Berlin Sicher Mobil 2020 - Kontinuität und neue Akzente Verkehrspolitik - Berlin.de

 
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Verkehrspolitik

Berlin Sicher Mobil 2020
Kontinuität und neue Akzente
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Berlin Sicher Mobil 2020 | Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Vorwort                                                          2

Bilanz der bisherigen Verkehrssicherheitsarbeit                  4
Verkehrsunfallentwicklung                                        4
Meilensteine der Maßnahmenumsetzung seit 2004                    6
Kosten- und Ressourcenentwicklung                                7

Handlungsfelder, Ziele, Zielgruppen und Leitlinien              9
Handlungsfelder                                                 9
Ziele                                                          10
Zielgruppen der Verkehrssicherheitsarbeit                      11
Leitlinien                                                     12

Verkehrssicherheitsmaßnahmen im Aktionsprogramm 2020           13
Vorbemerkung zur Grundstruktur                                 13
Verkehrssicherheitsarbeit (VSA)                                14
Verkehrsinfrastruktur und -system (VIS)                        15
Schulische Verkehrs- und Mobilitätserziehung (VME)             16
Außerschulische Verkehrs- und Mobilitätsbildung (AVM)          18
Netzwerkarbeit (NWA)                                           19

Impressum                                                      20

                                                                                                   1
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Vorwort

          Kontinuität und neue Akzente
          Neun Jahre nach Verabschiedung des ersten Berliner
          Verkehrssicherheitsprogramms „Berlin Sicher Mobil“ im
          ­
          Jahr 2005 hat der Senat im Januar 2014 das neue Verkehrs-
          sicherheitsprogramm 2020 beschlossen.

          Das Verkehrssicherheitsprogramm „Berlin Sicher Mobil“
          2020 wird die Grundlage dafür schaffen, die erfolgreichen
          Maßnahmen der letzten Jahre fortzusetzen. Aber es wird
          auch neue Akzente setzen. Wir wollen die Verkehrssicher-
          heit in Berlin weiter verbessern, die Zusammenarbeit ­der
          vielen Akteure und die Umsetzung der Maßnahmen effizi-
          enter gestalten.

          Unsere gemeinsame Vision ist es, auf Berliner Stadtgebiet
          langfristig Verkehrsunfälle mit getöteten und schwer
          verletzten Menschen zu verhindern.

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Berlin Sicher Mobil 2020 | Vorwort

Bei dieser „Vision Zero“ setzen wir auf die Kooperation und       Ob dies gelingt, liegt nicht zuletzt an Ihnen, den Berliner
gemeinsame Verantwortung aller.                                   Bürgerinnen und Bürgern. Tragen Sie mit situationsange-
                                                                  passtem, rücksichtsvollem Verhalten zur Verkehrssicher-
Verkehrssicherheitsarbeit ist an der Schnittstelle von Stadt-     heit auf den Berliner Straßen bei. Damit wir gemeinsam
entwicklungs-, Verkehrs-, Umwelt-, Gesundheits-, Bildungs-        unsere Stadt sicherer und lebenswerter gestalten und per-
und Sicherheitspolitik angesiedelt. Deshalb haben wir das         sönliches Leid infolge von Verkehrsunfällen vermeiden und
Verkehrssicherheitsprogramm auf vier „tragende Säulen“            aktiv verhindern können.
gestellt: Federführend und für die Infrastruktur zuständig
ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt.
Darüber hinaus übernehmen die Senatsverwaltungen für
Bildung, Jugend und Wissenschaft sowie für Inneres und
Sport und die Polizei Berlin sowie nicht zuletzt rund 30 Mit-
glieder der Berliner Charta für die Verkehrssicherheit in ihrem
jeweiligen Kompetenzbereich die Verantwortung für eine            Michael Müller
erfolgreiche Umsetzung von Zielen und Maßnahmen.                  Senator für Stadtentwicklung und Umwelt

                                                                                                                           3
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Bilanz der bisherigen Verkehrssicherheitsarbeit­

Verkehrsunfallentwicklung                                                               Die im ersten Berliner Verkehrssicherheitsprogramm festge-
Die Verkehrsunfallentwicklung war in Berlin bis Mitte der                               setzte zentrale Zielgröße „Minus 30 Prozent“ bezogen auf
2000er Jahre langjährig rückläufig. 2006 wurden rund                                    „schwer Verunglückte“ – Getötete und Schwerverletzte werden­
120.000 Verkehrsunfälle auf Berliner Straßen verzeichnet.                               dabei in einer Zahl zusammengefasst – wurde bis heute deut-
Bis Ende 2010 nahm die Unfallzahl wieder um 8 % zu. Seit-                               lich verfehlt. Gegenüber dem Ausgangsjahr 2004 ergab sich
her stagniert sie bei rund 130.000 Verkehrsunfällen im Jahr.                            2013 vielmehr sogar eine leichte Zunahme um 2 %.

 Erfreulicherweise führen die meisten Verkehrsunfälle                                   Lediglich bei den Getöteten ist seit Ende der 1990er Jahre ein
l­ediglich zu Sachschäden. Der Anteil der Unfälle mit Perso-                            relativ stabiler Rückgang zu verzeichnen. Mit 37 Getöteten
 nenschaden liegt seit 2004 mit leichten Schwankungen bei                               lag diese Zahl im Jahr 2013 um 48 % unter dem Ausgangs-
 rund 11 %.                                                                             wert des Jahres 2004. Nur bei der Anzahl der Getöteten
                                                                                        konnte also die Zielgröße „Minus 30 Prozent“ unterschrit-
Bezogen auf schwer verletzte Verkehrsunfallopfer im Berliner­                           ten werden.
Stadtgebiet wurde im Jahr 2010 – Zielhorizont des ersten
Verkehrssicherheitsprogramms – ein historischer Tiefstand                               Je schwerer die Unfallfolgen, desto häufiger sind die nicht
erreicht: Rund 15.000 Menschen verunglückten im Straßen-                                motorisiert am Straßenverkehr Teilnehmenden betroffen.
verkehr, rund 1.700 Personen wurden dabei schwer ­verletzt.                             Fast zwei Drittel der im Straßenverkehr Getöteten und über
Nach einer Zunahme auf rund 17.000 Verunglückte und                                     die Hälfte der Schwerverletzten gehörten 2013 den nicht
2.000 Schwerverletzte in den Jahren 2011 und 2012 sanken                                motorisierten Verkehrsteilnahmegruppen an. 14 Getötete
die Zahlen im Jahr 2013 wieder auf rund 16.500 Verun-                                   und 445 Schwerverletzte waren zu Fuß, neun Getötete und
glückte und 1.900 Schwerverletzte und lagen damit etwa                                  580 Schwerverletzte mit dem Rad unterwegs. Dritte maß-
bei den Ausgangswerten von 2004. Der langjährige Trend                                  gebliche Risikogruppe sind Personen, die motorisierte Zwei-
ist somit nicht eindeutig. Er unterliegt vielmehr jährlichen                            räder fahren. Im Jahr 2013 betraf dies vier Getötete und 395
Schwankungen.                                                                           Schwerverletzte.

Personen

20.000

18.000

16.000

14.000

12.000

10.000

 8.000

 6.000

                                                                                                                    Getötete
 4.000
                                                                                                                    Schwerverletzte
 2.000
                                                                                                                    Leichtverletzte
                                                                             09

                                                                                         11

                                                                                               12
                                                                       08

                                                                                   10

                                                                                                    13
              98

                   99

                         00

                               01

                                     02

                                          03

                                                04

                                                      05

                                                            06

                                                                  07

                                                                            20

                                                                                              20
                                                                       20

                                                                                  20

                                                                                        20

                                                                                                    20
            19

                   19

                        20

                              20

                                    20

                                          20

                                               20

                                                     20

                                                           20

                                                                 20

Entwicklung der Verkehrsunfallopferzahlen in Berlin von 1998 bis 2013:
Nachhaltiger Rückgang bei den Getöteten, aber bisher kein eindeutiger Trend bei den Schwer- und Leichtverletzten.

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Berlin Sicher Mobil 2020 | Bilanz der bisherigen Verkehrssicherheitsarbeit

Zusammen genommen waren damit 2013 jeweils rund drei                                   Ein Vergleich der Berliner Unfalldaten mit der Bundesstatistik
Viertel der Getöteten und Schwerverletzten den genannten                               der Verkehrsunfallentwicklung auf innerörtlichen Straßen
drei Risikogruppen zuzurechnen.                                                        macht deutlich, dass sich von 1998 bis 2013 in Bezug auf
                                                                                       Getötete und Leichtverletzte qualitativ ähnliche Entwick-
Eine wichtige Vergleichsgröße ist der „Modal-Split“. Er                                lungen ergeben haben. Bezogen auf Schwerverletzte verlief
­bezeichnet den Anteil der verschiedenen Verkehrsmittel an                             die Entwicklung in Berlin dagegen deutlich ungünstiger als
 den täglichen Wegen der Berliner Bevölkerung. Menschen, die                           auf Bundesebene. Die Lücke zwischen beiden Kurven klafft
 sich mit Zweirädern – motorisiert oder nicht motorisiert –                            mittlerweile weit auseinander.
 fortbewegen, weisen erheblich höhere Anteile an den Ver-
 kehrsunfallopfern mit schweren Unfallfolgen­ auf, als dies                            Insgesamt verweist auch dieser Vergleich auf die vordring­
 ihrem Modal-Split entspricht. Bei den Fahrradfahrenden                                liche Aufgabe, die Anzahl und den Anteil der auf Berliner
 liegt dieses Verhältnis beim 2,4-fachen, wo motorisierte                              Straßen Verunglückten mit schweren Verletzungen nach-
 Zweiräder genutzt ­werden, sogar bei dem 20-fachen.                                   haltig zu reduzieren.

Die jährlich durchgeführten differenzierten Unfallanalysen                             Neben allgemeinen Gründen, wie z. B. Witterungseinflüssen
haben die Ziele und Zielgruppen der Verkehrssicherheits­                               mit Auswirkungen auf die Verkehrsmittelnutzung, spielen
arbeit in Berlin wiederholt bestätigt. Fokussiert auf Verun-                           im Unfallgeschehen auf Berliner Straßen auch langfristige
glückte mit schweren und tödlichen Verletzungen lassen                                 strukturelle Veränderungen eine Rolle:
sich folgende Haupt­risikogruppen identifizieren:
                                                                                       „„Der Anteil der älteren Bevölkerung nimmt stetig zu.
„„Kinder im Schulalter, Jugendliche und alte Menschen,                                 „„Die Modal-Split-Anteile des Fuß- und Radverkehrs am
  wenn sie zu Fuß gehen,                                                                 Gesamtverkehr haben sich in Berlin seit Ende der 1990er
„„Ältere Schulkinder, die Rad fahren,                                                    Jahre deutlich erhöht.
„„Junge Erwachsene, die im Pkw oder auf motorisierten                                  „„Der Bestand an motorisierten Zweirädern hat in den
  Zweirädern unterwegs sind.                                                             vergangenen 10 Jahren um rund ein Drittel zugenom-
                                                                                         men.
Stark gefährdet sind darüber hinaus Mitfahrende im Pkw                                 „„Demgegenüber ist beim Pkw-Bestand nur ein geringer
und als Sozius auf motorisierten Zweirädern sowie Jugend-                                Zuwachs zu verzeichnen.
liche und zunehmend auch Erwachsene mittleren Alters, die
Rad fahren.

Prozent

130

120

110

100

 90
                                                                                                                                  Getötete Bund
 80
                                                                                                                                  Schwerverletzte Bund
 70
                                                                                                                                  Leichtverletzte Bund
 60
                                                                                                                                  Getötete Berlin
 50
                                                                                                                                  Schwerverletzte Berlin
 40
                                                                                                                                  Leichtverletzte Berlin
 30
                                                                                                           13
                                                                                                     12
                                                                                              11
       98

              99

                     00

                                         03
                           01

                                  02

                                               04

                                                      05

                                                             06

                                                                   07

                                                                          08

                                                                                09

                                                                                       10

                                                                                                          20
                                                                                                   20
                                                                                            20
      19

            19

                   20

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                          20

                                20

                                              20

                                                    20

                                                           20

                                                                  20

                                                                        20

                                                                               20

                                                                                     20

Entwicklung der Verunglücktenzahlen nach Verletzungsschwere in Berlin im Vergleich zum Bundesgebiet (nur innerorts) von 1998 bis 2013:
ähnliche Kurvenverläufe, aber deutlich ungünstigere Entwicklung in Berlin bei den Schwerverletzten

                                                                                                                                                           5
Berlin Sicher Mobil 2020 - Kontinuität und neue Akzente Verkehrspolitik - Berlin.de
Auch dies gilt es bei der Bewertung des Unfallgeschehens in     ­ ekommenen Menschen – Getötete und Schwerverletzte –
                                                                g
Berlin zu berücksichtigen. Gleichwohl bleibt die bisherige      dauerhaft weiter zu verringern. Eine maßgebliche Rolle
Entwicklung seit Inkrafttreten des ersten Verkehrssicher-       spielen in diesem Zusammenhang die Qualität der Infra-
heitsprogramms im Jahr 2005 auch vor dem Hintergrund            struktur im Fuß- und Radverkehr, das Geschwindigkeits­
der 2013er Daten eher ernüchternd.                              niveau und -verhalten im Kraftfahrzeugverkehr sowie die
                                                                Wirksamkeit polizeilicher Verkehrsüberwachung und
Etliche Maßnahmen des ersten Verkehrssicherheits­               -kontrolle.
programms dienten vorrangig der Aufgabe, eine wirksame
und tragfähige Basis für eine langfristig angelegte, systema-
tische Verkehrssicherheitsarbeit in Berlin herzustellen. Die    Meilensteine der Maßnahmenumsetzung seit 2004
­„Meilensteine“ im folgenden Abschnitt verdeutlichen dies.      Wesentliche Maßnahmen des Aktionsprogramms, in zwei
 In den kommenden Jahren gilt es nun,                           Teilschritten 2005 und 2007 als Handlungskonzept zum
                                                                Verkehrssicherheitsprogramm 2010 auf den Weg gebracht,
„„langfristige Stabilität und Kontinuität zu schaffen,          konnten zwischenzeitlich umgesetzt werden. Meilensteine
„„die 2005 begonnene Arbeit systematisch weiterzuführen,        der Maßnahmenumsetzung waren:
„„das Netzwerk der partnerschaftlich Kooperierenden zu
  verdichten und auszuweiten                                    2005
„„und keinesfalls nachzulassen bei den Anstrengungen              	 ründung der Berliner Charta für die Verkehrssicher-
                                                                „„G
  um mehr Verkehrssicherheit für alle.                            heit mit mittlerweile über 30 Mitgliedern
                                                                „„U 	 nterzeichnung der Europäischen Charta für die Stra-
Die vorliegenden Unfallanalysen erlauben trotz zunehmen-          ßenverkehrssicherheit (European Road Safety Charter),
der Differenzierung noch wenige Rückschlüsse im Hinblick          im Jahr 2009 erneuert
auf Ursachen und Hintergründe der neueren Entwicklungen.        „„	Erstmalige Durchführung des seither jährlich tagenden
Hierzu bedarf es weiterer Untersuchungen. Verkehrssicher-             Verkehrssicherheitsforums als Kommunikations-, Bera-
heitsmaßnahmen sind vor allem daran zu messen, inwieweit              tungs- und Evaluationsgremium für die Verkehrssicher-
sie die Ursachen von Verkehrsunfällen, ins­besondere solche           heitsarbeit in Berlin
mit schweren Folgen für die beteiligten Personen, wirksam       „„	Einrichtung der städtischen Unfallkommission mit Feder­
bekämpfen oder zumindest die Unfallauswirkungen und die               führung bei der Verkehrslenkung Berlin (VLB)
Verletzungsschwere maßgeblich zu vermindern helfen.             „„	Auflage des Förderprogramms zur gezielten Auswei-
                                                                  tung der schulischen Verkehrs- und Mobilitätserzie-
                                                                  hung durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
                                                                  und Umwelt, seither verwaltet durch die VLB

                                                                2005 –2007
                                                                „„	Modernisierung und Erweiterung der Überwachungs-
                                                                  technik der Polizei Berlin mit erheblichen Mitteln der
                                                                  Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt
                                                                  (2,1 Mio. Euro), seither weitere Modernisierung und
                                                                  ­Erneuerung in Richtung digitaler Überwachungstechnik
                                                                   und Optimierung der Bußgeldverwaltung
                                                                „„	Anschaffung von 80 Dialog-Displays als ergänzende
Die vorliegenden Erkenntnisse zum Unfallgeschehen auf              Maßnahme zur polizeilichen Geschwindigkeitsüberwa-
Berliner Straßen legen nahe, in den kommenden Jahren               chung; der Einsatz erfolgt durch die Bezirke vorrangig
­einen besonderen Schwerpunkt auf die nachhaltige Ver­             in Tempo-30-Zonen, die Ausrüstung wurde mittlerweile
 besserung der Verkehrssicherheit von Radfahrenden und             auf 120 Geräte erweitert
 ­motorisiert Zweiradfahrenden zu legen. In beiden Fällen
  sind die Unfallentwicklungen Besorgnis erregend.

Gleichzeitig muss ein Hauptaugenmerk künftiger Verkehrs-
sicherheitsarbeit darauf liegen, die Anzahl und den Anteil
der schweren Verkehrsunfälle und der dabei zu Schaden

6
Berlin Sicher Mobil 2020 - Kontinuität und neue Akzente Verkehrspolitik - Berlin.de
Berlin Sicher Mobil 2020 | Bilanz der bisherigen Verkehrssicherheitsarbeit

2007                                                           Die im Frühjahr 2010 in einem Leitfaden zur Qualifizierung
„„E	 rstmalige Herausgabe des Verkehrssicherheitsberichts     und Weiterentwicklung der Berliner Jugendverkehrsschulen
   als Instrument zur jährlichen Evaluierung der Verkehrs­     aufbereiteten Erkenntnisse und Empfehlungen wurden den
   unfallentwicklung auf Basis einer differenzierten Analyse   Bezirken übergeben (siehe Maßnahme AVM 1).
   der polizeilichen Verkehrsunfallstatistik und zum Moni-
   toring der laufenden Maßnahmen des Verkehrssicher-          Die seit 2005 laufenden Aktivitäten zur Verbesserung der
   heitsprogramms                                              Kooperation und Vernetzung der in der Berliner Charta für
                                                               die Verkehrssicherheit zusammenarbeitenden Institutio-
2007/ 08                                                       nen zeigen positive Wirkungen. Eine Vielzahl von unver-
„„E	 inführung des Sicherheitsaudits zur Prüfung von Stra-    zichtbaren Aktionen und Aktivitäten gehen mittlerweile
  ßenbauprojekten in Berlin mit Ausbildung von verwal-         aus dieser Kooperation hervor. Die Kommunikationsplatt-
  tungsintern Mitarbeitenden zu zertifizierten Sicher-         form www.berlin-sicher-mobil.de macht dies eindrucksvoll
  heitsauditoren                                               sichtbar. Die Netzwerkarbeit soll daher konsequent fortge-
                                                               setzt, intensiviert und auf weitere Partnerinstitutionen
2008                                                           und Basis­aktivitäten ausgedehnt werden.
  	 nline-Schaltung von www.berlin-sicher-mobil.de als
„„O
  Internetplattform zur Verbesserung der Kommunikation,
  Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung aller an der Ver-       Kosten- und Ressourcenentwicklung
  kehrssicherheitsarbeit in Berlin Beteiligten und Interes-    Die Verkehrssicherheitsarbeit differenziert sich angesichts
  sierten                                                      der unterschiedlichen Zuständigkeiten in verschiedene
„„	Durchführung des Pilotprojekts zum Kinderstadtplan         Maßnahmenfelder. Zu nennen sind insbesondere:
  Berlin mit Ausarbeitung eines Leitfadens
                                                               „„Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt:
2012                                                             Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, Finanzie-
„„	Start der „Rücksicht“-Kampagne mit Fokus auf Radver-         rung von Modell- und Pilotprojekten, Anschubfinanzie-
  kehrssicherheit und Konfliktvermeidung im Stadtverkehr         rungen für einzelne Maßnahmen zur Koordination und
                                                                 Organisation der Verkehrssicherheitsarbeit, Förderung
                                                                 von Verkehrssicherheitsaktivitäten in freier Träger-
                                                                 schaft, Finanzierung von Kampagnen und vergleichba-
                                                                 ren präventiven Maßnahmen sowie des Monitorings
                                                                 und der Evaluation,
                                                               „„Polizei Berlin: Erfassung und Aufbereitung der Ver-
                                                                 kehrsunfalllage, Verkehrsüberwachung und Verkehrs-
                                                                 unfallprävention sowie weitere verkehrssicherheits­
                                                                 relevante Aufgaben im Rahmen ihres gesetzlichen
                                                                 Auftrags,
                                                               „„Bezirke: Finanzierung von Überwachungs- und Präven-
                                                                 tionsmaßnahmen, Investitionen in die Infrastruktur,
                                                                 Finanzierung der Jugendverkehrsschulen.
Als wesentliche Infrastrukturmaßnahmen des Verkehrs­
sicherheitsprogramms laufen zudem seit 2005 die kontinu-       Eine Vielzahl von weiteren Institutionen in öffentlicher und
ierliche Umsetzung des Radverkehrsstreifenprogramms            freier Trägerschaft tragen mit Personaleinsatz und Bereit-
und seit 2001 des Zebrastreifenprogramms. Bis Ende 2013        stellung von materiellen sowie finanziellen Ressourcen zur
wurden aus beiden Programmen rund 150 km Radverkehrs-          Verkehrssicherheitsarbeit bei.
anlagen und 325 Überwege für Fußgängerinnen und Fuß-
gänger neu realisiert. Darüber hinaus wurden Radverkehrs-      Eine langfristige Planungssicherheit im Hinblick auf die Ver-
anlagen sowie Mittelinseln und Gehwegvorstreckungen zur        fügbarkeit der Finanzmittel ist notwendige Voraussetzung
Sicherung von Überquerungsstellen auch im Rahmen von           für die weitere kontinuierliche Verkehrssicherheitsarbeit.
laufenden Straßenumbau- und Straßenausbaumaßnahmen
hergestellt.

                                                                                                                          7
Den Ausgaben stehen öffentliche Einnahmen aus Verwar-           „„Bereitstellung ausreichender Finanzmittel für Kommu-
nungs- und Bußgeldern, Einnahmen, die gemeinnützige               nikationsmaßnahmen, z. B. für Kampagnen zur Ver-
­Organisationen oder Einrichtungen in freier Trägerschaft         kehrssicherheit (möglichst unter Einbeziehung von
 der Verkehrssicherheitsarbeit aus Gerichtsverfahren (Geld-       Sponsoring),
 strafen) erhalten sowie aus Sponsoring gegenüber.              „„Gesicherte Finanzierung und ausreichende Personal-
                                                                  ausstattung für eine zentrale Koordination und Organi-
Sponsoring bleibt aufgrund der knappen öffentlichen Mittel        sation der Berliner Verkehrssicherheitsarbeit auf ope-
für die Verkehrssicherheitsarbeit unerlässlich. Zunehmend         rativer Ebene,
knappere Zeitbudgets lassen jedoch immer weniger Spiel-         „„Bereitstellung von Haushaltsmitteln der Senatsverwal-
raum, sich intensiv um neues Sponsoring zu bemühen. Die           tung für Bildung, Jugend und Wissenschaft zur wirk­
Kontaktpflege zu vorhandenen wie die Kontaktaufnahme              samen Unterstützung der schulischen Verkehrs- und
zu potenziellen Sponsoren leidet darunter. Auch vor diesem        Mobilitätserziehung, ergänzt um eine ausreichende
Hintergrund ist die Einrichtung einer zentralen Koordinie-        personelle Ausstattung im Bereich der Schulberatung
rungsstelle für die Berliner Verkehrssicherheitsarbeit – eine     und Fortbildung der damit befassten Lehrerinnen und
Maßnahme des Verkehrssicherheitsprogramms – wichtig.              Lehrer.

Für die Verkehrssicherheitsarbeit in Berlin werden erhebliche
finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung ge-
stellt. Die eingesetzten Ressourcen stehen jedoch in keinem
Verhältnis zu dem volkswirtschaftlichen Schaden durch
Verkehrsunfälle, der in Berlin in den vergangenen Jahren –
auf Basis der polizeilichen Unfalldaten ermittelt – jährlich
rund eine ­Milliarde Euro und mehr betrug.

Hinsichtlich der zur Verfügung stehenden personellen und
finanziellen Ressourcen zeichnen sich folgende Anforderungen
ab, wenn das Verkehrssicherheitsprogramm seinem hohen
Anspruch und dem anspruchsvollen Ziel „Minus 30 P   ­ rozent“   Der zur Verfügung stehende Ressourcenrahmen nimmt in
gerecht werden soll:                                            der Tendenz eher ab. Dies steht im Widerspruch zu dem
                                                                aktuell und weiterhin zu konstatierenden Handlungsbedarf.
„„Langfristige Sicherung der Finanzmittel für Infrastruk-       Durch Effizienz steigernde Maßnahmen können Ressourcen­
  turmaßnahmen im Fußverkehr mit vorrangigem Ziel               verluste nur begrenzt aufgefangen werden. Alle beteiligten
  der Verbesserung der Überquerbarkeit von Straßen des          Trägerinnen und Träger sind daher zu verstärkten Anstren-
  Hauptnetzes,                                                  gungen aufgefordert.
„„Langfristige Sicherung und weitere Erhöhung der Finanz-
  mittel für Infrastrukturmaßnahmen im Radverkehr mit           Die zum Ziel gesetzte deutliche Verbesserung der Verkehrs-
  den vorrangigen Zielen der Schaffung geschlossener            sicherheitslage, wie sie politisch im Stadtentwicklungsplan
  Radverkehrsnetze und der Verbesserung der Sicherheit          Verkehr, aber auch in der Radverkehrsstrategie und der
  von Radfahrenden an Knotenpunkten,                            Fußverkehrsstrategie gefordert und in dem quantifizierten
„„Langfristige Sicherung und Verbesserung der Finanzie-         Ziel „Minus 30 Prozent“ zum Ausdruck gebracht wird, legt
  rung der technischen Ausstattung und des Personals            insgesamt eine Verbesserung des Ressourcenrahmens
  für die polizeiliche Überwachung einschließlich Aus-          durch eine höhere Priorisierung des Handlungsfeldes Ver-
  stattung der Bußgeldstelle mit den vorrangigen Zielen         kehrssicherheit innerhalb der veranschlagten Ausgaben im
  der Schließung von Verkehrsüberwachungslücken und             Haushalt nahe.
  der Verstärkung des Equipments (z. B. durch Ausweitung
  einer kombinierten Geschwindigkeits- und Rotlichtüber-
  wachung), um den Kontrolldruck und die Entdeckungs-
  wahrscheinlichkeit von Verkehrsverstößen weiter zu
  erhöhen,

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Berlin Sicher Mobil 2020 | Handlungsfelder, Ziele, Zielgruppen und Leitlinien

Handlungsfelder, Ziele, Zielgruppen
und Leitlinien
Handlungsfelder                                                Das Handlungsfeld Technik und Verkehrsrecht liegt nur be-
Verkehrssicherheitsarbeit umfasst vier zentrale Handlungs-     dingt im Einflussbereich des Landes Berlin und wird daher
felder:                                                        vor allem auf Bundesratsebene thematisiert. Hier wird sich
                                                               das Land Berlin weiterhin dafür einsetzen, dass der gelten-
„„Menschen,                                                    de Sanktionsrahmen im Ahndungsverfahren für besonders
„„Infrastruktur,                                               unfallträchtige verkehrliche Ordnungswidrigkeiten (insbe-
„„Verkehrsplanung und -politik,                                sondere Rotlichtverstöße und Geschwindigkeitsübertre-
„„Technik und Verkehrsrecht.                                   tungen) unter Angleichung an europäische Standards ange-
                                                               hoben wird. Berlin wird sich auch an der Diskussion zur
Das Handlungsfeld Verkehrsplanung und -politik ist zentraler   möglichen Einführung einer innerörtlichen Höchstge-
Gegenstand des Stadtentwicklungsplans Verkehr (StEP            schwindigkeit unterhalb von 50 km/h beteiligen. Berlin wird
­Verkehr) und der in unmittelbarem Zusammenhang damit          sich einsetzen für verbesserte Sicherheitsstandards von
 stehenden Fußverkehrsstrategie und Radverkehrsstrategie.      Kraftfahrzeugen, motorisierten Zweirädern und Fahrrädern
                                                               (E-Bikes und elektrisch unterstützte Pedelecs eingeschlos-
Der Stadtentwicklungsplan Verkehr stellt alle Maßnahmen        sen). Eine Ausweitung der Ausstattung von Pkw, Bussen,
zur Begrenzung des Zuwachses im Kfz-Verkehr und zur Ver-       Lkw und Motorrädern mit sicherheitswirksamen Fahrer-­
lagerung eines Teils der Verkehrsnachfrage im Kfz-Verkehr      Assistenz-Systemen (FAS) wird nachdrücklich begrüßt.
auf Verkehrsmittel des Umweltverbundes in einen direkten
Zusammenhang mit Verkehrssicherheit. Innerhalb der Teil-       Die Aussagen und Maßnahmen des Verkehrssicherheits­
strategie Stadt-, Umwelt- und Lebensqualität nimmt das         programms 2011 des Bundes werden durch das Land Berlin
Thema Verkehrssicherheit eine besondere Bedeutung ein.         in besonderem Maße unterstützt. Vor allem gilt dies für
Neben der Weiterentwicklung und kontinuierlichen Umset-        Maßnahmen, die zur Erhöhung der Innerortssicherheit
zung des Verkehrssicherheitsprogramms werden im Stadt-         dienen­und die die Kenntnisse zur Verkehrsunfallanalyse
entwicklungsplan Verkehr zur Erhöhung der Verkehrs­            weiter erhöhen (z. B. Einführung der Kategorie „Schwerst-
sicherheit unter anderem folgende Maßnahmen benannt:           verletzte“ in die polizeiliche Unfallstatistik).

„„Maßnahmen zur Bevorrechtigung der Verkehrsträger             Der Schwerpunkt des vorliegenden Verkehrssicherheits­
  des Umweltverbundes mit verstärkter Berücksichtigung         programms liegt auf den beiden Handlungsfeldern
  der Belange des Umweltverbundes – das sind öffentliche­      ­Menschen und Infrastruktur. Verfolgt wird dabei ein inte­
  Verkehrsmittel, Fuß- und Radverkehr – gegenüber dem           grierter Ansatz. Dieser setzt gleichermaßen auf Verände-
  motorisierten Individualverkehr,                              rungen im Verkehrssystem und im individuellen, teils auch
„„Erweiterung der Verkehrs- und Mobilitätserziehung und         ­geschlechterdifferenten Verkehrsverhalten. Das Aktions-
  der Fahrausbildung um den Baustein Mobilitätslernen,           programm innerhalb des Verkehrssicherheitsprogramms
„„Entwicklung und Durchführung zielgruppenspezifischer           berücksichtigt dies in besonderem Maße. Die Maßnahmen
  Kommunikationsmaßnahmen,                                       werden auf den Seiten 13 – 19 dargestellt.
„„Weiterführung der Fußverkehrsstrategie und Umsetzung
  der Konzeption zur Förderung des Fußgängerverkehrs,          Das Verkehrssicherheitsprogramm Berlin 2020 stellt die
„„Weiterführung der Radverkehrsstrategie und Umset-            Menschen in den Mittelpunkt und damit zugleich in den
  zung mit dem bewährten Maßnahmenrepertoire sowie             Blickpunkt aller Maßnahmen: als durch Verletzungen mit
  Durchführung von Pilotprojekten,                             vorübergehender und dauerhafter Versehrtheit oder Tod
„„Weiterentwicklung der Tempo-30-Konzeption.                   Betroffene, aber auch als Verursachende von Verkehrsun-
                                                               fällen.
Das vorliegende Verkehrssicherheitsprogramm greift diese
Maßnahmen auf und konkretisiert, erweitert und akzentuiert     Konkret liegt damit der Schwerpunkt auf Verkehrsunfällen
sie in relevanten Bereichen (siehe Seite 13 ff.).              mit Personenschaden, ohne jedoch verkehrsunfallbedingte

                                                                                                                          9
Vermögens- und Umweltschäden zu vernachlässigen. Im             sicherheit, Gesundheit, Umwelt- und Klimaschutz sowie
Zentrum stehen besondere Zielgruppen (siehe Seite 11), die      ­Verkehr und Mobilität sollen dabei gezielt genutzt werden.
einerseits als unfallstatistisch identifizierte Risikogruppen
und andererseits als Personengruppen zu betrachten sind,
die eine besondere Ansprache im Hinblick auf sicheres Ver-      Ziele
kehrsverhalten erfordern.                                       Das Verkehrssicherheitsprogramm Berlin 2020 basiert auf
                                                                vier grundlegenden Zielformulierungen:
Von den Menschen auszugehen bedeutet auch, dass die
Zielgruppen des Verkehrssicherheitsprogramms nicht un-          1.   An erster Stelle steht das Qualitätsziel „Erhöhung der
abhängig voneinander zu betrachten sind. Vielmehr ist der            Verkehrssicherheit im Hinblick auf alle am Verkehr Teil-
Mensch, ob Frau oder Mann, Mädchen oder Junge, als am                nehmenden und alle Stadträume“. Es ordnet sich im
Verkehr Teilnehmender in der Regel multimodal Handeln-               StEP Verkehr der sozialen Zieldimension unter und
der: Er geht zu Fuß, fährt mit dem Fahrrad, benutzt öffent-          stellt dort eines von zwölf Qualitätszielen dar. Drei
liche Verkehrsmittel oder lenkt motorisierte Fahrzeuge nach          weitere Qualitätsziele des StEP Verkehr innerhalb
                                                                     ­
differenzierten persönlichen Motiven, situativen Anforde-            ­dieser Zieldimension fordern die Herstellung gleicher
rungen sowie individuellen Fertigkeiten (z. B. Mobilitäts­            Mobilitätschancen unter Berücksichtigung unter-
beeinträchtigungen) und Bedingungen (z. B. Führerschein-              schiedlicher Mobilitätsbedürfnisse und Lebensbedin-
und Fahrzeugbesitz).                                                  gungen, die Stärkung der polyzentrischen Stadtstruk-
                                                                      tur zur Verbesserung der Erreichbarkeit städtischer
Gleichzeitig ist die individuelle Verkehrsteilnahme von               Teilräume und Stadtteile sowie die Erhöhung der Stadt-
­Menschen auch innerhalb der gesamten Lebensspanne zu                 verträglichkeit des Verkehrs.
 betrachten.
                                                                2.   Die dauerhafte Verbesserung und Erhaltung der
                                                                     ­Verkehrssicherheit ist eine grundlegende Aufgabe der
                                                                      Daseinsvorsorge, an der alle gesellschaftlichen Kräfte
                                                                      mitwirken müssen. Aus diesem Grund verfolgt das
                                                                      ­Verkehrssicherheitsprogramm als wichtiges operatives
                                                                     Ziel die nachhaltige Stärkung der gesamtgesellschaft­
                                                                       lichen Verantwortung für Verkehrssicherheit.

                                                                3.   Die Verkehrssicherheitsarbeit in Berlin orientiert sich
                                                                     an der anspruchsvollen Zukunftsvision, dass künftig
                                                                     „keine Verkehrsunfälle mit schweren Personenschäden
                                                                     (getötete oder schwer verletzte Unfallopfer)“ mehr auf
Das Verkehrssicherheitsprogramm will ein solches ganz-               Berliner Stadtgebiet geschehen sollen. Ziel der Verkehrs-
heitliches Verständnis der am Verkehr teilnehmenden                  sicherheitsarbeit ist es, dieser „Vision Zero“, die einen
­Menschen ausdrücklich fördern und legt es seinen Zielen             Idealzustand beschreibt, möglichst nahezukommen.
 und Maßnahmen zugrunde. Es verfolgt aus gleichem Grunde        ­
 einen dauerhaft wirksamen Ansatz zur Erzeugung öffent­         4.   Damit nachvollziehbar ist, ob die Maßnahmen des Ver-
 licher Bewusstheit für den Wert eines sicheren, partner-            kehrssicherheitsprogramms tatsächlich dem vorange-
 schaftlichen Verhaltens im Straßenverkehr und unterstützt           stellten Qualitätsziel dienen und zu einer Annäherung
 dadurch gezielt eine nachhaltige Mobilitäts- und Verkehrs­          an die formulierte Vision führen, ist ein überprüfbares
 entwicklung in Berlin.                                              Zwischenziel festzulegen. Auf dem Weg zum beschrie-
                                                                     benen Idealzustand eines Straßenverkehrs ohne Unfäl-
Eine wesentliche Intention des Verkehrssicherheitspro-               le mit schweren Personenschäden soll für Berlin als
gramms besteht nicht zuletzt in der langfristigen Absiche-           nächstes Etappenziel gelten: Von 2011 (Bezugsjahr) bis
rung von wirksamen, selbst tragenden Strukturen und                  Ende 2020 soll die Anzahl der bei Verkehrsunfällen im
­Aktivitäten mit integrativem Charakter in der Berliner Ver-         Berliner Stadtgebiet getöteten und schwer verletzten
 kehrssicherheitsarbeit. Die vielfältigen Synergieeffekte            Menschen um 30 Prozent reduziert werden. Als Kenn-
 zwischen den Handlungs- und Wirkungsfeldern Verkehrs­               größe zur Bestimmung der Zielerreichung wird die

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Berlin Sicher Mobil 2020 | Handlungsfelder, Ziele, Zielgruppen und Leitlinien

                 Summe der Personen mit schweren oder tödlichen Ver-                      in Bezug auf das Lebensalter Kinder, Jugendliche, junge
                 letzungen (Unfallkategorien „Getötete“ und „Schwer-                      ­Erwachsene sowie ältere und alte Menschen, weil diese
                 verletzte“) festgelegt. Die Anzahl der im Straßenver-                     Gruppen jeweils besonderen Verkehrssicherheitsdefiziten
                 kehr Getöteten ist – im Unterschied zu den statistisch                    ausgesetzt sind.
                 relevanten Größenordnungen auf nationaler und euro-
                 päischer Ebene, die einen eigenständigen Zielwert un-
                 bedingt rechtfertigen – bezogen auf Berlin für sich be-
                 trachtet klein und in erheblichem Maße zufälligen
                 Schwankungen ausgesetzt. Für Berlin gilt schon jetzt
                 das Ziel, möglichst keine Getöteten mehr im Straßen-
                 verkehr beklagen zu müssen.

            Gleichzeitig soll mit den Maßnahmen, die dem definierten
            Etappenziel „Minus 30 Prozent“ dienen, ein Beitrag geleistet
            werden, um die Verletzten- und Verkehrsunfallzahlen in Ber-
            lin insgesamt zu reduzieren. Auch Unfälle mit Leichtverletzten
            und schweren Sachschäden sind keineswegs wünschenswert.                       Die Ableitung der Zielgruppen basiert auf einer differenzier-
     Nutzung von                                                                          ten Analyse des Verkehrsunfallgeschehens im Stadtgebiet
     Kraftfahrzeugen                                                                      von Berlin und wird jährlich überprüft. Die Erkenntnisse aus
el
            Zielgruppen der Verkehrssicherheitsarbeit                                     den differenzierten Analysen begründen auch eine weitere
            Das Verkehrssicherheitsprogramm unterscheidet Zielgrup-                       Differenzierung von zwei Altersgruppen gegenüber üblichen
            pen nach Alter und Art der Verkehrsteilnahme. Zwischen                        Verkehrsunfallstatistiken:
            beiden Aspekten bestehen vielfältige Zusammenhänge. Aus
            diesem Grund erfolgt die statistische Analyse des Verkehrs-                   „„Bei Kindern werden unter 6-Jährige (Kleinkinder), 6- bis
            unfallgeschehens im Rahmen des Verkehrssicherheitspro-                          10-Jährige (jüngere Schulkinder) und 11- bis 14-Jährige
            gramms in Form einer Kreuzauswertung, die sowohl das                            (ältere Schulkinder) unterschieden.
            Lebensalter als auch die Verkehrsteilnahme der bei Straßen-                   „„Bei den älteren und alten Menschen werden 65- bis
            verkehrsunfällen zu Schaden gekommenen Menschen be-                             74-Jährige (ältere Menschen) und über 74-Jährige (alte
            rücksichtigt.                                                                   Menschen) getrennt betrachtet.

            Prioritäre Zielgruppen des Verkehrssicherheitsprogramms                       Durch die Verknüpfung von Lebensalter und Verkehrsteil-
            sind in Bezug auf die Verkehrsteilnahme Menschen, die zu                      nahme ergibt sich aus dem Unfallgeschehen bis Ende 2013
            Fuß gehen, Fahrrad oder motorisierte Zweiräder fahren und                     unter Berücksichtigung der Verletzungsschwere die dar­
                                                                                          gestellte Zielgruppen-Risiko-Matrix. Auch diesbezüglich
                                                                                          erfolgt eine jährliche Überprüfung und Anpassung an
                                                                                          ­
             Altersgruppen                                  Verkehrsmittel                ­veränderte Verunglückten-Kollektive bezogen auf Verände-
                                                                                           rungen in Bezug auf die Verletzungsschwere und volkswirt-
                                                                                           schaftliche Kostensätze, ermittelt durch die Bundesanstalt
             Kinder                                         Zu Fuß gehen
             0 – 5 / 6 – 10 / 11 – 14 Jahre                                                für Straßenwesen.

             Jugendliche                                    Radfahren                     Zielgruppen mit höchstem Risiko sind damit bezogen auf
             15 – 17 Jahre
                                                                                          die Verkehrssicherheitsarbeit in Berlin:
             Junge Erwachsene                               Motorisierte
             18 – 24 Jahre                                  Zweiräder fahren              „„Kinder im Schulalter, Jugendliche sowie ältere und alte
                                                                                            Menschen als Fußgänger,
             Mittleres Alter                                Öffentliche Verkehrs-
             25 – 64 Jahre                                  mittel nutzen                 „„Ältere Kinder, Jugendliche und zunehmend auch Erwach-
                                                                                            sene mittleren Alters, die Rad fahren,
             Ältere Menschen                                Kraftfahrzeuge                „„Junge Erwachsene, die Personenkraftwagen und moto-
             65 – 74 / ab 75 Jahre                          nutzen
                                                                                            risierte Zweiräder fahren.

            Zielgruppen des Verkehrssicherheitsprogramms:
            vielfältige Zusammenhänge zwischen­Lebensalter und Verkehrsteilnahme

                                                                                                                                                   11
Die Zielgruppendefinition des Verkehrssicherheitspro-                institutionellen Nutzen, der sich für die einzelnen
gramms unterstützt in besonderem Maße die Förderung                  Menschen wie für die Gemeinschaft gleichermaßen
der Nahmobilität, d.h. der Mobilität nicht motorisiert am            auszahlt. Dies gilt auch für öffentliche und privat­
Verkehr Teilnehmender im Sinne des Stadtentwicklungs-                wirtschaftliche Unternehmen und Arbeitgebende.
plans Verkehr und untermauert zusätzlich die hohe Bedeu-             Persönlicher, sozialer und institutioneller Nutzen ver-
tung der beiden Strategien zum Fuß- und Radverkehr.                  kehrssicheren Verhaltens sollen daher in der Verkehrs-
                                                                     sicherheitsarbeit in Berlin herausgestellt werden.
                                                                     Betont werden soll dabei auch der besondere Zusam-
Leitlinien                                                           menhang zwischen Verkehrssicherheit und Gesundheit.
Die folgenden politischen Leitlinien sollen der Verkehrs­
sicherheitsarbeit in Berlin zugrunde liegen:                      5. Synergieeffekte nutzen: Verkehrliche Maßnahmen, die
                                                                     der Verkehrssicherheit dienen, haben meist auch einen
1.   Akzeptanz des Regelsystems erhöhen: Ein an Partner-             hohen Nutzen im Hinblick auf Lärmminderung, Klima-
     schaft orientiertes, wertebezogenes Regelsystem, das            schutz und Verbesserung der Luftqualität. Solche Syner-
     auf einem gesellschaftlichen Konsens basiert, ist die not-      gieeffekte sollen gezielt genutzt werden. Den Verkehrs-
     wendige Voraussetzung für verkehrssicheres Verhalten.           arten des Umweltverbundes kommt hier eine vorrangige
     Weil Werte bestehen, gibt sich die Gesellschaft entspre-        Bedeutung zu.
     chende Regeln. Das Regelsystem muss plausibel sein.
     Die dahinter liegenden Werte und Zielsetzungen wie           6. Verursacherprinzip einlösen: Ökonomisches Ziel ist die
     auch die begründenden Zusammenhänge müssen ziel-                stärkere Kofinanzierung einer notwendigen, verbesser-
     gruppengerecht und nachvollziehbar kommuniziert                 ten Verkehrssicherheitsarbeit nach dem Verursacher-
     werden, um verstanden und akzeptiert zu werden.                 prinzip. Dies erfordert letztlich auch eine ­zumindest
                                                                     partielle Zweckbindung der aus der Verkehrsüber­
2.   Blickpunkt Mensch: Die Menschen stehen im Mittel-               wachung erlösten Mittel für Maßnahmen zur Um­
     punkt der Verkehrssicherheitsarbeit in Berlin. Mit be-          setzung des Verkehrssicherheitsprogramms.
     sonderem Blick auf die demografische Entwicklung und
     die zunehmenden Anteile des fußläufigen und Radver-          7. Mitverantwortung in freier Trägerschaft stärken: Die
     kehrs an den täglichen Wegen im Berliner Stadtgebiet            stärkere Verantwortungsübernahme von Institutionen
     geht es darum, allen Menschen und allen Verkehrsar-             in freier Trägerschaft ist eine gesamtgesellschaftliche
     ten eine gleichwertig sichere und hindernisarme Fort-           Aufgabe und gilt auch in der Verkehrssicherheitsarbeit.
     bewegung im Stadtverkehr zu ermöglichen. Sichere                Die langfristige Sicherung und weitere Verbesserung
     Mobilität der Menschen über die gesamte Lebensspan-             der Arbeitsfähigkeit und der Kooperationsbedingungen
     ne erfordert ein Verkehrssystem, das die Abläufe im             solcher Institutionen sind daher dringend erforderlich.
     Verkehr vereinfacht und die Folgen von Fehlverhalten
     bei der Verkehrsteilnahme soweit möglich abmindert.          8. Netzwerk weiter ausbauen: Ziel ist ein gut funktionie-
     Dies hat Auswirkungen auf die Gestaltung der Ver-               rendes Netzwerk mit verbindlichen Strukturen der In-
     kehrsinfrastruktur, die betriebliche Steuerung und Or-          formation, Koordination und Kooperation und mit klar
     ganisation des Verkehrs sowie die Gestaltung des Mo-            definierter Aufgabenteilung. Dabei ist auch eine regio-
     bilitätsangebotes und -managements.                             nale Zusammenarbeit im Metropolenraum notwendig,
                                                                     vor allem durch eine enge Kooperation mit dem Land
3.   Vorrang für Eigenverantwortung: Eigenmotivation und             Brandenburg.
     Eigenverantwortung der am Verkehr Teilnehmenden in
     Bezug auf regelkonformes und gegenseitig Rücksicht           9. Bezirke stärker einbinden: Innerhalb des städtischen
     nehmendes Verhalten wird Vorrang gegenüber Restrik-             Netzwerks ist die besondere Rolle der Bezirke verstärkt
     tionen gegeben. Um dies zu unterstützen, werden wirk-           zu nutzen, die diese insbesondere als untere Straßen-
     same, öffentlich wahrnehmbare und damit Präsenz                 verkehrsbehörde, als Straßenbaulastträger, durch ihre
     vermittelnde Kontrollen gleichwohl für notwendig er-            Aufgaben im Rahmen der regionalen Schulaufsicht mit
     achtet.                                                         Schulberatung und Fortbildung für Lehrkräfte sowie in
                                                                     ihrer Zuständigkeit für die Jugendverkehrsschulen inne
4. Vielfältigen Nutzen herausstellen: Verkehrssicheres               haben. Teilräumliche Analysen zum Unfallgeschehen
   Verhalten hat einen hohen persönlichen, sozialen und              und Modellprojekte sollen die unterschiedlichen Gege-
                                                                     benheiten in den einzelnen Bezirken gezielt aufgreifen.

12
Berlin Sicher Mobil 2020 | Verkehrssicherheitsmaßnahmen im Aktionsprogramm 2020

Verkehrssicherheitsmaßnahmen im
Aktionsprogramm 2020
Vorbemerkung zur Grundstruktur                                 bereich „Verkehrsinfrastruktur und -system“ (VIS) und für
Das Verkehrssicherheitsprogramm Berlin 2020 beruht auf         die „‘Rücksicht‘-Kampagne“ (AVM 3).
einer ressortübergreifenden Zusammenarbeit von vier
gleichwertigen Partnerinnen, die im Sinne eines „interakti-    Die neue Maßnahme „Vertiefende Untersuchungen zum
ven Vier-Säulen-Modells“ Maßnahmenverantwortlichkeiten         Unfallgeschehen“ (VSA 2) erscheint vor dem Hintergrund
entsprechend ihren spezifischen Kompetenzschwerpunkten         der aktuellen Verkehrsunfallentwicklung dringend notwen-
übernehmen:                                                    dig, um bislang fehlende Detailerkenntnisse zur besseren
                                                               Ausrichtung und Steuerung der Maßnahmen in den übrigen
„„Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt             Handlungsbereichen zu gewinnen.
  (Federführung),
„„Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft,       Neue Ansätze wurden im Handlungsbereich „Schulische
„„Senatsverwaltung für Inneres und Sport/Polizei Berlin        Verkehrs- und Mobilitätserziehung“ mit den Maßnahmen
  und                                                          „Kontinuierliche Verkehrs- und Mobilitätserziehung“
„„Berliner Charta für die Verkehrssicherheit.                  (VME 1), „Schulisches Mobilitätsmanagement“ (VME 2) und
                                                               „Fortbildung für Lehrerinnen und Lehrer für die Verkehrs-
Einer guten, engen Zusammenarbeit wird im Hinblick auf         und Mobilitätserziehung“ (VME 3) formuliert. Dabei werden
die Zielerreichung und erfolgreiche Maßnahmenumsetzung         bereits laufende Maßnahmen und Aktivitäten unterschied-
ein hoher Stellenwert beigemessen. Damit wird zugleich         licher Träger der Verkehrssicherheitsarbeit in Berlin wirk-
dem Umstand Rechnung getragen, dass Verkehrssicher-            sam eingebunden und in einen größeren Zusammenhang
heitsarbeit an der Schnittstelle von Stadtentwicklungs-,       gestellt.
Verkehrs-, Umwelt-, Gesundheits-, Bildungs- und Sicher-
heitspolitik angesiedelt ist und nur in diesem übergreifen-    Im Handlungsbereich der Netzwerkarbeit soll als neuer
den Kontext Synergien nutzbar gemacht werden können.           Ansatz die Maßnahme „Zentrale Koordinierungsstelle“
                                                               (NWA 1) umgesetzt werden.
Die 13 Maßnahmen des Aktionsprogramms 2020 sind in
fünf Handlungsbereiche untergliedert, denen zugleich           Weil die Verbesserung der Verkehrssicherheit ein kontinu-
wesentliche Verantwortlichkeiten im Hinblick auf die vier im   ierlicher Prozess ist, der in regelmäßigen Abständen einer
Verkehrssicherheitsprogramm kooperierenden Partner-            kritischen Überprüfung bedarf, soll auf Basis der Ende 2016
innen zugeordnet werden können:                                vorliegenden Evaluationsergebnisse zum Verkehrsunfallge-
                                                               schehen im Jahr 2017 eine Zwischenbilanz zum bis dahin
„„Verkehrssicherheitsarbeit | VSA (3 Maßnahmen)                erreichten Umsetzungsstand und zu den erzielten Wirkun-
„„Verkehrsinfrastruktur und -system | VIS (4 Maßnahmen)        gen des Aktionsprogramms erstellt werden. Dies soll eine
„„Schulische Verkehrs- und Mobilitätserziehung | VME           Fortschreibung, Nachjustierung und partielle Umorientie-
  (3 Maßnahmen)                                                rung des Aktionsprogramms sowie eine Konkretisierung
„„Außerschulische Verkehrs- und Mobilitätsbildung | AVM        einzelner Maßnahmen ermöglichen.
  (2 Maßnahmen)
„„Netzwerkarbeit | NWA (1 Maßnahme)                            Handlungsbereiche und Maßnahmen des Aktionspro-
                                                               gramms 2020 werden im Folgenden erläutert.
Teilweise handelt es sich um laufende Maßnahmen, die
langfristig orientiert sind, jedoch zur Verbesserung der
Orientierung auf die maßgeblichen Zielgruppen eine
zusätzliche Akzentuierung erhalten. Dies gilt für die Maß-
nahmen „Verkehrsunfallbearbeitung“ (VSA 1), „Verkehrs-
überwachung“ (VSA 3), für alle Maßnahmen im Handlungs-

                                                                                                                       13
Verkehrssicherheitsarbeit (VSA)                                 Die Unfalldatenaufbereitung soll auf ein modernes digitales
Nicht angepasste Geschwindigkeit ist eine Hauptunfall­          Verfahren umgestellt werden, mit dem räumliche und thema­
ursache. Das in Berlin praktizierte Konzept einer räumlich      tische Daten aggregiert und räumliche Kartierungen erstellt
und instrumentell differenzierten Geschwindigkeitsüber­         werden können. Wünschenswert sind insbesondere thema­
wachung mit mobilen und ortsfesten Instrumenten hat sich        tische Karten zur Unfallbeteiligung von Kindern, älteren und
in diesem Zusammenhang bewährt. Bedingung für den               alten Menschen, zu Fuß gehenden und Rad fahrenden Menschen
Maßnahmenerfolg ist der Einsatz moderner, digitaler             sowie teilräumliche Aggregierungen auf Bezirksebene sowie
T
­ echnik.                                                       kleinmaßstäblicher auf Stadtteil- und Quartiersebene.
                                                                Geprüft werden soll die Einführung eines automatisierten
Rotlichtverstöße von Rad fahrenden oder einen Pkw steu-         ­Verfahrens zur Anwendung der Sicherheitsanalyse von Stra-
ernden Menschen an signalisierten Knotenpunkten nehmen          ßennetzen (ESN). Ein solches liegt derzeit nur für überörtliche
zu. Besonders sinnvoll und erfolgversprechend ist daher,        Straßennetze vor. Unterstützt werden soll ein Forschungs­
neben der Weiterführung von Schwerpunktkontrollen, die          projekt, mit dem die für Landesnetze entwickelte Software für
Kombination von Geschwindigkeits- und Rotlichtüberwa-           die Anwendung auf innerörtliche Netze am Beispiel Berlins
chung des Kfz-Verkehrs an ausgewählten, komplexen               ­weiterentwickelt werden kann.
K
­ notenpunkten.
                                                                VSA 2 Vertiefende Untersuchungen zum Unfall-
Eine weitere Erhöhung des Kontrolldrucks erscheint drin-        geschehen
gend notwendig, um die Hauptunfallursachen weiter ein­          Im Rahmen einer Motorradstudie sollen die spezifischen
zudämmen und den am Verkehr Teilnehmenden glaubhaft             ­Charakteristika des Unfallgeschehens in Berlin mit Beteiligung
zu vermitteln, dass sie jederzeit mit Überwachung und           von Mofas, Mopeds, Leichtkrafträdern und Motorrädern im
­Kontrollen rechnen müssen.                                     Hinblick auf unterschiedliche Altersgruppen von Fahrerinnen
                                                                und Fahrern, stadträumliche Differenzierungen und die Betrof-
Berlin hat als erste deutsche Stadt mit beabsichtigter          fenheit von Mitfahrenden („Sozius“) untersucht und aufbereitet
­flächendeckender Wirkung Dialog-Displays in großer Zahl        werden. Geprüft werden soll die Sinnfälligkeit einer Einbezie-
 zum Einsatz gebracht. Die positive Wirkung dieses die          hung von E-Bikes und Pedelecs in die Untersuchung.
 ­Eigenverantwortung der Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer       Untersucht werden sollen in zwei getrennten Studien die stadt-
  unterstützenden, nicht ahndenden Instrumentes wurde           räumliche Verteilung und Charakteristik von Unfällen mit
  nachgewiesen. Der Einsatz der Displays durch die Bezirke      ­Beteiligung von Radfahrenden und von Unfällen mit Beteiligung
  wird konsequent fortgeführt.                                  zu Fuß gehender Menschen im Fokus von Altersgruppen und
                                                                Modal-Split-Anteilen des Rad- und Fußverkehrs im kleinräumi-
Problematisch erscheint der teils lange Zeitraum zwischen       geren Zusammenhang (Bezirke, Stadtteile). Damit soll auch
festgestelltem Fehlverhalten und Übersendung des Verwar-        eine geeignete Aggregierungsstruktur zur Erstellung von digi-
nungsgeldangebotes bzw. Anhörungsbogens an Betroffene.          talen Unfallkarten (siehe VSA 1) entwickelt werden.
Der damit zusammenhängende Verwaltungsablauf muss               Weitere Untersuchungsthemen sollen auf Basis der Ergebnisse
wirksam beschleunigt werden.                                    der jährlichen Evaluation der Unfallentwicklung identifiziert
                                                                werden. Wesentliche Aspekte sind die Unfall- und Verletzungs-
Der Handlungsbereich „Verkehrssicherheitsarbeit“ umfasst        schwere, die teilräumliche Unfallverteilung, maßgebliche Fak-
drei Maßnahmen:                                                 toren im Unfallgeschehen sowie Genderaspekte im Hinblick auf
                                                                Betroffene und Verursachende von Verkehrsunfällen.
 VSA 1 Verkehrsunfallbearbeitung                                Die Ergebnisse der Untersuchungen werden im Kreis der an der
 Die Arbeit der Bußgeldstelle soll im Rahmen der finanziellen   Verkehrssicherheitsarbeit Beteiligten beraten und sollen dazu
 Möglichkeiten optimiert werden, um eine zeitnahe Abwicklung    dienen, Maßnahmen und Angebote gezielt weiterzuentwickeln
 eingeleiteter Verfahren zur Ahndung von Regelverstößen zu      und auf eine verbesserte Zielgruppenerreichung auszurichten.
 ermöglichen. Unterstützend soll eine Datenfernübertragung
 von ortsfesten Überwachungsanlagen zur direkten Daten- und     VSA 3 Verkehrsüberwachung
 Bildauswertung bei der Bußgeldstelle eingerichtet werden.      Die personellen und technischen Ressourcen für die Verkehrs-
 Ob freiwerdende personelle Ressourcen der Verkehrsüber­        überwachung sollen im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel
 wachung zugeführt werden können, ist unter Beachtung zu er-    ausgebaut werden, um einen wirksameren Kontrolldruck zu
 bringender Personaleinsparungen und Prioritätensetzungen       erzeugen. Weitere geeignete Einsatzstellen für eine kombinierte­
 der Polizei Berlin zu prüfen.                                  Geschwindigkeits- und Rotlichtüberwachung werden geprüft,

14
Berlin Sicher Mobil 2020 | Verkehrssicherheitsmaßnahmen im Aktionsprogramm 2020

 eine Realisierung bei positiven Ergebnissen angestrebt.          Mängeln im Verkehrsraum und Verkehrssystem zugeschrie-
 Im Hinblick auf evaluierte Zielgruppenaspekte wird die Durch-    ben werden. Beteiligungsverfahren in der Verkehrsplanung
 führung von Schwerpunktmaßnahmen intensiviert. Ein beson-        gehen hierauf zunehmend ein. Sinnvoll erscheint Betroffe-
 deres Augenmerk gilt der Verkehrssicherheit im Radverkehr im     nenbeteiligung daher auch im Zusammenhang mit der Auf-
 Kontext der vorhandenen Infrastruktur und des Verhaltens von     deckung von Verkehrssicherheitsdefiziten, insbesondere im
 Kraftfahrerinnen und Kraftfahrern.                               Hinblick auf Kinder, ältere und alte Menschen, die sich zu
 Einbezogen werden soll die Überwachung des ruhenden              Fuß oder mit dem Rad im Verkehr bewegen. Für diese Ziel-
 ­Verkehrs (Park-, Liefer- und Ladevorgänge) im Hinblick auf      gruppen sollen in den Modellprojekten zur Fuß- und Rad-
 ­Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit im Radverkehr und     verkehrsstrategie auch Beteiligungskonzepte zur Mängel-
 Fußverkehr.                                                      analyse entwickelt, getestet und soweit möglich in eine
 Erkenntnisse aus der Verkehrsüberwachung durch Polizei und       kontinuierliche Praxis der „therapeutischen“ Verkehrs­
 bezirkliche Ordnungskräfte sollen konsequenter in die Infra-     sicherheitsarbeit überführt werden. Mitentscheidend für
 strukturplanung einbezogen werden.                               den Erfolg von Beteiligungsansätzen wird die Einbindung
                                                                  von in freier Trägerschaft an der Verkehrssicherheitsarbeit
                                                                  Mitwirkenden (Charta) und der Polizei (Verkehrssicher-
Verkehrsinfrastruktur und -system (VIS)                           heitsberaterinnen und -berater in Direktionen und Ab-
Auf die Verkehrsinfrastruktur und das Verkehrssystem              schnitten) sein.
­bezogene Maßnahmen stehen in engem Zusammenhang
 mit dem Stadtentwicklungsplan Verkehr sowie der Fuß- und         Der Handlungsbereich „Verkehrsinfrastruktur und -system“
 Radverkehrsstrategie und sind mit diesen konzeptionell           umfasst vier Maßnahmen:
 verknüpft. Im Zentrum der Maßnahmen steht die langfristi-
 ge Sicherung und Förderung der nicht motorisierten Ver-           VIS 1 Radverkehrsstreifenprogramm
 kehrsarten. ­Damit wird berücksichtigt, dass Menschen, die        Priorität soll künftig bei der Herstellung einer lückenlosen Rad-
 sich zu Fuß oder mit dem Rad im Verkehr bewegen, im Un-           verkehrsinfrastruktur im Zuge von wichtigen Achsen des Rad-
 fallgeschehen Hauptrisikogruppen sind.                            verkehrs liegen. Eine notwendige Grundlage stellt die teilräum-
 Wesentliche Ausgangsbedingungen stellen die prognosti-            liche Analyse des Unfallgeschehens mit Beteiligung von
 zierte demografische Entwicklung und die derzeit fest­            Radfahrenden dar (vgl. VSA 2). Damit sollen in Stadtgebieten
 zustellende Verkehrsentwicklung mit Zunahme der Modal-            mit hohem Risikopotenzial im Radverkehr – das sind vor allem
 Split-Anteile im Fuß- und Radverkehr dar, wie sie auch im         ältere Schulkinder (nach absolviertem Radfahrtraining) und
 Stadtentwicklungsplan Verkehr dargelegt sind.                     ­Jugendliche – besonders unfallträchtige Strecken und zusam-
 Die Herstellung von Barrierefreiheit stellt eine wichtige Auf-    menhängende Routen identifiziert und mit geeigneten Mitteln
 gabe zur Verbesserung der Verkehrssicherheit von mobili-          wirksam gesichert werden. Der Sicherung des Radverkehrs von
 tätseingeschränkten Personengruppen dar. Die Zielsetzung          Schülerinnen und Schülern im schulischen Umfeld soll dabei
 der Fußverkehrsstrategie ist es, bis zum Jahr 2020 alle           ­besonderes Gewicht zukommen. Sie sind auf das Fahrrad als
 ­wesentlichen Fußverkehrsverbindungen und Gehwege an              Verkehrsmittel in besonderem Maße angewiesen.
  Einmündungen und Kreuzungen barrierefrei nutzbar zu              Zweistreifiges Abbiegen von Kraftfahrzeugen soll wegen der
  machen. Das Bordabsenkungsprogramm, das seit 2012                Gefährdung des Rad- und Fußverkehrs aufgehoben oder signal-
  läuft, steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der         technisch gesichert werden.
  Verkehrssicherheitsarbeit. Bis Ende 2014 werden rund 350         Betroffene Zielgruppen sollen bei der Mängelanalyse einbe­
  Maßnahmen umgesetzt.                                             zogen, geeignete Verfahren hierfür entwickelt werden.

Besondere Synergien zwischen dem Verkehrssicherheits-              VIS 2 Überquerungsstellenprogramm
programm und der Fußverkehrsstrategie ergeben sich dar-            Das Programm soll auf alle Arten von Sicherungsmaßnahmen
über hinaus im Zusammenhang mit der Entwicklung und                an Überquerungsstellen ausgedehnt werden. Neben Fußgänger-
Aufwertung von teilräumlichen Fußverkehrsnetzen (Fuß-              überwegen sollen Mittelinseln und -streifen, Gehwegvorstre-
verkehrsstrategie, Modellprojekt 2) und der Umsetzung von          ckungen und andere bauliche Elemente sowie fußgänger-
„Begegnungszonen“ in Stadtstraßen mit starkem Fuß- und             freundliche Ampelschaltungen (Ansätze: kein zweistreifiges
Radverkehrsaufkommen sowie lebhaftem Autoverkehr                   Rechtsabbiegen, kein bedingt verträgliches Linksabbiegen) ein-
(Fußverkehrsstrategie, Modellprojekt 5).                           bezogen werden. Innovative Formen der Signalisierung für den
Den am Verkehr Teilnehmenden kann aufgrund ihrer All-              Fußverkehr werden im Rahmen der Fuß­verkehrsstrategie in
tagserfahrungen eine gute Kenntnis von Defiziten und               ­ausgewählten Pilotprojekten bereits erprobt.

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