ORF - Das Landesstudio Wien - Sozioökonomisches Porträt

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ORF - Das Landesstudio Wien - Sozioökonomisches Porträt
Sozioökonomisches Porträt:

ORF – Das Landesstudio Wien

Erstellt für: ORF Wien
Erstellt von: MMag Agnes Streissler-Führer; Mag Birgit Fischer;
               Mag Andreas Friedrich

Datum: 28. Mai 2013
ORF - Das Landesstudio Wien - Sozioökonomisches Porträt
Executive Summary                                                                3
Was ist ein sozio-ökonomisches Porträt?                                          5
        Definition                                                               5
        Bestandteile                                                             5

Die Wertschöpfung und der Markt des ORF Wien                                     7
     Input-Output-Statistiken                                                     8
     Wertschöpfung und Intermediär-Verbrauch beim ORF Wien                        9
     Der Markt des ORF Wien                                                      10

Katalytische Effekte auf die Regionalökonomie                                 13
     Auswirkungen auf die Wiener Wirtschaft                                  15
        Regionale Wiener Wirtschaft                                          15
        Freizeitindustrie und Tourismus                                      16
        Kreativwirtschaft in Wien                                            17
     Sozialisation / Integration                                             19
     Information, Bildung, Bewusstseinsschaffung                              22
        Der ökonomische Wert von Information                                 22
        Der ökonomische Wert von Bildung                                     23
        Bewusstseinsbildung in Gesundheits- und Umweltfragen                 24
     Demokratische Funktionen: Kritik & Kontrolle                            25
     Unterhaltung / Rekreation                                               28
        Stressreduktion durch „easy-going“ Musik                             28
        Sportberichterstattung                                               28

Nicht-finanzielle Indikatoren im ORF Wien                                   30
     Integriertes Berichtswesen zur Darstellung der wirtschaftlich nachhaltigen
     Entwicklung                                                              30
     Nachhaltigkeit durch MitarbeiterInnen-Motivation                         34
     Nachhaltigkeit durch Diversität                                          34
     Nachhaltigkeit durch Ressourceneffizienz                                   35
     Nachhaltigkeit durch laufende Erneuerung                                 37
     Nachhaltigkeit durch transparente Governance                             38

Resümee: Weitreichende Effekte des ORF Wien                                   39
Literatur                                                                   44

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ORF - Das Landesstudio Wien - Sozioökonomisches Porträt
Executive Summary
‣  Der ORF Wien generiert Wertschöpfung und Beschäftigung, ...
Das vorliegende sozioökonomische Porträt stellt den wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Wert des ORF Wien dar. Der Betrieb des Unternehmens
generiert direkt eine Wertschöpfung von ca 10 Mio Euro im Jahr. Durch
Multiplikatoreffekte entstehen über die Nachfrage bei Zulieferern und über
Einkommenseffekte insgesamt knapp 16 Mio Euro Wertschöpfung und damit
verbunden rund 220 Beschäftigungsstellen in der Volkswirtschaft.

‣  ... stärkt wichtige Branchen der Stadt und erreicht hohe Marktanteile
Zu den größten Zulieferern des ORF Wien zählt die (regionale) Kreativwirtschaft,
ebenso gehören Unternehmen der Informationstechnologie dazu. Das
ausgestrahlte Programm ist außerdem für die regionale Wirtschaft und
insbesondere für Branchen wie Freizeit- und Tourismuswirtschaft von
besonderer Bedeutung. Die vom Landesstudio erreichten Marktanteile liegen
trotz enger finanzieller und personeller Rahmenbedingungen bei 42 Prozent in
Wien (TV) und 15 Prozent Marktanteil beim Radio (vor allen anderen Wiener
regionalen Radiosendern).
Die Webseiten von wien.ORF.at wurden im Jahr 2012 ca 100 Mio Mal
aufgerufen. Pro Tag wurden mehr als 100.000 Unique UserInnen bzw rund
135.000 Visits gezählt.

‣  Weitere katalytische Effekte werden zB durch Information ausgelöst ...
Die ausgestrahlten Informations- und Bildungsangebote wirken
suchkostenmindernd sowie innovationsfördernd und steigern Human- und
Sozialkapital sowie die Chancengleichheit in der Volkswirtschaft. Durch die
wahrgenommene Integrationsfunktion werden die gesellschaftliche Kohäsion
und Stabilität gestärkt, was auch den Wirtschaftsstandort aufwertet und stützt.
Für all diese Funktionen ebenso wie für die in einer Wohlstandsgesellschaft
unerlässliche Demokratiefunktion ist es unabdingbare Voraussetzung, auf
Qualitätsjournalismus zu achten.

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‣  ... und die Erfüllung von ESG-Kriterien erlaubt nachhaltiges Wirtschaften
Auch bei Betrachtung der nicht-finanziellen Kriterien weist der ORF Wien im
Bereich der „Environmental, Social and Governance-Issues“ eine gute
Performance auf. Diese spielen für den Unternehmenserfolg eine große Rolle:
Niedrige Fluktuation der ArbeitnehmerInnen ermöglicht einen stabilen Betrieb,
wobei hohe Diversität, insbesondere im Gender-Bereich, im Unternehmen
Flexibilität und Chancen im Wettbewerb bietet. Zusätzlich unterstützt
Ressourceneffizienz im Betrieb des Landesstudios Kosteneinsparungen und eine
Schonung der Umwelt.
Auf diese Weise wird langfristig verantwortliches Wirtschaften mit einer
vorbildlichen Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags verbunden.

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Was ist ein sozio-ökonomisches Porträt?
Definition
Während sich sozio-ökonomische Impactstudien 1 üblicherweise primär auf die
Darstellung volkswirtschaftlicher Multiplikatoreffekte beziehen, hat die Agentur
agnes streissler – wirtschaftspolitische projektberatung einen
gesamtheitlicheren Analyseansatz entwickelt:

Ein sozio-ökonomisches Porträt stellt den wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Wert eines Unternehmens bzw einer wirtschaftlichen Tätigkeit
insgesamt dar. Es kommen dabei sowohl Methoden der Volkswirtschaft als auch
der Betriebswirtschaft zur Anwendung.

Bestandteile
Ein sozio-ökonomisches Porträt hat üblicherweise drei Bestandteile, die je nach
Fragestellung des Auftraggebers unterschiedlich gewichtet werden können:

‣  Wertschöpfung und Beschäftigung
Basierend auf Wertschöpfungszahlen des betrachteten Unternehmens werden
auf Grundlage der Input-Output-Statistiken von Statistik Austria die
Multiplikatoreffekte der Wirtschaftstätigkeit geschätzt: Welche Nachfrage
entsteht bei Zulieferindustrien, und was hat dies für volkswirtschaftliche
Auswirkungen?

‣  Katalytische Effekte
Darüber hinaus werden weitergehende wirtschaftliche Effekte qualitativ und
wenn möglich auch quantitativ beschrieben: Welche Auswirkungen des
produzierten Gutes / der produzierten Dienstleistung auf den
Wirtschaftsstandort sind anzunehmen, angesichts bekannter ökonomischer
Wachstums- und Verteilungszusammenhänge? Zur Veranschaulichung: Wenn
ein Medienunternehmen wie der ORF Wien Bildungsaktivitäten in seinem
Programm hat, sind positive Effekte auf den Wirtschaftsstandort zu vermuten.
Diese Zusammenhänge werden so konkret wie möglich dargestellt.

1wie etwa das MultiREG Modell von WIFO und Joanneum Research in Österreich oder die Socio-
Economic Impact Assessments von Steward Redqueen auf internationaler Ebene

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‣   Der unternehmerische Wert – Ansätze eines integrierten Reportings
Der Wert eines Unternehmens für seine Stakeholder ist nicht nur von seinen
finanziellen, sondern auch von seinen nicht-finanziellen Indikatoren abhängig.
Dies gilt nicht nur für öffentliche Unternehmen (denen im Allgemeinen eine
gewisse Vorbildfunktion zugeschrieben wird), sondern weltweit orientieren sich
immer mehr Unternehmen an Richtlinien eines integrierten Reportings, wie etwa
der Global Reporting Initiative.
Dritter Bestandteil eines umfassenden sozio-ökonomische Porträts ist daher
eine Darstellung des Unternehmens nach ESG (environmental, social and
governance) -Kriterien.

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Die Wertschöpfung und der Markt des ORF
Wien
Das Wichtigste in Kürze…
Der ORF Wien schafft eine jährliche Wertschöpfung von etwa 10 Mio Euro.
Über die Nachfrage bei Zulieferern und deren Zulieferern ist damit eine
gesamte Wertschöpfung in der Volkswirtschaft von knapp 16 Mio Euro bzw
rund 220 Beschäftigten verbunden.
Mit seinen Dienstleistungen erreicht der ORF Wien trotz enger finanzieller und
personeller Rahmenbedingungen einen TV-Marktanteil von ca 42 Prozent in
Wien und einen Marktanteil von etwa 15 Prozent beim Radio (womit er vor
allen anderen regionalen Radiosendern liegt). Die Webseiten von wien.ORF.at
wurden im Jahr 2012 ca 100 Mio Mal abgerufen.

Ein Unternehmen ist immer Teil einer Wertschöpfungskette. Es bezieht
Leistungen von Zulieferern, reichert diese mit eigener Wertschöpfung an und
gibt das so entstandene Produkt / die Dienstleistung an seine KundInnen weiter.
Die Grafik soll hierfür als erste Veranschaulichung dienen.

Dieser Prozess soll mit seinen volkswirtschaftlichen Auswirkungen im folgenden
Abschnitt für den ORF Wien näher dargestellt werden.

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Input-Output-Statistiken
Im Rahmen der Erstellung von Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen werden
von den nationalen Statistikinstitutionen auch sogenannte Input-Output-
Tabellen publiziert. Diese stellen den volkswirtschaftlichen Kreislauf von Waren
und Dienstleistungen sowie die Generierung von Einkommen im
Produktionsprozess in einem geschlossenen und abgestimmten System dar.

Mit Hilfe dieser Statistiken kann also geschätzt werden, welche Wertschöpfung
in einem Unternehmen selbst (direkter Effekt) und welche Wertschöpfung bei
den Zulieferern dieses Unternehmens und wiederum deren Zulieferern
(indirekter Effekt) generiert wird.

Die zugrundeliegende aktuellste Statistik (Statistik Austria 2012) bezieht sich auf
das Jahr 2008. Es kann aber angenommen werden, dass sich im Aggregat
Produktionsprozesse und dementsprechend Zulieferstrukturen im ORF Wien in
den vergangenen vier Jahren nicht wesentlich geändert haben, um das
Schätzergebnis signifikant zu verändern.

Bei allen über diese Systematik mit dem ORF Wien verbundenen Unternehmen
entstehen durch die Wertschöpfung Einkommen in Form von Löhnen, Gehältern
und Gewinnen. Diese wiederum fließen zu einem großen Teil als
Nachfrageimpuls in die Wirtschaft zurück und lösen damit ihrerseits wieder
Wertschöpfung aus (induzierter Effekt).

Schlussendlich kann somit geschätzt werden, wieviel Wertschöpfung in der
Volkswirtschaft mit der Wertschöpfung im ORF Wien verbunden ist und wie viele
Arbeitsplätze dadurch gesichert werden.
Hinweis: Die hier angewandten Schätzungen sind deutlich gröber als
beispielsweise die Simulation durch das MultiREG Modell von WIFO und
Joanneum Research, das eine regionale Feingliederung erlaubt und auch
steuerliche Effekte berechnen kann. Es sollten die hier dargestellten
Schätzzahlen daher weniger in ihrer absoluten Höhe interpretiert, sondern eher
als Veranschaulichung der Dimensionen verstanden werden.

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Wertschöpfung und Intermediär-Verbrauch beim ORF Wien
Die Wertschöpfung eines Unternehmens setzt sich zusammen aus:

  Löhne und Gehälter
+ Gewinne
+ Steuern
+ Abschreibungen

Im Fall des ORF Wien, der ein Non-Profit-Unternehmen ist, handelt es sich bei
der Wertschöpfung also um Personalkosten, Steuern und Abschreibung.
Im Jahr 2011 betrugt laut Finanzplan die Wertschöpfung des ORF Wien 9,9
Millionen Euro.

Weitere rund sechs Millionen Euro gehen als Nachfrage an die Zulieferer des
ORF (und werden dort ihrerseits wieder wertschöpfungsrelevant).
Abbildung 1 stellt dar, wie sich diese Zulieferer zusammensetzen:

Abbildung 1: Die Zulieferstruktur des ORF Wien

                   10%
                                            Rundfunkveranstaltungsleistungen
        13%                     33%
                                            Informationstechnologie u. -DL

                                            Filmherstellung, -vertrieb, -verleih
       18%                                  Werbung u. Marktforschung

                                            sonstige
                         26%

Quelle: ORF Wien, bzw eigene Berechnungen

Etwa ein Drittel der Zukäufe sind Dienstleister in der Branche
„Rundfunkveranstaltungsleistungen“ – hierunter fallen Programmzukäufe
ebenso wie Tauschgeschäfte von Sendungsinhalten mit anderen Veranstaltern.

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Etwa ein Viertel sind Zukäufe von IKT Dienstleistungen, gefolgt von Leistungen
der Filmherstellung. Rund 13 Prozent sind Leistungen der Werbewirtschaft, der
Rest teilt sich auf sonstige Zulieferer auf.

Um Synergien nutzen zu können, werden dabei im Wege der innerbetrieblichen
Leistungsverrechnung insbesondere für Geräte und Raumkosten insgesamt ca
1,8 Mio Euro an den ORF-Konzern verrechnet – das sind etwa 30 Prozent der
Zulieferkosten.

Schätzt man nun aus diesen Zahlen die Wertschöpfungseffekte des ORF Wien
auf die gesamte Volkswirtschaft, so kommt man zu folgendem Ergebnis:

Zu den rund zehn Mio Euro Wertschöpfung des ORF Wien kommen über
indirekte Effekte (Wertschöpfung bei den Zulieferern und deren Zulieferern) und
über aufgrund gestiegener Konsumnachfrage induzierte Effekte weitere 5,9 Mio
Euro hinzu.
Im Endergebnis sind nach dieser Schätzung in der Volkswirtschaft mit dem ORF
Wien rund 16 Mio Euro an Wertschöpfung und rund 220 Beschäftigte
verbunden.

Der Markt des ORF Wien

Trotz der großen Umwälzungen im Bereich der Neuen Medien ist der Markt für
Fernsehen und Radio nach wie vor sehr groß. Laut Freizeit-Monitor (Zentrum für
Zukunftsforschung 2012) schauen 94 Prozent aller ÖsterreicherInnen über 14
Jahre mindestens einmal die Woche fern, 87 Prozent hören Radio. Beide
Beschäftigungen werden im Übrigen in zunehmendem Ausmaß sekundär
betrieben, also neben anderen Tätigkeiten wie Essen, Telefonieren oder Bügeln.

Der ORF Wien strahlt täglich von 19:00 bis 19:25 Uhr Wien Heute aus – eine vor
allem auf regionale Information ausgerichtete Sendung. Im Jahr 2011 wurden
damit durchschnittlich 151.000 ZuseherInnen im Raum Wien (plus weitere
30.000 ZuseherInnen im Rest Österreichs) erreicht. Im Jahr 2012 gab es eine
leichte Steigerung: im Jahresschnitt waren es 157.000 ZuseherInnen in Wien
und 185.000 österreichweit (Daten aus ORF 2011 und 2012).

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Radio Wien ist ein breitenwirksamer 24-Stunden Regionalsender. Radio Wien
erreicht erreicht täglich rund 340.000 HörerInnen. Damit hat es einen
Marktanteil von ca 15 Prozent. In der Altersgruppe der Über-35jährigen erreicht
Radio Wien laut Radiotest auch im zweiten Halbjahr 2012 wieder einen
Marktanteil von 19 Prozent, damit liegt Radio Wien weit vor den privaten
Mitbewerbern.

Der ORF Wien unterliegt strengen gesetzlichen Bestimmungen durch den
öffentlich-rechtlichen Auftrag und durch das ORF-Gesetz. So darf er zum
Beispiel zeitlich und inhaltlich nur eingeschränkt Werbung zulassen, was auch
beschränkte Einnahmemöglichkeiten aus dem Verkauf von Werbesendezeit
bedeutet. Der Nettoertrag durch Werbung beträgt ca ein Viertel der
Gesamteinnahmen, der Rest muss über Gebühren gedeckt werden.
Auch die Eigenwerbung für den ORF Wien ist eingeschränkt: Cross Promotion ist
weitgehend untersagt. Etwas, das den großen privaten Medienkonzernen sehr
wohl möglich ist.

Ein laufend größer werdender Markt sind die Online-Medien: Laut Integral 2012
benutzen inzwischen 80 Prozent der ÖsterreicherInnen über 14 Jahre das
Internet, 72 Prozent sogar regelmäßig. Integral fragt weiters, welche Tätigkeiten
im Internet in den vergangenen vier Wochen gemacht wurden: 69 Prozent der
Internet-NutzerInnen nennen hier den Zugriff auf Nachrichten und
Informationen.

Die Webseiten von wien.ORF.at wurden im Jahr 2011 ca 90 Mio Mal aufgerufen
(ORF 2011). 2012 wurden rund 100 Mio Page-Impressions gezählt, sowie pro
Tag mehr als 100.000 Unique UserInnen bzw rund 135.000 Visits. Wien Heute
wurde 2010 durchschnittlich 6.475 mal pro Sendung on demand angesehen,
2011 ist diese Zahl um fast 40 Prozent auf 9.400 angestiegen. Von 2011 auf 2012
wurde eine weitere Steigerung von über 20 Prozent auf ca 11.400 Sichtungen
pro Ausgabe verzeichnet, insgesamt wurde Wien Heute damit im Jahr 2012 etwa
4,1 Mio mal on demand angesehen.

Gleichzeitig haben der ORF und auch die Regionalsender strengste Auflagen im
Online-Bereich. Nach Entscheiden der Europäischen Kommission und der
Medienaufsicht werden Online-Auftritte streng auf ihren öffentlich-rechtlichen

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Gehalt und ihren gesellschaftlichen Mehrwert geprüft. Derzeit anhängig beim
Verfassungsgerichtshof ist die Frage, ob für den ORF ein Social-Media Verbot
aufrecht bleiben soll.

Diese Tendenzen einer Beschränkung der Entwicklung in Richtung mehr
Medienkonvergenz erscheinen aus Sicht der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit des
Unternehmens bedenklich. Sie entsprechen auch nicht den Entwicklungen in
anderen Ländern.
So zeigen Deloitte (2011 und 2010) beispielsweise für die BBC, dass die
Wertschöpfung von 2008/09 auf 2009/10 bei den BBC-Online-Medien um 15
Prozent gestiegen ist, während die Steigerungen bei Fernsehen und Radio unter
fünf Prozent lagen.

Auch in der Schweiz werden verstärkt Anstrengungen der öffentlich-rechtlichen
Sendeanstalten in Richtung Medienkonvergenz gelegt, und zwar in jeder
einzelnen Sprachregion (Künzler 2011, 106).

Das wirtschaftliche Risiko dieser Marktbeschränkung kann letztendlich auch zu
einer Bedrohung gerade der ur-eigenen Aufgaben eines öffentlich-rechtlichen
Anbieters führen, wie Künzler 2011 (107f) argumentiert:
   Für öffentlich-rechtliche Anbieter werden […] die Betätigung in neuen
   Medienfeldern eingeschränkt und Beschränkungen auf programmlicher
   Ebene durchgesetzt. […]
   Wird dieser überwiegend einer ökonomischen Ratio gehorchende Weg
   weiterverfolgt, droht eine Verdrängung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
   in eine Nische der Qualität und damit in eine Marginalisierung, die mit dem
   Verlust demokratiepolitischer wie kulturstiftender Relevanz einhergeht und
   damit geradewegs in die Legitimationsfalle führt.

Es ist daher widersinnig, auf der einen Seite die Wandlungsbereitschaft und
Flexibilität öffentlich-rechtlicher Anstalten einzufordern (wie etwa Ladeur 2000,
105) und gleichzeitig die Möglichkeiten dieser Wandlungsbereitschaft zu
begrenzen.

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Katalytische Effekte auf die
Regionalökonomie
Das Wichtigste in Kürze…
Der ORF Wien unterstützt die Volkswirtschaft über zahlreiche
Wirkungskanäle: Die regionale Wirtschaft und hier insbesondere Branchen wie
die Kreativwirtschaft werden gestärkt und damit Innovation, Standort und
Wirtschaftswachstum gefördert. Gesellschaftliche Kohäsion und Stabilität
werden durch die vom ORF Wien wahrgenommene Integrationsfunktion
gestärkt, was wiederum die Wohlstandsentwicklung in der Region begünstigt.
Das für alle verfügbare Informations- und Bildungsangebot mindert
Suchkosten und unterstützt Human- und Sozialkapital sowie
Chancengleichheit in der Volkswirtschaft etc. Und schließlich erfüllt gerade
der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine wichtige demokratische Rolle der
Kritik und Kontrolle, was wiederum wohlstandsfördernd ist. Notwendige
Prämisse zur Erfüllung all dieser Funktionen (und damit Erzielung positiver
wirtschaftlicher Auswirkungen) ist das gelebte Bekenntnis zum
Qualitätsjournalismus.

Medienunternehmen haben über die reine Wertschöpfungskette hinausgehende
ökonomische Effekte, die sich zum Großteil auf ihre Funktionen zurückführen
lassen.
Das Diagramm stellt dabei schematisch diese Wirkungsrichtungen dar, deren
Effekte in diesem Abschnitt näher analysiert werden sollen. Hier wirkt das
Medienunternehmen also gewissermaßen als Hebel, als Ermöglicher bestimmter
wirtschaftlicher und gesellschaftspolitischer Effekte (dies wird in der Ökonomie
mit „katalytischen Effekten“ bezeichnet“).

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Es lassen sich unmittelbar wirtschaftliche Effekte auf zwei Branchen festmachen
– zum einen die Kreativwirtschaft, zum anderen die Freizeitindustrie. Die
weiteren Auswirkungen sind in der hier dargestellten Struktur (in aggregierter
Form) angelehnt an die Funktionen von Massenmedien nach Ronneberger
(1987):

‣   Sozialisation
‣   Unterhaltung / Rekreation
‣   Integration
‣   Information
‣   Forumsfunktion: Herstellen von Öffentlichkeit
‣   Kritik- und Kontrollfunktion

Inwieweit ein Regionalsender wie der ORF Wien diese Funktionen überhaupt
wahrnehmen kann und was die volkswirtschaftliche Relevanz dieser Funktionen
(abseits von medienpolitischen Überlegungen) ist, sei in der Folge näher
dargestellt.

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Auswirkungen auf die Wiener Wirtschaft

Regionale Wiener Wirtschaft
Die regionale Wiener Wirtschaft ist geprägt von kleineren und mittleren
Unternehmen (KMU). 99 Prozent der Unternehmen in Wien sind KMU, sie
generieren zwei Drittel der Beschäftigung in Wien. Gerade für kleinere
Unternehmen sind Werbeausgaben oft recht teuer, der ORF Wien ist damit ein
wichtiger Partner für regionale Betriebe. Denn auf ORF Wien werden in Radio-
und Fernsehbeiträgen regionale Unternehmen porträtiert, ohne Firmennamen zu
erwähnen. Damit profitiert die gesamte Branche von der gesendeten
Information und den damit einhergehenden Umsatzsteigerungen. Die
Unternehmen ersparen sich gleichzeitig Ausgaben für klassische Werbung. Dies
erhöht direkt die regionale Wertschöpfung und hat auch katalytische Effekte auf
den Wirtschaftsstandort: Albert und Reid (2011) zeigen etwa, dass Regionen mit
höheren Werbungsaktivitäten auch höheres Wirtschaftswachstum, stärkeren
Wettbewerb und höhere Innovationskraft aufweisen. Auch wenn die Richtung
dieser Kausalitäten nicht völlig eindeutig definiert werden kann, so bestätigen die
Ergebnisse doch, wie bedeutsam die Partnerschaft des ORF Wien mit den
regionalen Unternehmen für den Wirtschaftsstandort Wien sind.

Aktivitäten des ORF Wien, die als stärkend für die regionale Wiener Wirtschaft
gewertet werden können
- Vorstellung von Produkten regional ansässiger Unternehmen und Porträts
  regionaler Betriebe
- Auf Wien Heute wurden 2012 ca 50 Unternehmensporträts ausgestrahlt, auf
  Radio Wien ca 100 Beiträge zu Wiener Betrieben.
- Fünf Minuten klassische Werbung Radio pro Tag für regionale Unternehmen
- 1,5 Min Regionalwerbung im Fernsehen
- außerdem Möglichkeiten für Sonderwerbeformen (also zB
  Produktplatzierungen und Sponsoring) in Radio und Fernsehen

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Freizeitindustrie und Tourismus
Insbesondere die Wiener Freizeit- und Tourismuswirtschaft profitiert stark von
der Berichterstattung des ORF Wien. Die Veranstaltungs- und Freizeittipps, die
auf Radio Wien und in Wien Heute gesendet werden, sind gerade für die
kleineren regionalen Unternehmen dieser Branche besonders wertvoll, da es
eine günstige Möglichkeit ist, die Wienerinnen und Wiener auf Aktivitäten
aufmerksam zu machen und für Veranstaltungen zu interessieren.

Vor allem Sport- und Kulturveranstaltungen haben bekanntermaßen hohe
Umwegrentabilitäten für Tourismus und Freizeitwirtschaft. Verfügbare
Auswertungen für Großveranstaltungen belegen dies: Für den Opernball 2001
wurde laut Wirtschaftsblatt mit Mehreinnahmen für die Wiener Wirtschaft in
Höhe von etwa sieben Millionen Euro gerechnet. Für den Wien-Marathon 2004
hat der damalige Tourismusdirektor im Jahr 2004 allein die
Nächtigungsausgaben ausländischer TeilnehmerInnen mit 1,8 Mio Euro beziffert.

Es kann vermutet werden, dass diese Umwegrentabilitäten durch Medienarbeit
noch verstärkt werden können. So zeigen etwa internationale Studien, dass eine
attraktive Darstellung von Reisezielen in Filmen und Dokumentationen positive
Effekte auf die Destinationsauswahl haben (siehe etwa Hudson 2011 oder Siehl
2010). Auch dazu trägt der ORF Wien durch die Produktion von national
ausgestrahlten Dokumentationen bei.

Ein weiterer Aspekt betrifft die Bereitstellung von Information für TouristInnen:
So stellt etwa Freytag (2009) fest, dass insbesondere die Neuen Medien eine
bedeutende Auswirkung auf den Städtetourismus hätten – einerseits bereits für
Informationen vor Reiseantritt, andererseits um während des Aufenthalts aktuelle
Informationen über Events und Aktivitätsplanungen zu beziehen.
Dies dürfte im Übrigen ein wichtiges Public Value-Argument für einen stärkeren
Online-Auftritt gerade auch der Regionalsender des ORF sein.

ORF Wien Porträt                                                       Seite 16
Aktivitäten des ORF Wien, die als stärkend für die Wiener Freizeitindustrie und
Tourismuswirtschaft gewertet werden können
- täglich zahlreiche Veranstaltungstipps im Vorhinein in Radio und Fernsehen
- Berichterstattung von Veranstaltungen, in Radio, Fernsehen (und von großen
  Veranstaltungen auch im Internet)
- Berichterstattung von Wiener Großevents, wie zB dem Donauinselfest
- Produktion von rund 15 national ausgestrahlten Dokumentationen pro Jahr
  wie „Der Prater – Die grüne Insel Wiens“ oder „Nationalpark Donauauen –
  Unterwegs zurück zur Wildnis“. Diese Dokumentationen werden auch auf ORF
  III, aber auch auf 3sat und BR Alpha sogar europaweit wiederholt.

Kreativwirtschaft in Wien
Beim Übergang zur Wissensgesellschaft wird Humankapital zunehmend
wichtiger. Dieses umfasst neben Wissen und Bildung auch die kulturellen
Kompetenzen.
Kulturökonomische Untersuchungen (siehe etwa Heilbrun; Gray 2001 oder
Gottschalk 2010) zeigen, dass die Kultur eines Landes auf die Wirtschaft und
deren Entwicklung ähnlich wie Grundlagenforschung wirkt: Bei der Forschung
sind es innovative Impulse, im Bereich der Kultur kreative Impulse, die
Wirtschaftswachstum und Wohlstandssteigerungen auslösen.

Kunst und Kultur stellen auch eindeutig weiche Faktoren bei der Wahl von
Unternehmensstandorten und Arbeitsplätzen dar: Gerade höherqualifizierte
Arbeitskräfte gehen eher in Regionen, wo es auch ein ausreichendes und
vielfältiges Kulturangebot gibt.

Und schließlich ist der Cluster-Effekt der Kreativindustrie zu betonen: So hat
etwa der Wirtschaftsgeograph Henry Overman in Großbritannien 24 Branchen
auf ihren Cluster-Effekt untersucht (wie wirkt sich die Zahl von Unternehmen in
einer Region auf deren Produktivität aus?): Unterschiedliche Branchen haben
unterschiedliche Effekte, die Kreativwirtschaft gehört aber zu jenen Branchen
mit relativ hohen Effekten. Verdoppelt sich die Zahl von Kreativunternehmen in
einer Region, so steigt deren Produktivität um 3,5 Prozent (Overman et al 2009,
79)!

ORF Wien Porträt                                                       Seite 17
Ansässige Medienunternehmen wirken nun als Inkubator (Katalysator) für
derartige Cluster-Bildungen. Dies zeigen auch Studien für die BBC (inklusive
ihrer Regionalsender) und für Kanada (Deloitte and Touche 2011, PwC 2008).
Gerade die öffentlich-rechtlichen Sender erhöhen dabei nicht nur die Anzahl der
Unternehmen, sondern fördern auch deren Vielfalt und Gehaltsfülle aufgrund
von Projekten und Aufträgen auch abseits des Mainstreams (Deloitte and Touche
2011, 93).

In Wien stellt die Kreativindustrie bereits heute einen wichtigen
volkswirtschaftlichen Zweig dar: Nach Berechnungen des WIFO (Falk et al 2004)
sind in Wien 100.000 bis 120.000 Menschen in den so genannten Creative
Industries tätig, mit überdurchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten. Die
Stärke des Wiener Kreativsektors liegt dabei in der Erzeugung von Inhalt –
dessen Verbreitung und der Austausch zwischen den Kulturschaffenden gelten
hingegen noch als ausbaubar (Falk 2004, 5).

Es hat daher in vieler Hinsicht einen Mehrwert, über Kulturaktivitäten zu
informieren, jungen KünstlerInnen Darstellungsmöglichkeiten zu geben und
insgesamt die Kulturkompetenz der Bevölkerung zu erhöhen. Denn die fehlende
Anerkennung durch die Öffentlichkeit und der Mangel an Wertschätzung
können wesentliche Engpassfaktoren im kreativen Wachstumsprozess werden,
zum Schaden der einzelnen KünstlerInnen, aber eben auch zum nachhaltigen
Schaden für Standort, Volkswirtschaft und Lebensqualität (Gottschalk 2006,
163f).

ORF Wien Porträt                                                     Seite 18
Aktivitäten des ORF Wien, die als stärkend für die Wiener Kreativindustrie bzw
fördernd für Kulturbewusstsein in Wien gewertet werden können
- hohe Aufmerksamkeitserzeugung für kulturelle Veranstaltungen aller Art mit
  besonderer Berücksichtigung von Nischenprogrammen und kleineren
  AnbieterInnen
- Plattform für Wiener MusikerInnen, sowohl im Radio als auch bei regelmäßig
  stattfindenden ORF Wien-Club-Konzerten im Radiocafé. Diese Konzerte
  werden auch im Fernsehen, auf W24, live übertragen.
- in Wien Heute im Jahr 2012 ca 370 Minuten Sendezeit zur Vorstellung
  heimischer KünstlerInnen, lokaler Bühnen, Ausstellungen etc
- Dienstleistungsverträge mit Werbe- und Eventfirmen, die nicht nur unmittelbar
  die Zuliefer-Wertschöpfung (siehe erstes Kapitel) stärken, sondern auch über
  den Cluster-Effekt multiplizierend wirken

Sozialisation / Integration

Integration und Schaffung von regionaler Identität wirken verstärkend auf die
gesellschaftliche Kohäsion. Letztere ist nicht nur integrativer Bestandteil des
Wertekatalogs der Europäischen Gemeinschaft, sie hat aufgrund ihrer
stabilisierenden Wirkung auch wesentliche Bedeutung für die wirtschaftliche
Entwicklung einer Region oder eines Landes (siehe etwa Dayton-Johnson 2001).
Die OECD (2003, 5) betont dabei ganz klar, dass Integration und Vielfalt gerade
nicht im Widerspruch zu regionaler Identität stehen:
   On the contrary, cohesion can be achieved in a pluralist society through the
   interaction of different communities that build a bond through the
   recognition of both difference and interdependence. Multi-dimensional
   notions of identity, multiple senses of belonging and attachment often add
   self-confidence and thus stability to social networks. Far from hampering the
   process of integration, they can add a layer of respect and recognition to
   social interaction, thus deepening the cohesion of communities.

Etwas anders formuliert es Küng (2006, 105):
   Im Zeitalter der europäischen Einigung und der voranschreitenden
   Globalisierung erfüllt das Konstrukt der regionalen Identität zwei wichtige
   Funktionen. Es dient einerseits als Fundament für die Ausbildung einer

ORF Wien Porträt                                                         Seite 19
nationalen bzw europäischen Identität, andererseits befriedigt es das
   verstärkte Bedürfnis nach Sicherheit, Stabilität und Vertrauen.

Und schließlich sollte die Rolle von Migration und erfolgreicher Integration (die
sich letztendlich ja auch durch eine Identifizierung mit dem neuen
Lebensabschnitts-Aufenthaltsort manifestiert) auf die Wachstumsfähigkeit und
nachhaltige Absicherung von ansonsten älter und kleiner werdenden
Gesellschaften nicht unterschätzt werden (siehe etwa Bonin 2001 oder speziell
für Österreich Mayr 2004).

Medien, insbesondere die Massenmedien, spielen in diesem Prozess von Aufbau
regionaler Identität und Stärkung von Integration eine wesentliche Rolle: Nach
Ronneberger (1987) geschieht dies durch die direkte Vermittlung von Werten
und Normen und indirekt durch die Erschließung von Verhaltensweisen und
Einstellungen .

Integration findet im Wesentlichen nun einmal durch Kommunikation statt:
   Integration als Konstruktion sozialer Realität vollzieht sich im Wesentlichen
   durch Kommunikation. Da die gesellschaftliche Kommunikation in der
   modernen Gesellschaft sich weitgehend über Medien vollzieht, kommt den
   Massenmedien eine zentrale Funktion für (Integrations-)Diskurse (als
   Vermittler) und auch als soziostruktureller Infrastrukturfaktor zu. Dabei sind
   vor allem die auf Integration verpflichteten Medienorganisationen, wie die
   öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, als zentraler
   Infrastrukturbestandteil der „Mediengesellschaft“ anzusehen, da ihnen die
   Aufgabe obliegt, den gesellschaftlichen Selbstverständigungsprozess
   abzubilden, durch eigene publizistische Leistungen voranzutreiben und auch
   explizit Integrationsdiskurse zu führen (Jarren 2000, 23f).

MedienwissenschafterInnen streichen also vor allem die Rolle von öffentlich-
rechtlichen Medienunternehmen in dieser Integrationsfunktion hervor, wobei
immer darauf zu achten ist, dass diese Integrationsfunktion nicht in eine
Nischenrolle führt:

   Die Erfahrungen mit dem dualen Rundfunksystem in Deutschland zeigen
   deutlich, dass eine reine Marktorganisation nicht nur den ökonomischen und
   publizistischen Wettbewerb noch weiter als bislang einschränken, sondern
   dass ein ausschließlich unter Marktbedingungen agierendes Mediensystem

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auch Defizite hinsichtlich seines Integrationspotenzials aufweisen würde.
   (Jarren 2000, 39)

   Für Public Broadcaster ist es in einem zunehmend fragmentierten
   Medienumfeld nur mit einem breit akzeptierten Programmportfolio über
   unterschiedliche Medienplattformen hinweg möglich, gesellschaftspolitische
   erwünschte Integrationseffekte zu erzielen und nachhaltig kulturelle Identität
   zu schaffen. (Künzler 108)

Regionale Themen stehen bei Regionalsendern per definitionem im Vordergrund
(eine Analyse von Vorarlberg Heute aus dem Jahr 2006 ergab, dass etwa ein
Fünftel der Beiträge bzw mehr als 40 Prozent der Sendezeit als identitätsstiftend
für das Bundesland bewertet werden konnten (Küng 2006, 97) – Analoges ist für
Wien Heute anzunehmen).

Aktivitäten des ORF Wien, die als förderlich für Identitätsschaffung und
Integrationsstärkung gewertet werden können
- Das Thema „Integration“ ist Teil der täglichen Berichterstattung: Einerseits
  werden Menschen mit Migrationshintergrund bewusst in ihrer Wiener
  Lebenswelt, also die Wiener Bevölkerung in all ihrer Vielfalt abgebildet.
- Andererseits ist Integration auch immer wieder ein Schwerpunktthema in allen
  drei Medien. Zum Beispiel die Sendereihe „Vielfalt in Wien“ auf Radio Wien und
  im Internet, der Preis der Wiener Vielfalt, die Integrationswoche in Fernsehen
  und Radio, etc.
- Das wöchentliche „Haber Magazin“ auf OKTO, ein Zusammenschnitt
  ausgewählter „Wien Heute“-Beiträge, durchgängig auf Türkisch anmoderiert
  und untertitelt
- jährlich zwölf Fernsehsendungen in Ungarisch, Tschechisch und Slowakisch

ORF Wien Porträt                                                       Seite 21
Information, Bildung, Bewusstseinsschaffung

Der ökonomische Wert von Information
In einer laufend komplexer werdenden Welt ist verlässliche, rasch abrufbare
Information eines der wichtigsten Güter überhaupt. Es gibt ganze Zweige in der
Ökonomie, die sich mit „Suchkosten“ beschäftigen: Wie viel Zeit geht verloren,
welche Ineffizienzen entstehen, welche volkswirtschaftlichen Kosten werden
durch langwierige Suchprozesse und Fehlinformationen erzeugt? Suchprozesse
gibt es bei vielfältigen wirtschaftlichen Transaktionen: bei
Konsumentscheidungen, bei der Arbeitsplatzsuche, bei der Standortauswahl von
Unternehmen, etc.
Aus ökonomischen Kosten-Nutzen-Analysen (basierend auf Boardman et al
2011) lässt sich schätzen, dass eine Zeitersparnis aufgrund verbesserter
Informationen von nur fünf Minuten in der Woche für alle erwerbstätigen
WienerInnen einen volkswirtschaftlichen Nutzen von ca 19 Mio Euro im Jahr
brächte.

Hinzu kommt der unmittelbar ökonomische Wert von Informationen, die die
Sicherheit erhöhen. In Ausnahmefällen sind das etwa Informationen im
Katastrophenfall, tagtäglich sind es aber zB Verkehrsinformationen.
Bogenberger, Dinkel (2009) zeigen in einer aufwändigen Simulation für
Deutschland, dass FahrerInnen von Stauwarnungen im Sinne einer gesteigerten
Sicherheit profitiert hätten. Ohne dies allzu sehr als harte Evaluationsevidenz für
den Verkehrsfunk werten zu wollen, so lässt sich doch sagen, dass jeder
vermiedene Unfall eine Kosteneinsparung für die Volkswirtschaft darstellt – so
zeigen etwa Boardman et al (2011, 416) in ihren Kosten-Nutzen-Analysen für die
USA, dass selbst ein Unfall mit reinem Sachschaden im Durchschnitt
volkswirtschaftliche Kosten von mehr als 3.000 US-Dollar, ein Unfall mit
leichtesten Verletzungen fast 20.000 US-Dollar verursacht.

Auch der Nutzen von Wetterberichten ist – vor allem im Unwetterfall – evident
und lässt sich auch bewerten (siehe etwa Leveson 2006). Jede/r kennt auch aus
dem Alltag den Nutzen korrekter Wettervorhersagen etwa für das
Freizeitverhalten oder für die Wahl der richtigen Bekleidung (und damit zur
Verhinderung unnötiger Erkrankungen).

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Der ökonomische Wert von Bildung
In entwickelten Volkswirtschaften zählen Bildung und Innovation zu den
wesentlichen Wachstumsfaktoren. Je höher das so genannte „Humankapital“ ist
(also die Menge und vor allem die Qualität der Bildung, die es in der Bevölkerung
gibt), um so stabiler und andauernder ist auch das Wirtschaftswachstum.
Wie hoch der Zusammenhang genau ist, ist von ökonomischem Modell zu
Modell verschieden: Man kann aber davon ausgehen, dass etwa die Hälfte bis zu
zwei Drittel des Wirtschaftswachstums auf Humankapital zurückzuführen sind
(siehe etwa die OECD-Studie von Temple, 2000 bzw die wegweisenden
Arbeiten von Robert Lucas). Und dieser Zusammenhang wird im Zeitablauf
immer bedeutender, je mehr wir uns in Richtung Wissensgesellschaft bewegen.

Eng zusammenhängend mit der Bildungsfrage ist das Innovationsthema: Eine
Bevölkerung, die Lust auf Wissen und Wissenszuwachs hat, ist auch innovativer.
Innovation soll dabei nicht mit Forschung und akademischen Ausbildungen
verwechselt werden, sondern ist auf allen Ausbildungsstufen denkbar und
möglich und beginnt im Grunde mit der angeborenen Neugierde von
Kleinkindern.

Bildung fördert aber nicht nur Wachstum, sie stärkt auch die Beschäftigung –
langfristig haben Bildungsaktivitäten im Vergleich mit anderen Maßnahmen die
höchsten Beschäftigungseffekte (siehe etwa Bock-Schappelwein et al im WIFO-
Weißbuch). Außerdem erhöht Bildung das Sozialkapital, stärkt also das
Gemeinschaftsgefühl in einer Gesellschaft, was wiederum auch
wachstumserhöhend ist. Dies allerdings nur, wenn Bildung allen zugute kommt
und kein Elitenprogramm ist. Gleicher Zugang zu Bildung ist die
Grundvoraussetzung für Chancengleichheit in der Gesellschaft.

Rundfunksendungen, die daher explizit den breitenwirksamen Transport von
Bildung, Innovation und Forschung zum Thema haben, wirken positiv auf die
Bildungsrezipienz und erhöhen (wenn natürlich auch nur marginal) das
Humankapital einer Gesellschaft.

Deloitte (2010, 83) streichen noch einen weiteren, ganz direkten Bildungseffekt
gerade eines öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen heraus: Sie betonen
die hohe Ausbildungsqualität der BBC und stellen fest, dass diese Trainings- und

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Ausbildungsaktivitäten die Produktivität des Mediensektors und damit durch
Trickle-Down Effekte der gesamten Wirtschaft erhöhen. Ebenso weisen sie
(Deloitte 2010, 95) auf nicht zu vernachlässigende Spillover-Effekte im
Qualitätsjournalismus hin: Wenn ein öffentlich-rechtlicher Sender der Qualität
seiner Sendungen einen hohen Stellenwert einräumt, würden auch private
Sender sich diesem Qualitätsanspruch nicht verschließen können (ob diese
Hypothese gerade in Großbritannien wirklich hart evidenzbasiert ist, darf
allerdings bezweifelt werden).

Bewusstseinsbildung in Gesundheits- und Umweltfragen
Medien sind zentrale Einrichtungen der Öffentlichkeit, sie stellen Öffentlichkeit
her und setzen Themen auf die Agenda. Der Transport dieser Inhalte erzeugt
Public Value, Werte für die gesamte Gesellschaft. Dies betrifft etwa Gesundheit
oder Umweltthemen:

Das Wissen über die eigene Gesundheit und über Möglichkeiten eines gesunden
Lebensstils ist ein wesentlicher Faktor, um gesund zu bleiben (vor allem aber
bedarf es natürlich gesunder Lebensbedingungen). Die Vermittlung von
Gesundheitskompetenz erzeugt damit sowohl hohen individuellen als auch
volkswirtschaftlichen Nutzen, da das Gesundheitsversorgungssystem entlastet
wird, Arbeitskraft erhalten bleibt und Lebensqualität insgesamt steigt (siehe
hierzu etwa auch die Rahmengesundheitsziele für Österreich).

Und höheres Umweltbewusstsein schafft nicht nur unmittelbar eine saubere
Umwelt, sondern wirkt ressourcenschonend und daher sowohl in Richtung
ökologischer als auch wirtschaftlicher Nachhaltigkeit – die Literatur hierzu ist
sowohl für den Konsumenten- als auch den unternehmerischen Bereich sehr
umfassend und einhellig.

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Aktivitäten des ORF Wien, die als förderlich für Information, Bildung,
Gesundheits- und Umweltbewusstsein bewertet werden können
- Themenschwerpunkte Wissenschaft und Forschung: zB fünfteilige Serie „MS
  Wissenschaft“ auf Radio Wien
  Beiträge zu Wissenschaft und Forschung in Wien Heute 2012: 60; insgesamt
  160 Sendeminuten
- Kooperationen mit ExpertInnenorganisationen wie der Arbeiterkammer zu
  Arbeitsrechts- und Ausbildungsfragen: zB wöchentlich ExpertInnen auf Radio
  Wien, Trailer zur Notwendigkeit ausgebildeter Arbeitskräfte vor Wien Heute mit
  AMS und WKW Wiener Industrie
  Beiträge zu Ausbildung in Wien Heute 2012: 50; insgesamt ca 100 Minuten
  Sendezeit
- Informationen und Beiträge über Bildungsangebote wie Töchtertag,
  Aktionstage der Museen und Stadtbibliotheken: zB Trailer auf Radio Wien zum
  Tag der offenen Tür des WIFI Wien
- In-house Bildung: Teilnahme am Töchtertag (Teilnahme 2012: 15 Mädchen)
  sowie Angebot von zwölf Praktikumsplätzen pro Jahr
- Gesundheit: 2012 ca 130 Beiträge in Wien Heute zu je etwa 2 Minuten; neben
  regelmäßigen Berichten zum Thema auch Schwerpunkte wie „Bewusst
  gesund“ oder die wöchentliche Serie „Jugend zum Sport“, die 2013
  weitergeführt wird
- stündliche Wettervorhersagen auf Radio Wien, 3 Mio Page-Impressions pro
  Monat auf wetter.orf.at/wien

Demokratische Funktionen: Kritik & Kontrolle

Westlich-kapitalistische Wirtschaften sind eng verbunden mit demokratischen
Regeln. Die ökonomischen Meinungen divergieren dabei, ob mehr Kapitalismus
und Wirtschaftswachstum zu mehr Demokratie führten (wie etwa Barro; Sala-I-
Martin 1995) oder ob Demokratie ihrerseits förderlich für das
Wirtschaftswachstum sei (wie vor allem Acemoglu 2008 ausführt): Diese Frage
berührt aber vor allem Entwicklungsökonomien – soll zuerst in
wirtschaftsfördernde oder zuerst in demokratiefördernde Maßnahmen investiert
werden? In entwickelten Ökonomien gilt der Zusammenhang zwischen

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Demokratie und Wohlstand als erwiesen: Demokratie unterstützt
marktwirtschaftliche Mechanismen, in dem sie klar definierte Eigentumsrechte
mit gemeinschaftlich ausverhandelten Verteilungsregeln kombiniert.

Wesentliche Aufgabe von (heute vor allem öffentlich-rechtlichen) Medien ist es,
kritisch zu informieren und damit objektivierende und kontrollierende („vierte“)
Kraft in einer demokratischen Gesellschaft zu sein. Niklas Luhmann (1996, 174f)
beschreibt Medien daher in gewisser Weise als Unruhefaktor – Medien dienen
dazu,

   die moderne Gesellschaft in ihrem Kommunikationsvollzug endogen unruhig
   einzurichten wie ein Gehirn und sie damit an einer all zu starken Bindung an
   etablierte Strukturen zu hindern.

Medien erbrächten damit

   die Welt- und Gesellschaftsbeschreibungen, an denen sich die moderne
   Gesellschaft innerhalb und außerhalb des Systems ihrer Massenmedien
   orientiert (Luhmann 1996, 175).

Und in der hohen demokratiepolitischen Bedeutung dieser Leistung liegt wohl
auch eine der wesentlichen Legitimationen öffentlich-rechtlicher Medien, da nur
diese die dafür notwendige Objektivität garantieren können:

   Medien als Teil demokratischer Öffentlichkeit erfüllen durch ihre
   Informations-, Bildungs- und Forumsfunktion die für Demokratien zentrale
   Aufgabe der politischen Meinungsbildung. Sie stellen Öffentlichkeit her und
   regen zur politischen Partizipation an, müssen aber durch die Allgemeinheit
   finanziert werden, um nicht von spezifischen Interessen vereinnahmt zu
   werden. (Troxler; Gonser 2011, 213).

Dies wird auch etwa von Jarren (2011, 34) betont, der bei der Vielfalt
privatwirtschaftlicher und neuer Medien das Risiko sieht, dass die
betriebswirtschaftliche Ökonomie den demokratiepolitischen Public Value
überwiegt und damit politische Kriterien vernachlässigt werden. Privatmedien
sind aufgrund der Marktlogik stark nachfrageseitig und individualisierend
ausgerichtet, die notwendige Angebotsorientierung findet sich eher im
öffentlichen Rundfunk:

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So leistet bspw. der öffentliche Rundfunk diese Aufgabe durch seine
   spezifische Marktpräsenz und Organisationsweise, vor allem aber durch den
   Selbstanspruch zu integrieren sowie durch spezifische Programmleistungen
   in Form von Voll- oder Spartenprogrammen (Jarren 2011, 37).

Notwendige Prämisse der Erfüllung eines demokratiepolitischen Auftrags ist das
Bekenntnis zum Qualitätsjournalismus. Auch wenn Qualitätsjournalismus
sicherlich nicht eindeutig zu definieren ist, so kann man gerade in Bezug auf den
Public Value doch einige Kriterien anführen. So ist nach Troxler und Gonser
(2011, 214f) Qualitätsjournalismus nicht nur aus reiner NutzerInnenperspektive,
sondern auch auf systemtheoretischer und demokratieorientierter Ebene zu
bewerten. Sie messen Qualitätsjournalismus daher unter anderem an den
Kriterien Vielfalt, Relevanz, Glaubwürdigkeit und Richtigkeit, Unabhängigkeit,
Kritik bis hin zum regionalen Bezug.

Im Internet finden sich sowohl im englisch- als auch im deutschsprachigen
Raum angesichts der massiven Umwälzungen in der Medienwelt zahlreiche
Beiträge und Blogs, dass Qualitätsjournalismus auch etwas kosten müsse und
dass ein reiner Kostenwettbewerb dem Qualitätsanspruch abträglich wäre (siehe
etwa www.avocado.cc oder barbarakaufmann.wordpress.com oder
johnlrobinson.com) – eine Diskussion, die sicherlich auch in Zukunft noch
weitergeführt werden muss und die für ein Medienunternehmen wie den ORF
von hoher Bedeutung ist.

Aktivitäten des ORF Wien, die als förderlich für demokratische Information
und Kontrolle gewertet werden können
- stündliche Nachrichten auf Radio Wien
- politische Berichterstattung in Wien Heute
- diverse öffentliche Diskussionsveranstaltungen wie zB „Zukunft am
  Wort“ (Kooperation mit der Zeitung „Der Standard“, um Veranstaltungen für
  Jugendliche im Bereich der politischen Bildung zu organisieren) oder die
  „Stadtgespräche“ (gemeinsam mit dem „Kurier“)
- Organisation und Durchführung von Sozial-Kampagnen um den sozialen
  Zusammenhalt zu stärken und einen Beitrag zu Meinungsvielfalt und Toleranz
  zu leisten

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Unterhaltung / Rekreation

Wien Heute und Radio Wien bieten Unterhaltung. Diese kann dazu führen, dass
„wichtigere“ Inhalte einfacher transportiert und übersetzt werden können (womit
sie ihrerseits wiederum als Katalysator wirkt), Unterhaltung kann aber auch
legitimer Selbstzweck sein. Die Reichweiten der regionalen Programme belegen,
dass ihre Inhalte offenbar breitenwirksam sind und gut angenommen werden.

Stressreduktion durch „easy-going“ Musik
Im Sinne von Kosten-Nutzen-Überlegungen ist zu erwähnen, dass Musik an und
für sich nutzenstiftend für die Gesellschaft ist (Wolf; Wolf 2011 beschreiben etwa,
welche gesundheitlichen Effekte Musik, bei der „man sich wohl fühlt“, hat). Musik
der 70er und 80er Jahre, wie sie vorrangig auf Radio Wien gespielt wird, wird
von MusikpsychologInnen allgemein als "fröhlicher" kategorisiert als etwa die
Pop-Musik der 2000er Jahre (Schellenberg; von Scheve 2012). Die Vermutung
liegt nahe, dass diese "gute Stimmung" stressreduzierend wirkt – und damit
volkswirtschaftlichen Nutzen hat (zu den volkswirtschaftlichen Kosten von Stress
siehe etwa Schug 2005). Eine nicht-wissenschaftliche persönliche Umfrage bei
einzelnen Wiener Taxifahrern deutet zumindest in diese Richtung: Sender wie
„Radio Wien“ werden gehört, weil sie „gute Stimmung“ machen und den Stress
abbauen helfen.

Sportberichterstattung
Fixer Bestandteil von regionalen Fernseh- und Radiosendern ist die
Sportberichterstattung. Auch diese dient der Unterhaltung, stärkt aber
selbstverständlich auch die regionale Identität und führt im Idealfall dazu, Lust
auf Sport zu machen, was wiederum gesundheitliche Effekte hätte.

Die Sport-Ökonomie ist darüber hinaus aber auch (ähnlich wie die
Freizeitindustrie) ein wichtiger Wirtschaftszweig. Österreich insgesamt ist Netto-
Exporteur in dieser Branche (Europäische Kommission 2011).

Sport hat dabei gerade auch für die regionalen Wirtschaftsräume eine hohe
Bedeutung, wie das Weißbuch der Europäischen Kommission betont
(Europäische Kommission 2007, 10).

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It can serve as a tool for local and regional development, urban regeneration
   or rural development. Sport has synergies with tourism and can stimulate the
   upgrading of infrastructure and the emergence of new partnerships for
   financing sport and leisure facilities.

Medien gehören zu jenen Branchen, die eng mit der Sportbranche verbunden
sind – sie beziehen aus der Sportwelt wesentlichen Content, durch dessen
Verbreitung sorgen sie aber ihrerseits wiederum für die Stärkung der
Sportbranche (SportEconAustria 2012).

Aktivitäten des ORF Wien im Bereich der Unterhaltung und Rekreation
- Musikprogramme auf Radio Wien: zwischen 19 und 20 Stunden Musik pro Tag
- Berichterstattung von allen größeren Sport-Events national (Formel I,
  Schirennen, Bundesliga), vor allem aber regional: Regionaler Fußball,
  Eishockey, Handball, Football, Volleyball sowie über alle weiteren Ereignisse,
  bei denen Wiener Vereine/SportlerInnen dabei sind. Nach ORF Wien-internen
  Schätzungen werden so übers Jahr etwa 30 verschiedene Sportarten
  gefeatured.

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Nicht-finanzielle Indikatoren im ORF Wien

Das Wichtigste in Kürze…
Die Nachhaltigkeit des Wirtschaftens von Unternehmen kann im Rahmen von
Kriterien von nicht-finanziellen „Environmental, Social and Governance-
Issues“ analysiert werden. Diese sind jedoch nicht „nur“ Selbstzweck, sondern
spielen für den ökonomischen Erfolg eines Unternehmens eine wichtige Rolle:

Der ORF Wien weist eine niedrige Fluktuation der ArbeitnehmerInnen auf,
gleichzeitig unterstützt eine relativ junge Altersstruktur der Belegschaft das
Innovationspotenzial des Unternehmens.

Diversität (sowohl in Gender- als auch in sprachlich-kultureller Hinsicht) wird
einerseits innerbetrieblich gelebt und stärkt damit Flexibilität und Chancen im
Wettbewerb. Andererseits wird auch in den gesendeten Inhalten stark auf
Diversität geachtet, womit breitere KundInnengruppen erreicht werden und
die KundInnenbindung mit dem Unternehmen gestärkt wird.

Ressourceneffizienz bei der Produktion von Sendungen und Beiträgen sowie
Innovationstätigkeit unterstützen neben betrieblicher Kostenminimierung
auch Ressourcenschonung auf volkswirtschaftlicher Ebene.
Darüber hinaus ist die Governance im ORF mit mittelbarer demokratischer
Kontrolle und als eines der meistgeprüften Unternehmen Österreichs
besonders transparent.

Integriertes Berichtswesen zur Darstellung der
wirtschaftlich nachhaltigen Entwicklung

Im Zuge der Wirtschaftskrise dürfte es beim Thema Nachhaltigkeit zu einem
generellen Umdenken gekommen sein: Sie wird nun auch bei Investoren
„fashionable“ – nur läuft sie nicht mehr unter dem CSR-Label, sondern heißt
heute ESG: „Environmental, Social and Governance-Issues“. Institutionelle

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Investoren dürften immer mehr erkennen, dass langfristige Ziele des
Managements notwendig sind und dass das nachhaltige Gedeihen eines
Unternehmens von mehr Faktoren als nur dem kurzfristigen Profit abhängt.

Beispiele hierfür wären im Umweltbereich die Ressourceneffizienz: In Zeiten
steigender Rohstoffpreise ist es nicht nur aus Umweltüberlegungen sinnvoll,
möglichst sparsam mit Ressourcen umzugehen. Im Sozialbereich seien
innerbetriebliche Förderungs- und Weiterbildungsmaßnahmen genannt – sie
erhöhen die Motivation und verringern eine (oft sehr teure)
Arbeitskräftefluktuation. Sozialaktivitäten für die Gesellschaft wiederum erhöhen
die Markenbindung. Und schließlich dient eine Verbesserung der Governance
nicht nur der Imagepflege, sondern vermeidet „Leichen im Keller“ und teure
Reputationsverluste.

Auf Europäischer Ebene wird zunehmend mehr über ein integriertes
Berichtswesen diskutiert, das genau diese Logik repräsentiert: Nachhaltigkeit ist
kein Selbstzweck, sondern wirkt sich positiv in der Bilanz aus. Finanzanalysten
betrachten daher eine ausgewählte Anzahl von nicht-finanziellen ESG-

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Indikatoren, um zukünftige Unternehmensrisken besser abschätzen und
überlegene Businessmodelle identifizieren zu können.

Laut KPMG (2011) erstellen praktisch alle (95 Prozent) der größten Unternehmen
weltweit Corporate Responsibility Berichte. Ein Viertel dieser Berichte sind
bereits integrierte Berichte – in der Medienbranche sind es sogar drei Viertel
aller Berichte!
Die Motive dafür sind vor allem Reputationsfragen (67 Prozent) und ethische
Überlegungen (58 Prozent), aber auch die MitarbeiterInnenmotivation (44
Prozent) und das bessere Risikomanagement (35 Prozent).
Fast die Hälfte der befragten Unternehmen sieht neben diesen Motiven auch den
finanziellen Wert der Berücksichtigung dieser nicht-finanziellen Indikatoren über
erhöhte Umsätze bzw niedrigere Kosten.

Die folgende Tabelle stellt eine Auflistung jener Indikatoren dar, die die
Vereinigung der Europäischen Finanzanalysten (EFFAS) als wesentlich in der
Beurteilung der nicht-finanziellen Performance für Medienunternehmen sieht.
Es ist klar ersichtlich, dass nicht alle der Indikatoren relevant für den ORF Wien
sind – zum einen deswegen nicht, da der ORF Wien kaum internationale
Verbindungen hat, zum anderen deswegen, weil es bei einigen der Indikatoren
sinnvoller wäre, diese auf Konzern- als auf Regionalebene zu beurteilen. Dies ist
in der rechten Spalte der Tabelle eingezeichnet – auf die verbleibende Anzahl
von Indikatoren wird in der anschließenden Analyse näher eingegangen.

ORF Wien Porträt                                                         Seite 32
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