BAUWIRTSCHAFT BUNDESVEREINIGUNG

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BAUWIRTSCHAFT BUNDESVEREINIGUNG
BUNDESVEREINIGUNG
                                                      BAUWIRTSCHAFT
                                                                             Bundesvereinigung
                                                                             Bauwirtschaft
                                                                             Das Deutsche Bau- und
                                                                             Ausbau-Handwerk

                                                                             Bundesinnung für das         Bundesinnungsverband
                                                                             Gerüstbauer-Handwerk         des Gebäudereiniger-
                                                                             Bundesverband Gerüstbau      Handwerks

      Politische Forderungen
      der deutschen
                                                                             Bundesverband                Bundesverband Metall –
                                                                             Holz und Kunststoff          Vereinigung Deutscher
                                                                                                          Metallhandwerke

      Bauwirtschaft                                                          Bundesverband
                                                                             Rollladen +
                                                                                                          Deutscher
                                                                                                          Fertigbauverband
                                                                             Sonnenschutz e.V.

      zur
                                                                             Hauptverband                 Verband Deutscher Kälte-
                                                                             Farbe Gestaltung             Klima-Fachbetriebe e.V.
                                                                             Bautenschutz

      Bundestagswahl 2009                                                    Zentralverband des
                                                                             Deutschen Baugewerbes
                                                                                                          Zentralverband
                                                                                                          des Deutschen
                                                                                                          Dachdeckerhandwerks

                                                                             Zentralverband               Zentralverband
                                                                             der Deutschen                Raum und Ausstattung
                                                                             Elektro- und Informations-
                                                                             technischen Handwerke

                                                                             Zentralverband
                                                                             Sanitär Heizung Klima

Politische Forderungen der deutschen Bauwirtschaft zur Bundestagswahl 2009                                                           1
Impressum

    Herausgeber:
    V.i.S.d.P.
    Dr. Ilona K. Klein

    Bundesvereinigung Bauwirtschaft
    Kronenstraße 55 - 58
    10117 Berlin
    Telefon 030 20314-0
    Telefax 030 20314-419
    info@bv-bauwirtschaft.de
    www.bv-bauwirtschaft.de

    Gestaltung:
    Bundesvereinigung Bauwirtschaft

    Druck:
    Ludwig Austermeier Offsetdruck oHG, Berlin

    April 2009

2
Inhalt

                                               Vorwort                             5

                                               Ordnungs- und Wirtschaftspolitik    6

                                               Klimaschutz- und Umweltpolitik      8

                                               Finanz- und Steuerpolitik          11

                                               Wohnungs- und Städtebaupolitik     13

                                               Infrastrukturpolitik               17

                                               Rechts- und Vergabepolitik         20

                                               Sozialpolitik                      23

                                               Forschung- und Entwicklung         27

                                               Die beteiligten Verbände           29

Politische Forderungen der deutschen Bauwirtschaft zur Bundestagswahl 2009                      3
4
Vorwort

Die bevorstehende Bundestagswahl ist Anlass für                   Wir haben in unseren politischen Forderungen nur
die deutsche Bauwirtschaft, ihre Forderungen an                   Themen aufgegriffen, die durch Gesetzgebungs-
die Politik für die kommenden Jahre vorzutragen.                  verfahren in Deutschland geregelt werden können.
Neben der unbestrittenen Notwendigkeit grundle-                   Trotzdem wollen wir die europäische Ebene nicht
gender Reformen der sozialen Sicherungssysteme,                   vergessen: Zu oft wurden hier in der Vergangen-
des Steuersystems sowie der öffentlichen Haushal-                 heit Richtlinien vorgelegt, die in nationales Recht
te wird es eine der Hauptaufgaben einer neuen                     umzusetzen sind und unsere Interessen als deut-
Bundesregierung sein, für Verlässlichkeit der                     sche Bauwirtschaft existenziell betreffen.
getroffenen politischen Entscheidungen zu sorgen.
Nur in einem Klima des Vertrauens, des Zutrau-                    Eine neue Bundesregierung ist daher aufgefor-
ens, der Perspektive und des Mutes sind Investi-                  dert, auf europäischer Ebene die berechtigten
tionen möglich. Diese sind Voraussetzung für die                  Interessen der nationalen Wirtschaft mehr als
Überwindung der Wirtschafts- und Finanzkrise in                   bisher im Auge zu behalten und ggf. auch einmal
Deutschland.                                                      die Notbremse zu ziehen. Es kann nicht sein, dass
                                                                  Deutschland als Musterschüler Europas sämtliche
Die deutsche Bauwirtschaft ist mit einem Investi-                 Liberalisierungen der Märkte offensiv mitträgt und
tionsvolumen von ca. 250 Mrd. Euro eine Schlüs-                   gleichzeitig die daraus resultierenden Verwerfun-
selbranche in unserem Land. Ihr Stellenwert                       gen auf dem heimischen Bauarbeitsmarkt nicht in
resultiert nicht allein aus ihrer Größe, sondern                  den Griff bekommt.
auch aus der Tatsache, dass sie Investitionsgüter
herstellt und Arbeitsplätze im Inland zur Verfügung               Wir, die wir die deutsche Bauwirtschaft mit ihren
stellt, was für jede Volkswirtschaft von entschei-                mehr als 300.000 Betrieben und mehr als 3 Mio.
dender Bedeutung ist.                                             Beschäftigten repräsentieren, haben uns mit der
                                                                  vorliegenden Schrift auf Forderungen beschränkt,
Heimische Baubetriebe und damit Arbeitsplätze                     die vorrangig die Bauwirtschaft betreffen. Den-
können nur dann gesichert werden, wenn die                        noch sind wir der Auffassung, dass - würden un-
hohen Lohnzusatzkosten gesenkt und der Ar-                        sere Vorstellungen Wirklichkeit - viele Probleme in
beitsmarkt deutlich flexibilisiert und dereguliert                unserem Lande einer guten Lösung näher wären.
werden. Darüber hinaus müssen illegale Beschäf-                   In diesem Sinne hoffen wir, dass unsere Forde-
tigung und Schwarzarbeit nachhaltig und wirksam                   rungen Eingang in die politische Arbeit der kom-
bekämpft werden.                                                  menden Legislaturperiode finden. Wir fordern
                                                                  ferner, dass die Verbände als mitgestaltender
Diese politischen Forderungen richten sich an                     Dialogpartner der Politik frühzeitig und fair in
diejenigen, die für die nächsten vier Jahre die                   politische Überlegungen und Gesetzgebungsver-
Geschicke unseres Landes bestimmen, an die Ab-                    fahren einbezogen werden, um Fehlentwicklungen
geordneten des Deutschen Bundestages und die                      zu verhindern
Mitglieder der Bundesregierung. Sie sollen aber
auch all jenen als Richtschnur dienen, die darüber
hinaus unmittelbar oder mittelbar an politischen
Entscheidungen beteiligt sind.

                                               Karl-Heinz Schneider
                                               Vorsitzender Bundesvereinigung Bauwirtschaft

                                               Stefan Thurn
                                               Präsident Bundesverband Deutscher
                                               Baustoff-Fachhandel e.V.

                                               Dr. Hans Georg Leuck
                                               Vorsitzender Deutsche Gesellschaft
                                               für Mauerwerksbau e.V.

                                               Dr.-Ing. Hans-Hartwig Loewenstein
                                               Präsident Zentralverband Deutsches Baugewerbe

Politische Forderungen der deutschen Bauwirtschaft zur Bundestagswahl 2009                                                        5
Ordnungs- und Wirtschaftspolitik

           Deutschland hat viele Potenziale, die das Land in         stand leistet damit eine wichtige gesellschaftliche
           der Vergangenheit voran gebracht haben. Zu die-           Arbeit. Der Mittelstand schafft immer wieder neue,
           sen großen Potenzialen gehört ein leistungsfähi-          innovative Berufsfelder. Viele Länder beneiden
           ger Mittelstand. Über seine wirtschaftliche Bedeu-        uns um die duale Berufsausbildung in Deutsch-
           tung hinaus ist dieser auch eine gesellschaftliche        land. Ohne den Mittelstand gäbe es diese Erfolgs-
           Kraft, er bildet den Kern einer breiten bürgerlichen      geschichte nicht. Deshalb ist eine Politik, die den
           Mitte. Die mittelständischen Unternehmen stehen           Mittelstand stärkt, die beste Bildungspolitik.
           für unternehmerische Verantwortung, für Arbeits-
           und Ausbildungsplätze in Deutschland. Diese Un-           Die mittelständischen Unternehmer wie auch
           ternehmenskultur gilt es zu fördern und zu stärken        besonders die Handwerksmeister, die auf eige-
           – im Interesse unseres Landes. D. h.: Deutschland         nes Risiko mit ihrem Geld sich und anderen eine
           braucht eine Politik, die den Mittelstand stärkt.         Existenz aufgebaut haben, die vor Ort leben und
                                                                     arbeiten und ihre Kunden kennen, haben ein
           Die mittelständische Bauwirtschaft erwirtschaftet         anderes Verantwortungsbewusstsein für die Men-
           mehr als 68 % des gesamten Umsatzes, der auf              schen in ihrer Heimat als anonyme Großkonzerne.
           deutschen Baustellen erwirtschaftet wird. Sie             Standortpflege und gemeinnütziges Engagement
           beschäftigt 80 % aller gewerblichen Arbeitnehmer          vor Ort sind im Mittelstand besonders ausgeprägt.
           und bildet mehr als 80 % aller Lehrlinge am Bau           Deshalb ist eine Politik, die den Mittelstand stärkt,
           aus. Sie ist es auch, die das Gros der Bauleis-           die beste Standortpolitik.
           tungen erbringt. Deshalb ist eine Politik, die den
           Mittelstand stärkt, die beste Wirtschaftspolitik. Die     Deutschland braucht endlich ein mittelstands-
           mittelständischen Unternehmen des deutschen               freundliches Klima. Die Politik muss mittelstands-
           Bau- und Ausbauhandwerks bieten eine breite               freundliche Rahmenbedingungen schaffen. Die
           Berufspalette, die jedem nach seinen Fähigkei-            Politik muss den Mittelstand als Rückgrat unseres
           ten und Talenten die Chance auf Teilhabe gibt.            Landes anerkennen und unterstützen. Vorurteile,
           Deshalb ist eine Politik, die den Mittelstand stärkt,     Neid und Misstrauen gegen Menschen, die durch
           auch die beste Arbeitsmarktpolitik.                       harte Arbeit, auf eigenes Risiko und mit hoher
                                                                     Verantwor-tungsbereitschaft für sich und andere
           44 Prozent des Steueraufkommens aus Unterneh-             erfolgreich sind, müssen bekämpft werden.
           men und Kapitaleinkommen leistet der deutsche
           Mittelstand. Ohne das erfolgreiche Wirtschaften           Bürokratie blüht auf einem dichten Geflecht aus
           von Mittelständlern könnten in Deutschland keine          Gesetzen und Vorschriften. Deutschland mangelt
           Schulen, keine Straßen und keine öffentliche              es an Existenzgründern und Selbstständigen. Die
           Sicherheit finanziert werden. Die Finanzpolitik           notwendige Eigeninitiative wird durch Genehmi-
           sollte sich zudem an der mittelständischen Tugend         gungs- und Zustimmungsverfahren behindert.
           orientieren, dass vor dem Ausgeben das Erwirt-
           schaften kommt. Deshalb ist eine Politik, die den         Durch die Beantwortung unzähliger Anfragen,
           Mittelstand stärkt, die beste Finanzpolitik.              Abfragen und Umfragen entstehen den Betrieben
                                                                     Kosten in Milliardenhöhe. Das Bestimmungsdi-
           Der Mittelstand sorgt mit seinen Beiträgen für die        ckicht erfordert speziell bei kleinen und mittleren
           Finanzierung unserer sozialen Sicherungssysteme.          Unternehmen externe Unterstützung und treibt die
           Ohne Mittelstand gibt es keine Rentenversiche-            ohnehin starke zeitliche und finanzielle Belastung
           rung. Ohne Mittelstand gibt es kein leistungsfähi-        noch weiter nach oben.
           ges Gesundheitswesen. Ohne Mittelstand wäre
           die Pflegeversicherung schon heute am Ende.               Die Vielzahl von Gesetzen und Vorschriften ist
           Viele Mittelständler fühlen sich dem Wohl ihrer           daher zu durchforsten und auf die notwendigen
           Mitarbeiter über die Arbeitszeit hinaus besonders         Bestimmungen zu reduzieren. Die sachgerechte
           verpflichtet. Deshalb ist eine Politik, die den Mittel-   Ausgestaltung - und nicht die Wahrung von Besitz-
           stand stärkt, die beste Sozialpolitik.                    ständen - muss dabei die Maxime im Gesetzge-
                                                                     bungsprozess sein. Gerade die Umsetzung von
           Der Mittelstand bildet über den eigenen Bedarf            EU-Richtlinien muss 1:1 erfolgen, ohne zusätzliche
           hinaus junge Menschen aus und bietet ihnen die            nationale Verschärfungen.
           Möglichkeit, in vielfältigen Lehrberufen Qualifika-
           tionen zu erwerben, Erfahrungen zu sammeln und            Auch beim Bürokratieabbau ist der Fokus auf eine
           sich selbst Zukunftschancen zu eröffnen. Vielen           mittelstandsgerechte Handhabung von Gesetzen,
           jungen Menschen mit Integrationsschwierigkeiten           Vorschriften und Normen zu richten.
           bietet der Mittelstand die Chance, das Leben zu
           meistern, ein Selbstwertgefühl zu entwickeln und          Eine mittelstandsorientierte Politik ist die beste
           Eigenverantwortung zu übernehmen. Der Mittel-             Wirtschafts- und Ordnungspolitik.

6
Neben der Orientierung auf die mittelständische                          Bauinvestitionen nutzen dem Mittelstand und
Wirtschaft als dem Leistungsträger der Volks-                            sichern Arbeitsplätze!
wirtschaft schlechthin gilt es, eine grundsätzlich                       Bauinvestitionen kommen der regionalen Wirt-
angebotsorientierte Politik zu verfolgen, die auf                        schaft vor Ort zugute. Rund 80 % aller Beschäftig-
Investitionen setzt und nur wenig Steuergelder für                       ten und Auszubildenden der deutschen Bauwirt-
konsumtive Zwecke verwendet.                                             schaft sind in den mittelständischen Bauunterneh-
                                                                         men tätig. Sie erbringen ca. 70 % der Bauproduk-
Denn inländische Investitionen sind Grundlage                            tion. Damit sichern Investitionen in die kommunale
und Ausdruck für wirtschaftliches Wachstum und                           Infrastruktur die Arbeitsplätze vor Ort.
Mehrung des Wohlstandes. Sie sind Vorausset-
zung für die Schaffung und den Erhalt von Arbeits-
plätzen in Deutschland.

                                         Entwicklung der Bauinvestitionen insgesamt
                                                     in Preisen von 2000
   Mrd. Euro

   300

           257
                                                         242
   250
                                                                                                                    213    219
                                                                                                             209
                                                                                                      199
   200

   150

   100

    50

     0
           1995       1996       1997   1998   1999      2000     2001      2002   2003     2004      2005   2006   2007   2008

                                           Wohnungsbau          Wirtschaftsbau     Öffentlicher Bau
     Quelle: Statistisches Bundesamt

Bauinvestitionen sind deshalb nicht nur zwingend                         Bauinvestitionen schaffen langfristige Werte!
erforderlich, sondern haben im Hinblick auf die                          Bauinvestitionen entfalten eine langfristige Wir-
konjunkturelle Entwicklung auch weitere Vorteile:                        kung. Ein in die kommunale Infrastruktur investier-
                                                                         ter Euro zieht Folgeinvestitionen von drei bis vier
Bauinvestitionen stabilisieren die Binnenkon-                            Euro nach sich und schafft damit Arbeitsplätze in
junktur!                                                                 den vor- und nachgelagerten Bereichen. Gleich-
Bauinvestitionen wirken rein binnenwirtschaftlich                        zeitig profitieren die Kommunen von der sanierten
und fließen nicht ins Ausland ab. Konsumtive Aus-                        Infrastruktur. Eine verbesserte Bildungsinfrastruktur
gaben haben demgegenüber aufgrund der welt-                              stärkt langfristig die Wettbewerbsfähigkeit unseres
wirtschaftlichen Verflechtung nur einen begrenzten                       Landes.
Effekt für die Binnenwirtschaft.

Politische Forderungen der deutschen Bauwirtschaft zur Bundestagswahl 2009                                                        7
Klimaschutz- und Umweltpolitik

           Klimaschutz ist eine Bauaufgabe.                     Die Gründe für die Investitionszurückhaltung sind
                                                                in
           Die klimaschutzpolitischen Ziele der Bundesregie-    - fehlender bzw. unzureichender Förderung,
           rung lassen sich nur durch eine flächendeckende      - den hohen Investitionskosten,
           und zügige energetische Modernisierung des Ge-       - unklaren Rahmenbedingungen mit konkurrieren-
           bäudebestandes erreichen. Von allen technischen         den und widersprechenden Zielgrößen (EnEV/
           Klimaschutzmaßnahmen weist die energetische             Primärenergieeinsparung und EEWärmeG/an-
           Gebäudemodernisierung das beste Kosten-Nut-             teilige Nutzungspflicht),
           zen-Verhältnis auf. Bei einem Anteil von über 40 %   - Fehlsteuerungen anderer gesetzlicher Vorschrif-
           des Endenergieverbrauchs bieten sich hier große         ten,
           ungenutzte Einsparpotenziale.                        - fehlender Technologieoffenheit,

           Um den Energieverbrauch der ca. 25 Mio. moder-       - bürokratischen und intransparenten Förderpro-
           nisierungsbedürftigen Wohnungen, das sind rund         grammen,
           zwei Drittel des Wohnungsbestandes, maßgeb-          - mietrechtlichen Restriktionen (Stichwort: Mieter-
           lich zu senken, müssen in einem ausgewogenen           Investor-Dilemma) sowie
           Verhältnis Maßnahmen zur Wärmedämmung der            - unterschiedlichen Rahmenbedingungen auf
           Gebäudehülle sowie zur Modernisierung der Ge-          Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zu
           bäudetechnik ergriffen werden.                         sehen.

           Trotz der diversen bestehenden Förderinstrumente
           ist bislang keine Beschleunigung der energeti-       Konkret fordert die deutsche Bauwirtschaft:
           schen Gebäudemodernisierung zu verzeichnen.
           Bei Beibehaltung des bisherigen Tempos würde             Die energetische Modernisierung des Ge-
           sich die energetische Gebäudemodernisierung          bäudebestandes muss als gesellschaftliche Auf-
           über einen Zeitraum von mehr als 185 Jahre hin-      gabe nachhaltig und effizient gefördert werden.
           ziehen. Für eine nachhaltige und zeitnahe ener-
           getische Modernisierung des Gebäudebestandes         Für Baumaßnahmen, insbesondere für Maßnah-
           innerhalb der nächsten 15 Jahre sind zusätzliche     men zur Energieeinsparung ist der Mehrwertsteu-
           Investitionen in Höhe von mindestens 20 Mrd. Euro    ersatz zu reduzieren. Die Beispiele Italien und
           jährlich erforderlich.                               Frankreich zeigen beachtenswerte Effekte dieses
                                                                Instrumentes.

8
Die darüber hinaus gehende Förderung muss in                            Die Nutzung erneuerbarer Energien wie
einem systematischen Konzept von aufeinander                      z. B. der Solarthermie und der Geothermie,
abgestimmten staatlichen Zuschüssen, steuerlicher                 bedarf ebenfalls einer gesonderten Förderung.
Abschreibung, Abzug von der Steuerschuld und
zinsverbilligten Darlehen unter besonderer Berück-                Die bei vielen Förderprogrammen geforderte
sichtigung der Energieeinsparung und Profitabilität               Umsetzung von Maßnahmenpaketen zur en-
erneuerbarer Energien erfolgen.                                   ergetischen Modernisierung überfordert viele
                                                                  Eigentümer. Daher sollten auch anhand einer
                                                                  Energieberatung als sinnvoll ausgewiesene Einzel-
    Die der Energieeinsparverordnung (EnEV)                       maßnahmen gefördert werden.
zugrunde liegenden Nachweisverfahren (DIN
18599) sind praxisnäher zu gestalten, ohne das                    Bonusprogramme schaffen eine ideale Ergänzung,
Anforderungsniveau zu senken.                                     um neuen Technologien den Schritt über die Wirt-
                                                                  schaftlichkeitsschwelle zu erleichtern.
Zielgröße aller Förderinstrumente muss allerdings
in Analogie zur Bewertung der Gebäudeenergie-
effizienz die Reduzierung des Primärenergiebe-                     Nachhaltig Bauen!
darfs sein. Hierdurch erreicht man die für eine
wirtschaftliche Umsetzung erforderliche Maßnah-                   Eine nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsweise ist
men- und Technologieoffenheit, berücksichtigt                     darauf ausgerichtet, dass auch zukünftige Genera-
die Vorteile der Nutzung regenerativer Energien                   tionen in einer lebenswerten, ökologisch intakten
und schafft die gewünschten Anreize zur Absen-                    sowie ökonomisch und sozial funktionierenden
kung der Treibhausgas-Emissionen. Erneuerbare                     Umwelt leben können. In diesem Sinne ist die
Energien sind ebenso effizient zu nutzen wie kon-                 Nachhaltigkeit selbstverständlich Richtschnur für
ventionelle Energieträger und müssen konsequen-                   das Bauen.
terweise zumindest anteilig auch vom Primärener-
giebegriff umfasst sein.                                          Bei entsprechender Anpassung an die heutigen
                                                                  Bedürfnisse erfreuen sich die vor über 100 Jahren
Für kleinere Investitionsvorhaben in die selbstge-                in guter handwerklicher Qualität errichteten Alt-
nutzte Immobilie bieten sich Zuschüsse und Steu-                  bauwohnungen auch heute noch großer Nach-
erabzüge an. Hier sollte geprüft werden, ob die                   frage. Dies zeugt davon, dass das Bauhandwerk
Primärenergieeinsparung mit einfachen Ansätzen                    schon seinerzeit ausgesprochen nachhaltige Ge-
abgeschätzt werden kann, um eine einfache und                     bäude mit geringem Energieaufwand und Res-
unbürokratische Förderung zu ermöglichen.                         sourcenverbrauch zu errichten vermochte.

Der Gebäudeenergieausweis bietet im Bereich                       Vor dem Hintergrund des Klimaschutzes und der
der größeren Sanierungsmaßnahmen eine ver-                        technischen Innovationen sind jedoch heute wei-
lässliche Grundlage zur Feststellung der Primär-                  tergehende Anforderungen an die Nachhaltigkeit
energieeinsparung. Mit zinsverbilligten Darlehen                  von Gebäuden zu stellen. Neben einem geringen
oder auch Investitionszuschüssen und Abzug von                    Energie- und Ressourcenverbrauch bei der Errich-
der Steuerschuld sollten alternative Fördermög-                   tung der Gebäude und einer hohen Energieeffi-
lichkeiten geprüft werden. Im Bereich der Miet-                   zienz im Betrieb kommt der ökologischen Wohn-
und gewerblich genutzten Immobilien sind die                      qualität, der bedarfsgerechten Grundrissgestal-
steuerlichen Absetzungsmöglichkeiten deutlich zu                  tung, der Barrierefreiheit sowie einem lebenswer-
verbessern.                                                       ten Wohnumfeld entscheidende Bedeutung zu. In
                                                                  diesen Anforderungen spiegelt sich das Drei-Säu-
Die Festschreibung von Nutzungspflichten für                      len-Modell der Nachhaltigkeit wider: Nachhaltiges
regenerative Energien steht im Widerspruch zu                     Bauen muss die ökologischen, ökonomischen und
der im Gebäudebereich maßgeblichen Zielgröße                      sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichti-
Primärenergiebedarf. Sie ist daher – insbesonde-                  gen.
re im Bereich der energetischen Sanierung von
Gebäuden – als kontraproduktiv abzulehnen.                        Von Seiten des Bundesministeriums für Verkehr,
                                                                  Bau und Stadtentwicklung wurde nunmehr ein
                                                                  Gütesiegel für Nachhaltiges Bauen vorgestellt,
                                                                  das die Nachhaltigkeitsaspekte in einen glei-
                                                                  chermaßen formalen wie auch umfangreichen
                                                                  Kriterienkatalog zu bewerten versucht. Wenngleich

Politische Forderungen der deutschen Bauwirtschaft zur Bundestagswahl 2009                                            9
das Gütesiegel zunächst nur für größere Büro- und      heute auf die demografischen Veränderungen, die
     Verwaltungsgebäude als freiwilliges Zertifikat         Wanderungsbewegungen innerhalb Deutschlands
     konzipiert wurde, wird aber auch die Übertragung       und den Klimawandel gezielt reagieren. Konkret
     des Bewertungssystems und des Gütesiegels auf          bedeutet das, für eine immer größere Zahl von äl-
     andere Gebäudetypen aller Größenordnungen              teren Menschen geeigneten und in Deutschlands
     einschließlich von Wohn- und Bestandsbebäuden          Wachstumsregionen insgesamt ausreichenden
     diskutiert.                                            Wohnraum zur Verfügung zu stellen und dabei
                                                            gleichzeitig die Energieeffizienz im Wohnbereich
     Etliche der Bewertungskriterien lassen eine objek-     maßgeblich zu steigern.
     tive, nachprüfbare Beurteilung vermissen. Das Gü-
     tesiegel ist in der vorliegenden Form jedoch nicht     Viele ältere Menschen wünschen sich ein würdi-
     geeignet, die Nachhaltigkeit von Gebäuden ob-          ges und selbstständiges Leben im Alter in der ei-
     jektiv und nachvollziehbar zu bewerten. Durch die      genen Wohnung. Dafür benötigen sie Wohnungen
     Unschärfe und Komplexität des Gütesiegels wird         mit geeigneten Grundrissen, größeren Sanitärräu-
     die Nachhaltigkeit des Bauens nicht gefördert,         men, breiteren Türen und Fluren sowie Aufzügen.
     sondern ein weiteres bürokratisches Hemmnis für        Vorliegende Studien der Immobilienwirtschaft
     Bauinvestitionen geschaffen.                           belegen, dass derzeit nur rund 1 % aller Wohnun-
                                                            gen seniorengerecht gestaltet ist. Die Schaffung
     Daher stehen bedeutende Teile der Bau- und             von geeignetem Wohnraum für ältere Menschen
     Immobilienwirtschaft dem skeptisch bis kritisch        hat aber auch einen finanziellen Aspekt: Das von
     gegenüber.                                             den meisten Senioren gewünschte Wohnen in den
                                                            eigenen Vier-Wänden entlastet die Sozialsysteme.
                                                            Häusliche Pflegeangebote sind bis zu 1.950 Euro
     Konkret fordert die deutsche Bauwirtschaft:            pro Monat günstiger als die stationäre Pflege.

          Zur Förderung der Nachhaltigkeit bedarf           Neben den demografischen Herausforderungen
     es eines objektiven und wirtschaftlich handhab-        sind wir mit dem Phänomen des Klimawandels
     baren Nachhaltigkeitszertifikates für Wohn- und        konfrontiert. Das Erreichen der Klimaschutzziele
     Bestandsgebäude, das keinen Hemmschuh für              hängt entscheidend von der Entwicklung auf dem
     Bauinvestitionen darstellt.                            Wohnungsmarkt ab.

     Das für Büro- und Geschäftsbauten vom Bundes-          Die Antwort der Bauwirtschaft auf diese kombi-
     ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung      nierte Problemstellung ist der nachhaltige Woh-
     vorgestellte Konzept eines Nachhaltigkeitszertifi-     nungsbau. Nachhaltiger Wohnungsbau bezeichnet
     kats für Büro- und Geschäftsbauten ist derzeit nicht   dabei die Neuerstellung von Wohnraum an Stelle
     auf Wohn- und Bestandsbauten übertragbar. Die          von überalterter Bausubstanz, wenn die bedarf-
     Beurteilung der Nachhaltigkeit von Wohn- und Be-       sangepasste Modernisierung und energetische
     standsgebäuden muss anhand eines überschau-            Sanierung höhere Kosten verursachen als Abriss
     baren, plausiblen und einer Überprüfung stand-         und Neubau.
     haltenden Bewertungskatalogs erfolgen. Der hohe
     Standard der deutschen Wohnungsbaunormen               Die Einbindung des Bestandsersatzes hat noch
     insbesondere im Wärme-, Schall- und Brandschutz        eine weitere Dimension für die Nachhaltigkeit im
     macht eine zusätzliche Zertifizierung dieser Nach-     Wohnungsbau: Neue Wohnungen sollten an der
     haltigkeitsziele weitestgehend entbehrlich. Der        richtigen Stelle entstehen. Wohnungsbau ist auch
     Schwerpunkt ist auf die übrigen, quantifizierbaren     ein geeignetes Instrument zur städtebaulichen
     Kriterien zu legen. Es dürfen nur ökologische, öko-    Aufwertung und Weiterentwicklung von Wohn-
     nomische und soziologische Kriterien Berücksich-       und Stadtquartieren. Denn mit der Entfernung
     tigung finden, die für den betrachteten Nutzungs-      überalterter Bausubstanz und ihrem Ersatz durch
     zeitraum des Gebäudes valide prognostizierbar          neue, moderne Wohnungen lässt sich die soziale
     sind.                                                  Infrastruktur ganzer Stadtteile erhalten und positiv
                                                            gestalten.

         Die demografische Entwicklung wie auch
     der Klimawandel erfordern einen nachhaltigen
     Wohnungsneubau.

     Ein besonderer Aspekt für Nachhaltigkeit im
     Wohnungsbau ergibt sich aus den neuen Heraus-
     forderungen: Nachhaltiger Wohnungsbau muss

10
Finanz- und Steuerpolitik

Steuer- und Abgabenbelastung deutlich senken!                     Unsere stark konjunkturabhängigen Unternehmen
                                                                  müssen daher auf die Thesaurierungsbegünsti-
Das Anspruchsdenken des Einzelnen gegenüber                       gung verzichten. Die Verwendungsreihenfolge bei
Staat und Gesellschaft ist nach wie vor ausge-                    den Entnahmen im Rahmen der Thesaurierungs-
prägt und wird von Seiten der politisch Verant-                   begünstigung ist zu Gunsten einer Wahlfreiheit zu
wortlichen immer weiter gefördert. Dies führt zu                  ändern.
einer hohen Umverteilung von Einkommen durch
Steuern und Abgaben. Die Abgabenquote lag
2008 fast auf dem gleichen Niveau wie im Jahr                         Einführung einer Sofortabschreibungs-
2005. Gleichzeitig erreicht die Staatsverschuldung                grenze von 1.000 Euro pro Wirtschaftsgut.
immer neue Rekordwerte. 2004 waren es mit 1.430
Milliarden und im Jahr 2008 1.517 Milliarden Euro                 Im Rahmen der Unternehmenssteuerreform wur-
und damit über 60 % des Bruttoinlandsprodukts.                    de die Sofortabschreibung für geringwertige
Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte                     Wirtschaftsgüter bis auf eine Bagatellgrenze von
muss von der Ausgabenseite angegangen wer-                        100 Euro abgeschafft. Zusätzlich zum Liquiditäts-
den. Die Zuordnung und Finanzierung der gegen-                    nachteil entstand bei der Poolabschreibung der
wärtigen Leistungen der staatlichen Daseinsfürsor-                Wirtschaftsgüter von 100 – 1.000 Euro ein admi-
ge gehören auf den Prüfstand.                                     nistrativer Mehraufwand. Die jährlichen Bürokra-
                                                                  tiekosten der Unternehmen dafür betragen laut
                                                                  Normenkontrollrat 180 Mio. Euro.
Konkret fordert die deutsche Bauwirtschaft:

     Unternehmenssteuerreform nachbessern!                            Kalte Progression stoppen – Mehr Netto
                                                                  vom Brutto.
Bei der Unternehmenssteuerreform 2008 wurden
die kleinen und mittelständischen Unternehmen                     Die kalte Progression führt dazu, dass Arbeitneh-
benachteiligt. Sie fallen durch das Begünstigungs-                mer bei Lohnzuwächsen überproportional große
raster der Reform, die eindimensional zur Entlas-                 Steuererhöhungen hinnehmen müssen, weil sie
tung der großen Kapital- und Personengesellschaf-                 auch bei Lohnersteigerungen, die nur die Infla-
ten führt. Sie werden aber von den Maßnahmen                      tion ausgleichen, in einen höheren Steuersatz
zur Gegenfinanzierung, der Beschränkung der So-                   kommen. Heute wird bereits mit dem 1,3-fachen
fort-Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter                 des Durchschnittseinkommens die steuerliche
und der Abschaffung der degressiven Abschrei-                     Spitzenbelastung erreicht. Vor ca. 50 Jahren war
bung, voll getroffen. Diese einseitige Steuerbelas-               noch das 17-fache des Durchschnittseinkommens
tung bedarf weiterer Korrekturen.                                 notwendig, um den Spitzentarif zahlen zu müssen.
                                                                  Gerade die Mittelschicht wird dadurch erheblich
                                                                  benachteiligt, denn aufgrund des steilen Einkom-
   Nachbesserung der Thesaurierungs-                              mensteuertarifs wirkt sich die kalte Progression
begünstigung.                                                     bei unteren und mittleren Einkommen überpropor-
                                                                  tional aus. Aufgrund dieses „Mittelstandsbauchs“
Die Thesaurierungsbegünstigung wurde mit dem                      zahlen inzwischen nicht mehr nur Topverdiener,
Ziel geschaffen, die Eigenkapitalbasis der kleinen                sondern bereits Handwerksmeister und Fachkräfte
und mittleren Betriebe zu stärken. Dies wurde nicht               den Spitzensteuersatz. Zudem werden auch Perso-
erreicht. Nach der Regelung können einbehaltene                   nengesellschaften dadurch benachteiligt.
Gewinne im Unternehmen belassen (thesauriert)
und auf Antrag begünstigt mit einem niedrigeren
Steuersatz in Höhe von 28,25 % belegt werden.                          Die Eckwerte der Tarife sollten künftig an
Allerdings müssen später entnommene Beträge,                      die Inflationsentwicklung gekoppelt werden, um
die dem ermäßigten Thesaurierungssteuersatz                       die heimlichen Steuererhöhungen dauerhaft zu
unterlagen, mit 25 % nachversteuert werden.                       verhindern.
Dabei wird unterstellt, dass Entnahmen stets aus
der Thesaurierungsrücklage stammen, auch wenn                     Das kaufkraftbereinigte Jahresnettoeinkommen ei-
andere, bereits progressiv versteuerte Gewinn-                    nes durchschnittlichen Arbeitnehmerhaushaltes hat
rücklagen bestehen. Die Thesaurierungslösung ist                  ab 2003 sowohl bei einem ledigen als auch bei
nur bei sehr langfristiger Investition der Gewinne                einem verheirateten Durchschnittsverdiener stän-
vorteilhafter als die Aufnahme von Fremdkapital.                  dig abgenommen. Die Abwärtstendenz hat sich
Mittelständische Bauunternehmen können – meist                    nach Aussage der Bundesregierung zuletzt noch
gezwungenermaßen aufgrund ihrer stark volatilen                   verstärkt. Nettolöhne müssen nach Abzug von
Gewinne – nur kurz- bis mittelfristig investieren.                Steuern und Sozialversicherungsabgaben aber

Politische Forderungen der deutschen Bauwirtschaft zur Bundestagswahl 2009                                            11
ein deutliches Plus gegenüber jenen garantieren,     Damit würde nicht nur eine konjunkturelle Bele-
     die keiner Beschäftigung nachgehen. Nur eine Ent-    bung bewirkt und Arbeitsplätze im Bauhandwerk
     lastung der Leistungsträger der Gesellschaft führt   gesichert, sondern auch ein Anreiz geschaffen,
     unserer Ansicht nach zu einer dauerhaften Steige-    legal Aufträge zu vergeben, und somit Schwarz-
     rung der Konsum- und Investitionsbereitschaft, die   arbeit eingedämmt. Im ersten Jahr nach Einfüh-
     langfristig Arbeitsplätze sichert.                   rung des Steuerbonus für Handwerkerleistungen
                                                          im Jahr 2006, sank die Arbeitslosigkeit in den be-
                                                          günstigten Handwerksberufen signifikant um 31 %,
     Steuerliche Anreize für legale Arbeit schaffen!      was zum großen Teil dem Steuerbonus zuzuschrei-
                                                          ben ist. Mit einem einheitlichen Förderbetrag
     Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung sind        würde auch ein Beitrag zur Steuervereinfachung
     Grundprobleme der deutschen Bauwirtschaft. Sie       geleistet. Ein attraktiver, verbesserter Steuerbonus
     haben ihre ganz wesentliche Ursache in der zu        für Handwerkerleistungen hat außerdem einen ho-
     hohen Belastung des Faktors Arbeit mit Steuern       hen Selbstfinanzierungseffekt durch die zusätzlich
     und Abgaben. Dies hat zur Folge, dass insbeson-      erzielten Steuern und Sozialversicherungsbeiträge.
     dere private Wohnungseigentümer dazu neigen,
     Bauaufträge „schwarz“ ausführen zu lassen.           Damit ältere Menschen bei leichter Pflegebedürf-
                                                          tigkeit in ihrem eigenen Umfeld bleiben können
                                                          und nicht in ein Pflegeheim umziehen müssen,
     Konkret fordert die deutsche Bauwirtschaft:          bedarf es in vielen Fällen einer altersgerechten
                                                          Sanierung der Wohnungen. Mit einem solchen
         Kräftige Wachstumsimpulse durch eine             Umbau kann rund 90 % aller Pflegebedürftigen
     deutliche Verbesserung des Steuerbonus für           ein längerer Aufenthalt in ihren eigenen vier
     Handwerkerleistungen.                                Wänden ermöglicht werden. Damit würden die
                                                          Pflegeversicherung und die Sozialkassen enorm
     Um private Haushalte zu Investitionen anzureizen,    entlastet. Um als Anreiz für altersgerechte Umbau-
     die der mittelständischen Bauwirtschaft zugute       maßnahmen Wirkung zu entfalten, ist für den Steu-
     kommen, ist es erforderlich, den Steuerbonus         erbonus für Handwerkerleistungen allerdings ein
     für Handwerkerleistungen deutlich attraktiver zu     größeres Fördervolumen erforderlich als derzeit.
     gestalten. Ab 2009 können haushaltsnahe Dienst-      Auch dies spricht dafür, die Handwerkerleistungen
     leistungen steuerlich verbessert abgesetzt werden    in die Regelung des § 35 a Abs. 2 EStG mit einem
     mit 20% der Aufwendungen, max. 4.000 Euro. Wir       Fördervolumen von 20.000 Euro einzuschließen.
     begrüßen diese Ausweitungen des Fördervolu-
     mens auf 20.000 Euro. Es ist jedoch nicht sachge-
     recht, dass Handwerkerleistungen für Ausbau-,            Umstellung der Soll-Versteuerung auf eine
     Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen             generelle Ist-Versteuerung.
     nicht in diesen erhöhten Förderbetrag einbezogen
     werden.                                              Jahr für Jahr entgehen dem Fiskus in Folge
                                                          ausufernden Betruges Umsatzsteuereinnahmen in
                                                          Milliardenhöhe. Das ist möglich, weil das beste-
         Einbeziehung der Handwerkerleistungen in         hende All-Phasen-System mit Soll-Besteuerung
     das erhöhte Fördervolumen des § 35 a Abs. 2          extrem betrugsanfällig ist. Diese systembedingte
     EStG.                                                Betrugsanfälligkeit muss beseitigt werden.
                                                          Für die baugewerblichen Unternehmen brächte
     Auch die Handwerkerleistungen sind in die Re-        eine solche Umstellung zudem spürbare Liquidi-
     gelung des § 35 a Abs. 2 EStG mit einem Förder-      tätsentlastungen. Denn für sie ist der Umstand
     volumen von 20.000 Euro mit einzubeziehen. Der       besonders schmerzlich, dass die Steuerfälligkeit
     Steuerpflichtige sollte dann selbst entscheiden      – zum Zeitpunkt der Fertigstellung – und der
     können, ob er den Steuerbonus für haushaltsnahe      Zufluss der Zahlungen des Auftraggebers oft weit
     Beschäftigungsverhältnisse, Dienst-, Pflege- oder    auseinanderfallen. Verschärft wird dieser system-
     Betreuungsleistungen oder für Handwerkerleis-        bedingte Nachteil durch die schlechte Zahlungs-
     tungen nutzen will. Dadurch würden die privaten      moral der Auftraggeber.
     Haushalte steuerlich entlastet, die Schwarzarbeit
     eingedämmt und Arbeits- und Ausbildungsplätze
     im Baugewerbe gesichert. Auch würden Anreize
     für eine altersgerechte Sanierung der Wohnung
     gesetzt.

12
Wohnungs- und Städtebaupolitik

     Ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf ar-                         Steuerliche Anreize für Klimaschutz und Woh-
beitsintensive Bauleistungen im Wohnungsbau                        nungsbau schaffen.
einführen; Umsetzung der EU-Richtlinie in natio-
nales Recht.                                                      In Wachstumsregionen und Regionen mit erhöh-
                                                                  tem Bedarf, z. B. Universitätsstädten, stagniert
Während die Mehrheit aller EU-Mitgliedsländer                     der Mietwohnungsneubau seit Jahren in hohem
einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für ar-                       Maße. Nach der Bevölkerungs- und Haushaltspro-
beitsintensive Dienstleistungen anwendet, sind in                 gnose des Bundesamtes für Bauwesen und Raum-
Deutschland die Arbeitskosten durch die Mehr-                     ordnung steigt die Wohnflächennachfrage bis
wertsteuererhöhung zum 1. Januar 2007 sogar                       2020 jährlich um 0,4 % an. Allein daraus leitet sich
um 3 Punkte gestiegen. Im Sommer 2008 legte                       ein Neubaubedarf von rund 220.000 Wohneinhei-
die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag zu                   ten pro Jahr im Zeitraum 2007 – 2020 ab. Darüber
reduzierten Mehrwertsteuersätzen vor. Darin soll                  hinaus besteht ein zusätzlicher Bedarf von ca.
allen Mitgliedstaaten auf Dauer die Möglichkeit                   150.000 Wohneinheiten pro Jahr. Der Wohnungs-
gewährt werden, auf arbeitsintensive Dienstleis-                  neubau bewegt sich seit Jahren unter dem tat-
tungen reduzierte Mehrwertsteuersätze anzu-                       sächlich benötigten Bedarf. Im Jahr 2007 wurden
wenden. Insbesondere schlug die Kommission                        nur 210.700 Wohnungen fertig gestellt, in 2008 lag
reduzierte Mehrwertsteuersätze für den gesamten                   diese Zahl sogar unter der Marke von 200.000.
Wohnungsbau vor. Diesen Bestrebungen hat sich                     Deutschland benötigt aber mehr Wohnungen für
die Bundesrepublik Deutschland bislang verschlos-                 ältere Menschen, Familien und Singles.
sen.
                                                                  Die aktuelle Studie „Wohnungsmangel in Deutsch-
Nachdem sich nun aber Frankreich und Deutsch-                     land?“ des Eduard Pestel Instituts kommt sogar zu
land geeinigt haben, rückt die Verabredung der                    dem Ergebnis, dass bis zum Jahr 2025 bundesweit
entsprechenden EU-Richtlinie in greifbare Nähe.                   rund 400.000 Wohnungen jährlich neu erstellt
Sie muss dann noch in nationales Recht umgesetzt                  werden müssen.
werden.
                                                                  Dieser Gesamtbedarf an neu gebauten Woh-
                                                                  nungen ergibt sich einerseits aus der demogra-
                                                                  fischen Entwicklung verbunden mit einer weiter
                                                                  steigenden Zahl von Haushalten und andererseits
                                                                  aus dem Umstand, dass nicht sanierungsfähige
                                                                  Wohnungen komplett neu gebaut werden müssen.
                                                                  Der sich allein aus der demografischen Entwick-
                                                                  lung ergebende „klassische“ Wohnungsbedarf bis
                                                                  2025 liegt bei durchschnittlich 200.000 Wohnungen
                                                                  pro Jahr. Bis zu den Jahren 2011/2013 wird dieser
                                                                  Bedarf sogar auf gut 250.000 Wohnungen steigen.
                                                                  Hinzu kommt das Problem, dass vor allem viele
                                                                  der in der Nachkriegszeit errichteten Gebäude
                                                                  als nicht sanierungsfähig anzusehen sind. Wirt-
                                                                  schaftlich günstiger sind hier Abriss und Neubau.
                                                                  Zusammen mit älteren, nicht sanierungsfähigen
                                                                  Bauten ergibt sich hieraus gemäß den Berechnun-
                                                                  gen des Pestel Institutes ein zusätzlicher Bedarf
                                                                  von 150.000 bis 200.000 Wohnungen pro Jahr. Die
                                                                  Folgen der zunehmenden Wohnraumknappheit
                                                                  bekommen Menschen in Ballungsräumen wie
                                                                  München, Stuttgart, Köln oder Hamburg bereits zu
                                                                  spüren: Kaum bezahlbare Mieten, soziale Span-
                                                                  nungen und keine barrierefreien Wohnungen für
                                                                  die zunehmend ältere Bevölkerung.

Politische Forderungen der deutschen Bauwirtschaft zur Bundestagswahl 2009                                               13
Wohnungsbedarf in Deutschland bis zum Jahr 2025
         Wohnungen
          500.000

          400.000

          300.000

          200.000
          175.000

          100.000

                0
                     2008     2009    2010   2011   2012   2013    2014   2015       2016   2017   2018    2019    2020   2021   2022   2023   2024   2025

                              klassischer demografisch abgeleiteter Wohnungsbedarf           qualitativer Zusatzbedarf       gegenwärtige Neubautätigkeit

           Quelle: Eduard Pestel Institut

     Das Auslaufen der Eigenheimzulage in 2006 hat                                      Um die Nachfrage nach energetischen Gebäude-
     zu dem dramatischen Rückgang maßgeblich                                            sanierungsmaßnahmen deutlich zu beschleunigen,
     beigetragen. Die ab 2008 neu installierte Eigen-                                   müssen die gegenwärtig geringen steuerlichen
     heimrenten-Förderung („Wohn-Riester“) hat bisher                                   Anreize gezielt erhöht werden. Werden durch
     keinen adäquaten Ersatz im Wohnungsneubau                                          Neubau bzw. Sanierungsmaßnahmen die Werte
     geliefert. Ebenso dazu beigetragen hat der Rück-                                   der jeweils geltenden Energieeinsparverordnung
     gang im Mehrgeschosswohnungsbau. Der stark                                         unterschritten oder bei Sanierungsmaßnahmen
     konjunkturell geprägte Mietwohnungsbau ist für                                     erreicht, sollte dies durch eine Steuerermäßigung
     Investoren derzeit nicht attraktiv genug. Die steu-                                unterstützt werden. Auch zur Steigerung des
     erlichen Prämissen für den Wohnungsbau müssen                                      Wohnungsangebots sind zusätzliche Anreize im
     daher dringend verbessert werden.                                                  Steuerrecht zu verankern.

     Deutliche CO2-Reduzierung durch Gebäude-                                           Konkret fordert die deutsche Bauwirtschaft:
     sanierung.
                                                                                            Die Abschreibungsmöglichkeiten beim Woh-
     Die rund 40 Millionen Wohnungen in Deutschland,                                    nungsneubau zu verbessern.
     von denen wiederum rund 60 % vermietet werden,
     verursachen nach gesamtwirtschaftlichen Studien                                    Der Neubau von Mietwohnungen wird durch
     rund 40 % des CO2-Ausstoßes, Autos im Vergleich                                    eine Verdoppelung des Abschreibungssatzes auf
     hierzu nur ca. 12 %. Bleibt es bei der CO2-Gebäu-                                  jährlich vier Prozent angeregt. Derzeit ist nur eine
     desanierung bei dem derzeitigen Tempo, würde                                       Abschreibung von zwei Prozent zulässig.
     es in Deutschland fast 185 Jahre dauern, bis
     sämtliche Wohneinheiten energetisch modernisiert
     wären. Aus Klimaschutzgründen, aber auch ange-                                         Klimaschutzabschreibungen einzuführen,
     sichts nur begrenzt vorhandener fossiler Brennstof-                                um energetische Optimierungs- oder Sanie-
     fe und drastisch steigender Energiepreise muss                                     rungsmaßnahmen voranzutreiben.
     die energetische Gebäudesanierung schneller
     umgesetzt werden. Allein im Bereich der Heizungs-                                  Werden beim Neubau von Mietwohnungen die
     und Warmwasserkosten, auf die 85 % des privaten                                    Referenzwerte der jeweils geltenden Energieein-
     Energiebedarfs entfallen, könnten bis zum Jahr                                     sparverordnung unterschritten, wird dies durch
     2020 rund 50 Mrd. Euro Energiekosten eingespart                                    eine Klimaschutzabschreibung unterstützt mit
     werden. Im Kampf gegen den Klimawandel                                             jährlich acht Prozent degressiv in den ersten acht
     kommt deshalb der energetischen Sanierung eine                                     Jahren. Damit wären die Abschreibungssätze
     große Bedeutung zu.

14
beim energiesparenden Neubau im Vergleich zum                     ein Nebeneinander von Bestandsmodernisierung
konventionellen verdoppelt.                                       und Neubau geben.

                                                                  Das betrifft neben der KfW-Förderung des ener-
    Energiesparmaßnahmen an Altbauten und                         gieeffizienten Bauens auch die finanzielle Aufsto-
selbst genutztem Wohnraum durch Steuerermä-                       ckung und Verstetigung des neuen Programms für
ßigungen initiieren.                                              die seniorengerechte Umgestaltung der Woh-
                                                                  nungsbestände. Zudem ist es zielführend, die KfW-
Bei selbstgenutzten Wohnungen ist eine Abschrei-                  Förderung mit einem speziellen Programmpunkt
bung derzeit nicht möglich. Um auch Selbstnutzern                 für den Bestandsersatz als kombinierte Förderung
einen Anreiz zu höheren energetischen Standards                   mit Abriss und Neubau zu erweitern.
zu bieten, ist eine Steuerermäßigung geeignet in
Höhe von zehn Prozent der in den Herstellungs-
kosten der Wohnung enthaltenen Kosten, die zur                     Langfristig gilt: Riesteransatz konsequent fort
Einhaltung des geforderten Energieeinsparziels                     führen – Selbstgenutztes Wohneigentum nach-
aufgewendet werden müssen.                                         gelagert besteuern.

Bei vermieteten oder selbstgenutzten Bestands-                    Die politischen Rahmenbedingungen für den
wohnungen schlagen wir eine Energiesparprämie                     privaten Wohnungsbau haben sich in den letzten
in Höhe von 25 Prozent von max. 20.000 Euro                       Jahren deutlich verschlechtert. So hat die Ab-
nachgewiesener Arbeitskosten für energetische                     schaffung der Eigenheimzulage zu einem heftigen
Sanierungsmaßnahmen vor. Dies sollte Investiti-                   Einbruch im Wohnungsneubau geführt. Dass die
onen z. B. in Heizungsanlagen, Warmwasserbe-                      selbstgenutzte Wohnung in Deutschland immer
reitung, Dämmung von Dächern, Außenwänden                         noch mehr die Ausnahme als die Regel ist, hat
und Kellern oder in den Austausch von Fenstern                    vor allem auch steuerliche Gründe. Anders als in
umfassen. Damit könnten die selbst nutzenden                      vielen anderen Ländern kann der private Wohnei-
Eigentümer und Vermieter von Wohngebäuden                         gentümer in Deutschland keine Schuldzinsen
im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung ihre                     steuermindernd gelten machen. Alle Investitionen,
Steuerschuld im Jahr der Investition um bis zu                    auch für die immer wichtiger werdenden energe-
5.000 Euro reduzieren. Alternativ sollte auf Antrag               tischen Modernisierungen, hat er aus voll versteu-
der Abzug von max. 5.000 Euro von der Steuer-                     ertem Einkommen zu tragen. Der Erwerb eines
schuld analog § 82 b Einkommensteuer-Durchfüh-                    Eigenheims bleibt für viele Familien vor allem in
rungsverordnung (EStDV) gleichmäßig verteilt auf                  den ersten Jahren eine zu große Liquiditätsbe-
zwei bis fünf Jahre zugelassen werden.                            lastung. Auch bei größeren Investitionen in die
                                                                  energetische Gebäudesanierung schrecken viele
Die Maßnahmen ermöglichen es, die gesteckten                      Hausbesitzer vor den hohen Kosten zurück, selbst
Klimaziele zu erreichen. Sie lösen Investitionen im               wenn sich diese Investitionen langfristig durchaus
Wohnungsbau aus und schaffen gleichzeitig eine                    rechnen.
stabile Beschäftigung bei den mittelständischen
Unternehmen des deutschen Bau- und Ausbau-
handwerks. Aufgrund der zu erwartenden erheb-                      Ein erster sinnvoller Schritt: Der „Wohnriester“.
lichen Nachfrageeffekte und der damit verbunde-
nen Umsatz– und Beschäftigungszuwächse kann                       Zwar ist mit dem „Wohnriester“ das selbstgenutz-
zudem von einem sehr hohen Selbstfinanzierungs-                   te Wohneigentum gleichberechtigt mit anderen
grad ausgegangen werden.                                          Formen der Altersvorsorge in die Riesterförderung
                                                                  einbezogen worden. Da allerdings entsprechende
                                                                  Altersvorsorgebeträge nur bis zu einem Höchst-
    Erweiterung der KfW-Förderung mit einem                       betrag von 2.100 € pro Jahr steuerlich geltend
speziellen Programmpunkt für den Bestands-                        gemacht werden können, hält sich die Förderung
ersatz.                                                           im Vergleich zu den hohen Kosten eines Eigen-
                                                                  heims in engen Grenzen. Es ist auch nicht möglich,
Ein erheblicher Anteil des Wohnungsbestandes                      mithilfe der Riesterförderung energetische Gebäu-
entspricht nicht den geänderten Ansprüchen durch                  desanierungen in der selbstgenutzten Immobilie
die demografische Entwicklung. Wenn Bestands-                     zu finanzieren.
gebäude nur mit unverhältnismäßigen Mitteln
sowohl an energetische als auch an demografi-                     Der im Wohnriester eingeschlagene Weg einer
sche Anforderungen angepasst werden können,                       nachgelagerten Besteuerung privater Altersvorsor-
ist es effizienter und städtebaulich sinnvoller, sie              geaufwendungen ist grundsätzlich zu begrüßen.
abzureißen und neu zu bauen. Insoweit muss es                     Die steuerliche Absetzbarkeit von Ersparnissen

Politische Forderungen der deutschen Bauwirtschaft zur Bundestagswahl 2009                                             15
in der Erwerbsphase und ihre nachgelagerte            Die Steuerminderung im Falle der Absetzung
     Versteuerung im Rentenalter trägt zu einer ge-        beträgt unabhängig vom persönlichen Einkom-
     rechteren und gleichmäßigeren Besteuerung der         men und der Höhe des Betrages stets 40 % des
     Lebenseinkommen bei. Sie lässt den Bürgern die        entsprechenden Betrages.
     Möglichkeit, ihre Ersparnisse ungeschmälert anzu-
     legen und entschädigt den Finanzminister durch      3. Die abgesetzten Beträge werden einem Wohn-
     die spätere Versteuerung von Kapital und Zinsen.       kapitalkonto gutgeschrieben und mit einem
                                                            Zinssatz von 3 % fiktiv verzinst. Der sich so er-
                                                            bende Gesamtbetrag ist spätestens nach
     Konsequente Weiterentwicklung des „Wohn-               25 Jahren mit einem für alle einheitlichen Steu-
     riesters“.                                             erbetrag nachgelagert zu versteuern, etwa mit
                                                            30 %.
     Das selbstgenutzte Wohneigentum bietet eine
     hervorragende Möglichkeit, die nachgelagerte        Die steuerlichen Vorteile in der Anfangsphase
     Besteuerung in diesem Sinne konsequent weiter       fließen zum großen Teil direkt in Wohnungsinvesti-
     zu entwickeln. Hier sind die am Anfang hinzuneh-    tionen. Dies kommt der inländischen Baukonjunk-
     menden Steuerausfälle vergleichsweise gering,       tur, der Klimapolitik und dem Ziel der Energie-
     da wegen der geltenden Konsumgutlösung die          ersparnis im Immobilienbereich zugute. Da das
     implizite Verzinsung des Eigenheims (in Form des    Optionsmodell langfristige reale Investitionen und
     Wohnwertes) ohnehin nicht besteuert wird. Die       nicht bloß kurzfristigen Konsum anregt, sind die
     Geldanlage in der eigenen Immobilie ist mit         davon ausgehenden Wachstums- und Arbeitsplatz-
     unmittelbaren realen Investitionen verbunden, die   wirkungen sehr viel nachhaltiger als die Wirkun-
     zudem ausschließlich im Inland stattfinden und zu   gen eines kurzatmigen Konjunkturprogramms, das
     entsprechender Beschäftigung und Steuereinnah-      trotz hoher Kosten erfahrungsgemäß meist rasch
     men führen. Vor allem für Schwellenhaushalte und    verpufft.
     liquiditätsschwache Alteigentümer ist die anfäng-
     liche Entlastung in der Investitionsphase oft die
     einzige Möglichkeit, überhaupt Wohneigentum zu
     erwerben bzw. größere Investitionen in ihre Immo-
     bilie zu realisieren. Zudem werden die wichtigen
     Modernisierungsinvestitionen mit in die nachgela-
     gerte Besteuerung einbezogen.

     Konkret fordert die deutsche Bauwirtschaft:

          Einführung einer Wahlmöglichkeit zur steuer-
     lichen Geltendmachung von Investitionen in die
     eigengenutzte Wohnimmobilie.

     Private Eigentümer sollen zukünftig sowohl Ei-
     genkapitalbeiträge als auch Tilgungsleistungen
     steuerlich geltend machen können. Im Gegenzug
     sollen diese Investitionen in das selbstgenutzte
     Wohneigentum nachgelagert besteuert werden.
     Konkret sieht das Modell so aus:

     1. Es gibt ein Wahlrecht zwischen der derzeit
        bestehenden Konsumgutlösung und der nach-
        gelagerten Besteuerung von Investitionen in
        selbstgenutztes Wohneigentum.

     2. Wählt man das Optionsmodell, können ein-
        gebrachte Eigenkapitalbeträge ebenso wie
        Tilgungsleistungen für Fremdkapital und grö-
        ßere Zwischeninvestitionen noch in der glei-
        chen Periode steuerlich abgesetzt werden.

16
Infrastrukturpolitik

Investitionen erhöhen - Arbeitsplätze schaffen.                   Der immense Erneuerungsbedarf der Brücken an
                                                                  Fernstraßen wurde erst 2008 vom BMVBS mit dem
Vor dem Hintergrund der andauernden Finanz-                       Brückenbericht dokumentiert. Mehr als 15 % der
und Wirtschaftskrise sind verstärkte Investitionen in             Brücken müssen kurzfristig saniert werden.
Deutschland für die weitere Entwicklung des Wirt-
schaftsstandortes und damit für die Sicherung der
Arbeitsplätze unabdingbar. Diese Investitionen                    Konkret fordert die deutsche Bauwirtschaft:
sind auch deshalb unbedingt erforderlich, weil in
den letzten Jahrzehnten die Infrastruktur vernach-                     Infrastrukturinvestitionen dauerhaft hoch
lässigt wurde. Der Reparatur- und Modernisie-                     halten.
rungsstau hat nunmehr ein Ausmaß erreicht, das
sowohl den Wirtschaftsstandort Deutschland als                    Der Bundesverkehrswegeplan darf nicht zur Maku-
auch die Lebensqualität in Deutschland bedroht.                   latur verkommen. Die Verkehrsinfrastrukturprojekte
Die Verkehrsinfrastruktur ist genauso wie die                     müssen mit einem erforderlichen Mindestvolumen
Bildungsinfrastruktur in einem miserablen Zustand.                von 11,5 Mrd. Euro jährlich finanziert und gebaut
Marode Straßen, baufällige Schulen, Kindergärten                  werden.
und Universitäten, gesperrte Turnhallen und brü-
chige Abwasseranlagen kennzeichnen die Lage.

                                Bauausgaben der öffentlichen Auftraggeber
                                             1992 = 100 %
      120,0%

      110,0%
                                                                                                        98,4%
      100,0%

       90,0%
                                                                                                        76,6%
       80,0%

       70,0%

       60,0%
                                                                                                        57,9%
       50,0%

       40,0%
                1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

                                            Bund              Länder           Gemeinden

Das Deutsche Institut für Urbanistik bezifferte in                Durch die zusätzlichen Investitionen aufgrund der
einer im Sommer 2008 veröffentlichten Studie den                  Konjunkturpakete I und II erreichen die Investiti-
Investitionsbedarf allein im Bereich kommunaler                   onen in die Bundesfernstraßen vergleichsweise
Straßen, Ver- und Entsorgungseinrichtungen, Schu-                 ein „Rekordniveau“ von über 6 Mrd. Euro. Nach
len und sonstigen kommunalen Einrichtungen für                    Auslaufen der Konjunkturmaßnahmen ist im Bun-
die Jahre 2006 - 2020 auf mehr als 700 Mrd. Euro.                 deshaushalt 2011 dafür Sorge zu tragen, dass die
                                                                  Investitionen weiterhin auf diesem hohen Niveau
Aufgrund weiter steigender Verkehrsbelastungen                    verbleiben.
auf allen Netzebenen und dem damit verbun-
denen verstärkten Verschleiß kommt dem Erhalt                     Das Missverhältnis zwischen dem Aufkommen aus
und dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur eine                     der Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer und den
zentrale Bedeutung zu. Die Funktionsfähigkeit der                 tatsächlichen Investitionen im Straßenbau muss
Netze ist Voraussetzung für die Entwicklung von                   zugunsten höherer Investitionen aufgelöst werden.
Wirtschaft und Gesellschaft.

Politische Forderungen der deutschen Bauwirtschaft zur Bundestagswahl 2009                                                17
Maut-Einnahmen zusätzlich für Verkehrsin-         Einnahmen resultieren derzeit nur zu 25 % (neue
     frastrukturmaßnahmen einsetzen.                        Länder) bzw. 50 % (alte Länder) aus Steuern und
                                                            Gebühren.
     Einen Schwerpunkt der Infrastrukturinvestitionen
     bildet auch künftig der Verkehrswegebau. Daher         Finanzierungsnöte bei den laufenden Ausgaben
     sind die Mittel aus dem Aufkommen der LKW-             werden allzu oft durch Kürzung der Investitionsaus-
     Maut strikt zweckgebunden für den Ausbau des           gaben überwunden. Notwendige Baumaßnahmen
     Straßennetzes zu verwenden.                            bleiben auf der Strecke, und der Verfall öffentli-
                                                            cher Bauwerke nimmt in rasantem Maße zu.
     Die Maut-Einnahmen sollten ursprünglich zusätzlich
     zu den ohnehin geplanten Investitionsmitteln ein-      Der kommunale Investitionsbedarf bis 2020 liegt
     gesetzt werden. Die seit mehreren Jahren geübte        bei über 700 Mrd. Euro. Diese Zahl macht deut-
     Praxis zeigt jedoch, dass das Gegenteil der Fall       lich, wo die Probleme in der öffentlichen Infra-
     ist: Die Einnahmen aus der LKW-Maut dienen als         struktur liegen.
     Ersatz für die anfänglich geplanten Investitionen in
     die Verkehrsinfrastruktur. Das Investitionsvolumen     Die baulichen Missstände im Bereich von Kranken-
     ist dadurch nur geringfügig erhöht worden.             häusern, Altenpflegeeinrichtungen, Bädern und
                                                            anderen öffentlichen Gebäuden müssen beseitigt
                                                            werden, bevor die Substanz größeren Schaden
         Investitionsspielräume ausschöpfen.                nimmt. Hierbei sind die öffentlichen Gebäude im
                                                            Hinblick auf die klimaschutzpolitischen Ziele der
     Der Vollzug der vom Deutschen Bundestag                Bundesregierung entsprechend den Vorgaben
     beschlossenen Haushalte muss stärker kontrol-          der Energieeinsparverordnung auch energetisch
     liert werden. Es muss von den verantwortlichen         zu modernisieren, da dem Staat eine Vorbildfunkti-
     Ministerien und Behörden verhindert werden, dass       on für die privaten Gebäudeeigentümer zukommt.
     der Deutsche Bundestag Investitionsmaßnahmen
     beschließt und dafür Finanzmittel bereitstellt, die-   Daher müssen die kommunalen Investitionen auch
     se Investitionen jedoch nicht umgesetzt werden.        nach Auslaufen der konjunkturstützenden Maßnah-
                                                            men auf hohem Niveau gehalten werden.

         Investitionen besser managen!
                                                                 Kommunale Investitionstätigkeit verste-
     Wenn Investitionsmittel nicht ausgeschöpft wer-        tigen!
     den, ist es die Aufgabe eines professionellen
     Haushaltsmanagements, brachliegende Inves-             Die Bemühungen für eine ganzjährig kontinuier-
     titionsmittel in andere investive Verwendungen         liche Beschäftigung in der Bauwirtschaft wurden
     umzuschichten.                                         in der Vergangenheit durch die Praxis der Kom-
                                                            munen erschwert, Investitionen jeweils erst im
     Statt freie Investitionsmittel zur Behebung von        zweiten Halbjahr umzusetzen. Wir fordern daher,
     Mängeln in der Infrastruktur zu nutzen, werden         eine kontinuierliche Investitionstätigkeit über das
     diese zur Finanzierung der Haushaltslücke zurück-      ganze Jahr hinweg durch eine Vereinfachung des
     gegeben. Freie Investitionsmittel müssen stattdes-     Zuwendungsverfahrens sowie die Nutzung von
     sen dazu genutzt werden, andere Investitionspro-       Doppelhaushalten und Verpflichtungsermächtigun-
     jekte vorzuziehen.                                     gen zu sichern.

     Die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft
     ist zu einer Managementgesellschaft auszubau-              In den Bildungsbereich investieren.
     en, um die gegenseitige Deckungsfähigkeit von
     Haushaltstiteln und die Übertragbarkeit in andere      In den Kindergärten, Schulen und Hochschulen
     Haushaltsjahre sicher zu stellen.                      müssen die baulichen Voraussetzungen für eine
                                                            erfolgreiche Bildungsarbeit geschaffen werden.
                                                            Neben einer maroden Bausubstanz und untragba-
          Kommunale Investitionen sichern -                 ren sanitären Zuständen genügt oftmals auch die
     Infrastruktur erhalten.                                Gebäudeausstattung nicht den pädagogischen
                                                            Anforderungen. Der Investitionsbedarf summiert
     Die Kommunen geben etwa 60 % der öffentlichen          sich laut DiFu-Studie in den kommenden 15 Jahren
     Baumaßnahmen in Auftrag. Sie sind in beträchtli-       allein im Schulbereich bundesweit auf 73 Mrd. €.
     chem Umfang auf die Zuweisung von Bundes- und          Sofern die Bauaufgaben in Form Öffentlich-Pri-
     Landesmitteln angewiesen, denn ihre eigenen            vater-Partnerschaften (ÖPP) vergeben werden,

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