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OST Informationen EUROPA In Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsmagazin OstContact | 9/10 - 2019 Special Mittelosteuropa: Wirtschaft auf Hochtouren Osthandel Russland Position Polen überholt Mit Maas in „Belt & Road darf keine Großbritannien Moskau Einbahnstraße werden“
AUSGABEN ARCHIV Alle Alle 03/04 2019 25,00 € 65. Jahrgang H30859 www.owc.de 01/02 2019 25,00 € 23. Jahrgang H49998 www.owc.de 1/2019 22,00 € 4. Jahrgang 9950 www.owc.de OWC Kiosk Russland: Hoffen auf die Chemiebranche SPEZIAL Automotive: China setzt auf Innovationen Ukraine: Bread- und Brain Basket Zentralasien: Usbekistan eint die Region Wachstum 2019: Wirtschaft unter Druck Gut beraten: Mehr Netto vom Brutto Kostenloser 5 JAHRE RUSSLAND Reformen unter Xi Download SANKTIONEN Was gut läuft, und was nicht für Apple IOS 100 Fragen & 100 Antworten: Iran 2019 für Android: OstContact 3-4-2019 03.04.2019 ChinaContact 1-2-2019 01.03.2019 IranContact 1-2019 06.01.2019 ALLE AUSGABEN 03/04 2019 25,00 € 65. Jahrgang H30859 www.owc.de 01/02 2019 25,00 € 65. Jahrgang H30859 www.owc.de 11/12 2018 25,00 € 22. Jahrgang H49998 www.owc.de Russland: Hoffen auf die Chemiebranche Ukraine: Bread- und Brain Basket Zentralasien: Usbekistan eint die Region Rennen um Rohstoffe: Wie chinesische Konzerne strategische Ressourcen sichern APA aktuell: Update zu den Problemen rund um das Cybersicherheitsgesetz Automotive-SPEZIAL APK 2018: Wie die EU neue Allianzen im Asien-Pazifik-Raum sucht BMW-Chef Teuchert: Warum sich Russland lohnt Verschläft Polen die E-Mobility? 5 JAHRE RUSSLAND Warum Rumänien immer attraktiver wird SANKTIONEN Belarus: IT-Outsourcing unter der Lupe Armenien: Neue Regierung, neues Glück? China investiert Fakten, Sorgen, Fragen OstContact 1-2-2018 03.04.2019 RECHT& Deutsch-Russisches STEUERN Wirtschaftsjahrbuch 2019 WAS Германо-Российский экономический ежегодник WICHTIG 01/02 2019 25,00 € 23. Jahrgang H49998 www.owc.de 2018/2019 WIRD OstContact 11-12-201 ChinaContact 11-12-2018 DRWJB-2019 SPEZIAL Automotive: China setzt auf Innovationen Wachstum 2019: Wirtschaft unter Druck 03.04.2019 01.03.2019 06.01.2019 Gut beraten: Mehr Netto vom Brutto Reformen unter Xi Was gut läuft, und was nicht www.owc.de
Vorwort/ Inhalt Liebe Leserinnen und Leser, Special Mittelosteuropa „Ein neuer Boom in Europas Osten“ – so titelte das Handelsblatt im August und stellte Editorial 9 den Konjunktursorgen im Westen die anhaltend kräftige Aufwärtsbewegung im Osten gegenüber, wo manche Länder „ein kleines Wirtschaftswunder“ erlebten. Die Ökono- Polen: EU-Kohäsionspolitik 10 men des Wiener Instituts für internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw), die den Volks- auf dem Prüfstand wirtschaften im Osten Europas besondere Aufmerksamkeit widmen, sprechen gar von Wirtschaft auf Hochtouren 12 einer „Abkopplung“ der mittel- und osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten vom Westen und prognostizieren für die elf östlichen EU-Mitglieder für 2019 ein Wachstum von Krynica: Konferenz in den 13 durchschnittlich 3,9 Prozent – deutlich höher als für die EU-28 (1,6 Prozent). Spitzen- Karpaten reiter ist dabei Polen mit einem prognostizierten Plus von 4,6 Prozent, aber auch in Ungarn soll 2019 eine vier vor dem Komma stehen. Interview: „Der Wettbewerb 14 um qualifiziertes Personal ist hoch“ Vom kräftigen Wachstum insbesondere in Mittelosteuropa profitiert die deutsche Wirt- Interview: Einblicke in 15 schaft: Im ersten Halbjahr stiegen die deutschen Ausfuhren in viele Länder der Region 30 Jahre Transformation erneut überdurchschnittlich stark – etwa in die Slowakei und nach Polen. Auch investiert wird weiterhin kräftig im Osten – selbst in der kriselnden Automobilindustrie. So will Arbeitsmarkt: Im Kampf um 16 Audi die Produktion von Elektromotoren im ungarischen Györ erweitern, und der Auto- gute Arbeitnehmer zulieferer Continental eröffnet im Herbst sein erstes Werk im litauischen Kaunas. Selbst wenn die wirtschaftliche Abkopplung Mittelosteuropas von der Welt- und EU-Konjunk- tur angesichts der engen wirtschaftlichen Verflechtung nicht auf Dauer funktionieren dürfte, wird die Region ein wichtiger Standort für die deutsche Wirtschaft bleiben – sei es für Export, Beschaffung oder Produktion. Foto: S. Kägebein Grund genug, Mittelosteuropa in den Mittelpunkt dieser Ausgabe der Osteuropa Infor- mationen zu rücken. Zu den Wachstumsfaktoren in der Region gehören die Mittel aus der Kohäsionspolitik der EU, um deren Zukunft es bei einer Veranstaltung mit dem polnischen Minister Jerzy Kwieciński in Berlin ging (S. 10). Die AHK Polen stellt in Editorial/Inhalt 3 ihrem Beitrag die Gründe dafür vor, warum Polens Wirtschaft auf Hochtouren läuft (S. 12). Die wirtschaftlichen Perspektiven der mittel- und osteuropäischen Staaten stan- Mitglieder-News 4 den im Zentrum der Diskussionen beim 29. Wirtschaftsforum im polnischen Krynica Länder-News 5 Anfang September (S. 13). Sami Krimi, Leiter der Continental Elektronikwerke, erläu- tert im Interview, warum der Autozulieferer auf den Standort Litauen setzt (S. 14). Osthandel: Polen überholt 6 Mit der Wirtschaftsjournalistin Jutta Falkner sprachen wir anlässlich ihres neu erschie- Großbritannien nen Buchs „Go East“ über die spannende Geschichte des Transformationsprozesses Intern: Oliver Hermes neuer 8 der vergangenen drei Jahrzehnte (S. 15). Dazu lesen sie über die Entwicklung der Arbeitsmärkte in der Region seit der Wende vor 30 Jahren (S. 16f). Vorsitzender des OAOEV Russland: Mit Maas in 18 Außerdem berichten wir über die Entwicklung des deutschen Osthandels im ersten Moskau Halbjahr 2019 (S. 6f) und die Reise von OAOEV-Geschäftsführer Harms mit Bundes- außenminister Maas nach Moskau (S. 18). Wir stellen Ihnen das neue Positions- Position: „Belt & Road darf 19 papier des OAOEV zur chinesischen Seidenstraßen-Initiative vor (S. 19) und bli- keine Einbahnstraße werden“ cken auf zwei Veranstaltungen in Hamburg zu Fremdwährungsmanagement und Veranstaltung: „Liquidität 20 Logistik zurück (S. 20 + 21). Und übrigens: Seit dem 23. September hat der OAOEV und Risiken effektiv managen“ einen neuen Vorsitzenden, den wir Ihnen auf S. 8 vorstellen. Neue Handelswege 21 Wir wünschen Ihnen eine gewinnbringende Lektüre! zwischen West und Ost AG Agrar: Offene Wünsche 22 OAOEV in Kürze 23 Vorstellung neuer 24 Mitglieder Termine/Kooperationen 25 Publikationen 26 Zentrum von Warschau Foto: Pixabay 3
News MITGLIEDERNEWS Deutsche Bahn AG Die russische Firma Tikhvin Freight Car Buil- ding Plant, Teil der United Wagon Company (UWC), hat der Deutschen Bahn eine Reihe von Flachwagen zum Test zur Verfügung gestellt. Die extraleichten Containerwagen, die im Werk Tichwin hergestellt werden, sol- len bis Ende des Jahres nach der TSI-Norm zertifiziert werden. Die Fahrzeuge sind Teil eines Liefervertrags über 160 Güterwagen. Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) Geschäftsleiter Dobersek (li.) nahm die Anlage mit NMK-Generaldirektor Sanakulov in Betrieb. Mit dem Projekt „Deutsch-Ukrainische Energiezusammenarbeit“ legt die dena seit tung von goldhaltigen Sorptionsabgängen den Straßenbau sowie Betonfertigprodukte 2019 mit dem Ausbau von Netzwerken und an das usbekische Metallurgie- und Berg- herstellen und Montagearbeiten durchführen. Dialog-Plattformen die Grundlage für einen baukombinat NGMK übergeben. Dobersek Das deutsche Unternehmen ist mit der Pa- intensiven Austausch in den Bereichen nach- hatte 2017 den Auftrag zur Implementierung penburg International Kasachstan GmbH seit haltige Energieerzeugung, Energieeffizienz des kompletten Verfahrens, dem gesamten 2004 auf dem zentralasiatischen Markt tätig. und erneuerbare Energien. Mit zentralen Engineering, der Lieferung der technischen Veranstaltungen, wie dem Parlamentarischen Ausrüstung, der Montageüberwachung sowie Frühstück im Deutschen Bundestag und dem der Inbetriebnahme der schlüsselfertigen An- Siemens AG Deutsch-Ukrainischen Energietag in Kiew, lage erhalten. werden die bilaterale energiepolitischen Be- Das Joint Venture Siemens Gas Technology ziehungen maßgeblich gestärkt. Turbines hat beim russischen Ministerium für Gebrüder Weiss Industrie und Handel den Antrag auf einen Gesellschaft m.b.H. Sonderinvestitionsvertrag (SPIK) zur Lo- Duisburger Hafen AG kalisierung der Produktion von Hochleis- Das internationale Transport- und Logistikun- tungsturbinen in Russland gestellt. Das Joint Die Duisburger Hafen AG (duisport) errich- ternehmen Gebrüder Weiss eröffnete Ende Juli Venture der Münchner mit dem russischen tet gemeinsam mit Partnern im belarussi- ein Repräsentanzbüro in der usbekischen Konzern Power Machines sieht einen Lokali- schen Industrie- und Logistikpark Great Sto- Hauptstadt Taschkent. Die Eröffnung des sierungsgrad bei Turbinen von mindestens 90 ne nahe Minsk ein bimodales Rail-Terminal neuen Büros ist Teil der Geschäftsstrategie des Prozent bis zum Jahr 2023 vor. mit Logistikareal. duisport hatte sich bereits Logistikers, den Landweg zwischen Europa Anfang 2018 mit einer Minderheitsbeteili- und China auszubauen. Organisatorisch ist die gung an der Entwicklungsgesellschaft des usbekische Repräsentanz der Niederlassung in Symrise AG Industrieparks beteiligt, der Teil der chine- Almaty (Kasachstan) zugeordnet. sischen Seidenstraßen-Initiative ist. Außer- Das deutsche Unternehmen Symrise, ein dem gründete das Duisburger Unternehmen Hersteller von Aromatisierungszusätzen für Anfang Juli gemeinsam mit Partnern die dpa GP Günter Papenburg AG Lebensmittel, hat Mitte Juli in seinem Werk Polska Intermodal, die sich hauptsächlich auf bei Moskau eine neue Fertigungslinie für die Entwicklung, Vermarktung und Durch- Die usbekische Firma Transyulkurilish und flüssige Geschmackstoffe in Betrieb genom- führung von Schienentransporten zwischen das deutsche Bauunternehmen Günter Pa- men. Das Produktionsvolumen wird rund Polen und Deutschland konzentrieren soll. penburg haben Anfang August einen Vertrag 1.800 Tonnen pro Jahr betragen. Symrise zur Gründung des Joint Ventures LLC Pa- investierte rund 1,3 Millionen Euro in den Foto: Engineering Dobersek penburg Usbekistan unterzeichnet. Das Un- Ausbau seiner Produktion im Kreis Rogowo Engineering Dobersek GmbH ternehmen wird Asphaltbetonmischungen für in Neu-Moskau. Der Anlagenbauer Engineering Dobersek hat Anfang September in Uchquduq (Usbekis- Falls Sie Ihre Meldungen auch gerne in den OEI veröffentlichen möchten, senden Sie tan) eine schlüsselfertige Anlage zur Rös- uns eine Mail an: C.Himmighoffen@bdi.eu 4 osteuropa informationen 9/10 - 2019
News LÄNDERNEWS den. Die Höhe der Vergünstigungen ist aller- Maschinenexporte stagnieren nahezu dings auf 50 Prozent der getätigten Im ersten Halbjahr 2019 wurden noch 0,9 Prozent mehr Maschinen exportiert als im entspre- Investitionen beschränkt. Der SPIK 2.0 sieht chenden Vorjahreszeitraum. Doch ab dem zweiten Quartal hat die Dynamik spürbar nachgelas- eine Großvaterklausel vor. Diese Stabilisie- sen. Vor allem die Unsicherheit durch den Handelskonflikt und der konjunkturelle Abschwung in rungsklausel in Bezug auf Grund-, Vermögen- China belasten das Exportgeschäft. Innerhalb der fünf wichtigsten europäischen Absatzländer und Transportsteuer gilt für den Investor ab konnten nur die Exporte nach Frankreich und Österreich zulegen. Ein Plus erzielten die deutschen dem Zeitpunkt des SPIK-Abschlusses, in Be- Maschinenbauer auch in Polen, Tschechien und vor allem in Ungarn, während die Lieferungen zug auf die Gewinnsteuer ab Produktionsbe- nach Russland um acht Prozent zurückgingen. ginn. (Brand & Partner) Deutsche Maschinenausfuhren im 1. Halbjahr 2019 Rang Land in Mio. Euro Veränd. zum 1. Hj 2018 in % Anteil am Gesamtexport in % Ukraine 1. USA 9.961,1 7,8 11,2 2. China 9.272,0 0,6 10,4 Das ukrainische Parlament hat Anfang Au- 3. Frankreich 6.256,4 6,8 7,0 gust neue Regeln zur Kennzeichnung von 4. Italien 4.032,8 -5,9 4,5 Lebensmitteln beschlossen, die ein Produkt- 5. Verein. Königreich 3.851,6 -1,7 4,3 kennzeichnungssystem gemäß EU- … Standards etablieren. So sollen die Informati- 8. Polen 3.540,6 2,0 4,0 onen auf dem Etikett eindeutig, zuverlässig 9. Tschechien 2.782,0 2,5 3,1 und für jeden verständlich sein. Käufer müs- … 11. Russland 2.639,9 -8,0 3,0 sen über Lebensmittelzusatz- und Hilfsstoffe … sowie das Verwendungs- und Mindesthaltbar- 15. Ungarn 1.796,4 7,8 2,0 keitsdatum informiert werden. Alle Produkt- Quelle: VDMA informationen müssen in ukrainischer Spra- che angegeben werden. (GTAI) Kirgisistan Zustellgeschwindigkeit erhöhen und Verwal- tungsabläufe vereinfachen. Um entsprechen- Anfang Juli haben die EU und Kirgisistan die de Siegel nutzen zu können, müssen sich Usbekistan seit Ende 2017 laufenden Verhandlungen Transportunternehmen auf einer Website re- über ein neues erweitertes Partnerschafts- gistrieren und diese beantragen. (GTAI) Im Juni ist in Usbekistan das Gesetz über und Kooperationsabkommen abgeschlos- öffentlich-private Partnerschaften (Pu- sen. Das Abkommen stärkt unter anderem Anfang September sind Änderungen im rus- blic-Private Partnership, PPP) in Kraft ge- den Schutz geistigen Eigentums, öffnet die sischen Steuergesetzbuch in Bezug auf die treten, das erste PPP-Gesetz des Landes. Beschaffungsmärkte und unterstützt die An- neuen Sonderinvestitionsverträge (SPIK Federführend wird die im Zuständigkeits- wendung internationaler Standards. Erstmals 2.0) in Kraft getreten, die für Investoren noch- bereich des Finanzministeriums neu ge- führt ein Land in Zentralasien zudem ein Sys- mals verbesserte Investitionsbedingungen schaffene PPP Development Agency sein. tem zum Schutz geografischer Herkunftsan- schaffen und zahlreiche Steuervergünstigun- Es gilt der Grundsatz der Gleichheit des gaben nach EU-Modell ein. gen bieten. Durch den SPIK 2.0 können unter privaten und des öffentlichen Partners. Eine bestimmten Voraussetzungen der Gewinn- Stabilisierungsklausel garantiert, dass die steuersatz auf föderaler und regionaler Ebene geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen Russland auf null Prozent herabgesetzt und ermäßigte für eine Dauer von zehn Jahren unverändert Sätze bei der Grund-, Vermögens- und Trans- bleiben. Der private Partner wird im Wege Der Transit sanktionierter Waren durch portsteuer auf regionaler Ebene gewährt wer- einer Ausschreibung ermittelt. (GTAI) Russland wird künftig dank digitaler Zoll- plomben möglich. Bisher machten die Ein- fuhrverbote der russischen Regierung auch Transitbeförderungen über das russische Ter- ritorium unmöglich. Dies soll durch ein neues Dekret, das Anfang Juli in Kraft trat, nun zu- lässig sein. Hierfür soll der Transport auf der Grundlage der GLONASS-Technologie elek- Foto: pixabay tronisch versiegelt werden. Die elektroni- schen Siegel erlauben eine Nachverfolgbar- Elektronische Siegel erleichtern künftig den Transit durch Russland. keit des Transportes und sollen zudem die 5
OAOEV intern > Analyse Polen überholt Großbritannien Der deutsche Osthandel stabilisiert die Konjunktur hierzulande. Die deutschen Exporte nach Osteuropa wuchsen im 1. Halbjahr 2019 um 2,2 Prozent. Unter den 20 wichtigsten deutschen Handelspartnern finden sich sechs OAOEV-Länder. Polen überholt Großbritannien als sechstgrößter Handelspartner Deutschlands: Die Hauptstädte Warschau (oben) und London In Zeiten einer sich abschwächenden Welt- die deutschen Exporte in alle 29 Länder Milliarden Euro zu. Polen konnte damit in wirtschaft und wachsender Handelskonflik- Mittel- und Osteuropas von Januar bis Juni der Liste der 20 wichtigsten deutschen Han- te erhält die deutsche Wirtschaft wichtige 2019 um 2,2 Prozent, während die deut- delspartner Großbritannien überholen und Impulse aus Mittel- und Osteuropa. „Nie schen Gesamtexporte nur noch um 0,6 Pro- sich an sechster Position platzieren. Der Ab- war die EU-Osterweiterung so wertvoll wie zent zulegen konnten. „Die großen deut- stand zu Italien auf Platz 5 hat sich weiter heute“, kommentierte der scheidende Vor- schen Investitionen in Mittel- und Osteuropa verringert. Tschechien erreichte Platz zehn. sitzende des Ost-Ausschuss – Osteuropa in den vergangenen 15 Jahren zahlen sich Auch Russland (Platz 13), Ungarn (Platz vereins (OAOEV) Wolfgang Büchele die jetzt doppelt aus: Sie treiben die Moderni- 14), Rumänien (Platz 18) und die Slowakei Handelszahlen für das erste Halbjahr 2019. sierung in der Region voran und tragen (Platz 19) zeigen die große Bedeutung, die „Der engen Verflechtung der deutschen enorm dazu bei, unsere eigene Konjunktur Mittel- und Osteuropa für den deutschen Wirtschaft mit EU-Ländern wie Polen, stabil zu halten“, sagte Büchele. Handel insgesamt besitzt. Tschechien, Ungarn, Rumänien und der Slowakei ist es mit zu verdanken, dass der Wachstumslokomotive Polen Inzwischen gehen rund 20 Prozent aller deutsche Export überhaupt noch Wachstum deutschen Exporte in die Region. Allein das vermelden kann.“ Die Wachstumslokomotive der Region ist deutsche Handelsvolumen mit den vier Fotos: pixabay Polen: So nahm der deutsch-polnische Han- Visegrád-Staaten Polen, Tschechien, Un- Nach den vom OAOEV ausgewerteten Zah- del in den ersten sechs Monaten 2019 um garn und Slowakei übertraf im ersten Halb- len des Statistischen Bundesamtes stiegen starke fünf Prozent auf erstmals über 60 jahr 2019 mit einem Volumen von zusam- 6 osteuropa informationen 9/10 - 2019
OAOEV intern > Veranstaltung men 150 Milliarden Euro den Wert des trag zwischen Russland und der Ukraine zentralasiatischen Landes verfolgt seit zwei Güterverkehrs mit China (100 Milliarden) vermittelt.“ Jahren einen konsequenten Öffnungskurs, um rund 50 Prozent. den der OAOEV mit einer Reihe von Konfe- Große Zuwächse im Handel mit renzen, Delegationsreisen und Initiativen Stagnation im Handel mit der Ukraine und Usbekistan begleitet. Im Frühjahr 2019 wurde dazu Russland auch ein neues deutsch-usbekisches Prakti- Die Ukraine zählt zu den OAOEV-Partnerlän- kantenprogramm durch den OAOEV gestar- Rückschläge verzeichnete im ersten Halb- dern, die im ersten Halbjahr die größten Zu- tet. „Usbekistan zeigt geradezu klassisch, jahr der deutsche Handel mit Russland, das wächse im bilateralen Handel erzielen konn- wie Länder durch eine Öffnung für Investo- bis 2012 noch wichtigster deutscher Han- ten. Die deutschen Importe aus der Ukraine ren, konsequente Reformen und eine Integ- delspartner in Osteuropa war. Seit der Ein- nahmen um zehn Prozent zu, die deutschen ration in internationale Wertschöpfungsket- führung gegenseitiger Sanktionen vor fünf Exporte stiegen um über sieben Prozent. Sehr ten profitieren können. Dieses positive Jahren ist der Rückstand von Russland zu erfreulich entwickelte sich auch der Handel Beispiel kann vielen Mut machen, auf Inter- Polen stark gewachsen. Im ersten Halbjahr mit Serbien (+9 Prozent), der Slowakei (+10 nationalisierung statt auf Protektionismus 2019 sank der deutsch-russische Handel um Prozent), Nordmazedonien (+14 Prozent) und Abschottung zu setzen“, äußerte sich 3,5 Prozent und erreichte mit einem Volu- und Aserbaidschan (+30 Prozent). der OAOEV-Vorsitzende Wolfgang Büchele. men von 30 Milliarden Euro nur noch die Hälfte des deutsch-polnischen Handels. Die größten Zugewinne unter allen Deutschland bleibt mit diesem Ergebnis OAOEV-Ländern gab es im Handel mit Us- Andreas Metz zwar der zweitwichtigste Handelspartner bekistan (+61 Prozent). Die Regierung des Leiter Presse und Kommunikation im OAOEV Russlands weltweit, der Abstand zu China vergrößert sich aber immer weiter. Die 20 größten deutschen Handelspartner (1. Hj 2019), in Mrd. EUR „Die fehlende Dynamik in Russland hat vor China 47,2 52,0 allem mit dem niedrigen Rubelkurs, gesun- 46,5 kenen Öleinnahmen und einer schwachen Niederlande 50,8 58,3 Reformdynamik zu tun. Aber natürlich USA 34,9 schmerzen uns auch die Sanktionen“, sagte Frankreich 33,9 55,0 der Vorsitzende der OAOEV-Geschäftsfüh- Italien 29,0 35,2 rung Michael Harms, der Bundesaußenmi- 32,0 Polen 28,7 nister Heiko Maas im August nach Russland 40,8 Verein. Königreich 18,1 begleitete (s. S. 18). „Aktuell sind wir vor- 33,8 sichtig optimistisch, dass endlich wieder Be- Österreich 22,7 27,9 wegung in den Minsker Friedensprozess Schweiz 23,3 kommen könnte“, erklärte Harms am Rande Tschechien 22,0 24,6 der Moskauer Gespräche. „Der neue ukrai- Belgien 23,5 23,0 nische Präsident, den wir im Sommer in 23,2 Spanien 17,7 Berlin getroffen haben, unternimmt sehr 13,0 Russland viel, um den Konflikt zu entschärfen. Diese 16,3 13,8 ausgestreckte Hand sollte man in Russland Ungarn 14,7 10,3 ergreifen. Dann sehen wir auch eine Chan- Japan 12,1 ce, endlich einen Einstieg in den Ausstieg Schweden 8,1 12,6 aus den Sanktionen zu schaffen. Wir sind Türkei 9,5 der Bundesregierung sehr dankbar“, so 7,9 Exporte 8,4 Rumänien Harms weiter, „dass sie hier beharrlich das 8,1 Importe 7,3 Slowakei 8,4 Gespräch sucht und auch bezüglich Nord 9,5 Stream 2 und einem neuen Gas-Transitver- Dänemark 5,8 Quelle: Stat. Bundesamt 7
OAOEV intern > Personalien Oliver Hermes ist neuer Vorsitzender des Ost-Ausschuss – Osteuropavereins Führungswechsel an der Spitze der größten Regionalinitiative der deutschen Wirtschaft: Anlässlich der Mitgliederversammlung in Stuttgart wurde Oliver Hermes zum neuen OAOEV- Vorsitzenden gewählt. genannten WiloParks ist die Smart Factory. Hier werden zukünftig Pumpen und Pum- pensysteme für die Gebäudetechnik, die Wasserwirtschaft und die Industrie produ- ziert. Auch in Polen und Kasachstan hat Wilo stark investiert, in Russland wurde 2016 eine moderne Produktionsstätte in Noginsk bei Moskau eröffnet. „Bei Industrie 4.0 sind wir Deutschen Vor- reiter, aber wir brauchen dringend europa- weit einheitliche Standards für den grenz überschreitenden Datenverkehr, sonst fallen wir auch in diesem Bereich hinter die USA und China zurück“, sagte Hermes, dessen Stabwechsel in Stuttgart: Wolfgang Büchele (li.) übergibt das Amt des OAOEV-Vorsitzenden Unternehmen Wilo sich zudem seit Jahren an Oliver Hermes. finanziell für die „Kontaktstelle Mittel- stand“ im OAOEV engagiert, um mittel- Der 48-jährige Oliver Hermes leitet ab sofort tern und gleichzeitig die Interessen der Mit- ständischen Betrieben den Sprung auf die den Ost-Ausschuss – Osteuropaverein der gliedsunternehmen im Dialog mit der osteuropäischen Märkte zu erleichtern. Deutschen Wirtschaft (OAOEV): Der Vor- Politik zu vertreten. „Wir leben in politisch standsvorsitzende der Dortmunder Wilo wie wirtschaftlich turbulenten Zeiten, in de- Dank an Wolfgang Büchele Gruppe wurde am 23. September in Stuttgart nen sich immer mehr Menschen von Natio- von den Mitgliedern der größten Regionalin- nalismus, Protektionismus und Populismus Hermes dankte seinem Vorgänger Wolfgang itiative der deutschen Wirtschaft in den Vor- verführen lassen. Dagegen beweisen wir Büchele für dessen „hochengagierte und er- stand gewählt und unmittelbar danach durch Unternehmer täglich aufs Neue, wie wich- folgreiche Arbeit“. Insbesondere habe es das OAOEV-Präsidium zum Nachfolger von tig die internationale Zusammenarbeit für Büchele geschafft, in schwierigen Zeiten Wolfgang Büchele bestimmt. den Erfolg aller ist. Wir müssen uns stärker die Gesprächskanäle in Richtung Russland für eine multilaterale Weltordnung positio- offen zu halten. „Wir sind ihm alle zu gro- „Eine 70-jährige Tradition fortführen zu nieren“, betonte Hermes. „Deshalb ist es ßem Dank verpflichtet“, sagte Hermes. können und in die Fußstapfen von so he auch so wichtig, an der Verwirklichung ei- Nicht zuletzt durch den erfolgreichen Zu- rausragenden Vorsitzenden wie Otto Wolff nes gemeinsamen Wirtschaftsraums von sammenschluss von Ost-Ausschuss und von Amerongen und Klaus Mangold zu tre- Lissabon bis Wladiwostok zu arbeiten und Osteuropaverein im Jahr 2018 zur größten ten, ist für mich Verpflichtung und Ansporn bestehende Hindernisse in Form von Zoll- und schlagkräftigsten Regionalinitiative der zugleich“, sagte Hermes nach seiner Wahl. und Visaschranken und unterschiedlichen deutschen Wirtschaft habe Büchele den „Der OAOEV ist für die deutsche Wirt- Standards in Europa abzubauen.“ Verein gut aufgestellt. Büchele, dessen Un- schaft der wichtigste Türöffner zu 29 Län- ternehmen Exyte stark wächst und ihn in dern Mittel- und Osteuropas. Auch mein Besondere Akzente wird Hermes zudem einem Maße fordert, das mit der Fortfüh- Unternehmen Wilo hat von diesen Netzwer- beim Thema Industrie 4.0 setzen: Sein Un- rung des Vorsitzes nicht mehr zu vereinba- ken enorm profitiert, um die uns viele in ternehmen Wilo, das mit rund 8.000 Mitar- ren wäre, wird dem OAOEV weiterhin als Europa beneiden.“ beitern aktuell fast 1,5 Milliarden Euro um- Präsidiumsmitglied verbunden bleiben. setzt, realisiert in Dortmund mit einem Für eine multilaterale Investitionsvolumen von 300 Millionen Weltordnung Euro das größte Standortentwicklungspro- Foto: A. Metz jekt der Unternehmensgeschichte. Zugleich Ziel seiner Vereinsarbeit sei es, das beste- ist dies das größte industrielle Bauprojekt Andreas Metz hende Netzwerk zu pflegen und zu erwei- Nordrhein-Westfalens. Das Herzstück des so- Leiter Presse und Kommunikation im OAOEV 8 osteuropa informationen 9/10 - 2019
Special > Mittelosteuropa Die Bedeutung Mittelosteuropas wächst weiter Ungarn und Polen gehören laut aktuellen Prognosen der EU-Kommission mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 4,4 Prozent im laufenden Jahr zu den Wachstumscham- pions der Europäischen Union. Aus der Slowakei, Tschechien, Lettland, Litauen und Estland kommen ebenso Wachstumsimpulse für die EU, die deutlich über dem Durchschnitt der EU- 28 von 1,4 Prozent liegen. Die wirtschaftliche Bedeutung Mittelosteuropas innerhalb der EU nimmt spürbar zu und wür- de nach dem Brexit noch einmal einen Schub bekommen. Auch die Verflechtung Deutsch- lands mit den mittelosteuropäischen Volkswirtschaften steigt kontinuierlich. Der Warenaus- tausch zwischen Deutschland und der Visegrád-Gruppe summierte sich im ersten Halbjahr 2019 auf 150 Milliarden Euro – und übertraf damit den deutsch-chinesischen Handel um 50 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2019 fand bereits ein Wechsel unter den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands statt: Polen ist zum ersten Mal für einen längeren Zeitraum an Großbritannien vorbeigezogen und nimmt jetzt Platz sechs unter den deutschen Handelspartnern ein (s. S. 6f). Philipp Haußmann Das ist einerseits auf den sinkenden Warenaustausch mit Großbritannien in Folge des Bre- Vorstandssprecher der Ernst Klett AG und xits, andererseits aber auch und vor allem auf das starke Wachstum im deutsch-polnischen Sprecher des Arbeitskreises Mittelosteuropa Handel zurückzuführen. Tschechien wird im Außenhandel mit Deutschland bald als zweites im OAOEV Land in der von unserem Verband betreuten Region die magische Marke von 100 Milliarden Euro jährlich knacken. Der Ost-Ausschuss – Osteuropaverein (OAOEV) wird die Region Mittelosteuropa weiter die gebührende Aufmerksamkeit widmen. Mitte September konnten wir in Zusammenarbeit mit der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag ein Arbeitsessen mit dem für Investitionen und Entwicklungen zuständi- gen polnischen Minister Jerzy Kwieciński in Berlin durchführen, bei dem vor allem die Kohä- sionspolitik der EU im Mittelpunkt stand (s. S. 15). Das Herzstück unserer Arbeit bilden die individuelle Betreuung unserer Mitgliedsunterneh- men und deren Vernetzung im Arbeitskreis (AK) Mittelosteuropa. Dabei unterstützen wir unsere Mitglieder auch, wenn es Probleme gibt, wie gerade im Zusammenhang mit neuen Regelungen für Einzelhandelsunternehmen in den Visegrád-Staaten, die ausländischen In- vestoren erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Die kommende Sitzung des AK Mittelosteuropa mit dem Schwerpunkt Polen, zu der ich Sie herzlich einlade, findet am 29. Oktober in Berlin statt. Mit dem Baltikum werden wir uns im Rahmen der darauffolgenden AK-Sitzung befassen. Die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sind für ihr geschäftsfreundliches Umfeld bekannt. Es verwundert folg- lich kaum, dass unser Mitgliedsunternehmen Continental in Litauen gerade ein neues Werk eröffnet (s. S. 14). Über die Chancen und Herausforderungen in Mittelosteuropa auch für Ihr Unternehmen hal- ten wir Sie auf dem Laufenden! Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre! Foto: OAOEV 9
Special > Mittelosteuropa EU-Kohäsionspolitik auf dem Prüfstand In einer gemeinsamen Veranstaltung von OAOEV und polnischer Botschaft in Berlin unterstrich der polnische Minister Jerzy Kwieciński die Bedeutung der Kohäsionspolitik für die EU und für sein Land. Wie geht es weiter mit dem EU-Kohäsions- Kadjaia moderiert wurde, machte Jerzy Finanzielle Spielräume fonds? Diese Frage stand im Mittelpunkt Kwieciński, polnischer Minister für Inno- schrumpfen einer Diskussionsrunde, die der Ost-Aus- vation und Entwicklung deutlich, dass die schuss – Osteuropaverein (OAOEV) am 11. Kohäsionsfonds ein wesentliches Aushän- Claudia Dörr-Vöß, Staatssekretärin im September in Zusammenarbeit mit der Bot- geschild der EU seien. In Polen hätte man Bundeswirtschaftsministerium hob die Er- schaft Polens im Haus der Deutschen Wirt- das Geld überaus effizient und erfolgreich folge durch die EU-Kohäsionspolitik insbe- schaft mit hochkarätiger Vertretung aus bei- eingesetzt. Dies hätte wesentlich zum gro- sondere in Ostdeutschland hervor, verwies den Ländern veranstaltete. ßen wirtschaftlichen Erfolg seines Landes jedoch gleichzeitig auf sinkende finanzielle beigetragen. Immerhin sei Polen inzwi- Spielräume. „Laut dem aktuellen Budge- Zwischen 2015 und 2020 hat die EU-Kom- schen der sechstwichtigste Handelspartner tentwurf bekommen wir aus den Struktur- mission stolze 350 Milliarden Euro für die Deutschlands. „Von jedem investierten fonds etwa 20 Prozent weniger ausgezahlt, Entwicklung strukturschwacher Regionen Euro kommt mehr als ein Euro auf ver- gleichzeitig würde nach dem Brexit der eingeplant. Polen erhält mit rund 63 Milli- schiedenen Wegen in die Zahlerländer zu- deutsche Finanzanteil um bis zu 25 Prozent arden Euro daraus den nominell größten rück“, betonte der Minister. steigen. Dies muss berücksichtigt werden“, Anteil. Deutschland ist umgekehrt der deutete Dörr-Vöß weiteren Verhandlungs- größte Nettozahler der EU. Aktuell wird der Diese Aussage wird durch eine Studie des bedarf an. In Zukunft sollten alle Regionen EU-Haushalt für die Jahre 2021 bis 2027 Polnischen Wirtschaftsinstituts in Warschau in der EU Strukturgelder beantragen kön- verhandelt. Mit dem absehbaren Ausschei- gestützt. Dessen Direktor Piotr Arak sieht nen, auch reichere Regionen. Ziel müsse es den Großbritanniens wird ein wichtiger Österreich als größten Profiteur der Kohäsi- sein, künftige Projekte klar auf Innovatio- Beitragszahler für den EU-Haushalt fehlen, onspolitik. Von jedem investierten Euro nen auszurichten und Schlüsselinvestitio- daher steht die weitere Ausgestaltung der habe das Land über drei Euro über Wachs- nen zu ermöglichen, etwa um den technolo- EU-Kohäsionspolitik auf dem Prüfstand. tumsimpulse aus Mittel- und Osteuropa zu- gischen Rückstand der EU bei rückerhalten. Polen läge gemessen an den Digitalisierung gegenüber den USA und Aushängeschild der EU investierten Summen pro Einwohner in der China zu verringern. EU deutlich hinter den drei baltischen Staa- In dem Expertengespräch, das von ten und der Slowakei. Andreas Metz OAOEV-Geschäftsführerin Ute Kochlowski- Leiter Presse und Kommunikation im OAOEV Geldmittel im Rahmen der Kohäsions- politik pro Kopf in Euro, 2014-2020 Estland 5.443 Slowakei 5.141 Litauen 4.858 Lettland 4.665 Ungarn 4.480 Kroatien 4.194 Tschechien 4.144 Polen 4.085 Slowenien 2.975 Rumänien 2.355 Foto: A. Metz Bulgarien 2.153 OAOEV-Geschäftsführerin Kochlowski-Kadjaia begrüßte den Minister zum Expertengespräch. Quellen: Polnisches Wirtschaftsinstitut, EU-Kommission 10 osteuropa informationen 9/10 - 2019
Special > Mittelosteuropa MOE in Kürze Audi erweitert Produktion in Györ 22. bis 24. Oktober wird Litauen im CityCu- be Berlin innovative digitale Anwendungen Die Volkswagen-Tochter Audi hat im Juli für Verwaltungen, öffentliche Unternehmen angekündigt, die Produktion von Elektromo- und die Digitalisierung von Städten, Ge- toren in ihrem Werk im ungarischen Györ zu meinden und Landkreisen zeigen. Die Smart erweitern. Im Rahmen des Projekts E-Trans- Country Convention wird vom litauischen formation bei Audi Hungaria sollen neben der Wirtschaftsminister Virginijus Sinkevièius E-Motoren-Produktion auch die Kompetenzen gemeinsam mit Bundesinnenminister Horst der Technischen Entwicklung erweitert und Seehofer eröffnet. Die Veranstaltung wird die Autoproduktion fit für das Elektrozeitalter vom Digitalverband Bitkom in Zusammen- gemacht werden. Hierbei werden laut Audi arbeit mit der Messe Berlin durchgeführt. 250 neue Arbeitsplätze geschaffen. Als Kombination aus Kongress, Workshops, Expo und Networking widmet sie sich der Estland digitalisiert seine Verwaltung weiter. Im Digitalisierung von Städten, Gemeinden und Bild: Hauptstadt Tallin Litauen wird Partnerland der des öffentlichen Raums. Smart Country Convention akzeptieren öffentliche Einrichtungen nur www.smartcountry.berlin. noch digital erstellte Rechnungen. Rech- Über 90 Prozent der Behördengänge online nungen auf Papier oder im PDF-Format erledigen und ein Unternehmen in drei Ta- werden nicht mehr angenommen. Dies gilt gen gründen – das funktioniert in Litauen. Estland für staatliche und kommunale Behörden, Als einer der Vorreiter der Digitalisierung andere juristische Personen des öffentlichen ist Litauen in diesem Jahr offizielles Part- Estland treibt die Digitalisierung der öffent- Rechts sowie gemeinnützige Vereine oder nerland der Smart Country Convention. Vom lichen Verwaltung weiter voran. Seit Juli Stiftungen. (GTAI) 9825 Smart Transportation Innovationen für Ihren Transportalltag. Mit Trailern und Aufbauten von Schmitz Cargobull zuverlässig ans Ziel kommen. Mit ausgezeichneten Innovationen noch wirtschaftlicher unterwegs. Heute und in Zukunft. Mehr Infos: +49(0)2558 81-7001 oder www.cargobull.com Foto: pixabay 11
Special > Mittelosteuropa Polen: Wirtschaft auf Hochtouren Seit der Umstellung auf die Marktwirtschaft ist Polen ohne Unterbrechung gewachsen. Das Land punktet mit gut ausgebildeten Fachkräften, seiner geografischen Lage und ausgezeichneten Verkehrswegen. europäischer Förderung, wirtschaftete da- Etwa 1.000 polnische Unternehmen sind mit allerdings auch sinnvoll und investierte bereits mit eigenen Vertretungen in vor allem in die Infrastruktur sowie in be- Deutschland aktiv. Umgekehrt haben deut- deutende Zukunftsbranchen. Heute hat sich sche Unternehmen in Polen knapp 5.000 Polen längst von der verlängerten Werkbank Tochterbetriebe gegründet und sorgen für früherer Jahre zu einem hochentwickelten über 350.000 direkte Arbeitsplätze. Die Produktionsstandort für zunehmend kom- enge Verzahnung beider Länder nimmt wei- plexe Technologien und wettbewerbsfähige ter zu, denn Polen hat es verstanden, seine Dienstleistungen entwickelt. Investitionsbedingungen kontinuierlich zu verbessern. Zum einen verfügt das Land Auch der deutsch-polnische Handel brach über ein ausgezeichnetes Netzwerk lokaler 2018 alle Rekorde und erreichte ein Volumen Zulieferer. Zum anderen wurden in diesem von 118 Milliarden Euro. 2019 setzt sich die- Jahr die Steuervorteile, die Investoren bis- ser Trend fort: Im ersten Halbjahr hat Polen her nur in einzelnen Gebieten zustanden, erstmals Großbritannien überholt und landete auf das komplette Land ausgeweitet. Viele Dr. Lars Björn Gutheil unter den Top Sechs der wichtigsten deutschen deutsche Unternehmen, darunter auch gro- Geschäftsführender Vorstand, Deutsch-Polnische Handelspartner. Dass Polen dabei laut polni- ße Namen, haben sich jüngst in Polen ange- Industrie- und Handelskammer (AHK Polen) scher Statistik gegenüber Deutschland einen siedelt oder erweitern ihre Kapazitäten. So Überschuss erwirtschaftet, liegt zum einen da- produziert Volkswagen seit 2016 Transpor- Handelskrieg, Sanktionen, Brexit, Unsi- ran, dass etwa viele Pkw und Autokomponen- ter in der Nähe von Poznan. XEOS sowie cherheiten über die Zukunft der Automobil- ten deutscher Hersteller in polnischen Werken das Joint Venture EME Aero eröffnen 2019 wirtschaft: In Deutschland gibt es derzeit fabriziert werden. Aber auch originär polni- Werke zur Prüfung von Motoren und Flug- viele Themen, die Besorgnis erregen und sche Produkte, etwa Möbel und IT-Lösungen zeugtriebwerken. Daimler möchte bis Ende das wirtschaftliche Wachstum blockieren. „Made in Poland“, erfreuen sich wachsender des Jahres in der Nähe von Wroclaw ein Beim östlichen Nachbarn in Polen dagegen Beliebtheit bei deutschen Kunden. Motorenwerk eröffnen, in dem ab 2022 brummen die Maschinen wie eh und je. auch Elektrobatterien hergestellt werden Nach einer Prognose der Europäischen ICT-Sektor in der Offensive sollen. Auch Miele errichtet bis 2020 seine Kommission wird das Land 2019 ein Wirt- erste Produktionsstätte in Polen. schaftswachstum von 4,4 Prozent erzielen In Deutschland immer noch kaum bemerkt, und damit neben Ungarn und nach Malta nimmt Polen heute eine Spitzenstellung bei Risiko Fachkräftemangel die am zweitschnellsten wachsende Ökono- IT-Dienstleistungen ein. Das gilt nicht nur mie der EU sein. für große Anbieter wie Asseco oder Com- Risiken bestehen derzeit vor allem im Fach- arch, die etwa Software für die deutsche kräftemangel und einer nicht immer vorher- Handelspartner Nummer sechs Bank- und Versicherungsbranche liefern, sehbaren Wirtschaftspolitik. Schon heute Deutschlands sondern auch für viele kleinere Leistungs- müssen etwa 1,5 Millionen Ukrainer auf dem träger, die originelle Lösungen auf Feldern Arbeitsmarkt „aushelfen“, um den Bedarf an Wie erklärt sich dieser scheinbar unaufhör- wie Big Data, Analytik, Internet of Things Arbeitskräften zu befriedigen. Bedenken ha- liche Erfolgskurs? Eine Antwort lautet: (IoT), Fintech und Marketing anbieten. Das ben viele Unternehmen auch angesichts der EU-Mitgliedschaft. Zweifellos gehört das eigentliche Phänomen der polnischen zahlreichen Neuregelungen der vergangenen Land zu den großen Gewinnern der europä- IT-Wirtschaft ist aktuell aber die Computer- Jahre. Häufig sind gesetzliche Reformen nur ischen Einigung. Die EU-Zugehörigkeit spielindustrie. Sie erwirtschaftet in über 300 unzureichend kommuniziert und werden mit wird auch von deutschen Investoren als eine Entwicklungsstudios jährlich rund etwa 500 geringem Vorlauf umgesetzt. Doch trotz die- der wichtigsten Standortbedingungen be- Mio. Euro und wächst rasant. Die polnische ses Umstands zweifelt niemand, dass der Foto: AHK Polen wertet, wie die im Frühjahr veröffentlichte Computerspielindustrie zeigt sich mittler- deutsche Investitionsbestand in Polen, der Konjunkturumfrage der Deutsch-Polni- weile regelmäßig auf Messen wie der Ga- aktuell bereits 17 Prozent aller ausländischen schen Handelskammer (AHK) belegt. Wie mescom in Köln, an der 2019 insgesamt 54 Direktinvestitionen in Polen ausmacht auch kaum ein zweites Land profitierte Polen von polnische Aussteller teilnahmen. in Zukunft wachsen wird. 12 osteuropa informationen 9/10 - 2019
Special > Mittelosteuropa Konferenz in den Karpaten Die wirtschaftlichen Perspektiven der mittel- und osteuropäischen Staaten standen im Zentrum der Diskussionen beim 29. Wirtschaftsforum im polnischen Krynica Anfang September. Jedes Jahr Anfang September treffen sich Dieses Jahr war zudem erstmals ein eigener der OAOEV das Bündnis im Rahmen der Entscheider aus Politik und Wirtschaft aus Veranstaltungsbereich dem Thema Cybersi- Digital Transformation Initiative Western den mittelosteuropäischen Ländern zum cherheit gewidmet. Balkan 6 und ab demnächst auch mit Dialog- „Davos des Ostens“, dem Wirtschaftsforum formaten zu Russland. im malerischen Kurort Krynica, etwa drei Sicherheit im Cyberraum Autostunden südlich von Krakau in den Im Zeichen des zehnjährigen Jubiläums der polnischen Karpaten. Der Unterschied zwi- Der Ost-Ausschuss – Osteuropaverein Östlichen Partnerschaft und der politischen schen der prosperierenden Metropole Kra- (OAOEV) nutzte die Gelegenheit, um mit Veränderungen in der Ukraine standen die kau mit einer Arbeitslosenquote nahe der Partnern aus der Ukraine, Polen und Tsche- Diskussionen im Ukrainian House. Als integ- Vollbeschäftigung und dem kleinen Bergort chien darüber zu diskutieren, wie durch eine ratives Konzept konnte die Östliche Partner- könnte größer kaum sein – außer Anfang engere Zusammenarbeit zwischen Regierun- schaft in den vergangenen zehn Jahren die September, wenn sich wie in diesem Jahr gen und Wirtschaftsvertretern die Wider- beteiligten Länder an die EU binden. Klar rund 4.000 Teilnehmer aus Politik und Wirt- standsfähigkeit im Cyberraum in den mittel- wurde aber auch, dass sich die sechs Länder schaft in dem ansonsten ruhigen Ort treffen, und osteuropäischen Staaten verbesserten – Belarus, Ukraine, Moldau, Armenien, Ge- um über den aktuellen Stand und die Zu- werden kann. Nik Cernomorsky, Partner und orgien, Aserbaidschan – seit 2009 sehr unter- kunft der Wirtschaft zu diskutieren. Risk Advisory Leader bei Deloitte, stellte die schiedlich entwickelt haben. Diskutiert wur- Ergebnisse des Cyber Security Reports und den daher neue Lösungsansätze, um die Wichtige Partner dabei der fünf „Cyber Landscapes“ vor, die der einzelnen Länder unter stärkerer Berücksich- Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. tigung ihrer jeweiligen Fortschritte und Be- Einige der wichtigsten Außenhandelspartner (BDI) gemeinsam mit Deloitte in diesem dürfnisse an die EU zu binden. Diese Diskus- Deutschlands – Polen, Ungarn, Tschechien – Sommer veröffentlichte. Der OAOEV setzte sion, auch das wurde deutlich, steht erst am entsenden jedes Jahr ihre Minister und Wirt- damit sein Engagement im Bündnis für Cy- Anfang und bietet auch für Unternehmen schaftslenker in die Karpaten, um die großen bersicherheit fort, das das Bundesinnenmi- unterschiedliche Anknüpfungspunkte, die Zukunftsthemen zu diskutieren. Vertreter der nisterium und der BDI im Herbst 2018 ge- mit EU-Vertretern diskutiert wurden. mitteleuropäischen Wachstumsmärkte, ein- gründet haben. Eine zentrale Säule des schließlich der baltischen Staaten, aber auch Bündnisses ist die verbesserte internationale der Ukraine und Südosteuropas, waren eben- Kooperation und die Abstimmung der rele- Stefan Kägebein falls dabei. Die amerikanische Handelskam- vanten Akteure. Darüber hinaus unterstützt Regionaldirektor Osteuropa im OAOEV mer wartete mit einem klassischen American Diner auf, große polnische Zeitungen luden zum Austausch, und die Ukraine öffnete erst- malig die Pforten des „Ukrainian House“ auf dem Konferenzgelände. Im Zentrum des Forums stehen der globale Handel, die wirtschaftliche Entwicklung Mittel- und Osteuropas sowie dessen Ver- hältnis zur Europäischen Union (EU). Auf mehr als 300 Podien diskutierten die Panel- listen unter anderem über Themen wie Pro- tektionismus versus Liberalismus, Fachkräf- tesicherung, Wachstum durch Innovation, die Chancen der Digitalisierung, Migration Foto: S. Kägebein oder Gesundheit. OAOEV-Geschäftsführerin Ute Kochlowski-Kadjaia diskutierte in Krynica über Wettbewerbsvorteile als trei- Jedes Jahr im September öffnet sich der Vorhang zum Wirtschaftsforum in Krynica. bende Kraft der Wirtschaft. 13
Special > Mittelosteuropa „Der Wettbewerb um qualifiziertes Personal ist hoch“ Der Autozulieferer Continental eröffnet im Herbst sein erstes Werk im litauischen Kaunas. Die OEI sprachen mit Sami Krimi, Leiter der Continental Elektronikwerke, über die Standortwahl und Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung. Polen, Tschechien, der Slowakei oder aus haben wir die Greenfield 2.0-Initiative Ungarn? ins Leben gerufen, mit der wir unter ande- rem die Kollaboration am Arbeitsplatz so- Wir bewerten jede Investition einzeln und wie die Vereinbarkeit von Beruf und Privat- unabhängig voneinander, es gibt daher kei- leben unserer Mitarbeiter fördern. nen Wettbewerb zwischen verschiedenen Standorten. Unser Werk in Kaunas unter- Auch bei der Gestaltung unseres Standorts stützt unsere europäische Marktpräsenz und in Kaunas haben wir an die Attraktivität für unser künftiges Wachstum in der Produkti- die Mitarbeiter gedacht. Neben einem mo- on von Automobilelektronik. Wir haben Li- dernen Open-Office-Konzept gibt es eine tauen auch gewählt, um uns international Parkanlage vor Ort, verschiedene Sport- weiter zu diversifizieren, eine ausgegliche- möglichkeiten und ein Mitarbeiterrestau- ne Produktion in Europa aufzubauen und rant, außerdem ist ein Kindergarten in Pla- um letztlich die Bedürfnisse unserer Kun- nung. Auch die Erreichbarkeit des Werks den bestmöglich zu bedienen. von der Innenstadt haben wir durch beque- Dr. Sami Krimi me Fahrradrouten und kostenlose Shuttle- Leiter der Continental Elektronikwerke busse optimiert. Nicht zuletzt wird der Wie ist die logistische Anbindung an den Standort besonders umweltfreundlich sein. europäischen Markt und Ihre Abnehmer? Als erstes Continental-Werk haben wir in Litauen ist bisher noch nicht als Standort Kaunas die LEED-Goldzertifizierung erhal- für die Automobilindustrie bekannt. Wie Zu unseren Kunden zählen im Wesentlichen ten. Gründe hierfür waren beispielsweise ist es zu der Standortentscheidung von alle großen Automobilhersteller. Die Pro- unsere Null-Plastik-Strategie, eine Infra- Continental gekommen? duktion im Werk in Litauen konzentriert struktur für die Nutzung von Elektrofahr- sich dabei auf den europäischen Markt. Da- zeugen und zahlreiche Solarpanels auf dem Die Nachfrage unserer Kunden nach Auto- bei ist die Logistik abhängig vom jeweili- Gelände. mobilelektronik wächst kontinuierlich. Der gen Produkt und den Wünschen unserer Bau des ersten Continental-Werks in Litau- Kunden. Wir passen die logistischen Pro- en ist daher ein wichtiger Bestandteil unse- zesse daher individuell an die kundenspezi- Das konjunkturelle Umfeld in der Auto- rer Wachstumsstrategie in Europa. Als mo- fischen Bedürfnisse und Anforderungen an. industrie wird schwieriger. Hat dies Aus- derne Wirtschaftsregion mit exzellenter wirkungen auf die Investitionsentschei- Infrastruktur und hochqualifizierten Ar- dung in Kaunas? beitskräften ist Kaunas für uns der ideale Auch in Litauen gibt es Klagen über den Standort für die Produktion von Automobi- zunehmenden Fachkräftemangel. Wie Nein, die Entscheidung für unser neues lelektronik auf dem neuesten Stand der sind Ihre Erfahrungen vor Ort? Werk in Kaunas bleibt davon aktuell unbe- Technik. Darüber hinaus ist Kaunas das In- rührt. Wir konzentrieren uns voll und ganz dustriezentrum Litauens und das führende Der Wettbewerb um qualifiziertes Personal auf den Bau und den erfolgreichen Start der Elektronik- und Automatisierungszentrum ist auch in Litauen hoch, deshalb bieten wir Anlage, der für Oktober 2019 geplant ist. des Landes. Die rund 47.000 Studierenden, unseren zukünftigen Mitarbeitern zur At- von denen etwa zehn Prozent auf die Elekt- traktivitätssteigerung ein ganzheitliches ronikfertigung spezialisiert sind, verfügen Maßnahmenpaket, einschließlich beispiels- über ein umfangreiches technisches Know- weise einer Kranken-, Unfall- und Reise- how. Wir erwarten daher sehr gut ausgebil- versicherung. In unserer eigenen Schu- dete Mitarbeiter. lungsakademie sowie an anderen Standorten Foto: Continental schulen wir unsere zukünftigen Mitarbeiter und bilden sie weiter, um sie bestmöglich Welche Vorteile bietet Litauen im Ver- auf die Aufgaben im Werk vorzubereiten Die Fragen stellte gleich zu etablierten Standorten wie und Karrierewege zu öffnen. Darüber hin- Christian Himmighoffen 14 osteuropa informationen 9/10 - 2019
Special > Mittelosteuropa Einblicke in 30 Jahre Transformation Mit ihrem Buch „Go East – Erfolge, Erfahrungen, Irrtümer. Wie unsere Wirtschaft den Osten Europas eroberte“, erzählt Jutta Falkner die spannende Geschichte des Transformationsprozesses der vergangenen drei Jahrzehnte. Wir sprachen mit der Autorin. an, über ihre Arbeit zu reflektieren. Ich bin auf sehr viel Offenheit gestoßen. Es ging darum, „Für die meisten Länder die Sicht der Unternehmen zu verstehen: War- der Region sind wir heute um sind sie dorthin, wie sind sie dorthin, wel- Handelspartner Nummer che Probleme gab es, wie haben sie diese be- wältigt? Nikolaus Knauf mit seiner offenen Art eins. Das zeigt, dass bei der war ein toller Gesprächspartner. Von ihm Transformation vieles richtig stammt der Satz: Als Unternehmer sollte man gemacht wurde.“ sich vollkommen frei machen von der Politik. Man muss sie nur ertragen. Der hat das auf den Punkt gebracht. Statistiken der ostdeutschen Bundesländer an- schaut, dann sind die USA, Frankreich, Nieder- lande dort genauso die größten Partner wie in Welche Geschichten haben Sie bei den Re- den westdeutschen Bundesländern. Russlands cherchen besonders beeindruckt? Anteil ist gering, Polen ist noch wichtig. Aber Jutta Falkner der Wandel zu Westeuropa ist deutlich. Wirtschaftsjournalistin Die ganze Rüstungskonversionsfrage in Russ- land war Anfang der 1990er Jahre zentral. Man wird sich bewusst, wie abhängig das Land von Das Wissen ostdeutscher Manager war ein Frau Falkner, welche Überlegungen standen dieser Industrie war und wie wichtig und Vorteil gegenüber Konkurrenten aus ande- am Anfang dieses Buchprojektes? schwer es war, Alternativen aufzubauen, damit ren Ländern. Aber gab es nicht auch spezifi- die Leute nach der Abrüstung in Lohn und Brot sche Nachteile, etwa das belastende histori- Wir begehen in Kürze den 30. Jahrestag des kamen. Absolute Schlüsselprojekte waren auch sche Erbe? Mauerfalls und den Beginn der Transformation. die Erdgas-Röhren-Geschäfte ab den frühen Bei den bisherigen Jahrestagen lag der Schwer- 1970er Jahre. Beim Schreiben wurde mir be- Ich habe über die Jahre nie erlebt, dass Deut- punkt immer auf der politischen Perspektive. wusst, dass es bei diesen Themen auch schon sche auf Vorbehalte gestoßen wären. Das hat Mit dem Buch will ich die Aufmerksamkeit auf früher immer wieder die USA waren, die Steine mich schon manchmal gewundert, wenn man in den Beitrag der Wirtschaft lenken, die die ei- in Form von Sanktionen in den Weg gelegt ha- Gegenden war, wo die Deutschen böse gewütet gentliche Aufbauarbeit geleistet hat. Die Ein- ben. Besonders sind auch die Hintergründe zu haben. Alles in allem haben die Deutschen in führung der Marktwirtschaft in ganz Osteuropa VW, welche Probleme es bei der Übernahme Osteuropa gezeigt, dass sie nicht nur reden, innerhalb kürzester Zeit ist ein historisch ein- von Škoda gab. sondern tun. Und der Ruf, der ihnen vorauseilt maliger Prozess. Ich fand es reizvoll, dies zu – Made in Germany, Ingenieurskunst, korrekt dokumentieren und denjenigen mit auf den zu sein – das spielt eine große Rolle. Diesen Weg zu geben, die das nicht selbst erlebt haben. Gibt es überraschende Erkenntnisse, die Sie Respekt haben sich die Deutschen erarbeitet. Ich denke, dass insgesamt die Wirtschaft in den während der Recherchen gewonnen haben? Für die meisten Länder der Region sind wir Medien zu wenig und zu negativ wahrgenom- heute Handelspartner Nummer eins. Das zeigt, men wird. Sie müsste hier viel selbstbewusster Ein Schlüssel zum Erfolg der deutschen Unter- dass bei der Transformation vieles richtig ge- auftreten. Sie darf sich nicht verstecken. nehmen waren die vielen, gut ausgebildeten macht wurde. Ostdeutschen, die die Sprache kannten, die die Länder kannten und die dann für viele Unter- Sehen Sie dazu den Buchhinweis auf S. 26. Sie haben für das Buch eine große Zahl von nehmen bereit waren, den Neuanfang zu star- Zeitzeugen gesprochen. Mit welchen Gefüh- ten. Sie konnten in den osteuropäischen Län- len blicken diese auf diese wilde Zeit zurück? dern Positionen einnehmen, die sie in der Bundesrepublik niemals hätten erreichen kön- Viele waren in erster Linie dankbar, über diese nen. Interessant ist aber auch, dass sich viele Zeit noch einmal sprechen zu können. Die ostdeutsche Unternehmen umgekehrt stark Das Gespräch führte meisten sind nicht mehr aktiv und fangen jetzt nach Westen orientiert haben. Wenn man die Andreas Metz 15
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