Optimierung der Fischaufstiegshilfe am Wasserkraftwerk Bannwil mittels 3D-CFD-Simulation
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Optimierung der Fischaufstiegshilfe am Wasserkraftwerk Bannwil mittels 3D-CFD-Simulation Mattias Deller, Steffen Corbe, Sandra Krähenbühl, Carl Robert Kriewitz-Byun bis auf Höhe der Kraftwerksgebäude und Zusammenfassung ist an ein Fischzählbecken angeschlossen. Technische Fischaufstiegshilfen (FAH) werden in der Regel mithilfe analytischer Die Anbindung des Ausstiegs in das Lösungsansätze dimensioniert, die einer über 100-jährigen Forschungshistorie ent- Oberwasser erfolgt durch ein naturnahes stammen. Das im deutschsprachigen Raum bekannteste Regelwerk ist das «Merk Gerinne (Bild 1). blatt DWA-M 509 – Fischaufstiegsanlagen und fischpassierbare Bauwerke» (DWA, Die Vorbemessung der VSP-Becken 2014). Die darin formulierten Dimensionierungsansätze zeigen für Standardbauweisen erfolgte nach den Vorgaben des DWA-Re gute Übereinstimmung mit der Realität, stossen aber für Sonderbauwerke und gelwerkes (DWA, 2014), wobei für VSP 3 spezifische Anforderungen an die hydraulischen Verhältnisse an ihre Grenzen. Dieser bewusst eine reduzierte Beckenlänge ge- Beitrag stellt 3D-CFD-Simulationen (Computational Fluid Dynamics) als geeignetes wählt wurde. Es wurde dabei schnell klar, Werkzeug für die vertiefte Analyse und Optimierung von FAH vor. Am Beispiel der dass die Becken mit Richtungswechsel, geplanten FAH des Wasserkraftwerkes Bannwil an der Aare wurden die signifikanten das Verteilbecken und auch der obere Teil Fliesscharakteristika räumlich und zeitlich berechnet und visualisiert. Ihre Funktio der FAH (VSP 3) nicht hinreichend mit den nalität wurde überprüft und in einem Variantenstudium optimiert. Zudem wurden die analytischen Ansätzen bemessen werden simulierten Resultate mit analytischen Ansätzen nach DWA (DWA, 2014) verglichen können. Zudem wurde im partizipativen und nach Erkenntnissen der aktuellen Forschung diskutiert. Mit dem vorgestellten Prozess durch alle Akteure das Ziel formu- Verfahren kann die Hydraulik von FAH und insbesondere von Sonderbauwerken liert, im gesamten VSP strömungsstabile bereits vor dem Bau mit grosser Genauigkeit verstanden und optimiert werden. (SST) Strömungsmuster (SM) anzustre ben. Mit der analytischen Standardbemes 1. Einleitung Das Wasserkraftwerk (WKW) Bannwil wur de gemäss Interkantonaler Aareplanung (IKAP) (IKAP, 2014) im Hinblick auf die flussauf- und abwärts gerichtete Fisch wanderung als sanierungspflichtig im Sinne des Gewässerschutzgesetzes (GSchG) (Bundesgesetz, 1991) eingestuft. Im Jahr 2016 startete die BKW Energie AG mit der Projektierung einer neuen FAH. Dank des parallel geführten, partizipativen Prozes ses wurden die Anliegen der beteiligten Akteure (Bundes- und kantonale Behör den, Gemeinden, Fischerei und Umwelt schutzverbände) berücksichtigt. Das Bun desamt für Umwelt (BAFU) bestätigte in der materiellen Vorprüfung im Jahr 2018 die eingereichte Bestvariante. Diese wur de anschliessend auf Stufe Bauprojekt ausgearbeitet. Ergebnis der umfangrei chen Arbeiten ist der Neubau der FAH an der linken Uferseite mit zwei Einstiegen, an welche sich Vertikalschlitzpässe (VSP) anschliessen. Die beiden Einstiegsstränge (VSP 1+ 2) kommen in einem Verteilbecken zusammen, an das sich ein grösserer Ver tikalschlitzpass (VSP 3) mit doppelter Ab flussmenge anschliesst. Dieser verläuft Bild 1: Situation des geplanten Neubaus der FAH. «Wasser Energie Luft» – 113. Jahrgang, 2021, Heft 3, CH-5401 Baden 163
s ung konnte die Umsetzung dieses Ziels Kenngrösse Wert Zielart (Vertreterart) nicht garantiert werden. Um die Funk Lichte Länge Becken [m] ≥ 3,0 Lachs/Grosssalmoniden tionstüchtigkeit des zukünftigen Bau Lichte Breite Becken [m] ≥ 2,25 (=3/4 x Länge) Lachs/Grosssalmoniden werks sicherzustellen, entschied sich die Wassertiefe Becken [m] ≥ 0,8 Lachs/Grosssalmoniden Planerin (BKW Engineering) dazu, die Wasserspiegeldifferenz zw. Becken [m] ≤ 0,13 Barbe Sonderbauteile der Anlage und die SM- Schlitzbreite Becken [m] ≥ 0,30 – 0,35 Barbe/Lachs Prognose numerisch verifizieren zu las- Leistungsdichte Bekcen [W/m³] 100 – 120 Barbe sen. Im Zentrum der hier beschriebenen max. Fliessgeschwindigkeit [m/s] 1,3 Barbe Untersuchung standen das Verteilbecken min. Fliessgeschwindigkeit [m/s] 0,3 Barbe/Lachs und die homogene Aufteilung der Abflüsse Fliessgeschwindigkeit beim Einstieg [m/s] ca. 1,0 Barbe/Lachs auf die VSP-Stränge zu beiden Einstiegen Dicke Sohlensubstrat [m] ≥ 0,2 Barbe/Lachs (VSP 1+ 2). Beschaffenheit Sohlensubstrat 2 bis 3 Fraktionen: 35 – 45 cm 2. Methodik und Vorgehensweise 5 – 15 cm (0,8 – 3 cm) 2.1 Planungsgrundlagen Tabelle 1: Bemessungsvorgaben der IKAP (IKAP, 2014) für VSP an der Aare. Die Planungsgrundlage für sämtliche FAH an der Aare in den Kantonen Bern, Solo Die Geometrie der VSP 1+ 2 wurde mit einer 2.2 Numerisches Modell thurn und Aargau liefert die interkantona Schlitzweite von 0,35 m und einer lichten len Aareplanung (IKAP). Ihre Dimensionie Beckenlänge von 3 m entsprechend den An Modellperimeter und Berechnungsgitter rungsgrundsätze beruhen auf den aner forderungen der IKAP (IKAP, 2014) fest- Für die Beantwortung der Fragestellung kannten Regelwerken für technische FAH. gelegt. Gemäss den analytischen Bemes wurden elf Becken vom VSP 3 und je vier Die IKAP (IKAP, 2014) definiert an der Aare sungsansätzen nach DWA (DWA, 2014) kann Becken von VSP 1 + 2 betrachtet (Bild 2). zwei Zielfischarten: mit einem Abfluss von 0,40 m3 /s die mini- Die exakte Abbildung der Geometrie (i) Der Lachs, als Vertreter der Gross mal geforderte Wassertiefe (h) eingehalten mit dem Berechnungsgitter ist für die 3D- salmoniden, ist mittelfristig wieder im werden. VSP 3 wurde so ausgelegt, dass mit CFD-Simulation zentral. Bereits kleine Ab Aaresystem zu erwarten. Zukunfts der doppelten Abflussmenge von 0,80 m3/s weichungen bei der Schlitzbreite oder bei sichere FAH müssen bereits heute auf vergleichbare Fliessverhältnisse wie in VSP den Einbauten können einen wesentlichen seine Bedürfnisse ausgelegt und die 1 + 2 herrschen. Die lichte Beckenlänge Einfluss auf die berechneten Strömungs Beckenabmessungen entsprechend wurde bewusst auf 4 m begrenzt, um den grössen und das Strömungsmuster ha grosszügig angelegt werden. VSP 3 mit ähnlicher Leistungsdichte wie ben. Um die Unabhängigkeit der berech (ii) Die Barbe ist an der Aare Leitart und die VSP 1 + 2 realisieren zu können. In der neten Strömungsgrössen von der Gitter namensgebend für die fischöko- Konsequenz lagen die Abmessungen aus diskretisierung zu gewährleisten, wurde logische Zonierung (Barbenregion). serhalb der Empfeh lungen nach DWA eine Sensitivitätsanalyse mit verschiede Sie ist anders als der Lachs auch (DWA, 2014) und wurden zur Minimierung nen Gitterauflösungen durchgeführt. Für aktuell ein typischer Vertreter der der Projektrisiken numerisch verifiziert. die folgenden Simulationen wurde dieje Fischpopulationen in der Aare. Ihre Ansprüche definieren, stellvertretend für andere häufige epipotamale Fischarten, die hydraulischen Verhältnisse an eine FAH. Abgeleitet aus diesen Randbedingungen sind die in Tabelle 1 gelisteten Vorgaben zur Bemessung von VSP an der Aare min- destens einzuhalten. Die Tabelle verdeutlicht, dass bei der Dimensionierungsvorgabe für die zukünf tigen VSP an der Aare ein Kompromiss aus geometrischen und hydraulischen An sprüchen beider Zielfischarten angestrebt wurde. Die Beckendimensionen wurden auf einen ausgewachsenen Lachs (Kör perlänge 1 m) ausgelegt, während die hy- draulischen Parameter auf die Barbe aus gerichtet wurden. Dieser Umstand gab den Anstoss für die oben erwähnte Entschei dung, konsequent SST-SM in der FAH anzustreben, um schwimmstarken Arten einen durchgehenden Strömungskorridor zu bieten, dem sie ohne Verzögerung ins Oberwasser folgen können. Bild 2: Modellperimeter der 3D-CFD-Modellierung (rot umrandet). 164 «Wasser Energie Luft» – 113. Jahrgang, 2021, Heft 3, CH-5401 Baden
nige Diskretisierung verwendet, welche ge Zufluss Ausfluss Wassertiefe beim genüber der nächstfeineren keine Verän Bemerkung [m³/s] Randbedingung Ausfluss derung der Strömungsgrössen und -mus Druck VSP 1: 1,15 m Hauptsimulation Variante 1.1 0,80 ter verzeichnete. Randbedingung VSP 2: 1,15 m SST-SM (nach DWA) Druck VSP 1: 0,80 m Hauptsimulation Variante 1.2 0,80 Sohle und Rauheit Randbedingung VSP 2: 0,80 m SD-SM (nach DWA) Um den Einfluss des groben Sohlsubstrats Verifikationssimulation Variante 2 0,80 zeroGradient – auf die Strömung zu evaluieren, wurden Druckrandbedingung Simulationen ohne und mit grobem Sohl Verifikationssimulation Variante 3 0,80 wall – substrat, welches Expositionen von bis zu Druckrandbedingung 0,15 m über der mittleren Sohllage aufwies, Druck VSP 1: 0,80 m Sensitivität Verteilbecken auf Variante 4.1 0,80 durchgeführt. Diese wurden im Berech Randbedingung VSP 2: 0,75 m unterschiedliche h bei VSP 1+ 2 nungsgitter als physische Fliesshindernis Druck VSP 1: 0,80 m Sensitivität Verteilbecken auf Variante 4.2 0,80 se abgebildet (Bild 3). Es kann festgehal Randbedingung VSP 2: 0,70 m unterschiedliche h bei VSP 1+ 2 ten werden, dass bis auf lokale Effekte im Druck VSP 1: 0,80 m Sensitivität Verteilbecken auf Variante 4.3 0,80 Sohlbereich keine relevanten Veränderun Randbedingung VSP 2: 0,60 m unterschiedliche h bei VSP 1+ 2 gen der Strömungsgrössen zu verzeichnen Tabelle 2: Übersicht über die untersuchten Varianten. waren. Zwischen den Steinen, den Steinen selbst und an den Wänden wurde die Sohl vorgänge im VSP wurden der InterFoam- Anhand dieser vereinfachten Betrachtung reibung über die äquivalente Sandrauigkeit Solver und das Zweigleichungs-Turbulenz können allerdings keine Rückschlüsse auf berücksichtigt. modell k-ꙍ-SST verwendet. Der interFoam- die tatsächliche Turbulenz gemacht wer- Solver berechnet die Wasseroberfläche den, welche ein Fisch beim Durchschwim über die Volume of Fluid Methode (VoF). men der Schlitze erfährt. Deshalb wurde als weitere Zielgrösse die turbulente kine- 2.3 Übersicht Varianten tische Energie (TKE) bei der Auswertung Anhand unterschiedlicher Varianten wur berücksichtigt. Die TKE beschreibt die den die generelle Funktionalität sowie die Schwankung der kinetischen Energie in Sensitivität des Verteilbeckens auf unter- der Strömung. Die verwendeten Grenz schiedliche RB untersucht (Tabelle 2). Die werte basieren auf unterschiedlichen Verteilung des Zuflusses von VSP 3 auf VSP Studien (IKAP, 2014; Ana et al., 2012; 1+ 2 wurde mit zwei verschiedenen h am Marriner et al., 2016), optimalerweise soll- Modellrand (strömungsdissipierendes (SD)- ten die TKE-Werte kleiner 0,05 m2 /s2 sein SM und SST-SM) nach Dimensionierung und 0,10 m2 /s2 nicht überschreiten (Ana et DWA [DWA, 2014]) untersucht (Variante al., 2012; Marriner et al., 2016). Zu hohe 1.1 + 1.2). Zwei zusätzliche Varianten wurden TKE-Werte können die Passage erschwe Bild 3: Ausgestaltung der Sohle. simuliert, um eine Beeinflussung der Ver ren (Ana et al., 2012). Das SM wurde qua- teilung durch die Vorgabe des h am Modell litativ über die Strömungsvektoren an der Randbedingungen rand auszuschliessen. Bei Variante 2 konn- Wasseroberfläche bewertet. Bei einem SD- An den Modellrändern (Zufluss- und Aus te das zuströmende Wasser ohne Rück SM verläuft die Strömung aus dem Schlitz flussränder) müssen hydraulisch sinnvolle staueffekte frei aus dem Modell fliessen. in die diagonal gegenüberliegende Ecke. Randbedingungen (RB) definiert werden. Weiter wurden bei Variante 3 die Modell Bei einem SST-SM verläuft die Strömung Bei der Zufluss-RB wurden der Abfluss Q ränder von VSP 1+ 2 als nicht durchström hingegen mehrheitlich als bauchiger, durch sowie die Wassertiefe h und am Ausfluss bar definiert und der Anstieg von h an den gehender Strömungsfaden von einem zum rand ein fixes h über eine Druck-RB vor- Modellrändern über die Zeit beobachtet. nächsten Schlitz (BAW, 2020). gegeben. Unter Einhaltung von h kann das Die Einstiege von VSP 1 + 2 liegen ca. zuströmende Wasser aus dem System 90 m voneinander entfernt. Deshalb können 3. B erechnungsergebnisse fliessen. Die Berechnung von Q und h er- diese durch unterschiedliche Wasserspie Planzustand folgte anhand der Dimensionierung nach gel (WSP) in der Aare beeinflusst sein. Um DWA (DWA, 2014), was in diesen Bereichen die Sensitivität der unterschiedlichen Aare- 3.1 Verteilbecken als hinreichend erachtet werden kann. WSP auf die Abflussverteilung in VSP 1 + 2 Die Funktionsfähigkeit des Verteilbeckens zu beurteilen, wurde h in VSP 2 gegenüber wurde anhand des Volumenstroms über Software und Solver VSP 1 um –0,05 m, –0,10 m und –0,20 m die Ausflussränder von VSP 1+ 2 ausge Die hydrodynamisch-numerischen Model reduziert (Varianten 4.1 – 4.3). wertet. Ziel war die Gleichverteilung des lierungen wurden mit dem Softwarepaket Zuflusses auf VSP 1+ 2 von je 0,40 m3/s. In OpenFoam (OpenFOAM) durchgeführt, 2.4 Bewertungskriterien der Bild 4 sind der zeitliche Verlauf des Vo welches die dreidimensionalen Strömungs Fischdurchgängigkeit lumenstroms und das Volumenstromver vorgänge anhand der Reynolds-gemittel Für die quantitative Beurteilung der Simu hältnis (prozentuale Verteilung) zu VSP 1+ 2 ten Navier-Stokes-Gleichungen berechnet. lationsergebnisse wurden die Zielgrössen für ausgewählte Varianten dargestellt. Es Unter Anwendung der Finiten-Volumen- gem. IKAP nach Tabelle 1 verwendet. Die ist zu erkennen, dass sowohl für die Haupt Methode kann eine Lösung der dreidimen Leistungsdichte ist dabei eine integrale simulation Variante 1.2 als auch die Verifi sionalen Strömungsgleichung berechnet Grösse, welche die durchschnittliche Tur kationssimulationen eine Gleichverteilung werden. Für die Beschreibung der Fliess bulenz in einem VSP-Becken beschreibt. gegeben ist. Die Sensitivitätsanalyse bzgl. «Wasser Energie Luft» – 113. 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Bild 4: Links: Volumenstrom durch VSP 1+ 2. Rechts: Volumenstromverhältnis zwischen VSP 1+ 2. unterschiedlicher Aare-WSP bei den Ein ferenzen (Δh) zwischen den Becken von 0,12 m. Diese sind nicht auf numerische stiegen VSP 1 + 2 zeigte lineare Zusam 0,12 m als Zielgrösse vorgegeben. In Bild 5 Phänomene zurückzuführen. menhänge von h für VSP 2 und der Ände sind die WSP entlang eines Schnittes durch Die Ursache der WSP-Schwankungen rung des Volumenstroms. Eine Reduktion die Mitte der Trennwände von VSP 2 + 3 in den Becken von VSP 3 sind mit hoher von h im VSP 2 um jeweils 0,05 m führt für die Varianten 1.1 +1.2 dargestellt. Bei Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, jeweils zu einer Erhöhung des Volumen der Variante 1.1 senkt sich das am Modell dass sich die Strömung im Übergangs stroms von ca. 3 Prozent. rand von VSP 2 fixierte h von 1,15 m suk- bereich zweier SM befindet. Dies lässt sich zessive bis auf ca. 0,80 m in VSP 3 ab. Die ggf. über das Verhältnis von Schlitzbreite 3.2 Beurteilung der Fischgängigkeit Δh zwischen den Becken sind im VSP 2 zu Beckenlänge resp. Beckenlänge zu Be deutlich kleiner als 0,12 m, im VSP 3 höher. ckenbreite erklären, welches von den Vor 3.2.1 Wasserspiegel und Bei Variante 1.2 bildet sich im VSP 2 ein gaben der DWA (DWA, 2014) abweicht. Im Strömungsmuster konstantes h von 0,80 m aus, die Δh be- Zeitintervall von ca. 10 s wechselt das SM Auf Basis der Dimensionierung nach DWA tragen ca. 0,12 m. Im VSP 3 liegt das h im zwischen eher SST-SM und einem hydrau (DWA, 2014) wurde im Unterwasser der Mittel auf 0,75 m und somit unterhalb der lischen Kurzschluss (HKS). Die Strömungs Trennwände h mit 1,15 m (SST-SM) bzw. vorgegebenen 0,80 m. Der WSP im VSP 3 vektoren an der Wasseroberfläche in Bild 6 0,80 m (SD-SM) und Wasserspiegel dif unterliegt starken Schwankungen von +/- zeigen die Form beider SM. Beim eher Bild 5: WSP entlang VSP 2 + 3. Die fetten Linien entsprechen dem WSP gemittelt über 10 s. Feine Linien zeigen die Schwankungsbreite. 166 «Wasser Energie Luft» – 113. Jahrgang, 2021, Heft 3, CH-5401 Baden
SST-SM teilt sich der Strömungsfaden an Schlitze geradlinig, die Rezirkulationszo lich höher als im zweiten. Die Beobachtung der Leitwandspitze auf und bildet links und nen sind bei diesem SM weniger ausge legt nahe, dass die hydraulischen Verluste rechts des Strömungsfadens ausgeprägte prägt (Bild 6, rechts). Bild 7 zeigt links den und die Energiedissipation bei einem SST- Rezirkulationszonen (Bild 6, links). Beim WSP bei tendenziell SST-SM und rechts SM grösser sind als beim HKS. Das zeit- HKS verbindet der Strömungsfaden die bei einem HKS. Im ersten Fall liegt er deut lich variable Auftreten zweier SM mit unter schiedlichen hydraulischen Verlusten er- klärt die zeitliche Variabilität des WSP im VSP 3. Wichtig ist in diesem Kontext, dass die mittleren, analytisch berechneten h für ein SST-SM gemäss DWA (DWA, 2014) ca. 0,35 m höher liegen als die Resultate der 3D-CFD-Simulation. Demgegenüber zeigt sich eine gute Übereinstimmung von h für ein SD-SM. Bild 6: 3.2.2 Fliessgeschwindigkeiten und Strömungs TKE in den Schlitzen vektoren Für die optimale Passierbarkeit der FAH (links: SST-SM, darf die Fliessgeschwindigkeit (v) 1.5 m/s rechts: HKS) nicht überschreiten (DWA, 2014). Bild 8 an der WSP- zeigt v und TKE in einem Schlitz von VSP Oberfläche im 2 + 3 als Diagramm und in Bild 9 als Kontur VSP 3 zu zwei plot. Die Berechnungsergebnisse zeigen, unterschiedlichen dass die maximalen v in den Schlitzen von Zeitpunkten für VSP 2 + 3 die Grenzwerte deutlich überstei die Variante 1.2. gen. Die mittleren v liegen im Zielbereich. Bild 7: WSP im VSP 3 für die Variante 1.2, Fliessrichtung von rechts nach links. Die linke Abbildung zeigt den WSP bei einem SST-SM, die rechte bei einem HKS. Bild 8: Links: QS-gemittelte v im Schlitz von VSP 2 + 3. Rechts: Prozentualer Anteil der QS-Fläche im Schlitz von VSP 2 + 3 mit TKE-Werten kleiner 0,05 m2 /s2 resp. 0,10 m2 /s2. «Wasser Energie Luft» – 113. Jahrgang, 2021, Heft 3, CH-5401 Baden 167
Bild 9: v (links) und TKE-Werte (rechts) an der Wasseroberfläche und durch den Schlitz für die Variante 1.2 (VSP 3). Als weiteres Kriterium zur Beurteilung der tituts für Technologie (KIT) zu Durchfluss- Passierbarkeit wurde die TKE herangezo und Fliesstiefenbeziehungen in Fischpäs gen. Anhand zweier Grenzwerte (0,05 m2 /s2 sen (BAW, 2020) bestätigen. Anhand eines und 0,10 m2 /s2) kann jeweils der Flächen physikalischen Fischpassmodells wurden anteil im Querschnitt (QS) der Schlitze be- Durchflussbeiwerte für SST-SM und SD- stimmt werden, der unterhalb der Grenz SM berechnet und mit den Werten ge- werte liegt. Die QS-Anteile im VSP 3 vari- mäss DWA (DWA, 2014) verglichen. Eine ieren über die Zeit, da diese von schwan- gute Übereinstimmung konnte bei SD-SM kenden WSP beeinflusst werden. In den festgestellt werden, für SST-SM hingegen Schlitzen von VSP 3 werden die Grenz ergaben sich in den physikalischen Ver werte von 0,05 m2 /s2 resp. 0,10 m2 /s2 auf suchen deutlich grössere Durchflussbei 3 – 20 Prozent resp. 50 – 60 Prozent der werte als beim analytischen Ansatz ge- QS-Fläche in den Schlitzen eingehalten. Bei mäss DWA (DWA, 2014). Die vorliegenden VSP 1 + 2 können die Grenzwerte hinge Berechnungsergebnisse sowie die Resul gen auf rund 35 Prozent resp. 80 Prozent tate der Studien der BAW/KIT (BAW, 2020) der QS-Flächen eingehalten werden (Bild 8). legen nahe, dass die DWA-Dimensionie rungsansätze (DWA, 2014) für SST-SM zu 3.3 Diskussion Planzustand hohe h ausgeben. Da die Dimensionierung Die Simulationsresultate von VSP 1+ 2 zei des vorliegenden Fischpasses nach DWA gen bezüglich h und Δh eine gute Über (DWA, 2014) für SST-SM durchgeführt einstimmung mit der analytischen Dimen wurde, ist h (Bild 5) grundsätzlich zu ge- sionierung für ein SD-SM. Allerdings stellt ring und es kommt im VSP 3 zu hohen sich in der Simulation in den Becken von WSP-Schwankungen. VSP 1+ 2 ein SST-SM ein. Im VSP 3 wech- selt das Strömungsmuster über die Zeit 4. Strömungsoptimierung zwischen eher SST-SM und HKS. Dieser Wechsel verursacht Schwankungen bei h, 4.1 Geometrie Optimierungsvariante welche im Mittel ca. 0,05 m unterhalb der Die Planvariante des VSP 3 wurde aus den analytischen Dimensionierung für ein SD- o.g. Gründen überarbeitet. Das Ziel der Op Bild 10: Beckenabmessungen VSP 3, SM liegen. Die Ergebnisse zeigen für SST- timierung war eine Erhöhung von h und eine Optimierungsvariante (braun), Variante SM deutlich geringere h als die analyti Reduktion von v und TKE in den Schlitzen. 1.2 (rot). sche Berechnung. Bei der Dimensionie Dazu wurde entsprechend der gewählten rung nach DWA (DWA, 2014) wird für ein Beckenlänge von 4 m die Schlitzweite ge- 4.2 Wasserspiegel und Strömungs SD-SM ein Durchflussbeiwert verwendet, mäss Empfehlung nach DWA (DWA, 2014) muster welcher einen geringeren hydraulischen ermittelt und h mit dem analytischen An Bild 11 zeigt den zeitlichen Verlauf der WSP Verlust ausgibt als für SST-SM. Demnach satz für ein SD-SM berechnet. Damit die neu entlang eines Schnittes durch die Mitte der sollte bei der analytischen Dimensionie berechnete Wassertiefe h im VSP 3 mit h in Trennwände von VSP 2 + 3 für die Optimie rung h bei SD-SM kleiner sein als bei SST- den VSP 1+ 2 harmoniert, wurde die Sohle rungsvariante und die Variante 1.2. Im VSP 2 SM. Dies widerspricht nicht nur den Er im VSP 3 relativ zur Sohle von VSP 1+ 2 und zeigen die beiden Simulationen keine we kennt nissen der 3D-CFD-Simulationen, dem Verteilbecken um 0,30 m herabgesetzt. sentlichen Unterschiede. Das analytisch er sondern auch der Erwartung, durch SD- Bei einer Schlitzbreite von neu 0,50 m statt mittelte h von 0,80 m und das Δh von 0,12 m SM höhere hydraulische Verluste zu gene- 0,70 m entspricht gemäss der analytischen werden eingehalten. Im VSP 3 zeigt die Opti rieren. Die vorliegenden Berechnungser Berechnung das resultierende h 1,14 m bei mierungsvariante eine deutliche Verbesse gebnisse können die Erkenntnisse aus einem Δh von 0,12 m. Die detaillierten Ab rung gegenüber der Variante 1.2. Zum einen Un ter suchungen der Bundesanstalt für messungen der ursprünglichen und der opti nehmen die zeitlichen WSP-Schwankungen Wasserbau (BAW) und des Karlsruher Ins mierten Geometrie sind in Bild 10 zu finden. deutlich ab und das simulierte h zeigt eine 168 «Wasser Energie Luft» – 113. Jahrgang, 2021, Heft 3, CH-5401 Baden
Bild 11: WSP entlang VSP 2 + 3. Die fetten Linien entsprechen dem WSP gemittelt über 10 s. Feine Linien zeigen die Schwankungsbreite. 5. Zusammenfassung Am WKW Bannwil wird eine neue Fisch aufstiegshilfe mit dem Ziel geplant, die Längsvernetzung für alle Fischarten und -grössenspektren der Aare zu gewähr- leisten. Im Rahmen einer 3D-CFD-Simula tion wurde untersucht, welche Einflüsse Bild 12: das geplante Verteilbecken und die Forde Strömungs rung nach strömungsstabilen Abflussver vektoren an der hältnissen auf die Passierbarkeit haben. WSP-Ober fläche Die Simulationen haben gezeigt: im VSP 3, zu zwei • Die Gleichverteilung des Abflusses im unterschiedlichen Verteilbecken bei identischen vorge Zeitpunkten für gebenen Fliesstiefen an den Modell die Optimierungs rändern der beiden Vertikalschlitz variante. pässe (VSP) 1 + 2 ist eingehalten. • Es stellt sich eine lineare Zunahme der gute Übereinstimmung mit der analytischen nicht im gesamten QS des Schlitzes ein- Ungleichverteilung des Abflusses Berechnung. Δh liegt zwischen 0,12 – 0,14 m. gehalten, der Flächenanteil mit v < 1,5 m/s zwischen VSP 1+ 2 von 3 Prozent, für Bild 12 zeigt die Strömungsvektoren konnte aber von 53 Prozent auf 63 Prozent jede Zunahme der vorgegebenen im VSP 3 für die Optimierungsvariante zu erhöht werden. Die Abflussflächenanteile Fliesstiefenunterschiede an den zwei Zeitpunkten. Die zeitlichen Schwan mit TKE-Werten kleiner 0,05 m2/s2 erreichen Modellrändern um 0,05 m, ein. kungen des SM wurden deutlich reduziert bei der Optimierungsvariante 15 – 30 Pro • Für strömungsstabile Strömungs und eher ein SST-SM erreicht. Links und zent und sind damit fast doppelt so gross muster unterschreiten die Fliesstiefen rechts des Strömungsfadens formen sich wie bei Variante 1.2. Keine klare Verbesse im numerischen Modell die analytisch Rezirkulationszonen. rung zeigen die Abflussflächenanteile mit nach DWA (DWA, 2014) dimensionier- TKE-Werten kleiner 0,1 m2 /s2, einige Zeit ten um bis zu 0,35 m. 4.3 Fliessgeschwindigkeiten und TKE schritte sind mit ca. 80 – 90 Prozent deutlich • Eine gute Übereinstimmung der in den Schlitzen besser, andere sind mit Variante 1.2 ver Berechnungsergebnisse gemäss Bild 13 zeigt v und TKE in einem Schlitz des gleichbar. Insgesamt konnten die hydrau- Dimensionierung nach DWA (DWA, VSP 3 als Diagramm und Bild 14 als Kontur lischen Parameter durch die geometrischen 2014) für ein strömungsdissipierendes plot. Die Optimierungsvariante zeigt signifi Anpassungen des VSP 3 deutlich verbes Strömungsmuster wird demgegenüber kant bessere Ergebnisse als Variante 1.2. sert werden und es ist zu erwarten, dass bestätigt, obwohl ein strömungsstabi Der Grenzwert für das maximale v wird noch die Passierbarkeit signifikant erhöht wird. les Strömungsmuster beobachtet wird. «Wasser Energie Luft» – 113. Jahrgang, 2021, Heft 3, CH-5401 Baden 169
Bild 13: Links: QS-gemittelte v in einen Schlitz von VSP 3. Rechts: prozentualer Anteil der QS-Fläche im Schlitz von VSP 3 mit TKE-Werten kleiner 0,05 m2 /s2 resp. 0,10 m2 /s2. Bild 14: v (links) und TKE-Werte (rechts) an der Wasseroberfläche und durch den Schlitz für die Optimierungsvariante (VSP 3). • Die vorliegenden Berechnungsergeb telte Betrachtung vernachlässigt. Dies, ob Umbaumassnahmen verhindert werden. nisse sowie die Resultate der Studien wohl das resultierende Strömungsmuster Mit der Unterstützung von 3D-CFD-Simu der BAW/KIT (BAW, 2020) legen nahe, und die Fliesscharakteristiken von genau lationen können Fischaufstiegshilfen best- dass die DWA (DWA, 2014) diesen Details abhängig sind. Bei der Pla möglich optimiert und ihr fischökologischer Dimensionierungsansätze für strö nung sollten diese Aspekte berücksichtigt Nutzen kostengünstig maximiert werden. mungsstabile Strömungsmuster in werden, insbesondere wenn Sonderbau Vertikalschlitzpässen zu hohe Fliess werke vorhanden sind oder strömungssta Danksagung tiefen bzw. zu geringe Abflüsse bile Strömungsmuster angezielt werden. ausgeben. 3D-CFD-Simulationen können als Pla Die Autoren danken Stephan Egli (BKW nungsunterstützung zusätzliche Sicher Energie AG, Grid- & Hydro-Engineering, Bei der analytischen Dimensionierung wer heit geben und Risiken minimieren. Wird Leiter Ressort Ingenieurbau & Umwelt) für den viele Details der komplexen Hydraulik die Funktionalität bereits vor der baulichen die Hinweise und die kritischen Anmer in Vertikalschlitzpässen durch eine gemit Umsetzung gewährleistet, können teure kungen. Quellen: DWA (2014): Merkblatt 509, Fischaufstiegsanlagen und Salim, Salim M. & Cheah, S.C. (2009). Wall y+ strategy Ana T. Silvaa, Christos Katopodis, José M. Santos, Maria fischpassierbare Bauwerke – Gestaltung, Bemessung, for dealing with wall-bounded turbulent flows. Int. T. Ferreira, António N. Pinheiro, (2012). Cyprinid Qualitätssicherung. Deutsche Vereinigung für MultiConf. Eng. Comput. Sci. (IMECS). 2. 1–6 swimming behaviour in response to turbulent flow. Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (Hg.), Ecological Engineering, 40, 314–328 Hennef Autoren: Bryan A. Marriner, Abul Basar M. Baki, David Z. Zhu, Jason Interkantonale Aareplanung (IKAP): Strategische Mattias Deller, TK CONSULT AG, D. Thiem, Steven J. Cooke, Chris Katopodis, (2014). Field Planung Sanierung Fischgängigkeit, Fischwanderhilfen mattias.deller@tkconsult.ch and numerical assessment of turning pool hydraulics in bei Aarekraftwerken, Einheitliche Grundsätze der Steffen Corbe, TK CONSULT AG, avertical slot fishway. Ecological Engineering, 63, 88–101 Kantone. Version 1.1., 15.08.2014 steffen.corbe@tkconsult.ch Bundesanstalt für Wasserbau (BAW). BAW Mitteilungen Marriner, B. A., Baki, A. B., Zhu, D. Z., Cooke, S. J., & Sandra Krähenbühl, BKW Energie AG, Nr. 106, Hydraulik von Fischaufstiegsanlagen in Katopodis, C. (2016). The hydraulics of a vertical slot Ingenieurbau & Umwelt, sandra.kraehenbuehl@bkw.ch Schlitzpassbauweise, September 2020 fishway: A case study on the multi-species Vianney- Dr. sc. ETH Zürich Carl Robert Kriewitz-Byun, Bundesgesetz vom 24.01.1991 (Stand 01.01.2011) über Legendre fishway in Quebec, Canada. Ecological Kanton Zürich, AWEL, robert.kriewitz@bd.zh.ch den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, Engineering, 90, 190–202 GSchG; SR 814.20) OpenFOAM, v.1912, www.openfoam.com 170 «Wasser Energie Luft» – 113. Jahrgang, 2021, Heft 3, CH-5401 Baden
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