FUTURE LIVING MODERNE LEBENSWELTEN FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT - DOWNAGING - ZUKUNFTSINSTITUT

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FUTURE LIVING MODERNE LEBENSWELTEN FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT - DOWNAGING - ZUKUNFTSINSTITUT
fUTURe LIvInG
        Moderne Lebenswelten für das 21. Jahrhundert

                                                                          Downaging

                                                          Cottage-Trend

                                                Connectivity

Multigrafie

              Küche to go                       High-Touch

                                  Simplexity

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Zukunftsinstitut :: Future Living

Impressum

Herausgeber
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Carl-Wery-Str. 34
81739 München
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Fax: +49 89 4590-2347
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Redaktion
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www.zukunftsinstitut.de

Autoren
Cornelia Kelber, Thomas Huber, Christian Rauch

Projektleitung
Thomas Huber

Grafik-Design
Ksenia Pogorelova

Cover-Foto
Flickr, Michael Davis-Burchat, CC BY ND

© Siemens-Electrogeräte GmbH, 2013
Alle Rechte vorbehalten.
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Inhalt

3    Vorwort

4    Einleitung

8    Speed:
     Küche to go

18   Simplexity:
     besser – einfach – besser

28   Connectivity:
     Der Haushalt als Netzwerk

38   Fazit:
     Das Zuhause der Zukunft

40   Methodisches Vorgehen
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Vorwort

Mit den modernen Lebenswelten                Der Trendreport zeigt: Der gesell-
beschäftigen wir uns stark mit Trends,       schaftliche Wandel ist längst in unseren
die den Menschen in seinem Alltag be-        eigenen vier Wänden angekommen.
einflussen. Um besser zu verstehen, wie      Megatrends wie Individualisierung,
sich unser Wohnumfeld im 21. Jahrhun-        demografische Veränderungen und
dert verändert, hat die Siemens-Electro-     neue Geschlechterrollen prägen
geräte GmbH das Zukunftsinstitut             zunehmend das Zusammenleben. Mit
damit beauftragt herauszufinden, wie         den Haushalten, Wohnformen und
sich Menschen ihr Zuhause von morgen         Lebensmustern verändert sich auch die
vorstellen. Siemens möchte die Zukunft       Hausarbeit. In modernen Lebenswelten
aktiv gestalten und den Menschen             kommt es verstärkt darauf an, den
innovative Lösungen für den Haushalt         Ansprüchen des Alltags mit Schnellig-
bieten. Denn moderne Technik spielt          keit und Effizienz, aber auch mit Kom-
in unserem Leben heute eine so große         fort, hoher Qualität und ästhetischem
Rolle wie nie zuvor. Welche Bedeutung        Gespür zu begegnen.
die Technik in Zukunft für den Alltag
der Menschen haben wird, welchen             Insofern können Hausgerätehersteller
Platz sie in ihren Wohnungen und Häu-        diesen gesellschaftlichen Wandel sinn-
sern einnehmen wird, darüber gehen           voll begleiten – mit dem Ziel, die Lebens-
die Meinungen auseinander. In einem          qualität zu steigern. Mit Innovation und
Punkt allerdings sind sich alle einig: Das   Weitblick will die Siemens-Electrogeräte
Future Home wird „smart“ sein. Aber          GmbH nicht nur ein Teil dieser mo-
was bedeutet das genau? Wie werden           dernen Lebenswelten sein. Wir wollen
wir in Zukunft leben? Diesen Fragen          sie auch maßgeblich mitgestalten.
gehen wir im vorliegenden Trendreport
nach. Dabei schauen wir gewisser-
maßen hinter die Fassade und be-
leuchten drei wesentliche Aspekte, die       Einen spannenden Blick in die Zukunft
moderne Lebenswelten auszeichnen:            wünscht Ihnen

Speed – unser Alltag verdichtet sich.
Wie können Hausgeräte helfen, einen
beschleunigten Lebenswandel zu
erleichtern?

Simplexity – High-Tech trifft High-
Touch. In die Usability moderner
Geräte wird künftig mindestens so viel
Forschungsarbeit fließen wie in die
Technik selbst.

Connectivity – die Zukunft ist vernetzt.
Vernetzung geht jedoch weit über die
Digitalisierung hinaus, sie findet nicht                                   Roland Hagenbucher
nur auf technischer, sondern vor allem                                     Geschäftsführer
auf sozialer Ebene statt.                                                  Siemens-Electrogeräte GmbH

                                                                                                        3
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These 1

Die Menschen werden immer
älter, aber auch später alt.
Die Best Ager werden
auch als Konsumenten immer
interessanter.

                               Die Macht der Megatrends                   gesellschaftsprägendes neues Altersver-
                                                                          ständnis: Ältere Menschen haben ein
                               Megatrends muss man nicht „voraus-         grundsätzlich neues Lebensgefühl und
                               sagen“, denn sie sind schon da. Sie sind   empfinden sich um Jahre jünger und vi-
                               die Tiefenströmungen des Wandels. Als      taler als vergleichbare Vorgenerationen.
                               Entwicklungskonstanten der globalen        Kein Wunder, vergleicht man den
                               Gesellschaft umfassen sie Jahrzehnte,      Gesundheitszustand: 60- bis 69-Jährige
                               wirken in jedem einzelnen Menschen         sind heute gesünder als 50- bis 59-Jäh-
                               und umfassen alle Ebenen der Gesell-       rige vor einem Jahrzehnt. Noch nie war
                               schaft: Wirtschaft und Politik ebenso      daher die Lücke zwischen tatsächlichem
                               wie Wissenschaft, Technik und Kultur.      und gefühltem Alter so groß. Beinah die
                               Wenn wir sie richtig verstehen, können     Hälfte der Älteren fühlt sich jünger, als
                               sie helfen, Zukunft nicht nur zu erah-     sie ist. Über dieses „Downaging“ lösen
                               nen, sondern zu gestalten.                 sich die traditionellen Rollenbilder der
                                                                          früheren „Senioren“.

                               Die Katastrophe bleibt aus                 Das Thema Alterung bestimmt in
                                                                          zunehmender Dringlichkeit die Diskus-
                               Die Lebenserwartung steigt auf der         sionen rund um Rentensysteme, Pflege
                               ganzen Welt. Wir nennen das den            und Lebensarbeitszeiten. Allein in
                               Megatrend Silver Society. Wir alle         Deutschland gibt es Dutzende von Kom-
                               werden aber nicht nur älter, sondern       missionen, Programmen und öffentlich
                               altern auch anders – wir werden viel       geförderten Initiativen. Der Fokus hat
                               später alt. Statt sich in den Ruhestand    sich dabei in den vergangenen Jahren
                               zu begeben, nehmen ältere Menschen         deutlich verschoben. Ging es zunächst
                               heute selbstverständlich über weiteres     darum, eine „Katastrophe“ für beste-
                               Erwerbsleben, Ehrenamt oder ein Uni-       hende Systeme abzuwenden, etwa
                               versitätsstudium am Gesellschaftsleben     durch Erweiterung der Rente um den
                               teil. Je älter man wird, desto jünger      „demographischen Faktor“, wird mitt-
                               fühlt man sich. Diese auf den ersten       lerweile klar, dass sich vor allem unser
                               Blick paradoxe Aussage beschreibt ein      „Bild vom Alter“ ändern wird. „Alt-Sein“

4
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Einleitung

an einen kalendarischen Moment zu           Produkte und Leistungen für ältere
koppeln wird immer weniger sinnvoll.        Menschen eröffnen große Wachstums-
Gleich ob Arbeitsumfeld, Gesunder-          chancen.
haltung, Lebens- oder Konsumstil der
Älteren – die Gesellschaft steht vor der
Aufgabe, Vielfalt und Unterschiedlich-      Die Pflicht zur Selbstverwirklichung
keit als kulturellen Normalzustand zu
verinnerlichen. Auch das Alter wird         Ausbildung, Arbeit, Heirat, Kinder,
künftig zum Einzelfall.                     Ruhestand, Tod? Die neuen Biografien
                                            kennen nicht mehr nur einen Weg.
Diese Individualität bedeutet höheren       Sie verlaufen entlang neuer Brüche,
Aufwand, doch die Zukunftspotenziale        über Umwege und Neuanfänge. Sie
sind enorm. Das gegenwärtige Bild vom       sind zu „Multigrafien“ geworden. Und
Alter als einer Zeit, in der man sich       in einer Gesellschaft, die uns immer
ausschließlich „ausruht“ und „erholt“,      mehr individuelle Freiheiten gibt, uns
ist historisch begründet, inhaltlich aber   aber auch immer stärker unter Ent-
nicht mehr sinnvoll. Ältere Menschen        scheidungsdruck setzt, verändern sich
sind heute wohlhabender und gebil-          Werte – und mit ihnen die Wirtschaft,
deter als noch vor wenigen Jahrzehnten      in der sich eine Do-It-Yourself-Kultur
– und wissen um ihre hohe Lebenser-         und Nischenmärkte etablieren. Diese
wartung. Die besten Jahre haben die         Entwicklung ist auf der ganzen Welt zu
meisten älteren Menschen noch vor           beobachten. Sie ist so grundlegend, dass
sich. Deshalb sprechen wir auch von         wir davon ausgehen, dass sie noch viele
den „Best Agern“.                           Jahre anhalten wird.

                                            Individualisierung ist ein Megatrend.
Ein enormer                                 Wir leben in einer Gesellschaft, die der
Nachfrageschub kommt                        Schweizer Soziologe Peter Gross als
                                            „Multioptionsgesellschaft“ bezeichnet.
Mitglieder der heutigen Generation 50       In jeder Lebensphase stehen uns heute
plus sind konsumgewohnt, technolo-          so viele Türen offen wie nie zuvor. Das
gisch beschlagen und kaufkräftig. Das       bedeutet aber auch, dass so viele Ent-
unterscheidet sie wesentlich von frü-       scheidungen wie nie zuvor getroffen
heren Generationen. Ältere Menschen         werden müssen. Wie wir leben, welchen
sind die einzige wachsende Konsumen-        Beruf wir ergreifen – all das muss heute
tengruppe in den entwickelten Ländern.      jeder für sich selber entscheiden. Früher

These 2

Die Suche nach individueller Entfaltung wird wichtiger
als allgemeinverbindliche Normen. Die „Multigrafie“
tritt an die Stelle des Standard-Lebenslaufs.

                                                                                                5
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                               dominierten Zwänge: Als Sohn eines          beruflich wie privat gehen möchte.
                               Metzgers wurde man ebenfalls Metzger.       Dann beginnt – in der Regel mit Ende 20
                               Heute ist die Freiheit der einzige Zwang.   – die „Rush Hour des Lebens“. Sie endet
                               Die Möglichkeit zur Selbstverwirkli-        mit Beginn der Fünfziger, wenn die
                               chung ist zugleich Verpflichtung zur        Kinder aus dem Haus sind, gefolgt vom
                               Selbstverwirklichung.                       „Zweiten Aufbruch“: Menschen um die
                                                                           50 starten oft beruflich oder privat noch
                                                                           einmal neu durch.
                               Von der Biografie zur Multigrafie

                               Bis in die 1970er-Jahre lebten die          Individualisierung
                               meisten Menschen gemäß einer drei-          führt zu neuen Wohnmodellen
                               teiligen „Normal-Biografie“: Kindheit
                               und Jugend (als Ausbildungszeit),           Lebensabschnittsgefährten anstelle
                               Berufstätigkeit und Familienzeit (als       lebenslanger Partnerschaft, Patchwork-
                               Reproduktionsphase) sowie Ruhestand.        Familien, Zweit- oder Dritthochzeiten
                               Ein linearer, stufenmäßiger Ablauf. Die     sind schon lange kein Tabu mehr.
                               neue Lebensphase begann, wenn die           Immer mehr Menschen lösen ihre
                               andere abgeschlossen war. Die Rollen-       Ehen und versuchen, mit neuen Part-
                               verteilung innerhalb der Familie war        nern sich wandelnden persönlichen
                               klar, der Mann „verdiente die Brötchen“,    Lebensvorstellungen gerecht zu
                               die Frau kümmerte sich um Kinder und        werden. Patchwork-Familien werden
                               Heim.                                       „zusammengeflickt“.

                               Diese vorgegebenen Lebensmodelle            Auf Lebenszeit sind diese Bindungen
                               sind passé: An die Stelle der „Biografie“   selten, so dass man inzwischen von
                               rückt die „Multigrafie“. Zwischen           Phasenfamilien spricht. Individualisie-
                               Jugend- und Erwachsenenphase schiebt        rung und multigrafische Lebensmodelle
                               sich die Postadoleszenz, eine Zeit des      führen zu mehr Wechsel auch in den
                               Ausprobierens und der Selbstfindung,        Haushalten – und werden als entschei-
                               in der man sich über die ungefähre          dender Faktor zu einer Neuformierung
                               Richtung bewusst wird, in die man           des Wohnens der Zukunft beitragen.

These 3

Die Emanzipation der Frauen
verändert die Rollenverteilung
in den Familien. Damit
werden Männer als Zielgruppe
für Hausgeräte wichtiger.

6
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Einleitung

Haushalt ist heute anders                   Freunden oder Online-Tutorials. Wenn
                                            mit Anfang 30 die Zeit gekommen ist,
Was wir den Megatrend „Female Shift“        mit dem Partner eine gemeinsame
nennen, betrifft Männer wie Frauen          Wohnung zu beziehen, haben Frauen
gleichermaßen. Die Auflösung traditio-      und Männer längst eigene Vorstel-
neller Geschlechterrollen von Männern       lungen und Empfindlichkeiten, was die
und Frauen bringt massive Umbrüche          Haushaltsführung angeht.
und große Chancen mit sich. Frauen
streben verstärkt nach Unabhängig-
keit, Mobilität und Berufstätigkeit,        Frauen im Job, Männer bei der Deko
während Männer Familienzeit einfor-
dern. Neue Männer und Frauen finden         Viele Frauen finden inzwischen selbst-
ihre Lebensbalance in beruflicher           verständlich Selbstverwirklichung
Verwirklichung und in Beziehungs-           im Beruf. Gut ausgebildete Frauen
und Familienmodellen abseits der alten      stellen für Unternehmen und Volks-
Vater-Mutter-Kind-Konstellation.            wirtschaften ein enormes Kapital dar,
                                            dessen Wert im Zuge des Aufstiegs der
In Deutschland finden sich inzwischen       Kreativ-Ökonomie noch wachsen wird.
über 40 Prozent Einpersonenhaushalte.
Das sind aber keineswegs nur Sin-           Für Männer bedeutet das, dass sie
gles. „Living apart together“ wird für      bei der Arbeit für die Familie mehr
immer mehr Paare zur Devise, die zwar       anpacken müssen. Markus Theunert,
zusammen sind – aber in getrennten          ehemaliger Männerbeauftragter des
Wohnungen leben, oft auch beruflich         Schweizer Kantons Zürich, bringt das
bedingt. Laut einer IfD-Analyse lebt        Dilemma auf den Punkt: „90 Prozent der
jedes achte bis neunte Paar in Deutsch-     Männer im Kanton St. Gallen äußern
land getrennt, vor allem junge Paare        den Wunsch, Teilzeit zu arbeiten, auch
(43 Prozent der 16- bis 29-Jährigen).1      um mehr für die Familie da zu sein. Aber
Geheiratet wird immer später, wenn          nur 13,4 Prozent tun es. Es gibt einen
überhaupt: Laut Statistischem Bun-          enormen Graben zwischen Wunsch und
desamt lag im Jahr 1970 der Anteil          Wirklichkeit.“2
verheirateter Frauen unter 30 Jahren
noch bei 43 Prozent, heute sind es nur      Egal ob im Beruf oder im Privatleben,
noch 11 Prozent. Seit 1990 ist der Anteil   zunehmend müssen sich Männer an
um zwei Drittel gesunken.                   „soften“, ehemals „weiblichen“ Kriterien
                                            messen lassen, um ihre Attraktivität
Direkt vom Haushalt der Eltern ins          unter Beweis zu stellen. Nach einer
eheliche Heim zu ziehen ist für junge       repräsentativen Umfrage der Messe
Menschen zur Ausnahme geworden.             Frankfurt steigt die Attraktivität von
Die meisten leben während der Post-         Männern signifikant an, wenn sie beim
adoleszenz allein oder in einer Wohn-       Einrichten einen „guten Geschmack“
gemeinschaft – und entwickeln in            zeigen.3
dieser Zeit einen eigenen Stil der Woh-
nungseinrichtung und Haushaltsfüh-
rung. Wie schneide ich eine Zwiebel?        1
                                                Institut für Demoskopie Allensbach: Partnerschaft 2012.
Wie entferne ich die Kalkflecken vom            Zwischen Herz und Verstand. 2012
Wasserhahn? Was Frauen früher am
                                            2
                                                Interview in: brand eins, 9/2012, S. 95
mütterlichen Herd lernten und Männer
gar nicht, lernen beide Geschlechter        3
                                                Zukunftsinstitut/Messe Frankfurt: Management Report
jetzt „by doing“. Von Mitbewohnern,             Female Shift. 2013

                                                                                                                  7
FUTURE LIVING MODERNE LEBENSWELTEN FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT - DOWNAGING - ZUKUNFTSINSTITUT
FUTURE LIVING MODERNE LEBENSWELTEN FÜR DAS 21. JAHRHUNDERT - DOWNAGING - ZUKUNFTSINSTITUT
Speed
KÜCHE TO GO
Zukunftsinstitut :: Future Living

These 4

Künftiges Zeitmanagement in modernen Lebens-
welten verbindet Flexibilität und Entschleunigung.

                               Megatrend Mobilität                       Antriebsformen, sondern auch um
                                                                         Nachhaltigkeit, neue Energie-Infra-
                               Die weltweite Entwicklung ist offen-      strukturen, vernetzte Städte, mobiles
                               sichtlich: mehr Verkehr, mehr Güter,      Arbeiten und smarte Haushalte. Fest
                               mehr Austausch, mehr Daten, mehr          steht: Unser modernen Lebenswelten
                               Jobmobilität. Die 24/7-Nonstop-Kultur     fußen auch künftig auf individuali-
                               des Internetzeitalters und des Mobile     sierter, freier und globaler Mobilität.
                               Commerce sprengt zudem die her-           Doch in den nächsten Jahren werden
                               kömmlichen Dimensionen von Zeit und       wir erleben, wie sich die Grundkoor-
                               Raum. Was vor uns liegt, ist der Beginn   dinaten des mobilen Lebensstils neu
                               eines neuen, multimobilen Zeitalters.     ausrichten. Mobilität verändert immer
                                                                         mehr Bereiche unseres Alltags und
                               Wenn heute von der Zukunft der            unserer Jobrealität.
                               Mobilität die Rede ist, geht es nicht
                               länger nur um räumliche Fortbewe-         Über diese Dynamik betrifft Mobilität
                               gung, Verkehrsmittel und postfossile      nicht mehr nur Automobilhersteller,
                                                                         Verkehrsbetriebe, Logistiker und
                                                                         Verkehrsplaner, sondern nahezu alle
                                                                         Branchen und Märkte. Ob globale Ver-
                                                                         netzung, Elektromobilität oder mobiles
                                                                         Internet – rund um den Konsum von
                                                                         Mobilität entstehen völlig neue Wachs-
                                                                         tumsmärkte, Innovationsfelder und
                                                                         Nachfrageimpulse.

                                                                         Der schwierigste Tag im Leben: Alltag

                                                                         Alltag findet für immer mehr Menschen
                                                                         künftig im Dazwischen statt. Beim
                                                                         täglichen Ortswechsel zwischen Woh-
                                                                         nung, Arbeitsplatz und „Third Places“
                                                                         wie Shopping Malls, Parkanlagen oder
                                                                         Verkehrsknotenpunkten; über Urlaubs-
                                                                         und Geschäftsreisen bis hin zum jobbe-
                                                                         dingten Umzug. Wer so viel unterwegs
                                                                         ist, hat keine Zeit, sich stundenlang mit

10
Speed: Küche to go

der sachgemäßen Reinigung seiner Fein-       Lebensmittelallergiker sein werden)
wäsche zu beschäftigen. Bei genauerem        erfordern strenge Organisation.
Hinsehen stellt sich allerdings die Frage,   Das eigentliche Problem sind die
ob dabei wirklich die fehlende Zeit das      Entscheidungen, die vorab getroffen, die
Problem ist oder nicht eher die fehlende     Pläne, die gemacht werden müssen. Sie
Planbarkeit des Lebens insgesamt.            sind der wirkliche Stressfaktor heutiger
                                             Hausarbeit. Wer also unterstützen will,
                                             muss an der Planung ansetzen.
Wir leben zunehmend in einer Ad-hoc-
Gesellschaft. Der Megatrend Mobilität
macht aus sesshaften Bürgern gewisser-       Warten als Beschleunigungsansatz
maßen wieder nomadische Jäger und
Sammler. Sesshafte können im Gegen-          Der mobile Lebensstil der Zukunft
satz zu Nomaden langwierige, komplexe        zwischen Wohnung, Arbeitsplatz und
Prozesse durchführen, die einen pla-         „dritten Orten“ wird durch die Erhöhung
nerischen, schritthaften Projektablauf       der Wegezahlen und Anschlüsse zu-
erfordern.                                   nehmend „Restzeiten“ mit sich bringen:
                                             Wartezeiten an der Straßenbahnhalte-
Das moderne Leben hat jedoch kaum            stelle, an der Supermarktkasse, im Stau
noch Entsprechungen zur Langwie-             oder in der Arztpraxis. Sie werden zur
rigkeit und Komplexität von Aussaat          unvermeidbaren Begleiterscheinung
und Ernte, Aufzucht und Schlachtung          des multimobilen Lebensstils. Seit der
– alles muss schnell gehen und passiert      rasanten Verbreitung von Smartphones
gleichzeitig. In vielerlei Hinsicht ein      wird nun ein neues Verhalten gelernt,
Problem des modernen Nomaden: Denn           um diese kleinen Zeitinseln zu nutzen:
das Versiegeln eines neuen Parkettbo-        SMS schreiben, eine Runde Sudoku
dens oder ein mehrgängiges Menü für          spielen oder einen interessanten
eine Gruppe von Gästen (unter denen          Zeitungsartikel endlich durchlesen.
natürlich auch Vegetarier, Veganer und       Über das Smartphone lassen sich

                                                                                                       11
Zukunftsinstitut :: Future Living

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                                                                          Kurznachrichten-Schreiber mit 39 Pro-
                                                                          zent fast doppelt so hoch. Ähnlich sieht
                                                                          es bei den Games aus, mit denen sich
                                                                          36 Prozent der 25- bis 34-Jährigen die
                                                                          Zeit vertreiben würden. Nur 10 Prozent
                                                                          der über 55-Jährigen würden ihre Zeit
                                                                          mit dem Tippen von SMS verbringen.

                                                                          Restzeit wird Planungszeit

                                                                          Gerade für die lästige Planung, das
                                                                          „Dran-denken“ in der Organisation der
                                                                          Hausarbeit, sind die Restzeit-Inseln prä-
                                                                          destiniert: Über Smartphone-Apps kann
                                                                          die Einkaufsliste ergänzt (30 Prozent)
                                                                          oder können Pläne geschmiedet werden
                                                                          (47 Prozent). Mit dem Internet der Dinge
                                                                          werden jedoch noch viele Aufgaben
                                                                          mehr auf diese Zeit-Inseln verbannt
                               unvermeidliche Restzeiten des mobilen      werden, indem per Smartphone die
                               Zeitgenossen wieder sinnvoll nutzen.       Markise ausgefahren und die Heizung
                                                                          ausgeschaltet wird.
                               In unserer Umfrage haben wir gefragt,
                               wie die Menschen mit solchen Restzeiten    Für den, der sich die Zeit ohnehin
                               umgehen. Was tun, wenn in der Woh-         mit SMS-Schreiben vertreibt, ist die
                               nung unerwartet 15 Minuten mehr Zeit       Hemmschwelle gering, auch dem
                               zur Verfügung stehen? Auf Platz eins       Zimmerpflanzen-Bewässerungssystem
                               landet die Antwort: „Im Internet surfen“   bei dieser Gelegenheit eine Nachricht
                               mit durchschnittlich 62 Prozent, gefolgt   zu schicken. Das Internet der Dinge,
                               vom Nichtstun mit 58 Prozent. Auch         das mobile Haushaltsführung möglich
                               Musikhören steht hoch im Kurs mit          macht, setzt so auf das bereits gelernte
                               56 Prozent, kurz vor dem Konsum von        Verhalten der Digital Natives.
                               Genussmitteln (55 Prozent). Arbeiten im
                               Haushalt landet eher im Mittelfeld mit     Der Verdacht drängt sich auf, dass
                               42 bzw. 40 Prozent („Aufräumen“). Doch     gerade an der Hausarbeit so viel Zeit
                               immerhin: Fast die Hälfte der Deutschen    gespart wird, nicht nur weil sie bis-
                               kümmert sich um den Haushalt, wenn         weilen komplex, sondern vor allem,
                               unerwartet eine Viertelstunde Zeit zur     weil sie unangenehm ist. Sie ist zumeist
                               Verfügung steht.                           Instandhaltungsarbeit, bei der ein
                                                                          Zustand („das Bad ist sauber“) wieder-
                               Bei den „digitalen“ Tätigkeiten, die als   hergestellt werden muss, im schmerzli-
                               Zeitvertreib für geschenkte 15 Minuten     chen Bewusstsein, dass dies nicht lange
                               in Frage kommen, lohnt sich ein Blick      halten wird.
                               auf die Altersgruppen. Mit 21 bzw. 20
                               Prozent liegen die typischen Smart-        Das spiegelt sich in den Umfragen.
                               phone-Tätigkeiten „SMS schreiben“ und      Instandhaltungsarbeiten landen ganz
                               „Spiele spielen“ im Durchschnitt zwar      oben auf der Flop-Liste besonders
                               ganz hinten, doch in der Altersgruppe      lästiger Tätigkeiten im Haushalt.

12
Speed: Küche to go

EFFIZIENZ DES ALLTAGS: SINNVOLLE VERWENDUNG VON RESTZEITEN
Was Menschen gewöhnlich tun, wenn sie zu Hause unerwartet 15 Minuten Zeit übrig haben

                                                                                                    62%
                      Im Internet surfen

                                                                                               58%
              Ausruhen/entspannen,
         indem ich einmal nichts tue

                                                                                              56%
                     Radio/Musik hören

                                                                                              55%
       Essen/Genuss (Kaffee trinken,
               Zigarette rauchen...)

                                                                                        47%
      Nachdenken/Pläne schmieden

                                                                                   44%
     Sich mit jemandem unterhalten

                                                                                   44%
                                    Lesen

                                                                                  42%
  Um Dinge im Haushalt kümmern,
   zu denen ich sonst nicht komme

                                                                             40%
                              Aufräumen

                                                                       35%

                                                                      33%
                             Telefonieren

                                                                 30%
 Einkaufsliste/To-Do-Liste schreiben
                                                                                                          Gesamt
                                                          21%                                             16–24 Jahre
                           SMS schreiben                                                                  25–34 Jahre
                                                                                                          35–44 Jahre
                                                         20%                                              44–54 Jahre
                            Spiele spielen                                                                55+ Jahre

                                             0%   10%   20%     30%         40%         50%   60%         70%       80%

Quelle: Zukunftsinstitut

                                                                                                                     13
Zukunftsinstitut :: Future Living

LUST VERSUS LAST
Welche Tätigkeiten im Haushalt Spaß machen und welche als besonders lästig empfunden werden

     macht mir Spaß                 weder noch          mache ich nicht            ist besonders lästig

                                                                  Blumengießen/                 Wäsche               Handarbeiten
       Kochen                             Einkaufen               Gärtnern                      waschen              (Nähen etc.)

66%                                 59%                      53%                          33%                   24%

                   7%                            12%                          9%                          14%                 14%

            Wäsche                                                Spülmaschine                      Betten           Geschirr spülen
            trocknen                      Staubsaugen             ein-/ausräumen                    beziehen         (mit der Hand)

24%                                 23%                      23%                          19%                   18%

                 14%                           27%                        16%                         28%                  32%

      Müll                                                            Bad                           Fenster
      wegbringen                              Bügeln                  putzen                        putzen               Fegen
16%                                 16%                      16%                          16%                   16%

               28%                            36%                         38%                       42%                     24%

            Fußböden                  Kühlschrank                  Toilette                         Teppich           Backofen
            wischen                   saubermachen                 putzen                           reinigen          reinigen
                                    11%                      9%                           8%                    5%
14%

             36%                             43%                       45%                           36%                 59%
Quelle: Zukunftsinstitut

14
Speed: Küche to go

„Backofen reinigen“ (59 Prozent), „Toi-     bedeuten, endlich mal ganz in Ruhe das
lette putzen“ (45 Prozent) und „Kühl-       tolle Muffin-Rezept auszuprobieren,
schrank saubermachen“ (43 Prozent)          das man im Internet entdeckt hat: Auch
sind die meistgehassten Hausarbeiten        diesen Akzent werden moderne Lebens-
der Deutschen, dicht gefolgt vom Fens-      welten spiegeln.
terputzen (42 Prozent). Diese Art von
Hausarbeit ist unkreativ. Sie „erschafft“
nichts, sondern stellt nur den Normal-      Verlangsamen im Cottage
zustand wieder her. Das macht sie zu
einer unbefriedigenden, als sinnlos         Wir sprechen vom „Cottage-Trend“ als
empfundenen Art von Arbeit.                 Gegentrend zu einer beschleunigten,
                                            digitalisierten, urbanen Lebenswelt. Das
                                            Cottage wird zum Sinnbild eines neuen
Hausarbeit wird Sinnarbeit                  Luxusverständnisses, das nicht mehr
                                            in tollen Autos, Designerklamotten
Die nachwachsenden Generationen der         oder Hochsee-Yachten besteht, sondern
kommenden Hochbildungsgesellschaft          darin, einfach Zeit zu haben. Zeit für
werden aus anspruchsvollen Menschen         sich, die Gesundheit, die Familie, für
bestehen, die von ihrer Arbeit zuneh-       kreative Arbeit, die sich nicht finanziell
mend Sinnhaftigkeit und persönliche         lohnen muss.
Befriedigung erwarten. Erwerbsarbeit
wie Hausarbeit werden in Zukunft dem        Kreative Hausarbeit wird so zum
Paradigma der kreativen Wirtschaft un-      Statussymbol. Denn nicht den ganzen
terworfen. Der Sisyphus-Charakter von       Tag am Computer zu arbeiten, sondern
Hausarbeit steht dieser subjektiven Er-     Gemüse selbst zu erzeugen und Mar-
füllung im Weg. Die Unvermeidlichkeit       melade einzukochen muss man sich
dessen werden gerade junge Menschen         zeitlich erst mal leisten können. Dass
in Zukunft immer weniger akzeptieren        gerade diese „häuslichen“ Tätigkeiten
und versuchen, ihr auszuweichen oder        zur primären Sehnsucht junger, erfolg-
Lösungen neuer Form in Anspruch zu          reicher Menschen werden, liegt auch
nehmen.                                     daran, dass sie ein Gegengewicht zur

Dass Hausarbeit zum Stressfaktor
wird, weil sie einerseits für den mobilen
Lebensstil zu komplex, den Hoch-
qualifizierten der Wissensökonomie
andererseits zu sinnfrei ist, ist aber
nur ein Aspekt der Zukunft der Haus-
arbeit. Momentan ist nämlich auch ein
typischer Gegentrend zu beobachten:
Hausarbeit wird nicht nur be-, sondern
auch entschleunigt.

Dass „Hausarbeit“ und „Zeit für sich“
stark in Konkurrenz zueinander treten
in der Zeit, die nicht mit Erwerbsarbeit
oder sozialen Kontakten verbracht wird,
suggeriert, dass sie einander überlappen
können. Und tatsächlich kann „sich Zeit
für sich“ zu nehmen in Zukunft auch

                                                                                                        15
Zukunftsinstitut :: Future Living

                               digitalisierten Arbeit und dem urbani-        Küche schlägt
                               sierten Leben bieten. Es ist jedoch nicht     Auto schlägt Smartphone
                               die Abkehr vom Internet, die diesen
                               Trend vorantreibt, sondern das Internet       Der Trend zur kreativen Hausarbeit
                               selbst.                                       zeichnet sich auch klar in den Umfrage-
                                                                             Ergebnissen ab: Zwei Drittel der Be-
                               Geschickte Köche, Bäcker, Handarbeiter        fragten gaben an, dass ihnen Kochen
                               und Gärtner können ihre selbstgeba-           Spaß macht. 59 Prozent gehen gern ein-
                               ckenen Kuchen und selbstgestrickten           kaufen, und 53 Prozent lieben es, Zeit im
                               Mützen fotografieren und auf eigens           Garten zu verbringen. Damit belegen die
                               dafür angelegte soziale Netzwerke             drei kreativsten Tätigkeiten im Haushalt
                               hochladen – und massenhaft „Likes“            klar die ersten Plätze.
                               und „Repins“ einfahren.
                                                                             Hausarbeit kann also auch glücklich ma-
                               So verliert Hausarbeit im Zuge des            chen, besonders wenn sie entschleunigt
                               Megatrends Konnektivität das Stigma           und als Ritual zelebriert wird. In den
                               einer Tätigkeit ohne Gegenleistung. Sie       modernen Lebenswelten einer zeit-
                               wird sichtbar, ja ästhetisch überhöht         knappen Gesellschaft wird sie auf diese
                               und rituell zelebriert. Besonders die Ar-     paradoxe Weise mehr und mehr zum
                               beiten, die keine reinen „Maintenance“-       Luxus. So erklärt sich auch die Tatsache,
                               Arbeiten sind (wie z.B. Putzen), sondern      dass die schöne Küche ein schickes Auto
                               kreativ, erscheinen in Zukunft sinnvoll       bereits klar als Wunsch und Status-
                               und erfüllend – und treten aus dem            symbol ablöst: Hausarbeit wird vor-
                               Schatten ins Licht der Öffentlichkeit.        zeigbar. Doppelt so viele Befragte geben

KÜCHE ALS STATUSSYMBOL
Was Menschen wichtiger ist: eine tolle Küche, ein tolles Auto, eine tolle Hi-Fi-/Videoanlage
oder das neueste Smartphone/Tablet
                                                                           Was ist Ihnen wichtiger?

           29%
           ein tolles Auto

                                                                                                           57%
                                                                                                        eine tolle Küche

8%
eine tolle Hi-Fi-/ Videoanlage

          7%
          das neueste Smartphone/ Tablet

Quelle: Zukunftsinstitut

16
Speed: Küche to go

an, dass ihnen eine tolle Küche wichtig
ist (57 Prozent), verglichen mit jenen,        These 5
die ein tolles Auto bevorzugen würden
(29 Prozent). Küchen haben aber auch
mehr Sex-Appeal als die neuen Konsum-          Technologie entkoppelt
Fetische Smartphone und Tablet (7 Pro-
zent). Durch das Sichtbar-Werden               Hausarbeit von der
von Hausarbeit im Internet wird sie
zunehmend idealisiert und ästhetisch           physischen Anwesenheit in
überhöht. Für zeitknappe Urbanisten
kann sie zum Ritual, zum Luxus, ja zur         der Wohnung.
Wellness-Erfahrung werden. Diese
Inszenierung von Hausarbeit liefert eine
Steilvorlage für Hausgeräte, die solche
Aspekte aufgreifen und thematisieren.

                                           Reduktion und Mobilisierung vieler
Dezentralisiertes Wohnen                   Haushaltstätigkeiten denkbar. Outsour-
                                           cing ist als Cloud-Computing längst in
Die Soziologie kategorisiert unsere        unserer digitalen Welt angekommen.
Lebensräume in erste, zweite und dritte    Dieselben Mechanismen übertragen
Orte, also das Zuhause, den Arbeitsplatz   sich zunehmend auf das „reale“ Leben.
und Räume der Begegnung als dritte         Parallel sind zwei Phänomene zu
Orte. Das können öffentliche Räume         beobachten. Immer mehr Funktionen
sein, wie der Stadtraum, aber auch         des Alltags werden „outgesourct“. Meist
halböffentliche Orte wie Bahnhöfe, Bil-    mit dem Ziel, flexibel zu bleiben und nur
dungseinrichtungen und Freizeiträume.      das Notwendigste im privaten Bereich
Auch Geschäfte und Gastronomie             zu belassen.
zählen dazu.
                                           Was man nicht permanent braucht,
Die mobile Gesellschaft durchbricht        wird nach Bedarf „dazugebucht“.
hier zunehmend althergebrachte             Statt eines eigenen Büros nutzt man
Muster. Wohnen findet immer öfter          Co-Working. Statt ein Auto zu kaufen,
auch außerhalb der „vier Wände“ statt.     beteiligen sich die Verbraucher am
Privatsphäre und Büroraum wird             Car-Sharing. Was aber tun mit per-
zunehmend beides in einem. Die neuen       sönlichem Hab und Gut? Haushalte
Technologien erlauben es, immer online     sammeln reichlich Dinge an, die man im
zu sein und am Küchentisch ebenso          Moment vielleicht nicht benötigt, von
zu arbeiten wie am Flughafen oder im       denen man sich aber nicht trennen will.
Park. Damit ist die Kategorisierung in     Self-Storage ist die Cloud-Lösung für
erste, zweite und dritte Orte nicht mehr   Wohnutensilien – eine Box für die per-
eindeutig.                                 sönlichen Dinge für den Fall der Fälle.

Die Verwirklichung der Lebensstile         Auch Hausgeräte könnten auf lange
verlangt eine Umprogrammierung der         Sicht in die Me-Cloud, also das persön-
Räume – und ihrer Nutzungsangebote.        liche Outsourcing-Universum wandern.
Der Haushalt beginnt sich vom physi-       Im digitalisierten, urbanen, mobilen
schen Ort weg zu etablieren, denn in       Lebensstil der Zukunft ist alltägliche
modernen Lebenswelten ist eben auch        Hausarbeit etwas, das dezentral und
eine neue Mischung aus Outsourcing,        flexibel erledigt werden kann.

                                                                                                      17
SIMpLeXITY
BESSER – EINFACH – BESSER
Zukunftsinstitut :: Future Living

These 6

Der Wert der Technik misst sich an ihrem Beitrag
zur Lebensqualität.

                               Einfach ist der neue Mainstream            Benutzern kommunizieren. Dass der
                                                                          Mensch im Mittelpunkt steht, wenn es
                               In der Befragung zum Thema Haus-           um Technik geht, ist ein Allgemeinplatz.
                               geräte war das Bedürfnis nach Über-        Das Problem ist nur: Dieser Mensch
                               sichtlichkeit und Einfachheit ein klares   ist nicht so einfach auf einen Nenner
                               Ergebnis. Jeweils über 80 Prozent          demographischer Merkmale zu bringen
                               Zustimmung erzielten die Aussagen:         wie früher. In Zukunft wird Hausarbeit,
                               „Für mich ist es wichtig, dass Hausge-     also die Bedienung von Hausgeräten,
                               räte möglichst schnell, reibungslos und    sich weiter ausdifferenzieren. Nicht
                               flexibel funktionieren“ (87 Prozent),      mehr nur Hausfrauen zwischen 30 und
                               „Wenn es um Hausgeräte geht, möchte        50 Jahren bedienen diese Geräte, son-
                               ich bei der Bedienung den Überblick        dern auch Männer aller Altersgruppen,
                               behalten“ (ebenfalls 87 Prozent), „Bei     sehr junge und sehr alte Menschen,
                               Hausgeräten möchte ich keine Überra-       Alleinlebende, Alleinerziehende, WG-
                               schungen erleben“ (86 Prozent) und „Bei    Mitbewohner, Menschen mit „Behinde-
                               Hausgeräten ist mir vor allem wichtig,     rung“, Menschen mit anderem kultu-
                               dass das Ergebnis stimmt“ (85 Prozent).    rellen Hintergrund.
                               Die Verbraucher wollen wissen, woran
                               sie sind: Hausgeräte sollen zuverlässig    Die Megatrends Individualisierung,
                               sein und klar und deutlich mit ihren       Female Shift und Silver Society führen
                                                                          dazu, dass das Design der Hausgeräte in
                                                                          modernen Lebenswelten universeller
                                                                          gedacht werden muss. Insofern ist der
                                                                          Wunsch nach „Simplexity“, also der
                                                                          einfachen Bedienbarkeit technisch
                                                                          komplexer Geräte, nicht als ein Zeichen
                                                                          von Überforderung oder gar Technik-
                                                                          feindlichkeit zu deuten. Es ist vielmehr
                                                                          das Design-Credo einer Zukunft, in der
                                                                          erfolgreiche Produkte nicht mehr nur
                                                                          einer Zielgruppe, sondern allen Men-
                                                                          schen entgegenkommen. Die Benut-
                                                                          zerfreundlichkeit der Oberflächen und
                                                                          Schnittstellen muss die Kompliziertheit
                                                                          der Technik im Inneren der Maschine
                                                                          weit übertreffen. High-Tech trifft in
                                                                          Zukunft auf High-Touch.

20
Simplexity: besser – einfach – besser

FLEXIBILITÄT, USABILITY UND EFFIZIENZ
Einstellungen zum Thema Hausgeräte

Für mich ist wichtig, dass Hausgeräte möglichst schnell,
                                                                                                                           87%

                  Wenn es um Hausgeräte geht, möchte ich
                                                                                                                           87%
                  bei der Bedienung den Überblick behalten

                              Bei Hausgeräten möchte ich keine
                                                                                                                          86%
                                       Überraschungen erleben

                Bei Hausgeräten ist mir vor allem wichtig,
                                                                                                                         85%
          dass das Ergebnis stimmt (z.B. saubere Wäsche)

                           Wenn es um Hausgeräte geht,
                                                                                                                   79%
            möchte ich genau wissen, wie sie funktionieren

                                     Bei Hausgeräten achte ich
                                                                                                             72%

                                Bei Hausgeräten möchte ich gern
                                                                                                           70%
                           alle Programme und Optionen kennen

                      Ich bin aufgeschlossen für Neuerungen,
                                                                                                   61%
                                wenn es um Hausgeräte geht

                           Bei Hausgeräten achte ich besonders
                                                                                                  59%
                                     auf intuitive Bedienbarkeit

                     Bei Hausgeräten wünsche ich mir
                                                                                              55%
  Feedback-Funktionen (z.B. Hinweis zum Filterwechsel)

   Ich wünsche mir schnellere Programme mit verkürzten
                                                                                            50%
  Laufzeiten, die mir mehr Zeit für andere Dinge schaffen

     Ich wünsche mir intelligente, „mitdenkende“ Geräte,
                                                                                      40%
                     die mir Entscheidungen abnehmen

Die Ausstattung meiner Wohnung/meines Hauses ist mir
                                                                                34%
sehr wichtig, dafür bin auch bereit viel Geld auszugeben

       Bei der Anschaffung von Hausgeräten orientiere ich
                                                                               31%
                     mich gern am Stil bekannter Marken

               Ich kaufe mir lieber preiswertere Hausgeräte,
                                                                         20%
                        die ich nach einiger Zeit austausche

                           Bei Hausgeräten achte ich besonders
                                                                     19%
                                         auf exklusives Design

                  Ich würde Hausgeräte gern von unterwegs
                                                                    16%
                      z.B. per Smartphone bedienen können

                  Wenn es um Hausgeräte geht, möchte ich
                                                                   13%
               intelligente Maschinen, die sprechen können

Quelle: Zukunftsinstitut

                                                                                                                               21
Zukunftsinstitut :: Future Living

                               Speziell ältere Menschen stellen sehr       Zuhause leben. Ambient Assisted Living
                               hohe Ansprüche an die Bedienerfreund-       (AAL) lautet der Ansatz, von elektro-
                               lichkeit von Hausgeräten: Die Aussagen,     nischen Produkten bis zu Dienstleis-
                               die in der Befragung ganz oben stehen,      tungen ein selbstbestimmtes Leben im
                               erzielen bei den über 55-Jährigen jeweils   Alter situationsabhängig und unauf-
                               über 90 Prozent Zustimmung. Es ist das      dringlich zu unterstützen.
                               Design, das ihnen entgegenkommen
                               muss, reibungslose Funktion und das         Barrierefreiheit wird zur zentralen
                               Ausbleiben von Überraschungen ist           Forderung: Produkte müssen nicht
                               Aufgabe der Technik. Beides – High-         mehr einfach nur funktionieren, sie
                               Tech und High-Touch – muss Hand in          müssen „smart“ sein. Dabei geht es
                               Hand gehen, um das Erwartungsprofil         weniger um eine Alters- und Handicap-
                               der Kunden in Zukunft zu treffen.           Perspektive, sondern um altersspezifi-
                               Perfekte Bedienbarkeit von Hausge-          sche Gestaltung – „Universal Design“.
                               räten wird so zum Ermöglicher eines         Gemeint ist eine intuitive Bedienbarkeit
                               selbstbestimmten, autarken Lebens im        für alle Altersgruppen. Für Ageless- und
                               eigenen Haushalt, was regelmäßig ganz       Universal-Design-Konzepte lauten
                               oben steht bei den Wünschen älterer         daher die Anforderungen: Alltagspro-
                               Menschen.                                   dukte und Wohnungseinrichtungen so
                                                                           verändern, dass flexible und intuitive
                                                                           Nutzung mit hoher Fehlertoleranz und
                               Barrierefrei für alle Altersgruppen         geringem Demütigungsfaktor möglich
                                                                           wird. Barrierefreiheit und Ästhetik
                               Der demographische Wandel macht             bleiben nicht länger Gegensätze. Denn
                               ältere Menschen zu einer wachsenden         letztlich profitieren alle Generationen
                               Kosumentengruppe. 62 Prozent davon          von Maßnahmen zur Barrierefreiheit:
                               wollen auch im hohen Alter im eigenen       Die richtige Breite von Durchgängen,

22
Simplexity: besser – einfach – besser

These 7

In modernen Lebenswelten muss die Maschine zum
Menschen kommen, nicht umgekehrt.

leicht bedienbare Fenster und Türen,       müssen das Bügeln also leichter
stufenlose, stolperfreie Wege, rutsch-     machen, wenn das Plätten im Privat-
hemmende Oberflächen, sichere Griffe       haushalt überhaupt noch eine Zukunft
im Sanitär- und Treppenbereich,            haben soll.
höhenverstellbare Betten, angepasste
Arbeitshöhen und Beleuchtung – all das     Geräte müssen smart werden, damit
kommt in Zukunft zum Beispiel einem        das Bügeln wieder Spaß macht. Denn
familienfreundlichen und damit auch        Ähnliches zeigt sich auch bei Heim-
Mehrgenerationen-Wohnen zugute.            textilien: Ein Fünftel der Befragten
                                           würde nicht auf die Idee kommen,
                                           selbst einen Teppich zu reinigen. Hier
Outsourcing als                            kommt das professionelle Outsourcing
Wachstumsmarkt im Haushalt                 von Hausarbeit ins Spiel. Teppichreini-
                                           gung, Hemdenbügeln: Solche Aufgaben
Was Vereinfachung bedeutet, kann           überlassen die Verbraucher immer öfter
aber auch andere, nicht-technologische     Profis. Daran zu denken, die Sachen zur
Aspekte beinhalten. Handarbeiten wie       Reinigung zu bringen und wieder abzu-
Stricken, Nähen oder Flicken von Klei-     holen, kann ihnen allerdings niemand
dung wären vor 50 Jahren aus keinem        abnehmen – noch.
Haushalt wegzudenken gewesen
– heute führen nur noch 60 Prozent
überhaupt noch Handarbeiten aus, wie
die Befragung zeigt. In einer „Wegwerf-
gesellschaft“ nimmt das nicht wunder:
Sehr viele Dinge werden nicht repariert,
wenn sie kaputtgehen, sondern wegge-
worfen. Im Zuge des Megatrends Neo-
Ökologie wachsen zwar Gegentrends
zu dieser Konsumphilosophie, für die
meisten Verbraucher gilt aber noch
immer das Ex-und-hopp-Prinzip.

Ein anderer Vereinfachungsweg zeigt
sich am Thema Bügeln. 20 Prozent der
Befragten gaben an: „Mache ich nicht“.
Nur durch laxere Kleidungsvorschriften
lässt sich dieser hohe Wert von Nicht-
büglern nicht erklären. Bügeleisen

                                                                                                               23
Zukunftsinstitut :: Future Living

                               Ist „Smart“ gleich Technologie?            vor allem ihre Fähigkeit zur Wahrneh-
                                                                          mung. Maschinen, die gleichsam blind
                               Technologie ist zweifellos einer der       und taub sind, können ihren Benutzern
                               wichtigsten Hebel der Vereinfachung.       weder das Nachdenken noch das Dran-
                               Sie durchdringt unser Leben. Schon         Denken, noch das Treffen von Entschei-
                               heute lagern wir unzählige Entschei-       dungen abnehmen. Beispiel Vollflächen-
                               dungen an Programme aus, an Apps           induktion: Ein Herd, der nicht „erkennt“,
                               und Internet-Dienste. Die Auswahl          wo auf der Induktionsfläche Töpfe
                               eines Buches, der passende Wein zum        stehen, wird seinen Benutzer nicht
                               Essen, unser Gesundheitszustand – ja,      insofern entlasten können, als er keinen
                               sogar bei der Suche nach dem Lebens-       zur Herdplatte passenden Topf mehr
                               partner fragen wir „den Computer“.         suchen muss. Sensorik spielt also eine
                               Häuser und Wohnungen werden durch          entscheidende Rolle.
                               die Entwicklung der „Smart Buildings“
                               immer mehr Teil dieser Vernetzung.         Viele Technologien haben sich bereits in
                               Bislang trägt das „Smart Home“ aller-      die Lebensrealität moderner Gebäude
                               dings eher häufig zur Verkomplizierung     integriert. Bauherren wollen vermehrt
                               unseres Lebens bei, da es zu eindimen-     in intelligente Technik investieren.
                               sional auf Technologie reduziert wird.     Gemäß der repräsentativen forsa-
                               „Smart“ wird künftig aber auch den         Umfrage DFH Trendbarometer 2012
                               Mut beinhalten müssen, nicht überall       würden mehr als die Hälfte (51 Prozent)
                               einen Chip zu integrieren. Im Kern des     der Befragten, die in Kürze ein Haus
                               smarten Wohnens finden wir eine redu-      bauen möchten, zwischen 4.000 und
                               zierte Vernetzung, die dann unterstützt,   8.000 Euro für mehr Sicherheit, Komfort
                               wenn es nötig ist.                         und eine höhere Energieeffizienz der
                                                                          intelligenten Haustechnik verwenden.
                               Doch was bedeutet „smart“ eigentlich,      Kaum ein neues Haus, das nicht ein Bus-
                               und wann ist Unterstützung nötig? Was      System integriert hat. Kaum ein Haus-
                               „smarte“ von „dummen“ Geräten unter-       techniker, der nicht davon schwärmt,
                               scheidet, ist auf der technischen Ebene    alles per Smartphone steuern zu
                                                                          können. Doch über die technische
                                                                          Ebene hinaus wird das Smart Home
                                                                          weitergedacht: Der Bewohner ist zum
                                                                          User avanciert. Die „Usability“ steht
                                                                          damit automatisch im Mittelpunkt,
                                                                          wenn nach der Zukunft des Smart
                                                                          Home gefragt wird. Technologie bringt
                                                                          aber auch Komplexität und Vernetzung
                                                                          ins Haus, die es dann erst wieder zu
                                                                          lösen gilt. In der Zukunft des Wohnens
                                                                          wird es also darum gehen, die Kunst
                                                                          des Vereinfachens durch Technologie
                                                                          auf das „Wohnen“ zu übertragen.

                                                                          Fokus auf Schnittstellen

                                                                          Je mehr sich Menschen im Alltag mit
                                                                          Technik umgeben, je selbstverständli-
                                                                          cher technische Anwendungen in alle

24
Simplexity: besser – einfach – besser

SIMPLEXITY: EINFACHE BEDIENBARKEIT INTELLIGENTER GERÄTE
Was Menschen helfen würde, besser mit Hausgeräten zurechtzukommen

                                                                                                             43%
            ein unkompliziertes Handbuch/
                     Bedienungsanleitung
                                                                                           34%
                         besser verständliche
                       Beschriftung am Gerät

      für mich ist entscheidend, dass sich                                 22%

                     Alltag integrieren lassen
                                                                   16%
         ein Ansprechpartner, der immer
 erreichbar ist (z.B. Service-Rufnummer)
                                                             13%
                     Touchscreen wie beim
                 Smartphone oder Tablet-PC
                                                             13%

                           wie beim Computer
                                                                                                           Gesamt
                                                         11%
                      besserer Online-Service                                                              16–24 Jahre
                                                                                                           25–34 Jahre
                                                       9%                                                  35–44 Jahre
                      zuverlässige Erkennung                                                               44–54 Jahre
                         von Sprachbefehlen                                                                55+ Jahre
                                                  6%
                         Erkennung von
             Handbewegungen und Gesten

                                                                                       32%
    nichts davon, ich komme gut zurecht

                                             0%        10%           20%         30%                40%                50%

Quelle: Zukunftsinstitut

Bereiche unseres Lebens vordringen,               Anwender gehen in Richtung Kommu-
desto wichtiger wird die Gestaltung der           nikation: 43 Prozent wünschen sich ein
Mensch-Maschine-Schnittstelle. Um-                verständliches Handbuch in Hausge-
ständliche Betriebsanleitungen, vorgeb-           räten und 34 Prozent eine besser ver-
lich selbsterklärende Installationspro-           ständliche Beschriftung am Gerät.
zesse, die nur mithilfe von Fachkräften           Das sind die beiden Top-Wünsche zur
bewältigt werden können, raffinierte,             verbesserten Anwendung von Haus-
aber wenig fehlertolerante Hightech-              geräten. Künftig werden Hersteller
Produkte – vieles zeigt, wie groß der             sehr viel mehr Gewicht auf diese
Nachholbedarf ist. Die Wünsche der                Schnittstelle legen müssen. „Simplicity“

                                                                                                                         25
Zukunftsinstitut :: Future Living

                               (zu Deutsch: Schlichtheit, Unkompli-       unserer Umfrage geben 4 Prozent der
                               ziertheit) oder genauer: „Simplexity“      über 55-Jährigen an, ihre Hausgeräte
                               zeichnen die exzellente Gebrauchstaug-     mit Gesten steuern zu wollen. Bei den
                               lichkeit (Usability) simpler (einfach zu   16- bis 24-Jährigen sind es 10 Prozent.
                               bedienender) und zugleich (z.B. tech-      Spracherkennung wollen nur 8 Prozent
                               nisch) komplexer Produkte aus.             der Älteren, aber 11 Prozent der Jün-
                                                                          geren. Am deutlichsten ist der Unter-
                               Gerade in Bezug auf Technologien sind      schied bei der Touchscreen-Bedienung:
                               allerdings große Unterschiede zwi-         Diese wird von 22 Prozent, also fast
                               schen jungen und alten Menschen zu         einem Viertel der Jüngeren gewünscht,
                               beobachten; denn die Nutzung neuer         jedoch nur von 10 Prozent der Älteren.
                               Gerätetypen ist eine Kulturtechnik, die
                               erst gelernt werden muss. Bei älteren      Und doch ist Technologie kein
                               Menschen bedingen sich das fehlende        Selbstzweck mehr, wie in den techno-
                               Know-how im Umgang mit neuen               euphorischen Zukunftsphantasien
                               Technologien und der seltene Kontakt       der 60er-Jahre. Technik wird sich
                               damit oft gegenseitig. Junge Menschen      künftig anderen, „wichtigeren“ Dingen
                               dagegen lernen den Umgang auch             unterordnen, etwa der Gesundheit.
                               mit ganz neuen Techniken wie etwa          Nicht nur für ältere Menschen steht
                               Gesten- und Spracherkennung früh. In       die Gesundheit an erster Stelle. Auch

HELL UND NATÜRLICH
Welche Begriffe am besten zur Vorstellung einer Traum-Küche passen

dunkel                                                6%                                             94%               hell

steril                                            9%                                               91%           natürlich

angenehm duftend                                14%                                            86%             frische Luft

kühl                                        19%                                            81%                       warm

luxuriös                                    19%                                            81%                  nachhaltig

schlicht                                    20%                                            80%                  gemütlich

klein                                       21%                                            79%                        groß

sinnlich, ästhetisch                      25%                                           75%          praktisch, funktional

aktuelles, modernes Design            29%                                            71%      zeitloses, klassisches Design

günstig                             33%                                           67%                          hochwertig

altbewährt                      37%                                            63%                               innovativ

analog                        39%                                             61%                                   digital

Quelle: Zukunftsinstitut

26
Simplexity: besser – einfach – besser

den Jungen ist die Dringlichkeit sehr    Home wird ein Ort, an dem Techno-
bewusst. Auf die Frage „Welche Dinge     logie und Gesundheitsansprüche
sind für Sie persönlich besonders        fusionieren.
wichtig und erstrebenswert?“ antwor-
teten 93 Prozent der jungen Leute in     Natürlich ist aber nicht nur die Usabi-
einer Befragung des Zukunftsinstituts    lity, sondern auch die Ästhetik wichtig
im Jahr 2011: Gesundheit.                für das Design. In unserer Umfrage
                                         haben wir deshalb in Stichwort-Gegen-
Das Future Home wird auch ein            satzpaaren für die Wohnzone Küche
Ort sein, an dem Menschen gesund         auch nach ästhetischen Kategorien
bleiben wollen. Innenräume gestalten     gefragt.
sich daher mehr und mehr nach den
Bedürfnissen der Gesundheit: Oberflä-    Das Ergebnis ist in den meisten Fällen
chen, die Staub absorbieren oder durch   recht eindeutig: Statt einer „dunklen“
das Imitieren der Photosynthese Luft     wünschen sich die Befragten eine
reinigen können. Beleuchtungskörper,     „helle“ Küche (94 Prozent vs. 6 Prozent),
die gesundheitsfördernde Stimmungen      eine „natürliche“ Anmutung ist ihnen
anregen. Technologien, die der kör-      lieber als eine „sterile“ (91 Prozent vs.
perlichen und geistigen Gesundheit       9 Prozent), und 71 Prozent wünschen
der Menschen dienen, werden in den       sich ein „zeitloses, klassisches Design“,
nächsten Jahren massiv in die Wohn-      während nur 29 Prozent „aktuelles,
umgebungen einziehen. Das Future         modernes Design“ wählen würden.

                                                                                                               27
ConneCTIvITY
DER HAUSHALT ALS NETZWERK
Thesen

   29
Zukunftsinstitut :: Future Living

These 8

Die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine
wird in modernen Lebenswelten radikal neu designt.

                               Access wird zur Commodity                sind am Ende nicht die Geräte, sondern
                                                                        die Interpretation, was ein Haushalt
                               Der Megatrend Konnektivität wird die     leisten soll. Im Zentrum einer zukünf-
                               Haushaltsführung massiv verändern.       tigen Haushaltsführung wird eine
                               Durch die Individualisierung weichen     Organisation stehen, die eher an mo-
                               feste Alltagsroutinen flexiblen, spon-   dernes Management erinnert als an ein
                               tanen Arrangements, Zuständigkeiten      Zuhause mit gemächlichen Routinen.
                               werden zunehmend unklar. Heute           Denn die vielen einzelnen Fäden, die
                               kommen Mann und Frau von der Arbeit      Wohnen heute ausmachen, sind hoch-
                               und wissen nicht, was der andere zum     komplex zu koordinieren.
                               Abendessen geplant hat.
                                                                        Wohnen funktioniert künftig mehr
                               Diese asynchrone Lebensführung wird      wie ein Netzwerk, ein Cluster sich
                               durch mobile Telefonie und Internet      wandelnder Bedürfnisse. Kommuni-
                               gefördert und erleichtert. Ausschlag-    kationstechnologie macht Wohnraum
                               gebend für die Frage, ob sich „smarte“   damit vom Grundsatz her immer mehr
                               Hausgeräte in Zukunft in diesen Kom-     zum Allzweckraum, anstatt räumlich-
                               munikationsprozess einklinken werden,    physikalische Nutzungen vorzugeben.
                                                                        Das erfordert eine flexiblere Wohnung,
                                                                        in der ständig etwas anderes, Neues
                                                                        geschehen kann: vom Guerilla-Cooking,
                                                                        zu dem sich Wildfremde über eine In-
                                                                        ternetplattform einladen können, bis zu
                                                                        Swapping-Partys, wo übrig gebliebene
                                                                        Lebensmittel oder gerade nicht mehr
                                                                        benötigte Geräte getauscht werden.

                                                                        Statt als „Rückzugsort“ avanciert die
                                                                        Wohnung zur „Kommunikationszent-
                                                                        rale“. Die „eigenen vier Wände“, früher
                                                                        Inbegriff der Abschottung, werden zum
                                                                        Bestandteil des öffentlichen Lebens
                                                                        ihrer Bewohner. Im Zuhause fusio-
                                                                        nieren die Ansprüche an Gesundheit,
                                                                        vernetzte Technologie und Lebens-
                                                                        planung. Die Zukunft des Wohnens
                                                                        mündet in das Smart Being.

30
Connectivity: Der Haushalt als Netzwerk

Über die typische SMS „Soll ich Milch
mitbringen?“ hinaus werden künftig        ACCESS WIRD ZUR COMMODITY
umfangreiche Programmangebote,            Anteil der Befragten, die Hausgeräte gern von unterwegs
bzw. „Apps“, diese Organisation ma-       (z.B. per Smartphone) bedienen würden
nagen helfen. Die entscheidende Frage
für die Zukunft von Hausgeräten liegt
                                              55+ Jahre              7%
dabei allerdings schon im Vorfeld:
Sollen und können sich Hausgeräte
selbsttätig in diese Kommunikations-       45–54 Jahre                            14%
prozesse einschalten? Auf die Frage
„Soll ich Milch mitbringen?“ könnte        35–44 Jahre                                            22%
auch ein intelligenter Kühlschrank
antworten – wenn der Nutzer das will.
                                           25–34 Jahre                                                       27%
Laut Allensbacher Computer- und
Technik-Analyse 2012 (ACTA) besitzt        16–24 Jahre                                                           29%
ein Drittel der Bevölkerung ein Smart-
phone, ein weiteres Drittel möchte
sich in den nächsten zwei Jahren eins     Quelle: Zukunftsinstitut
anschaffen. Um mobil ins Internet zu
gehen, nutzen bereits 29 Prozent der
Bevölkerung ein Smartphone. Dazu
kommen massiv wachsende Verkaufs-         ihnen und ihren Nachkommen geprägt
zahlen von Tablets. Die Gewöhnung         sein wird, wird Haustechnik sich in
an diese Form der Mobilität wird bald     weiten Bereichen selbstständig steuern.
die von fließendem Wasser und elektri-    Führende Netzwerktechnikunter-
schem Strom erreichen, bei denen sich     nehmen gehen davon aus, dass bis zum
niemand mehr die Frage nach Abhän-        Jahr 2020 weltweit rund 50 Milliarden
gigkeit oder einer alternativen Lebens-   „Dinge“ mit dem Internet verbunden
weise stellt. Genauso selbstverständ-     sein werden – pro Kopf mehr als sechs.
lich werden Leistungen aus dem Netz
sein, aus der persönlichen Me-Cloud.
                                          Erinnern ja, reden vielleicht
Speziell junge Menschen versuchen
zunehmend, den unübersichtlich und        Das Netzwerk gibt uns zugleich immer
chaotisch wirkenden Alltag mithilfe       mehr Kontrolle – mit großen Auswir-
des Smartphones in den Griff zu           kungen auf unsere Identität: Wer per
bekommen. Das gilt selbstverständlich     Smart Device steuert, kontrolliert auch
auch für Hausarbeit: 16 Prozent der       über diese Technologie. Das Smart
Deutschen geben bereits heute an, dass    Home, genauso wie das „Smart Phone“,
sie Hausgeräte gern direkt von unter-     verändern nicht nur, was wir tun,
wegs mit dem Smartphone bedienen          sondern auch, wer wir sind. Wie wir zu
würden. Bei den 16- bis 24-Jährigen       uns und anderen (in Kontakt) stehen.
sind es mit 29 Prozent beinah doppelt     Dies macht die Technik zu einem so
so viele.                                 wichtigen Teil unserer Alltagskultur:
                                          Wo ist mein Kind? Wie viel Kilo hab ich
Die Zukunftsvision ist klar: Digital      abgelegt durch das Walking? Was sagen
Natives vertrauen der Technik und sind    die Aktienkurse? Hat schon ein mög-
eher bereit, Kontrolle an Maschinen       licher neuer Lebenspartner auf meine
abzugeben. In einer Zukunft, die von      Nachricht geantwortet?

                                                                                                                    31
Zukunftsinstitut :: Future Living

                               Immerhin 40 Prozent der Befragten          befriedigend gelöst. Nicht High-Tech,
                               geben an, dass sie sich intelligente,      sondern High-Touch wird den Aus-
                               mitdenkende Geräte wünschen, die           schlag geben.
                               ihnen Entscheidungen abnehmen – und
                               zwar über alle Altersgruppen hinweg.
                               Feedback-Funktionen, wenn etwa             Wachstumsfeld Meta-Services
                               der Filter gewechselt werden muss,
                               wünschen sich 55 Prozent. Spracher-        Über die heutigen und noch kom-
                               kennung und Sprachausgabe scheinen         menden Smart Devices erzeugen Kon-
                               in der Wahrnehmung der Verbraucher         sumenten permanent personalisierte
                               jedoch immer noch weit weg: Trotz          Daten. Die ehemaligen „Empfänger“
                               Apples „Siri“ zählen sie noch nicht zum    werden selbst zu „Sendern“. Geolokale
                               gelernten Verhalten. Nur 13 Prozent        Informationen werden zu Bewegungs-
                               wollen Hausgeräte, die mit ihnen           mustern, Kaufvorgänge zu Ernährungs-
                               sprechen.                                  gewohnheiten. So entsteht eine schnell
                                                                          wachsende digitale Identität, die unsere
                               Das Bedürfnis lässt sich also heute        herkömmliche, „reale“ Identität erwei-
                               schon erkennen, die Qualität der           tert und ergänzt. In dieser Me-Cloud mit
                               Schnittstelle zwischen Mensch und          all ihren Logfiles des individuellen Le-
                               Maschine scheint allerdings noch nicht     bens liegen heute noch unvorstellbare

HOHER UNTERSTÜTZUNGSBEDARF
wenn sie es sich leisten könnten

                                Reinigungshilfe                                                              44%

     Jemanden, der sich um Hausarbeiten
                                                                                       30%
                      allgemein kümmert

            Fitnesstrainer (Personal Trainer)                           19%

                    Hausmeister/Handwerker                      16%

                                      Gärtner/in               14%

                                    Koch/Köchin          10%

      Jemanden, der sich jederzeit um die
                                                    5%
                  Kinder kümmern kann

                                      Sekretär/in   4%

                                    Nichts davon                                              34%

Quelle: Zukunftsinstitut

32
Connectivity: Der Haushalt als Netzwerk

                                               These 9

                                               Die Single-Gesellschaft ist
                                               ein Mythos. Der Haushalt der
                                               Zukunft ist sozial vernetzt.

Chancen für neue Angebote. Gerade           Dieser will – oder muss – sich aus Selbst-
rund um den Haushalt.                       verwirklichungszwängen entfalten. Die
                                            Chancen, ihn hierbei aktiv zu erreichen
„Was würden Sie tun, wenn Geld keine        und ihm Angebote zu machen, die man
Rolle spielen würde?“ Diese Frage wirft     ihm nicht aufzwingen muss, waren aber
ein erhellendes Licht auf die tiefen        nie besser als heute. Die Märkte sind ge-
Bedürfnisse der Verbraucher. 19 Prozent     sättigt mit Produkten und Stand-alone-
hätten gern einen Personal Trainer, der     Services – sie sind noch völlig offen im
ihnen hilft, in Form zu bleiben. Reini-     kommenden Feld der Meta-Services.
gungshilfe (44 Prozent) und „jemand,
der sich um Hausarbeiten allgemein
kümmert“ (30 Prozent) lassen diesen         Allein, aber nicht einsam
jedoch weit hinter sich. Was Kunden
wirklich wünschen, ist übergreifende        Hält man sich die vernetzten Wir-
Unterstützung, ein Meta-Service:            kungen von Individualisierung, Silver
Unterstützung bei der Bewältigung           Society und Female Shift vor Augen,
ihrer alltäglichen Management-Aufgabe       dann ist klar, wo die größten Chan-
„Alltag“.                                   cenfelder liegen. Es sind die sozialen
                                            Beziehungen, die heute unter beson-
Aus Sicht der Konsumenten ergeben           derem Stress stehen. Weil sie sich
übergreifende Services perfekten Sinn:      drastisch verändern. Ungleichzeitigkeit
Kunden beginnen zunehmend, eine             dominiert, besonders in Familie und
Welt für sich zu erschließen, in der alte   Partnerschaft. Gemeinsame Mahlzeiten
Genügsamkeiten keine Gültigkeit mehr        – das war einmal. 61 Prozent unserer
haben. Sie fordern von Herstellern die      Umfrageteilnehmer essen regelmäßig
gleiche Transparenz über Laufzeiten,        allein, nur 39 Prozent häufig in Gesell-
Verbräuche, Preisbildung, Folgekosten       schaft. Was wie ein gesellschaftlicher
und so weiter, die sie in anderen Lebens-   Offenbarungseid wirkt, bedeutet als
bereichen immer öfter erleben.              Umkehrschluss dennoch nicht, dass die
                                            Menschen vereinsamen.
Das Motto der kommenden Jahre wird
daher lauten: Vergessen Sie, in einzelnen   Wie wir in unserer Studie „Familien-
Produkten oder Services zu denken.          märkte“ (2012) auf Basis empirischer
Denken Sie in vernetzten Lösungs-           Trendforschung zeigen, ist der Begriff
Infrastrukturen, die sich dem Leben des     der Familie und die damit einherge-
Kunden individuell anpassen.                hende Wohnsituation einem intensiven

                                                                                                                  33
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