Performance Management im Arbeitsrecht - Masterarbeit - Universität ...
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Performance Management im Arbeitsrecht Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Masters des Wirtschaftsrechts (LL.M.) an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck Eingereicht bei: assoz. Prof. PD Mag. Dr. Andreas Mair Institut für Arbeitsrecht, Sozialrecht und Rechtsinformatik von Carina Geiger, LL.B. Innsbruck, Jänner 2020
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet und die den benützten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. …………………………………………………………….. Ort, Monat, Jahr
Vorwort Hintergrund der Arbeit Die Optimierung von Leistungsprozessen, Effizienz und Dynamik sind im schnelllebigen Wirtschaftsalltag nicht mehr wegzudenken. Unternehmen sind darauf ausgerichtet, eine konti- nuierliche Verbesserung zu generieren.1 Dabei sind die Verbesserungen finanzieller Steue- rungsgrößen lange nicht mehr die einzigen Kriterien, nach welchen Unternehmen streben. Ein Teil des Performance Managements widmet sich explizit den Mitarbeitern. Ihre Herangehens- weise, Eingebundenheit, Motivation und ihr Know-How sind wesentliche nicht-monetäre Wert- bestandteile eines Unternehmens, da sie die eigentlichen Leistungserbringer sind.2 Das Leistungsmanagement knüpft an dieser Stelle am Entgelt der Mitarbeiter an. Die Imple- mentierung und Optimierung einer leistungsbezogenen Entgeltgestaltung weist eine Vielzahl an arbeitsrechtlichen Fragestellungen auf. Um leistungsorientierte Vergütungssysteme erfolg- reich in der Praxis einzusetzen, sind arbeitsrechtliche Kenntnisse über zB Boni, Prämien oder Zielvereinbarungen für Unternehmen essenziell.3 Ziele der Arbeit Ziel dieser Arbeit ist die Erörterung des arbeitsrechtlichen Rahmens von Performance Management im Hinblick auf die variable Entgeltgestaltung von Mitarbeitern. Darüber hinaus werden arbeitsrechtliche Schranken für AG im Performance Management aufgezeigt. Abgrenzung Performance Management umfasst eine weitreichende Palette an Steuerungsgrößen in Organisationseinheiten. Hirzel unterteilt diese „Zielgrößen“ in Finanzen, Wandel/Mitarbeiter, Kundenbeziehungen und Prozesseffizienz.4 Weiters behandelt Performance Management vielfach Mitarbeiter- und Leistungsbeurteilungs- modelle samt diversen Bewertungsstrategien. Da die Behandlung des weitreichenden 1 Hirzel, Performance Management in der Praxis (2011) 5 f. 2 Jetter, Performance Management Strategien umsetzen – Ziele realisieren – Mitarbeiter fördern² (2004) XI. 3 Horacek, Was HR-Generalisten über Performancemanagement wissen sollten, Personalmanager 2015/2, 40 ff. 4 Hirzel, Performance Management 85.
betriebswirtschaftlichen Aspekts den Rahmen der Arbeit sprengen würde, wird dieser Punkt lediglich am Rande erwähnt. Die vorliegende Arbeit wird ihr Hauptaugenmerk auf Performance Management durch Entgeltgestaltung und monetäre Anreizsysteme legen. Gang der Untersuchung Der erste Abschnitt dieser Arbeit beschäftigt sich mit dem Begriff Performance Ma- nagement. Dazu werden Ziele und Nutzen des Performance Managements aufgezeigt. Im darauffolgenden Abschnitt wird der Entgeltbegriff geklärt. Anschließend werden die einzelnen Entgeltformen mit ihren Ausgestaltungsmöglichkeiten ein- zeln veranschaulicht. Im letzten Abschnitt werden die rechtlichen Grenzen von variablen Entgeltgestaltungsformen näher beleuchtet. Das Ergebnis der Arbeit wird in einem abschließenden Fazit am Ende zusammengefasst. Sämtliche Bezeichnungen in männlicher oder weiblicher Form in dieser Arbeit sind ge- schlechtsneutral zu verstehen und beziehen alle Geschlechtsformen mit ein.
Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mich während der Fertig- stellung dieser Masterarbeit unterstützt und motiviert haben. Einen herzlichen Dank möchte ich meinen Eltern aussprechen, die mich auf meinem Weg im- mer unterstützt haben, stets ein offenes Ohr hatten und mir diese umfangreiche und spannende Ausbildung ermöglicht haben. Besonderen Dank kommt meiner Goti zu, die mir immer wieder Zuversicht gegeben hat und in schwierigen Phasen eine entscheidende Stütze war. Zudem gebührt mein Dank Herrn Prof. Dr. Andreas Mair, der meine Masterarbeit betreut und begutachtet hat. Für die hilfreichen Anregungen und die konstruktive Kritik bei der Erstellung dieser Arbeit möchte ich mich herzlich bedanken. Abschließend möchte ich mich bei meinen Kommilitonen Michelle Schatzmann und Stefan Fe- derspiel bedanken, die mir mit viel Geduld, Interesse und Hilfsbereitschaft zur Seite standen. Bedanken möchte ich mich für die zahlreichen interessanten Debatten und Ideen, die maßgeb- lich dazu beigetragen haben, dass diese Masterarbeit in dieser Form vorliegt. Carina Geiger
Inhaltsverzeichnis I. Die Bedeutung des Performance Managements im Arbeitsrecht 1 Was ist Performance Management? .................................................................................... 1 1.1 Definition ..................................................................................................................... 1 1.2 Entwicklung ................................................................................................................. 2 1.3 Ziele und Nutzen von Performance Management ....................................................... 3 II. Performance Management durch Leistungsvereinbarungen 2 Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen der Entgeltgestaltung ........................................... 4 2.1 Der arbeitsrechtliche Entgeltbegriff ............................................................................ 4 2.1.1 Abgrenzung zur Aufwandsentschädigung ........................................................... 5 2.1.2 Abgrenzung zu entgeltfernen Leistungen ............................................................ 5 2.2 Entgeltregelungen ........................................................................................................ 6 2.2.1 Höhe des Entgelts ................................................................................................. 6 2.2.2 Geld und Naturallohn ........................................................................................... 6 2.2.3 Entgeltzahlungspflicht .......................................................................................... 6 2.2.4 Zweifelsregel ........................................................................................................ 7 3 Entgeltformen ..................................................................................................................... 8 3.1 Zeitabhängiges Entgelt ................................................................................................ 8 3.1.1 Zeitlohn ................................................................................................................ 8 3.2 Leistungsabhängiges Entgelt ..................................................................................... 10 3.2.1 Akkordlohn......................................................................................................... 10 3.3 Erfolgsabhängiges Entgelt ......................................................................................... 13 3.3.1 Prämie................................................................................................................. 14 3.3.2 Provision............................................................................................................. 15 3.3.3 Gewinnbeteiligung ............................................................................................. 18 III
3.3.4 Bonuszahlungen und Incentives ......................................................................... 20 3.3.5 Zielvereinbarung ................................................................................................ 21 III. Die Gestaltungsmöglichkeiten von arbeitnehmer- und unternehmensbezogener Entgeltformen und ihre Grenzen 4 Die korrekte Anwendung eines Performance Management Systems ............................... 23 4.1 Der Arbeitsvertrag ..................................................................................................... 23 4.1.1 Die Privatautonomie im Arbeitsrecht ................................................................. 24 4.1.2 Die Vertragsgestaltung ....................................................................................... 24 4.2 Die Betriebsvereinbarung .......................................................................................... 25 4.2.1 Zustimmungspflichtige Maßnahmen .................................................................. 25 4.2.2 Zustimmungspflichtige Mahnahmen und gleichzeitiges Fehlen eines BR ........ 27 4.2.3 Weitere Mitwirkungsrechte des BR ................................................................... 27 4.3 Der Kollektivvertrag .................................................................................................. 28 4.3.1 Die Regelungsbefugnis des KollV ..................................................................... 28 4.3.2 Die kollektivvertragliche Einstufung ................................................................. 29 4.4 Die arbeitsrechtlichen Schranken .............................................................................. 29 4.4.1 Fürsorgepflichten ............................................................................................... 30 4.4.2 Schutzvorschriften des Mutterschutzgesetzes .................................................... 30 4.4.3 Schutzvorschriften des Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetzes ..... 31 4.4.4 Schutzvorschriften des Arbeitszeitgesetzes ....................................................... 32 4.4.5 Truckverbot ........................................................................................................ 32 4.4.6 Drucktheorie ....................................................................................................... 34 4.4.7 Performance-orientierte Entgeltfortzahlung ....................................................... 34 5 Gestaltungsmöglichkeiten und Flexibilisierungsinstrumente von Performance Management ............................................................................................................................. 37 5.1 Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten und Flexibilisierungsinstrumente ............... 37 5.1.1 Der Änderungsvorbehalt .................................................................................... 37 IV
5.1.2 Der Widerrufsvorbehalt ...................................................................................... 40 5.1.3 Der Unverbindlichkeitsvorbehalt ....................................................................... 40 5.1.4 Die Befristung .................................................................................................... 41 5.1.5 Die Bedingung.................................................................................................... 43 5.1.6 Die Betriebsbindung ........................................................................................... 44 5.2 Flexibilisierung durch Arbeitszeit ............................................................................. 45 5.2.1 Ausgestaltung der Arbeitszeit ............................................................................ 45 5.2.2 Schranken des AZG ........................................................................................... 45 5.2.3 Ausnahmen des AZG ......................................................................................... 46 5.2.4 Unproduktive Arbeitszeit ................................................................................... 46 5.3 Gestaltungsrechte und Flexibilisierung bei Low Performance .................................. 46 5.3.1 Entgeltkürzung ................................................................................................... 47 5.3.2 Änderungskündigung ......................................................................................... 47 5.3.3 Teilkündigung .................................................................................................... 48 IV. Schlussbetrachtung 6 Weitere Aspekte ................................................................................................................ 50 6.1 Betriebswirtschaftliche Beurteilung .......................................................................... 50 6.2 Volkswirtschaftliche Beurteilung .............................................................................. 51 6.3 Psychologische Beurteilung ...................................................................................... 51 7 Resümee ............................................................................................................................ 53 Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 55 Judikaturverzeichnis ................................................................................................................. 62 V
Abkürzungsverzeichnis aA anderer Ansicht ABGB Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch ABl Amtsblatt Abs Absatz AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union AG Arbeitgeber AN Arbeitnehmer AngG Angestelltengesetz Arb Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen ArbVG Arbeitsverfassungsgesetz ARD Aktuelles Recht zum Dienstverhältnis Art Artikel ASoK Arbeits- und Sozialrechtskartei ASVG Allgemeines Sozialversicherungsgesetz AZG Arbeitszeitgesetz BGBl Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich BR Betriebsrat bspw beispielsweise BV Betriebsvereinbarung(en) bzw beziehungsweise CFO aktuell Zeitschrift für Finance & Controlling DG Dienstgeber DN Dienstnehmer DRdA Das Recht der Arbeit DV Dienstverhältnis EFZG Entgeltfortzahlungsgesetz EG Europäische Gemeinschaft EStG Einkommensteuergesetz EuGH Europäischer Gerichtshof etc et cetera f folgend(e) ff fortfolgend(e) FS Festschrift gem gemäß GewO Gewerbeordnung VI
GlBG Gleichbehandlungsgesetz hA herrschende Ansicht hL herrschende Lehre HR Human Resource Hrsg Herausgeber idF in der Fassung infas Informationen aus dem Arbeits- und Sozialrecht iSd im Sinn des/der JBl Juristische Blätter KJBG Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz KollV Kollektivvertrag Komm Kommentar lit litera (Buchstabe) MSchG Mutterschutzgesetz mwN mit weiterem Nachweis / mit weiteren Nachweisen Ob Aktenzeichen des Obersten Gerichtshofes für Zivilsachen ObA Aktenzeichen des Obersten Gerichtshofes für Arbeitsrechtssachen OGH Oberster Gerichtshof OLG Oberlandesgericht ÖJZ Österreichische Juristen-Zeitung RL Richtlinie(n) (aus dem EU-Bereich) RS Rechtssatz Rsp Rechtsprechung Rz Randzahl, -ziffer StGB Strafgesetzbuch stRsp ständige Rechtsprechung SZ Entscheidungen des OGH in Zivilrechtssachen ua unter anderem, und andere UrlG Urlaubsgesetz usw und so weiter wbl Wirtschaftsrechtliche Blätter Z Ziffer ZAS Zeitschrift für Arbeitsrecht und Sozialrecht zB zum Beispiel VII
I. Die Bedeutung des Performance Managements im Arbeitsrecht Der Einsatz von Performance Management im Arbeitsverhältnis stellt in erster Linie darauf ab, Mitarbeiter durch Anreizsysteme in die Lage zu versetzen, ihre Fähigkeiten optimal für ihre Arbeit einzusetzen und die Ziele sowie die Standards zu erreichen oder sogar zu über- treffen. Dabei sind leistungsabhängige Entlohnungssysteme unabdingbar, da Leistung und Ge- genleistung im Arbeitsverhältnis in einem unmittelbaren Verhältnis stehen. Individuelle Bedürfnisse der Mitarbeiter sollen durch richtige Motivations- und Anreizkonzepte befriedigt werden. Diese können bspw durch nicht-monetäre Anreize wie zB Aufstiegsmög- lichkeiten, Mitsprache- und Mitgestaltungsrechte oder einem angenehmen Betriebsklima erfol- gen. Nichtsdestotrotz belegen empirische Untersuchungen, dass monetäre Anreizsysteme ten- denziell zu höheren Leistungsergebnissen führen.5 Zusätzlich haben psychologische Studien belegt, dass Verhaltensweisen, die belohnt werden, in Zukunft eine höhere Auftrittswahrschein- lichkeit haben, als jene, welche nicht belohnt werden. Der Hebeleffekt der in Geld honorierten „Mehrleistung“ ist somit unumstritten.6 1 Was ist Performance Management? 1.1 Definition Performance Management bezeichnet das Management einer Organisation, welches sich mit der Steuerung der Leistungserbringung befasst. Dabei werden Leistung und Unterneh- mensergebnisse fokussiert, um das Unternehmens-Output zu optimieren.7 Die Weiterentwick- lung von Fertigkeiten und Kompetenzen sowie die Entwicklungsmöglichkeiten und Karriere- perspektiven im Unternehmen sind ebenfalls von der Begrifflichkeit umfasst.8 Performance 5 Burz, Flexible Entgeltgestaltung (2013) 23. 6 Jetter, Performance Management² (2004) 260. 7 Jetter, Performance Management² 41 f. 8 Chudzikowski/Covarrubias Venegas, Performance Management auf den Kopf gestellt oder neu gedacht?, ARD 6528/4/2016, 3 (4). 1
Management stellt Unternehmensziele in den Vordergrund und ist durch hohe Flexibilität ge- kennzeichnet. 9 1.2 Entwicklung In den frühen Jahren des HR-Managements wurde die menschliche Arbeitskraft im Un- ternehmen als reiner Produktionsfaktor betrachtet.10 Heute folgt die Betriebswirtschaftslehre überwiegend der Ansicht, dass alle Mitarbeiter entscheidende Leistungsträger innerhalb des Unternehmens sind und Personal als Erfolgsfaktor im Ressourcenmanagement eingesetzt wer- den muss.11 Vereinfacht gesagt wird der DN für die Unternehmer immer wichtiger.12 Der Generationenwechsel fordert eine adäquate Feedbackkultur, zukunftsorientierte Arbeits- plätze sowie Dynamik. Die entsprechenden Maßnahmen dazu wie zB Personalentwicklung, Talentemanagement oder Succession-Planning bedürfen einer ausgereiften Strategie. 13 Zudem beeinflussen technologische Fortschritte, Globalisierung und die stetige Veränderung der Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft die Arbeitswelt. Innovative Arbeitsweisen ver- langen interdisziplinäre Zusammenhänge und neue Organisationsformen. Mitarbeiter hingegen fordern eine ausgewogene Work-Life-Balance, Zukunftsperspektiven und Leistungsgerechtig- keit.14 An diesen Punkten gewinnt das Performance Management an Relevanz. 9 Jetter, Performance Management² 41 f. 10 Schust, Human Performance Management (2000) 1. 11 Süß, Internationales Personalmanagement: Eine theoretische Betrachtung (2004) 22. 12 Birkner, Ein strukturiertes Performance-Management ist in den meisten Betrieben noch Zukunftsmusik – HR- Performance Management 2020: Eine Trendstudie für die DACH-Region (2017) 5 ff. 13 Birkner, Strukturiertes Performance-Management 5 ff. 14 Chudzikowski/Covarrubias Venegas, ARD 6528/4/2016, 3. 2
1.3 Ziele und Nutzen von Performance Management Performance Management peilt eine selbständige und ambitionierte Zielsetzung der Mitarbeiter an. Anders ausgedrückt ist das wesentliche Ziel von Performance Management, DN dazu zu verleiten, dass sie sich selbst durch gewährte Freiräume individuelle Ziele in Anleh- nung an die Unternehmensstrategie setzen und diese mit Ehrgeiz verfolgen. Dabei werden Mit- arbeiter zu Mehrleistungen motiviert. Mitarbeiter sollen in die Lage versetzen werden, ihre Fä- higkeiten optimal für ihre Arbeit einzusetzen und die Ziele sowie Standards zu erreichen oder sogar zu übertreffen.15 Im Interessenausgleich von AN und AG sollen anhand flexibler Entgeltgestaltung langfristig Effizienz und Erfolg im Unternehmen sichergestellt werden.16 15 Birkner, Strukturiertes Performance-Management 5. 16 Burz, Flexible Entgeltgestaltung 23 f. 3
II. Performance Management durch Leistungsvereinba- rungen 2 Arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen der Entgeltgestal- tung 2.1 Der arbeitsrechtliche Entgeltbegriff Im Unterschied zum Steuerrecht,17 Sozialversicherungsrecht18 oder Strafrecht19 hat die österreichische Rechtsordnung keinen konkreten arbeitsrechtlichen Entgeltbegriff vorgesehen. Dieser durchaus weitgehende Begriff wurde von der Lehre und Rsp determiniert. Das arbeitsrechtliche Entgelt ergibt sich aus §§ 1151 ff ABGB und dem synallagmatischen Prinzip des Schuldrechts, welches eine wechselseitige Leistungsverpflichtung vorsieht. 20 Entgelt bezeichnet jede Art von Leistung, die dem AN für die Zurverfügungstellung seiner Ar- beitskraft gewährt wird.21 Mit der Zahlung des Entgelts erfüllt der AG seine vertragliche Haupt- pflicht aus dem wechselseitigen Vertrag. Im rechtlichen Sinne wird die Arbeitsleistung somit abgegolten.22 Regelmäßig wiederkehrende Zahlungen wie Zulagen, Zuschläge, Umsatz- und Gewinnbeteiligungen, Provisionen usw sind ebenfalls vom arbeitsrechtlichen Entgeltbegriff er- fasst.23 Remunerationen, Jubiläumsgelder, Betriebspensionen, Abfertigungen und Beiträge des AG in BV-Kassen hängen zwar nicht unmittelbar mit der Arbeitsleistung zusammen, jedoch sind diese laut OGH ebenfalls Bestandteil des Entgelts, da diese die Unternehmenszugehörigkeit des AN widerspiegeln und damit vergütet werden.24 Des Weiteren zählen auch betriebliche Übungen und einmalig gewährte freiwillige Sonderzu- wendungen zweifelsfrei zum arbeitsrechtlichen Entgelt, da diese den geleisteten Arbeitseinsatz der AN vergüten.25 Als betrieblichen Übung wird die regelmäßige, vorbehaltlose Gewährung 17 § 25 EStG 1988, idF BGBl I 2008/82. 18 § 49 ASVG, idF BGBl 1996/411. 19 § 74 StGB, idF BGBl I 2004/15. 20 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt als Alternative zum Zeitlohn (2010) 5 ff. 21 Jabornegg/Resch/Födermayr, Arbeitsrecht6 (2017) 68; OGH 19.4.1977, 4 Ob 23/77. 22 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 7. 23 OGH 22.5.2003, 8 Ob A 161/02p, Arb 12.324 = SZ 2003/59. 24 OGH 22.5.2003, 8 Ob A 161/02p, Arb 12.324 = SZ 2003/59. 25 Wilhelm, Entgeltliche und unentgeltliche Arbeitsverhältnisse, in Tomandl (Hrsg), Entgeltprobleme aus arbeits- rechtlicher Sicht (1979) 1 (11). 4
bestimmter Leistungen des AG an die AN bezeichnet. Unterbleibt der Unverbindlichkeitsvor- behalt durch den AG, so wird die betriebliche Übung durch die schlüssige Zustimmung der AN nach § 863 ABGB zum Inhalt der einzelnen Arbeitsverträge.26 Regelmäßigkeit kann bereits bei zweimaliger Gewährung vorliegen. Dies ist jedoch im Einzelfall zu prüfen.27 Im Sprachgebrauch werden des Öfteren auch die Begriffe Lohn und Gehalt verwendet. Die Unterscheidung der beiden gestaltet sich sehr einfach: Arbeiter bekommen Löhne, Angestellte Gehälter. Der Entgeltbegriff beinhaltet sowohl Löhne als auch Gehälter.28 2.1.1 Abgrenzung zur Aufwandsentschädigung Im Umkehrschluss sind Zahlungen für Leistungen, welche nicht im Zusammenhang mit der zu verrichtenden Tätigkeit aus dem Arbeitsverhältnis stehen, abzugrenzen. Nach hL ist da- bei die Rede vom Aufwandersatz. Dazu zählen zB Kilometergelder, Fahrtkostenzuschüsse so- wie Tages- und Nächtigungsgelder.29 Diese Mehrleistung ist naturgemäß kein Entgelt im ar- beitsrechtlichen Sinn.30 Maßgebend für die Qualifikation einer Leistung als Entgelt oder Auf- wandsentschädigung ist nicht deren Bezeichnung, sondern der tatsächliche Zweck, dem es ge- widmet ist.31 2.1.2 Abgrenzung zu entgeltfernen Leistungen Als entgeltferne Leistungen werden Begünstigungen durch den AG an den AN bezeich- net, welche in keinem kausalen Zusammenhang mit dem aufrechten DV stehen.32 Nach Mosler qualifiziert sich eine entgeltferne Leistung dadurch, dass kein enger Zusammen- hang mit dem Arbeitsverhältnis besteht, vorwiegend soziale, kulturelle oder gesundheitliche – nicht auf das Arbeitsverhältnis bezogene Ziele im Vordergrund stehen und die Begünstigungen nicht nur AN, sondern auch anderen Personengruppen gewährt werden.33 26 OGH 4.9.2002, 9 ObA 24/02y, ARD 5404/1/2003. 27 OGH 13.10.1993, 9 ObA 265/93, DRdA 1994, 324 (Kerschner) = wbl 1994, 126. 28 Reissner, Lern- und Übungsbuch Arbeitsrecht5 (2015) 187. 29 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 8. 30 Jabornegg/Resch/Födermayr, Arbeitsrecht6 68. 31 OGH 16.4.1998, 8 Ob A 94/98a, Arb 11.714 = ecolex 1998, 865; zuletzt OGH 28.2.2011, 9 Ob A 121/10z, ecolex 2011, 844 (Eypeltauer) = DRdA 2011, 456; Krejci in Rummel, ABGB I3 § 1152 Rz 9; Reissner in Reissner, AngG3 § 6 Rz 21. 32 OGH 6.4.1994, 9 ObA 354/93, DRdA 1995, 39 (Eypeltauer). 33 Mosler, Entgeltferne Leistungen: Eine gesamtheitliche Analyse, in Brodil (Hrsg), Entgeltliches im Arbeitsrecht (2013) 57 (60). 5
2.2 Entgeltregelungen 2.2.1 Höhe des Entgelts Grundsätzlich obliegt die Entgeltfindung den Vertragsparteien. Die Höhe des Entgelts ergibt sich aus einer Vereinbarung zwischen AG und AN.34 Bis dato existiert in Österreich kein gesetzlicher Mindestlohn. Dementgegen kann der KollV einen Mindestlohn vorsehen, welcher durch einen fixen Geldbetrag angegeben ist.35 Hier gilt zu erwähnen, dass Performance Management Systeme keine Entgeltfindungsmetho- den sind. Umgekehrt sind Maßnahmen, welche die Leistungssteigerungen von Mitarbeitern mit sich bringt, mit der Erwartung auf ein höheres Entgelt verbunden.36 2.2.2 Geld und Naturallohn Die Arbeitsleistung kann sowohl durch Geld- als auch durch Naturallohn abgegolten werden. Geldlohn bezeichnet jede in Geld ausgedrückte Zahlung. Bargeld ist dabei nicht zwin- gend erforderlich. Auch die bargeldlose Überweisung ist vom Geldlohnbegriff umfasst.37 Davon zu unterscheiden ist der Naturallohn, welcher alle Leistungen, die nicht in Geld beste- hen, umfasst.38 Beispiele dafür sind Bereitstellung von Nahrungsmittel, Kleider, Wohnraum oder die private Nutzung von Dienstfahrzeugen.39 2.2.3 Entgeltzahlungspflicht Einleitend wird festgestellt, dass die österreichische Rechtsordnung keine ausdrückliche Entgeltzahlungspflicht des AG vorsieht.40 Nach § 1151 Abs 1 ABGB entsteht ein DV, wenn sich eine Person für eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet. Daraus lässt sich zwar die Hauptpflicht des DN ableiten, die Pflicht des DG, als Gegenleistung ein Entgelt zu zahlen, ist jedoch nicht ausdrück- lich normiert. § 1152 ABGB schreibt indessen vor, dass ein angemessenes Entgelt als bedungen 34 Schrammel in Marhold/Burgstaller/Preyer (Hrsg), Kommentar zum Angestelltengesetz (2013) § 6 Rz 107. 35 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 78 ff. 36 Leitsmüller, Buchbesprechung zu Resch (Hrsg), Leistungs- und erfolgsbezogene Entgeltfindung, DRdA 2004, 203. 37 Rebhahn in Neumayr/Reissner (Hrsg), Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3 (2018) § 1152 ABGB Rz 39. 38 OGH 16.10.1979, 4 Ob 17/79, Arb 9812; OGH 29.10.1993, 9 ObA 220/93, DRdA 1994, 268. 39 Schrammel in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 6 Rz 101. 40 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 76 ff. 6
gilt, soweit ein solches nicht bestimmt ist und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart wird. Daneben ist zusätzlich § 6 AngG zu erwähnen. Auch hier wird geregelt, dass das Entgelt man- gels Vereinbarung durch den für die betreffende Art der Unternehmung bestehenden Ortsge- brauch bestimmt wird. Eine Verpflichtung des AG zur Zahlung des Entgelts ergibt sich aus der Zweifelsregel dennoch nicht.41 2.2.4 Zweifelsregel Entgeltlichkeit ist zur wirksamen Entstehung eines Dienstvertrages nicht zwingend er- forderlich. Nach den Grundsätzen der Vertragsfreiheit können DV auch auf unentgeltlicher Ba- sis entstehen.42 Zumal im Schuldverhältnis von do ut des, also eine Leistung erfolgt, um eine Gegenleistung zu erhalten, ausgegangen werden kann, ist die Unentgeltlichkeit als eher unwahrscheinlich anzu- sehen.43 Der Gesetzgeber reagiert darauf mit der Zweifelsregel nach § 1152 ABGB. Damit soll hervor- gehoben werden, dass sofern Unentgeltlichkeit nicht ausdrücklich im Vertrag vereinbart wurde, grundsätzlich von Entgeltlichkeit ausgegangen wird.44 Wurde Unentgeltlichkeit ausdrücklich zwischen den Vertragsparteien vereinbart, darf laut OGH dennoch kein auffallendes Missver- hältnis zum Wert der Dienstleistung vorliegen.45 Ferner muss bei gänzlicher Unentgeltlichkeit die Freiwilligkeit der Vereinbarung im Einzelfall geprüft werden.46 41 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 58 f. 42 Rebhahn in Kletečka/Schauer (Hrsg), ABGB-ON1.03 § 1152 Rz 14. 43 OGH 23.6.1981, 4 Ob 18/81, Arb 9992 = ZAS 1983/5, 62 (zustimmend Schrammel). 44 Burz, Flexible Entgeltgestaltung 41. 45 OGH 4.12.1996, 9 ObA 2267/96i, Arb 11.546 = ecolex 1997, 382. 46 Burz, Flexible Entgeltgestaltung 41. 7
3 Entgeltformen Entgeltformen lassen sich, je nach Anknüpfungspunkt, auf unterschiedliche Weise unter- teilen. Die Lehre und Rsp unterscheiden in Bezug auf Leistung und Erfolg zwischen Zeitlohn, Leistungslohn und Erfolgslohn. Arbeitsrechtlich ist die Abgrenzung von wesentlicher Bedeu- tung, da dieser die richtige Berechnung von Entgeltfortzahlungsansprüchen, aber auch von Ent- geltansprüchen nach Beendigung eines DV zugrunde liegt.47 Die ausschlaggebenden Kriterien zur richtigen Einordnung werden im folgenden Abschnitt be- handelt. Weiters werden die verschiedenen Arten der Entgeltformen ausgeführt. 3.1 Zeitabhängiges Entgelt Der Zeitlohn, oder auch Zeitentgelt genannt, stellt die Summe der geleisteten Zeitein- heiten und das Entgelt in einen unmittelbaren Konnex. Ob die Arbeitszeit dabei in Stunden, Tagen, Wochen oder Monaten bemessen wird, ist unwesentlich.48 3.1.1 Zeitlohn 3.1.1.1 Wesen des Zeitlohns Ein Charakteristikum des Zeitlohns ist das konstante Entgelt durch die konstante Zeit- einheit. Der Zeitfaktor als Anknüpfungsgegenstand hat Felten zufolge seine Wurzeln im AZG. Mit der Festlegung der Normalarbeitszeit und der gesamtzulässigen Höchstarbeitszeit entsteht eine chronometrische Dimension im Arbeitsverhältnis.49 3.1.1.2 Zeitlohn aus arbeitsrechtlicher Sicht Ein wesentlicher Aspekt des herkömmlichen Lohnsystems ist, dass der AN sein Entgelt unabhängig von seinem persönlichen oder dem unternehmerischen Arbeitserfolg erhält.50 Wird der stRsp und der hL gefolgt, so ist das Arbeitsverhältnis eine bloße Bemühensverbindlichkeit. Im Umkehrschluss handelt es sich somit um keine Erfolgsverbindlichkeit des AN, was bedeutet, 47 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 18 f. 48 Rebhahn in ZellKomm3 § 1152 ABGB Rz 28. 49 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 19. 50 Marhold/Friedrich, Österreichisches Arbeitsrecht3 (2016) 130. 8
dass der Zeitlohn nicht mit der Qualität der Leistungserbringung im Konnex steht.51 Dem AN ist somit in einer bestimmten Periode ein Einkommen ohne große Schwankungsbreiten gesi- chert.52 Das Zeitentgelt gebührt dem AN bereits durch die Zurverfügungstellung seiner Arbeitsleistung. Mit anderen Worten wird die Leistungsbereitschaft des AN mit der Arbeitszeit vergütet. In der Regel ergibt sich die Entgeltregelung aus dem Dienstvertrag. Die Entgeltregelung kann aber auch aus dem KollV oder § 1155 ABGB dispositiv entnommen werden.53 Die Zahlung des Gehalts muss nach § 15 AngG spätestens am Fünfzehnten und am Letzten eines jeden Monats in zwei annähernd gleichen Beträgen erfolgen. Praktisch relevanter ist je- doch der zweite Satz der Regelung, welcher den Vertragsparteien die Möglichkeit einräumt, eine Zahlung für den Schluss eines jeden Kalendermonats zu vereinbaren.54 3.1.1.3 Wirtschaftlicher Aspekt Speziell bei qualifizierten Tätigkeiten ist ein Leistungsanreiz vermehrt unzweckmäßig, da die erzielte Leistung oft nicht messbar oder individuell beeinflussbar werden kann. Aus be- triebswirtschaftlicher Perspektive ist der Zeitlohn, in Kombination mit etwaigen Zulagen, daher oft das geeignetste Mittel.55 Ein weiterer Vorteil ist der geringe administrative Aufwand. Nachteile hingegen sind der fehlende Anreiz, die Tätigkeit überdurchschnittlich gut zu erfüllen sowie die verfehlende Lohngerechtigkeit. Sehr ambitionierte DN werden gleich entlohnt wie weniger ambitionierte. Dementgegen kann argumentiert werden, dass durch die Wegnahme des Leistungsdruckes sowohl Sorgfalt als auch Präzision gefördert werden.56 51 OGH 10.1.1984, 4 Ob 164/83, DRdA 1985, 389. 52 Marhold/Friedrich, Österreichisches Arbeitsrecht3 130. 53 OGH 24.2.1993, 9 Ob A 19/93, SWK 1994, B 6 = wbl 1993, 223; OGH 24.9.2012, 9 Ob A 70/12b, ARD 6307/1/2013 = infas 2013, 69. 54 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 81. 55 Lechner/Egger/Stauder, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre27 (2016) 145. 56 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 20. 9
3.2 Leistungsabhängiges Entgelt Wie bereits eingangs erwähnt, soll leistungsabhängiges Entgelt die Mitarbeiter in einem Unternehmen zu einer besonders hohen Leistungsbereitschaft motivieren. Dabei wird das Ent- gelt direkt mit der erbrachten Leistung des AN verbunden. Motiv dafür ist, durch Schaffung eines finanziellen Anreizes überdurchschnittlich gute Leistungen vom AN zu erhalten.57 § 96 Abs 1 Z 4 ArbVG bringt im Arbeitsrecht das Leistungsentgelt zum Ausdruck. Dabei han- delt es sich zwar um keine Legaldefinition, jedoch umfasst die Bestimmung: Akkord-, Stück-, und Gedinglöhne und sonstige leistungsbezogene Prämien und Entgelte, die auf die Arbeits(Persönlichkeits)bewertungsverfahren, statischen Verfahren, Datenerfassungs- verfahren, Kleinstzeitverfahren oder ähnlichen Entgeltfindungsmethoden beruhen.58 Zusammenfassend kommt es zu einer Verknüpfung der Höhe des Entgelts mit der individuellen Leistung des DN.59 Gruber legt den Begriff weiter aus. Leistungsabhängiges Entgelt seien sämtliche Arbeitsent- gelte mit Leistungskomponente.60 3.2.1 Akkordlohn 3.2.1.1 Arten und Berechnung Die unmittelbare Verknüpfung zwischen Leistung und Entgelt stellt die Grundlage eines Akkordlohnsystems dar. Die Implementierung eines solchen Systems macht jedoch nur dann Sinn, wenn im Unternehmen die Möglichkeit besteht, eine konkrete Leistung tatsächlich mes- sen zu können.61 Je nach Berechnungsgrundlage wird zwischen dem Zeitakkordlohn und dem Geldakkordlohn unterschieden. Beim Zeitakkordsystem wird zunächst ein Geldfaktor ermittelt (zB Lohn/Mi- nute). Weiters wird eine sogenannte Vorgabezeit benötigt. Diese stellt fest, wie lange ein AN für die Anfertigung einer bestimmen Menge Zeit hat. Diese Vorgabezeit basiert auf arbeitswis- senschaftlichen Studien. Abschließend werden die drei Komponenten Geldfaktor, 57 Risak, Innovative Entlohnungsmodelle, ZAS 2009, 140 (141). 58 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 21 f. 59 Risak, ZAS 2009, 141. 60 Gruber, Die sonstigen leistungsbezogenen Prämien und Entgelte iSd § 96 Abs 1 Z 4 ArbVG, RdW 1998, 345 (346 ff). 61 Lechner/Egger/Stauder, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre27 145 ff. 10
Vorgabezeitfaktor und die tatsächlich geleistete Menge miteinander multipliziert. Wesentlich einfacher ist das zweite System aufgebaut. Das Geldakkordsystem multipliziert die vom AN verarbeitete Menge mit dem Geldsatz pro Mengeneinheit. Beide Berechnungen führen zum selben Ergebnis, jedoch berücksichtigt der Zeitakkordlohn explizit eine Vorgabezeit, was bei einer Änderung des Grundentgelts die Neuberechnung vereinfacht und im internen Rechnungs- wesen eine unterstützende Funktion aufweist.62 Beispiel Zeitakkordlohn Der Stundenlohn laut KollV beträgt € 10,- Der Prozentaufschlag beträgt 10 % € 1,- Akkkordrichtsatz € 11,- Eine Arbeitsstudie stellt fest, dass im Durchschnitt 50 Stück pro Stunde produziert werden kön- nen. Der Zeitakkord pro Stück ergibt sich wie folgt: Vorgabezeit: 60 Minuten : 50 Stück = 1,2 Minuten pro Stück Minutenfaktor: € 11,- : 60 Minuten = € 0,18333 pro Minute Arbeiter A fertigt 1.000 Stück an: 1.000 Stück x 1,2 Minuten x 0,18333 = € 220,- 62 Lechner/Egger/Stauder, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre27 145 ff. 11
Beispiel Geldakkordlohn Der Stundenlohn laut KollV beträgt € 10,- Der Prozentaufschlag beträgt 10 % € 1,- Akkkordrichtsatz € 11,- Eine Arbeitsstudie stellt fest, dass im Durchschnitt 50 Stück pro Stunde produziert werden kön- nen. Der Geldakkord pro Stück ergibt sich wie folgt: € 11,- : 50 = € 0,22 Arbeiter B fertigt 1.000 Stück an: 1.000 Stück x € 0,22 = € 220,- 3.2.1.2 Akkordlohn aus arbeitsrechtlicher Sicht Die rechtliche Regelung zum Akkordlohn findet sich in § 1154 Abs 2 ABGB. Demnach ist das Entgelt zum Ende der Woche zu zahlen. Dienste höherer Art können am Ende des Mo- nats abgegolten werden. § 1154 Abs 3 ABGB konkretisiert die Fälligkeit dahingehend, dass mit Beendigung des Ar- beitsverhältnisses jedenfalls das Entgelt zu entrichten ist. Ferner haben AN einen gesetzlichen Anspruch auf einen Vorschuss gem § 1154a ABGB über den bereits verrichteten Dienst.63 Beachtlich ist des Weiteren, dass in den meisten KollV ein 15–25 %iger Zuschlag zum norma- len Zeitlohn auf den Akkordrichtsatz vorgesehen ist. Der KollV kann zum Wohle der AN auch Bestimmungen bei Nichterreichung der Vorgabe Regelungen vorsehen. Dabei wird nicht die einzelne Akkordleistung, sondern die wöchentlich oder monatlich erzielte Durchschnittsleis- tung ins Auge gefasst.64 63 Komar, Leistungslohnmodelle (2010) 70. 64 Lechner/Egger/Stauder, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre27 146 f. 12
3.2.1.3 Wirtschaftlicher Aspekt Vorteil eines Akkordlohnsystems ist das direkte Zusammenspiel von Leistungsgrad und Zeit. Der Mitarbeiter soll auf diese Weise angespornt werden. Etwaige Nachteile sind jedoch die höhere Abnutzung der Anlagen, ein erhöhtes Gesundheitsrisiko aufgrund größerer körper- licher Belastung, Zerstörung der intrinsischen Motivationsfaktoren oder eine Qualitätsminde- rung.65 3.3 Erfolgsabhängiges Entgelt Auch hier findet sich keine Legaldefinition im Gesetz. In der stRsp erfolgt eine Abgren- zung durch eine negative Begriffsbestimmung vom leistungsabhängigen Entgelt und vom Zeit- entgelt. Dabei hat der OGH entschieden, dass das Erfolgsentgelt weder durch die individuelle Leistung des AN noch durch die verstrichene Arbeitszeit bemessen wird. Dies wird vom OGH auch als „aleatorischer Charakter“ der Entlohnung bezeichnet. Die Bemessungsgrundlage liegt unmittelbar in der AG-Sphäre und ist somit durch den AN le- diglich indirekt beeinflussbar. Es liegen bspw betriebswirtschaftliche Kennzahlen wie Gewinn, Deckungsbeitrag oder Cash-Flow im Fokus der Entgeltgestaltung.66 Die Unterscheidung zwischen Leistungs- und Erfolgsentgelt ist nicht immer eindeutig. Aus- schlaggebend ist das Überwiegen der Sphären von AG oder AN. Felten vertritt daher die Mei- nung, dass „Leistung“ und „Erfolg“ nicht die gebotene terminologische Schärfe haben. Er emp- fiehlt die Begrifflichkeiten „arbeitnehmer- und unternehmensbezogene[s] Entgelt“.67 Die folgenden Entgeltmodelle sind in den meisten Fällen überwiegend der AG-Sphäre zuzu- rechnen, daher werden sie in diesem Unterpunkt angeführt. Je nach Ausgestaltungsform könnte hierbei auch von Leistungsentgelt gesprochen werden. 65 Lechner/Egger/Stauder, Einführung in die allgemeine Betriebswirtschaftslehre27 148. 66 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 22 f. 67 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 23. 13
3.3.1 Prämie 3.3.1.1 Arten und Berechnung Die Prämie erhält der DN für besondere Erfolge qualitativer oder quantitativer Natur.68 Die Ausgestaltung des Prämiensystems kann linear, progressiv, degressiv oder gestaffelt erfolgen. Betriebswirte unterscheiden zwischen Mengenleistungs-, Quantitäts-, Qualitäts-, Ersparnis-, Sorgfalts-,69 Umsatz-, Wohlverhaltens- und der kombinierten Prämie.70 • Mengenleistungsprämien und Quantitätsprämien richten sich nach der geleisteten Ar- beitsmenge in einer bestimmten Periode.71 • Qualitätsprämien sollen die Gewissenhaftigkeit und Effizienz belohnen.72 • Ersparnisprämien gebühren dem DN bei gewissenhaftem Haushalten von Ressourcen.73 • Sorgfaltsprämien belohnen Behutsamkeit und Pflichtbewusstsein.74 • Umsatzprämien knüpfen am erzielten Umsatz an.75 • Wohlverhaltensprämien honorieren das vertragskonforme Verhalten des DN.76 • Kombinierte Prämien setzen sich aus zwei oder mehreren der oben genannten Arten zusammen. 3.3.1.2 Prämie aus arbeitsrechtlicher Sicht Das zusätzliche Entgelt wird zum Grundlohn, welcher zumeist gleichzeitig auch der Zeitlohn ist, gewährt. Einen Anspruch auf die Prämie hat der AN nur dann, wenn die voraus- gesetzte Bedingung von ihm erfüllt wurde.77 Liegt die Bedingung zur Anspruchsberechtigung nicht gänzlich in der AN-Sphäre, so ist der OGH der Meinung, dass dem AN auch bei Nicht- eintritt der Bedingung die Prämie zusteht, wenn der AG oder ein Dritter auf die Bedingung in einer Weise eingewirkt hat, welche der AN nicht erwarten konnte.78 68 Burz, Flexible Entgeltgestaltung 95 f. 69 Mosler, Mitbestimmung der Belegschaft bei leistungs- und erfolgsbezogenen Entgelten, in FS für Josef Cerny (2001) 433 (436). 70 Mosler, FS Cerny 436. 71 OGH 2.6.1981, 4 Ob 135/80, DRdA 1982, 403. 72 OGH 2.6.1981, 4 Ob 135/80, DRdA 1982, 403. 73 OGH 30.1.1957, 1 Ob 36/57. 74 OGH 8.10.2008, 9 Ob A 144/07b, Arb 12.771 = RdW 2009, 28. 75 OLG Wien 18.8.1993, 32 Ra 110/93, ARD 4497/9/93. 76 OGH 16.8.2001, 8 ObA 48/01v, ASoK 2002, 241. 77 Tomandl, Rechtsprobleme des Akkord- und Prämienlohnes (1961) 8. 78 OGH 10.4.2008, 9 ObA 22/08p, DRdA 2010, 62. 14
3.3.1.3 Spezialfall: Anwesenheitsprämie Eine Sondervergütung, welche an die Anwesenheit des DN anknüpft, ist in der österrei- chischen Rechtsordnung unzulässig, da es den zwingenden Bestimmungen des EFZG und AngG widerspricht.79 Der OGH begründet die Unzulässigkeit durch den Anreiz in der AN- Sphäre, keine Rücksicht auf die eigene Gesundheit zu nehmen, um finanzielle Einbußen zu vermeiden. Gerade davor sollen die Lohnfortzahlungsbestimmungen den AN aber bewahren. Der AN soll nicht veranlaßt werden, aus finanziellen Gründen mit seiner Gesundheit Raubbau zu treiben.80 Wird dennoch eine Anwesenheitsprämie vereinbart, hat diese Vereinbarung Teil- nichtigkeit zur Folge. Das bedeutet die Rechtsunwirksamkeit der Anwesenheitsbedingung unter Beibehalt der Prämienzusage. Mit anderen Worten bleibt dem AN ein Anspruch auf die Prämie trotz Fehlzeiten.81 3.3.1.4 Wirtschaftlicher Aspekt Der direkte Zusammenhang der Leistungssteigerung ist nicht im gleichen Maße ausge- prägt wie jener eines Akkordsystems. Durch den unabdingbaren Grundlohn wird weniger Druck auf den AN ausgeübt. Der Großteil der AN wird sich dennoch um die Prämie bemühen. Dadurch kann eher eine Qualitätssicherung sichergestellt werden.82 3.3.2 Provision 3.3.2.1 Arten der Provision Die Lehre unterscheidet verschiedene Ausgestaltungsmöglichkeiten in folgende Provi- sionsarten:83 • Vermittlungs- oder Abschlussprovision (mit akquisitorischer Tätigkeit verbunden) • Superprovision (Zahlung an Führungskräfte für die Abschluss- oder Vermittlungstätigkeit ihrer Mitarbeiter) • Folgeprovision (periodische Vergütung für die Dauer des Bestandes eines [Versiche- rungs]Vertrags zusätzlich zur Abschlussprovision) 79 § 3 EFZG, idF BGBl 1974/399; OGH 16.11.1988, 9 ObA 283/88, Arb 10.758 = SZ 61/251. 80 OGH 16.11.1988, 9 ObA 283/88, Arb 10.758 = SZ 61/251; zuletzt OGH 7.6.2001, 9 ObA 295/00y, ecolex 2011, 844 (Eypeltauer) = DRdA 2011, 456. 81 OGH 7.6.2001, 9 ObA 295/00y, ZAS 2002, 151; OGH 30.6.2005, 8 ObA 72/04b, DRdA 2006, 327. 82 Mosler, FS Cerny 436. 83 Jabornegg in Löschnigg (Hrsg), AngG10 (2016) § 10 Rz 21–41; Mair in Reissner (Hrsg), AngG3 (2019) § 10 Rz 5–11 mwN. 15
• Direktprovision (Provision aus einem Geschäft, das ohne Vermittlungstätigkeit des AN zu Stande kommt) • Betreuungs- oder Verwaltungsprovisionen (Entgelt für die Erhaltung, Erneuerung und Er- weiterung bestehender [Versicherungs-]Verträge) • Garantieprovision (keine eigene Provisionsart, sondern Zusage eines Sockelbetrags unab- hängig von tatsächlichen Abschlüssen, meistens befristet für die Zeit des Aufbaus eines Kun- denstockes) 3.3.2.2 Provision aus arbeitsrechtlicher Sicht Ebenso wie beim Akkordlohn und bei der Prämie findet sich auch bei der Provision keine Legaldefinition. Die Rsp wertet die Provision als meist in Prozenten ausgedrückte Betei- ligung am Wert solcher Geschäfte des AG, die durch die Tätigkeit (Vermittlung oder Abschluss) des Angestellten zu Stande gekommen sind.84 Dabei wird der Fokus auf die persönliche Leistung sowie auf ein zufriedenstellendes Endergebnis gerichtet.85 Die Abgrenzung zur später angeführten Gewinnbeteiligung spielt in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle, da verschiedene Rechtsfolgen bezüglich Anspruchserwerb,86 Bucheinsicht und Buchauszug87 sowie Beendigung eintreten. Hängt das zusätzliche Entgelt vom Abschluss einzelner Geschäfte ab, handelt es sich um eine Provision. Wird das zusätzliche Entgelt von globalen Kennziffern abhängig gemacht, ist die Rede von einer Gewinnbeteiligung.88 3.3.2.3 Anspruchserwerb Provisionsvereinbarungen können individuell ausgestaltet werden. Im weiteren Verlauf vereinbaren AN und AG, ob ein garantiertes Provisionsfixum, eine variable Provision oder eine garantierte Mindestprovision dem Vertrag zugrunde liegt. Ferner kann auch der KollV Rege- lungen diesbezüglich vorsehen. Eine Grenze der Privatautonomie setzt das kollektivvertragli- che Mindestentgelt, welches nicht unterschritten werden darf.89 Die Ausgestaltung erfolgt ba- sierend auf den Regeln des arbeitsrechtlichen Günstigkeitsprinzips nach § 3 ArbVG. Jabornegg zufolge muss eine Provisionsvereinbarung so gestaltet sein, dass bei überdurchschnittlicher 84 OGH 4.3.1986, 14 Ob 13/86, Arb 10.501 = SZ 59/44. 85 Preiss in Neumayr/Reissner (Hrsg), Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht3 (2018) § 10 AngG Rz 7. 86 § 10 Abs 3 AngG, idF BGBl I 2006/35. 87 § 10 Abs 5 AngG, idF BGBl I 2006/35. 88 Preiss in ZellKomm3 § 10 AngG Rz 9. 89 RIS-Justiz RS0027975. 16
Anstrengung ein klar und deutlich über dem kollektivvertraglichen Zeitentgelt liegender Ver- dienst erzielt werden kann.90 Hat der AN der Anspruchsvoraussetzung Folge geleistet, so steht ihm die Provision sogar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabdingbar zu. Es wird einzig und allein auf die Leistung in der AN-Sphäre auf folgende Kriterien abgestellt:91 • Rechtsverbindlicher Abschluss des Geschäfts, • die unmittelbare oder gegebenenfalls mittelbare Mitwirkung des AN und • bei Verkaufsgeschäften die Ausführung des Geschäfts und der Eingang der Zah- lung. Ferner kann die Provisionsvereinbarung einen Gebietsschutz beinhalten. Sodann gebührt dem AN die Provision für sämtliche Geschäfte im genannten Gebiet.92 Die Fälligkeit der Provision ergibt sich aus § 10 Abs 4 AngG. Wurde vertraglich nichts anderes vereinbart, so hat die Provision spätestens mit Ende des Kalendervierteljahres mit einer Ab- rechnung zu erfolgen. 3.3.2.4 Grenzen von Provisionsvereinbarungen Der Gesetzgeber hat für bestimmte Personengruppen einen besonderen Maßstab an Schutzwürdigkeit normiert. Das gesetzliche Abschlussverbot ist dadurch gerechtfertigt, dass dem AN ein unternehmerisches Risiko zukommt und ein gewisses Entgeltrisiko besteht. Die Schutzwürdigkeit knüpft an die in der Person liegenden Gründe (zB Schwangerschaft 93 oder Alter94) oder an der zu verrichtenden Tätigkeit (zB Kraftfahrzeuglenker95) an.96 Daneben sieht auch die Rsp Schutzbestimmungen zugunsten der AN vor. Die Kostentragung der Aufwände durch den AN führt zu einer Überwälzung des Unternehmerrisikos und ist daher sittenwidrig.97 90 Jabornegg in Löschnigg, AngG10 § 10 Rz 118 f. 91 Preiss in ZellKomm3 § 10 AngG Rz 9. 92 § 11 Abs 2 AngG, idF BGBl 1992/833. 93 § 4 Abs 2 Z 9 MSchG, idF BGBl I 2015/60. 94 § 21 KJBG, idF BGBl 1987/599. 95 § 15c AZG, idF BGBl I 2006/138. 96 Preiss in ZellKomm3 § 10 AngG Rz 16. 97 RIS-Justiz RS0029732. 17
Entgeltmodelle, welche einzig und allein aus einer variablen Provisionskomponente bestehen, sind unzulässig. Diese Überwälzung wäre überschießend und würde dazu führen, dass der DN nur mehr bei tatsächlichem Geschäftsabschluss ein Entgelt erhalten würde. Dieses Risiko darf nach der Rsp ausschließlich in der AG-Sphäre liegen.98 3.3.2.5 Wirtschaftlicher Aspekt Felten sieht in Provisionsmodellen die Selbstgefährdung des einzelnen AN. Ihm zufolge wird der DN durch den monetären Anreiz das höchste Ausschöpfungspotenzial erreichen wol- len, bei Nichterreichung jedoch ein Gefühl der Frustration erleben. Anders ausgedrückt: Es entsteht ein hoher Leistungsanreiz. Allerdings geht damit auch automatisch ein hoher Leis- tungsdruck einher, welchem längst nicht jeder AN gewachsen ist.99 3.3.3 Gewinnbeteiligung 3.3.3.1 Hintergrund, Arten und Berechnung Durch den unmittelbaren Konnex zwischen Unternehmenserfolg und Entgelt versuchen AG im Ergebnis eine Zunahme der Wettbewerbsfähigkeit zu generieren.100 Nach Löschnigg wird zwischen der Gewinnbeteiligung als Entgeltbestandteil und der Gewinn- beteiligung als Kapitalbeteiligung unterschieden. Ein praktisches Beispiel für die Kapitalbetei- ligung wäre, dem AN ein Aktienpaket zu schenken oder es ihm zu einem günstigen Kurs anzu- bieten. Dies wird auch „Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand“ genannt.101 Im Folgenden wird auf die Gewinnbeteiligung als Entgeltbestandteil eingegangen. Gewinnbeteiligungen werden meist in Prozent ausgedrückt und richten sich entweder nach dem Gesamten oder einem Teil des Unternehmensgewinns des AG.102 Berechnungsgrundlage für den Gewinn ist, sofern nichts Anderes vereinbart wurde, nach § 14 AngG, der Bilanzgewinn. Der Wortlaut „auf Grund der Bilanz“ drückt jedoch nicht aus, ob dabei der unternehmensrechtliche Gewinn nach dem UGB oder der steuerrechtliche Gewinn nach steuerlicher Mehr-Weniger-Rechnung gemeint ist. Da beide Gewinne oft nicht gänzlich sachgerecht sind, ist ein sogenannter „korrigierter Gewinn“ zu ermitteln. Der korrigierte 98 OGH 17.12.1957, 4 Ob 142/57, Arb 6.788 = JBl 1958, 316 . 99 Felten, Leistungs- und erfolgsbezogenes Entgelt 72 f. 100 Marhold-Weinmeier in Marhold/Burgstaller/Preyer (Hrsg), AngG § 14 Rz 1. 101 Löschnigg, Die Vereinbarung erfolgsabhängiger Entgelte, DRdA 2000, 467 (468). 102 Körber-Risak, in Reissner/Neumayr (Hrsg), Zeller Handbuch Betriebsvereinbarungen (2014) Rz 25.17. 18
Gewinn berücksichtigt ua Wagnisse, Abschläge, Eigenkapitalzinsen, Unternehmerlöhne, Ab- schreibungen und kalkulatorische Gewinnzuschläge. Ziel ist eine gerechte Verteilung des Un- ternehmenserfolges.103 Die Gewinnbeteiligung ist die häufigste Art der Erfolgsbeteiligung und von der Umsatzbeteili- gung strikt abzugrenzen.104 3.3.3.2 Gewinnbeteiligung aus arbeitsrechtlicher Sicht Die Gewinnbeteiligung ist in § 14 AngG umschrieben. Der Anwendungsbereich er- streckt sich auch auf jene AN, welche nicht den Regelungen des AngG unterliegen. 105 Unter einer Gewinnbeteiligung wird das zusätzlich zum Grundlohn gewährte Entgelt verstanden, wel- ches auf den Gewinn eines Unternehmens oder eines Unternehmensbereiches abstellt.106 Auch hier obliegt die Ausgestaltung des Gewinnbeteiligungsmodells den Vertragsparteien. Der konkrete Inhalt wird im Dienstvertrag festgehalten.107 3.3.3.3 Wirtschaftlicher Aspekt Löschnigg ist der Meinung, dass Formen der Gewinnbeteiligung die weitreichendste Einflussmöglichkeit durch den AG beinhalten. Sein Hauptargument ist die einseitige Gestal- tungsmöglichkeit in der Unternehmersphäre. Der AG kann Investition-, Personal- oder Marke- tingmaßnahmen nach Belieben treffen und gleichzeitig den AN weniger Entgelt schulden.108 Trotz einer gewissen Sphärenüberwälzung sind Gewinnbeteiligungen zulässig. Zum Schutz der AN ist die Sittenwidrigkeitskontrolle des § 879 ABGB gegeben. Eine Gewinnbeteiligungsver- einbarung ist nach hA jedenfalls rechtswidrig, wenn eine grobe Verletzung rechtlich geschütz- ter Interessen oder ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die Handlung verletzten und den durch sie geförderten Interessen vorliegt.109 103 Löschnigg, DRdA 2000, 467. 104 Löschnigg, DRdA 2000, 467. 105 Preiss in ZellKomm3 § 14 AngG Rz 2. 106 Marhold-Weinmeier in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 14 Rz 1. 107 Preiss in ZellKomm3 § 14 AngG Rz 19. 108 Löschnigg, DRdA 2000, 467. 109 Löschnigg, DRdA 2000, 467. 19
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