-
 Tarifbindung Standard. Im Zusammenhang mit den zurück­liegenden
                                                                                              schen, die nur niedrige Mieten be-
 Privatisierungen, Liberalisierungen und Börsengängen sind seither aber
                                                                                              zahlen, lässt sich aber nur begrenzt
 immer mehr tariffreie und mitbestimmungsfreie Zonen insbesondere in
                                                                                              Geld verdienen.
 den großen börsen­notierten Konzernen entstanden. Es gibt hierdurch
 eine deutliche Leistungsverdichtung und eine Zunahme des Arbeitsdrucks
                                                                                              Wohnungspolitisches
 in diesen Unternehmen. Hinzu kommt, dass Zukäufe von Wohnungs-
                                                                                              Vorbild Wien
 beständen und Wohnungsunternehmen nach wie vor an der Tages­
                                                                                                  In den Jahrzehnten vor dem
 ordnung sind, für den Prozess des Zusammenwachsens verschiedener
                                                                                              Ersten Weltkrieg wuchs Wien, wie
 Belegschaften aber weder ausreichend Zeit noch ausreichend Geld zur
                                                                                              andere Städte auch, geradezu ex-
 Verfügung steht.
                                                                                              plosionsartig. Auf den daraus re-
                                                                                              sultierenden Mangel an Wohnraum
beobachten: Zumindest in Städten          Seit einigen Jahrzehnten wird                       reagierte die Stadtverwaltung mit
und Regionen mit angespanntem          dieses Modell zunehmend kritisiert.                    dem Aufbau eines großen öffentli-
Mietwohnungsmarkt treten woh-          Insbesondere der privaten Woh-                         chen Wohnungssektors. Noch
nungspolitische Motive gegenüber       nungswirtschaft ist es ein Dorn im                     heute gehört in Wien eine von vier
haushaltspolitischen endlich wieder    Auge, unter anderem weil es mit                        Wohnungen der Stadt, und weitere
stärker in den Vordergrund. Das ist    Auflagen einhergeht. Kritisiert                        werden ständig gebaut. Hinzu
sinnvoll: Nicht die Sanierung des      werden insbesondere die soge-                          kommen öffentlich geförderte
Haushalts, sondern ein breites und     nannten Mietpreis- und Belegungs-                      Wohnungen von Genossenschaften
gutes Angebot an bezahlbarem           bindungen: In den entsprechenden                       und Privatunternehmen, die strikten
Wohnraum muss Ziel öffentlicher
Wohnungspolitik sein.
                                         Der Wohnungsmarkt in Deutschland
                                         Insgesamt 22,3 Mio. Mietwohnungen, 2011
    Sozialer Mietwohnungsbau:
öffentliche Förderung bezahl­
                                                                              1%
baren Wohnraums                                                  9%
                                                                           0,3 Mio.                                                   Private Kleinanbieter
                                                               2,1 Mio.
    Auf dem „freien“ Wohnungs-                         1%                                                                             häufig in ländlichen Räumen, Kleinstädten,
                                                                                                                                      westdeutschen Flächenländern
markt könnte sich ein beträchtlicher                0,3 Mio.
Teil der Bevölkerung keine Woh-               10 %
                                                                                                                                      Privatwirtschaftliche
nung leisten. Deshalb gibt es die           2,3 Mio.
                                                                                                                                      Unternehmen
Förderprogramme des sozialen                                                                                                          häufig in städtischen Räumen,
                                                                                                                                      Ballungszentren, Berlin, Bremen,
Mietwohnungsbaus, für die seit                                                                                                        Schleswig-Holstein,
2006 in Deutschland die Länder                                                                                                        Nordrhein-Westfalen, Hamburg

zuständig sind. Kommunale, ge-                                                                                     65 %
                                           13 %                                                                  14,5 Mio.            Kommunen,
nossenschaftliche und private            2,9 Mio.                                                                                     kommunale Unternehmen
Wohnungsunternehmen können
                                                                                                                                      Bund, Länder
öffentliche Gelder nutzen, um
                                                                                                                                      Wohnungsgenossenschaften
preisgünstigen Wohnraum für be-
                                                                                                                                      Andere
dürftige Bevölkerungsgruppen zu
                                                                                                                                      Kommunen, kommunale Unter-
bauen und bereitzustellen.                                                                                                            nehmen, Bund, Länder, Wohnungs-
                                                                                                                                      genossenschaften, Andere
                                                                                                                                      häufig in städtischen Räumen,
                                                                                                                                      Ballungszentren, ostdeutschen Ländern

                                         Der Wohnungsmarkt in Deutschland ist vielfältig. Private und öffentliche Wohnungsunternehmen sowie
                                         Wohnungsgenossenschaften sind besonders stark in städtischen Räumen sowie in Ballungszentren vertreten.
                                         Quelle: Bundesregierung, Dritter Bericht über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Deutschland, 2017, eigene Zusammenstellung.
                                         Abweichungen in den Summen ergeben sich aus Rundungsdifferenzen.
Gutes Wohnen für alle

14                          sozialen Vorgaben unterliegen.               Sozialer Mietwohnungsbau                   Dass das Soziale im sozialen
                            Fast zwei Drittel der Menschen in            als soziale Zwischennutzung            Wohnungsbau nur eine Zwischen-
                            Wien leben in kommunalen oder                    Angesichts steigender Mieten       nutzung darstellt, ist heute zum
                            geförderten Wohnungen. Und bei               und niedriger Zinsen gelten diese      enormen Problem geworden. Denn
                            etwa der Hälfte dieser Wohnungen             sozialen Auflagen nicht nur den        immer mehr Wohnungen fallen aus
                            ist der Bezug an Einkommensgren-             privaten „Investoren“ daher zu-        der Bindung heraus – jährlich etwa
                            zen gebunden – und zwar dauer-               nehmend als unwirtschaftliche          60.000 bis 80.000. Und neu ge-
                            haft: Anders als im deutschen sozi-          Profitbremsen. Und das, obwohl         baut werden zu wenig Sozialwoh-
                            alen Mietwohnungsbau läuft diese             die sozialen Verpflichtungen in        nungen: 2016 bundesweit gerade
                            Sozialbindung nicht nach 15 oder             Deutschland – anders als in vielen     einmal 24.500, 2017 mit 26.200
                            20 Jahren aus. Dabei sind die Ein-           anderen Ländern – zeitlich be-         kaum mehr. Im Ergebnis sinkt die
                            kommensgrenzen bewusst hoch.                 grenzt sind. Nach meist etwa 15        Zahl mietpreis- und belegungsge-
                            Theoretisch hätten in Wien drei              bis 25 Jahren können Sozialwoh-        bundener Wohnungen drastisch:
                            Viertel der Menschen Zugang zum              nungen frei vermietet oder verkauft    in Bayern zwischen 1988 und 2014
                            geförderten Mietwohnungsbau.                 werden. Der österreichische Woh-       beispielsweise von 495.000 auf
                            Über die tatsächliche Vergabe der            nungswissenschaftler Christian         147.000, in Berlin zwischen 1989
                            Wohnungen entscheiden dann                   Donner hat dieses System zu Recht      und 2016 von 339.000 auf
                            weitere Kriterien wie etwa Bedürf-           als „Förderung privater Mietwoh-       116.000, in Nordrhein-Westfalen
                            tigkeit, Kinderzahl und Gesund-              nungsinvestitionen mit sozialer        zwischen 1988 und 2015 von
                            heitszustand. Dieses System drückt           Zwischennutzung“ bezeichnet.           1,4 Mio. auf 477.000. Alleine von
                            die Mieten am gesamten Markt                                                        2016 auf 2017 ist die Zahl der

                                                                         !
                            deutlich. Im Ergebnis hat Wien im                                                   Sozialwohnungen in Deutschland
                                                                               Immer mehr Wohnungen
                            Vergleich mit anderen europäi-                     fallen aus der Sozial­           um 46.000 zurückgegangen.
                            schen Metropolen die niedrigsten                   bindung – und viel zu                Kritik am sozialen Wohnungs-
                            Wohnkosten.                                        wenige kommen nach.              bau ist also berechtigt. Aber nicht,
                                                                                                                weil er zu teuer oder zu wenig ren-
                                                                                                                tabel sei – sondern weil das Soziale
                                                                                                                bislang dort nur Nebensache ist.

                                                                                                                Neue Wohnungsgemein­
                                                                                                                nützigkeit
                                                                                                                    Bis 1990 war der Wohnungs-
                                                                                                                markt in (West-)Deutschland von
     Immer weniger Wohnraum für einkommensarme Haushalte                                                        gemeinnützigen Gesellschaften
     Anzahl der Sozialwohnungen in Deutschland                                                                  geprägt – das waren öffentliche,
          3,4 Mio.                                                                                              private und genossenschaftliche
                              3,0 Mio.                                                                          Unternehmen gleichermaßen. Die
                                                                                                                Idee hinter dieser Gemeinnützig-
                                                              2,1 Mio.                                          keit: Wohnungsgesellschaften
                                                                            1,7 Mio.                            erfüllen weitreichende soziale Vor-
                                                                                                1,2 Mio.        gaben insbesondere beim Miet-
                                                                                                                preis, sie akzeptieren eine Begren-
                                                                                                                zung ihrer Gewinne und inves­-
                                                                                                                tieren Erträge wieder in den Wohn-
                                                                                                                raum. Im Gegenzug erhalten sie
              1986                     1990                       2006       2010                 2017
                                                                                                                Förderungen und beträchtliche
                                                                                                                steuerliche Vorteile. Dies führte
     Die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland sinkt seit Jahren, seit 1986 hat sie sich mehr als halbiert.
                                                                                                                nach dem Zweiten Weltkrieg zum
     Und dieser Trend ist ungebrochen: Immer mehr Wohnungen fallen aus der Preis- und Belegungsbindung
     heraus, und viel zu wenige Sozialwohnungen werden neu gebaut.                                              raschen Bau einer ausreichenden
     Quelle : Bundestags-Drucksachen 12/2883, 18/11403, 19/749.                                                 Zahl an Wohnungen, galt aber
irgendwann als zu schwerfällig,         Mietwohnungsbau:                                          Nicht selten mit negativen Kon-                       15
marktfern und teuer. Die Abschaf-       Auch Arbeitgeber gefragt!                             sequenzen auch für die Verkäufer:
fung dieses Systems 1990 führte             Nicht nur Bund, Länder und                        Längst ist in vielen Städten und
allerdings keineswegs zu sinken-        Kommunen, sondern auch große                          Regionen die Verfügbarkeit bezahl-
den, sondern sogar zu steigenden        und mittlere Industrie- sowie                         baren Wohnraums zu einem Plus
Zahlungen öffentlicher Gelder an        Dienstleistungsunternehmen besa-                      beim Anwerben und Halten von
die Immobilienwirtschaft. Zugleich      ßen einst Wohnungen in großem                         Fachkräften geworden. Auch des-
verschlechterte sich vielerorts das     Umfang. Vermietet wurden sie vor-                     halb bauen immer mehr Unterneh-
Wohnungsangebot, die Mieten             rangig an eigene Mitarbeiterinnen                     men wieder eigene Wohnungen,
explodierten.                           und Mitarbeiter – diese profitierten                  nicht zuletzt auch für ihre Beschäf-
    Vor diesem Hintergrund disku-       von der Nähe zum Arbeitsplatz und                     tigten. Das bekannteste Beispiel
tieren wohnungspolitische Initiati-     von günstigen Mieten. Analog zu                       dafür sind die Stadtwerke München
ven, manche Verbände und Parteien       den Privatisierungen öffentlicher                     mit 9.000 Beschäftigten. Das Un-
seit einigen Jahren eine neue Woh-      Wohnungen sind ab den 1990er-                         ternehmen verfügt über inner­
nungsgemeinnützigkeit. Und zwar         Jahren auch große Teile dieser be-                    städtische Flächen, die es für sein
mit guten Gründen: Anstatt Eigen-       trieblichen Wohnungsbestände                          Kerngeschäft (im Wesentlichen
heime zu fördern, die sich weite        verkauft worden.                                      Energie- und Wasserversorgung)
Teile der Bevölkerung sowieso                                                                 nicht mehr benötigt. Sie werden
nicht leisten können, und anstatt                                                             nun unter Rückgriff auf öffentliche
im „freien“ Mietwohnungsbau                                                                   Fördermittel für den Wohnungsbau
immer höhere Profite privater In-                                                             genutzt.
vestoren zu gewähr­leisten, sollten
mit öffentlichen Mitteln dauerhaft
bezahlbare Mietwohnungen
für breite Bevölkerungsschichten
geschaffen werden.                        Ausgaben des Bundes für die Wohnungsförderung                                      steuerliche Begünstigung
                                          1980–2014, in Mrd. €                                                               Subjektförderung
    Ein gutes Beispiel dafür ist ein-                                                                                        Objektförderung
mal mehr Österreich. Dort hat man         12
die Wohnungs-Gemeinnützigkeit                          vor Abschaffung der            nach Abschaffung der
                                                      Wohngemeinnützigkeit            Wohngemeinnützigkeit
nie aufgegeben – mit der Folge,
                                          10
dass der Umfang an öffentlichen
Wohnbeihilfen im internationalen
Vergleich auf niedrigem Niveau             8
liegt.

!
                                           6
     Eine neue Wohnungs-Ge-
     meinnützigkeit würde hel-
     fen, dauerhaft bezahlbaren            4
     Wohnraum zu schaffen.

                                           2

                                           0
                                           19 0
                                           19 1
                                           19 2
                                           19 3
                                           19 4
                                           19 5
                                           19 6
                                           19 7
                                           19 8
                                           19 9
                                           19 0
                                           19 1
                                           19 2
                                           19 3
                                           19 4
                                           19 5
                                              96
                                           19 7
                                           19 8
                                              99
                                           20 0
                                           20 1
                                           20 2
                                           20 3
                                           20 4
                                           20 5
                                              06
                                           20 7
                                           20 8
                                           20 9
                                           20 0
                                           20 1
                                           20 2
                                           20 3
                                              14
                                              8
                                              8
                                              8
                                              8
                                              8
                                              8
                                              8
                                              8
                                              8
                                              8
                                              9
                                              9
                                              9
                                              9
                                              9
                                              9

                                              9
                                              9

                                              0
                                              0
                                              0
                                              0
                                              0
                                              0

                                              0
                                              0
                                              0
                                              1
                                              1
                                              1
                                              1
                                           19

                                           19

                                           20

                                           20

                                          Die Abschaffung der Wohngemeinnützigkeit kam die öffentlichen Haushalte teuer zu stehen:
                                          Subjektförderung (die direkte Finanzierung von Wohnkosten durch Wohngeld und durch die Übernahme
                                          der Kosten der Unterkunft im Rahmen des Arbeitslosengelds II und der Sozialhilfe) ist auf Dauer teurer
                                          als Objektförderung (die Finanzierung des Baus von Wohnungen).
                                          Quelle: Holm u. a. (2017): Neue Wohnungsgemeinnützigkeit.
Gutes Wohnen für alle

     Die Mieten bremsen
16
     N   icht nur die finanziellen Mög-
         lichkeiten von Mieterinnen und
     Mietern sind begrenzt, sondern
                                               Ein politisches Eingreifen in die
                                            (Miet-)Preisbildung ist daher nicht
                                            nur aus sozialen, sondern auch aus
                                                                                   Rendite erwirtschaften. Können
                                                                                   Mieterinnen und Mieter da finanzi-
                                                                                   ell nicht mithalten, müssen sie aus-
     auch ihre Flexibilität: Sie brauchen   ökonomischen Gründen sinnvoll.         und wegziehen. In vielen Städten
     Wohnraum, den sie sich leisten         Die dazu bestehenden Instrumente       haben ganze Viertel in den letzten
     können, und müssen beispielsweise      sind aber unzureichend.                Jahren auf diese Weise ihr Erschei-
     ihre Arbeitsplätze und Schulen                                                nungsbild verändert. Das liegt auch
     zeitnah erreichen können. Sie be-      Modernisierungen als Geld­             daran, dass gerade die aktuelle
     finden sich daher in einer schwä-      anlage und zum „Entmieten“             Niedrigzinsphase entsprechende
     cheren Position als ihre Vermieter,        Investitionen in die Modernisie-   Investitionen besonders lukrativ
     weshalb das Mietrecht sie beson-       rung von Wohnraum können sinn-         macht. Zudem sind deutsche Städte
     ders schützen muss. Hinzu kommt:       voll sein: etwa um den Wohnstan-       bei Luxus-Modernisierungen aus
     Wenn die Mieten (und damit die         dard anzuheben oder um den             Sicht der Renditejäger Nachzügler:
     Preise) von Bestandswohnungen          Energieverbrauch einer Wohnung         Hier besteht, anders als in vielen
     überdurchschnittlich ansteigen,        zu senken. Modernisierungen kön-       Städten im Ausland, noch „Spiel-
     dann werden Investitionen in den       nen aber auch wie Anlageobjekte        raum“ nach oben.
     Neubau von Wohnungen weniger           funktionieren. Denn wer moderni-

                                                                                   !
     attraktiv. Bezahlbarer Wohnraum        siert, kann die Mieten anschließend         Mit Modernisierungen
     kann in einer solchen Situation        – teils deutlich – anheben und              lassen sich Profite machen
     nicht entstehen.                       damit oft genug eine erkleckliche           – auf Kosten der Mieter­
                                                                                        innen und Mieter.

                                                                                       Die Kosten einer Modernisierung
                                                                                   können in einem gesetzlich fest­
                                                                                   gelegten Umfang auf die jährliche
                                                                                   Miete umgelegt werden. Da dieser
                                                                                   Aufschlag zeitlich nicht begrenzt
                                                                                   ist, verdient ein Vermieter dauer-
                                                                                   haft daran. Lange Zeit betrug die
                                                                                   Umlage elf Prozent der Modernisie-
                                                                                   rungskosten. Damit war nach
                                                                                   knapp neun Jahren die Investition
                                                                                   wieder reingeholt, von da an wurde
                                                                                   Geld verdient – mindestens so
                                                                                   lange, bis die modernisierten Woh-
                                                                                   nungsbestandteile erneuert werden
                                                                                   mussten. 2018 hat die Bundes­
                                                                                   regierung die Umlage auf acht Pro-
                                                                                   zent gesenkt und auf drei Euro pro
                                                                                   Quadratmeter binnen sechs Jahren
                                                                                   begrenzt. Bei Wohnungen mit Mie-
                                                                                   ten unter sieben Euro pro Quadrat-
                                                                                   meter dürfen es maximal zwei Euro
                                                                                   sein. Dies ist noch immer genug,
                                                                                   um mit Modernisierungen gute
                                                                                   Renditen zu erwirtschaften: Die in-
                                                                                   vestierten Mittel sind dort fortan
                                                                                   nach 12 Jahren und sechs Monaten
                                                                                   wieder zurückgeflossen.
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