Neu in der Hämatologie und Onkologie - Molekulare Diagnostik und Immuntherapie in der Behandlung von Tumorerkrankungen - Bayerisches Ärzteblatt
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Neu in der Hämatologie und Onkologie Molekulare Diagnostik und Immuntherapie in der Behandlung von Tumorerkrankungen In der modernen Onkologie gehören mole Case Report 1 gradige Mikrosatelliteninstabilität (MSI-high) kulare Diagnostik und Immuntherapie bei immunhistochemischem Ausfall der Gene derzeit zu den Bereichen mit der größten Metastasiertes Kolonkarzinom mit MLH1 und PMS2. Dynamik. Die Verfügbarkeit sowie auch Mikrosatelliteninstabilität (MSI) Bei einer 41 Jahre alten Patientin wurde die Der Befund der Mikrosatelliteninstabilität ermög- der breite Einsatz der erweiterten mo Diagnose eines hepatisch metastasierten Kolon- lichte die primäre Behandlung mit dem Check- lekularen Diagnostik des Tumorgewebes karzinoms gestellt. Endoskopisch fand sich ein point-Inhibitor Pembrolizumab. Bereits nach einer sind die Grundvoraussetzungen für den zirkulär wachsender Tumor im Bereich des Colon Behandlungsdauer von zwei Monaten wurde im Einsatz jener innovativen und molekular ascendens. Die CT-Untersuchung des Abdomens Bereich der Lebermetastasierung ein gutes An- zielgerichteten Therapieansätze, die allen zeigte eine fortgeschrittene bilobäre Metasta- sprechen (partielle Remission) konstatiert. Fünf Tumorpatienten zugänglich gemacht wer sierung der Leber. Die pathohistologische Unter- Monate nach Therapiebeginn entschied man den sollten. Auch für die Immuntherapie suchung einer Biopsie des Primärtumors bestä- sich bei weiterhin deutlich rückläufigen Tumor gilt, dass eine Wirksamkeit nur in biolo tigte die Diagnose eines gering differenzierten manifestationen zu einer Hemikolektomie rechts. gisch genau definierten Tumorentitäten Adenokarzinoms (G3). Diese ergab ein postoperatives Tumorstadium und Subgruppen erwartet werden kann. ypT1, ypN0, R0. In der gleichzeitig durchgeführ- Angesichts der Ausdehnung der synchronen ten Hemihepatektomie rechts wurde kein Tumor Metastasierung kam ein primär operatives Vor- mehr nachgewiesen (pathologisch komplette Re- gehen nicht in Betracht. Vor Einleitung der ge- mission). Unter postoperativer Fortführung der planten systemischen Therapie wurde leitlinien- Immuntherapie mit dem Checkpoint-Inhibitor gerecht eine molekulare Analytik durchgeführt befindet sich die Patientin in langfristig anhal- (S3-Leitlinie [1]). Diese zeigte einen Wildtyp in tender kompletter Remission dieser initial weit den RAS- und BRAF-Genen sowie eine hoch- fortgeschrittenen metastasierten Erkrankung. 8 Bayerisches Ärzteblatt 1-2/2022
Titelthema Professor Dr. Volker Heinemann Dr. Benedikt Westphalen Professorin Dr. Marion Subklewe Dr. Veit Bücklein Diskussion Tabelle 1: Genetische Parameter mit therapeutischer Relevanz In der immuntherapeutischen Behandlung des Genetische Parameter Substanzen Zulassungsstatus metastasierten kolorektalen Karzinoms (mKRK) kommt der Mikrosatelliteninstabilität (MSI) bzw. KRAS, NRAS Wildtyp Cetuximab, Panitumumab zugelassen der defekten DNA Mismatchreparatur (dMMR) BRAF-V600E-Mutation Cetuximab + Encorafenib zugelassen nach Vorbehandlung eine zentrale Bedeutung zu. Sie allein gilt als Mikrosatelliteninstabilität bzw. Pembrolizumab zugelassen für die Erstlinientherapie akzeptierter Prädiktor der Effektivität, wäh- defekte Mismatch-Reparatur Nivolumab + Ipilimumab zugelassen nach Vorbehandlung rend die bei anderen Tumoren relevante Ober Trastuzumab + Lapatinib nicht zugelassen flächenprotein PD-L1-Expression keine prädiktive HER2-Amplifikation Trastuzumab + Pertuzumab nicht zugelassen Bedeutung hat. Trastuzumab-Deruxtecan nicht zugelassen KRAS-G12c-Mutation Sotorasib nicht zugelassen Die Häufigkeit der MSI ist in den lokal be- grenzten Tumorstadien vergleichsweise hoch Tabelle 1: Der Zulassungsstatus bezieht sich auf das metastasierte kolorektale Karzinom. (UICC-Stadium II 22 Prozent, UICC-Stadium III 12 Prozent). Aufgrund der geringen Meta- stasierungsrate ist die MSI hier mit einer sehr Der vorliegende Fall zeigt, dass die MSI-Testung Immuntherapie (PD-1-Inhibition) eine komplette günstigen Prognose verbunden [2]. Bei metas- gerade bei jüngeren Patienten, aber auch bei pathologische Remission (pCR) der hepatischen tasierter Erkrankung (UICC-Stadium IV) ist die Patienten mit Tumoren im rechtsseitigen Colon Metastasierung erreicht wurde. Darüber hinaus MSI dagegen nicht nur deutlich seltener (drei oder anderen Risikofaktoren, noch vor Einleitung konnte auch der Primärtumor weitestgehend bis fünf Prozent), sie ist dann auch mit einer der systemischen Therapie vorliegen sollte. Die reduziert werden (ypT1, ypN0), sodass bei initial eher ungünstigeren Prognose assoziiert. Ent- randomisierte KEYNOTE-177-Studie verglich den eigentlich infauster Prognose ohne den Einsatz sprechend lag auch im vorliegenden Fall bereits Checkpoint-Inhibitor Pembrolizumab mit einer einer Chemotherapie jetzt ein tumorfreies Lang- bei Primärdiagnose eine weit fortgeschrittene Chemotherapie und zeigte in der Erstlinien zeitüberleben möglich scheint. Der Fallbericht Metastasierung vor. behandlung des mKRK eine deutliche Überlegen- weist insbesondere auf den hohen Nutzen der heit in Hinblick auf die relevanten Effektivitäts- prätherapeutisch durchgeführten molekularpa- Die Untersuchung auf eine defekte Mismatch- parameter Gesamtüberleben, progressionsfreies thologischen Untersuchung des Tumormaterials Reparatur (dMMR) bzw. eine MSI wird vorrangig Überleben und Ansprechrate [3]. Basierend auf hin. Zusätzlich zu der empfohlenen Primärdiag- bei Verdacht auf ein hereditäres, nicht-poly- diesen Resultaten liegt derzeit eine Zulassung für nostik von KRAS, NRAS, BRAF und MSI kommen pöses kolorektales Karzinom (HNPCC) (jüngere den Einsatz des PD-1-Inhibitors Pembrolizumab in rascher Folge weitere genetische Veränderun- Patienten, familiäre Belastung etc.) empfohlen. in der Erstlinientherapie vor. Die Indikationsstel- gen hinzu, die aktuell aber nur in Studien oder Laut S3-Leitlinie soll eine dMMR/MSI-Testung lung fußt dabei allein auf dem Nachweis der MSI. im Rahmen eines „Off-Label-Use“ (nach Geneh- (aus Biopsien/Tumorgewebe) darüber hinaus bei migung durch die Krankenkassen) therapeutisch Vorliegen schlecht differenzierter Adenokar- Bei chemotherapeutisch vorbehandelten mKRK- genutzt werden können (Tabelle 1). zinome, einschließlich der muzinösen Adeno Patienten mit MSI-h/dMMR wurde die Studie karzinome oder undifferenzierte Kolonkarzino- „CheckMate-142“ durchgeführt [4, 5]. Diese me, erfolgen. Aufgrund ihrer Sensitivität und nicht randomisierte Kohortenstudie belegte die Case Report 2 Spezifität sowie auch aufgrund der geringeren therapeutische Effektivität des PD-1-Inhibitors Kosten steht zunächst die immunhistochemi- Nivolumab allein und in Kombination mit dem Medulläres Schilddrüsenkarzinom sche dMMR-Diagnostik im Vordergrund. Damit CTL-A4-Inhibitor Ipilimumab. Angesichts der mit RET-Mutation kann gezielt überprüft werden, welche der DNA- deutlich höheren Effektivität der Kombinati- Bei einem Mitte 50 Jahre alten Patienten war Reparaturenzyme/-enzymkomplexe (MLH1, MSH2, onstherapie wurde beim vorbehandelten mKRK die Erstdiagnose eines primär metastasierten MSH6, PMS2) nicht mehr exprimiert werden. In die Behandlung mit Nivolumab plus Ipilimumab medullären Schilddrüsenkarzinoms bereits im unklaren Fällen kann aber auch eine molekula- zugelassen. Jahr 2015 gestellt worden. Nach zervikaler Ra- re Analyse (Polymerase-Kettenreaktion [PCR], diatio erfolgte zunächst eine Therapie mit dem Next-Generation-Sequencing [NGS]) zur MSI- Der vorliegende Fallbericht ist deshalb von be- Multikinase-Inhibitor Cabozantinib. Bei Progres- Diagnostik eingesetzt werden. sonderem Interesse, weil hier allein mit einer sion der Erkrankung wurde die Behandlung auf Bayerisches Ärzteblatt 1-2/2022 9
Titelthema den Tyrosinkinasehemmer Vandetanib umgestellt, Einschluss in eine klinische Studie war auf Grund „ rearrangements“. RET-Fusionen finden sich bei worunter allerdings nur eine Krankheitsstabili- internistischer Vorerkrankungen nicht möglich. 10 bis 20 Prozent der papillären Schilddrüsenkar- sierung erreicht wurde. Im Juni 2019 wurde der Das Medikament war jedoch im Rahmen eines zinome, während RET-Mutationen in 60 bis 90 Patient bei fortgeschrittener Erkrankung im in- Härtefallprogramms verfügbar. Die Therapie mit Prozent der medullären Schilddrüsenkarzinome terdisziplinären Schilddrüsenzentrum am LMU Pralsetinib konnte, nach Absetzen von Vande- vorkommen [6]. Mittlerweile stehen Patientinnen Klinikum (ISKUM) vorgestellt. Hier sollten wei- tanib, im September 2019 begonnen werden. und Patienten mit RET-alterierten Schilddrüsen- tere therapeutische Optionen evaluiert werden. Insgesamt kam es unter dieser Behandlung zu karzinomen mit Selpercatinib [7] und Pralsetinib einem erfreulichen Therapieansprechen und einer [8] zwei hochwirksame selektive RET-Inhibitoren Zunächst wurde dort die Indikation zur erweiter- längerfristigen Stabilisierung der Erkrankung, die zur Verfügung. Der Einsatz dieser neuen Sub ten molekularen Diagnostik und zur Vorstellung bis zum heutigen Tage andauert. stanzen orientiert sich an der klinischen Situation im Molekularen Tumorboard (MTB) gestellt. Die und sollte im Idealfall in einem interdisziplinären molekulare Analyse des Tumorgewebes zeigte Diskussion Tumorboard diskutiert werden. eine klassische Mutation im RET-Onkogen. Nach Tumorgenetisch relevante Alterationen im interdisziplinärer Diskussion im MTB wurde die RET-Onkogen fallen generell in zwei Katego- Der skizzierte Fall zeigt, dass die t ranssektorale Empfehlung zur Therapie mit dem selektiven rien: zum einen „aktivierende Mutationen“ und Vernetzung im Bereich der personalisierten RET-Inhibitor Pralsetinib (BLU667) gestellt. Der zum anderen „RET-Fusionen“ oder sogenannte Onkologie in Zukunft eine noch größere Rolle spielen wird; insbesondere auch, da die Zahl der molekular-zielgerichteten Substanzen und damit die Notwendigkeit zur breiten Tumordiagnostik in den kommenden Jahren erheblich zunehmen wird [9]. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, zu betonen, dass ein Großteil der Deutschen Tumorpatienten außerhalb von (universitären) Zentren versorgt wird [10], während erweiterte molekulare Diagnostik, molekulare Tumorboards und molekular-stratifizierte Studien (noch) über- wiegend an spezialisierten Zentren vorgehalten werden [9]. Insofern ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe absolut notwendig, um Pati- enten das komplette Spektrum an innovativer Diagnostik und Therapie anbieten zu können, ohne die Behandlungs- und Strukturrealität außer Acht zu lassen. Um diese notwendige Vernetzung zu unterstüt- zen, wurde am Comprehensive Cancer Center München (CCCM) ein virtuelles MTB etabliert, welches externen Partnern im niedergelasse- nen- und Klinikbereich niederschwelligen Zu- gang zur präzisionsonkologischen Expertise am Standort ermöglicht. Des Weiteren wurde das Abbildung 1: MOONshot Bayern-Projekt „Molekular-onkologische Netzwerk Bayern – MOONshot Bayern“ ins Leben gerufen, welches externen Zuweisern eine direkte Weiterleitung erhobener molekularpathologischer Befunde an das MTB gestattet (Abbildungen 1 und 2); in die- sem Konzept erfolgt eine zentrale Begutachtung der Befunde und eine strukturierte Rückmeldung möglicher therapeutischer Konsequenzen an die beteiligten Institutionen, ohne dass primär ei- ne Vorstellung am Zentrum notwendig wird. So bleibt die gesamte Behandlungsführung im pri- mären Behandlungsteam (Abbildung 1). Patient und Behandlungsteam können dann gemeinsam erörtern, ob eine Mitbehandlung durch das Zen- trum sinnvoll und gewünscht ist und weitere mögliche Schritte in die Wege leiten. Auch über das MOONshot-Netzwerk hinweg, bietet das Programm zur Präzisionsonkologie am CCCM sowohl internen als auch externen Abbildung 2: Kooperationspartner im Rahmen des MOONshot-Projekts. Partnern die Möglichkeit, konkret am MTB des 10 Bayerisches Ärzteblatt 1-2/2022
Titelthema Bei unserem Patienten waren im Rezidiv zehn gische Symptome auf, zunächst mit Verände- Monate nach autologer peripherer Blutstamm- rungen im CAR-Neurotoxizitäts-Screening (vgl. zell-Transplantation (PBSCT) multiple ossäre Schriftprobe, Abb. 3B Mitte). In den folgenden Manifestationen diagnostiziert worden. Eine 24 Stunden kamen eine zunehmende motorische Chemotherapie mit R-HyperCVAD (Block A) führ- Aphasie, Tremor, Apraxie und Orientierungsstö- te zu keinem metabolischen Ansprechen. Da rungen trotz zwischenzeitlich eingeleiteter The- die Dynamik der Erkrankung aber keine längere rapie mit Dexamethason i.v. hinzu. Die notfall- Therapiepause zuließ, wurde nach Leukaphere- mäßige apparative und laborchemische (Liquor-) se und Gewinnung der autologen T-Zellen die Diagnostik konnte eine Meningitis, Epilepsie und Chemotherapie (HyperCVAD Block B) zunächst Meningeosis als Ursache der neurologischen weitergeführt. Symptome ausschließen. Die CAR-T-Zell-Herstellung nahm knapp vier Unter dem klinischen Vollbild eines ICANS (immu- Wochen in Anspruch. Unmittelbar vor der CAR- ne effector cell associated neurotoxicity syndro- T-Zell-Therapie zeigte sich eine weitere chemo- me) wurde deshalb die immunsuppressive Thera- therapierefraktäre Erkrankung mit erneutem pie auf Methylprednisolon 1 g/Tag i.v. eskaliert, ossären Progress. Nach lymphodepletierender worunter es in den folgenden Tagen zu einer Chemotherapie mit Cyclophosphamid und Flu- Besserung der neurologischen Symptomatik kam darabin erfolgte die CAR-T-Zell-Transfusion (vergleiche Abb. 3B unten). Der Patient konnte (Axicabtagen-Ciloleucel). Das Fieber im Rah- schließlich an Tag 30 nach CAR-T-Zell-Therapie men eines Cytokine-Release-Syndroms (CRS; mit langsam reduzierten Steroid-Dosen und un- Cytokin-Freisetzungs-Syndrom) ab Tag zwei auffälligem neurologischen Befund in sehr gutem wurde mit einer kalkulierten Antibiose und dem Allgemeinzustand entlassen werden. Es bestand Abbildung 3: A) Radiografisches Ansprechen disse- Interleukin-6-Rezeptor-Antikörper Tocilizumab zu diesem Zeitpunkt noch eine Bizytopenie (Gra- minierter ossärer Lymphom-Manifestationen auf die behandelt. Ab Tag fünf traten jedoch neurolo- nulo- und Thrombozytopenie). Unter Gabe von CD19-CAR-T-Zell-Therapie. PET-Maximumintensi- tätsprojektion aus Front- und Seitansicht unmittelbar vor (links) und 60 Tage nach CAR-T-Zell-Transfusion. Die Mehrspeicherung im Bereich des M. sternocleido- mastoidis links in der Bildgebung vor Therapie erklärt Anzeige sich aufgrund von Muskelaktivität. B) Ergebnisse der routinemäßig zum Neurotoxizitäts- weitere Infos unter www.4medic.de/produkte/vscan-air/ Screening erhobene Schriftprobe unmittelbar vor GE Healthcare (oben), an Tag 5 (bei beginnendem ICANS) und Tag Vscan Air ™ 20 (nach Remission des ICANS) nach CAR-T-Zell- Therapie. Ultraschall im Taschenformat Zentrums teilzunehmen (Abbildung 2). Hier wer- SignalMax™ Technologie den umfangreiche Informationsmaterialien vor- gehalten, darüber hinaus steht eine eigene prä- Komplettpreis 3.990 € zisionsonkologische Hotline für Fragen jederzeit zur Verfügung. zzgl. MwSt. Case Report 3 oder monatlich CD19-CAR-T-Zellen beim rezidivierten hochmalignen B-Zell-Lymphom 79 € zzgl. MwSt. Bei einem 64-jährigen Patienten wurde bei Früh- rezidiv eines hochmalignen B-Zell-Lymphoms („Double-Hit-Lymphom“) nach E rstlinientherapie Ihre vorteile mit Vscan air kabellose Sonde mit Rituximab+CHOP, Salvage-Therapie mit kabellose Datenübertragung Rituximab+DHAP (bei unzureichendem bildge- Doppelsonden-Technologie (2 in 1) bendem Ansprechen unter R-CHOP) und Hoch- passt in jede Kitteltasche dosischemotherapie (R-BEAM-Protokoll) mit außergewöhnliche Bildqualität autologem Stammzellsupport die Indikation zur Therapie mit CD19-CAR-T-Zellen gestellt. Im Rah- men dieser Behandlung werden dem Patienten JETZT Angebot sichern T-Zellen entnommen, die dann im Labor gene- 09681 796910 info@4medic.de | www.4medic.de tisch so verändert werden, dass sie Tumorzellen Gerberstraße 11 · 92670 Windischeschenbach erkennen und bekämpfen können. Bayerisches Ärzteblatt 1-2/2022 11
Titelthema G-CSF kam es in den Folgewochen jeweils zu ei- nem schnellen, aber nicht anhaltenden Anstieg Das Wichtigste in Kürze der Granulozyten, sodass ca. einmal wöchentlich G-CSF-Gaben nötig waren, um die Granulozyten » Die Häufigkeit der Mikrosatelliteninstabilität ist in frühen Tumorstadien deutlich größer als bei > 500/µl zu halten. bei metastasierter Erkrankung. » Die Analyse der Mikrosatellitenstabilität ist beim metastasierten kolorektalen Karzinom Bildgebend war zwei Monate nach CAR-T-Zell- die Grundlage für eine Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren. Therapie im PET/CT eine vollständige metaboli- » Beim metastasierten kolorektalen Karzinom mit Nachweis einer Mikrosatelliteninstabilität sche Remission der Erkrankung zu verzeichnen bzw. einer defizienten Mismatch-Reparatur sind Checkpoint-Inhibitoren hocheffektiv und (vergleiche Abb. 3A rechts). Die Thrombozyten- können zu einer langfristigen Tumorkontrolle beitragen. zahlen erholten sich im Verlauf nach Therapie » Bei seltenen Tumorerkrankungen wie dem medullären Schilddrüsenkarzinom kann eine langsam und sind aktuell, etwa vier Monate erweiterte molekulare Diagnostik helfen, eine molekular zielgerichtete Therapie zu iden- nach CAR-T-Transfusion, bei ~ 75 G/l noch nicht tifizieren. vollständig regeneriert. Auch die Granulopenie » Molekulare Tumorboards können helfen, die molekularen Befunde zu interpretieren und besteht weiterhin und die Neutrophilen-Zahlen konkrete molekular stratifizierte Behandlungsvorschläge zu entwickeln. halten sich bei knapp unter 1 G/l ohne G-CSF- » Bei Vorliegen einer RET-Mutation stehen hochwirksame selektive RET-Inhibitoren für den Support. Der Patient ist weiterhin in komplet- therapeutischen Einsatz zur Verfügung. ter Remission, in exzellentem Allgemeinzustand » Die Behandlung mit CAR-T-Zellen erfordert die Verfügbarkeit speziell geschulter Ärzte und (ECOG 0) und infektfrei. Pflegekräfte und kann derzeit nur an hochspezialisierten Zentren durchgeführt werden. » Bei Patienten mit aggressiven B-Zell-Lymphomen und chemotherapierefraktärer Erkran- Diskussion kung kann die CAR-T-Zelltherapie als effektive Behandlungsoption angeboten werden. Der dargestellte Fall illustriert eindrucksvoll, dass » Neben dem therapierefraktären aggressiven Lymphom sind CD19-CAR-T-Zellen auch für mit CD19-CAR-T-Zellen eine hocheffektive The- Patienten mit rezidivierter/refraktärer B-Vorläufer-ALL oder therapierefraktärem Mantel- rapieoption für Patienten mit aggressiven B-Zell- zelllymphom zugelassen. Lymphomen zur Verfügung steht, die auch bei chemotherapierefraktärer Erkrankung in einem Teil der Patienten zu dauerhaften Remissionen führen kann. Durch den CAR (chimärer Antigen- rezeptor), mit dem die patienteneigenen T-Zellen ≥ Grad 2 erfolgt üblicherweise eine steroid engen, multidisziplinären Zusammenarbeit in der gentechnisch ausgestattet werden und der gegen basierte immunsuppressive Therapie. Die neu- Versorgung der CAR-Patienten auch in Zukunft das B-Zell-Antigen CD19 gerichtet ist, werden rologischen Beschwerden sind in der absoluten große Bedeutung zukommen wird. T-Zellen nach Kontakt zu B-Zellen aktiviert und Mehrheit der Fälle bei frühzeitiger Intervention die Zielzellen zerstört. Der Wirkmechanismus vollständig reversibel [16]. Das Literaturverzeichnis kann im Internet von CAR-T-Zellen ist somit völlig abweichend unter www.bayerisches-aerzteblatt.de von dem klassischer Chemotherapeutika. In den Eine weitere Nebenwirkung, die bisher im Ver- (Aktuelles Heft) abgerufen werden. zulassungsrelevanten Therapiestudien für Tisa- gleich zu den vorgenannten Nebenwirkungen we- genlecleucel, Axicabtagen-Ciloleucel und Lisoc- niger Beachtung gefunden hat, sind a.e. immun- Die Autoren erklären, dass sie keine finanzi- abtagen-Maraleucel (letzteres bisher noch ohne vermittelte, teils langanhaltende und ebenfalls ellen oder persönlichen Beziehungen zu Drit- Zulassung in der EU) konnten Ansprechraten von teils schwergradige (Pan-)Zytopenien nach der ten haben, deren Interessen vom Manuskript teils > 80 Prozent erreicht werden [11, 12, 13]. Therapie, die nicht nur durch die vorhergehende positiv oder negativ betroffen sein könnten. Langfristige Remissionen bei 30 bis 40 Prozent lymphodepletierende Chemotherapie zu erklären aller Patienten bedeuten meist die Heilung, die sind. Bei üblicherweise führender Granulopenie für Patienten mit chemotherapierefraktärem, gelingt es meist, durch intermittierende G-CSF- aggressiven B-Zell-Lymphom vor wenigen Jah- Gaben ausreichende Neutrophilen-Zahlen zu er- Autoren ren noch als unerreichbar galt [14]. halten. Dies macht engmaschige klinische und laborchemische Kontrollen des Patienten auch Professor Dr. Volker Heinemann 1, 2 Der Fall macht jedoch auch ersichtlich, dass die nach Entlassung, teils über Wochen und Monate, Dr. Benedikt Westphalen 1, 2 Therapie mit einer Reihe spezifischer, potenziell notwendig [17]. Professorin Dr. Marion Subklewe 1 schwerwiegender Nebenwirkungen einhergehen Dr. Veit Bücklein 1 kann, sodass eine Behandlung mit CAR-T-Zellen Neben dem therapierefraktären aggressiven durch ein Team speziell geschulter Ärzte und Lymphom sind CD19-CAR-T-Zellen auch für Pa- LMU Klinikum München 1 Medizinische Klinik und Poliklinik III Pflegekräfte erfolgen muss. Die CAR-T-Zell- tienten mit rezidivierter/refraktärer B-Vorläufer- 2 Comprehensive Cancer Center München Aktivierung nach Kontakt mit Zielzellen kann ALL oder therapierefraktärem Mantelzelllym- eine immunologische Kaskade auslösen, in deren phom zugelassen. Mit Idecabtagen-Vicleucel Folge neben Fieber und CRS auch neurologi- steht seit neuestem darüber hinaus ein gegen Korrespondenzadresse: sche Nebenwirkungen auftreten können, die bei ein neues Zielantigen (B-Zell-Reifungsantigen, Professor Dr. Volker Heinemann, 1 Medizinische Klinik und Poliklinik III, 10 bis 30 Prozent aller Patienten schwergradig BCMA) gerichtetes Zellprodukt zur Verfügung, 2 Comprehensive Cancer Center München, verlaufen. Das ICANS kann sich in einer Vielzahl das bei Patienten mit rezidiviertem Multiplem unterschiedlicher Symptome von leichtgradigem Myelom zum Einsatz kommt. Es ist mit weiteren Ludwig-Maximilians-Universität München, Tremor bis hin zu schweren Bewusstseinsstörun- Zulassungen von CAR-T-Zellen bei hämatologi- Marchioninistr. 15, 81377 München, E-Mail: gen und Krampfanfällen manifestieren, und ist schen und – in fernerer Zukunft – auch onko- Volker.Heinemann@med.uni-muenchen.de wie das CRS a.e. zytokinvermittelt [15]. Bei ICANS logischen Indikationen zu rechnen, sodass der 12 Bayerisches Ärzteblatt 1-2/2022
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