RAUCH, LÜGEN UND DER STAAT ALS SUPER-NANNY - Joe Jackson

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Joe Jackson
RAUCH, LÜGEN UND DER STAAT ALS SUPER-NANNY
Jahrtausende lang war der Tabak ein Freund der Menschheit – erst auf dem amerikanischen Kontinent, seit
500 Jahren aber auch fast überall sonst auf der Welt. Er diente der Entspannung, Anregung und der Heilung
verschiedener Leiden. Er war unverzichtbarer Teil sozialer und spiritueller Rituale. Er war Währungsmittel.
Ganze Staateswesen gründeten sich auf ihn – unter ihnen, könnte man mit einigem Recht behaupten, auch
die Vereinigten Staaten von Amerika.
Halt! Streichen Sie das! Rauchen ist eine verkommene, dreckige Angewohnheit, die Sie fast unvermeidlich
umbringen wird. Niemand raucht freiwillig; das sind schlicht jämmerliche Süchtige, verführt von üblen Tabak-
konzernen. Tabak ist eine Seuche, die vom Antlitz der Erde getilgt werden muss.
  Wie die meisten Menschen heutzutage, war ich bis vor ein paar Jahren geneigt, eher dem zweiten Absatz
Glauben zu schenken als dem ersten. Ich war ein mäßiger Raucher und hätte fast aufgehört. Aber einiges an
der reinen Hysterie der Antiraucherbewegung und die Löcher und Widersprüchlichkeiten in ihren Argumen-
ten ließen mich misstrauisch werden. Irgendwann in den späten Neunzigern landete ich in Los Angeles und
als mein Taxi losfuhr, sprang mir eine riesige rote Werbetafel ins Auge: PASSIVRAUCHEN TÖTET! Ich dachte
mir: sogar starke Raucher brauchen ein paar Jahrzehnte, um Lungenkrebs zu bekommen. Dann müsste ein
Nichtraucher doch bestimmt 300 Jahre lang leben, um das auch zu schaffen – vorausgesetzt, er würde re-
gelmäßig dem Rauch ausgesetzt.
Wie sollte man denn überhaupt heraus bekommen, ob es denn das Rauchen war, das ihn umgebracht hat –
oder nicht vielleicht doch der fürchterliche Smog von L.A.?
  Seither bin ich tiefer in das Thema Rauchen eingestiegen und habe nachgeforscht. Ich habe Statistiken stu-
diert, Ärzte und Wissenschaftler gesprochen und ein Netzwerk aus vielen Forschern und Aktivisten befragt,
die alle versuchen, der Wahrheit näher zu kommen. Heute bin ich überzeugt, dass die Gefahren des Rau-
chens – und ganz besonders des „Passivrauchens“ – exzessiv übertrieben dargestellt werden. Die Gründe
hierfür haben mehr mit Politik, Macht und Profit zu tun als mit objektiver Wissenschaft. Ich glaube, dass die
Antiraucherbewegung – speziell Lobbygruppen wie ASH (Action on Smoking and Health) – über viel zu viel
Geld und Einfluss verfügen und dass ihre Verlogenheit und ihre Einschüchterungspraktiken auch diejenigen
von uns beunruhigen sollten, die Tabak hassen.
  Dieser Essay hat vier Teile. Der erste untersucht die Risiken des Rauchens; der zweite befasst sich mit dem
„Passivrauchen“, der dritte mit Rauchverboten und der vierte (und vielleicht wichtigste) behandelt den über-
greifenden sozialen und politischen Kontext. Am Ende des Essays finden sich Quellen- und Literaturangaben
und Tipps, wie man sich weiter engagieren und informieren kann. Ich möchte eine Einführung in die ange-
sprochenen Themen bieten, kein Lehrbuch – daher fehlen Fußnoten mit Quellenangaben. Ich versichere dem
Leser aber, dass alle Behauptungen und Angaben anhand meiner Liste am Ende des Artikels verifiziert und
belegt werden können!
Joe Jackson, im April 2007

TEIL 1                                                         Zunft findet man sehr selten eine gesunde Skepsis. Wa-
                                                               rum nur?
ALLGEMEIN BEKANNT UND AKZEPTIERT                                 Ich habe den Eindruck, wir Menschen müssen einfach an
Es ist inzwischen „allgemein bekannt und akzeptiert“, dass     jemanden glauben. Unser Glaube an politische und religi-
Rauchen zu den schlimmsten Dingen gehört, die man sich         öse Führer hat schwer gelitten, aber im gleichen Maße hat
antun kann. „Alle Experten sind sich einig“. Klar, „alle Ex-   unser Vertrauen in Mediziner und Wissenschaftler zuge-
perten“ waren ja auch einst einhellig der Überzeugung,         nommen, und nur zu gerne lassen wir uns von ihnen heu-
Selbstbefriedigung mache blind, Homosexualität sei eine        te unseren Lebensstil und sogar Gesetze vorschreiben. „Ge-
Krankheit und Marihuanagenuss mache Leute zu Massen-           sundheit“ ist der neue Götze – wer wollte schon gegen
mördern. In den Siebzigern und Achtzigern sagten Ärzte in      „Gesundheit“ sein? Und „Wissenschaft“ wird mit Integri-
Großbritannien den Müttern, sie sollten ihre Babies zum        tät und Zuverlässigkeit gleichgesetzt. Sie ist unsere mo-
Schlafen auf den Bauch legen. Die Fälle von plötzlichem        derne Religion geworden.
Kindstod nahmen zu, bis diese Praxis durch den Kampf ei-         Unglücklicherweise steckt in den Verlautbarungen von
ner einzigen Kinderkrankenschwester beendet wurde.             Mediengurus und Politikern verdammt wenig wirkliche
15.000 Babies etwa, so weiß man heute, hatten mit ihrem        Wissenschaft. Stattdessen werden wir unablässig mit Wis-
Leben bezahlt.                                                 senschaftsmüll gefüttert: Fakten ohne Zusammenhang,
  Die meisten Beschäftigten im Gesundheitswesen, die meis-     haltlose Behauptungen auf der Basis zweifelhafter Metho-
ten Institutionen und Interessengruppen arbeiten intensiv      den und schlaue Statistik-Tricksereien. Wie der typische
und meinen es gut. Aber genauso gut können sie ah-             Kneipenphilosoph, der zu einer Menge Themen immer
nungslos, voreingenommen oder bestechlich sein und in          etwas „Kluges“ hinauszuposaunen weiß, so transportiert
zunehmendem Maße leider auch verbandelt mit der                der Durchschnittspolitiker oder Mediengewaltige gerne
Pharmaindustrie. Politiker werden gerne als Lügner und         das, was zu seinen Vorurteilen oder unausgesprochenen
Betrüger hingestellt – doch gegenüber der medizinischen        Zielen „wissenschaftlich“ passt.

Übersetzung aus dem Englischen von Thomas Hruska
Joe Jackson, Rauch, Lügen und der Staat als Super-Nanny

WAS MAN IM HINTERKOPF BEHALTEN SOLLTE                           diese Zahl beeindruckend aussieht – die wirkliche Gewinn-
Gleich komme ich zum Thema „Rauchen“, aber ich finde            Wahrscheinlichkeit ist und bleibt minimal.
es sehr wichtig, einem stärkeren Misstrauen gegenüber Ge-       So gesehen und immer unter der Annahme, Professor Doll
sundheitsexperten das Wort zu reden – erst recht gegen-         habe Recht, hat man also immer noch eine Chance von
über Menschen, die den Begriff „Gesundheit“ benutzen,           99,8 Prozent, nicht an Lungenkrebs zu erkranken. Dies ist
um ihre eigentlichen Absichten zu bemänteln. Außerdem           nichts anderes als eine andere Darstellung oder Neuverpa-
möchte ich emotionale Vorurteile und Modeerscheinungen          ckung der bekannten Zahlen. Doch so klingt es gleich viel
gegen die Vernunft abgrenzen. Während des halben Jahr-          weniger erschreckend. Besonders, wenn man nun mal den
hunderts, das ich auf diesem Planeten verbracht habe, ha-       Tabak liebt.
be ich nirgendwo eine schlimmere Vermischung dieser
beiden Seiten wahrgenommen als in der Debatte – oder            NOCH MEHR UNBEQUEME ZAHLEN
eben Nicht-Debatte – um das Rauchen.                            Statistik bietet immer eine Version der Wirklichkeit an –
  Schon immer haben manche Leute gerne und begeistert           und lässt viele andere außen vor. Zum Beispiel: Die erhöh-
geraucht, andere konnten gar nichts damit anfangen. Für         ten Risikoabschätzungen der Antiraucherfraktion ignorie-
letztere stinkt es einfach. Deshalb glauben sie bereitwillig    ren die Tatsache, dass eine Mehrheit von Lungenkrebsfäl-
jede Schauergeschichte, die sie darüber hören.                  len sich innerhalb der normalen Sterbestatistik bewegt
  Schon immer gab es auch Leute, die uns das Rauchen ver-       oder sogar darüber. Anders gesagt: Wenn man ausge-
miesen wollten. Ein recht unsympathischer Haufen, neben-        rechnet an Lungenkrebs stirbt, dann wahrscheinlich unge-
bei: vom türkischen Sultan Murat IV. (der Raucher kastrie-      fähr zu dem Zeitpunkt, an dem man sonst an irgend et-
ren ließ) bis hin zu Adolf Hitler. Abgesehen von den jewei-     was anderem gestorben wäre, ob man nun raucht oder
ligen persönlichen Überzeugungen zum Thema Tabak soll-          nicht.
te man registrieren, dass Antiraucher die Gefahren des Rau-       Es gibt viele widersprüchliche Statistiken, wenn man ge-
chens immer übertrieben haben. Das mussten sie auch,            nauer hinsieht. Indianer, die amerikanischen Ureinwohner,
denn offenbar reicht es nicht, den Leuten und ganz beson-       haben eine halb so hohe Lungenkrebsrate wie weiße US-
ders jungen Leuten zu erzählen, dass etwas, was ihnen           Bürger – auch wenn sie deutlich mehr rauchen. In China
Freude bereitet, sie letztlich ungefähr 40 Jahre später krank   rauchen nur sehr wenige Frauen, doch weltweit gehört ih-
machen würde. Aber lassen Sie mich konkreter werden.            re Lungenkrebsrate zu den höchsten. Seit etwa 1930 ha-
                                                                ben fast weltweit die Lungenkrebsfälle zugenommen und
LUNGENKREBS UND DIE BEQUEMEN ZAHLEN                             bei manchen Gruppen, z.B. amerikanischen Frauen, stei-
Heutzutage sind wir besessen vom Thema Krebs. Vielleicht,       gen sie weiterhin trotz der Tatsache, dass die Anzahl der
weil uns die Vorstellung, es könne etwas geben, das jen-        Raucher und Raucherinnen beständig abgenommen hat.
seits der Macht von Ärzten und Wissenschaftlern liegt, zu       Japan, eines der Länder der Welt, in dem mit am meisten
Tode erschreckt. Ich möchte das nicht abtun – mein Vater        geraucht wird, hält sich in der Weltrangliste der Lebenser-
starb an Krebs. Aber ich finde, wir sind zu eifrig bei unse-    wartung unter den ersten drei Nationen. Dennoch sind die
rer Suche nach Sündenböcken (vor kurzem konnte man              Lungenkrebs- und Herzinfarktzahlen in den letzten drei De-
lesen, Krebs bekäme man auch durchs Haarefärben, durch          kaden gestiegen, während gleichzeitig weniger geraucht
Softdrinks und durch Oralsex). Krebs ist, um es einmal ins      wurde. Vielleicht, weil Ernährung und Lebensstil der Japa-
Positive zu wenden, meist eine Krankheit älterer Menschen.      ner immer amerikanischer geworden sind? Ich weiß es
Seine Verbreitung erklärt sich auch dadurch, dass wir heu-      wirklich nicht, aber ich bin sehr dafür, solch „unbequeme“
te viel länger und gesünder leben als je zuvor.                 Fakten zu untersuchen, statt sie unter den Teppich zu keh-
  Lungenkrebs ist die Krankheit, die man gemeinhin mit          ren.
dem Rauchen assoziiert, obwohl die Verbindung zwischen            Und wenn man noch tiefer gräbt, dann wird es umso un-
beiden eher statistisch als kausal zu sein scheint. Mit ande-   deutlicher. Sogar der Begriff „Raucher“ wird in verschie-
ren Worten: Es wurde statistisch aufgezeigt, dass Raucher       denen Studien ganz verschieden definiert. Manche befas-
eher an Lungenkrebs erkranken, und nicht, dass dieser Krebs     sen sich ausschließlich mit starken Langzeit-Zigarrettenrau-
ausdrücklich durch das Rauchen ausgelöst wurde. Diese           chern (Zigarren- und Pfeiferauchen bergen ein geringeres
Unterscheidung ist wichtiger, als man zunächst annehmen         Risiko). Die einen definieren jeden, der in seinem Leben
mag. Die Antiraucher argumentieren viel mit der Statistik,      100 Zigaretten geraucht hat, als „Raucher“, andere schlie-
aber Statistik ist keine Naturwissenschaft.                     ßen Personen mit ein, die vor 20 Jahren aufgehört haben
  Wenn man kein Problem damit hat, jemandem seine Ver-          und so weiter.
gnügungen mit Einschüchterung und Schikane auszure-               Die Antiraucher behaupten, Rauchen sei für etwa 90 Pro-
den, dann macht es Sinn, Lungenkrebs zu bekämpfen, in-          zent der Lungenkrebsfälle verantwortlich, doch die „Lung
dem man Menschen dazu bringt, ihre letzte Zigarette aus-        Cancer Alliance“, eine amerikanische Lobbygruppe, führt
zudrücken. Aber die Beweislage zugunsten der These, Lun-        an, die Hälft der Lungenkrebsopfer habe niemals geraucht.
genkrebs und Rauchen gehörten ursächlich zusammen, ist            Alle Krebsarten haben mehrere Risikofaktoren (etwa 40
viel schlechter, als man uns einreden möchte. Zum Beispiel      wurden für Lungenkrebs ausgemacht), und tatsächlich
gibt es viel Uneinigkeit über den tatsächlichen Risikofaktor.   weiß kein Mensch, warum manche Leute erkranken und
  Der allgemeine Konsens zum Thema beruht offensichtlich        andere nicht. Lungenkrebs lässt sich am leichtesten mit
immer noch auf den grundlegenden Studien von Professor          dem Zigarettenrauchen in Verbindung bringen, doch auch
Sir Richard Doll in den Fünfzigern und Sechzigern, die heute    wenn dies so ist, kann die Gefahr nicht annähernd so groß
noch als wissenschaftliche Eckpfeiler gelten. Doll errechne-    sein, wie man uns zur Zeit weismachen will. Seit die Pa-
te, dass 160 von 100.000 Rauchern an Lungenkrebs er-            ckungen drastische Warnungen vor Lungenkrebs tragen,
krankten, aber nur 7 von 100.000 Nichtrauchern. Also ist        haben viele Menschen aufgehört zu rauchen. Aber egal,
das Risiko der Raucher 24mal (anders ausgedrückt: um            wie viele es auch sein lassen, für die Anti-Tabak-Eiferer
2.400 Prozent) höher. Aber Vorsicht mit Schätzungen             sind es niemals genug. Und deshalb haben sie sich etwas
über „erhöhtes Risiko“, besonders, wenn sie als Prozent-        Neues einfallen lassen.
zahlen daherkommen. Das ist nämlich ein guter Indikator
dafür, dass hier eher Schrecken verbreitet werden soll als      DIE MIT DEM RAUCHEN VERBUNDENE KRANKHEIT
Information.                                                    Dies ist eine der cleversten Erfindungen der Antiraucher.
  Kauft man etwa 25 Lotterielose statt eines einzigen, so       Die Behauptung, eine Krankheit sei „mit dem Rauchen
steigt die Gewinnchance um 2.500 Prozent. Auch wenn             verbunden“ ist nicht dasselbe als wenn man sagt, eine

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Joe Jackson, Rauch, Lügen und der Staat als Super-Nanny

Krankheit sei vom Rauchen verursacht oder dass es hand-          verstand benutzen! Tatsächlich gibt es durchaus viele An-
feste Beweise dafür gebe. Sie bedeutet schlicht: Jemand          zeichen dafür, dass gemäßigter Tabakkonsum – bis zehn
hat beschlossen, dass das Rauchen für eine bestimmte Er-         Zigaretten am Tag – unschädlich ist und eindeutige gesund-
krankung ein Faktor sein könnte.                                 heitliche Vorteile mit sich bringt. Abgesehen vom Vergnü-
  In den vergangenen Jahrzehnten wurden mehr und mehr            gen (nach heutigem medizinischen Denken eine zu ver-
Krankheiten auf die Liste gesetzt – oft ohne überzeugende        nachlässigende Kategorie) mindert es Stress, hilft bei der
Beweise. Herzkrankheiten gehörten zu den ersten, obwohl          Gewichtskontrolle und schützt gegen oder lindert zumin-
sie ungefähr 300 Risikofaktoren zur Grundlage haben. Und         dest die Symptome etlicher Krankheiten – unter ihnen
das, obwohl einige größere Untersuchungen (zum Beispiel          auch Alzheimer, Parkinson, Colitis ulcerosa und Krebsar-
die der Einwohner von Framingham in Massachusetts, die           ten des Darms und der Gebärmutter. Mehrere Ärzte ha-
seit 1948 fortgeführt wird) nicht nur gezeigt haben, dass        ben mir dies unter vier Augen bestätigt, aber natürlich
die Kausalverbindung sehr schwach ist, sondern auch, dass        wird man so etwas niemals von medizinischen Einrichtun-
moderate Raucher weniger Herzkrankheiten haben als               gen zu hören bekommen – oder von den Lobbygruppen,
Nichtraucher.                                                    die so schwer daran gearbeitet haben, Rauchen als Staats-
  In jüngster Vergangenheit ist es Mode geworden, das            feind Nummer Eins zu etablieren.
Rauchen so ungefähr für alles verantwortlich zu machen –           Vor ein paar Jahren hatte ich das Vergnügen, den mittler-
von der „Arterienverkalkung“ (die jeden Menschen trifft,         weile verstorbenen Dr. Ken Denson kennenzulernen. Er
wenn er älter wird) über Erblindung (na ja, wenigstens ist       war er Chef des Thame Thrombosis and Hemostasis Re-
die Selbstbefriedigung daran nicht mehr schuld), bis hin zu      search Centre in Oxfordshire. Dr. Denson war einer der
AIDS. Gerne versucht man auch, sobald ein Raucher stirbt,        seltenen und inspirierenden Gegner der „Raucher-Hexen-
sein Ableben irgendwie mit dem Rauchen in Verbindung             jagd“, wie er es nannte.
zu bringen.                                                        Zehn Jahre hatte Dr. Denson über das Rauchen geforscht
  Neuere Hysterieanfälle in den Medien begleiteten die Be-       und in mehreren Fachartikeln in medizinischen Zeitschriften
hauptung, Rauchen „könne“ Impotenz und Unfruchtbar-              eloquent den Standpunkt vertreten, das Beweismaterial sei,
keit verursachen. Doch während beider Weltkriege haben           wenn man es nur unvoreingenommen und im gesamten
die Leute mehr geraucht als zu jeder anderen historischen        betrachte, zweifelhaft. Er hatte unzählige Studien zu Tage
Epoche. Und was hatten wir in den Fünfzigern? Einen Ba-          gefördert, die etwa aufzeigten, dass Veränderungen in der
byboom! Andere Schreckgespenster haben es auf die Zi-            Ernährungsweise Risiken auslösen können, dass gemäßigte
garettenpäckchen geschafft: „Rauchen lässt Ihre Haut al-         Raucher, die Sport trieben, weniger krank waren als Nicht-
tern“ heißt es da. Für manche mag das gelten – aber es           raucher, und so weiter und so fort. Dr. Denson wunderte
gibt wichtigere Faktoren, etwa die Sonne oder schlicht das       sich, warum derlei Studien komplett ignoriert wurden, sol-
Altwerden.                                                       che aber, die auch nur das geringste Risiko andeuteten, wie
  Unbestreitbar sind viele Statistiken über das Rauchen (und     die letzte Wahrheit hinausposaunt werden. Er war der Mei-
ganz besonders über das „Passivrauchen“) ganz einfach er-        nung, dass Ärzte die Raucher im Stich lassen, wenn sie
stunken und erlogen. Kürzlich wurde bewiesen, dass Ge-           Null-Toleranz predigen anstelle von Ausgewogenheit und
bärmutterhalskrebs durch ein Virus verursacht wird. Doch         Mäßigung. Er wollte lieber von „Raucherbezogenen“ Krank-
bis dahin wurden willkürliche 13 Prozent der Fälle dieser        heiten sprechen als von „Rauchbezogenen“, da eine Mehr-
Krebsart dem Rauchen als Verursacher zugeschrieben, ein-         zahl von Rauchern generell einen ungesünderen Lebensstil
fach so! Viele Schätzungen über die Sterbezahlen von Rau-        pflegen.
chern stammen aus einem Computerprogramm. Es heißt                 In Großbritannien erzählt man uns heute, dass die Arbei-
SAMMEC (Smoking Attributable Morbidity, Mortality, and           terklasse und die Armen viel mehr an Krankheiten leiden
Economic Cost) und abhängig von den Angaben, mit de-             als die Mittelklasse – und natürlich sei der Hauptgrund das
nen man das Programm füttert oder eben nicht, ist es in          Rauchen. Doch ärmere und weniger gebildete Menschen
der Lage, die gewünschten Zahlen zu liefern.                     haben nun einmal eine schlechtere Gesundheitsversorgung,
  Das Tolle an der „mit dem Rauchen verbundenen Krank-           ernähren sich falsch, trinken zuviel, arbeiten zu schwer,
heit“ ist der Eindruck, den man damit hervorrufen kann:          bewegen sich zu wenig, sind eher Stress und Umweltgif-
den einer rasenden, wütenden Epidemie. Die britische Re-         ten ausgesetzt und so weiter… alles Faktoren der „Rauch-
gierung sagt, 100.000 bis 120.000 Todesfälle (je nach dem,       bezogenen“ Krankheiten, die sich vom Rauchen unmög-
wer gerade vor dem Mikrofon steht) im Jahr seien auf „mit        lich trennen lassen. Man findet immer etwas, das man als
dem Rauchen verbundene Krankheiten“ zurückzuführen.              die Geißel der Arbeiterklasse hinstellen kann. In den 20er
Es soll so wirken, als ob alle diese Todesfälle ganz spezi-      Jahren war es in Amerika der Alkohol, heute ist es die Zi-
fisch und beweisbar mit dem Rauchen zusammenhingen –             garette.
doch das ist Humbug. Die Zahl enthält Nichtraucher, die
an Bronchitis oder Schlaganfall sterben, wie Raucher, die        DIE LEIER VON DEN ARMEN SÜCHTIGEN
im Alter von über 80 Jahren einem Herzinfarkt erliegen. Sie      Antiraucher sind überzeugt, dass die Menschen nur rauchen,
umfasst Personen, die vor Jahrzehnten das Rauchen aufge-         weil sie „süchtig nach Nikotin“ sind, und dass die meisten
geben haben. Die Zahl lügt nicht geradeheraus, aber sie          Raucher in Wahrheit aufhören wollen. Aber Raucher genie-
führt bewusst in die Irre, sie macht Angst – und ich finde,      ßen das Rauchen und nur wenige Menschen wollen etwas
wer sie in die Welt setzt, sollte sich schämen!                  sein lassen, das sie gerne machen. Wenn man sie allerdings
                                                                 genug nervt und einschüchtert, dann werden sie irgend-
DIE DOSIS MACHT DAS GIFT                                         wann glauben, dass sie aufhören sollten.
Das ist ein uraltes und oft ignoriertes wissenschaftliches         „Sucht“ ist kein klar definierter wissenschaftlicher Termi-
Axiom. Es gibt sichere und gefährliche Mengen von fast           nus. „Süchte“ lassen sich nur schwer von Gewohnheiten,
allem auf der Welt. Ein ganz klein wenig Arsen macht             Ritualen oder Vergnügungen trennen, die wir stets wieder-
nichts. Eine Unmenge Orangensaft kann einen umbrin-              holen, weil sie, nun ja, vergnüglich sind. Wahrscheinlich ist
gen. Aber die Antiraucher wollen uns nun eine wissen-            jeder nach irgendetwas „süchtig“, sei es nun Alkohol, Zu-
schaftliche Absurdität aufs Auge drücken: dass Tabak in          cker, Koffein, legale und illegale Drogen, Sex, Fernsehen,
jeder beliebigen Menge lebensgefährlich sei.                     Diäten, Glücksspiel, Shoppen, Computerspiele, Fußball, Au-
  Es scheint doch einsichtig, dass es einen Unterschied macht,   tos oder das Fitness-Studio. Natürlich weiß ich, dass man-
ob man fünf oder fünfzig Zigaretten am Tag raucht. Um            che sich nur schwer mäßigen können. Aber das ist doch
Gottes Willen – wir könnten ja unseren gesunden Menschen-        eine Frage der Persönlichkeit oder vielleicht der genetischen

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Prägung und nicht der „Fehler“ der fraglichen Substanz –         Ich bin der Ansicht, dass der Krieg gegen den Tabak zu ei-
oder dessen, der sie verkauft.                                   nem viel breiteren Ansatz gehört: Uns von traditionellen
  Die elisabethanischen Engländer im späten 16. Jahrhun-         Vergnügungen, Heilmitteln und Tröstungen abzubringen
dert waren die ersten Raucher in Europa, denen auffiel, dass     und im Gegenzug uns zu Konsumenten von technischen
das Tabakrauchen eine Angewohnheit werden konnte, die            oder pharmazeutischen Alternativen bzw. von Therapien
man nur schwer wieder los wird. Doch Iain Gately hat in sei-     zu machen. So hat man uns mit einer absurden Menge
ner exzellenten Geschichte des Tabaks (La Diva Nicotina),        von Regeln und Gegenregeln zum Thema Ernährung ü-
aufgezeigt, dass sie von unserem heutigen Suchtbegriff be-       berschüttet. Vor dreißig Jahren sprach man nicht von „Er-
fremdet gewesen wären. Sie gingen nämlich davon aus, alle        nährung“ – wir hatten Essen, und das hatte uns immerhin
Menschen hätten von Gott das Geschenk des freien Wil-            über Jahrtausende hinweg einigermaßen am Leben gehal-
lens erhalten. Die Vorstellung, ein Mensch könne von ei-         ten. Heute manövrieren wir uns durch ein Minenfeld von
ner Pflanze abhängig sein, wäre ihnen absurd vorgekom-           mehrfach ungesättigten Fettsäuren, Antioxidantien, Ami-
men. Für mich ist diese Sicht sehr viel sinnvoller als die mo-   nosäuren, Omega-3-Säuren und so weiter. Auf diese Wei-
dische unserer Tage, die überall nur hilflose Opfer erspäht,     se bei einer so grundlegenden Beschäftigung wie dem Es-
die allesamt entweder vor sich selbst oder vor so schlimmen      sen schon völlig verwirrt, müssen wir uns mehr und mehr
Mächten wie den Tabakkonzernen beschützt werden müs-             auf die Ratschläge von „Experten“ verlassen. Ein gutes Ge-
sen, die man praktischerweise für riesige Schadenersatz-         schäft für die „Experten“ – der Rest der Menschheit hat
leistungen vor Gericht schleifen kann.                           allerdings heute nicht nur mehr Stress und Ängste, son-
  Nikotin ist unschädlich. Es ist eine natürlich vorkommen-      dern auch mehr Fettleibigkeit und Diabetes als je zuvor.
de Substanz, die nicht nur im Tabak steckt, sondern etwa           Das große Ganze möchte ich weiter unten in diesem Es-
auch in Tomaten. Die potentiell schädlichen Inhaltsstoffe        say noch beleuchten, hier nur soviel: Die Antiraucher be-
einer Zigarette sind Teer und Kohlenmonoxid, die beim Ver-       nutzen meiner Meinung nach den Tabak unter anderem
brennungsprozess entstehen. Hinzu kommen andere be-              als Sündenbock für Gesundheitsprobleme, die viel mehr
kannte Karzinogene und Gifte in minimalen Dosen (alle            mit Ernährung und anderen Faktoren zu tun haben. Ich ak-
Ex-Hippies, die ihr zu fanatischen Antirauchern geworden         zeptiere, dass Rauchen ein Risiko birgt. Aber „Rauchen tö-
seid, aufgepasst: Dies gilt auch für andere Sachen, die man      tet“ ist ein sinnloses Statement, weil man nicht beweisen
rauchen kann!). Nun ja, wenn also Nikotin so gefährlich          kann, dass das Rauchen der spezifische und alleinige Grund
ist, warum versuchen es uns dann die Ärzte voller Begeis-        des Todes irgendeiner einzelnen Person ist, und weil die
terung in Form von Pflastern, Kaugummi oder für Inhala-          große Mehrheit der Langzeit-Raucher ein ganz normales
toren zu verkaufen? Diese Frage macht übrigens ein ganz          Alter erreicht. Das bestätigt uns auch die eigene Lebenser-
neues Fass auf, doch davon später mehr.                          fahrung, wenn wir uns zwischendurch mal dem hypnoti-
  Die Antiraucher müssen auf der „Sucht“ herumreiten,            sierenden Effekt der Statistiken entziehen.
weil sie entweder nicht glauben können oder nicht zuge-            Ich möchte mich auch genauso wenig zum Nichtrauchen
ben wollen, dass Menschen nicht nur freiwillig rauchen,          zwingen lassen wie zum Fleischverzicht oder zum Antialko-
sondern es auch noch genießen. Mit dem Wort „Sucht“              holismus. Auch wenn ich im ersten Falle ein geringeres „er-
kann man Raucher noch weiter brandmarken und ver-                höhtes Darmkrebsrisiko“ habe und im zweiten ein gerin-
ächtlich machen – als haltlose Junkies! Ganz klar, wenn          geres für Leberschäden. Wir sind dabei, uns zu einer selt-
man aus purem Zwang ohne jeglichen Genuss raucht,                sam risikoscheuen Kultur zu entwickeln – aber auf ganz
dann kann man es auch gleich sein lassen. Denn wenn              selektive Weise. Jede verschreibungspflichtige Arznei hat
man schon etwas tut, das nicht nur potentielle Gesund-           potentiell üble Nebenwirkungen, die jährlich Tausende ums
heitsrisiken birgt sondern zunehmend dafür sorgt, dass           Leben bringen. Doch wenn uns was weh tut oder wir ein-
man wie der letzte Dreck behandelt wird, sollte man we-          fach schlecht drauf sind, zucken wir die Schultern und wer-
nigstens etwas Lustgewinn daraus ziehen. Aber viele Tau-         fen das Zeug ein. Tausende sterben jährlich im Straßenver-
sende haben aus eigenem Willen aufgehört, viele rauchen          kehr, aber wir zucken die Schultern und steigen ins Auto.
mit mehr Mäßigung oder nur gelegentlich oder sind zur            Doch wenn ein Risiko mit Lustgewinn assoziiert ist, dann
Zigarre gewechselt. Solche Leute treffe ich ständig, aber        versuchen wir das Vergnügen daran zu verdrängen und
für die Antiraucher gibt es sie gar nicht. Ich selbst rauche     machen uns das Leben zu einem stressigen Hindernislauf.
nur, wenn ich mir einen Drink genehmige. Vielleicht gibt’s         Das ist pervers. Menschen sind vergnügungssuchende
mich auch nicht.                                                 Wesen. Was wohl der Gesundheit mehr nützt? Lust oder
                                                                 Angst? Vergnügen und freie Wahlmöglichkeiten sind nicht
WIE MAN GESUND LEBT                                              nur „nett, wenn man sie kriegen kann“ – sie sind unver-
Ich denke, dass es zwei verschiedene Ansätze gibt, wie man       zichtbar. Unsere Ärzte und Politiker haben dies offensicht-
ein gesundes Leben führen kann. Der eine besteht darin,          lich vergessen und wurden in der Folge böswillig und dik-
mit allen Mitteln zu vermeiden, was die landläufige Mei-         tatorisch.
nung momentan für gefährlich hält, sich von „Experten“
und Statistiken bestimmen zu lassen, jeden menschlichen
Mangel mit tiefem Schuldgefühl zu registrieren und ganz          TEIL 2
allgemein dem Glauben anzuhängen, wenn man sich nur
genug anstrenge, dann würde man das ewige Leben auf              DER HEILIGE GRAL
Erden erlangen. Das ist sehr amerikanisch. Der andere geht       Immer wieder halten uns die Rauchhasser vor, niemand ha-
so: Man genießt das Leben, bleibt recht maßvoll, misstraut       be das Recht, ihnen Rauch „aufzuzwingen“. Aber wir las-
den sogenannten „Experten“ und nimmt das Leben, wie              sen uns täglich vieles „aufzwingen“ – Umweltverschmut-
es kommt.                                                        zung, krebserregende Stoffe, Gestank, Lärm – alles Dinge,
  Diese Geisteshaltung ist europäisch – oder war es einmal.      die man im Gegensatz zum Tabakrauch nur schwer durch
Natürlich sind das zwei grobe Stereotypen, aber sie sind         Belüftung oder räumliche Abtrennung in den Griff bekom-
nicht vollständig von der Hand zu weisen und die meisten         men kann. Besser als ein selbstgerechtes moralisches Ar-
Menschen neigen eher in die eine oder in die andere Rich-        gument wäre doch die schlichte Frage, ob uns etwas tat-
tung. Probleme gibt es erst dann, wenn die eine Gruppe           sächlich schadet.
der anderen den Lebensstil diktieren will. Besonders dann,         „Passiver Rauch“, „Umgebungsrauch“ oder englisch ETS
wenn es keinen wirklichen Beweis dafür gibt, dass ihr An-        (Environmental Tobacco Smoke) war den Antirauchern
satz besser funktioniert als der andere.                         stets der heilige Gral. Sollte man seine Schädlichkeit bewei-

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sen können – und sei es nur in der Wahrnehmung der Men-         INKONSISTENZ
schen – dann wären alle Argumente der Raucher über              Zum heutigen Zeitpunkt gibt es etwa 70 Studien zum The-
Rechte, Wahlfreiheit und Toleranz vom Tisch gewischt. In        ma ETS. Da man viele von ihnen noch weiter unterteilen
den Siebzigern begannen die politisch schlaueren Aktivis-       kann (in die Kategorien „Kindheit“, „Ehe“, „Arbeitsplatz“
ten der Antiraucherbewegung davon zu reden, man müs-            etwa), kommt man schließlich sogar auf 147 Studien. Von
se beweisen, dass Tabakrauch unschuldigen Dritten scha-         diesen 147 haben gerade einmal 24 ein erhöhtes Risiko
de. Die Antiraucher wurden jedoch immer frustrierter, dass      nachgewiesen. Aber…
trotz ihrer weithin veröffentlichten wissenschaftlichen (und
pseudowissenschaftlichen) Enthüllungen, verschiedener           STATISTISCHE BEDEUTUNGSLOSIGKEIT
Anti-Tabak-Kampagnen, verschärfter Tabak-Besteuerung            Diese 24 Studien haben auch nicht annähernd so etwas wie
und immer mehr Beschränkungen der Tabakindustrie die            einen Beweis gefunden, der uns die Sorgenfalten auf die
Leute die Frechheit besaßen, weiter in großer (wenn auch        Stirn treiben müsste. Die Zahlen sind so niedrig und so un-
abnehmender) Zahl zu rauchen. Bei einer WHO-Konferenz           zuverlässig, dass sie ohne weiteres einer ganzen Menge wi-
äußerte 1975 der ehemalige höchste Beamte des britischen        derstreitender Faktoren zugeordnet werden können. Aus
Gesundheitswesens, Sir George Godber: „…es wäre zent-           guten Gründen ist die Epidemiologie (das Studium von den
ral, eine Atmosphäre zu schaffen, in der aktive Raucher so      Ursachen und der Bekämpfung massenhaft verbreiteter
wahrgenommen werden, dass sie denen um sie herum                Krankheiten) keine „harte Naturwissenschaft“: weil sie so-
schweren Schaden zufügen, besonders ihren Familien und          viel Ungenauigkeit mit sich bringt.
allen Kindern, wenn diese unfreiwillig dem Passivrauchen          Epidemiologen haben eine Grundregel: Alles, was unter
ausgesetzt werden.“                                             einer Verdoppelung oder Verdreifachung (also 200-300
  Die Antiraucher fingen an, nach „Beweisen“ zu suchen.         Prozent) eines Risikos liegt, ist bedeutungslos. Das heißt, das
Eine der ersten Studien, die ihnen in die Hand fielen, war      oft zitierte „um 25 Prozent erhöhte Krankheitsrisiko“ durch
die des japanischen Professors Hirayama, die ein mögliches      ETS für Nichtraucher ist in Wahrheit eine unerhebliche Zu-
Risiko des Passivrauchens zeigte. Obwohl das so ermittelte      nahme eines ohnehin schon unerheblichen Risikos.
Risiko äußerst gering war, die Methodik dubios, und ob-
wohl sogar der Chef von Hirayamas Forschungsinstitut da-        DIE UMFANGREICHSTEN STUDIEN BEWEISEN NICHTS
vor warnte, die Untersuchung allzu ernst zu nehmen, wurde       Die Untersuchungen, die ein ETS-Risiko belegen, sind nicht
sie doch als „ermutigend“ empfunden. Die Zahl der ETS-          einmal die qualitativ besten. Die bisher größten und wissen-
Studien begannen rapide zu sprießen. 1990 konnte der be-        schaftlich glaubwürdigsten Studien sind die über zehn Jah-
kannte amerikanische Antiraucher-Aktivist Stanton Glantz        re in Europa durchgeführte der WHO (veröffentlicht 1998)
stolz verkünden: „Das Beste, was die Wissenschaft beim          und die über 39 Jahre erstellte aus Kalifornien der beiden
Thema „Passivrauchen“ liefern konnte – außer Leuten wie         Professoren Enstrom und Kabat (veröffentlicht im British
mir die Hypotheken zu finanzieren – war, dass sie legiti-       Medical Journal 2003). Beide konnten keine wirkliche Ge-
miert hat, wenn Menschen keinen Zigarettenrauch mö-             fährdung durch das „Passivrauchen“ belegen. Genauer ge-
gen. Das ist eine starke emotionale Kraft, die man auswal-      sagt: Die WHO gab zu, dass die Ergebnisse ihrer Studie
zen und nutzen muss. Wir sind jetzt dran, und die Bastar-       statistisch nicht signifikant waren, schloss sie weg und re-
de nehmen Reißaus“.                                             dete nicht mehr darüber; Enstrom und Kabat schlussfol-
                                                                gerten, ein Risiko sei nicht auszuschließen, es sei aber zu
WO SIND DIE LEICHEN?                                            gering, um es überhaupt messen zu können.
Ich habe keinerlei Zweifel daran, dass „Passivrauch“ – wie
er uns im Alltagsleben begegnet – niemandem schadet,            HOCHGELOBTE STUDIEN
außer vielleicht in ganz außergewöhnlichen Fällen. Das          ERWEISEN SICH ALS UNZUVERLÄSSIG
Problem mit meiner Ansicht ist, dass man sich schon be-         Das Rauchverbot in Kalifornien, das die große Lawine ins
mühen muss, um sie zu verstehen und dass sie ein wenig          Rollen brachte, basierte auf einer Studie der Umweltschutz-
Zeit zur Erklärung braucht, während die Antiraucher fetzi-      behörde EPA, die eine solche Pervertierung wissenschaftli-
ge Parolen drauf haben: „Passivrauchen tötet!“. Man muss        cher Regeln war, dass ein Bundesgericht sie für ungültig
kein Genie sein – das ganze Beweismaterial liegt online vor.    erklärte und verwarf. Obwohl die Behörde das Urteil des
Sowohl FOREST wie auch FORCES International bieten auf          Richters Osteen mit dem rein formalen Argument verwer-
ihren Websites die Details aller jemals durchgeführten ETS-     fen lassen konnte, er habe keine Rechtsgewalt über sie,
Studien zum Download an (siehe die Liste am Ende dieses         wurden doch seine Erkenntnisse zur wissenschaftlichen
Essays). Sollen sie und andere Forscher all das im Detail er-   Qualität der Arbeit niemals widerlegt. Andere hoch ge-
klären, hier die Zusammenfassung:                               handelte Untersuchungen waren reiner Betrug – etwa je-
                                                                ne, die behauptete, Herzinfarkte in der Kleinstadt Helena,
LAUSIGE METHODEN                                                Montana, seien sofort und wegen eines allgemeinen Rauch-
Man möchte ja annehmen, dass ETS-Studien von noblen             verbots zurückgegangen.
und brillanten Wissenschaftlern in weißen Kitteln produ-
ziert werden, die auf unfehlbare Art und Weise Licht ins        SELEKTIVE DATENVERWENDUNG
Dunkel bringen – auf Wegen, die wir auf keinen Fall ver-        Antirauchergruppen bekräftigen immer wieder den My-
stehen können. Aber es ist einfach unmöglich, den Lang-         thos vom „Passivrauchen“, indem sie sich die Rosinen aus
zeiteffekt von Tabakrauch in der Atemluft bezogen auf ein-      den paar Studien herauspicken, die ihnen gefallen, und auf
zelne Menschen zu messen und zu isolieren. Daher sind           ihnen basierend Statistiken hochrechnen. Viele von ihnen
die meisten ETS-Studien Wissenschaftsmüll, der zum Bei-         sind in Wahrheit „Meta-Analysen“, in denen schon beste-
spiel auf albernen Fragebögen basiert. Die Befragten sol-       hende, sorgsam ausgewählte Untersuchungen geschickt
len sich daran erinnern, wer während ihrer Kindheit in ih-      kombiniert und statistisch „zusammengerührt“ werden,
rer Umgebung geraucht hat, wie viel geraucht wurde, ob          die letztlich dann eine „ganz neue Studie“ ergeben.
die Fenster geöffnet waren etc. Solche Studien trennen
auch niemals die Faktoren fein säuberlich auf – etwa den,       VOREINGENOMMENHEIT
dass nichtrauchende Ehepartner stets die Ernährungsge-          Praktisch alle ETS-Studien sind von erklärtermaßen gegen
wohnheiten und anderen Lebensstilrisiken mit dem rau-           das Rauchen eingestellten Gruppen erbracht worden und
chenden Partner teilen.                                         wurden größtenteils von Pharmakonzernen finanziert, die

                                                                                                               Seite 5 von 13
Joe Jackson, Rauch, Lügen und der Staat als Super-Nanny

ein wirtschaftliches Interesse daran haben, uns von den          Vierzigern spielen, niemanden mehr rauchen – außer viel-
Glimmstängeln abzubringen und dafür auf Nikotinpflaster          leicht die verkommensten Figuren im Streifen. Damit nicht
und Antidepressiva zu setzen.                                    genug: Die Antiraucher haben eine Multimillionen-Dollar-
                                                                 Kampagne mit Plakaten überall, von Bussen bis zu Müllton-
WO SIND DIE LEICHEN                                              nen, gestartet, damit in keinem Film mehr das geringste
Schätzungen über Tausende von ETS-Toten sind nichts an-          Rauchwölkchen zu sehen ist, der nicht die Einstufung „R“
deres als statistische Computerprojektionen. Es gibt auf der     („Keine Jugendfreigabe“) trägt. In der Antiraucherideolo-
ganzen Welt keinen Totenschein, der Passivrauchen als To-        gie heißt bereits jegliche Anerkennung der Tatsache, dass
desursache angibt. Es gibt keinen einzigen dokumentier-          es Tabak überhaupt gibt, dass man für ihn Werbung macht.
ten Todesfall, der speziell auf das Passivrauchen zurückzu-        Bei aller Macht, die die Antiraucherbewegung hat, ist es
führen wäre. Die Antiraucher wurden immer wieder auf-            doch erstaunlich, wie oft sie sich wie ein paranoides totali-
gefordert, wenigstens einen zu liefern – und haben das           täres Regime aufführt, das Angst hat, man könne auch nur
jedes mal verweigert. Heute heißt es schlicht, ihre Position     die kleinen Risse in seiner Fassade erkennen. Ein anderes
sei „bewiesen“ – und die Diskussion damit beendet.               Beispiel von vielen: 2004 sponserte die britische Tobacco
  Statistisch (schon wieder!) fand sich ein höheres Krebsrisi-   Manufacturer’s Association eine Konferenz zum Thema
ko beim Verzehr von Pilzen, beim Tragen von BHs oder beim        „Passivrauchen“ am Royal Institute in London. Bei diesem
Halten eines Vogels als Haustiers als durch Umgebungs-           Anlass äußerten sich mehrere Wissenschaftler gegen den
rauch. Ein Barkeeper hat ein statistisch viel höheres Risiko,    Betrug mit ETS, Vertreter der Antiraucher-Lobbygruppe ASH
bei einem Fahrradunfall umzukommen oder dadurch, dass            und anderer Tabakgegner wurden zur Diskussion eingela-
er als Linkshänder Gegenstände für Rechtshänder verwen-          den. Sie weigerten sich nicht nur teilzunehmen, sie attak-
det, als durch Tabakrauch, dem er ausgesetzt ist. Ich schwö-     kierten öffentlich auch das Royal Institute, das es gewagt
re, dass ich mir das nicht zurecht gelegt habe.                  hatte, Gastgeber der Veranstaltung zu sein. Wenn Ge-
                                                                 sundheit die neue Religion ist, dann sind die Antiraucher
INTUITION, ABERGLAUBE UND INQUISITION                            ihre Spanische Inquisition.
Viele Menschen haben heutzutage das Gefühl, es sei klar            Man könnte den Vergleich noch erweitern: Dann ist der
bewiesen, dass „Passivrauchen“ schädlich sein muss; lo-          Surgeon General (der Bevollmächtigte der US-Regierung für
gisch, wenn sie voraussetzen, dass „Aktivrauchen“ so tod-        das Gesundheitswesen) der Papst, der bis zum bitteren En-
bringend ist. Dies bringt mich zurück zu meiner früheren         de über Dogma und Doktrin wacht. Als Surgeon General
Anmerkung am Anfang dieses Essays, dass mir das Kon-             Richard Carmona 2006 in Rente ging, ließ er noch schnell
zept von ETS sofort und intuitiv höchst zweifelhaft er-          verlauten, dass die Debatte über ETS „vorbei“ sei. Aber sein
schienen ist.                                                    Bericht offenbarte nichts Neues: das altbekannte „um 20
   Ich wollte unter allen Umständen vermeiden, dass ich in       bis 30 Prozent erhöhte Risiko“, „keine gefahrlose Dosis“,
die Falle meiner eigenen vorgeprägten Überzeugungen ge-          „Belüftung bringt nichts“ und so weiter. Dazu noch eine
he. Ich gründe meine Folgerungen über das „Passivrau-            Menge skandalöser Angstmacherei („es gibt Hinweise auf
chen“ auf jahrelange ernsthafte Recherche. Die Argumen-          einen möglichen Zusammenhang zwischen Passivrauchen
te der Forscher, die ETS für einen Schwindel halten, finde       und Brustkrebs“) und Sciene-Fiction-Statisik. Natürlich möch-
ich wesentlich gründlicher durchdacht und überzeugender          te der oberste Gesundheitswächter, dass wir glauben, die
als die der Antiraucherfraktion. Die haben in der Regel näm-     Debatte sei „vorbei“. Aber eine echte Debatte hat es nie
lich nicht mehr zu bieten als ein simples: „Passivrauchen        gegeben und sollte sie doch noch einmal stattfinden, wer-
tötet, weil wir sagen, dass es so ist“. Die Weltgesundheits-     den ein paar Leute seines Schlages ziemlich alt aussehen.
organisation WHO etwa besteht weiterhin darauf, dass             „Passivrauchen“ ist für den Surgeon General das, was für
„Passivrauchen tötet“, obwohl ihre große eigene Studie           Präsident Bush die „Massenvernichtungswaffen von Sad-
bewies, dass dem nicht so ist. Ein klassisches Beispiel da-      dam Hussein“ waren.
für, wie man sich in seinem Vorhaben nicht durch Fakten
beirren lässt.                                                   NADELN UND VORSCHLAGHÄMMER
   Leider ist das typisch. Die Antiraucherbewegung ähnelt be-    Zurück zum „aktiven“ und „passiven“ Rauchen. Die um-
sonders seit der „Entdeckung“ des „Passivrauchens“ einer         fangreichste ETS-Studie bisher wurde vom US National Cen-
religiös motivierten Erweckungsbewegung und betreibt kei-        ter for Environmental Health publiziert. Im Fokus standen
ne wahrhaftige Wissenschaft mehr. Man soll glauben und           10.000 dem Rauch ausgesetzte Nichtraucher und ihr Coti-
keine lästigen Fragen stellen. Wer es dennoch wagt, muss         ninspiegel. Cotinin ist ein Nikotinderivat, das anzeigen soll,
wohl mit dem Teufel (also den Tabakkonzernen) unter ei-          wie stark eine Person dem „Passivrauch“ ausgesetzt war.
ner Decke stecken. Mediziner und Gesundheitsprofis, die          Der durchschnittliche Cotininspiegel der Nichtraucher lag
Zweifel äußern, werden schnell wieder „auf Linie“ gebracht.      bei einem 500stel von dem der Raucher. Und, ganz neben-
So geschah es auch Prof. Doll selbst, als er in einem Rund-      bei: Es gibt noch andere Cotininquellen, etwa Gemüse, und
funk-Interview zugab, dass der Effekt von ETS so gering          der Nachweis kleinster Cotininmengen im Blut von Testper-
sei, dass er ihn nicht beunruhige, und auch Dr. Richard          sonen heißt noch lange nicht, dass ihnen dies schadet.
Smith, dem ehemaligen Herausgeber des British Medical              Jeder Versuch, irgend etwas zum Thema „Passivrauchen“
Journal, als er die Wissenschaftler Enstrom und Kabat ver-       zu beweisen, ist wie der Versuch, einen Faden mit einem
teidigte.                                                        Vorschlaghammer durch ein Nadelöhr zu bekommen. 28
   Die Antiraucher wollen ständig die Realität zensieren und     Studien haben eine Risikominderung anstelle einer -erhö-
die Geschichte umschreiben. Beispiele dafür finden sich fast     hung nahegelegt. Man könnte sich also auch eine Argu-
täglich. So hat etwa die amerikanische Post, als sie eine        mentation zusammenbasteln, wenn man es denn politisch
Briefmarkenserie zum Gedenken an große klassische Blues-         wollte, dass „Passivrauchen“ den Menschen gut tut.
musiker herausbrachte, auf der einzigen bekannten Pho-             Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass ein paar sehr vom
tographie von Robert Johnson die Zigarette wegretuschiert.       Pech verfolgte Menschen, die einer Menge Qualm ausge-
Präsident Franklin D. Roosevelt wurde auf die gleiche Wei-       setzt wurden, krank werden oder sogar sterben können.
se sein Erkennungszeichen los, die Zigarettenspitze, und         Aber diese Gefahr besteht immer, wenn Menschen mit ir-
im letzten Jahr durfte beim Edinburgh-Festival der Darsteller    gendeiner Substanz in Berührung kommen. Wenn man et-
von Winston Churchill auf der Bühne keine Zigarre rauchen.       was nur dringend genug beweisen will, ausreichend Stu-
Die Antiraucher üben erheblichen Druck auf Hollywood             dien veranstaltet und mit den Zahlen jongliert, dann kann
aus, und neuerdings sieht man auch in Filmen, die in den         man fast alles „beweisen“ – soviel sollte klar sein. Aber die

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Joe Jackson, Rauch, Lügen und der Staat als Super-Nanny

Behauptung, „Passivrauchen“ sei eine schwere allgemeine        muss nur für den Fall, dass sie eines Tages auch mal dort-
Gesundheitsgefährdung, ist verlogene Angstmacherei im          hin gehen wollten, ist blanker Egoismus.
höchsten Ausmaß. Was also geschieht wirklich?                    Gleichzeitig gibt es auch Gäste, für die ein Tresen ohne
  Wer all diese Studien nur genau genug liest, muss unwei-     Aschenbecher nackt ist und eine Kneipe mit Rauchverbot
gerlich zu folgender Schlussfolgerung gelangen: Die Absicht    keine richtige Kneipe. Als würde ein Fish&Chips-Imbiss Salz
ist keineswegs, die Allgemeinheit zu schützen, sondern Rau-    und Essig verbieten – in England eine abscheuliche Vorstel-
cher zu stigmatisieren und das Rauchen als „sozial inakzep-    lung…
tabel“ darzustellen. Man sollte meinen, die Antiraucher
müssten froh sein, dass „Passivrauch“ wenigstens nieman-       2. „Rauchverbote zwingen die Raucher zum Reduzieren
dem schadet, aber weit gefehlt: Das zuzugeben hieße, sich      oder Aufhören“
die wirksamste Waffe aus der Hand nehmen zu lassen.            Von einem freiheitlichen Standpunkt aus betrachtet ist dies
                                                               die unzulässige Politisierung einer persönlichen Entschei-
                                                               dung. Vom praktischen Standpunkt aus funktioniert es so
TEIL 3                                                         nicht. Rauchen ist immer noch erlaubt, und die Hardcore-
                                                               Raucher, die wirklich aufhören „sollten“, tun es trotzdem
DIE NACKTE BAR                                                 nicht. Statistiken, die einen Rückgang des Tabakkonsums
Im Moment, während ich dies alles schreibe, sind Rauchver-     nach Einführung von Rauchverboten belegen wollen, sind
bote eine politische Mode, die sich von Nordamerika aus        wenig beeindruckend. Ihre Ergebnisse lassen sich zudem
immer weiter über Europa ausbreitet. In Großbritannien         schwer vom allgemeinen Trend trennen. Die Raucher in
kommt das totale Rauchverbot in weniger als einem Jahr.        Irland, sagt eine Quelle aus der Tabakindustrie, rauchen
Heutzutage verbieten Politiker so gern. Im Falle Rauchen,      heute eine Zigarette weniger am Tag. In Italien sind mehr
glauben sie, lässt es sie gut („gesund“) aussehen, und Ge-     Zigaretten verkauft worden. Verbote bringen ein paar zum
genwehr gibt es kaum (die Mehrheit raucht nicht, und ihr       Aufhören, die meisten von uns machen sie nur sauer und
ist es egal). Die Raucher hingegen sind eine dumme und         widerspenstig.
dreckige Brut, stimmt’s? Was zählen die schon?                   Natürlich gibt es Raucher, die aufhören wollen und die
  Es ist viel emotionsgeladener Blödsinn über Rauchverbo-      Rauchverbote in dem Glauben befürworten, sie würden
te im Umlauf, und ich möchte einiges davon zurechtrük-         ihnen dabei helfen. Sie werden von den Antirauchern ge-
ken. Es gibt drei mögliche Begründungen für Rauchverbo-        radezu geliebt und sind in den Medien eindeutig überrep-
te, und diese werden von den Antirauchern durcheinander        räsentiert. Ich persönlich finde sie ziemlich jämmerlich (weil
gewirbelt wie von Hütchenspielern. Keine von ihnen kann        sie erwarten, dass der Staat ihnen die Entscheidung ab-
einer genauen Überprüfung standhalten.                         nimmt) und egoistisch (weil die Verbote auch Millionen
                                                               anderer Raucher treffen, die keinerlei Absicht haben, auf-
1. „Manche (viele) Menschen mögen keinen Rauch“                zuhören). Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde.
Na klar, aber dies ist eher eine Frage des Geschmacks und
vielleicht sogar der Mode (jüngst fand ich einen Artikel des   3. „Die Öffentlichkeit muss ganz besonders am Arbeitsplatz
Motivationsforschers und Psychologen Ernest Dichter, der       von den Auswirkungen des Passivrauchens in geschlossenen
feststellt, dass die meisten Menschen sich an den Geschmack    Räumen geschützt werden“
des Tabaks gewöhnen müssten, während eigentlich jeder-         Dies ist die einzige halbwegs nachvollziehbare Begründung
mann seinen Geruch möge. Der Artikel stammt aus dem            für Rauchverbote, aber sie ist unehrlich – und viele ihrer Be-
Jahre 1947). Die Regierungen müssen schon ziemlich ver-        fürworter wissen das auch! Selbst wenn etwas dran wäre,
rückt sein, um Gesetze auf der Basis von Geschmack und         warum versuchen oder planen sie dann auch, das Rauchen
Mode zu erlassen. Ich habe nichts gegen Rauch in einem         vor Bars, in Parks oder an Stränden zu untersagen? Wann
Pub, aber sehr wohl gegen ein paar andere Dinge: Hunde         haben Sie das letzte Mal einen Antiraucher sich entschul-
(bin allergisch), Großbildleinwände, in ihre Handys schrei-    digen hören – für die Unannehmlichkeiten der Rauchver-
ende Leute, laute Musik, schlechte Musik, schlechtes Bier.     bote für uns Raucher? Oder Ihnen bequeme Sitzplätze an
Könnte ich bitte ein oder zwei Verbote nach meinem Ge-         der frischen Luft fürs Rauchen unter Heizstrahlern anbie-
schmack haben?                                                 ten sehen?
  Wenn Gäste keinen Rauch mögen, dann sollte die Belüf-          Im Gegenteil: Einige US-Bundesstaaten oder Städte haben
tung verbessert werden. Wenn das nicht reicht: abgetrenn-      den Einwohnern sogar verboten, in ihren Autos zu rauchen
te Nichtraucherräume, und wenn das immer noch nicht            oder auf ihrer eigenen Veranda. Sie ermutigen Meldungen
reicht: die Auswahl zwischen Raucher- und Nichtraucher-        an die Behörden, wenn „Passivrauch“ aus dem Nachbar-
lokalen und ebensolchen Veranstaltungen. Angelegenhei-         garten herüberweht. Raucherräume in Betrieben wurden
ten von Geschmack oder Mode sollte der freie Markt ent-        geschlossen, und draußen stellt man nun Schilder auf:
scheiden, nicht der Staat.                                     „Rauchen verboten im Umkreis von 10 Metern um diesen
  Raucher mögen eine Minderheit sein (wenn auch eine be-       Eingang“. Mitarbeiter werden dann schikaniert, wenn sie
trächtliche), aber es wäre falsch verstandene Demokratie,      längere Rauchpausen machen. Raucher, die man vor die
wenn man glaubt, die Vorlieben der Mehrheit sollten jeder-     Tür gejagt hat, werden jetzt weiter verfolgt, weil sie Lärm
mann verbindlich vorgeschrieben werden. Schon Thomas           oder Dreck verursachen. Aber Aschenbecher werden nicht
Jefferson warnte vor der „Tyrannei der Mehrheit“. Ich glau-    bereit gestellt, weil man so „das Rauchen fördern“ würde.
be sowieso nicht, dass die Mehrheit Rauchverbote will.           Ist es nicht eindeutig, was hier geschieht? Rauchverbote
Eher schon, dass sogar im momentan hitzigen Diskussi-          sollen das Rauchen so schwierig und unbequem machen
onsklima die meisten, wenn sie die Wahl hätten, vernünf-       wie es nur geht; sie sollen Raucher brandmarken und das
tige und nachvollziehbare Beschränkungen und ansonsten         voranbringen, was die Antiraucher die „De-Normalisierung“
Entscheidungsfreiheit bevorzugen würden. Rauchen war           des Rauchens nennen.
Jahrhunderte lang ein Bestandteil der britischen Pub-Kultur,
und die meisten Pubbesucher sind immer noch bereit, den        POPULÄRE PROHIBITION?
Rauch hinzunehmen, so lange die Luft nicht allzu verräu-       Antiraucher behaupten, Rauchverbote seien populär und
chert ist und so lange Menschen, die wirklich unter dem        gut fürs Geschäft. Wie üblich steckt ein Körnchen Wahrheit
Rauch leiden, rauchlose Orte zur Auswahl haben. Ich habe       in der Argumentation, nämlich die, dass es an vielen Orten
Mitgefühl mit solchen Menschen, aber zu verlangen, dass        einfach zu verraucht war, so dass viele Nichtraucher, unter
das Rauchen in allen Pubs des Landes verboten werden           ihnen auch solche, die Verbote zuerst abgelehnt hatten,

                                                                                                              Seite 7 von 13
Joe Jackson, Rauch, Lügen und der Staat als Super-Nanny

recht zufrieden mit den Auswirkungen des Rauchverbots           Thema Rauchen (oder Hunde oder Handys) durchzusetzen.
sind. Aber wenn ein Verbot erst einmal zum strafbewehr-         Und was „Arbeitsplätze“ angeht: Orte des Nachtlebens be-
ten Gesetz geworden ist, dann bleibt den Leuten wenig           ziehen gerade daraus ihre Daseinsberechtigung, dass man
mehr übrig, als das Beste draus zu machen. Die Raucher          an ihnen weit weg von der Arbeit ist und nicht gemaßre-
sind zu sehr in der Defensive, als dass sie auf der Straße      gelt werden kann wie ein unartiges Schulkind. Die paar
randalieren würden. Die Gastronomie bricht nicht zusam-         Leute, die dort arbeiten, sollten dies unter dieser Voraus-
men. Rauchen ist nicht der einzige Grund, warum Leute           setzung tun. Selbst wenn ein geringes Risiko besteht, wa-
ausgehen.                                                       rum dürfen Beschäftigte in diesen Jobs dieses Risiko nicht
  Trotzdem: Es gibt kein einziges Rauchverbot, das aus ei-      akzeptieren, während andere weiterhin als Kohlekumpel
nem Wählerwillen hervorgegangen wäre. Gäbe es den so            und Feuerwehrleute arbeiten, auf Rettungsschiffen oder
verbreiteten Wunsch nach Antiraucher-Gesetzen, dann             Bohrinseln usw. im Einsatz sind? Ein Motorradkurier fügt
bräuchte man diese Gesetze gar nicht. Und dass Verbote          seinen Lungen an einem Arbeitstag mehr Schaden zu als
gut fürs Geschäft sind, ist schlichtweg unwahr. Sicherlich      ein Barkeeper in einem gut belüfteten Club. Nebenbei be-
ändern einige Betriebe mit Erfolg ihren Charakter. Aber         merkt: 95 Prozent aller britischen Barkeeper sind gegen
Rauchverbote haben Geld und Jobs gekostet, wo immer sie         ein Rauchverbot, wie eine Umfrage der Zeitschrift der bri-
eingeführt wurden – zumindest, wenn man denjenigen              tischen Pub-Wirte, The Publican, ergab.
Glauben schenken will, die es wissen sollten: den Kneipen-,       Die Antiraucher quietschten förmlich vor Begeisterung und
Restaurant- und Nachtclub-Betreibern. Eine unabhängige          ignorierten die genannten Fakten, als ein paar Gastronomie-
Untersuchung über die Auswirkungen des New Yorker               vertreter sich ebenfalls für totale Rauchverbote aussprachen
Rauchverbots im ersten Jahr ergab in Bars und Clubs fol-        und gar nicht erst für Kompromisse. Der Grund dafür wur-
gende Verluste: 2.650 Arbeitsplätze, 50 Millionen Dollar        de tunlichst verschwiegen: Sie befürchteten, dass die Betrie-
an Einkommen und 71,5 Millionen Dollar beim Bruttosozi-         be, die ihren Gästen das Rauchen noch erlauben dürfen, ei-
alprodukt des Bundesstaates (eingeschlossen Sekundäref-         nen „unfairen“ Wettbewerbsvorteil haben könnten.
fekte: vom Bierverkauf bis zur Anzahl der Jukeboxes). Bür-      Letztlich hat aber kein Argument, das sich auf Bürgerrech-
germeister Bloomberg (Ex-Raucher, heute Antitabak-Kreuz-        te, Wahlfreiheit, wirtschaftliche Erwägungen, Toleranz oder
zügler) behauptet, die Gastronomie verdiene besser als vor      Tradition berief, Rauchverbote aufhalten können. Die Ärz-
dem Rauchverbot. Aber sein „Gastronomie“-Begriff um-            te setzten sich über alles hinweg, als ob Pubs heute nicht
fasst alles, vom Hotel über den Burgergrill bis zum Schnaps-    nur „öffentliche Orte“ oder „Arbeitsplätze“ seien, sondern
laden und er verschweigt, dass das Rauchverbot in Kraft         auch Wellness-Oasen oder Kliniken. Natürlich wollen die
trat, als sich die Wirtschaft in New York nach dem Schock       Ärzte Rauchverbote. Aber Ärzte ans Ruder der Politik zu
des 11. September 2001 zu erholen begann. Wieder ein-           lassen ist, als würde man den Klempnern die architektoni-
mal die üblichen Tricks der Antiraucherfraktion.                sche Gestaltung unserer Städte anvertrauen.
  Inzwischen lassen viele New Yorker Bars ihre Gäste illegal
rauchen, aber alle müssen sie Hinweisschilder anbringen,        DEN RAUCH LOSWERDEN, NICHT DIE RAUCHER
die dazu auffordern, „Verstöße zu melden“ – also seine          Das Ironische an der momentanen Welle der Rauchverbote
Mitmenschen zu verpfeifen. Die britische Regierung hat          ist, dass es heute absolut keine Entschuldigung mehr dafür
ähnliches vor – und das mit einer gebührenfreien Telefon-       gibt, dass es irgendwo total verräuchert ist. Moderne Luft-
nummer zum Petzen. Das sind Stasi- oder KGB-Methoden            reinigungs-Systeme sind in der Lage, permanent Rauch ab-
– Methoden von verhassten Regimes, denen nichts ande-           zusaugen (und weitere unsichtbare Schadstoffe und Aller-
res blieb, als ihren Bürgern Angst voreinander einzujagen.      gene) und frische Luft herbeizuführen. Gute Technik hier-
  Es heißt, Kellner müssen vor dem Rauch „geschützt“ wer-       für ist weithin erhältlich, und sie macht die Luft in einem
den, während andere weiterhin als Kohlekumpel und Feu-          Raucherlokal deutlich sauberer als die schmutzige Groß-
erwehrleute arbeiten, auf Rettungsschiffen oder Bohrinseln      stadtluft draußen. Rauchpartikel messen ca. einen Mikro-
im Einsatz sind. Das ist absurd. Selbst wenn ein winziges       meter; ein gutes Luftreinigungs-System filtert alles bis zu
Risiko bestehen sollte, so kann es einfach durch vernünfti-     einer Größe von 1/30stel Mikrometer heraus. Es ist bewie-
ge Belüftung ausgeschlossen werden.                             sen, dass die Luft in einem Raucherlokal mit guter Luftrei-
  Wer sich ernsthaft mit dem Forschungsstand beschäftigt,       nigung sauberer ist als die Luft in einem Nichtraucherlokal
muss zu dem Schluss kommen, dass Rauchverbote nicht             ohne solch ein System. Der Geruch ist kaum mehr wahr-
dem „Schutz“ von irgendjemandem dienen sollen. Sie sind         nehmbar und mit Sicherheit weniger merklich als der Ge-
vielmehr dazu gedacht, Raucher zu stigmatisieren und Rau-       ruch des Essens, des Biers oder gar der anderen Gäste.
chen mit Gewalt „gesellschaftlich inakzeptabel“ werden            Nichts davon kommt bei den Antirauchern wirklich gut an.
zu lassen. Der Umstand, dass es nicht mehr Protest gibt,        Pervers, aber je verräucherter die Atemluft ist, desto glück-
kann nur durch einen völligen Mangel an gesunder Skep-          licher sind sie, denn genau das hilft ihnen, die Atmosphäre
sis gegenüber denen erklärt werden, die im Namen der            mit Intoleranz zu vergiften und Verbote durchzupeitschen.
„Gesundheit“ sprechen. Gesundheit ist die neue Religion,        Sie haben getan, was sie konnten, um das Thema „Luftrei-
und Antiraucher sind ihre Spanische Inquisition.                nigung“ ja nicht zur Diskussion zuzulassen. Werden sie dar-
                                                                auf angesprochen, behaupten sie schlicht, kein System sei
LÜGEN, ELENDE LÜGEN                                             „gut genug“. James Repace, ein professioneller Antirau-
UND MEINUNGSUMFRAGEN                                            cheraktivist in den USA, äußerste vor kurzem, es bräuchte
Die „Antis“ behaupten auch, Meinungsumfragen zeigten            schon Winde in „Hurrikanstärke“, um die Luft in einer ver-
die öffentliche Unterstützung für Rauchverbote, aber dazu       rauchten Bar zu säubern. Überraschend für alle von uns,
muss man erst einmal                                            die den gleichen Effekt durch Öffnen eines Fensters zu er-
1. den Bürgern eine Heidenangst vor dem „Passivrauchen“         reichen pflegen. Und es stimmt einfach nicht. Durchschnitt-
   einjagen,                                                    liche Luftreinigungs-Systeme sind „gut genug“ für Labora-
2. ihnen das Zugeständnis abringen, öffentliche Orte und        torien, die mit hochgiftigen Chemikalien arbeiten, und für
   Arbeitsplätze sollten von dieser Geißel erlöst werden,       die Infektions-Abteilungen von Krankenhäusern. Warum
3. Kneipen, Clubs und Restaurants als „öffentliche Orte“        sie für eine Bar nicht ausreichen sollten, ist mir schleier-
   klassifizieren.                                              haft.
Aber ein Pub ist kein „öffentlicher Ort“. Er wird nicht durch     Also Vorsicht vor Antirauchern, die erzählen, dass Luftrei-
Steuern finanziert, niemand muss ihn betreten. Er ist Privat-   nigungs-Systeme zwar die Luft weniger schädlich machen
eigentum und Wirte haben das Recht, ihre eigene Linie zum       könnten, aber niemals alle Giftstoffe und Karzinogene her-

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