NICARAGUA ZEITUNG - Nicaragua Verein Hamburg eV
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NICARAGUA ZEITUNG März 2008 UN-Ziele – Migration und Entwicklungspolitik Die Ursachen der ständig wachsenden kriminalisiert. Es gilt, den Kampf gegen Migrationsströme auf der Welt und die kalkulierte Verarmung ganzer Gesell- besonders deren unterschiedliche As- schaften aufzunehmen und sich gegen die pekte sind vielfältig und verwirrend. systematische Vorenthaltung individueller Wir befassen uns schwerpunktmässig Lebens- und Entfaltungsmöglichkeiten ein- mit den ArbeitsmigrantInnen, die ihre zusetzen. Heimat verlassen müssen, um in den Vor gut sieben Jahren wurden die ent- reichen Staaten Arbeit zu finden. wicklungspolitischen Millenniumsziele der Vereinten Nationen bis zum Jahr 2015 "Sich in einem anderen Land niederzulas- verabschiedet. Als entwicklungspolitisch sen" ist für die Menschen der Industrielän- arbeitender Verein sind wir an ihrer Umset- der oftmals nur eine - mehr oder weniger zung interessiert. komplizierte - formale Sache. Für Men- schen aus Entwicklungsländern bedeutet In unterschiedlichen Beiträgen versuchen es dagegen, angesichts der brutalen Ab- wir, eine erste Bilanz des weltumspannen- schottung der Einreiseländer, eine Reise den Vorhabens zu ziehen. Der erste Arti- ins Ungewisse und den Kampf ums Über- kel präsentiert ein niederschmetterndes leben. Es werden kaum Pläne gemacht; Zwischenergebnis. Seit Jahren wird in der meistens beschränken sich die vagen Zie- staatlichen Entwicklungspolitik darüber le darauf, irgendwo unterzukommen, Ar- debattiert, welchen Nutzen die Überwei- beit zu finden und Papiere zu bekommen. sungen (im spanischen Sprachraum ‚re- Rassismus und Integrationsversessenheit mesas’) der MigrantInnen in ihre Heimat- in unserer Gesellschaft machen aber das länder haben. In einem Artikel geht es um Leben hier nicht gerade angenehm. Und die immensen Auswirkungen der Remesas es bleibt in jedem Fall für Menschen ohne auf die Menschen, die sie erarbeiten, auf Aufenthaltsstatus ein Leben ohne Sicher- diejenigen, die sie erhalten, auf Heimatge- heiten. Mittlerweile sind Menschen im Zeit- meinden und Heimatländer sowie um Ein- alter des globalisierten Kapitalismus zu fluss und Begehrlichkeiten der Politik. Ein einem der wichtigsten "Exportgüter" (die- weiterer Beitrag hinterfragt, was Migration ses Unwort wird tatsächlich oft gebraucht) mit Entwicklungspolitik zu tun hat. Nicaragua geworden. Egal ob als ungelernte Hilfsar- beiterInnen oder als AkademikerInnen, Zu- Außerdem stellen wir das umfangreiche Verein wanderung wird nicht (nur) durch Staaten reguliert, sondern durch die Interessen des und vielseitige Programm der diesjährigen Romero-Tage vom 24. März bis zum 20. Hamburg Arbeitsmarktes und der Preispolitik. Durch April vor. Und in "Ortegas zweiter Versuch" die globalisierte Wirtschaft wird Migration ist Neues und Interessantes aus Nicara- hervorgerufen, kontrolliert, begünstigt und gua zu erfahren. Spendenkonto: Nicaragua Verein Hamburg e.V. Postbank Hamburg BLZ: 200 100 20 Kontonr.: 51137-205 www.nicaragua-verein.de
Zwischenbilanz der UN-Entwicklungsziele Auf dem Millenniumsgipfel der Ver- Staaten sind die Menschen heute ärmer liefen sich die Kosten für Militärausgaben einten Nationen im September 2000 und in 25 Staaten leiden mehr Menschen der reichen Länder auf 616 Mrd. Dollar, wurden von den führenden Industrie Hunger als damals. Insbesondere in Sub- weltweite Werbeausgaben auf 446 Mrd. nationen acht Millenniumsziele für sahara-Afrika können wichtige Millenni- Dollar, Agrarsubventionen der reichen die Entwicklung vereinbart: umsziele, wie die universelle Beschulung Länder betrugen 245 Mrd. Dollar. Die im Bereich der Primarschulbildung und jährlichen Kosten des Irakkriegs belie- • Die Zahl der Menschen, die hungern die Senkung der Kindersterblichkeit um fen sich für die USA auf 180 Mrd. Dol- oder von weniger als einem Dollar pro zwei Drittel, bei Beibehaltung des aktuel- lar und weltweite Ausgaben für Parfüm Tag leben, soll bis zum Jahr 2015 hal- len Tempos erst in etwa 100-120 Jahren und Kosmetik betrugen 33 Mrd. Dollar. biert werden. Das Entwicklungshilfebudget der USA • Alle Kinder sollen bis 2015 eine des Jahres 2003 betrug 16 Mrd. Dollar, Grundschulausbildung erhalten, insbe während die erforderliche Summe, um in sondere soll die Benachteiligung der Afrika die Millenniumsziele bis zum Jahr Mädchen bei der Schulbildung bis 2015 zu erreichen, 25 Mrd. Dollar um- 2005 und in allen anderen Bildungsbe- fasst. reichen bis 2015 beseitigt werden. Einer der größten Kritikpunkte an den • Die Gleichstellung und der größere Millenniumszielen ist, dass sie den be- Einfluss der Frauen soll gefördert wer- troffenen Ländern keine Wahl lassen, den. welche Maßnahmen sie zu ergreifen • Die Sterblichkeit von Kindern unter haben, sondern ihnen ökonomische fünf Jahren soll bis 2015 um zwei Drit- Maßnahmen aufzwingen, die überall tel fallen. dort, wo sie gewissenhaft als Mittel zur • Die Sterblichkeitsrate bei Müttern soll Armutsbekämpfung umgesetzt wurden, bis 2015 um drei Viertel fallen. gescheitert sind. Aus diesem Blickwinkel • Die Ausbreitung von HIV/Aids, Malaria sind die Millenniumsziele Teil der neolibe- und anderen Krankheiten soll gestoppt ralen Versuche, die Ökonomien für die oder eingedämmt werden. transnationalen Unternehmen und das • Die ökologische Nachhaltigkeit soll internationale Kapital zu öffnen. Neben gesichert werden. erreicht werden. Bei drei weiteren Zielen ihrem spektakulären Scheitern ist bei • Eine globale Partnerschaft für Entwick- – Hunger, Armut und Trinkwasserver- den Millenniumszielen die Vorspiegelung lung soll aufgebaut werden. sorgung – lässt sich noch kein Datum falscher Tatsachen zu konstatieren: Sie Die Zwischenbilanz nach dem Bericht festlegen, denn die Lage in der Region können, was von Anfang an klar war, gar des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) verbessert sich nicht nur nicht, sondern nicht erreicht werden, denn sie stellen aus dem Jahr 2004 ist enttäuschend: sie verschlechtert sich. die heutigen ökonomischen Rahmenbe- Unabhängig vom regionalen Durchschnitt Für sich sprechend ist in diesem Zusam- dingungen, die sie erst nötig gemacht sind tragische Rückschritte in zahlrei- menhang ein Blick auf die Milliardensum- haben, in keiner Weise in Frage. (Quelle: chen Ländern zu beobachten. In 46 men für Großbudgets: Im Jahr 2003 be- Atlas der Globalisierung 2006) Uta Wellmann Migration in der Entwicklungspolitik: Problem oder Chance? Die ständig wachsende Migration ganisationen, die auf staatliche/offizi- sammenhang in den ersten Jahren nach von Menschen aus dem Süden in elle Fördermittel angewiesen sind. Die Verabschiedung der MDG aber immer so den Norden wurde lange Zeit nur als Milleniumsziele wurden im Jahr 2000 hergestellt: Die durch Verwirklichen der problematisch für die Entwicklung auf Grundlage einer breiten Zustimmung Millenniumsziele herbeigeführte Entwick- der Herkunftsländer gesehen. Seit von der Vollversammlung der Vereinten lung soll „die Ursachen der Migration einigen Jahren finden aber auch Nationen verabschiedet und definieren bekämpfen und den Menschen Perspek- Ideen in die entwicklungspolitische konkrete Entwicklungsziele und zugehö- tiven in ihrer Heimat eröffnen“. Migration Debatte Eingang, die hierin eine rige Indikatoren, die den Fortschritt bei wurde vor allem als negative Folge der Chance sehen. KritikerInnen hin- der Erreichung dieser Ziele messbar ma- fehlenden Entwicklung und zugleich als gegen sehen darin eine Vereinnah- chen sollen. Hemmnis für die weitere Entwicklung ge- mung der Migration durch die Ent- sehen. Als Hemmnis vor allem durch das wicklungspolitik. Die ständig zunehmende weltweite Mi- Abwandern von „Humankapital” aus dem gration aus wirtschaftlich schwachen „Süden” in den „Norden” (ausgebildete Ohne Zweifel stellen die entwicklungspo- Ländern in die Industrienationen sowie Arbeitskräfte und Kenntnisse vor allem litischen Millenniumsziele der UN (Mille- innerhalb der Länder selbst, vom Land in im Gesundheits- und Bildungsbereich), nium Development Goals/MDG) zur Zeit die Städte, wird in den Millenniumszielen Landflucht und Verwaisung ländlicher die Grundlage jeder Art von offizieller nicht direkt thematisiert. Aus Sicht der Gebiete innerhalb der ärmeren Länder, Entwicklungstätigkeit dar, eingeschlos- Industrieländer und der von ihnen betrie- Auflösung von sozialen Strukturen und sen die Arbeit vieler Nichtregierungsor- benen Entwicklungshilfe wurde der Zu- wachsende Hoffnungslosigkeit. In den Nicaragua-Zeitung März 2008 Seite 2
Zielländern wurde Migration einerseits als Bedrohung für Sicherheit und Wohl- stand aufgefasst, andererseits aber auch die Einwanderung ‚auserwählter’ MigrantInnen als Ausgleich der eigenen vergreisenden Gesellschaft und Stüt- zung der sozialen Sicherungssysteme begrüßt. Eine ganz neue Sicht auf das Verhältnis von Migration und Entwicklung eröffnete vor allem die ständig wachsende wirt- schaftliche Bedeutung der sogenannten Rücküberweisungen der MigrantInnen an ihre Angehörigen in den Herkunfts- ländern. Die Summe der Rücküberwei- sungen übersteigt mittlerweile die auf- gewandten Mittel der offiziellen Entwick- lungshilfe um ein Vielfaches. In vielen Herkunftsländern stellen die Rücküber- weisungen die bedeutendste Devisen- quelle dar. Darüber hinaus versuchten in den letzten fünf Jahren verschiedene internationale Organisationen, darunter die Internatio- nale Arbeitsorganisation (ILO) und die Internationale Organisation für Migration, die positiven Möglichkeiten der Migra- Arbeitsbeginn in der Màquila tion für Entwicklung und damit für das Erreichen der Millenniumsziele auch in • Umkehren des „Brain Drain” (Abwan- men oft zu Wucherpreisen oder über anderen Bereichen in umfassender Wei- derung von Wissenschaftlern) in einen informelle Kanäle, häufig mit dem Risi- se auszuloten. „Brain Gain” (Gewinn an Wissen und ko des Totalverlusts, abgewickelt. Fachkräften). Der Fluss von Qualifi- • Minderung des Risikos für MigrantIn- Die in diesem Zusammenhang entstehen kationen und Know-how zurück in die nen. Die Ärmsten unter den MigrantIn- den Konzepte sehen die Aufgabe von Herkunftsländer ist zu fördern. Neues nen sind dem Risiko des Menschenhan- Herkunfts- und Empfängerländern darin, Wissen, Technologien, Kontakte sol- dels, der ökonomischen und sexuellen die Migration zum Vorteil beider Seiten len von emigrierten Fachkräften durch Ausbeutung am meisten ausgesetzt. auszugestalten. MigrantInnen erschei- Vermittlung transnationaler Netzwerke Der Mangel an legalen Migrationsmög- nen hierbei als mögliche AgentInnen der der Entwicklung in den Ursprungslän- lichkeiten bzw. die Kriminalisierung von Entwicklung, die in vielfältiger Weise die dern zugute kommen, im besten Fall Migration erhöht dieses Risiko wesent- ökonomische und auch soziale Entwick- werden zurückgekehrte MigrantInnen lich. Gefordert ist die Schaffung von lung im Herkunftsland fördern könnten: schließlich als Multiplikatoren ihrer im Möglichkeiten für die legale Migration Durch Investitionen und Rücküberwei- Ausland hinzuerworbenen Fähigkeiten nicht qualifizierter Menschen. Hierfür sungen, Transfer von Fähigkeiten und tätig. Das Studium im Ausland ist zu sind gezielte und umfassende Program Kenntnissen, unternehmerische Tätig- fördern und Anreize für die Rückkehr me unter Einbeziehung von Herkunfts- keit, Förderung von Demokratisierung der AbsolventInnen sind zu schaffen. und Empfängerländern notwendig. und Menschenrechten. Auf der anderen Seite ist das Abwer- • Förderung von Rückkehr und Rein- ben von Fachkräften ins Ausland tegration. In RückkehrerInnen liegt Von Seiten der Iinternationalen Mi- besonders im Gesundheits- und Bil- besonderes Potenzial für die Entwick- grations-Organisationen wurden bei- dungssektor zu regulieren. lung: Sie können Kenntnisse, Berufs- spielsweise folgende Perspektiven • Bildung und Förderung transnationa- erfahrung, Kontakte oder Kapital ins aufgezeigt und darauf abzielende ler Netzwerke. Sie nehmen die ent- Land bringen. Ein aktives Einbinden Politikaufgaben formuliert: scheidende Mittlerrolle zwischen den der RückkehrerInnen nicht nur in den • Integration der Migration in die Ent- MigrantInnen und ihren Herkunftslän- Privatsektor, sondern auch in öffent- wicklungspolitik und Armutsbekämp- dern ein und ermöglichen den effizien- liche Institutionen soll dafür sorgen, fung. Migration soll in geordnetere ten Transfer z.B. von Wissen, Kontak- dass der maximale Nutzen aus ihrem Bahnen gelenkt, produktiver und von ten oder Geldmitteln. „Sozial- und Humankapital” gewonnen größerem Nutzen für alle ausgestal- • Maximierung des Nutzens der Rück- wird. Die Regierungen der Herkunfts- tet werden. Hierzu sind nationale, überweisungen für die Entwicklung. länder könnten hierfür Anreize wie regionale und multilaterale Rahmenab- Dies bedeutet zunächst einmal die Steuererleichterungen, Startkapital kommen zu treffen, die einen Interes- Schaffung von einfachen, kostengün- oder Bürgerrechte für Familienmitglie- sensausgleich aller beteiligten Länder stigen und sicheren Möglichkeiten der schaffen. Angemerkt wird dabei ermöglichen sollen. Migration ist dort des Geldtransfers. Da Banktransfers jedoch, dass solche Ziele schwierig zu zu fördern, wo sie am effizientesten umständlich und langwierig sind und verwirklichen sind, wenn die ökonomi- die Armut bekämpft, und zugleich ist zudem gerade die Armutsbevölkerung schen bzw. politischen Lebensbedin- für den Schutz gerade der ärmsten davon ausgeschlossen ist, wird der gungen im Herkunftsland nicht attrak- MigrantInnen vor Missbrauch und Aus- Geldtransfer gegenwärtig hauptsäch- tiv genug sind. beutung zu sorgen. lich über spezialisierte Privatunterneh- Nicaragua-Zeitung März 2008 Seite 3
Es liegt auf der Hand, dass diese Vision schritt hinsichtlich des wichtigsten und Ungeachtet solcher Vereinnahmungsver- einer entwicklungsförderlichen Migration ersten Millenniumsziels , der Beseitigung suche bleibt aber die Tatsache bestehen: zum Wohle aller mit der gegenwärtig der extremen Armut und des Hungers, Migration findet hier und jetzt statt, sie herrschenden Realität wenig gemein hat erreicht wird. Vollkommen unzulässig wä- wächst weiter und daran wird sich wohl – einmal abgesehen von dem allerdings re es, wenn sich die internationale Ent- auch in absehbarer Zeit nichts ändern. bedeutenden Effekt der Rücküberwei- wicklungspolitik nur diesen positiven Ef- Aus diesem Grund ist eine konstrukti- sungen. Zu Recht wird kritisiert, dass fekt der Migration zugute hielte, ohne die ve Auseinandersetzung darüber gefor- hier die Gefahr der Vereinnahmung des Schattenseiten der Migration umfassend dert, anstatt sich etwa mit dem Hinweis Phänomens Migration durch die interna- und wirksam zu bekämpfen. Arbeitsmi- zu begnügen, dass mit den Ursachen tionalen Entwicklungsagenturen besteht, gration ist in den allermeisten Fällen eine der Migration dann auch die Migration wie Martina Backes in einem Beitrag Strategie, die der MigrantIn bzw. ihrer schon von selbst verschwinden werde. der Zeitschrift iz3w vom März/April Familie das Überleben in einer Situation, Entscheidend wird dabei sein, wie sich 2007 darstellt. Diese Agenturen konn- die keine anderen Perspektiven mehr bie- Konzepte finden und umsetzen lassen, ten bislang wahrhaftig nicht häufig mit tet, ermöglichen soll. Das Risiko und die welche die Situation der MigrantInnen durchschlagenden Erfolgen aufwarten, Kosten tragen die MigrantInnen selbst, verbessern und zugleich positive Sei- weshalb auch - und gerade ihnen - sehr die gescheiterten Migrationsversuche teneffekte auf die Entwicklung im Her- gelegen kommen dürfte, dass durch die werden nicht etwa gegen die Rücküber- kunftsland haben. Rücküberweisungen ein messbarer Fort- weisungen gerechnet. Alexander Laarmann Länder am Geldtropf der ArbeitsmigrantInnen Remesas - Rücküberweisungen aus dem Ausland – sichern Millionen Familien das Überleben und stützen die nationalen Ökonomien Abermillionen Menschen in Latein- Wenn soviel Geld der kleinen Leute von amerika und in anderen Gegenden Nord nach Süd transferiert wird, dann unseres Planeten können nur des- weckt das Begehrlichkeiten. Dann lässt halb überleben, weil Familienan- das auch die Weltbank nicht ruhen! Sie gehörige als Arbeitsmigranten und hat in den Dollars der Armen ein „Ent- Arbeitsmigrantinnen in den reichen wicklungspotential“ entdeckt , das sie Staaten unter oft widrigsten Bedin- – wie manche Heimatländer der Arbeits- gungen schuften und das verdiente migrantInnen auch – für die nationalen Geld regelmäßig an ihre Familien Wirtschaften nutzen möchte. So eine Art zu Hause senden. Diese Geldüber- Entwicklungshilfe von Unten also, von weisungen (spanisch: remesas) be- den eigenen Landsleuten. trugen laut Weltbank 2006 weltweit 199 Milliarden Dollar – eine Verdop- Der „Export von Arbeitskraft“, eine neue pelung binnen fünf Jahren! Davon Wortschöpfung der Globalisierung, hat erhielten die Menschen in Latein- im Laufe der Jahre ein ungeheures Aus- amerika und der Karibik 53 Milli- maß angenommen. Einige Zahlen ver- arden Dollar. Aktuelle Schätzungen deutlichen dies. So hat in Nicaragua, für 2007 nennen für Lateinamerika dem zweitärmsten Land auf dem ameri- inzwischen einen Betrag von 70 Mil- kanischen Kontinent, fast ein Viertel der liarden Dollar an Remesas. arbeitsfähigen Bevölkerung die Heimat verlassen, vor allem in Richtung USA und Diese immensen Geldtransfers (in jeweils Costa Rica. Über dreizehn Prozent der kleinen Summen von 150, 200, 300 6,8 Millionen Honduraner leben der Ar- hält jetzt fast ein Fünftel der Gesamtbe- oder auch 400 Dollar monatlich) sind für beit wegen im Ausland. Schätzungswei- völkerung regelmäßige Überweisungen die Empfänger-Familien zunächst einmal se zehn Millionen Mexikaner haben ihre aus dem Ausland, die inzwischen die im Wortsinn ein Überlebensmittel. Dar- Angehörigen auf der Suche nach Brot- – nach dem Erdöl – zweitwichtigste Ein- über hinaus sind sie oft auch die einzi- erwerb in Richtung USA verlassen und nahmequelle des Landes darstellen. Die ge Chance auf Teilhabe der Kinder und jährlich kommen ( trotz der verschärften Untersuchung einer mexikanischen Uni- Jugendlichen an schulischen und beruf- Grenzkontrollen) etwa 500.000 hinzu. versität hat ergeben, dass die Armut in licher Bildung und der Familienangehö- Aus dem kleinen El Salvador versuchen Mexiko um weitere 30 Prozent steigen rigen an einer basismedizinischen Ver- mindestens eine Million Menschen, in den würde, wenn die regelmäßigen Remesas sorgung. Die Remesas wirken aber weit USA – meist illegal – für sich und ihre An- ausblieben. über den familiären Rahmen hinaus. So gehörigen daheim Geld zu verdienen. Wie Mexiko hängen auch zahlreiche an- manche nationale Ökonomie steht und dere lateinamerikanische Länder wirt- fällt mit dem Export von Arbeitskraft. Immer mehr Familien sind auf die Re- schaftlich am Geldtropf ihrer Arbeitsmi- So manche staatliche Wirtschaft eines mesas ihrer Angehörigen angewiesen, grantInnen. El Salvador beispielsweise ist Landes der sogenannten „Dritten Welt” vor allem eine Folge der gnadenlosen mit einem Rücküberweisungsanteil von wäre ohne die Geldüberweisungen ihrer wirtschaftlichen Liberalisierung und Glo- 16 Prozent am Bruttoinlandprodukt (BIP) im Ausland schaffenden und schuftenden balisierung und der dadurch unentwegt eines der Länder, in denen die Geldtrans- BürgerInnen zusammen gebrochen, wie weiter auseinander klaffenden Schere fers volkswirtschaftlich am bedeutesten Volkswirtschaftler erklären. zwischen Arm und Reich. In Mexiko er- sind. Aber auch in den Staaten Guatema- Nicaragua-Zeitung März 2008 Seite 4
la, Honduras und Nicaragua sind die Re- seit langem und mesas mit weit über zehn Prozent Anteil zunehmend Kritik am BIP für die Volkswirtschaft essentiell. daran, dass das Nach offiziellen Angaben liegen in Nica- Geld der Remesas ragua die Rücküberweisungen höher als hauptsächlich für die Summe der gesamten Exporte des die grundlegenden Staates. In zahlreichen Ländern über- Lebensbedürfnisse steigen die Geldtransfers der eigenen der Menschen ver- Leute die von den Ländern des Nordens wendet wird und erbrachte Entwicklungshilfe um ein Viel- nicht primär in den faches. ‚produktiven Sek- tor’ investiert wird. Für welche Bedürfnisse oder Zwecke Gemeint sind damit geben die Angehörigen im Heimatland Industrialisierungs- das Geld der Rücküberweisungen aus? maßnahmen und „Vor allem für Nahrungsmittel“ lautet Infrastrukturprojek- die generelle Antwort. Eine Studie in der te (beispielsweise mexikanischen Stadt León ergab, dass Straßenbau, Ener- dort 77 Prozent der Remesas für den gie) der Länder. Kauf von Lebensmitteln verwendet wur- Dahinter steht die den; 70 Prozent sind weitgehend Stan- alte, aber weitgehend widerlegte These, dann wiederum Remesas zum Überleben dard. Im Allgemeinen werden die Über- dass nur durch Industrialisierung und die an ihre Familien schicken. Ein Teufels- weisungen vorrangig dazu genutzt, den ihr entsprechende Infrastruktur die Ar- kreis! Menschengerechte und umwelt- Lebensunterhalt der Familien zu sichern, mut sozusagen zwangsläufig beseitigt verträgliche Entwicklung und verantwor- ein Mindestmaß an gesundheitlicher Ver- werde. Wirtschaftliches Wachstum führt tungsvolle Maßnahmen zur Bekämpfung sorgung der Familie und die Ausbildung nicht unausweichlich und gradlinig auch der Arbeitslosigkeit und der strukturellen der Kinder zu gewährleisten. Oft auch zu sozialem Fortschritt für die arme Be- Armut sehen anders aus. gilt es, vorhandene Schulden abzubauen völkerungsmehrheit. Das Gegenteil ist oder die kleinen Häuser und Unterkünfte fast immer der Fall, wie z.B. die Umset- Es gibt aber noch ganz andere Konstella- zu renovieren; seltener wird in beschei- zung des Plan Puebla - Panamá (PPP) tionen im Zusammenhang mit den Rück- denem Rahmen neu gebaut. Manchmal in ganz Mittelamerika von Mexiko bis überweisungen: „Die Remesas werden wird auch versucht, das Geld – wenn es Panamá beweist: Gigantische Infrastruk- als Mittel der Armutsbekämpfung gese- denn reicht – als Grundlage für einen klei- turmaßnahmen nehmen der Bevölkerung hen und als Hilfsmittel zum Erreichen der nen Laden, meist im informellen Sektor, ihre verbliebene bescheidene Existenz von den Vereinten Nationen gesetzten zu nutzen. Mit all den dazu gehörenden in der Subsistenzwirtschaft (Eigenver- Millenniumsziele“, kritisiert Karen Bähr Risiken. sorgung und Kleinhandel z.B. in der Caballero in einem Artikel in den Latein- Landwirtschaft), verhindern regionale ei- amerika Nachrichten das Vorhaben von Ökonomen, Finanzierungsfachleute so- genständige Entwicklung, zerstören die Weltbank & Co.. Danach rechnen Welt- wie die Strategen der Weltbank und an- Umwelt und schaffen so ein neues Heer bank-Experten vor, dass eine Lockerung dere Globalisierungsbefürworter üben von ArbeitsmigrantInnen. Diese müssen der restriktiven Grenzkontrollen in den hochentwickelten Ländern des Nordens den Anteil von MigrantInnen der erwerbs- Remesas als Hilfe zum Aufpolieren fähigen Bevölkerung des Südens erheb- lich steigern würde und folglich auch die der Entwicklungshilfe-Bilanzen? Summe der Remesas, die jetzt schon weit über der Entwicklungshilfe liegt. Im Anfang Februar meldete der internationa Entwicklungshilfe auszugeben, haben 38 Klartext heißt das doch wohl: Viel mehr le Pressedienst IPS, dass Regierungen Jahre später mal gerade fünf Staaten er- Menschen als bisher – sowohl ungelern- reicher Industriestaaten die Idee ver reicht: Dänemark (mit 1,06 Prozent Spit- te wie auch vor allem gut ausgebildete folgen, Rücküberweisungen (Remesas) zenreiter), die Niederlande, Schweden, – sollen ihre „entwicklungsbedürftige” der Arbeitsmigranten als Gelder der Norwegen und Luxemburg. Die Bundes- Heimat verlassen, im Norden fehlen- Entwicklungshilfe anzurechnen. Der pa republik dümpelte 2006 bei 0,36 Prozent de Arbeitskräfte ersetzen und meist zu kistanische Botschafter bei den Vereinten herum. Dumpinglöhnen arbeiten. Und dann das Nationen, Munir Akram, hatte gegenüber erarbeitete Geld in die Heimatländer einem IPS-Korrespondenten von Bemü- Allerdings denkt die Bundesregierung überweisen, damit dort die Entwicklung hungen einzelner Industrieländer gespro- nicht daran, Remesas als Entwicklungs- vorangetrieben wird – gemäß den Vor- chen, sich diese Auslandsüberweisungen hilfe zu verbuchen. Auf Anfrage der stellungen der Industriestaaten und der als Entwicklungshilfe gut schreiben zu Nicaragua-Zeitung erklärte das Bundes multinationalen Wirtschaftsinteressen. lassen. Namen nannte er nicht, betonte ministerium für wirtschaftliche Zusam- (Siehe die Auswirkungen von PPP – Plan aber: “Sie versuchen das zu tun.“ menarbeit und Entwicklung (BMZ), dass Puebla-Panamá!) Wird das Ergebnis dann es „vollkommen ausgeschlossen ist, die lauten: Millenniumsziele dank Investitions- Verwundern würde eine solch perver- Leistungen von Privatpersonen als Ent- remesas erreicht? se Aktion zur Aufpolierung der eigenen wicklungshilfe zu verbuchen.“ Öffentliche Entwicklungshilfe-Bilanzen bei einigen rei- Entwicklungszusammenarbeit könne ihrer Die sozialen, gesellschaftlichen und wirt- chen Nationen des Nordens nicht. Denn Definition nach „nicht von Privatpersonen schaftlichen Folgen der Migration bleiben das von den Vereinten Nationen 1970 (!) erbracht werden“. Dem BMZ seien auch gegenüber den finanziellen Konsequen- formulierte Ziel, mindestens 0,7 Prozent keine derartigen Pläne anderer Geberlän- zen im öffentlichen Bewusstsein oft im des Bruttosozialproduktes für öffentliche der bekannt, wurde mitgeteilt. b.f. Hintergrund. Ob in Nicaragua, El Salva- Nicaragua-Zeitung März 2008 Seite 5
dor oder Mexiko – in ganz Lateinamerika oder ihr Leben. Auf die gesellschaftli- dass beispielsweise viel zuviel medizini- gibt es unzählige ländliche Gemeinden, chen Probleme, die sich auch aus der fa- sches Personal aus den Entwicklungs- die „ausbluten“, wie Soziologen sagen. In miliären Desintegration ergeben, gibt es ländern auswandere. Besonders Kinder Mexiko gibt es Landgemeinden, in denen bisher kaum adäquate Antworten oder würden unter dem Brain Drain genannten die Zahl der zurückgebliebenen Einwoh- unterstützende Maßnahmen in den Ge- Exodus der klugen Köpfe leiden, während ner niedriger ist als die der ausgewander- meinden und Staaten. Zweifelsohne be- die reichen Nationen davon profitierten. ten Männer und Frauen. Zurückbleiben stimmt die Migration auch den sozialen In Ghana verlassen beispielsweise inner- die Kinder und die Alten. Oft müssen die Charakter eines Landes. halb von zehn Jahren nach Ausbildungs- Großeltern ihre Enkel erziehen und fühlen abschluss 75 Prozent des medizinischen sich nicht selten damit überfordert. Sie Ein anderer Aspekt im Zusammenhang Personals das Heimatland. sind auch vielfach nicht in der Lage, die mit den Remesas und ihren Auswirkungen Jugendlichen auf Gefahren wie Drogen, auf die Heimatländer betrifft die Migration Fazit: Die wenigen Beispiele und Infor- Waffenhandel oder kriminelle Jugendban- von teils hochqualifizierten Männern und mationen zeigen, wie zwiespältig die den vorzubereiten. So belegt z.B. eine Frauen. Ihre Rücküberweisungen sind be- Auswirkungen der Arbeitsmigration und aktuelle Studie aus El Salvador, dass achtlich, aber gleichzeitig fehlen vieler- des Geldflusses sind. Frei von politischer die Väter vieler Jugendlicher, die zu den orts in der Heimat Menschen mit genau Erpressung sind sie auch nicht. Drohten kriminellen Jugendbanden – den marás – diesen beruflichen Qualifikationen. Zum doch einschlägige Kreise der USA vor gehören, Arbeitsemigranten sind. Beispiel in Nicaragua: 30 Prozent der Ni- den Präsidentschaftswahlen in El Salva- caraguanerInnen mit einem Universitäts- dor und in Nicaragua offen damit, bei ei- Familien zerbrechen abschluss leben und arbeiten laut einer nem Wahlsieg der linksgerichteten FMLN Die Familien zerfallen immer rascher, aktuellen Untersuchung nicht im eigenen bzw. FSLN, die Überweisungen der Mi- auch weil die ausgewanderten Väter Land. Ihr Wissen und Können kommt der grantInnen zu unterbinden! und Mütter wegen der immer brutaleren Wirtschaft eines anderen Staates zugute, Grenzabschottung der USA keine Mög- nicht aber der Entwicklung ihres Heimat- Der Wille, zur Entwicklung der Länder lichkeit zu einem Besuch bei der Familie landes. In seinem jüngsten Jahresbericht des Südens beizutragen, sieht Anders mehr sehen, ohne Gefahr für ihre Freiheit beklagt das Weltkinderhilfswerk UNICEF, aus. Bruni Franke Ein Jahr nach der Amtsübernahme des Präsidenten Daniel Ortega war Matthias Schindler im Januar 2008 wieder einmal in Nicara gua. Seit 25 Jahren bereist er dieses Land. Hier schildert er einige Eindrücke seiner letzten Reise: Ortegas zweiter Versuch Impressionen aus Nicaragua nach einem Jahr FSLN Regierung ga normalerweise drei oder vier Stun- den auf sich warten lässt. Jetzt aber kamen mir erst einzelne Leute mit den rot-schwarzen Fahnen der FSLN (Natio- nale Sandinistische Befreiungsfront) entgegen, dann schon ganze Gruppen. Meine nervöse Frage, ob die Kundge- bung schon zu Ende sei, verneinten sie allerdings und zogen ruhig weiter. Ich kam gerade rechtzeitig zum Beginn der Rede Ortegas. Der gut 100 Meter mal 100 Meter große Platz war nur deswegen voll, weil er im Gegensatz zu sonstigen Veranstaltungen dieses Mal komplett mit Stühlen bestückt war. Der Präsident sprach kaum über die Maßnahmen seiner Regierung in ihrem ersten Jahr. Nach der obligaten Anru- fung von Gott und Papst verteidigte er vor allem die Gründung der umstritte- Daniel Ortega am 10. Januar 2008 auf dem Platz der Revolution nen CPC und zog über die Parteien der Opposition her. 10. Januar 2008 auf der Plaza … ner erneuten Präsidentschaft ablegen. Er stellte sich gegen eine Amnestie-In- Für 17.00 Uhr war der Bericht des Prä- Aber zwei Tage vorher entschloss er itiative der beiden rechten Parteien PLC sidenten Ortega vor den Vertretern der sich doch dazu, seinen Bericht auch vor (Liberal Konstitutionalistische Partei) Volksräte CPC angekündigt. Eigentlich dem Parlament abzugeben, wie es die und ALN (Liberale Allianz Nicaraguas). wollte er einzig und allein vor den CPC Verfassung des Landes verlangt. Diese Amnestie soll vor allem Arnoldo (Consejos del Poder Ciudadano, wört- Gegen 19.00 Uhr näherte ich mich dem Alemán begünstigen, des wegen Kor- lich: Räte der Staatsbürgerlichen Macht) Platz der Revolution vor der alten Kathe- ruption zu 20 Jahren Gefängnis verur- Rechenschaft über das erste Jahr sei- drale, denn ich wusste schon, dass Orte- teilten Ex-Präsidenten und Chef der PLC. Nicaragua-Zeitung März 2008 Seite 6
Obwohl die dritte Oppositionskraft MRS in Managua anwe- (Bewegung zur Erneuerung des San- senden diploma- dinismus) sich dieser Initiative immer tischen Chors mit entgegen gestellt hatte, wurde sie von Namen und Funk- Ortega erneut als Mitinitiatorin dieser tion, gefolgt von Amnestie angegriffen. Da die MRS als jeweils lang anhal- einzige größere Partei nicht in Korrupti- tendem Applaus. onsaffären verwickelt ist und von vielen Nach 20 Minuten prominenten Sandinisten unterstützt habe ich wieder wird, ist sie sicherlich der schwierigste abgestellt, das politische Gegner Ortegas. war einfach nicht Im letzten Punkt seiner Rede griff die- mehr auszuhalten. Leere Stühle auf der Plaza ser den ALN-Vorsitzenden Eduardo Später erfuhr ich, Montealegre an, dem vorgeworfen wird, dass diese Begrü- sich bei betrügerischen Banken-Sanie- ßung über eine Stunde gedauert hat. Er strahlte an diesem Abend eine Glück- rungen mit Millionen Dollars bereichert seligkeit aus, die in einem absurden zu haben. Ortega wollte sich vielleicht durch die Gegensatz dazu stand, dass er nach wie Während der Rede kam nur einmal kurz Nennung all dieser Persönlichkeiten vor ein Gefangener ist und seine Freiheit Stimmung auf, als Ortega versprach, – wobei er natürlich Kardinal Obando in weiter Ferne liegt. sich für die Landarbeiter einzusetzen, y Bravo allen voran gestellt hatte – die die Opfer des auf Plantagen eingesetz- Anerkennung verschaffen, die das Parla- … Krise schon nach einem Tag ten Giftes Nemagón geworden sind. ment ihm verweigerte. Denn die gesam- Mitten in der Rede, die Ortega am näch- Ansonsten wirkte die Veranstaltung te oppositionelle Mehrheit blieb dieser sten Tag im Parlament hielt, unterbrach eher wie eine Mischung aus Pflicht- Sitzung aus Protest fern. ihn ein Bote des Obersten Gerichtsho- übung und Familienausflug. Während Sie hatte im Dezember 2007 gegen fes, um ihm einige Beschlüsse dieses Ortega sprach, redeten die Menschen die Fraktion der FSLN gemeinsam ein Gremiums vom Vortag zu überreichen. miteinander, trafen sich an den Essen- Gesetz beschlossen, das es dem Prä- Obwohl Ortega den Überraschten spiel- ständen oder gingen schon nach Hause. sidenten untersagt, per Dekret hoheit- te, konnte er sofort die für ihn wichtigen Die Stühle wurden schon aufgestapelt, liche Aufgaben des Staates auf die Passagen vorlesen, die unter anderem als er noch lange nicht fertig war. So Volksräte CPC zu übertragen oder sie ausdrücklich erlaubten, dass der Prä- sieht keine Versammlung eines Volkes mit staatlichen Geldern auszustatten. sident per Dekret Organe wie die CPC aus, das von sich glaubt, die Macht im Durch einen fragwürdigen juristischen bilden darf. Unterzeichnet war dieser Lande in den eigenen Händen zu haben. Trick wurde jedoch die Veröffentlichung Spruch von jedem einzelnen der 16 Rich- Unweigerlich musste ich an die Massen- dieses Gesetzes verboten. Es wurde ter dieses Gremiums, die alle entweder kundgebung zurück denken, die zum von sandinistischen Parlamentariern zur FSLN oder zur PLC gehören. Dass 10. Jahrestag des Sturzes der Somoza- sogar angekündigt, so auch mit jedem dann auch der Hausarrest Alemáns Diktatur einige hundert Meter entfernt anderen Gesetz zu verfahren, dem sie wieder aufgehoben wurde, konnte nie- auf dem Platz des Glaubens stattge- nicht zustimmen. Damit würden Geset- manden mehr überraschen. Nun war funden hatte, den heute höchstens ze der parlamentarischen Mehrheit auch klar, warum dieser am Vorabend noch der Papst füllen kann: Am 19. Juli niemals gegen den Willen der FSLN- tatsächlich so vollmundig in die Kame- 1989 kamen mehrere Hunderttausend Fraktion in Kraft treten können, da dies ras gelacht hatte: Er wusste zu der Zeit begeisterte Menschen dort zusammen, immer erst nach deren Veröffentlichung bereits, was alle anderen erst am näch- Fahnen schwenkend, unter sengender möglich ist. Damit wurde das Parlament sten Tag erfahren sollten. Die Nach- Sonne und es gab kaum etwas zu essen durch Gerichte, die unter der Kontrolle richt an seinen Rivalen und neuen Ver- oder zu trinken, kämpferisch, bereit für Ortegas stehen, vollständig entmachtet bündeten Montealegre ist: Noch habe ihr Land und ihre Revolution alles zu – was nicht nur die Opposition im Parla- ich einen guten und direkten Draht zu geben … ein Unterschied wie Tag und ment aufbrachte. Ortega, und wenn es meinen Interessen Nacht! dient, werde ich auch in Zukunft davon Neues Bündnis PLC-ALN … Gebrauch machen! … und im Parlament Zu den Kommunalwahlen im November Am gleichen Vormittag hörte ich im dieses Jahres wollen die ALN und PLC Am Grab von P. Joaquín Chamorro Radio die Rede Ortegas vor dem Parla- zusammen antreten, denn nur gemein- Dieser Tag war aber noch durch ein ment. Er begrüßte jeden einzelnen der sam haben sie gute Chancen, die FSLN weiteres Ereignis geprägt: 30 Jahre geladenen Ehrengäste des gesamten zu schlagen. Am 9. Januar prokla- vorher wurde der Zeitungsverleger mierten die beiden Parteien Eduardo Pedro Joaquín Chamorro Cardenal am Montealegre (ALN) zum gemeinsamen 10. Januar 1978 ermordet. Er war als Bürgermeisterkandidaten für die Haupt- Herausgeber der Zeitung „La Prensa” stadt Managua. Kurz vor Unterzeich- die wichtigste öffentliche Stimme gegen nung dieses Abkommens betrat vor die Diktatur Somozas in Nicaragua. Sein den laufenden Kameras Arnoldo Alemán Tod, der mit einem massiven politischen (PLC) – gefolgt von einer Schar "Arnoldo! Generalstreik beantwortet wurde, war Arnoldo!" rufender Anhänger – den Saal, der entscheidende Zünder für die Auf- obwohl er eigentlich unter Hausarrest standsbewegung des ganzen Volkes, stand. Wie sich später herausstellte, die schließlich zum Sturz des Diktators hatte er die richterliche Genehmigung und zur Machtübernahme der Sandini- Der Bote des Obersten Gerichtshofes übergibt erhalten, für diese Versammlung seine sten am 19. Juli 1979 führte. die beiden Urteilssprüche während der Villa zu verlassen. Natürlich hatte er Am Grab Chamorros fanden sich an Parlamentssitzung damit Montealegre die Show gestohlen. diesem Morgen neben seiner Familie Nicaragua-Zeitung März 2008 Seite 7
eine besser bezahlte Position in einer Behörde, finanzielle Unterstützung für die Ausbildung der Kinder, oder sonst etwas von all dem, was für die Mehr- heit der Nicaraguaner in unerreichbarer Ferne scheint. Statt Solidarität heißt es heute: Rette sich wer kann! Auf Grund der massiven Unterstützung aus Venezuela kann Präsident Ortega diese Karte gegenwärtig gut spielen. Aber durch das Bündnis mit der katho- lischen Kirchenhierarchie (und auch mit evangelikalen Sektierern) werden die elementarsten Frauenrechte mit Füßen getreten. Durch die totale Machtkon- zentration in den Händen des Präsiden- tenpaars Ortega und Murillo wird jedes kreative und verantwortungsvolle Han- deln im Staatsapparat erstickt. Wegen Die Frauenbewegung war am Grab von Pedro Joaquin Chamorro der eigenen politischen Schwäche setzt die Regierung darauf, die unabhängigen Presseorgane unter Druck zu setzen. viele Repräsentanten der Presse, des und die Lebensbedingungen der städ- Der Alleinvertretungsanspruch der mit kulturellen und politischen Lebens ein. tischen und ländlichen Bevölkerung Ortega verbundenen Gewerkschaften Die FSLN fehlte vollständig. Hingegen verbessern will. und Verbände führt dazu, alle anderen war die Präsenz der Frauenbewegung, Es sieht so aus, als ob Daniel Ortega zu Formen von Selbstorganisation zu mar- die sich als Zielscheibe einer neuen Beginn seiner zweiten Regierungsperi- ginalisieren – insbesondere die vielfäl- politischen Unterdrückung durch die ode alles unternimmt, um diese gesell- tigen Frauenorganisationen im Lande. Regierung sieht, besonders deutlich. schaftlichen Kräfte dieses Mal nicht noch Wer aufmuckt, wird bedroht. Und das Nach Christiana Chamorro, der Toch- einmal gegen sich zu haben: nicht nur bei der politischen Konkurrenz, ter des Ermordeten, sprach ihr Bruder • mit Ausnahme gelegentlicher halb- sondern auch innerhalb der eigenen Rei- Carlos Fernando, der Herausgeber der radikaler Äußerungen gegenüber der hen der FSLN, bis hin zu den engsten kritischen Wochenzeitschrift Confiden- Imperialmacht USA gibt es nichts mehr und langjährigsten Weggefährten Orte- cial und Leiter eines sehr erfolgreichen in seiner aktuellen Regierungspolitik, gas. Angst vor Repression ist wieder politischen Magazins im Fernsehen. Er was sich den wesentlichen wirtschaftli- ein Thema in Nicaragua. verlas einen Aufruf zur Verteidigung chen Vorgaben Washingtons entgegen der Pressefreiheit, der mit den Worten stellt – vom Aufbau einer alternativen, Die besten sozialen und politischen seines Vaters schließt: "Nicaragua wird nicht-kapitalistischen Gesellschaft Absichten der Sandinistischen Revoluti- wieder eine Republik werden!" ganz zu schweigen; on hat Ortega dem Ziel geopfert, noch • Kardinal Miguel Obando y Bravo, der einmal Präsident des Landes zu werden. Zwischenbilanz nach einem Jahr wichtigste politische Gegenspieler der Aber die negativsten Züge jener Zeit – Die Sandinistische Revolution hatte Sandinisten in den 80er Jahren, ist der Paternalismus der Regierenden, der zwischen 1979 und 1990 verschiedene inzwischen zum immer wieder öffent- überzogene Zentralismus, die politische Feinde, an denen sie schließlich auch lich zelebrierten Privatpriester und Entmündigung der Basis, die fehlende zerbrochen ist: strategischen Bündnispartner Ortegas freie und demokratische Diskussion, • die massive, unmoralische und absolut avanciert; die mangelnden Rechte der Frauen völkerrechtswidrige Aggression durch • der ehemalige Verhandlungsführer der und anderer benachteiligter Sektoren, den Imperialismus der USA; Contras, Morales Carazo, ist der aktu- die Verharmlosung von physischer und • die reaktionäre katholische Kirchen- elle Vize-Präsident Nicaraguas; sexueller Gewalt in der Gesellschaft, hierarchie im eigenen Lande; • die bekanntesten Führer des indigenen die Vermengung von Staat und Partei, • die CIA-finanzierte Contra, die sich Widerstandes der 80er Jahre – Stead- Zwangsmaßnahmen statt politischer aber wesentlich aus der nicaraguani- man Fagoth Müller und Brooklyn Rive- Überzeugung und der damals schon auf- schen Kleinbauernschaft rekrutierte ra – sind Teil des aktuellen Regierungs- kommende mit Macho-Gehabe gekop- und die von Ex-Offizieren der somo- bündnisses; pelte Personenkult – prägen heute um zistischen Nationalgarde und einigen • und die historische Machtelite des Lan- ein Vielfaches verstärkt die politische ultra-rechten Politikern geführt wurde; des versucht Ortega durch eine Politik Kultur der Regierung. • die indigenen Gemeinschaften der ruhig zu halten, die deren wirtschaftli- Atlantikküste, deren kulturelle und wirt- che Macht nicht antastet, dafür aber Rosario Murillo sagte, dass die jetzige schaftliche Interessen ebenfalls von politische Ruhe von ihr erwartet – was Präsidentschaft Ortegas die in den 80er der US-Administration instrumentali- bisher jedoch nur teilweise gelingt. Jahren begonnene Revolution fortsetzen siert wurden; Der Enthusiasmus der 80er Jahre ist würde. Das mag vielleicht fern ab von • und natürlich die kleine traditionelle einem Pragmatismus gewichen, in dem Mittelamerika je nach Sichtweise mit nicaraguanische Bourgeoisie, die sich die Menschen den Caudillo (Führer) neuen Hoffnungen oder auch mit neuen vom Sturz des despotischen Diktators unterstützen, von dem sie für sich und Befürchtungen aufgegriffen werden – in Somoza mehr wirtschaftliche Entwick- ihre Familie am ehesten Vorteile erhof- Nicaragua selbst glaubt das niemand lungsmöglichkeiten erhoffte aber keine fen: Begünstigte Nahrungsmittel, etwas mehr. Revolution, die vor allem die Rechte Saatgut oder Vieh, einen Arbeitsplatz, Matthias Schindler, Februar 2008 Nicaragua-Zeitung März 2008 Seite 8
„ÜberLebensWelten“ in Nicaragua Eine Ausstellung gibt Einblick in die Lebenswirklichkeit Wenn man noch nie über die Köhlbrand- An insgesamt 15 Schautafeln konnte die desolate wirtschaftliche Situation brücke durch das Hamburger Hafenge- der Besucher in die nicaraguanische sehr deutlich zeigen, so hat man trotz- biet gefahren ist, dann kann man als von Lebenswirklichkeit eintauchen. Für dem das Gefühl, dass die Frauen auf- Lastern eingequetschter PKW-Fahrer Nichtkenner oder zur Auffrischung gibt grund ihrer Einbindung in ein Netzwerk zwischen den riesigen Containerhaufen die Ausstellung zuerst einen kurzen stark sind und eine Perspektive entwic- rechts und links doch schon den Ein- Abriss über die Geschichte des Landes kelt haben. Ganz mutig erzählen sie, wie druck gewinnen, man betrete ein frem- und führt dann zu den einzelnen Darstel- sie anfangen, für ihre eigenen Rechte des Land: Wilhelmsburg, mittlerweile ein lungen anhand von Bildern und Texten einzustehen und nicht mehr bereit sind, Stadtteil im Aufwind, nachdem der Ham- der individuellen Lebensgeschichten. Es Demütigungen der Partner oder Arbeit- burger Senat eingesehen hatte, dass werden Menschen vorgestellt, die auf geber weiterhin zu ertragen. Ganz tat- er sich um ihn kümmern müsse. Nichts dem Land, in der Máquila, im informel- kräftig erzählen sie z.B. von ihrem Weg desto trotz leben dort viele Menschen len Sektor der Städte oder im Ausland aus der ausbeuterischen Máquila hin zu in unsicheren Lohnarbeitsverhältnissen als Migrantin (hier Costa Rica) ihrer har- ihrem eigenen Kleinstunternehmen. und ohne sichere Lebensperspektive. ten Arbeit nachgehen. In den Interviews wird erschreckend Am Eröffnungsa deutlich, wie wenig Vertrauen die Men- bend wurden diese schen in die Regierung haben (die Inter- Interviews zusätz- views wurden in 2005 aufgenommen!). lich als Film gezeigt, Ganz desillusioniert und frustriert so dass man sich berichten sie, dass nur im Rahmen von noch besser in die Wahlkampagnen Verbesserungen ver- Lebenswelten ein- sprochen werden, dass die Machtinha- finden und einen ber nur in die eigene Tasche wirtschaf- direkteren Zugang ten und kein Interesse am Wohlergehen zu den einzelnen des Volkes haben. Lebensschicksalen bekommen konnte. Ein Fazit bei der Betrachtung dieser Die Interviews gingen Lebensschicksale könnte sein, dass sehr zu Herzen und es uns hier im Norden doch noch ver- noch Wochen später gleichsweise gut geht. Jedoch sollte denke ich an diese man auch nicht zu dem Schluss kom- mutigen und tapferen men, dass deshalb weiterer Sozialabbau Menschen, wo jedes möglich ist, denn ein „gutes Leben“ dort Gejammer in mir ver- wie hier sieht eben anders aus. stummt und sich Ehr- furcht breit macht. Dem Informationsbüro Nicaragua aus Wuppertal gebührt Dank für die Erarbei- Allerdings gibt die tung und Zusammenstellung dieser ein- Ausstellung keinen drucksvollen Ausstellung. Querschnitt der Be völkerung wieder, da Stephanie Sturmhoebel einerseits größten teils Frauen befragt Die Ausstellung ist über das Informa wurden, weil sie die tionsbüro Nicaragua ausleihbar. Hauptlast bei der Näheres: www.ueberlebenswelten.de Versorgung der Kin- der und bei der Ver- antwortung für die Familie tragen und sie weniger Zugang Hier also liegt das Wilhelmsburger Bür- zu gesichertem Einkommen, zu Kapital gerhaus, in dem wir die Wander-Ausstel- und vor allem zu Landbesitz haben als lung „ÜberLebensWelten“ vom 4. bis 13. Männer und andererseits, weil die Inter- Dezember 2007 zeigten. Vor diesem viewten größtenteils in politisch-soziale örtlichen Hintergrund wollten wir die Organisationen eingebunden sind, die Absicht des Informationsbüros Nicara- Partnerorganisationen der Ausstellungs- gua, über das wir die Ausstellung aus- macher sind. geliehen hatten, unterstreichen, nämlich die Lebensrealitäten in Nicaragua in Diese Frauen haben durch ihre politi- einen bundesdeutschen Kontext zu set- sche Arbeit einen Entwicklungsprozess zen, der von Arbeitslosigkeit, prekärer durchlebt, in dessen Rahmen sie Selbst- Beschäftigung und Sozialabbau geprägt achtung und Selbstwertgefühl entwic- ist. kelt haben. Auch wenn die Geschichten Die Ausstellung zeigt viele Gesichter Nicaragua-Zeitung März 2008 Seite 9
Romero Tage 2008: Levántate por tus derechos! Steh auf für Menschenrechte! Unter diesem Motto stehen die diesjäh- rigen Romero Tage, die in der Zeit vom 24. März bis zum 20. April 2008 durch- geführt werden. Erzbischof Oscar Romero ist für viele Menschen in Lateinamerika eine Sym- bolfigur des Widerstandes und der Hoff- nung. In den siebziger Jahren erhob er mutig seine Stimme gegen die repres- sive Politik in El Salvador. In Gottesdien- sten, Radioansprachen und bei Demon- strationen forderte er die Regierenden auf, die Rechte der Bevölkerung einzu- halten. Sein Engagement hat ihm am 24. März 1980 den Tod gebracht. Er wurde während einer Messe erschossen. Dennoch ermutigt sein Beispiel noch heute viele Gruppen, für die Einhaltung ihrer Rechte aufzustehen. So wenden sich soziale Bewegungen in vielen latein- amerikanischen Ländern gegen die Kri- minalisierung ihres Protestes und gegen die Aushöhlung von demokratischen Rechten. Sie stehen auf für Gerechtig- keit, die grundlegend ist für die innere Sicherheit. Während der Romero Tage rufen Solida- ritätsgruppen und kirchliche Einrichtun- gen dazu auf, sich von lateinamerikani- schen Basisbewegungen zu Solidarität und Engagement für die Menschenrech- te inspirieren zu lassen. Bitte die Hinweise auf besondere Veranstaltungen in dieser Zeitung beachten. Der Flyer mit dem Gesamtprogramm der Romero Tage 2008 liegt dieser Zeitung bei. Alle Infos unter: www.romerotage.de Öffentliche UnSicherheit in El Salvador, Nicaragua und Costa Rica Vortrag und Diskussion mit Dr. Anika Oettler (GIGA - Institut Hamburg) Weltweit wird über Terrorismus und innere Sicherheit gesprochen und von den Medien werden Unsicherheiten herbei geschrieben. Diese Diskussion wird nicht nur in Deutschland von Politiker Innen angefeuert und dazu genutzt, neue Gesetze in Kraft zu setzen bzw. alte aus den Angeln zu heben und die Rechtsstaatlichkeit zu unterhöhlen. Auch in mittelamerikanischen Ländern wie El Salvador, Nicaragua und Costa Rica finden vor dem Hintergrund einschneidender sozialer und ökonomischer Veränderungen ähnliche Prozesse statt. Dr. Anika Oettler vom GIGA - Institut Hamburg zeigt auf, wie in El Salvador, Nicaragua und Costa Rica die Diskurse über Gewalt, Kriminalität und Unsicherheit geführt werden und welche Konsequenzen das nach sich zieht. Mittwoch, 16.April 2008, 19 Uhr, Nordelbisches Missionszentrum (NMZ), Agathe-Lasch-Weg 16 (Othmarschen), Eintritt: 2.- € Veranstalter: Nicaragua Verein e.V. und Lateinamerikareferat des NMZ Nicaragua-Zeitung März 2008 Seite 10
Romero Tage 2008: "Meer-Bananen-Republiken" Fiesta Romero Literarisch-politisch-musikalischer Banana Boat Trip Es spielt die Gruppe durch den Hamburger Hafen "Resistencia" Texte und Musik auf einer Barkasse rund Eine Fiesta beendet wie in jedem Jahr um Anbau, Handel und Kulturgeschichte der die Romerotage. gelben Frucht. Mit "an Bord": Miguel Angel Die Musik der Gruppe "Resistencia" Asturias, Gabriel García Márquez, Eduardo schlägt einen Bogen zum Thema der Galeano, John Dos Passos, Harry Belafonte Reihe "Levántate por tus derechos" u.v.m. Es geht um Dollarbananen, "Deut- und nimmt uns mit auf eine musikali- sche Kamerunbananen", Vereinigungsbana- sche Reise durch Lateinamerika. nen und andere krumme Früchte. Lateinamerikanische Spezialitäten Vom Baumwall führt die Tour durch den Zollkanal vorbei am "Fruchthof" zum Gross- runden den Abend kulinarisch ab. markt Hamburg und weiter in den Freihafen und zum Fruchtterminal der HHLA. Samstag, 19. April 2008, 20 Uhr Sonntag, 6.April 2008 Cafe Eins, Altonaer Straße 63, Abfahrt: 15 Uhr am Anleger Vorsetzen Veranstalter: (City-Sporthafen), U-Bahn Baumwall, Ausgang Überseebrücke, Kosten: 8.- € Deutsch-chilenisches Veranstalter: Hafengruppe Hamburg Kulturzentrum e.V. Romero-Filmtage Mo 31.3. - 19.00: 25. März bis 2. April 2008 Das Interview. Deutschland 2007, OmdtVoiceover, 42 min. Regie: B. Merz. Zu den Romero Tagen hat der Nicaragua Ein Dokumentarfilm über die aktuelle Situa- Verein wieder ein Filmprogramm zusam- sich mit den Armen, er gab ihnen Hoffnung tion in Kolumbien. Der ehemalige Lehrer mengestellt: Sechs Spiel- und Dokumen- auf Veränderung. Am 24. März 1980 wurde Ricardo berichtet in einem Interview von tarfilme zeigen Menschen in verschiede- er während einer Messe von Todesschwa- Menschenrechtsverletzungen wie Vertrei- nen lateinamerikanischen Ländern, die auf dronen ermordet. Die Namen der Mörder bungen und Massakern. Der Film stellt den unterschiedlichste Weise für ihre Rechte sind bekannt, aber ein ‚Fall Romero’ wurde Zusammenhang mit den Präsidentschafts- aufstehen und unter zum Teil lebensbe- bisher noch nicht verhandelt. wahlen 2006 und der Außenpolitik Europas drohlichen Bedingungen Menschenrechte Do 27.3. - 19.00: und der USA her. einfordern. Wir zeigen Filme aus oder über Gast: Blanca Merz (Save the planet) El Salvador, Guatemala, Mexiko und Kolum- „Für den Wald und für das bien. Di 1.4. - 19.00: Leben!“ Mexikanische Bauern im Di 25.3. - 19.00: Fadenkreuz der Holzmafia. Deutsch Bajo Juárez – La ciudad Romero. USA 1989, DF, 94 min. Regie: land 2007, 44 min. Regie: Michael Enger. devorando sus hijas. Mexiko John Duigan, mit Raul Julia, Richard Jor Uraufführung 2007, spanOmenglU, 95 min. Regie: Ale dan, Ana Alicia jandra Sánchez u. José Antonio Cordero Der Film erzählt die Geschichte Oscar Die Morde an jungen Frauen in Ciudad Romeros, der sich als Erzbischof von San Juárez an der Nordgrenze Mexikos neh- Salvador vom unpolitischen Menschen zum men trotz der internationalen Proteste kein scharfen Kritiker der Militärdiktatur wan- Ende. Der Film stellt auf bewegende Weise delte. Trotz Morddrohungen verkündete das Schicksal von Opfern dar, den Kampf er das Evangelium, bis er während einer ihrer Familien und Unterstützer gegen die Messe am Altar ermordet wurde. Mit fas- Straflosigkeit und die Verstrickung von zinierenden Bildern und den Mitteln eines Behörden in die sexuellen Gewalttaten. politischen Thrillers, der Charakterstudie Diskussion mit der Initiative Mexiko und des Melodrams zeichnet er die persön- Mi 2.4. - 19.00: liche Entwicklung Romeros glaubhaft nach. Estrellas de la línea. Spanien Mi 26.3. - 17.00: 2006, spanOmenglU, 90 Min., Regie: Romero - Tod eines Chema Rodríguez. Erzbischofs. Deutschland 2003, 52 Ein Film über die Prostituierten an der min. Regie: Thomas und Rena Giefer Bahnlinie in Guatemala City. Sie wollten Ein Dokumentarfilm über Oscar Romero, Holz ist Objekt der Begierde von in nicht mehr hinnehmen, dass sie täglich den Erzbischof von San Salvador, dessen ternationalen Konzernen. Bauern in Guer- Opfer von Gewalt sind und dass regelmäßig Tod nicht unerwartet kam. Er solidarisierte rero/Mexiko widersetzten sich dem Kahl- Frauen verschwinden. Um auf ihre Situati- schlag. Sie organisierten sich und blockier- on aufmerksam zu machen, gründeten sie ten den Abtransport der Bäume. Seitdem ein Fußballteam. Die Dokumentation zeigt sind sie der Verfolgung durch Profiteure den harten Alltag der Prostituierten, ohne und ihre 'Pistoleros' sowie den Staats- zu schockieren. Ein eindringliches und sehr apparat ausgesetzt. Der Film bringt den persönliches Bild jeder einzelnen Frau. Kampf der 'campesinos ecologistas' um Alle Filme werden im Metropolis ihre Lebensgrundlagen in eindrucksvollen Kino, Dammtorstraße 30a gezeigt. Szenen nahe. Eintritt: 6.- €/(erm.) 4.- € Zu Gast: Michael Enger Gerda Palmer Nicaragua-Zeitung März 2008 Seite 11
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