Persönlicher Erfahrungsbericht - jura.uni ...
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ERASMUS+ 2019/2020 Zeitraum: WS 2019/20 und SoSe 2020 Gastland: Frankreich Gastuniversität: UNIVERSITE DE PARIS - NANTERRE (PARIS X) Fachbereich der ERASMUS-Kooperation: Fachbereich Rechtswissenschaft Studiengang: Rechtswissenschaft Datum: 19.07.2020 Persönlicher Erfahrungsbericht Vorbereitung Der Bewerbungsprozess begann bereits sehr frühzeitig und verlief relativ unkompliziert. Nach Versenden der Unterlagen und einem Vorstellungsgespräch auf französisch mit dem Programmkoordinator erhielt ich die Zusage aus Frankfurt für das Erasmus Programm. Auch die Universität Nanterre schickte bald darauf ihre Zusage mit weiteren Informationen bzgl. Online-Einschreibung etc. Mir fehlte noch ein Sprachnachweis, den ich aber problemlos nachreichen konnte. Diesen hätte man unter Umständen entweder bei uns an der Uni (soweit ich mit erinnere bei den Romanistikern) oder wie in meinem Fall an einer Sprachschule erbringen können. Ich habe den TCF abgelegt und musste mindestens ein B1 Niveau erreichen. Dies ist in Frankreich auch wirklich sinnvoll, da man hier ohne Französischkenntnisse schwer zu kämpfen haben wird. Bei Fragen stand Herr Helfrich immer zur Verfügung und auch Frau Shukvani aus dem International Office war jederzeit eine große Hilfe, insbesondere in Bezug auf das „Corona-Chaos“ am Ende meines Auslandsaufenthaltes. Die Plattform Mobility Online führt einen vor, während und nach dem Aufenthalt Schritt für Schritt durch das Verfahren und ist recht hilfreich, um den Überblick zu behalten. Ich entschloss mich dazu, zwei Semester ins Ausland zu gehen, da ich mir davon insbesondere sprachlich einen größeren Mehrwert erhofft hatte und so lange wie möglich in Paris bleiben wollte. Man hätte aber auch erstmal ein Semester festlegen und währenddessen den Aufenthalt um ein weiteres Semester verlängern können. Wohnungssuche Die Wohnungssuche in Paris ist alles andere als einfach und vor allem frustrierend. Man sollte grundsätzlich möglichst früh damit anfangen, viel Geduld und Durchhaltevermögen und eine erhöhte Zahlungsbereitschaft mitbringen. Zu den „Standard-Websites“ für Wohnungen in Paris gehören PAP.fr, Seloger.fr, leboncoin.fr, Lodgis.fr oder auch über Facebook Gruppen werden häufig Unterkünfte vermittelt. Die Gruppe „Deutsche in Paris“ könnte dabei und bei anderen Anliegen hilfreich sein. Für die Wohnungssuche benötigt man „Dossiers“, die neben Passkopie und (Eltern-)Bürgschaft auch mindestens Einkommensnachweise und ähnliche sensible
Dokumente beinhalten müssen. Man sollte daher immer überaus vorsichtig mit der Überlieferung sein, da im Netz besonders viele betrügerische Anzeigen kursieren. Während meiner Zeit in Paris bin ich mehrmals umgezogen. Meine erste Wohnung fand ich über PAP.fr. Nach massig unbeantworteten Anfragen und vielen, vielen Absagen bin ich kurzfristig zur Besichtigung nach Paris gefahren und habe die Wohnung eher aus Zeitnot und Mangel an Alternativen einfach genommen. Besser wäre es sicher gewesen, sich für die Wohnungssuche vor Ort zu befinden und vorerst einige Wochen in einem AirBnB unterzukommen, da die Besichtigungstermine häufig sehr kurzfristig angelegt sind und man in der Regel nicht die erste Wohnung bekommt oder wirklich darin leben will. Nach einigen Schwierigkeiten mit dem Vermieter kündigte ich dann relativ zeitnah (zur Info: die Kündigungsfrist in Paris beträgt einen Monat) und wohnte, nach einem kurzen Zwischenstopp im schönen Pariser Vorort Saint-Cloud, vorübergehend in einer WG, die ich über Chez Nestor gefunden hatte. Das war zwar unkompliziert, dafür aber selbst für Pariser Verhältnisse schmerzhaft teuer. Für die letzten Monate zog ich, nachdem ich über in Paris geschlossene Bekanntschaften von einem freien WG Zimmer erfuhr, letztmals um. Ansonsten gibt es auch, wie in anderen Erfahrungsberichten bereits erwähnt wurde, eine Maklerin, die gegen eine entsprechende Gebühr Unterkünfte für Studierende vermittelt und auch bei anderen Verwaltungsgängen unterstützt. Auch könnte die Cité Universitaire eine gute Alternative darstellen. Hier eine Zusage zu erhalten ist wegen der hohen Nachfrage allerdings schwierig. Die gesamte Anlage ist sehr grün und groß und bietet verschiedene Möglichkeiten für sportliche Aktivitäten, liegt aber am Rand von Paris. Eine weitere Möglichkeit wären die universitären Wohnheime von „Crous“. Diese befinden sich auf dem Campus in Nanterre und sind im Vergleich zu Pariser Unterkünften erschwinglich. (Ebenso übrigens auch Unterkünfte in Nanterre oder anderen Vororten von Paris.) Vorteile sind sicherlich, dass man unmittelbar auf dem Campus wohnt und durch das Zusammenleben weitere Kontakte mit anderen Studierenden knüpft. Allerdings ist Nanterre etwas weiter von Paris entfernt und vor allem spät abends nicht leicht zu erreichen. Es gibt aber auch andere Wohnheime (von Crous oder auch private) die in Paris verstreut liegen. Organisatorisches Metro Insgesamt bietet Paris zahlreiche Reduzierungen für Studierende. So werden auch öffentliche Verkehrsmittel preiswerter angeboten. Es empfiehlt sich, das Imagine R Ticket zu kaufen. Dieses kostet 360€ und ist ein Jahr lang und für die gesamte Île de France gültig. Hierfür benötigt man aber ein französisches Bankkonto (jedenfalls wenn man die Option mit monatlicher Ratenzahlung wählt), eine französische Adresse sowie eine französische Telefonnummer. Es dauert ungefähr 4 Wochen ab Beantragung, bis das Ticket dann im Briefkasten ankommt. Ich habe mir daher für den ersten Monat überbrückungsmäßig eine Monatskarte gekauft. (Hierfür brauchte ich auch ein Passbild. Ich würde empfehlen, ein paar Bilder für diverse Zwecke mitzunehmen) Sich vorher um das Imagine R Ticket zu kümmern wäre natürlich ideal gewesen, wegen der erforderlichen Angaben jedoch schwerlich praktikabel. In Paris und vor allem wegen des Pendelns nach Nanterre, ist man aber definitiv auf die Öffentlichen angewiesen. Daher würde ich es vermutlich erneut so handhaben. Die Monatskarte kostete ungefähr 75€.
Telefonnummer Es ist leider für alle möglichen Verwaltungsgänge beinahe unumgänglich, eine französische Nummer zu haben. In Frankreich gibt es attraktive Angebote, bei denen man für wenig Geld und monatlich kündbar jede Menge Datenvolumen erhalten kann. Am beliebtesten war unter Freunden der Anbieter Free. Ich hatte aber nicht vor, die französische Nummer wirklich zu benutzen, sondern brauchte eben nur eine, die ich ggf. angeben konnte. Daher kaufte ich mir eine Prepaid Karte (nach etwas Suchen fand ich eine bei "Relay"), was völlig ausreichte und unkompliziert funktionierte. Versicherung Wenn man seine Wohnung unter gewöhnlichen Umständen mietet, braucht man in Frankreich auch eine Versicherung. Ich bzw. meine Wohnung war bei Macif versichert, die Studierenden Versicherungen für 60€ im Jahr anbietet. Dieser Vertrag muss rechtzeitig gekündigt werden, ansonsten verlängert er sich automatisch. Auch hier muss unter anderem eine französische Handynummer angegeben werden. Manche Banken bieten diese Versicherung auch selbst an und kombinieren sie ggf. mit dem Bankkonto. Bankkonto Für das Imagine R Ticket sowie auch für das Wohngeld von der CAF ist ein französisches Bankkonto notwendig. Zur Eröffnung des Kontos benötigt man zu allererst einen Termin bei der Bank. Zu den benötigten Unterlagen zählen eine Studienbescheinigung und ein Nachweis, dass man in Paris/Frankreich wohnt. Dafür werden meist Strom-/Gas-/Wasserrechnungen verwendet, um die sich der Mieter in der Regel selbst zu kümmern hat. Andernfalls reicht grundsätzlich auch eine handschriftliche Bestätigung vom Vermieter bzw. von der Vermieterin aus. Bzgl. Kontogebühren sollte man sich vorher informieren. Viele, aber nicht alle Banken bieten für Studierende kostenlose Konten an. CAF Die CAF ist ein zähes Thema. Hier muss man, wie so oft, geduldig und konsistent bleiben. Die Höhe des Wohngeldes ist abhängig von der Miete und von eigenen monatlichen Ressourcen und beträgt bis zu 200€ pro Monat. Man muss sich hierfür erstmal online registrieren und benötigt dann ein vom Vermieter bzw. von der Vermieterin ausgefülltes Formular, eine internationale Geburtsurkunde, eine Studienbescheinigung, eine handschriftliche Erklärung über monatliche Ressourcen und eine Passkopie. Am besten bringt man nach Erhalt der numéro allocataire die ganzen Unterlagen persönlich und schnellstmöglich zur CAF im jeweiligen Arrondissement. Das ganze Verfahren hat bei mir Monate gedauert und es ist nicht unüblich, mehrmals bei der CAF wegen irgendwelcher restlichen Unterlagen vorbeischauen zu müssen. Ist es dann aber endlich vollbracht, erhält man einen Zuschuss für jeden vollen Monat, den man in der betreffenden Wohnung verbracht hat.
Universität Nach einigen Monaten Nanterre weiß ich unseren schönen Westend Campus jedenfalls sehr viel mehr zu schätzen. Der Campus Nanterre liegt hinter La Défense und ist mit der RER A aus Paris in der Regel innerhalb von 15-20 Minuten zu erreichen. Der Campus ist groß und bietet zahlreiche Sportplätze, Hallen und ein Schwimmbad, verschiedene Cafés und Restos. Mittags kann man wirklich die Mensa wärmstens empfehlen, in der man für 3,60€ Vorspeise, Hauptgericht, Nachtisch, Brot und Käse (Bienvenue en France) bekommt. Die Gebäude, insbesondere Vorlesungsräume sind aber alt und heruntergekommen. Die Sauberkeit der Toiletten und insgesamt der Hygienestandard lassen nicht nur am Campus zu wünschen übrig. Die Administration ist in Frankreich und in der Uni ein Albtraum. Bei jedem Anliegen, das man dem Sekretariat in der Uni vorbrachte, hieß es zunächst immer „non, ce n’est pas possible“ oder „vous devez demander Mme./M. XY“. Man läuft also häufig hin und her und versucht irgendwo Informationen einzusammeln oder die zuständige Person zu finden und weiß nicht so recht wohin. Am Ende klappt es dann doch irgendwie, meist mit viel Improvisation. Es ist trotzdem furchtbar nervenaufreibend und chaotisch. Aber auch hier gilt weiterhin: immer geduldig bleiben. Kurswahl Was ich beim Erstellen des Learning Agreements nicht beachtet hatte, war, dass einige Kurse nur im Sommer- oder Wintersemester angeboten werden. Wie ich verstand, sind S1 oder semestre 1 und alle folgenden ungeraden Zahlen Kurse des WiSe, während alle geraden Zahlen SoSe-Kurse meinen. Mein LA war daher so, wie es am Anfang gedacht war, nicht umzusetzen. Da man es aber unproblematisch ändern konnte, war das auch kein großer Aufwand. Man kann Kurse aus allen Semestern außer M2 wählen. Ich hatte für das erste Semester zwei französische Kurse und vier englische. Für das zweite Semester wählte ich zwei englische und vier französische. Die französischen Masterkurse waren sehr anstrengend, weshalb ich eher Kurse aus niedrigeren Semestern empfehlen würde – das ist aber pauschal nicht zu sagen und letztlich abhängig von den Profs. Die englischen Kurse waren nach einer kurzen Eingewöhnungsphase ins „französische“ Englisch durchweg gut zu meistern. Ich wählte ausschließlich CM Kurse. Diese sind dann „nur“ Vorlesungen und beinhalten als Prüfung nur die Abschlussklausur. Es gibt auch CM+TD Kurse, in denen es zusätzlich TDs (ähnlich wie Tutorien) mit Anwesenheitspflicht und regelmäßigen Prüfungsleistungen (Hausaufgaben oder Präsentationen o.ä.) gibt. Die Endnote setzt sich dann aus CM Abschlussklausur und TD Leistungen zusammen. Die FETE Kurse waren allesamt enttäuschend und viel zu arbeitsintensiv im Vergleich zu ihrem geringen Mehrwert. Ich habe mich in den ersten Wochen schon wieder von den Kursen abgemeldet und empfehle sie nicht weiter. An der Goethe Uni besuchte ich einen vorbereitenden Sprachkurs „Erasmus à la française A2/B1“, in dem man wieder etwas besser ins Französische reinfand und auch nützliche Informationen bzgl. Erasmus in Paris erhielt. Diesen fand ich ganz hilfreich und empfehle ihn gerne weiter. Die Kosten für diesen Kurs (60€) werden in der Regel erstattet.
Vorlesung Die Vorlesungen sind tatsächlich Vor-Lesungen. Man muss jedes Wort der Professorinnen bzw. Professoren mittippen (daher immer darauf achten, den Laptop vorher ausreichend zu laden) und quasi ein eigenes Skript erstellen. Das ist anfangs ziemlich überfordernd, man gewöhnt sich aber mit der Zeit daran. Manchmal ist es da hilfreich, die Vorlesung aufzunehmen und im Nachhinein abzutippen. Es gibt nur ganz selten zusätzliche Unterlagen oder PowerPoint Präsentationen. Es ist daher unter Studierenden sehr verbreitet, sich Mitschriften gegenseitig zur Verfügung zu stellen. Hier sind vor allem die heimischen Studierenden super hilfsbereit. Prüfungsleistungen Man muss schon am Anfang des Semesters während der Einführungstage entscheiden, welche Kurse man belegen möchte und welche Klausuren man schreibt, ohne zu wissen, wann die Klausuren oder die Vorlesungen stattfinden würden, was genau der Kursinhalt sein würde und ob die/der Prof einem zusagen würde oder nicht. Ebenfalls musste man entscheiden, ob man sich schriftlich oder mündlich prüfen lassen möchte. Die Prüfungsform kann nach Absprache mit der/dem Prof und dem Sekretariat kurzfristig noch geändert werden. Sollten Klausuren gleichzeitig liegen, kann ggf. auch nach Absprache ein anderes Datum festgelegt werden. Auch müssen die angemeldeten Prüfungen nicht zwangsläufig alle erbracht und bestanden werden. Insgesamt waren sechs Prüfungsleistungen pro Semester schwer zu schultern, insbesondere weil immer irgendetwas dazwischenkam: ob grève générale oder Corona – eine „normale“ Klausurenphase hatte ich in Paris nicht. Wegen des Streiks konnte man während der Klausurenphase im Dezember/Januar die Uni praktisch nicht erreichen. Es wurden Prüfungstermine hin und her geschoben und kurzfristig wieder abgesagt und auf das Wochenende verlegt, in mündliche Prüfungen umgewandelt usw. Das zweite Semester fand größtenteils Online statt. Die Klausuren und Ersatzleistungen im April/Mai wurden ebenfalls online von zuhause aus geschrieben. Insgesamt empfehle ich aber unter normalen Umständen mündliche Prüfungen oder Präsentationen zu wählen. Fazit Paris ist wundervoll, aber auch anstrengend. Man kann vieles unternehmen und kommt auch mit wenig Budget häufig gut aus. Es ist allerdings immer irgendetwas Ungeplantes los und man sollte sich stets auf eine nächste Störung gefasst machen – Streiks, Sicherheitswarnungen, Störungen des öffentlichen Verkehrs…Auch hier übte ich mich in Geduld. Paris ist immer voller Menschen und ab und an bekommt man zu viel von dem ganzen Trubel und den ständigen außerplanmäßigen Zwischenfällen. Wenn man dann aber mal abends mit einem Gläschen Wein in einem Café sitzt und um sich herum die Vie Parisienne pulsiert, man die Lebensfreude um sich herum förmlich spürt oder mit der Ligne 6 über die Seine fährt und den Eifelturm glitzern sieht, relativiert sich der ganze Stress und man genießt es einfach, in Paris zu sein. Ganz viel Spaß euch! Es wird ganz sicher eine unvergessliche Zeit J
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