INGENIEURINNEN ENTWICKELN GESTALTEN GEWINNEN - Bilfinger
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
dib HISTORIE Eine Zeitreise durch die Geschichte des dib – von 1986 bis heute FRAUEN UND TECHNIK Gedanken von Angela Merkel INTERVIEWS ERFAHRUNGSBERICHTE TRENDS UND TIPPS INGENIEURINNEN ENTWICKELN GESTALTEN GEWINNEN
Nina Loof Antriebsvalidierung, Deutschland (Sindelfingen) Nina Loof Antriebsvalidierung, Deutschland (Sindelfingen) Wir Wirentwickeln entwickelndie dieTechnik Technikvon vonmorgen. morgen. Für Fürdie dieGeneration Generationvonvonübermorgen. übermorgen.Das Dassind sindwir. wir. Wer Weretwas etwaserscha erscha , trägt , trägtauch auchVerantwortung. Verantwortung. AlsAls ErfiErfi nder desdes nder Automobils Automobilssehen wir wir sehen es deshalb als als es deshalb unsere besondere Pfl icht, jedes neue Fahrzeug nicht nur komfortabler und sicherer, unsere besondere Pflicht, jedes neue Fahrzeug nicht nur komfortabler und sicherer, sondern auch sondern auch effi effizienter zienterund undsauberer saubererzuzumachen. machen. SoSokommen kommen wirwir unserem unserem ZielZiel immer näher immer – dem näher – dememissionsfreien emissionsfreien Fahren. Wenn das auch Ihr Antrieb ist, dann lassen Sie uns gemeinsam Fahren. Wenn das auch Ihr Antrieb ist, dann lassen Sie uns gemeinsam an den besten an den besten Lösungen Lösungen arbeiten. arbeiten.Ihre IhreKarriere Karrierevon vonmorgen morgen startet auf: startet www.daimler.com/karriere auf: www.daimler.com/karriere Zum Markenportfolio der Daimler AG gehören Mercedes-Benz, Mercedes-AMG, Mercedes-Maybach, smart, Mercedes me, Freightliner, Western Star, Zum Markenportfolio BharatBenz, Fuso, Setra,der Daimler Thomas AGBuses Built gehören Mercedes-Benz, sowie Mercedes-AMG, die Mercedes-Benz Mercedes-Maybach, Bank, Mercedes-Benz smart, Mercedes Financial, Daimler me, Freightliner, Truck Financial, Western moovel, car2go und Star, mytaxi. BharatBenz, Fuso, Setra, Thomas Built Buses sowie die Mercedes-Benz Bank, Mercedes-Benz Financial, Daimler Truck Financial, moovel, car2go und mytaxi.
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 3 Editorial Ein Jubiläum ist die beste Gelegenheit Die Jubiläumsbroschüre des dib ist zu- zur Bestandsaufnahme. Der Blick zurück gleich Reise in die Vergangenheit als auch zeigt Ziele und Ergebnisse, Fortschritte, Er- Fahrplan in die Zukunft. Der Informations- folge und Meilensteine. Zugleich wandern mix aus Erfahrungsberichten, Statements Gedanken und Visionen voraus: Was wol- und Interviews zeigt die gesamte Band- len wir noch bewegen? breite des MINT-Bereichs. Die Bilanz des deutschen ingenieurin- Wir danken den dib-Mitgliedern, dem Vor- nenbundes e.V. nach 30 Jahren kann sich stand und auch den Sponsoren für ihre wahrlich sehen lassen. Dank Enthusiasmus Unterstützung. und Beharrlichkeit der Ehrenamtlichen rückte das gesellschaftlich bedeutsame Thema „Frauen in der Technik“ zuneh- mend in den Fokus. Netzwerke, Informa- tionsgrundlagen, Veranstaltungsangebo- te, Projekte, Statements: Der dib ist hoch geschätzter Inputgeber für Unternehmen, Wissenschaft und Politik. Vor allem aber haben die Verbandsfrauen Vorbildfunkti- on für den Nachwuchs. Vorbilder prägen. Sie machen Mut, zeigen Lösungen und Wege. Angesichts umwälzender Verände- rungen durch die Industrie 4.0 ergeben sich für Ingenieurinnen bemerkenswerte Bettina Seehawer Sabine Ursel neue Perspektiven. Herausgeberin Chefredakteurin
4 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. dib Grußwort Der dib: Sprachrohr für Ingenieurinnen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik Ereignisreiche Zeiten – viele Früchte ernten. Dazu zählen unsere bemerkenswerte Erfolge Konzeptvorschläge für Neuregelungen von Arbeitszeit und Elterngeld sowie die 1986 taten sich Studentinnen der Inge- Quotierungsresolution – Themen, die in- nieurwissenschaften zusammen, um für zwischen Eingang in die politische Realität Chancengleichheit und Normalität von gefunden haben. Wir initiierten „Mädchen- Frauen in der Technik zu kämpfen. Mit die- Technik-Tage“, mittlerweile als Girls‘ Days ser Initiative legten sie den Grundstein für institutionalisiert, und die Aktion „TOP25 den dib als eingetragener Verein. Heute – Die 25 einflussreichsten Ingenieurinnen treten bundes- und weltweit über 400 Mit- Deutschlands“, die in Politik und Wirtschaft glieder für die Ziele des dib ein. bewusst machte, wie erfolgreich deutsche Ingenieurinnen sind. Der dib ist national und international die wichtigste Interessenvertretung der deut- Für eine gemeinsame Zukunft schen Ingenieurinnen. Diese Reputation Wir sehen unsere Aufgabe darin, bedeutsa- haben wir durch das unermüdliche Enga- me Impulse für wegweisende Veränderun- gement unserer Mitglieder erworben, die gen im technischen und gesellschaftlichen sich über die Gremienarbeit im Deutschen Kontext der Zukunft zu setzen. Unsere Frauenrat, in den Landesfrauenräten und Gesellschaft soll von kompetenten Frauen in Netzwerken anderer Fach- und Gesell- in wichtigen technischen Zukunftsgre- schaftsverbände sowie in Unternehmen mien, in entscheidenden Funktionen in für unsere Anliegen einbringen. Auf die- Forschung und Wissenschaft, in Führungs- se Weise konnten wir viele Samenkörner und Fachpositionen in Unternehmen profi- in Sachen Chancengleichheit säen und tieren können.
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 5 »Wir konnten viele Samenkörner in Sachen Chancengleichheit säen und viele Früchte ernten.« Ihre dib-Vorstandsfrauen 2016 Viola Brunner Dipl.-Informatikerin Christine Fröhling Dipl.-Ing. (FH) Kunststoff- und Elastomertechnik Es ist an der Zeit, dass deutsche Unterneh- men und Institutionen umdenken und Barbara Gronauer Lippenbekenntnissen auch Taten folgen Dipl.-Kulturwissenschaftlerin lassen. Frauen in Führungspositionen sind überaus erfolgreich. Sie bringen wertvolle Inge Hack Impulse ein. Weltweit machen es viele Un- Dipl.-Ing. (FH) Elektronik ternehmen bereits vor – unser Ziel muss es sein, auch hierbei zum Vorreiter zu werden. Sylvia Kegel Unsere diesjährige Jahrestagung „Wissen Dipl.-Ing. Elektrotechnik/Nachrichtentechnik schaf(f)t Macht“ im November 2016 bietet allen interessierten Frauen eine internati- Tanja Kiesewalter onale Plattform für grenzüberschreitende Dipl.-Ing. Maschinenbau Diskussionen neuer Handlungsansätze. Karin Lindner-Vogt Wir laden Sie herzlich ein – Dipl.-Physikerin feiern Sie mit, diskutieren Sie mit! Nehmen Sie das Jubiläumsjahr 2016 zum Dr. Renate Mayer Anlass, uns (noch besser) kennenzulernen. Dr.-Ing. Dipl.-Informatikerin Wir haben bedeutende gemeinsame Ziele und Verantwortung für die nachfolgende Birgit Pitzschel Generation. Dipl.-Ing. Chemieingenieurwesen Christa Wolf Dipl.-Ing. (FH) Elektrotechnik
6 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. Inhalt dib dib Historie 12 30 Jahre dib – 1986 bis heute 9 dib Themen 50 Für wen und für welche Themen setzt sich der dib ein? dib Nachwuchs 52 Ich will Ingenieurin werden dib Angebote 54 Lernen Sie den dib kennen Angela Merkel dib Mitglieder 56 » Technik ist auch Warum bin ich im dib? Frauensache « dib Regional 58 Ansprechpartnerinnen Grußworte dib Projekt 60 Editorial 3 Flucht/Migration: MINT-Projekt für Frauen und Mädchen dib Grußwort 4 dib Veranstaltungen 62 Angela Merkel 9 Ingenieurin rockt – 30 Jahre dib Veranstaltungskalender Prof. Barbara Schwarze 11 November 2016: INWES Europe startet durch! Impressum 66 12 dib Historie
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 7 Info 30 Tagebuch 36 Prof. Dr. Dr.-Ing. Dr. h. c. Aus dem Tagebuch von Ingenieurinnen Jivka Ovtcharova » Zuerst Stereotypen Mehr Mut 38 verändern « Petra Köppel Frauen fördern und binden 39 Karriere-Index bietet Benchmarking TOP Interviews VTH 40 Technischer Handel braucht Ines Kolmsee, EWE 18 weiblichen Sachverstand Arbeit und Karriere müssen für Mutter und Vater selbstverständlich werden Mentoring 42 Mentoring verhilft mehr Frauen Monika Schulz-Strelow, FidAR 20 zu Führungspositionen Frauen in Aufsichtsräten: Deutschland hinkt weiter hinterher Mutig sein – Start-up gründen 46 Güncem Campagna Rita Forst, ElringKlinger 22 Gabriele Riedmann de Trinidad Aufstieg in die Top-Etage gleicht einem Marathon Hilfsorganisation 49 Ursula Schwarzenbart, Daimler 26 Ingenieure ohne Grenzen – Frauen und Männer punkten, wenn sie sich Hilfe zur Selbsthilfe auf Vielfalt einlassen Buchtipps 55 Prof. Dr. Dr.-Ing. Dr. h. c. Jivka Ovtcharova 30 KIT, Die Quote ist nur ein Etappensieg Charta der Vielfalt 61 Miruna Stoicescu, ESA 44 Veranstaltungskalender 62 Engineers with equal rights and opportunities Kirsten Hartmann, Hochschule Emden/Leer 48 26 Vorbilder? Meine ehemaligen Mathe- und Physiklehrer Ursula Schwarzenbart » Vielfalt ist Grundlage unseres Erfolgs «
EINEN TRAUMJOB FINDEN UND SICH ALLE OPTIONEN OFFENHALTEN GEHT NICHT. DOCH. Bei Fraunhofer steht Karriere für individuelle Entfaltung. Ob Fahrzeuge, Lebensmittel, Umwelt- schutz oder Architektur – Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln überall Neugier. Darum bietet Fraunhofer in allen Bereichen Fort- und Weiterbildungen an. Schließlich kann nur gefordert werden, wer auch gefördert wird. Wie können wir Sie herausfordern? www.fraunhofer.de/karriere STEN AR TIV B AK EI R TG DIE ATT EBER DEUTSCHLAND 2015
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 9 Grußwort anlässlich des 30-jährigen Bestehens des deutschen ingenieurinnenbundes e.V. Technik ist auch Frauensache Technik begeistert. Die Mitglieder des deutschen ingenieurinnenbundes haben diese Begeisterung zum Beruf gemacht und sich ihren Platz in einem bislang von Männern dominierten Arbeitsbereich erobert. Der Verband leistet dabei seit 30 Jahren wertvolle Unterstützung. Seit seiner Gründung dient er neben der Ver- netzung und Interessenvertretung auch mit Blick auf junge Frauen, die einen Beruf dazu, Frauen in Ingenieurberufen schlicht- außerhalb des üblichen Spektrums wäh- weg sichtbarer zu machen, so dass ihr gu- len und sich Vorbilder wünschen, die ih- tes Beispiel Schule machen kann. nen zeigen, dass sie es ebenfalls schaffen können, erfolgreiche Ingenieurinnen zu Dieses Engagement lohnt sich. Zwar gibt werden. es nach wie vor deutlich mehr Ingenieure als Ingenieurinnen. Aber der Frauenanteil Technik ist auch Frauensache. Die Mitglie- unter den Absolventen technischer Studi- der des deutschen ingenieurinnenbundes engänge ist in den vergangenen Jahren sind das beste Beispiel dafür. gestiegen. Immer mehr junge Frauen ent- scheiden sich für eine Karriere in einem der sogenannten MINT-Fächer. Diesen po- sitiven Trend gilt es aufrechtzuerhalten. Daher verbinde ich meine Glückwünsche zum Jubiläum mit der Ermunterung, den Zielen des deutschen ingenieurinnenbun- Dr. Angela Merkel des treu zu bleiben. Das gilt gerade auch Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 11 Grußwort 30 Jahre dib – weiter so! Prof. Barbara Schwarze Vorsitzende des Kompetenzzentrums Technik- Diversity-Chancengleichheit e.V., Bielefeld www.kompetenzz.de und durch gemeinsame Aktionen für mehr Frauen in MINT eine Verbesserung ihrer beruflichen Situation angeschoben. Inzwi- „Sie sind Ingenieur?“ Vor 30 Jahren lös- schen werden Ingenieurinnen gehört. Der ten viele Ingenieurinnen noch Erstaunen dib hat daran großen Anteil. aus, wenn sie ihren Beruf nannten. 1988 hatte der dib erstmals gemeinsam mit an- Im Vorstand unseres Kompetenzzen- deren Verbänden auf der Hannover Mes- trums Technik-Diversity-Chancengleichheit se für starke öffentliche Aufmerksamkeit schätzen wir die Zusammenarbeit mit dem gesorgt, als ein Stand unter dem Motto dib ganz besonders in der Diskussion um „Frau + Technik“ initiiert wurde. Zum ers- die aktuellen gesellschafts-, bildungs- und ten Mal war sichtbar, dass Technik keine berufspolitischen Themen und Aufgaben. Männerdomäne sein muss. Mich hat da- Das alles hat auch Wirkung gezeigt: Es ist mals beeindruckt, wie mutig, kompetent selbstverständlicher geworden, dass junge und selbstbewusst die beteiligten Inge- Frauen einen technischen Beruf ergreifen, nieurinnen und Naturwissenschaftlerin- als Ingenieurin oder Informatikerin tätig nen auftraten und wie groß der Zuspruch sind und in der Führung von Unterneh- war. Mir wurde klar: Zusammen können wir men und Organisationen Verantwortung Änderungen herbeiführen. Seitdem sind übernehmen. Wir werden diese Entwick- wir einen langen Weg gemeinsam gegan- lung weiter voranbringen. Ich freue mich gen, haben uns vernetzt, ausgetauscht auf viele kreative Ideen und Konzepte!
12 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. dib Historie 30 Jahre dib – 1986 bis heute 1986 NETZWERKEN Vereinsgründung Auf dem 12. Treffen von Frauen in Naturwissen- schaft und Technik in Oldenburg wird die Gründung des dib als eigenständiges und un- abhängiges Netzwerk von Ingenieurinnen und Ingenieurstudentinnen diskutiert und am 12. Juni 1986 beim Notar in Darmstadt realisiert. Von Beginn an ist der Verein in Regional- gruppen untergliedert, die eigenständig und eigenverantwortlich aktiv sind. 1987 ÖFFENTLICHE ANGEBOTE Vereinszeitschrift Die erste Ver- einszeitschrift des dib erscheint unter dem Namen „Rundbrief“. Seit 2009 firmiert das vierteljährlich erscheinende Magazin un- ter dem Namen „Die Ingenieurin“. Neben einem umfangreichen Schwerpunktthema bestimmen Top-News, Berichte, Termine und Gastbeiträge den Inhalt der Zeitschrift. 1988 STATEMENTS Resolution Die Mitgliederversammlung des dib beschließt die erste Re- solution: Thema Quotenregelung. Insgesamt verabschiedete der dib ein halbes Dutzend Resolutionen, von denen einige inzwischen im politischen Betrieb angekommen sind – z.B. die oben genannte Quotenregelung. 1988 ÖFFENTLICHE ANGEBOTE Messeauftritte Sowohl eigenständig als auch gemein- sam mit anderen Frauenverbänden nutzt der dib diese großen öffentlichen Foren, um bekannter zu werden und seine Ziele in die Gesellschaft zu tragen. Startpunkt war die Hannover Messe 1988 (gemeinsamer Stand „Frau + Technik“ mit Frauen des VDI, VDE, dab). Seither wurde eine Vielzahl technisch-, politisch-, arbeits- oder familienorientier- ter Messen besucht, aktuell u.a. der Wissenschaftscampus Fraunhofer (verschiedene
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 13 Städte), die WoMenPower (Hannover) und die women&work (Bonn). Auch Vorträge und Diskussionsrunden innerhalb der angegliederten Veranstaltungsreihen dienen dem Informationstransfer. 1989 NETZWERKEN Deutscher Frauenrat Der dib wird Mitglied im DF, dem bundeswei- ten Zusammenschluss von Frauenverbänden aller gesellschaftlich relevanter Bereiche. 2004 ist der dib erstmals und von 2008 bis 2014 mit Dr. Kira Stein ununterbrochen im Vorstand des DF vertreten. 1990 NACHWUCHSFÖRDERUNG Schülerinnen Der dib initiiert den ersten Mädchen- Technik-Tag in München mit dem Ziel, mehr junge Frauen für technische Ausbildungen und Studiengänge zu motivieren. Fortan ist der dib an vielen Veranstaltungen ähnlicher Art beteiligt, immer auch am Girls‘ Day. 2010 werden spezielle MINT-Parcours entwickelt (ausleihbar für Schulen), die vornehmlich 15- und 16-jährige Mädchen an die Technik heranführen sollen. 1991 ÖFFENTLICHE ANGEBOTE Tagung Die erste Tagung des dib findet statt. Sie wird seither jährlich mit wechselnden Themen an verschiedenen Orten durchgeführt. Das Interesse ist groß, es nehmen inzwischen regelmäßig bis zu 200 Ingenieurinnen an der mehrtägigen Veranstaltung teil. 1993 NETZWERKEN Landesfrauenräte Als erste Regionalgruppe wird die RG-Stuttgart Mitglied im Landesfrauenrat in Baden-Württemberg. Heute engagiert sich der dib in neun Landesfrauenräten und ist seit 2005 auch in verschiedenen Vorständen von Landesfrauenräten vertreten. 1994 ÖFFENTLICHE ANGEBOTE Veranstaltungsprogramm Das erste Seminarprogramm des dib erscheint. In der Zwischenzeit ist das Veranstaltungsprogramm ein gut etabliertes Angebot des Vereins, an dem auch vereinsunabhängig interessierte Frauen teilnehmen. 1997 ÖFFENTLICHE ANGEBOTE Internet Die Website des dib geht online. Seit 2011 ist der dib auch in XING, Facebook und bei Twitter aktiv.
14 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. GRÜNDUNGSIMPULS dib Regional »Was sind Sie ... Ingenieurin?« Wintersemester 1985/86, rinnen wussten: Einen Job zu bekommen, TH Darmstadt, Ringvorlesung: war schwierig, schließlich kam es nicht „Frauen in der Wissenschaft“ selten vor, dass eine Frau nur deshalb zum Eine der Vorlesungen beschäftigte sich Bewerbungsgespräch eingeladen wurde, mit der Situation von Ingenieurinnen. Die um sich so ein „Exemplar“ einmal anzuse- vortragende Ingenieurin Gisela Scheinig hen. Auch ein viel beachteter Karriererat- konstatierte: „Der Frauenanteil in den In- geber des Vereins Deutscher Ingenieure genieurwissenschaften ist extrem niedrig. (VDI) leistete keine Hilfe, denn die Hinwei- Die Studentinnen genießen hohe Auf- se waren für Frauen nicht umsetzbar und merksamkeit, allerdings als Exotinnen. Sie offensichtlich nicht für sie gedacht – dieser werden nicht ernsthaft als gleichwertig große Verein setzte sich eindeutig nur für betrachtet.“ Alle (angehenden) Technike- Männer ein. Der Vortrag war für die Studentinnen im Plenum Schock und Erhellung zugleich. Die anschließende Diskussion zeigte: Es gab keine Interessenvertretung für Inge- nieurinnen! Vorhandene Netzwerke er- schienen zu etabliert, altbacken, frauen- feindlich. „Wenn uns keiner hilft, dann helfen wir uns selbst!“, so unser Gedanke. Wir machten Schluss mit Analyse und Jam- merei und ließen Taten folgen: Am 12. Juni 1986 gründeten wir den deutschen inge- nieurinnenbund e.V. Dr.-Ing. Angelika Klein
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 15 1999 NETZWERKEN Öffentliche Hand Als Mitglied im Beirat des Vereins „Frauen geben Technik neue Impulse“, der vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (BMBF), der Bundesanstalt für Arbeit und der Deutschen Telekom AG ins Leben gerufen wurde, ist der dib erstmals Teil eines Projektes der Öffentlichen Hand. Ab 2005 war Dr. Kira Stein im Vorstand der Nachfolgeorganisation, dem Verein „Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit“, seit 2007 im dortigen geschäftsführenden Vorstand. 2008 beginnen die Vorarbeiten zu „Komm mach MINT – Nationaler Pakt für Frauen in MINT-Berufen“, an denen der dib maßgeblich beteiligt ist, ab 2010 als offizieller Partner. Seit 2011 ist der dib Mitglied in der Steuerungs- gruppe der Landesinitiative „Frauen in MINT-Berufen in Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung“, die unter Leitung des Wirtschaftsminis- teriums Baden-Württemberg steht. 2002 NETZWERKEN International Teilnahme an der 12. International Conference of Women Engineers and Scientists (ICWES 12) in Ottawa, Kanada. Dort wird der internationale Verband International Network of Women Engineers and Scientists (INWES) gegründet. Der dib betei- ligt sich aktiv am Gründungsprozess und tritt kurz darauf bei. Von 2008 bis 2011 und wie- der seit 2014 ist der dib im INWES-Vorstand vertreten. Gemeinsam mit den französischen Verbänden Femmes Ingénieurs (FI), Femmes et Sciences, femmes & mathématiques und dem britischen Verband Women’s Engineering Society (WES) organisiert der dib die 14. International Conference of Women Engineers and Scientists (ICWES 14), die im Juli 2008 in Lille in Frankreich stattfindet. 400 Naturwissenschaftlerinnen und Ingenieurinnen aus aller Welt nehmen teil. 2004 NACHWUCHSFÖRDERUNG Studentinnen dib-Mitglieder starten ihr Engagement als Mentorinnen und sind in Landesprogrammen in Hessen und Bayern und seit 2008 international im Mentoring bei der European Federation of Mentoring for Girls and Women (WoMentor) aktiv. 2006 JUBILÄUMSAKTION Festakt 20 Jahre dib In Darmstadt wird am 12. Juni das 20-jähri- ge Bestehen des Vereins gefeiert. Grußworte von Ruth Wagner (Vizepräsidentin des Hessi- schen Landtags), Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner (Präsident der TU Darmstadt) beim Festakt sowie von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Jubiläumsbroschüre repräsentie- ren den dib in der Mitte der Gesellschaft.
16 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 2009 STATEMENTS Frauen an die Spitze Der dib unterstützt die „Nürnberger Resolution“ für mehr Frauen in Aufsichtsräten und Spitzenpositionen und nimmt in Stuttgart erstmals am Kongress „Spitzenfrauen – Wege ganz nach oben“ teil. Bei Aktionärsversammlungen technischer Unternehmen fordert dib-Vorstandsmitglied Sylvia Kegel 2010 fundiert eine signifikante Frauenbeteiligung an Vorstands- und Aufsichtsratspositionen. 2009 EHRUNGEN Dr. Kira Stein, langjähriges dib-Vorstandsmitglied, erhält im Oktober das Verdienstkreuz am Bande der Bundes- republik Deutschland für ihr jahrzehntelan- ges ehrenamtliches Engagement für Frau- en in technischen Berufen. Zwei weitere dib-Mitglieder folgen: im Dezember 2009 Maren Heinzerling ebenfalls mit dem Ver- dienstkreuz am Bande und 2012 Barbara Leyenecker mit der Verdienstmedaille. Horst Köhler (Bundespräsident von 2004 bis 2010), Dr. Kira Stein, Eva Luise Köhler 2011 JUBILÄUMSAKTION TOP25 Zum 25-jährigen Bestehen werden die 25 einflussreichs- ten Ingenieurinnen Deutschlands nach einem öffentlichen Vorschlagsverfahren von einer hochkarätigen vereinsunabhängigen Jury ausgewählt und prämiert. Die Aktion erfährt ein großes Echo in Presse und Politik. 2012 STATEMENTS Neue Technikthemen Verschiedene Mitglieder und Gruppen im dib starten ihre Arbeit zu aktuellen technisch orientierten Themen, z.B. Green Economy und technische Assistenzsysteme für alte Menschen und Menschen mit Einschränkungen. 2013 STATEMENTS Unter dem Motto „Spitzenfrauen fragen Spitzenkandidaten“ treffen am 17. Mai 2013 zehn führende Frauenverbände in Berlin alle im Bundestag vertretenen Parteien, um diese im Vorfeld zur Bundestagswahl zu ihrer Frauenpolitik zu befragen und damit das Quotengesetz medienwirksam zu befeuern.
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 17 2015 NETZWERKEN MINT-Mütter Gemeinsam mit den Akteurinnen von 1988 (Messestand in Hannover) gründen dib-Mitglieder die Arbeitsgruppe MINT-Mütter mit dem Ziel, die Geschichte(n) der Pionierinnen aufzuarbeiten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 2016 NETZWERKEN International Der dib initiiert die Gründung von INWES Europe mit und richtet zum ersten Mal eine internationale dib-Tagung gemeinsam mit der INWES Regional Conference Europe 2016 aus. DER dib HEUTE rund 400 Mitglieder 22 Regionalgruppen in Deutschland Vorstand: 10 gleichberechtigte Vorstandsfrauen, darunter 2 Finanzreferentinnen Mitgliederversammlung: jährlich in Verbindung mit der Jahrestagung Magazin „Die Ingenieurin“: erscheint vierteljährlich (ISSN: 1612-8281) www.dibev.de
18 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. TOP Vorstand Arbeit und Karriere müssen für beide – Mutter und Vater – selbstverständlich werden Ines Kolmsee Diplom-Ingenieurin (Energie- und Verfahrenstechnik) Jahrgang 1970, 4 Kinder EWE AG, Oldenburg: seit Mai 2015 Mitglied des Vorstands (Technik) Von 2004 bis 2014 Vorsitzende des Vorstands der SKW Stahl-Metallurgie Holding AG in München. Bis zu ihrem Eintritt bei EWE war Ines Kolmsee unternehmerisch für die von ihr mitgegründete Smart Hydro Power GmbH tätig. 2013 wurden Sie zur Managerin des Jahres gekürt: als „Leuchtturm in der Männerwelt der Wirtschaft“. Man bescheinigt Ihnen Leistungs- und Wettbe- werbsorientierung, gepaart mit Leidenschaft und Willenskraft. Ist es schwerer, an die Spitze zu gelangen oder oben zu bleiben? Das lässt sich nur schwer vergleichen. In jedem Fall ist es anstrengend. Klar ist, ohne Kompromisse einzugehen,
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 19 wird man nicht nach oben kommen und bei Aufsichtsräten: Deren Mitglieder set- auch nicht oben bleiben. Die Frage ist, zen sich meist aus vielen verschiedenen inwieweit man bereit ist, Kompromisse für Berufsgruppen zusammen, so dass die Karriere einzugehen. Diese Entschei- es einfacher ist, die Quote zu erfüllen. dung muss jeder für sich selbst treffen. Sie sind Mutter von vier Kindern Sie lehnen eine Quote für Vorstände und haben parallel eine bemerkens- ab, befürworten diese aber für werte Karriere vorzuweisen. Was Aufsichtsräte. Was macht den Unter- müssen Unternehmen tun, um schied? Vereinbarkeit von Familie und Beruf Richtig, ich spreche mich gegen eine ernsthaft zu fördern? Quotenregelung für Vorstände aus. Ganz Die Unternehmen tun bereits sehr viel. einfach deshalb, weil die Quote kaum Bei EWE zum Beispiel gibt es eine eigene zu erfüllen wäre – es gibt einfach zu Kindertagesstätte, flexible Arbeitszeiten, wenige Frauen in technischen Berufen. sogar Eltern-Kind-Büros. Viel entscheiden- Unternehmen nun zu zwingen, aus dieser der ist ein Umdenken der Männer. Es muss sehr kleinen Grundgesamtheit Frauen normal werden, dass sich auch Männer in in den Vorstand zu berufen, halte ich für Führungspositionen um den Nachwuchs schwierig und auch nicht richtig. Anders kümmern, das Kind beispielsweise aus dem Kindergarten abholen oder einfach mal von zu Hause aus arbeiten können. Mein Eindruck ist, dass Männern, die dies heute schon tun, die Karriere weniger zu- getraut wird. Arbeit und Karriere müssen für beide – Mutter und Vater – selbstver- ständlich werden.
20 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. TOP Präsidentin Frauen in Aufsichtsräten: Deutschland hinkt weiter hinterher Meilenstein in der FidAR-Geschichte: Unternehmen waren verunsichert, und 6. März 2015, das Inkrafttreten des obwohl sie die Kriterien erfüllen, war es „Gesetzes zur gleichberechtigten Teil- ihnen nicht bewusst, dass sie vom Gesetz habe von Frauen und Männern an betroffen sind. Laut unserem Stimmungs- Führungspositionen“. Sehen Sie seitdem barometer sehen die Unternehmen bei entscheidende Fortschritte? der Anwendung des neuen Gesetzes eine Das beschlossene Gesetz verankert in höhere Attraktivität ihres Unternehmens Deutschland erstmalig eine feste Quote für Bewerberinnen als relevanten Vorteil. von 30 Prozent für Neubesetzungen in 103 Unternehmen, die börsennotiert und voll mitbestimmt sind. Die Anforderungen dieses Teils des Gesetzes werden die be- troffenen Unternehmen erfüllen können. » Wir hätten Dazu besteht allgemeine Zuversicht, und die Abfrage bei den Unternehmen gerne mehr bestätigt dies. männliche Die zweite Säule des Gesetzes schreibt freiwillige Zielvorgaben vor, die für Unterstützer.« Aufsichtsrat, Vorstand und das oberste Management bereits im September 2015 festgelegt werden sollten und in diesem Jahr in den Lageberichten veröffentlicht werden müssen. Dies betrifft mindes- tens 3.500 Unternehmen. Viele dieser
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 21 Monika Schulz-Strelow Gründungsmitglied und Präsidentin FidAR e.V. – Die Initiative für mehr Frauen in die Aufsichträte, Berlin www.fidar.de Bei der Besetzung von Aufsichtsrats- funktionen wird immer noch im ,Old Boys Network’ gesucht. Was fordert FidAR konkret? Die Suche in den bekannten Old-Boys- Netzwerken ist immer noch eine bewähr- anderen Ländern. Helfen würde generell te Vorgehensweise. In den Notizbüchern mehr Transparenz und Öffentlichkeit beim dieser Herren sind kaum Frauennamen zu Besetzungsprocedere, doch stehen dem finden. Die Suche erfolgt weit differen- viele Widerstände entgegen. zierter, wenn Personalberater eingeschal- tet werden. Viele Frauen sind aber nicht FidAR hat auch männliche Mitglieder. so „visible“, dass sie automatisch gefunden Was motiviert Männer, gerade auf werden. Die Anforderungen an eine diesem speziellen Gebiet Farbe zu qualitative Verbesserung der Auswahl der bekennen? Aufsichtsratskandidaten sollten aus den Unter den Männern, die sich bei FidAR Reihen des Aufsichtsrats selbst kommen, engagieren – und wir hätten gerne mehr dann wäre es mit einer entsprechenden männliche Unterstützer – sind einige, Einsicht verbunden. Die Empfehlungen denen das Thema der gleichberechtigten der DCGK (Deutscher Corporate Gover- Teilhabe ein echtes Anliegen ist. Andere nance Kodex)-Kommission bestehen seit sind beruflich an dem Thema interessiert mehreren Jahren und bewirken auf dem und finden hier spannende Gesprächs- Gebiet keine spürbaren Veränderungen; partnerinnen oder sogar Kandidatinnen internationale Investoren sollten dezidier- für Besetzungen und zumindest einen ter nachfragen, dies ist in Deutschland je- guten Überblick über den aktuellen doch noch nicht soweit entwickelt wie in Diskussionsstand.
22 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. TOP Aufsichtsrätin Aufstieg in die Top-Etage gleicht einem Marathon Rita Forst Diplom-Ingenieurin (Maschinenbau) Jahrgang 1955, 2 Kinder ElringKlinger AG, Dettingen: Mitglied des Aufsichtsrat Beiratsmitglied: Joh. Winkelhofer Beteiligungs GmbH & Co. KG, München Metalsa, S.A. de C.V., Mexiko Rita Forst verantwortete bis 2012 den Vorstandsbereich Technische Entwicklung bei Opel und die europäischen Entwicklungsaktivi- täten von General Motors. Frau Forst, Sie haben sich vor fünf ative der Bundesregierung, Frauenquoten Jahren während Ihrer aktiven Zeit bei in den Unternehmen einzuführen, gäbe es Opel gegen eine Frauenquote ausge- wohl auch in Zukunft kaum Bewegung in sprochen. Wie stehen Sie heute dazu? dieser Thematik. Heute sehe ich die Dinge etwas anders. In Männer fördern bevorzugt Männer, wenn den vergangenen zehn Jahren, in denen auch oft unbewusst. Durch eine Quote sich viele Unternehmen eine Selbstver- werden Vorgesetzte quasi gezwungen, pflichtung zur Frauenförderung auferlegt auch Frauen als qualifizierte Kandidaten hatten, ist der Frauenanteil in Führungspo- wahrzunehmen, mit in den Auswahlpro- sitionen kaum gewachsen. Ohne die Initi- zess aufzunehmen und zu fördern.
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 23 Warum verschwinden viele in Vor- mit technischer Ausbildung, sondern die standsposition gehievte Frauen nach Betriebe sind auch offener für Frauen in kurzer Zeit wieder? Führungspositionen geworden. Ich kann hier nur spekulieren, dass Frauen in diesen Fällen einfach nicht genügend Sie haben gelernt, sich in einer ausge- auf diese Aufgabe und Verantwor- sprochenen Männerdomäne durch- tung vorbereitet waren, oder sie waren zubeißen. Was raten Sie Frauen, die schlichtweg überfordert. Auch kann es hochqualifiziert sind, aber (noch) nicht möglich sein, dass sie andere Methoden über Ihre Energie verfügen? und Ansätze zur Erreichung der Geschäfts- Ich rate Frauen, sich bei jedem Karriere- ziele verfolgt haben als ihre männlichen schritt zu fragen, ob die neue Aufgabe Kollegen. Wenn Frauen in der Männerwelt in Harmonie mit dem eigenen Anspruch nicht so ticken und mitspielen wie Team- an Ambition und der Selbstzufrieden- Kollegen oder der Chef, dann kann das heit steht. schon ausschlaggebend für ein schnelles Karriere-Aus sein. Hier sieht man somit auch die Kehrseite der Medaille. Nur wenn » Männer fördern fachliche und soziale Kompetenz, Leis- tungsbereitschaft, politisches Feingefühl bevorzugt Männer, und das nötige Durchhaltevermögen passen, kann eine Frau in einer Männer- wenn auch oft domäne erfolgreich sein. unbewusst. « Wie sieht es in Ihrem Umfeld aus – bezogen auf Frauen in Führungs- positionen und bei Ingenieurinnen? Die Unternehmen in der Automobil- industrie suchen intensiv nach gut ausgebildeten Ingenieurinnen. Man weiß mittlerweile, dass gemischte Teams sehr effizient, innovativ und kreativ sind. Die Anforderungen der Kunden an die Produkte werden dadurch ebenfalls besser abgedeckt. Die Chancen von gut ausgebildeten Ingenieurinnen, die sich in einem Unternehmen für den Karriere- weg als Führungskraft entscheiden, sind heute besser denn je. Es gibt nicht nur steigenden Bedarf an Führungskräften
MACHEN SIE MÄDCHEN STARK FÜR MINT! www.cybermentor.de B e geis te r n Sie als Me ntor in Mädc he n f ür das Inge nieur we s e n Zeigen Sie Mädchen als Rollenvorbild die faszinierende Welt von MINT. Werden Sie Teil des deutschlandweit größten E-Mentoring- Programms CyberMentor! CyberMentor Sie können als Mentorin bei CyberMentor... M x Mathematik ein Jahr lang eine Schülerin im Alter von 12 bis 18 Jahren im 1:1-Mentoring betreuen, sich auf der geschützten Online-Plattform aus- tauschen und Mädchen zu mehr MINT-Aktivitäten I Informatik anregen sowie in ca. 30 Minuten pro Woche Mädchen Einblicke in die Vielfalt ihres MINT-Berufs geben. N Naturwissen- Sie profitieren als Mentorin bei CyberMentor... schaften von einem deutschlandweiten Netzwerk mit bis zu 800 gleichgesinnten MINT-Frauen und T von einer umfangreichen Sammlung verschiedener Technik Projektideen und Materialien. Registrieren Sie sich jetzt kostenfrei unter cybermentor.de! UNSERE PARTNER
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 25 Immer wieder zu beweisen, dass man Geschlecht. Männer sind in der Regel einer Aufgabe gewachsen ist, fordert wesentlich besser vernetzt als Frauen. sehr viel Energie und Durchhaltever- Offensichtlich gelingt es den wenigen mögen. Den Aufstieg bis in die Top- Frauen in Führungspositionen nicht, Etagen zu schaffen kann ein Marathon sich effizient mit anderen zu vernetzen. sein. Denke ich an meine aktive Zeit zurück, gab es einige Situation, in denen ein Welche Rolle spielt cleveres Netz- Erfahrungsaustausch mit einer Kollegin werken für die Karriere einer Frau? für mich sehr hilfreich gewesen wäre. Cleveres Netzwerken spielt eine Zudem ist es schwierig für Frauen, in ganz besonders große Rolle auf die „informellen Kreise“ der Männer- dem Karriereweg, unabhängig vom welt einzudringen.
26 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. TOP Director HR/Diversity Frauen und Männer punkten, wenn sie sich auf Vielfalt einlassen Diversity wird in den USA anders ge- riesiges Potenzial neuer Ideen. Nur so ist lebt als in Südafrika oder in Deutsch- es möglich, kurzen Innovationszyklen, land. Die Komplexität kultureller globalen Märkten und auch der Digita- Unterschiede macht Gender-Diskus- lisierung gerecht zu werden. Als Global sionen interessant und kompliziert Diversity Office ist es unsere Aufgabe, die zugleich. Wie schafft man es in Beschäftigten kontinuierlich dabei zu be- einem Konzern, global agierende gleiten und zu befähigen, die Vorteile der Mitarbeiter zu einem gemeinsamen Vielfalt wahrzunehmen und zu nutzen. Verständnis zu führen? Zum Beispiel fördern wir diesen Prozess Unser gemeinsames Verständnis von durch Diversity Workshops und Konferen- Diversity beruht auf der Überzeugung, zen, die überall auf der Welt stattfinden. dass Vielfalt eine Grundlage unseres Erfolgs ist. Unsere 285.000 Beschäftigten Bis 2020 will Daimler mindestens gehören alle gemeinsam zu unserem 20 Prozent Frauen in Führungs- Unternehmen und vertreten daher auch positionen beschäftigen. Wo stehen die Werte des Unternehmens sowohl Sie auf Ihrem Weg? Gibt es schon nach innen wie auch in die Öffentlichkeit. eine Roadmap für „danach“? Im Arbeitsalltag erleben alle Kolleginnen Unser Weg lässt sich einfach zurück- und Kollegen aus erster Hand, dass unter- verfolgen: Vor zehn Jahren lag unser Frau- schiedliche Perspektiven, Kenntnisse und enanteil in leitenden Führungspositionen Erfahrungen zwar manchmal anstren- bei 6 Prozent und wir haben uns vorge- gend sein können, aber unsere Projekte nommen, diesen jährlich um einen und die Zusammenarbeit in erster Linie Prozentpunkt zu steigern. 2007 waren es voran bringen. Wenn fünf Generationen, dann 7 Prozent und 2015 bereits 15. Ende Männer und Frauen und 150 Nationali- dieses Jahres peilen wir 16 Prozent an. täten zusammenarbeiten, entsteht ein Bislang haben wir unser Ziel jedes Jahr
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 27 Ursula Schwarzenbart Diplom-Pädagogin, Jahrgang 1958 Daimler AG, Stuttgart: Leiterin Global Diversity Management/ Director Global Diversity Office Ziel: Bis zum Jahr 2020 sind 20 Prozent der leitenden Führungspositionen bei Daimler mit Frauen zu besetzen. erreicht. Diese Zahlen sind natürlich vor wagen Smart bis zum Truck, von Mobili- allem ein Zeichen dafür, dass sich unsere tätskonzepten bis zu Finanzdienstleistun- Kultur ändert. Ein Drittel unserer Team- gen. Woran unsere Ingenieurinnen und leiterinnen arbeitet inzwischen in Teilzeit, Ingenieure heute tüfteln, damit fahren wir haben 870 Kita-Plätze, Jobsharing-Tan- morgen unsere Kunden auf der Straße – dems auf Abteilungsleiterebene, und der und das weltweit. Auch unsere Entwick- Anteil der Herren, die Elternzeit nehmen, lungsmöglichkeiten reichen weit über das liegt bei rund 70 Prozent. Ich wäre sicher Neckartal hinaus: Wer neue Wege gehen die Falsche für meinen Job, wenn ich will, hat an mehr als 170 Standorten auf mich zurücklehnen würde, sobald der sechs Kontinenten dazu Gelegenheit. Frauenanteil in leitenden Führungskräften Auch im letzten Jahr haben wir über bei 20 Prozent liegt. Im Gegenteil, die Ar- 120 Mio. Euro in die Fortbildung unserer beitswelt ist im Wandel und die Frage, wie Mitarbeiter investiert und das alleine in wir das volle Potenzial der Vielfalt nutzen, Deutschland. Außerdem schaffen wir wird sich auch künftig stellen. Voraussetzungen für Frauen und Männer, die sicherstellen, dass ihr Lebensmodell Was tun Sie konkret dafür, Ingenieu- und die unterschiedlichen Lebensphasen rinnen für das Unternehmen zu optimal mit der Arbeit vereinbar sind. begeistern und sie dann auch in den Dazu leisten flexible Arbeitszeitmodelle, technischen Disziplinen zu halten? vom Sabbatical bis zur Auszeit für die Ganz gleich, ob Ingenieurin oder Inge- Pflege von Angehörigen, einen Beitrag. nieur: Spannende Aufgaben wollen alle! Viele Ingenieurinnen gewinnen wir über Und da sind sie bei uns genau richtig. unser Trainee-Programm CAReer für Kaum ein anderer Automobilhersteller Daimler, dort liegt der Frauenanteil inzwi- vereint so viele Marken unter einem Dach. schen bei 40 Prozent. Andere lernen uns Unsere Produktpalette reicht vom Klein- über die „Daimler Women Days“ kennen,
28 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. » Wir schaffen für Frauen und Männer Voraussetzungen, die sicherstellen, dass Lebensmodell und unterschied- liche Lebensphasen optimal mit der Arbeit vereinbar sind. « dort können sich Young Professionals wichtigen Beitrag dazu leisten kann, das oder Studentinnen mit Vertretern unserer in Deutschland weit verbreitete Vorurteil Fachbereiche austauschen. zu widerlegen, dass Frauen und Tech- nik nicht geht. In dem Zusammenhang Ist der Mangel an Frauen in techni- übrigens auch herzlichen Glückwunsch scher Forschung und Praxis ein zum 30-jährigen Bestehen und viel Erfolg deutsches Phänomen? Von wem für die Zukunft! können wir lernen? Wir betrachten auch den Arbeitsmarkt aus Welche Zusatzqualifikationen einer globalen Perspektive und da gibt es sollten Frauen mitbringen, um gegen sicher Länder, in denen sich mehr Frauen Männer zu punkten? für eine Ingenieurslaufbahn entscheiden. Es sollte kein „gegen“ sein, sondern ein Zum Beispiel in China oder im Iran ist „mit“. Langfristig punkten Frauen wie dieses Studium keine ungewöhnliche Männer nur, wenn unterschiedliche Stär- Entscheidung für eine Frau. Mit den „Girls ken vereint werden. Es geht also vor allem Days“ und auch mit unserer Wissenscom- darum, Vorurteile abzubauen und der munity „Genius“ versuchen wir, auch in Tendenz vorzubeugen, sich mit „Gleichen“ Deutschland mehr Mädchen und junge zu umgeben. Weder Männer noch Frauen Frauen für Technik zu begeistern. Und ich sind die besseren Manager. Erfolgreiche hoffe natürlich auch auf Verbände, wie Manager – Frauen und Männer – punkten den deutschen ingenieurinnenbund, der dadurch, dass sie sich auf Vielfalt einlassen seine große Strahlwirkung für Mädchen und mit diese fördern.
30 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. TOP Professorin Die Quote ist nur ein Etappensieg Was bedeutet Industrie 4.0 für Unternehmen und welche Rolle kann der Faktor „Frau“ spielen? Im Interview: Jivka Ovtcharova vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Industrie 4.0 erfordert ganzheitliches Ablaufplanung wird der „selbstbestim- Denken in neuen Dimensionen. Sie per- mende“ oder „intelligente“ Einsatz von sönlich verweisen auf die große Chance Maschinen und IT-Systemen mit direkter der Gesellschaft, mit zu entwickeln Kundeneinbindung in die Geschäfts- und und mit zu wachsen. Welche Potenziale Wertschöpfungsprozesse zum Herzstück. können gerade Frauen hier einbringen? Ein Paradigmenwechsel nicht nur für Die vierte Industrierevolution – Industrie produzierende Unternehmen. 4.0 – steht für die flexible und echt- Die gravierenden Veränderungen betref- zeitfähige Vernetzung von Maschinen, fen Männer und Frauen gleichermaßen. Dienstleistungen und Menschen zum Die breite Gesellschaft tritt zum ersten Zweck, individuelle Waren „on-demand“ Mal in der Geschichte als Mitgestalter und kostengünstig zu produzieren. der Industrialisierung auf. Dies geht mit Durch das Internet getrieben, wächst die entsprechend veränderter Besitz- und reale Produktionswelt mit der virtuellen Benutzermotivation von Produkten einher. Welt der Daten und Informationen zum Emotion, Erlebnis- und Begeisterungsas- Internet of Everything (IoE) zusammen. pekte treten in unserer Wohlstandsgesell- Im Gegensatz zur heutigen vordefinierten schaft in den Vordergrund. Immer mehr Menschen gehen engagiert vor, teilen Bilder und Inhalte, kommentieren Akti- onen in sozialen Netzwerken, sprechen » Wir müssen zuerst die Weiterempfehlungen aus und fühlen sich bestimmten Marken, Produkten und Stereotypen verändern! « Dienstleistungen gegenüber verbunden. Der Mensch als Individuum und „resour- ceful human“ tritt dabei in einer oder
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 31 Prof. Dr. Dr.-Ing. Dr. h. c. Jivka Ovtcharova Diplom-Ingenieurin mit zweifacher Promotion in Maschinenbau und Informatik Jahrgang 1957 Leiterin des Instituts für Informations- management im Ingenieurwesen (IMI) Direktorin im Forschungszentrum für Informatik Karlsruhe (FZI) mehreren „Rollen“ gleichzeitig auf, u.a. Gründerin/Leiterin des Lifecycle als Produzent, Dienstleister, Kunde oder Engineering Solutions Center (LESC) Wissensempfänger. Die weibliche Dimension in einer digitalen Wirtschaft und Gesellschaft birgt enormes Ehrendoktorwürde TU Sofia (2011). Potenzial für Weiterentwicklung. Wir Expertise im Informations- und Daten- müssen zuerst die Stereotypen verändern! management in der Fertigungsindustrie In unserer Gesellschaft herrscht immer Spezialgebiet „Virtual Engineering“ noch die rein technische maskuline Sicht in der Wirtschaft vor, u.a. im Engineering. Die stereotype Vorstellung von maskuli- nen und femininen Berufen prägt früh das Selbstbewusstsein der jungen Generation. Das Engineering hat jedoch mit nahezu allen Lebensbereichen zu tun. Ingenieure werden nicht geboren, sie werden gemacht! Kreativität, Ausdauer und der Wunsch, die Welt positiv zu ver- ändern, sind die drei wichtigen Eigenschaf- ten, die gute Ingenieure kennzeichnen. Frauen können einen enormen Mehrwert im Industrie 4.0-Zeitalter beisteuern, wenn die Gesellschaft begreift, dass es sich nicht nur um Technik und Berufe mit spezifisch männlichen Merkmalen handelt. Es geht
32 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. um uns alle, um die durchquerende Digi- selbst benötigt. Neue Modellierungspa- talisierung unseres täglichen Lebens auf radigmen, Technologielösungen und dem Weg zu einer Weltgesellschaft. Arbeitskulturen ermöglichen den Wechsel der Blickrichtung zu Innovation durch Ihre Vision ist eine zukunftsfähige „resourceful humans“ und tragen somit Innnovationskultur, die zu einem maßgeblich zur effektiven und effizienten grundlegend veränderten Verständnis Teamarbeit in unternehmensübergrei- der menschlichen Möglichkeiten und fenden und interkulturellen Unterneh- Bedürfnisse im Umgang mit Techno- menspartnerschaften bei. Eine belastbare logien, Arbeitssystemen und natürli- Statistik zur Innovationsstärkung durch die chen Ressourcen führt. Wie lässt sich Implementierung digitaler Lösungen und das praktisch umsetzen? der Veränderung von Arbeitsstrukturen Gefragt sind Menschen mit der Fähigkeit ist zurzeit nicht vorhanden. Mögliche des vernetzten Denkens und Handelns Verbesserungen werden u.a. in der Ver- und mit dem Blick für das große Ganze. einfachung von Arbeitsabläufen sowie in Bisher wird der Mensch mit seinem neuen Geschäftsmodellen und modu- Potenzial, trotz aller Beteuerungen, als laren Wertschöpfungsketten gesehen. „human resources“, aber nicht wirklich Insgesamt geht es dabei um Stärkung der als „resourceful human“ betrachtet. Der digitalen Souveränität, d.h. um digitale Übergang zum „Mensch im Mittelpunt Leistungsfähigkeit und Handlungsfähig- der Betrachtung“ setzt eine zukunftsfä- keit. Als zielführend ergibt sich heute im hige Innnovationskultur voraus, die ein vorwettbewerblichen Bereich die enge, grundlegend verändertes Verständnis zweckgebundene Partnerschaft aus der menschlichen Möglichkeiten und Unternehmen und externen Organisatio- Bedürfnisse im Umgang mit Technolo- nen (z.B. aus Forschung und Beratung) mit gien, Arbeitssystemen und natürlichen komplementären Kompetenzen. Durch Ressourcen, aber auch den Menschen vernetztes Arbeiten mit den anderen Partnern und durch „sharing data and work spaces“ für das praktische Erproben können Unternehmen sich mit einer INDUSTRIE 4.0 COLLABORATION LAB smarten Entwicklungs- und Produkti- Partner: KIT, Forschungszentrum Informatik (FZI) onsumgebung vertraut machen, Ideen sowie die Unternehmen SolidLine AG, SolidWorks, und Produkte frühzeitig testen oder auch Bechtle IT-Systemhaus Karlsruhe, TDM Systems GmbH, Mitarbeiter qualifizieren lassen. FORCAM GmbH, simus systems GmbH Die praktische Umsetzung lässt sich am Das „Industrie 4.0 Collaboration Lab“ wurde Beispiel des 2014 am Karlsruher Institut für in die Aktivitäten im Bereich Demonstrationsfabriken, Technologie gegründeten „Industrie 4.0 Forschungskooperationen der „Plattform Industrie Collaboration Lab“ demonstrieren. Unter 4.0“ des BMWi aufgenommen. dem Slogan „Mittelstand trifft Forschung“ begleiten Partner aus Wirtschaft und For- schung mittelständische Unternehmen
30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. 33 bei der Umstellung auf Industrie 4.0. Ziel: Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit » Bei der Digitalisierung sind durch flächendeckende Digitalisie- rung, Vernetzung und echtzeitfähige auch gesellschaftliche Ver- Lösungen für das Tagesgeschäft. Im Test- und Qualifikationslabor lassen sich änderungen zu betrachten. « realitätsnahe Szenarien anhand eigener Datensätze durchspielen und Lösungen für das Geschäft erarbeiten. Zielgruppe: onszyklen anpassen. Alle drei bis fünf Jahre Techniker und Ingenieure im Fertigungs- wechseln die Wissens- und Technologiege- bereich, Vorstände, Geschäftsführer und nerationen. Fertigungsleiter. Zudem werden dem KIT WAS ist Digitalisierung? Nicht das Endziel, Studienarbeiten und Forschungsaufträge sondern eine Initiative mit individuellem, für Nachwuchsförderung erteilt. flexiblem Routenplan. Bedarf: schrittweise Umsetzung möglichst einfacher Maß- Digitalisierung total bedeutet erheb- nahmen für konkrete Probleme aus dem liche strukturelle Veränderungen. Wie Alltag der Unternehmen. müssen sich Unternehmen aufstellen, WO findet Umsetzung statt? Die digitale um wettbewerbsfähig zu bleiben? Transformation eines Unternehmens muss Der Übergang von der heutigen IT- von den Entscheidungsträgern „top- zentrierten Systemsicht zu einer flexiblen down“ eingeleitet werden, die Umsetzung flächendeckenden Prozessvernetzung in erfolgt „bottom-up“. Veränderungen unterschiedlichen Unternehmensberei- beginnen in den Keimzellen eines Un- chen erfolgt schrittweise mit dem „Blick ternehmens durch Sensibilisierung jedes auf das Ganze“, also Praxisrelevanz, Poten- einzelnen Mitarbeiters für den Mehrwert, zial, Umsetzbarkeit und Mehrwert. durch „best practices“ und mit sichtbaren Ich verweise auf die 5 „W“-Thesen: Projekten vor Ort. WARUM ist Gesamtbetrachtung wichtig? WER gestaltet die Umsetzung? Mitarbei- Bei der Digitalisierung sind neben der ter mit der notwendigen Bildung und technischen Machbarkeit auch wirtschaft- Qualifikation. Aus einem menschzen- liche und gesellschaftliche Verände- trierten Blickwinkel lassen sich gehirn- rungen zu betrachten. Bisher hat jede gerechte Arbeitsabläufe in dynamischen industrielle Revolution auf lange Sicht Wertschöpfungsnetzwerken schneller die Welt verändert. Kernfrage: Welche analysieren und optimieren. Erwartungen könnte Industrie 4.0 konkret nachhaltig erfüllen? Insbesondere KMU gehen das Thema WIE Ziele definieren? Ziele der flächende- Industrie 4.0 zögerlich an. Wie lässt ckenden Vernetzung, Digitalisierung und sich dieser Prozess beschleunigen? Echtzeitfähigkeit sollten unternehmens- Der Begriff „Industrie 4.0“ wird oft spezifisch, aber auch zeitvariant definiert missinterpretiert und vorwiegend in werden. Diese sollten sich an immer Zusammenhang mit Industrieriesen schneller aufeinanderfolgende Innovati- gestellt. Gründe: einerseits die durch
34 30 JAHRE deutscher ingenieurinnenbund e. V. Medien verbreitete Annahme, dass es Sollzustand? Wie generieren wir messbare sich dabei um hochkomplexe, großflächi- Mehrwerte für das Tagesgeschäft? Mög- ge und investitionsintensive Produktions- liche Verbesserungen werden u.a. in der einrichtungen handelt. Anderseits ist das Vereinfachung von Arbeitsabläufen sowie Thema vorwiegend in „Zukunftsform“ von in neuen Geschäftsmodellen gesehen. Studien und Veranstaltungen kommu- Nach einer aktuellen Online-Frühjahrsbe- niziert worden. Es wird Zeit, die Umset- fragung von BDI und PwC erwarten acht zung der smarten Produktion aus dem von zehn Unternehmen durch verstärkten Vortragsmodus in die praktische Arbeit zu Einsatz moderner digitaler Technologien überführen. Der Wandel zu Industrie 4.0 einen schnelleren Austausch von Infor- findet an der Basis statt, in den Keimzel- mationen und eine bessere Abstimmung len unserer Wirtschaft – im Mittelstand. von Arbeits- und Produktionsschritten. Wandel ist ohne Veränderungen in jedem Kunden und Zulieferer sind dabei die einzelnen Unternehmen nicht denkbar. wichtigsten Kooperationspartner – wobei Der Mittelstand ist entscheidender Er- die Vernetzung der kleinen Unternehmen folgsfaktor. Nach Angaben des Bundes- (bis zu 100 Mitarbeiter) mit externen ministeriums für Wirtschaft und Energie Partnern deutlich stärker ist als die großer von 2014 gehören mehr als 99 Prozent Unternehmen. Experten gehen von ei- aller deutschen Unternehmen zum nem Effekt von bis zu 20 Prozent in Bezug „German Mittelstand“; sie steuern rund auf Produktivität und Profitabilität aus. 55 Prozent zur gesamten Wirtschaftsleis- tung bei. KMU sind innovativ, im Ausland Ihr Rat: Warum sollten Unternehmen erfolgreich und ein wichtiger Arbeitgeber. verstärkt auf den „Faktor Frau“ bei Ingenieurleistungen setzen? Unternehmen werden mittels Quote unter Druck gesetzt, verstärkt auf Frauen » Die weibliche Dimension in den Ingenieurberufen zu setzen – ein Etappensieg, aber nicht ausreichend. Die der Industrie 4.0 setzt Frauenquote schafft zwar die gesetzliche Grundlage für gleichberechtigte Teilhabe neue Konzepte voraus. « von Frauen und Männern, lässt aber Um- setzungsprobleme, die durch gleichblei- bende Prozesse, Strukturen und Kulturen In Hinblick auf KMU sind möglichst geprägt werden, außen vor. Nochmal: einfach umsetzbare Maßnahmen für Wir müssen Stereotypen verändern! konkrete Alltagsprobleme gefragt. Smarte Idealerweise sollte dann die Umsetzung Produktion muss greifbarer werden sowohl „top-down“, durch Erhöhung der und zeitnah Gestalt annehmen. Fragen: Anteil von Frauen in Aufsichtsräten, aber Wann sind wir in Sachen Industrie 4.0 verstärkt durch „bottom-up“-Veränderun- vollumfänglich arbeits- und handlungs- gen in den operativen Bereichen erfolgen. fähig? Wie kommen wir vom Ist- auf den Die gleichberechtigte Teilhabe von
Sie können auch lesen