Berlin Sicher Mobil 2020 - Kontinuität und neue Akzente Verkehrspolitik - Berlin.de
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Berlin Sicher Mobil 2020 | Inhaltsverzeichnis Inhalt Vorwort 2 Bilanz der bisherigen Verkehrssicherheitsarbeit 4 Verkehrsunfallentwicklung 4 Meilensteine der Maßnahmenumsetzung seit 2004 6 Kosten- und Ressourcenentwicklung 7 Handlungsfelder, Ziele, Zielgruppen und Leitlinien 9 Handlungsfelder 9 Ziele 10 Zielgruppen der Verkehrssicherheitsarbeit 11 Leitlinien 12 Verkehrssicherheitsmaßnahmen im Aktionsprogramm 2020 13 Vorbemerkung zur Grundstruktur 13 Verkehrssicherheitsarbeit (VSA) 14 Verkehrsinfrastruktur und -system (VIS) 15 Schulische Verkehrs- und Mobilitätserziehung (VME) 16 Außerschulische Verkehrs- und Mobilitätsbildung (AVM) 18 Netzwerkarbeit (NWA) 19 Impressum 20 1
Vorwort Kontinuität und neue Akzente Neun Jahre nach Verabschiedung des ersten Berliner Verkehrssicherheitsprogramms „Berlin Sicher Mobil“ im Jahr 2005 hat der Senat im Januar 2014 das neue Verkehrs- sicherheitsprogramm 2020 beschlossen. Das Verkehrssicherheitsprogramm „Berlin Sicher Mobil“ 2020 wird die Grundlage dafür schaffen, die erfolgreichen Maßnahmen der letzten Jahre fortzusetzen. Aber es wird auch neue Akzente setzen. Wir wollen die Verkehrssicher- heit in Berlin weiter verbessern, die Zusammenarbeit der vielen Akteure und die Umsetzung der Maßnahmen effizi- enter gestalten. Unsere gemeinsame Vision ist es, auf Berliner Stadtgebiet langfristig Verkehrsunfälle mit getöteten und schwer verletzten Menschen zu verhindern. 2
Berlin Sicher Mobil 2020 | Vorwort Bei dieser „Vision Zero“ setzen wir auf die Kooperation und Ob dies gelingt, liegt nicht zuletzt an Ihnen, den Berliner gemeinsame Verantwortung aller. Bürgerinnen und Bürgern. Tragen Sie mit situationsange- passtem, rücksichtsvollem Verhalten zur Verkehrssicher- Verkehrssicherheitsarbeit ist an der Schnittstelle von Stadt- heit auf den Berliner Straßen bei. Damit wir gemeinsam entwicklungs-, Verkehrs-, Umwelt-, Gesundheits-, Bildungs- unsere Stadt sicherer und lebenswerter gestalten und per- und Sicherheitspolitik angesiedelt. Deshalb haben wir das sönliches Leid infolge von Verkehrsunfällen vermeiden und Verkehrssicherheitsprogramm auf vier „tragende Säulen“ aktiv verhindern können. gestellt: Federführend und für die Infrastruktur zuständig ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Darüber hinaus übernehmen die Senatsverwaltungen für Bildung, Jugend und Wissenschaft sowie für Inneres und Sport und die Polizei Berlin sowie nicht zuletzt rund 30 Mit- glieder der Berliner Charta für die Verkehrssicherheit in ihrem jeweiligen Kompetenzbereich die Verantwortung für eine Michael Müller erfolgreiche Umsetzung von Zielen und Maßnahmen. Senator für Stadtentwicklung und Umwelt 3
Bilanz der bisherigen Verkehrssicherheitsarbeit Verkehrsunfallentwicklung Die im ersten Berliner Verkehrssicherheitsprogramm festge- Die Verkehrsunfallentwicklung war in Berlin bis Mitte der setzte zentrale Zielgröße „Minus 30 Prozent“ bezogen auf 2000er Jahre langjährig rückläufig. 2006 wurden rund „schwer Verunglückte“ – Getötete und Schwerverletzte werden 120.000 Verkehrsunfälle auf Berliner Straßen verzeichnet. dabei in einer Zahl zusammengefasst – wurde bis heute deut- Bis Ende 2010 nahm die Unfallzahl wieder um 8 % zu. Seit- lich verfehlt. Gegenüber dem Ausgangsjahr 2004 ergab sich her stagniert sie bei rund 130.000 Verkehrsunfällen im Jahr. 2013 vielmehr sogar eine leichte Zunahme um 2 %. Erfreulicherweise führen die meisten Verkehrsunfälle Lediglich bei den Getöteten ist seit Ende der 1990er Jahre ein lediglich zu Sachschäden. Der Anteil der Unfälle mit Perso- relativ stabiler Rückgang zu verzeichnen. Mit 37 Getöteten nenschaden liegt seit 2004 mit leichten Schwankungen bei lag diese Zahl im Jahr 2013 um 48 % unter dem Ausgangs- rund 11 %. wert des Jahres 2004. Nur bei der Anzahl der Getöteten konnte also die Zielgröße „Minus 30 Prozent“ unterschrit- Bezogen auf schwer verletzte Verkehrsunfallopfer im Berliner ten werden. Stadtgebiet wurde im Jahr 2010 – Zielhorizont des ersten Verkehrssicherheitsprogramms – ein historischer Tiefstand Je schwerer die Unfallfolgen, desto häufiger sind die nicht erreicht: Rund 15.000 Menschen verunglückten im Straßen- motorisiert am Straßenverkehr Teilnehmenden betroffen. verkehr, rund 1.700 Personen wurden dabei schwer verletzt. Fast zwei Drittel der im Straßenverkehr Getöteten und über Nach einer Zunahme auf rund 17.000 Verunglückte und die Hälfte der Schwerverletzten gehörten 2013 den nicht 2.000 Schwerverletzte in den Jahren 2011 und 2012 sanken motorisierten Verkehrsteilnahmegruppen an. 14 Getötete die Zahlen im Jahr 2013 wieder auf rund 16.500 Verun- und 445 Schwerverletzte waren zu Fuß, neun Getötete und glückte und 1.900 Schwerverletzte und lagen damit etwa 580 Schwerverletzte mit dem Rad unterwegs. Dritte maß- bei den Ausgangswerten von 2004. Der langjährige Trend gebliche Risikogruppe sind Personen, die motorisierte Zwei- ist somit nicht eindeutig. Er unterliegt vielmehr jährlichen räder fahren. Im Jahr 2013 betraf dies vier Getötete und 395 Schwankungen. Schwerverletzte. Personen 20.000 18.000 16.000 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 Getötete 4.000 Schwerverletzte 2.000 Leichtverletzte 09 11 12 08 10 13 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 20 20 20 20 20 20 19 19 20 20 20 20 20 20 20 20 Entwicklung der Verkehrsunfallopferzahlen in Berlin von 1998 bis 2013: Nachhaltiger Rückgang bei den Getöteten, aber bisher kein eindeutiger Trend bei den Schwer- und Leichtverletzten. 4
Berlin Sicher Mobil 2020 | Bilanz der bisherigen Verkehrssicherheitsarbeit Zusammen genommen waren damit 2013 jeweils rund drei Ein Vergleich der Berliner Unfalldaten mit der Bundesstatistik Viertel der Getöteten und Schwerverletzten den genannten der Verkehrsunfallentwicklung auf innerörtlichen Straßen drei Risikogruppen zuzurechnen. macht deutlich, dass sich von 1998 bis 2013 in Bezug auf Getötete und Leichtverletzte qualitativ ähnliche Entwick- Eine wichtige Vergleichsgröße ist der „Modal-Split“. Er lungen ergeben haben. Bezogen auf Schwerverletzte verlief bezeichnet den Anteil der verschiedenen Verkehrsmittel an die Entwicklung in Berlin dagegen deutlich ungünstiger als den täglichen Wegen der Berliner Bevölkerung. Menschen, die auf Bundesebene. Die Lücke zwischen beiden Kurven klafft sich mit Zweirädern – motorisiert oder nicht motorisiert – mittlerweile weit auseinander. fortbewegen, weisen erheblich höhere Anteile an den Ver- kehrsunfallopfern mit schweren Unfallfolgen auf, als dies Insgesamt verweist auch dieser Vergleich auf die vordring ihrem Modal-Split entspricht. Bei den Fahrradfahrenden liche Aufgabe, die Anzahl und den Anteil der auf Berliner liegt dieses Verhältnis beim 2,4-fachen, wo motorisierte Straßen Verunglückten mit schweren Verletzungen nach- Zweiräder genutzt werden, sogar bei dem 20-fachen. haltig zu reduzieren. Die jährlich durchgeführten differenzierten Unfallanalysen Neben allgemeinen Gründen, wie z. B. Witterungseinflüssen haben die Ziele und Zielgruppen der Verkehrssicherheits mit Auswirkungen auf die Verkehrsmittelnutzung, spielen arbeit in Berlin wiederholt bestätigt. Fokussiert auf Verun- im Unfallgeschehen auf Berliner Straßen auch langfristige glückte mit schweren und tödlichen Verletzungen lassen strukturelle Veränderungen eine Rolle: sich folgende Hauptrisikogruppen identifizieren: Der Anteil der älteren Bevölkerung nimmt stetig zu. Kinder im Schulalter, Jugendliche und alte Menschen, Die Modal-Split-Anteile des Fuß- und Radverkehrs am wenn sie zu Fuß gehen, Gesamtverkehr haben sich in Berlin seit Ende der 1990er Ältere Schulkinder, die Rad fahren, Jahre deutlich erhöht. Junge Erwachsene, die im Pkw oder auf motorisierten Der Bestand an motorisierten Zweirädern hat in den Zweirädern unterwegs sind. vergangenen 10 Jahren um rund ein Drittel zugenom- men. Stark gefährdet sind darüber hinaus Mitfahrende im Pkw Demgegenüber ist beim Pkw-Bestand nur ein geringer und als Sozius auf motorisierten Zweirädern sowie Jugend- Zuwachs zu verzeichnen. liche und zunehmend auch Erwachsene mittleren Alters, die Rad fahren. Prozent 130 120 110 100 90 Getötete Bund 80 Schwerverletzte Bund 70 Leichtverletzte Bund 60 Getötete Berlin 50 Schwerverletzte Berlin 40 Leichtverletzte Berlin 30 13 12 11 98 99 00 03 01 02 04 05 06 07 08 09 10 20 20 20 19 19 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 Entwicklung der Verunglücktenzahlen nach Verletzungsschwere in Berlin im Vergleich zum Bundesgebiet (nur innerorts) von 1998 bis 2013: ähnliche Kurvenverläufe, aber deutlich ungünstigere Entwicklung in Berlin bei den Schwerverletzten 5
Auch dies gilt es bei der Bewertung des Unfallgeschehens in ekommenen Menschen – Getötete und Schwerverletzte – g Berlin zu berücksichtigen. Gleichwohl bleibt die bisherige dauerhaft weiter zu verringern. Eine maßgebliche Rolle Entwicklung seit Inkrafttreten des ersten Verkehrssicher- spielen in diesem Zusammenhang die Qualität der Infra- heitsprogramms im Jahr 2005 auch vor dem Hintergrund struktur im Fuß- und Radverkehr, das Geschwindigkeits der 2013er Daten eher ernüchternd. niveau und -verhalten im Kraftfahrzeugverkehr sowie die Wirksamkeit polizeilicher Verkehrsüberwachung und Etliche Maßnahmen des ersten Verkehrssicherheits -kontrolle. programms dienten vorrangig der Aufgabe, eine wirksame und tragfähige Basis für eine langfristig angelegte, systema- tische Verkehrssicherheitsarbeit in Berlin herzustellen. Die Meilensteine der Maßnahmenumsetzung seit 2004 „Meilensteine“ im folgenden Abschnitt verdeutlichen dies. Wesentliche Maßnahmen des Aktionsprogramms, in zwei In den kommenden Jahren gilt es nun, Teilschritten 2005 und 2007 als Handlungskonzept zum Verkehrssicherheitsprogramm 2010 auf den Weg gebracht, langfristige Stabilität und Kontinuität zu schaffen, konnten zwischenzeitlich umgesetzt werden. Meilensteine die 2005 begonnene Arbeit systematisch weiterzuführen, der Maßnahmenumsetzung waren: das Netzwerk der partnerschaftlich Kooperierenden zu verdichten und auszuweiten 2005 und keinesfalls nachzulassen bei den Anstrengungen ründung der Berliner Charta für die Verkehrssicher- G um mehr Verkehrssicherheit für alle. heit mit mittlerweile über 30 Mitgliedern U nterzeichnung der Europäischen Charta für die Stra- Die vorliegenden Unfallanalysen erlauben trotz zunehmen- ßenverkehrssicherheit (European Road Safety Charter), der Differenzierung noch wenige Rückschlüsse im Hinblick im Jahr 2009 erneuert auf Ursachen und Hintergründe der neueren Entwicklungen. Erstmalige Durchführung des seither jährlich tagenden Hierzu bedarf es weiterer Untersuchungen. Verkehrssicher- Verkehrssicherheitsforums als Kommunikations-, Bera- heitsmaßnahmen sind vor allem daran zu messen, inwieweit tungs- und Evaluationsgremium für die Verkehrssicher- sie die Ursachen von Verkehrsunfällen, insbesondere solche heitsarbeit in Berlin mit schweren Folgen für die beteiligten Personen, wirksam Einrichtung der städtischen Unfallkommission mit Feder bekämpfen oder zumindest die Unfallauswirkungen und die führung bei der Verkehrslenkung Berlin (VLB) Verletzungsschwere maßgeblich zu vermindern helfen. Auflage des Förderprogramms zur gezielten Auswei- tung der schulischen Verkehrs- und Mobilitätserzie- hung durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, seither verwaltet durch die VLB 2005 –2007 Modernisierung und Erweiterung der Überwachungs- technik der Polizei Berlin mit erheblichen Mitteln der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt (2,1 Mio. Euro), seither weitere Modernisierung und Erneuerung in Richtung digitaler Überwachungstechnik und Optimierung der Bußgeldverwaltung Anschaffung von 80 Dialog-Displays als ergänzende Die vorliegenden Erkenntnisse zum Unfallgeschehen auf Maßnahme zur polizeilichen Geschwindigkeitsüberwa- Berliner Straßen legen nahe, in den kommenden Jahren chung; der Einsatz erfolgt durch die Bezirke vorrangig einen besonderen Schwerpunkt auf die nachhaltige Ver in Tempo-30-Zonen, die Ausrüstung wurde mittlerweile besserung der Verkehrssicherheit von Radfahrenden und auf 120 Geräte erweitert motorisiert Zweiradfahrenden zu legen. In beiden Fällen sind die Unfallentwicklungen Besorgnis erregend. Gleichzeitig muss ein Hauptaugenmerk künftiger Verkehrs- sicherheitsarbeit darauf liegen, die Anzahl und den Anteil der schweren Verkehrsunfälle und der dabei zu Schaden 6
Berlin Sicher Mobil 2020 | Bilanz der bisherigen Verkehrssicherheitsarbeit 2007 Die im Frühjahr 2010 in einem Leitfaden zur Qualifizierung E rstmalige Herausgabe des Verkehrssicherheitsberichts und Weiterentwicklung der Berliner Jugendverkehrsschulen als Instrument zur jährlichen Evaluierung der Verkehrs aufbereiteten Erkenntnisse und Empfehlungen wurden den unfallentwicklung auf Basis einer differenzierten Analyse Bezirken übergeben (siehe Maßnahme AVM 1). der polizeilichen Verkehrsunfallstatistik und zum Moni- toring der laufenden Maßnahmen des Verkehrssicher- Die seit 2005 laufenden Aktivitäten zur Verbesserung der heitsprogramms Kooperation und Vernetzung der in der Berliner Charta für die Verkehrssicherheit zusammenarbeitenden Institutio- 2007/ 08 nen zeigen positive Wirkungen. Eine Vielzahl von unver- E inführung des Sicherheitsaudits zur Prüfung von Stra- zichtbaren Aktionen und Aktivitäten gehen mittlerweile ßenbauprojekten in Berlin mit Ausbildung von verwal- aus dieser Kooperation hervor. Die Kommunikationsplatt- tungsintern Mitarbeitenden zu zertifizierten Sicher- form www.berlin-sicher-mobil.de macht dies eindrucksvoll heitsauditoren sichtbar. Die Netzwerkarbeit soll daher konsequent fortge- setzt, intensiviert und auf weitere Partnerinstitutionen 2008 und Basisaktivitäten ausgedehnt werden. nline-Schaltung von www.berlin-sicher-mobil.de als O Internetplattform zur Verbesserung der Kommunikation, Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung aller an der Ver- Kosten- und Ressourcenentwicklung kehrssicherheitsarbeit in Berlin Beteiligten und Interes- Die Verkehrssicherheitsarbeit differenziert sich angesichts sierten der unterschiedlichen Zuständigkeiten in verschiedene Durchführung des Pilotprojekts zum Kinderstadtplan Maßnahmenfelder. Zu nennen sind insbesondere: Berlin mit Ausarbeitung eines Leitfadens Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt: 2012 Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, Finanzie- Start der „Rücksicht“-Kampagne mit Fokus auf Radver- rung von Modell- und Pilotprojekten, Anschubfinanzie- kehrssicherheit und Konfliktvermeidung im Stadtverkehr rungen für einzelne Maßnahmen zur Koordination und Organisation der Verkehrssicherheitsarbeit, Förderung von Verkehrssicherheitsaktivitäten in freier Träger- schaft, Finanzierung von Kampagnen und vergleichba- ren präventiven Maßnahmen sowie des Monitorings und der Evaluation, Polizei Berlin: Erfassung und Aufbereitung der Ver- kehrsunfalllage, Verkehrsüberwachung und Verkehrs- unfallprävention sowie weitere verkehrssicherheits relevante Aufgaben im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags, Bezirke: Finanzierung von Überwachungs- und Präven- tionsmaßnahmen, Investitionen in die Infrastruktur, Finanzierung der Jugendverkehrsschulen. Als wesentliche Infrastrukturmaßnahmen des Verkehrs sicherheitsprogramms laufen zudem seit 2005 die kontinu- Eine Vielzahl von weiteren Institutionen in öffentlicher und ierliche Umsetzung des Radverkehrsstreifenprogramms freier Trägerschaft tragen mit Personaleinsatz und Bereit- und seit 2001 des Zebrastreifenprogramms. Bis Ende 2013 stellung von materiellen sowie finanziellen Ressourcen zur wurden aus beiden Programmen rund 150 km Radverkehrs- Verkehrssicherheitsarbeit bei. anlagen und 325 Überwege für Fußgängerinnen und Fuß- gänger neu realisiert. Darüber hinaus wurden Radverkehrs- Eine langfristige Planungssicherheit im Hinblick auf die Ver- anlagen sowie Mittelinseln und Gehwegvorstreckungen zur fügbarkeit der Finanzmittel ist notwendige Voraussetzung Sicherung von Überquerungsstellen auch im Rahmen von für die weitere kontinuierliche Verkehrssicherheitsarbeit. laufenden Straßenumbau- und Straßenausbaumaßnahmen hergestellt. 7
Den Ausgaben stehen öffentliche Einnahmen aus Verwar- Bereitstellung ausreichender Finanzmittel für Kommu- nungs- und Bußgeldern, Einnahmen, die gemeinnützige nikationsmaßnahmen, z. B. für Kampagnen zur Ver- Organisationen oder Einrichtungen in freier Trägerschaft kehrssicherheit (möglichst unter Einbeziehung von der Verkehrssicherheitsarbeit aus Gerichtsverfahren (Geld- Sponsoring), strafen) erhalten sowie aus Sponsoring gegenüber. Gesicherte Finanzierung und ausreichende Personal- ausstattung für eine zentrale Koordination und Organi- Sponsoring bleibt aufgrund der knappen öffentlichen Mittel sation der Berliner Verkehrssicherheitsarbeit auf ope- für die Verkehrssicherheitsarbeit unerlässlich. Zunehmend rativer Ebene, knappere Zeitbudgets lassen jedoch immer weniger Spiel- Bereitstellung von Haushaltsmitteln der Senatsverwal- raum, sich intensiv um neues Sponsoring zu bemühen. Die tung für Bildung, Jugend und Wissenschaft zur wirk Kontaktpflege zu vorhandenen wie die Kontaktaufnahme samen Unterstützung der schulischen Verkehrs- und zu potenziellen Sponsoren leidet darunter. Auch vor diesem Mobilitätserziehung, ergänzt um eine ausreichende Hintergrund ist die Einrichtung einer zentralen Koordinie- personelle Ausstattung im Bereich der Schulberatung rungsstelle für die Berliner Verkehrssicherheitsarbeit – eine und Fortbildung der damit befassten Lehrerinnen und Maßnahme des Verkehrssicherheitsprogramms – wichtig. Lehrer. Für die Verkehrssicherheitsarbeit in Berlin werden erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung ge- stellt. Die eingesetzten Ressourcen stehen jedoch in keinem Verhältnis zu dem volkswirtschaftlichen Schaden durch Verkehrsunfälle, der in Berlin in den vergangenen Jahren – auf Basis der polizeilichen Unfalldaten ermittelt – jährlich rund eine Milliarde Euro und mehr betrug. Hinsichtlich der zur Verfügung stehenden personellen und finanziellen Ressourcen zeichnen sich folgende Anforderungen ab, wenn das Verkehrssicherheitsprogramm seinem hohen Anspruch und dem anspruchsvollen Ziel „Minus 30 P rozent“ Der zur Verfügung stehende Ressourcenrahmen nimmt in gerecht werden soll: der Tendenz eher ab. Dies steht im Widerspruch zu dem aktuell und weiterhin zu konstatierenden Handlungsbedarf. Langfristige Sicherung der Finanzmittel für Infrastruk- Durch Effizienz steigernde Maßnahmen können Ressourcen turmaßnahmen im Fußverkehr mit vorrangigem Ziel verluste nur begrenzt aufgefangen werden. Alle beteiligten der Verbesserung der Überquerbarkeit von Straßen des Trägerinnen und Träger sind daher zu verstärkten Anstren- Hauptnetzes, gungen aufgefordert. Langfristige Sicherung und weitere Erhöhung der Finanz- mittel für Infrastrukturmaßnahmen im Radverkehr mit Die zum Ziel gesetzte deutliche Verbesserung der Verkehrs- den vorrangigen Zielen der Schaffung geschlossener sicherheitslage, wie sie politisch im Stadtentwicklungsplan Radverkehrsnetze und der Verbesserung der Sicherheit Verkehr, aber auch in der Radverkehrsstrategie und der von Radfahrenden an Knotenpunkten, Fußverkehrsstrategie gefordert und in dem quantifizierten Langfristige Sicherung und Verbesserung der Finanzie- Ziel „Minus 30 Prozent“ zum Ausdruck gebracht wird, legt rung der technischen Ausstattung und des Personals insgesamt eine Verbesserung des Ressourcenrahmens für die polizeiliche Überwachung einschließlich Aus- durch eine höhere Priorisierung des Handlungsfeldes Ver- stattung der Bußgeldstelle mit den vorrangigen Zielen kehrssicherheit innerhalb der veranschlagten Ausgaben im der Schließung von Verkehrsüberwachungslücken und Haushalt nahe. der Verstärkung des Equipments (z. B. durch Ausweitung einer kombinierten Geschwindigkeits- und Rotlichtüber- wachung), um den Kontrolldruck und die Entdeckungs- wahrscheinlichkeit von Verkehrsverstößen weiter zu erhöhen, 8
Berlin Sicher Mobil 2020 | Handlungsfelder, Ziele, Zielgruppen und Leitlinien Handlungsfelder, Ziele, Zielgruppen und Leitlinien Handlungsfelder Das Handlungsfeld Technik und Verkehrsrecht liegt nur be- Verkehrssicherheitsarbeit umfasst vier zentrale Handlungs- dingt im Einflussbereich des Landes Berlin und wird daher felder: vor allem auf Bundesratsebene thematisiert. Hier wird sich das Land Berlin weiterhin dafür einsetzen, dass der gelten- Menschen, de Sanktionsrahmen im Ahndungsverfahren für besonders Infrastruktur, unfallträchtige verkehrliche Ordnungswidrigkeiten (insbe- Verkehrsplanung und -politik, sondere Rotlichtverstöße und Geschwindigkeitsübertre- Technik und Verkehrsrecht. tungen) unter Angleichung an europäische Standards ange- hoben wird. Berlin wird sich auch an der Diskussion zur Das Handlungsfeld Verkehrsplanung und -politik ist zentraler möglichen Einführung einer innerörtlichen Höchstge- Gegenstand des Stadtentwicklungsplans Verkehr (StEP schwindigkeit unterhalb von 50 km/h beteiligen. Berlin wird Verkehr) und der in unmittelbarem Zusammenhang damit sich einsetzen für verbesserte Sicherheitsstandards von stehenden Fußverkehrsstrategie und Radverkehrsstrategie. Kraftfahrzeugen, motorisierten Zweirädern und Fahrrädern (E-Bikes und elektrisch unterstützte Pedelecs eingeschlos- Der Stadtentwicklungsplan Verkehr stellt alle Maßnahmen sen). Eine Ausweitung der Ausstattung von Pkw, Bussen, zur Begrenzung des Zuwachses im Kfz-Verkehr und zur Ver- Lkw und Motorrädern mit sicherheitswirksamen Fahrer- lagerung eines Teils der Verkehrsnachfrage im Kfz-Verkehr Assistenz-Systemen (FAS) wird nachdrücklich begrüßt. auf Verkehrsmittel des Umweltverbundes in einen direkten Zusammenhang mit Verkehrssicherheit. Innerhalb der Teil- Die Aussagen und Maßnahmen des Verkehrssicherheits strategie Stadt-, Umwelt- und Lebensqualität nimmt das programms 2011 des Bundes werden durch das Land Berlin Thema Verkehrssicherheit eine besondere Bedeutung ein. in besonderem Maße unterstützt. Vor allem gilt dies für Neben der Weiterentwicklung und kontinuierlichen Umset- Maßnahmen, die zur Erhöhung der Innerortssicherheit zung des Verkehrssicherheitsprogramms werden im Stadt- dienenund die die Kenntnisse zur Verkehrsunfallanalyse entwicklungsplan Verkehr zur Erhöhung der Verkehrs weiter erhöhen (z. B. Einführung der Kategorie „Schwerst- sicherheit unter anderem folgende Maßnahmen benannt: verletzte“ in die polizeiliche Unfallstatistik). Maßnahmen zur Bevorrechtigung der Verkehrsträger Der Schwerpunkt des vorliegenden Verkehrssicherheits des Umweltverbundes mit verstärkter Berücksichtigung programms liegt auf den beiden Handlungsfeldern der Belange des Umweltverbundes – das sind öffentliche Menschen und Infrastruktur. Verfolgt wird dabei ein inte Verkehrsmittel, Fuß- und Radverkehr – gegenüber dem grierter Ansatz. Dieser setzt gleichermaßen auf Verände- motorisierten Individualverkehr, rungen im Verkehrssystem und im individuellen, teils auch Erweiterung der Verkehrs- und Mobilitätserziehung und geschlechterdifferenten Verkehrsverhalten. Das Aktions- der Fahrausbildung um den Baustein Mobilitätslernen, programm innerhalb des Verkehrssicherheitsprogramms Entwicklung und Durchführung zielgruppenspezifischer berücksichtigt dies in besonderem Maße. Die Maßnahmen Kommunikationsmaßnahmen, werden auf den Seiten 13 – 19 dargestellt. Weiterführung der Fußverkehrsstrategie und Umsetzung der Konzeption zur Förderung des Fußgängerverkehrs, Das Verkehrssicherheitsprogramm Berlin 2020 stellt die Weiterführung der Radverkehrsstrategie und Umset- Menschen in den Mittelpunkt und damit zugleich in den zung mit dem bewährten Maßnahmenrepertoire sowie Blickpunkt aller Maßnahmen: als durch Verletzungen mit Durchführung von Pilotprojekten, vorübergehender und dauerhafter Versehrtheit oder Tod Weiterentwicklung der Tempo-30-Konzeption. Betroffene, aber auch als Verursachende von Verkehrsun- fällen. Das vorliegende Verkehrssicherheitsprogramm greift diese Maßnahmen auf und konkretisiert, erweitert und akzentuiert Konkret liegt damit der Schwerpunkt auf Verkehrsunfällen sie in relevanten Bereichen (siehe Seite 13 ff.). mit Personenschaden, ohne jedoch verkehrsunfallbedingte 9
Vermögens- und Umweltschäden zu vernachlässigen. Im sicherheit, Gesundheit, Umwelt- und Klimaschutz sowie Zentrum stehen besondere Zielgruppen (siehe Seite 11), die Verkehr und Mobilität sollen dabei gezielt genutzt werden. einerseits als unfallstatistisch identifizierte Risikogruppen und andererseits als Personengruppen zu betrachten sind, die eine besondere Ansprache im Hinblick auf sicheres Ver- Ziele kehrsverhalten erfordern. Das Verkehrssicherheitsprogramm Berlin 2020 basiert auf vier grundlegenden Zielformulierungen: Von den Menschen auszugehen bedeutet auch, dass die Zielgruppen des Verkehrssicherheitsprogramms nicht un- 1. An erster Stelle steht das Qualitätsziel „Erhöhung der abhängig voneinander zu betrachten sind. Vielmehr ist der Verkehrssicherheit im Hinblick auf alle am Verkehr Teil- Mensch, ob Frau oder Mann, Mädchen oder Junge, als am nehmenden und alle Stadträume“. Es ordnet sich im Verkehr Teilnehmender in der Regel multimodal Handeln- StEP Verkehr der sozialen Zieldimension unter und der: Er geht zu Fuß, fährt mit dem Fahrrad, benutzt öffent- stellt dort eines von zwölf Qualitätszielen dar. Drei liche Verkehrsmittel oder lenkt motorisierte Fahrzeuge nach weitere Qualitätsziele des StEP Verkehr innerhalb differenzierten persönlichen Motiven, situativen Anforde- dieser Zieldimension fordern die Herstellung gleicher rungen sowie individuellen Fertigkeiten (z. B. Mobilitäts Mobilitätschancen unter Berücksichtigung unter- beeinträchtigungen) und Bedingungen (z. B. Führerschein- schiedlicher Mobilitätsbedürfnisse und Lebensbedin- und Fahrzeugbesitz). gungen, die Stärkung der polyzentrischen Stadtstruk- tur zur Verbesserung der Erreichbarkeit städtischer Gleichzeitig ist die individuelle Verkehrsteilnahme von Teilräume und Stadtteile sowie die Erhöhung der Stadt- Menschen auch innerhalb der gesamten Lebensspanne zu verträglichkeit des Verkehrs. betrachten. 2. Die dauerhafte Verbesserung und Erhaltung der Verkehrssicherheit ist eine grundlegende Aufgabe der Daseinsvorsorge, an der alle gesellschaftlichen Kräfte mitwirken müssen. Aus diesem Grund verfolgt das Verkehrssicherheitsprogramm als wichtiges operatives Ziel die nachhaltige Stärkung der gesamtgesellschaft lichen Verantwortung für Verkehrssicherheit. 3. Die Verkehrssicherheitsarbeit in Berlin orientiert sich an der anspruchsvollen Zukunftsvision, dass künftig „keine Verkehrsunfälle mit schweren Personenschäden (getötete oder schwer verletzte Unfallopfer)“ mehr auf Das Verkehrssicherheitsprogramm will ein solches ganz- Berliner Stadtgebiet geschehen sollen. Ziel der Verkehrs- heitliches Verständnis der am Verkehr teilnehmenden sicherheitsarbeit ist es, dieser „Vision Zero“, die einen Menschen ausdrücklich fördern und legt es seinen Zielen Idealzustand beschreibt, möglichst nahezukommen. und Maßnahmen zugrunde. Es verfolgt aus gleichem Grunde einen dauerhaft wirksamen Ansatz zur Erzeugung öffent 4. Damit nachvollziehbar ist, ob die Maßnahmen des Ver- licher Bewusstheit für den Wert eines sicheren, partner- kehrssicherheitsprogramms tatsächlich dem vorange- schaftlichen Verhaltens im Straßenverkehr und unterstützt stellten Qualitätsziel dienen und zu einer Annäherung dadurch gezielt eine nachhaltige Mobilitäts- und Verkehrs an die formulierte Vision führen, ist ein überprüfbares entwicklung in Berlin. Zwischenziel festzulegen. Auf dem Weg zum beschrie- benen Idealzustand eines Straßenverkehrs ohne Unfäl- Eine wesentliche Intention des Verkehrssicherheitspro- le mit schweren Personenschäden soll für Berlin als gramms besteht nicht zuletzt in der langfristigen Absiche- nächstes Etappenziel gelten: Von 2011 (Bezugsjahr) bis rung von wirksamen, selbst tragenden Strukturen und Ende 2020 soll die Anzahl der bei Verkehrsunfällen im Aktivitäten mit integrativem Charakter in der Berliner Ver- Berliner Stadtgebiet getöteten und schwer verletzten kehrssicherheitsarbeit. Die vielfältigen Synergieeffekte Menschen um 30 Prozent reduziert werden. Als Kenn- zwischen den Handlungs- und Wirkungsfeldern Verkehrs größe zur Bestimmung der Zielerreichung wird die 10
Berlin Sicher Mobil 2020 | Handlungsfelder, Ziele, Zielgruppen und Leitlinien Summe der Personen mit schweren oder tödlichen Ver- in Bezug auf das Lebensalter Kinder, Jugendliche, junge letzungen (Unfallkategorien „Getötete“ und „Schwer- Erwachsene sowie ältere und alte Menschen, weil diese verletzte“) festgelegt. Die Anzahl der im Straßenver- Gruppen jeweils besonderen Verkehrssicherheitsdefiziten kehr Getöteten ist – im Unterschied zu den statistisch ausgesetzt sind. relevanten Größenordnungen auf nationaler und euro- päischer Ebene, die einen eigenständigen Zielwert un- bedingt rechtfertigen – bezogen auf Berlin für sich be- trachtet klein und in erheblichem Maße zufälligen Schwankungen ausgesetzt. Für Berlin gilt schon jetzt das Ziel, möglichst keine Getöteten mehr im Straßen- verkehr beklagen zu müssen. Gleichzeitig soll mit den Maßnahmen, die dem definierten Etappenziel „Minus 30 Prozent“ dienen, ein Beitrag geleistet werden, um die Verletzten- und Verkehrsunfallzahlen in Ber- lin insgesamt zu reduzieren. Auch Unfälle mit Leichtverletzten und schweren Sachschäden sind keineswegs wünschenswert. Die Ableitung der Zielgruppen basiert auf einer differenzier- Nutzung von ten Analyse des Verkehrsunfallgeschehens im Stadtgebiet Kraftfahrzeugen von Berlin und wird jährlich überprüft. Die Erkenntnisse aus el Zielgruppen der Verkehrssicherheitsarbeit den differenzierten Analysen begründen auch eine weitere Das Verkehrssicherheitsprogramm unterscheidet Zielgrup- Differenzierung von zwei Altersgruppen gegenüber üblichen pen nach Alter und Art der Verkehrsteilnahme. Zwischen Verkehrsunfallstatistiken: beiden Aspekten bestehen vielfältige Zusammenhänge. Aus diesem Grund erfolgt die statistische Analyse des Verkehrs- Bei Kindern werden unter 6-Jährige (Kleinkinder), 6- bis unfallgeschehens im Rahmen des Verkehrssicherheitspro- 10-Jährige (jüngere Schulkinder) und 11- bis 14-Jährige gramms in Form einer Kreuzauswertung, die sowohl das (ältere Schulkinder) unterschieden. Lebensalter als auch die Verkehrsteilnahme der bei Straßen- Bei den älteren und alten Menschen werden 65- bis verkehrsunfällen zu Schaden gekommenen Menschen be- 74-Jährige (ältere Menschen) und über 74-Jährige (alte rücksichtigt. Menschen) getrennt betrachtet. Prioritäre Zielgruppen des Verkehrssicherheitsprogramms Durch die Verknüpfung von Lebensalter und Verkehrsteil- sind in Bezug auf die Verkehrsteilnahme Menschen, die zu nahme ergibt sich aus dem Unfallgeschehen bis Ende 2013 Fuß gehen, Fahrrad oder motorisierte Zweiräder fahren und unter Berücksichtigung der Verletzungsschwere die dar gestellte Zielgruppen-Risiko-Matrix. Auch diesbezüglich erfolgt eine jährliche Überprüfung und Anpassung an Altersgruppen Verkehrsmittel veränderte Verunglückten-Kollektive bezogen auf Verände- rungen in Bezug auf die Verletzungsschwere und volkswirt- schaftliche Kostensätze, ermittelt durch die Bundesanstalt Kinder Zu Fuß gehen 0 – 5 / 6 – 10 / 11 – 14 Jahre für Straßenwesen. Jugendliche Radfahren Zielgruppen mit höchstem Risiko sind damit bezogen auf 15 – 17 Jahre die Verkehrssicherheitsarbeit in Berlin: Junge Erwachsene Motorisierte 18 – 24 Jahre Zweiräder fahren Kinder im Schulalter, Jugendliche sowie ältere und alte Menschen als Fußgänger, Mittleres Alter Öffentliche Verkehrs- 25 – 64 Jahre mittel nutzen Ältere Kinder, Jugendliche und zunehmend auch Erwach- sene mittleren Alters, die Rad fahren, Ältere Menschen Kraftfahrzeuge Junge Erwachsene, die Personenkraftwagen und moto- 65 – 74 / ab 75 Jahre nutzen risierte Zweiräder fahren. Zielgruppen des Verkehrssicherheitsprogramms: vielfältige Zusammenhänge zwischenLebensalter und Verkehrsteilnahme 11
Die Zielgruppendefinition des Verkehrssicherheitspro- institutionellen Nutzen, der sich für die einzelnen gramms unterstützt in besonderem Maße die Förderung Menschen wie für die Gemeinschaft gleichermaßen der Nahmobilität, d.h. der Mobilität nicht motorisiert am auszahlt. Dies gilt auch für öffentliche und privat Verkehr Teilnehmender im Sinne des Stadtentwicklungs- wirtschaftliche Unternehmen und Arbeitgebende. plans Verkehr und untermauert zusätzlich die hohe Bedeu- Persönlicher, sozialer und institutioneller Nutzen ver- tung der beiden Strategien zum Fuß- und Radverkehr. kehrssicheren Verhaltens sollen daher in der Verkehrs- sicherheitsarbeit in Berlin herausgestellt werden. Betont werden soll dabei auch der besondere Zusam- Leitlinien menhang zwischen Verkehrssicherheit und Gesundheit. Die folgenden politischen Leitlinien sollen der Verkehrs sicherheitsarbeit in Berlin zugrunde liegen: 5. Synergieeffekte nutzen: Verkehrliche Maßnahmen, die der Verkehrssicherheit dienen, haben meist auch einen 1. Akzeptanz des Regelsystems erhöhen: Ein an Partner- hohen Nutzen im Hinblick auf Lärmminderung, Klima- schaft orientiertes, wertebezogenes Regelsystem, das schutz und Verbesserung der Luftqualität. Solche Syner- auf einem gesellschaftlichen Konsens basiert, ist die not- gieeffekte sollen gezielt genutzt werden. Den Verkehrs- wendige Voraussetzung für verkehrssicheres Verhalten. arten des Umweltverbundes kommt hier eine vorrangige Weil Werte bestehen, gibt sich die Gesellschaft entspre- Bedeutung zu. chende Regeln. Das Regelsystem muss plausibel sein. Die dahinter liegenden Werte und Zielsetzungen wie 6. Verursacherprinzip einlösen: Ökonomisches Ziel ist die auch die begründenden Zusammenhänge müssen ziel- stärkere Kofinanzierung einer notwendigen, verbesser- gruppengerecht und nachvollziehbar kommuniziert ten Verkehrssicherheitsarbeit nach dem Verursacher- werden, um verstanden und akzeptiert zu werden. prinzip. Dies erfordert letztlich auch eine zumindest partielle Zweckbindung der aus der Verkehrsüber 2. Blickpunkt Mensch: Die Menschen stehen im Mittel- wachung erlösten Mittel für Maßnahmen zur Um punkt der Verkehrssicherheitsarbeit in Berlin. Mit be- setzung des Verkehrssicherheitsprogramms. sonderem Blick auf die demografische Entwicklung und die zunehmenden Anteile des fußläufigen und Radver- 7. Mitverantwortung in freier Trägerschaft stärken: Die kehrs an den täglichen Wegen im Berliner Stadtgebiet stärkere Verantwortungsübernahme von Institutionen geht es darum, allen Menschen und allen Verkehrsar- in freier Trägerschaft ist eine gesamtgesellschaftliche ten eine gleichwertig sichere und hindernisarme Fort- Aufgabe und gilt auch in der Verkehrssicherheitsarbeit. bewegung im Stadtverkehr zu ermöglichen. Sichere Die langfristige Sicherung und weitere Verbesserung Mobilität der Menschen über die gesamte Lebensspan- der Arbeitsfähigkeit und der Kooperationsbedingungen ne erfordert ein Verkehrssystem, das die Abläufe im solcher Institutionen sind daher dringend erforderlich. Verkehr vereinfacht und die Folgen von Fehlverhalten bei der Verkehrsteilnahme soweit möglich abmindert. 8. Netzwerk weiter ausbauen: Ziel ist ein gut funktionie- Dies hat Auswirkungen auf die Gestaltung der Ver- rendes Netzwerk mit verbindlichen Strukturen der In- kehrsinfrastruktur, die betriebliche Steuerung und Or- formation, Koordination und Kooperation und mit klar ganisation des Verkehrs sowie die Gestaltung des Mo- definierter Aufgabenteilung. Dabei ist auch eine regio- bilitätsangebotes und -managements. nale Zusammenarbeit im Metropolenraum notwendig, vor allem durch eine enge Kooperation mit dem Land 3. Vorrang für Eigenverantwortung: Eigenmotivation und Brandenburg. Eigenverantwortung der am Verkehr Teilnehmenden in Bezug auf regelkonformes und gegenseitig Rücksicht 9. Bezirke stärker einbinden: Innerhalb des städtischen nehmendes Verhalten wird Vorrang gegenüber Restrik- Netzwerks ist die besondere Rolle der Bezirke verstärkt tionen gegeben. Um dies zu unterstützen, werden wirk- zu nutzen, die diese insbesondere als untere Straßen- same, öffentlich wahrnehmbare und damit Präsenz verkehrsbehörde, als Straßenbaulastträger, durch ihre vermittelnde Kontrollen gleichwohl für notwendig er- Aufgaben im Rahmen der regionalen Schulaufsicht mit achtet. Schulberatung und Fortbildung für Lehrkräfte sowie in ihrer Zuständigkeit für die Jugendverkehrsschulen inne 4. Vielfältigen Nutzen herausstellen: Verkehrssicheres haben. Teilräumliche Analysen zum Unfallgeschehen Verhalten hat einen hohen persönlichen, sozialen und und Modellprojekte sollen die unterschiedlichen Gege- benheiten in den einzelnen Bezirken gezielt aufgreifen. 12
Berlin Sicher Mobil 2020 | Verkehrssicherheitsmaßnahmen im Aktionsprogramm 2020 Verkehrssicherheitsmaßnahmen im Aktionsprogramm 2020 Vorbemerkung zur Grundstruktur bereich „Verkehrsinfrastruktur und -system“ (VIS) und für Das Verkehrssicherheitsprogramm Berlin 2020 beruht auf die „‘Rücksicht‘-Kampagne“ (AVM 3). einer ressortübergreifenden Zusammenarbeit von vier gleichwertigen Partnerinnen, die im Sinne eines „interakti- Die neue Maßnahme „Vertiefende Untersuchungen zum ven Vier-Säulen-Modells“ Maßnahmenverantwortlichkeiten Unfallgeschehen“ (VSA 2) erscheint vor dem Hintergrund entsprechend ihren spezifischen Kompetenzschwerpunkten der aktuellen Verkehrsunfallentwicklung dringend notwen- übernehmen: dig, um bislang fehlende Detailerkenntnisse zur besseren Ausrichtung und Steuerung der Maßnahmen in den übrigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Handlungsbereichen zu gewinnen. (Federführung), Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Neue Ansätze wurden im Handlungsbereich „Schulische Senatsverwaltung für Inneres und Sport/Polizei Berlin Verkehrs- und Mobilitätserziehung“ mit den Maßnahmen und „Kontinuierliche Verkehrs- und Mobilitätserziehung“ Berliner Charta für die Verkehrssicherheit. (VME 1), „Schulisches Mobilitätsmanagement“ (VME 2) und „Fortbildung für Lehrerinnen und Lehrer für die Verkehrs- Einer guten, engen Zusammenarbeit wird im Hinblick auf und Mobilitätserziehung“ (VME 3) formuliert. Dabei werden die Zielerreichung und erfolgreiche Maßnahmenumsetzung bereits laufende Maßnahmen und Aktivitäten unterschied- ein hoher Stellenwert beigemessen. Damit wird zugleich licher Träger der Verkehrssicherheitsarbeit in Berlin wirk- dem Umstand Rechnung getragen, dass Verkehrssicher- sam eingebunden und in einen größeren Zusammenhang heitsarbeit an der Schnittstelle von Stadtentwicklungs-, gestellt. Verkehrs-, Umwelt-, Gesundheits-, Bildungs- und Sicher- heitspolitik angesiedelt ist und nur in diesem übergreifen- Im Handlungsbereich der Netzwerkarbeit soll als neuer den Kontext Synergien nutzbar gemacht werden können. Ansatz die Maßnahme „Zentrale Koordinierungsstelle“ (NWA 1) umgesetzt werden. Die 13 Maßnahmen des Aktionsprogramms 2020 sind in fünf Handlungsbereiche untergliedert, denen zugleich Weil die Verbesserung der Verkehrssicherheit ein kontinu- wesentliche Verantwortlichkeiten im Hinblick auf die vier im ierlicher Prozess ist, der in regelmäßigen Abständen einer Verkehrssicherheitsprogramm kooperierenden Partner- kritischen Überprüfung bedarf, soll auf Basis der Ende 2016 innen zugeordnet werden können: vorliegenden Evaluationsergebnisse zum Verkehrsunfallge- schehen im Jahr 2017 eine Zwischenbilanz zum bis dahin Verkehrssicherheitsarbeit | VSA (3 Maßnahmen) erreichten Umsetzungsstand und zu den erzielten Wirkun- Verkehrsinfrastruktur und -system | VIS (4 Maßnahmen) gen des Aktionsprogramms erstellt werden. Dies soll eine Schulische Verkehrs- und Mobilitätserziehung | VME Fortschreibung, Nachjustierung und partielle Umorientie- (3 Maßnahmen) rung des Aktionsprogramms sowie eine Konkretisierung Außerschulische Verkehrs- und Mobilitätsbildung | AVM einzelner Maßnahmen ermöglichen. (2 Maßnahmen) Netzwerkarbeit | NWA (1 Maßnahme) Handlungsbereiche und Maßnahmen des Aktionspro- gramms 2020 werden im Folgenden erläutert. Teilweise handelt es sich um laufende Maßnahmen, die langfristig orientiert sind, jedoch zur Verbesserung der Orientierung auf die maßgeblichen Zielgruppen eine zusätzliche Akzentuierung erhalten. Dies gilt für die Maß- nahmen „Verkehrsunfallbearbeitung“ (VSA 1), „Verkehrs- überwachung“ (VSA 3), für alle Maßnahmen im Handlungs- 13
Verkehrssicherheitsarbeit (VSA) Die Unfalldatenaufbereitung soll auf ein modernes digitales Nicht angepasste Geschwindigkeit ist eine Hauptunfall Verfahren umgestellt werden, mit dem räumliche und thema ursache. Das in Berlin praktizierte Konzept einer räumlich tische Daten aggregiert und räumliche Kartierungen erstellt und instrumentell differenzierten Geschwindigkeitsüber werden können. Wünschenswert sind insbesondere thema wachung mit mobilen und ortsfesten Instrumenten hat sich tische Karten zur Unfallbeteiligung von Kindern, älteren und in diesem Zusammenhang bewährt. Bedingung für den alten Menschen, zu Fuß gehenden und Rad fahrenden Menschen Maßnahmenerfolg ist der Einsatz moderner, digitaler sowie teilräumliche Aggregierungen auf Bezirksebene sowie T echnik. kleinmaßstäblicher auf Stadtteil- und Quartiersebene. Geprüft werden soll die Einführung eines automatisierten Rotlichtverstöße von Rad fahrenden oder einen Pkw steu- Verfahrens zur Anwendung der Sicherheitsanalyse von Stra- ernden Menschen an signalisierten Knotenpunkten nehmen ßennetzen (ESN). Ein solches liegt derzeit nur für überörtliche zu. Besonders sinnvoll und erfolgversprechend ist daher, Straßennetze vor. Unterstützt werden soll ein Forschungs neben der Weiterführung von Schwerpunktkontrollen, die projekt, mit dem die für Landesnetze entwickelte Software für Kombination von Geschwindigkeits- und Rotlichtüberwa- die Anwendung auf innerörtliche Netze am Beispiel Berlins chung des Kfz-Verkehrs an ausgewählten, komplexen weiterentwickelt werden kann. K notenpunkten. VSA 2 Vertiefende Untersuchungen zum Unfall- Eine weitere Erhöhung des Kontrolldrucks erscheint drin- geschehen gend notwendig, um die Hauptunfallursachen weiter ein Im Rahmen einer Motorradstudie sollen die spezifischen zudämmen und den am Verkehr Teilnehmenden glaubhaft Charakteristika des Unfallgeschehens in Berlin mit Beteiligung zu vermitteln, dass sie jederzeit mit Überwachung und von Mofas, Mopeds, Leichtkrafträdern und Motorrädern im Kontrollen rechnen müssen. Hinblick auf unterschiedliche Altersgruppen von Fahrerinnen und Fahrern, stadträumliche Differenzierungen und die Betrof- Berlin hat als erste deutsche Stadt mit beabsichtigter fenheit von Mitfahrenden („Sozius“) untersucht und aufbereitet flächendeckender Wirkung Dialog-Displays in großer Zahl werden. Geprüft werden soll die Sinnfälligkeit einer Einbezie- zum Einsatz gebracht. Die positive Wirkung dieses die hung von E-Bikes und Pedelecs in die Untersuchung. Eigenverantwortung der Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer Untersucht werden sollen in zwei getrennten Studien die stadt- unterstützenden, nicht ahndenden Instrumentes wurde räumliche Verteilung und Charakteristik von Unfällen mit nachgewiesen. Der Einsatz der Displays durch die Bezirke Beteiligung von Radfahrenden und von Unfällen mit Beteiligung wird konsequent fortgeführt. zu Fuß gehender Menschen im Fokus von Altersgruppen und Modal-Split-Anteilen des Rad- und Fußverkehrs im kleinräumi- Problematisch erscheint der teils lange Zeitraum zwischen geren Zusammenhang (Bezirke, Stadtteile). Damit soll auch festgestelltem Fehlverhalten und Übersendung des Verwar- eine geeignete Aggregierungsstruktur zur Erstellung von digi- nungsgeldangebotes bzw. Anhörungsbogens an Betroffene. talen Unfallkarten (siehe VSA 1) entwickelt werden. Der damit zusammenhängende Verwaltungsablauf muss Weitere Untersuchungsthemen sollen auf Basis der Ergebnisse wirksam beschleunigt werden. der jährlichen Evaluation der Unfallentwicklung identifiziert werden. Wesentliche Aspekte sind die Unfall- und Verletzungs- Der Handlungsbereich „Verkehrssicherheitsarbeit“ umfasst schwere, die teilräumliche Unfallverteilung, maßgebliche Fak- drei Maßnahmen: toren im Unfallgeschehen sowie Genderaspekte im Hinblick auf Betroffene und Verursachende von Verkehrsunfällen. VSA 1 Verkehrsunfallbearbeitung Die Ergebnisse der Untersuchungen werden im Kreis der an der Die Arbeit der Bußgeldstelle soll im Rahmen der finanziellen Verkehrssicherheitsarbeit Beteiligten beraten und sollen dazu Möglichkeiten optimiert werden, um eine zeitnahe Abwicklung dienen, Maßnahmen und Angebote gezielt weiterzuentwickeln eingeleiteter Verfahren zur Ahndung von Regelverstößen zu und auf eine verbesserte Zielgruppenerreichung auszurichten. ermöglichen. Unterstützend soll eine Datenfernübertragung von ortsfesten Überwachungsanlagen zur direkten Daten- und VSA 3 Verkehrsüberwachung Bildauswertung bei der Bußgeldstelle eingerichtet werden. Die personellen und technischen Ressourcen für die Verkehrs- Ob freiwerdende personelle Ressourcen der Verkehrsüber überwachung sollen im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel wachung zugeführt werden können, ist unter Beachtung zu er- ausgebaut werden, um einen wirksameren Kontrolldruck zu bringender Personaleinsparungen und Prioritätensetzungen erzeugen. Weitere geeignete Einsatzstellen für eine kombinierte der Polizei Berlin zu prüfen. Geschwindigkeits- und Rotlichtüberwachung werden geprüft, 14
Berlin Sicher Mobil 2020 | Verkehrssicherheitsmaßnahmen im Aktionsprogramm 2020 eine Realisierung bei positiven Ergebnissen angestrebt. Mängeln im Verkehrsraum und Verkehrssystem zugeschrie- Im Hinblick auf evaluierte Zielgruppenaspekte wird die Durch- ben werden. Beteiligungsverfahren in der Verkehrsplanung führung von Schwerpunktmaßnahmen intensiviert. Ein beson- gehen hierauf zunehmend ein. Sinnvoll erscheint Betroffe- deres Augenmerk gilt der Verkehrssicherheit im Radverkehr im nenbeteiligung daher auch im Zusammenhang mit der Auf- Kontext der vorhandenen Infrastruktur und des Verhaltens von deckung von Verkehrssicherheitsdefiziten, insbesondere im Kraftfahrerinnen und Kraftfahrern. Hinblick auf Kinder, ältere und alte Menschen, die sich zu Einbezogen werden soll die Überwachung des ruhenden Fuß oder mit dem Rad im Verkehr bewegen. Für diese Ziel- Verkehrs (Park-, Liefer- und Ladevorgänge) im Hinblick auf gruppen sollen in den Modellprojekten zur Fuß- und Rad- Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit im Radverkehr und verkehrsstrategie auch Beteiligungskonzepte zur Mängel- Fußverkehr. analyse entwickelt, getestet und soweit möglich in eine Erkenntnisse aus der Verkehrsüberwachung durch Polizei und kontinuierliche Praxis der „therapeutischen“ Verkehrs bezirkliche Ordnungskräfte sollen konsequenter in die Infra- sicherheitsarbeit überführt werden. Mitentscheidend für strukturplanung einbezogen werden. den Erfolg von Beteiligungsansätzen wird die Einbindung von in freier Trägerschaft an der Verkehrssicherheitsarbeit Mitwirkenden (Charta) und der Polizei (Verkehrssicher- Verkehrsinfrastruktur und -system (VIS) heitsberaterinnen und -berater in Direktionen und Ab- Auf die Verkehrsinfrastruktur und das Verkehrssystem schnitten) sein. bezogene Maßnahmen stehen in engem Zusammenhang mit dem Stadtentwicklungsplan Verkehr sowie der Fuß- und Der Handlungsbereich „Verkehrsinfrastruktur und -system“ Radverkehrsstrategie und sind mit diesen konzeptionell umfasst vier Maßnahmen: verknüpft. Im Zentrum der Maßnahmen steht die langfristi- ge Sicherung und Förderung der nicht motorisierten Ver- VIS 1 Radverkehrsstreifenprogramm kehrsarten. Damit wird berücksichtigt, dass Menschen, die Priorität soll künftig bei der Herstellung einer lückenlosen Rad- sich zu Fuß oder mit dem Rad im Verkehr bewegen, im Un- verkehrsinfrastruktur im Zuge von wichtigen Achsen des Rad- fallgeschehen Hauptrisikogruppen sind. verkehrs liegen. Eine notwendige Grundlage stellt die teilräum- Wesentliche Ausgangsbedingungen stellen die prognosti- liche Analyse des Unfallgeschehens mit Beteiligung von zierte demografische Entwicklung und die derzeit fest Radfahrenden dar (vgl. VSA 2). Damit sollen in Stadtgebieten zustellende Verkehrsentwicklung mit Zunahme der Modal- mit hohem Risikopotenzial im Radverkehr – das sind vor allem Split-Anteile im Fuß- und Radverkehr dar, wie sie auch im ältere Schulkinder (nach absolviertem Radfahrtraining) und Stadtentwicklungsplan Verkehr dargelegt sind. Jugendliche – besonders unfallträchtige Strecken und zusam- Die Herstellung von Barrierefreiheit stellt eine wichtige Auf- menhängende Routen identifiziert und mit geeigneten Mitteln gabe zur Verbesserung der Verkehrssicherheit von mobili- wirksam gesichert werden. Der Sicherung des Radverkehrs von tätseingeschränkten Personengruppen dar. Die Zielsetzung Schülerinnen und Schülern im schulischen Umfeld soll dabei der Fußverkehrsstrategie ist es, bis zum Jahr 2020 alle besonderes Gewicht zukommen. Sie sind auf das Fahrrad als wesentlichen Fußverkehrsverbindungen und Gehwege an Verkehrsmittel in besonderem Maße angewiesen. Einmündungen und Kreuzungen barrierefrei nutzbar zu Zweistreifiges Abbiegen von Kraftfahrzeugen soll wegen der machen. Das Bordabsenkungsprogramm, das seit 2012 Gefährdung des Rad- und Fußverkehrs aufgehoben oder signal- läuft, steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der technisch gesichert werden. Verkehrssicherheitsarbeit. Bis Ende 2014 werden rund 350 Betroffene Zielgruppen sollen bei der Mängelanalyse einbe Maßnahmen umgesetzt. zogen, geeignete Verfahren hierfür entwickelt werden. Besondere Synergien zwischen dem Verkehrssicherheits- VIS 2 Überquerungsstellenprogramm programm und der Fußverkehrsstrategie ergeben sich dar- Das Programm soll auf alle Arten von Sicherungsmaßnahmen über hinaus im Zusammenhang mit der Entwicklung und an Überquerungsstellen ausgedehnt werden. Neben Fußgänger- Aufwertung von teilräumlichen Fußverkehrsnetzen (Fuß- überwegen sollen Mittelinseln und -streifen, Gehwegvorstre- verkehrsstrategie, Modellprojekt 2) und der Umsetzung von ckungen und andere bauliche Elemente sowie fußgänger- „Begegnungszonen“ in Stadtstraßen mit starkem Fuß- und freundliche Ampelschaltungen (Ansätze: kein zweistreifiges Radverkehrsaufkommen sowie lebhaftem Autoverkehr Rechtsabbiegen, kein bedingt verträgliches Linksabbiegen) ein- (Fußverkehrsstrategie, Modellprojekt 5). bezogen werden. Innovative Formen der Signalisierung für den Den am Verkehr Teilnehmenden kann aufgrund ihrer All- Fußverkehr werden im Rahmen der Fußverkehrsstrategie in tagserfahrungen eine gute Kenntnis von Defiziten und ausgewählten Pilotprojekten bereits erprobt. 15
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