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Materialien zu Kebab Connection Komödie mit ›Hintergrund‹ Von Anno Saul nach dem Drehbuch von Fatih Akın, Ruth Toma, Jan Berger, Anno Saul und Ralph Schwingel für Menschen ab 15 Jahren
»kebab connection« Liebe Leserin, lieber Leser, der Film ging um die Welt, die TAZ bezeichnete Kebab Connection als »die beste Fatih-Akın- Komödie […], die Fatih Akın nicht selbst gedreht hat«, die BERLINER ZEITUNG stellte heraus: »Wenn hier eine Parallelgesellschaft am Werk ist, dann ist es die einer Bande munterer Künstler, die mit der Realität äußerst unrealistisch umgehen: nämlich produktiv und mit Humor.« Vielleicht ist die Ge- schichte heute, acht Jahre nachdem der Film in die Kinos kam, noch moderner geworden. Längst erheben in Schubladen gedrängte, auf Klischees reduzierte Menschen ihre Stimme UND finden Ge- hör: eine Gruppe Deutschlernender lachten so herzlich in der ersten Hauptprobe und freuten sich im Anschluss mit uns: »Endlich wird eine migrantische Geschichte ohne Problemkontext erzählt!« Wir verstehen Kebab Connection programmatisch als eine Geschichte über das Gelingen. Nicht mi- grantische Probleme stehen im Mittelpunkt, sondern die Normalität der Identitätssuche in vermeintli- chen ›Parallelgesellschaften‹. Scheint die türkische Community im Stück zunächst eine zentrale Stel- lung einzunehmen, so stellt sich bald heraus, dass die griechische ebenso wichtig ist und es außer- dem noch Albaner, Italiener und Deutsche gibt, unterschwellig spielt aber die heimliche Hauptrolle die größte aller Parallelgesellschaften, die der ›Bio-Deutschen‹ nämlich. Wir haben in diesem Material weiterführende Texte zum Erwachsenwerden, Fragen nach der Defini- tion von Heimat und gesellschaftlichem Heranwachsen zusammengestellt. Zur Vertiefung mit Schul- klassen und Gruppen finden Sie Gesprächs- und Spielanregungen. Viel Vergnügen beim Lesen und Probieren. Susanne Rieber und Kirstin Hess Theaterpädagogin Dramaturgin 3
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»kebab connection« Inhaltsverzeichnis Liebe Leserin, lieber Leser 3 Besetzung der Uraufführung 6 Szenenspiegel 8 Kapitel 1: Erwachsen werden 15 Szenenausschnitt 16 Die Macht der Verantwortung 17 Interviews mit jungen Erwachsenen 1 18 Ibos großes Idol - Bruce Lee 19 Gesprächs- und Spielanregung zu »Idolen« 19 Liebe und Romantische Liebe 20 Das »Romeo und Julia«-Motiv 21 Gesprächsanregung zu »Liebe« 21 Schwanger während der Schauspielausbildung 22 Gesprächs- und Spielanregungen zu »Berufs- und Familienplanung« 23 Zweiheimisch leben 24 Kapitel 2: Heimat 25 Szenenausschnitt 26 »Das Migrationsthema« 27 Heimat – Wir suchen noch 28 Interviews mit jungen Erwachsenen 2 29 Kara Günlück 30 Gesprächs- und Spielanregung zu »Heimat« 32 Kapitel 3: Gesellschaftliches Heranwachsen 33 Szenenausschnitt 34 Das »Eigene« und das »Fremde« 35 Menschenrechte 37 Gesprächsanregung zu »Menschenrechten« 37 Ist ein Leben ohne Vorurteile und Feindbilder möglich? 38 Gespräch- und Spielanregung zu »Vorurteilen, Klischeebildern« 39 Das Konzept der Transkulturalität: Was ist neu? 42 Beispiele für die gestalterische Auseinandersetzung mit den Themen des Stücks 44 Literatur / Links 45 Dank / Impressum 46 5
»kebab connection« Besetzung der Uraufführung Kebab Connection Komödie mit ›Hintergrund‹ von Anno Saul nach dem Drehbuch von Fatih Akın, Ruth Toma, Jan Berger, Anno Saul und Ralph Schwingel Jennifer Breitrück/ Maria Perlick Italienerin/ Kämpferin/ Frau/ Hatice/ Gangsterin/ Kurs-‐ leiterin/ Kellnerin/ Prüferin/ Krankenschwester Katja Hiller Stella, Kirianis Nichte/ Kämpferin/ Marion, Titzis Mutter/ Gangsterin/ Punkerin Alessa Kordeck Nadine/ Ayla Nina Reithmeier Titzi Thomas Ahrens Mehmet/ Produzent Paul Jumin Hoffmann Özgür, Ahmets Gehilfe/ Valid/ Bruce Lee Jens Mondalski Lefty/ Händler/ Baby/ Prüfer/ Bass Robert Neumann Ibo /Joey Florian Rummel/ Kilian Pohnert Kirianis, Leftys Vater/ Typ auf der Strasse/ Boss Roland Wolf Onkel Ahmet/ Alter Türke Mark Badur Gitarren, Bouzouki, Mandoline Tom Keller Saxophone, Klarinette, Perkussion Ulrich Kodjo Wendt Diatonisches Akkordeon, Keyboard, Sounds 6
»kebab connection« Regie: Anno Saul Musik: Ulrich Kodjo Wendt und Mark Badur Bühne und Kostüme: Maria-‐Alice Bahra und Jan A. Schroeder Kampftraining und -‐Choreographie: Thomas Schubert Choreographie: Isa-‐Bella Garcia Dramaturgie: Kirstin Hess Theaterpädagogik: Susanne Rieber Regieassistenz: Gabriel Frericks Kostümassistenz: Mia Soßna Regiehospitanz: Carolin Darwish Dramaturgiehospitanz: Ena Schulz, Sören Kneidl Hamsterlied Text: Jennifer Breitrück Licht: Martin Gerth, Klaus Reinke Ton: Johannes Maubach, Ufuk Özgüc Bühne: Stefan Rennebach, Herbert Sowinski Requisite: Tobias Schmidt, Oliver Rose Schneiderei: Sabine Winge, Kaye Tai Maske: Sedija Husak Bühnenbau: Günther Pöchtrager, Mark Eichelbaum, Moses Wachsmann Bühnenmalerei: Heinz Dreckmann, Gaby Sehringer Aufführungsrechte: Felix Bloch Erben GmbH & Co. KG Uraufführung: 2. Februar 2013 Spielort: GRIPS Hansaplatz 7
»kebab connection« Szenenspiegel 1 Zwei Frauen wollen einen Döner bestellen. Es ist nur noch einer da. Ein Kampf auf Leben und Tod mit Dönermessern im Kung-‐Fu-‐Stil beginnt. Eine weitere Frau (Titzi) tritt auf und besch-‐ wichtigt: wir befinden uns mitten in einem Werbespot für den Dönerimbiss ›King of Kebab‹ 2 Ibo ist stolz und fragt seinen Onkel, den Besitzer des ›King of Kebab‹, ob ihm der Spot gefalle. Der ist aber außer sich vor Wut: Onkel Ahmet: Das war Werbung für ein Schlachthaus! Planen sie ein Massaker? Sie lie-‐ ben es, wenn Türken sie mit Messern bedrohen? Na dann auf zu KING OF KEBAB. Ibo: Du übertreibst, Onkel! Onkel Ahmet: Onkel? Nenn mich nie wieder Onkel. Du hast keinen Onkel mehr! Du bist ein Onkelloser! Er schmeißt Ibo raus. Der und seine Freundin Titzi verlassen enttäuscht den Ort. Özgür, der Ge-‐ hilfe Onkel Ahmets findet den Spot eigentlich ganz gut. 3 Ibo und Titzi verabschieden sich und verabreden sich für den Abend. 4 Ibo betritt das Büro eines Produzenten. Er will den ersten Deutschen Kung-‐Fu-‐Film machen und darf ihm die Story seiner Filmidee erzählen. Schnell unterbricht der Produzent und fragt nach Beweggründen für die Handlung, Hintergrund, Motiven. Ibo ist einfach von seiner Kung-‐Fu-‐Idee begeistert, versteht nicht, erfindet dennoch einen 'Hintergrund', spielt seine Action-‐Geschichte begeistert vor, verheddert sich darin. Es wird peinlich, der Produzent lässt Ibo stehen. 5 Bei Titzi und Nadine zu Hause. Titzis Mitbewohnerin übt einen Monolog aus ›Romeo und Julia‹. Titzi kommt nach Hause, fragt Nadine, ob sie abends zu Hause sei, ignoriert sie ansonsten weit-‐ gehend. Nadine wird eifersüchtig, befürchtet eine Konkurrenzsituation, bereiten sich doch beide auf die Bewerbung an der Schauspielschule vor. 6 Titzi im Ende des in Szene 1 gezeigten Kino-‐Spots. Viele Menschen feiern den Spot und suchen den Weg zum ›King of Kebab‹. 7 In Onkel Ahmets Imbiss herrscht gähnende Leere. Plötzlich strömt eine Menge hinein, alle bestellen Döner. Ibo kommt zufällig vorbei, Onkel Ahmet ist überglücklich und erklärt vor allen, dass er der Onkel des Filmemachers sei. Alle essen und feiern. 8
»kebab connection« Kordeck 8 Währenddessen ist im griechischen Lokal gegenüber bei Kirianis wirklich nichts los. Seine Nicht Stella und er langweilen sich. Er trauert um seine gute Küche, die seit der Einführung des Döners gegenüber keine Liebhaber mehr findet. 9 Titzi und Ibo beim Abendessen. Ibo erzählt von den überwältigenden Erlebnissen im ›King of Kebab‹. Titzi drängt den Nachtisch zu essen: Glückskekse. Sie schiebt ihm seinen Glückskeks hin. Er greift nach ihrem: Ibo: Dein Glück ist auch mein Glück. (...) Ha! Ich bin schwanger -‐ geil! Titzi: Das war mein Keks. Ibo greift sich den Zettel vom anderen Glückskeks. Ibo: Hm, und ›Du wirst Vater.‹ Wow! Langsam fällt der Groschen. Ibo: (schluckt) Ich werde Vater? Titzi nickt. 10 Mehmet, Ibos Vater, liest stolz vom Erfolg seines Sohnes in der Hürriyet und gratuliert. Er schlägt ihm ein Treffen mit der Tochter eines Freundes vor. Ibo ringt sich durch von Titzis Schwangerschaft zu erzählen. 9
»kebab connection« Mehmet rastet aus, beschimpft seinen Sohn. Für ihn bricht eine Welt zusammen: Die Welt, in der er irgendwann in die Türkei zurückgehen würde. Die Nachricht eines zu erwartenden Enkels mit einer Deutschen bricht fast sein Herz. Er schmeißt Ibo raus. 11 Titzi übt den Julia Monolog aus Shakespeares Klassiker. Neben ihr sitzt eine Punkerin und kann spontan soufflieren. Ibo kommt zerrüttet mit Sack und Pack vorbei. Sie tröstet ihn, als er jedoch umgekehrt keinerlei Einfühlungsvermögen für ihre Sorgen hat, bricht ein Streit aus und sie lässt ihn stehen. Die Pun-‐ kerin spricht aus, was er hätte sagen sollen. »Schätzchen, wenn du auf die Schauspielschule ge-‐ hen willst, dann pass ich natürlich auf das Baby auf.« 12 Ibo besucht seine beiden Freunde im veganen Imbiss von Lefty. Als er ihnen erzählt, das Titzi schwanger ist, sind die beiden begeistert und gratulieren ihm. Ibo ist irritiert, zum ersten Mal beglückwünscht ihn jemand, statt ein Problem zu sehen. Sie feiern. Ibo fragt, ob er eine Weile bei den beiden wohnen dürfe – sein Vater habe ihn enterbt. Lefty erzählt ihm zum ersten mal, dass auch er im Clinch mit seinem Vater Kirianis liege. Die beiden Freunde adoptieren sich. 13 Ibo versucht Titzi telefonisch zu erreichen. Sie schickt aber immer ihre Freundin Nadine vor. Doch dann erwischt er sie mit der Beschreibung, der Größe des Kindes im jetzigen Zustand. Sie sagt nichts. Er ist ganz begeistert – sie hat nicht aufgelegt. 14 Titzi versucht ihrer Mutter mitzuteilen, dass sie schwanger ist. Diese aber ist vor allem mit sich selbst beschäftigt und fragt Titzi nach dem getrennt lebenden Vater und dessen neuer Freundin aus. Die Schwangerschaft ihrer Tochter kommentiert sie gepflegt liberal-‐ rassistisch: Marion: Hast du schon mal einen Türken gesehen, der einen Kinderwagen schiebt? 15 Titzi und Ibo treffen sich. Titzi hat einen Kinderwagen gekauft, da sie noch was erledigen muss lässt sie den Wagen bei Ibo. Der kann ihn kaum anfassen, es ist ihm sichtlich peinlich mit einem Kinderwagen gesehen zu werden. So vertuscht er vor einigen Begegnungen das der Wagen zu ihm gehört und schiebt in um die Ecke. Als sein Freund Valid auftaucht beginnt ein Baby zu schreien. Valid geht dem Geräusch nach, es kommt genau aus der Ecke, in die Ibo den Wagen geschoben hat. Valid kommt mit dem Baby im Wagen zurück, sie versuchen es zu beruhigen. Bis die Mutter des Babys auftaucht, Ibo zu Boden prügelt und sich bei Valid bedankt. Die beiden ver-‐ lieben sich auf den ersten Blick. In dem Moment kommt Titzi aus derselben Ecke mit einem bau-‐ gleichen Wagen: Es hatte sich um eine Verwechslung des Wagens gehandelt, Titzi ist nun total sauer, dass Ibo sich nicht um den Wagen gekümmert hat und lässt ihn stehen. 16 Titzi geht zu Ibos Familie. Sie hält dem Vater eine Standpauke, dass er und sein Sohn sie gar nicht verdient haben, so wenig, wie sie zu ihr stehen würden. Hatice und Ayla bitten Titzi rein, sie möchte gerne, bleibt aber standhaft sauer gegenüber Mehmet. Mehmet ist beeindruckt. Hatice wütend: in ihrer Familie lässt man eine schwangere Frau nicht im Stich. Mehmet solle gefälligst etwas unternehmen. 10
»kebab connection« 17 Ayla und Ibo innig vereint. Ayla vermisst ihren großen Bruder und bittet ihn sich zu kümmern, sie wolle Babysitter werden. Beide erinnern sich an schöne, gemeinsame Zeiten zu Hause. 18 Onkel Ahmet will noch berühmter werden, die Gäste kommen nicht zahlreich genug. Sein Gehilfe Özgür schmettert er nur ab, als der sagt, man solle wieder gutes Fleisch kaufen – zu teuer. Ahmet überredet Ibo noch einen Spot für ihn zu drehen. 19 Die drei Freunde Valid, Lefty und Ibo probieren verschiedene Kampftechniken und sind ganz versunken. Sie überlegen Szenen für künftige Filme, da erscheint Ibos Vater. Die Jungs ziehen sich zurück. Mehmet beschimpft Ibo dafür, dass er Titzi im Stich lasse. 20 Kirianis und Ahmet treffen sich aus versehen. Ahmet wirft Kriranis Neid vor, Kirianis zeigt, wie er sich einen eigenen Spot für seine Taverne vorstellt – eine eher mäßige Vorstellung. Ahmet hat nur ein müdes Lächeln für ihn übrig. 21 Kirianis will seinen Sohn überreden Ibo zu gewinnen auch für ihn einen Spot zu drehen. Lefty ist entsetzt: sein Vater hat ihn enterbt, nicht mit ihm geredet, weil er Veganer ist und nun will er ihn benutzen um seine Habgier zu befriedigen. Er schmeißt seinen Vater kurzerhand raus. 22 Nadine und Titzi treffen Vorbereitungen für das kommende Kind. Sie streichen die Wände, und lachen viel zusammen. Nadine Weißt du, was mich echt ankotzt? Dass du immer alles kannst. Außer ver-‐ hüten. Keller, Wendt, Badur 11
»kebab connection« 23 Der neue Spot für Ahmets ›King of Kebab‹: ziemlich düster im Ganster-‐Stil. Zwei Kontrahenten knallen sich gegenseitig ab, Ibo spielt selbst den Protagonisten, der sich aus Liebeskummer selbst in tödliche Gefahr begibt und stirbt. 24 Nadine übt den Julia-‐Monolog. Titzi versucht ihr zu helfen. Ob sie den schon mal jemanden ver-‐ loren hätten, die sie geliebt habe? Hamster Charlie. Titzi seufzt und Nadine übt weiter in Gedan-‐ ken an Charlie. Titzi kommen die tränen. Nadine ist verwirrt, Titzi kannte Charlie doch gar nicht, Titzi aber macht sich sorgen um Ibo. Der Kino-‐Spot war so düster. 25 Titzi allein in einem Restaurant. Ibo kommt eine Stunde zu spät und erzählt vieles, was zwi-‐ schendurch passiert ist. Als ihn auch noch die Kellnerin auf seine coolen Spots anspricht, reicht es Titzi. Titzi: Werd' n guter Vater, lern es, zeig es. Oder: lass uns in Ruhe. 26 Ibo darf bei Valid und seiner neuen Freundin über Baby zu wickeln. Valid soll ihn dabei fotogra-‐ fieren. Als Beweis für Titzi. Es gelingt Ibo nur schlecht, er ist nahe dran aufzugeben. Außerdem braucht er eine neue Unterkunft und die nächsten Wochen kann er wenigstens bei den beiden übernachten. 27 Ibo kifft mit Lefty. Beide sind ziemlich hinüber, als Ibo beim Bierholen eine Vision packt: Bruce Lee rät ihm in einen Hechelkurs zu gehen. Ahrens, Reithmeier 12
»kebab connection« 28 Valid begleitet Ibo zum besagten Kurs. Zwischen den Hochschwangeren sind sie die einzigen Männer. Sie werden gleich aufgenommen und die Kursleiterin macht ein weiteres Beweisfoto für Titzi. 29 Ein alter Türke fragt Mehmet, wie es dem Sohn gehe. Er bestärkt ihn in seiner strengen Haltung. Mehmet versucht standhaft zu sein, wirkt aber todunglücklich. Als die inzwischen hochschwan-‐ gere Titzi mit Einkäufen vorbei kommt, läuft er sofort zu ihr und hilft ihr tragen. Sie ist zunächst zurückhaltend, dann aber gerührt du zeigt ihm den Brief von Ibo mit der Bescheinigung der Teilnahme am Hechelkurs. 30 Ayla besucht Titzi und lädt sie zur Geburtstagsfeier von Onkel Ahmet ein. Sie zögert, willigt aber ein zu kommen. 31 Ahmet ist schlecht gelaunt. Er hasst Geburtstage, man müsse nur Geld ausgeben und die Ver-‐ wandten einladen... Als Ibo kommt und einen Döner verlangt, verweigert Ahmet ihm den und will erst die Zusage für einen neuen Spot. Der letzte sei geschäftsschädigend, es kämen nur noch traurige Gestalten, die nichts essen. Ibo aber ist selbst traurig und will sich nicht zwingen lassen. Es kommt zum Streit. Ibo erklärt ab jetzt nur noch griechisch essen zu wollen und geht schnur-‐ stracks zu Kirianis. 32 Dort bekommt er sofort Ouzo und die hübsche Stella kümmert sich um ihn. Sie führt ein einsa-‐ mes Leben als Kellnerin in einem schlecht besuchten Laden und bewundert den ›Star‹. 33 Inzwischen kommen Ahmets Geburtstagsgäste, die ganze Verwandtschaft, Ibos Eltern, Titzi... 34 Ibo betrinkt sich fürchterlich und sagt einen Spot für Kirianis zu, damit sein Laden auch besser laufe. Sturzbesoffen geht er aus der Taverne und ruft über die Straße zu Ahmets Geburtstagsfeier, dass er frei sei und sich nie binden werde. Alle haben das gehört, seine Familie, leider auch Titzi. 35 Der Geburtstag ist abrupt beendet, Ibo bleibt ohnmächtig liegen. Ayla bleibt als einzige und sagt ihm, wie falsch sie sein verhalten finde. 36 Titzi bei der Schauspielaufnahmeprüfung. Sie spricht den Julia-‐Monolog hochschwanger. Der Prüfer ist begeistert, trotz Skepsis der Prüferin setzt Titzi sich durch und wird an der Schau-‐ spielschule aufgenommen. 37 Titzi macht sich Luft, sie kann es nicht fassen und schreit vor Glück. In dem Moment setzen die Wehen ein. Sie ist ganz allein. Da kommt Mehmet zufällig vorbei und bringt sie sofort mit seinem Taxi ins Krankenhaus. 38 Ibo erscheint im Krankenhaus, gerade noch rechtzeitig vor der Geburt. Die beiden Männer strei-‐ ten, Titzi wirft beide raus. 13
»kebab connection« 39 Ibo und Mehmet warten. Ibo Was macht eigentlich n guten Vater aus? Mehmet (zögert) Frag dein Kind, nicht deinen Vater. Sohn eines Esels. Die Krankenschwester erscheint und sagt ein Mädchen sei geboren. Die Männer sind überglück-‐ lich. Ibo geht sofort zu Titzi. 40 Ibo versucht sich zu entschuldigen. Als seine Worte nicht weiterhelfen zitiert er Romeo und hält seine Tochter im Arm. Er erzählt, dass er Titzi bei der Aufnahmeprüfung gesehen habe und ent-‐ schuldigt sich mit Romeos Worten. Sie küssen und versöhnen sich. 41 Das Bild im Krankenhaus löst sich auf, alle komme dazu, Kirianis, Ahmet, Lefty, Valid, Özgür, Stella, Titzis Mutter Marion, Ibos Familie und feiern die Hochzeit. 14
»kebab connection« Kapitel 1: Erwachsen werden Wann immer ich mich umsehe, wird mir eines stets bewusst, nämlich: Sei immer du selbst, bring dich selbst zum Ausdruck, habe Vertrau- en zu dir selbst. Ziehe nicht los und suche nach ei- ner erfolgreichen Persönlichkeit, um ihr nachzueifern. Bruce Lee Neumann, Reithmeier 15
»kebab connection« Szenenausschnitt Titzi Was ist mit deinem Glückskeks? Ibo Ich weiß, was drin steht: ›Dir strahlt das Glück gerade voll aus´m Arsch, Mann!‹ Das steht da drin! Was ist? Freust du dich gar nicht? Titzi Doch, doch. Ibo Dein Glück ist auch mein Glück. Ibo fischt sich Titzis Glückskeks, öffnet ihn und holt den Zettel heraus. Derweil: Ibo Kennst du die Story von dem Typen, der im Chinarestaurant fertig ist mit Futtern, ja? Und der macht sein Glückskeks auf und liest: ›Das war gar keine Ente!‹ (schaut auf den Zettel im Glückskeks, muss lachen) Ha! Ich bin schwanger -‐ geil! Titzi Das war mein Keks. Ibo greift sich den Zettel von seinem Glückskeks, den Titzi in der Hand hat. Ibo Hm, und ›Du wirst Vater.‹ Wow! Langsam fällt der Groschen. Ibo (schluckt) Ich werde Vater? Titzi nickt. Ibo Willst du es? Titzi Willst du es? Ibo Ich weiß nicht! Also, um ehrlich zu sein, fühl´ ich mich ´n bisschen jung für ´n Kind, ich bin ja selber noch – Titzi Ich bin selber auch noch ein Kind, Ibo! Kebab Connection, Szene 9 16
»kebab connection« Die Macht der Verantwortung von Karsten Weyenhausen Verantwortung ist eigentlich ein dummes Wenn die »richtigen« Verantwortung über-‐ Wort. Mein Rechtschreibprogramm bietet als nehmen, kann das die Welt verändern. Man Alternative Rechtfertigung, Justifikation und denke nur an Lech Walesa, Nelson Mandela Verteidigung an. Das klingt auch nicht viel oder Michail Gorbatschow. Es kann auch wie besser. Defensive Begriffe wie diese sind bei Martin Luther King tragische Konsequen-‐ immer mit etwas Unangenehmen verbunden. zen haben. Deshalb erfordert es Mut. Diese Verantwortung kann auch eine Bürde sein, Männer wussten: Verantwortlich ist man eine Last. Von einer Lust an der Verantwor-‐ nicht nur für das, was man tut, sondern auch tung ist dagegen nie die Rede. Das ist wohl für das, was man nicht tut. Auch im Alltag ist auch der Hauptgrund, warum viele Men-‐ Verantwortung unumgänglich. Ein Haustier, schen sich erst scheuen, Verantwortung zu der Eintritt bei der freiwilligen Feuerwehr, übernehmen. »Verantwortung= Eine ab-‐ eine eigene Firma, die Gründung einer Fami-‐ nehmbare Last, die sich leicht Gott, dem lie-‐ all das bedeutet Verantwortung. Natür-‐ Schicksal, dem Glück, dem Zufall oder dem lich kann es auch eine Bürde sein, besonders nächsten aufladen lässt. In den Tagen der in schwachen Momenten. Nur vergessen wir Astrologie war es üblich, sie einem Stern leider viel zu oft, dass uns Verantwortung aufzubürden«, schrieb Ambrose Bierce in auch Stärke und Selbstvertrauen verleiht. seinem Wörterbuch des Teufels. […] Schließlich wächst der Mensch an seinen Da das Wort Verantwortung in unserer Ge-‐ Aufgaben. Unangenehme Dinge überlassen sellschaft einen schlechten Klang hat, haben wir aber trotzdem lieber unseren Mitmen-‐ alle Meister der »Kompetenzsimulation« ein schen. Oder wie Otto Gritschneider zu sagen leichtes Spiel. »Es sind meist die falschen, die pflegte: »Wenn ich es nicht mache, macht es an die Macht kommen. Aber sie kommen nur ein anderer, sagen sie. Dabei vergessen sie, deshalb dorthin, weil die richtigen sich nicht dass sie vielleicht schon jener »andere« so danach drängeln«, notierte Christian sind.« (...) Nürnberger hellsichtig. aus: Weyehausen, Karsten: 111 Gründe Erwachsen zu werden, Berlin, 2009. 17
»kebab connection« Interviews mit jungen Erwachsenen 1 Gina, 24, Tempelhof Was bedeutet für dich Verantwortung übernehmen? Ich bin hauptsächlich für mich selbst verantwortlich, also das heißt, dass ich mich um meinen Lebensunterhalt kümmere, darum dass ich einen Job habe und genügend Geld, um mein Leben zu finanzieren, meine Miete zu bezahlen, mein Essen zu bezahlen und mich um meine drei Haustiere zu kümmern. Das ist für mich Verantwortung. Könntest du dir jetzt schon vorstellen, Kinder zu kriegen? Irgendwie nicht. Also ich arbeite mit Kindern, aber wenn ich mir jetzt so vorstelle, dass ich so ein Kind selber aufziehen müsste… Ich trag eigentlich im Moment genug Verantwortung. Ich habe ja auch einen verantwortungsvollen Beruf als Erzieherin, und in meiner Beziehung muss ich auch Verantwortung tragen, das reicht dann erst mal. Ikra, 18, Neukölln Was bedeutet für dich, in deinem Leben Verantwortung zu übernehmen? Wenn du Verantwortung für dich übernimmst, dann ist da glaube ich der Moment wo du sagst: ich steh jetzt alleine, und kümmere mich jetzt um mich selbst. Dass du eine Entscheidung triffst: Jetzt muss ich Sachen auch mal alleine hinkriegen. Wichtige Dinge, wie Schule, wo du lebst, was du machst. Was willst du für Verantwortung übernommen haben, wenn du so alt bist wie Ibo? Also in dem Alter will ich auf jeden Fall noch kein Baby. Ich weiß nicht. Eigentlich habe ich mir darüber noch nicht so viele Gedanken gemacht, aber mit Anfang 20 will ich auf jeden Fall mein Abi haben, und vielleicht etwas studieren was mich interessiert, und eigentlich erst mal mehr nicht. Aber wichtig ist: Eine Wohnung! Max, 17, Friedrichshain Was bedeutet für dich in deinem Leben Verantwortung zu übernehmen? In meinem Leben Verantwortung zu übernehmen, das ist schwer, fang grad erst an. Von daher würde ich sagen, für mich ist Verantwortung, für das was ich mache, für das was ich tue, dazu zu stehen. Dass ich sage: Das ist so, das habe ich falsch gemacht, oder ja, das ist sehr gut was ich gemacht habe, muss ich selber zugeben, aber dass ich dann trotzdem auch noch daraus lerne. Was für Verantwortung würdest du gerne noch übernehmen in den nächsten Jahren? Ich würde gerne mein Leben in meine Hand bekommen, weil ich habe gerade das Gefühl, dass es nicht in meiner Hand liegt, mein Leben selbst zu gestalten. Und das würde ich eben gerne wol-‐ len. Nancy, 16, Schöneberg Was heißt für dich Verantwortung übernehmen? Jeder übernimmt nach einer kurzen Zeit Verantwortung. Zum Beispiel wenn man älter wird, dann wird man reifer, und kann halt denken, sag ich`s mal so, dann muss man zur Schule gehen, selbstständig aufstehen, also man wird selbstständiger, und das ist schon eine Verantwortung. Die Interviews führten Annika Westphal und Maria Dubova, Hospitanz und FsJ Kultur am GRIPS Theater. 18
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