Polyneuropathien Wenger-Wiest S, Deecke L - www.kup.at/ - Krause und ...

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Journal für

 Neurologie, Neurochirurgie
 und Psychiatrie
             www.kup.at/
 JNeurolNeurochirPsychiatr   Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems

Polyneuropathien
                                                                               Homepage:
Wenger-Wiest S, Deecke L
                                                                       www.kup.at/
Journal für Neurologie                                           JNeurolNeurochirPsychiatr

Neurochirurgie und Psychiatrie                                         Online-Datenbank
                                                                         mit Autoren-
2002; 3 (2), 18-29
                                                                      und Stichwortsuche

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POLYNEUROPATHIEN
         POLY-          S. Wenger-Wiest, L. Deecke
  NEUROPATHIEN          Abteilung für klinische Neurologie, Universitätsklinik für Neurologie, Wien

                                                                                         Schließlich sollte noch der Aspekt
        Polyneuropathies                                                                 der genetischen Ursachen von Poly-
                                                                                         neuropathien berücksichtigt werden.
        Summary                               We present natural courses, diag-          Die Klasse der hereditären PNP stellt
                                              nostic strategies as well as recent        wahrscheinlich nach wie vor die
        In this review, we describe phe-      advances in the treatment of this          Hauptgruppe der undiagnostizierten
        nomenology, pathophysiology and       heterogeneous group of neurologi-          Polyneuropathien dar. Pes cavus
        epidemiology of polyneuropathies.     cal diseases. Special emphasis is          oder Hammerzehen können wichtige
        The outline comprises the com-        on diabetic polyneuropathies due           Hinweise für die Diagnose einer
        plete spectrum of different aetiol-   to their clinical importance.              hereditären PNP liefern. Phänomeno-
        ogies, including metabolic, dia-                                                 logisch sind hereditäre PNP im allge-
        betic, hereditary, immune-medi-       Keywords: polyneuropathy, aetiol-          meinen durch ihren milden, langsam
        ated, inflammatory, infectious and    ogy, diagnosis, treatment                  progredienten Verlauf gekennzeich-
        toxic factors.                                                                   net und führen selten zu anhaltenden
                                                                                         Funktionseinschränkungen.

                                              Herausforderung. Die Berücksichti-         Erworbene Polyneuropathien werden
       ZUSAMMENFASSUNG                        gung bestimmter Fragestellungen
                                              kann dabei wegweisend sein.
                                                                                         häufig durch eine medikamentöse
                                                                                         Therapie induziert. Andere Ursachen
                                                                                         sind Begleiterkrankungen, wobei
       In dieser Übersichtsarbeit werden      Zunächst sollte geklärt werden, ob         Diabetes mellitus und chronische
       das klinische Erscheinungsbild,        die klinische Symptomatik dem typi-        Niereninsuffizienz hier am häufig-
       die pathophysiologischen Aspekte       schen Muster einer symmetrischen           sten beteiligt sind. Die systemische
       und die Epidemiologie der Poly-        sensomotorischen Polyneuropathie           Vaskulitis und okkulte Malignome
       neuropathien beschrieben. Es wurde     folgt oder ob nicht bereits die Phäno-     sind in diesem Zusammenhang
       versucht, dabei das gesamte Spek-      menologie eine klare Differentialdia-      ebenfalls als ätiologische Faktoren
       trum der verschiedensten Ätiologien    gnose zuläßt. Als Beispiele seien hier     anzuführen.
       inklusive metabolischer, diabeti-      die Mononeuritis multiplex, die sen-
       scher, hereditärer, immunologisch-     sorisch ataktische Polyneuropathie,        Im Hinblick auf routinemäßige
       entzündlicher sowie infektiöser und    die Gruppen der vorwiegend autono-         Labordiagnostik sollten bei Patienten
       toxischer Faktoren zu berücksichti-    men Polyneuropathien und die der           mit Verdacht auf PNP daher Blutzuk-
       gen. Aufgrund der Heterogenität        akuten Polyneuropathien genannt.           kerspiegel, Hämoglobin, Serumkrea-
       dieser Gruppe neurologischer Er-                                                  tinin, komplettes Blutbild, Lungen-
       krankungen werden klinischer Ver-      Nach Anamneseerhebung und klini-           röntgen, BSG, Rheumafaktoren, anti-
       lauf, diagnostische Maßnahmen und      scher Untersuchung stellt die Mes-         nukleäre Antikörper, Immunfixation
       jüngste Fortschritte in der Behand-    sung der Nervenleitgeschwindigkeit         und Plasmaproteine bestimmt wer-
       lung für jede Untergruppe getrennt     den nächsten logischen Schritt in          den. Die Durchführung einer Ner-
       behandelt. Der Schwerpunkt liegt       der weiterführenden Diagnostik dar.        venbiopsie kann bei bestimmten
       aufgrund ihrer klinischen Relevanz     Ergeben sich Hinweise auf eine Ver-        Fragestellungen hilfreich sein, stellt
       bei der diabetischen Polyneuro-        langsamung der Nervenleitgeschwin-         jedoch keine routinemäßige Unter-
       pathie. J Neurol Neurochir Psychiatr   digkeit bzw. weist die Befundkonstel-      suchung dar.
       2002; 3 (2): 18–29.                    lation auf einen demyelinisierenden
                                              Prozeß hin, so ist die Liste der Diffe-    Im folgenden sollen die wichtigsten
                                              rentialdiagnosen kurz (Tabelle 1).         Formen der PNP vorgestellt werden.

       EINLEITUNG                                Tabelle 1: Differentialdiagnose demyelinisierender Polyneuropathien
                                                 Guillain-Barré Syndrom
       Die Diagnosestellung einer Polyneu-
                                                 Chronisch entzündliche demyelinisierende Polyradikuloneuropathie
       ropathie (PNP) stellt im klinischen
       Alltag in der Regel keine Schwierig-      Monoklonal proteinassoziierte Neuropathie
       keit dar, doch macht die Tatsache,        Osteosklerotisches Myelom
       daß eine Vielzahl von Ursachen zu         Diphtherie
       ähnlichen klinischen Symptomen            Hereditäre motorische und sensorische Neuropathie Typ 1
       und Beschwerden führen kann, die          Hereditäre Druckparesen
       Differentialdiagnostik geradezu zur

  18   J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 2/2002

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POLY-
                                                                                                              NEUROPATHIEN
                                         te oder fehlende Reflexe. Typischer-        terschieden, bei dem neben der sym-
DIABETISCHE POLYNEUROPATHIE              weise sind die Empfindungs- und
                                         Tiefensensibilitätsstörungen initial
                                                                                     metrischen Störung ein weiterer Nerv
                                                                                     affiziert ist. Sind jedoch mehrere Ein-
                                         auf Zehen und Fußsohlen beschränkt.         zelnerven betroffen, so spricht man
Die diabetische Polyneuropathie          Sie werden in ihrer Verteilung später       von einer Mononeuropathia multiplex.
(dPNP) stellt eine der häufigsten        dann socken- oder strumpfförmig,
Begleit- oder Folgeerkrankungen des      wobei durchaus objektivierbare              Eine Sonderform der dPNP stellt die
Diabetes dar und ist die häufigste       Neuropathiezeichen vorliegen kön-           diabetische Hirnnerven-Mononeuro-
Form aller Neuropathien in den west-     nen, ohne daß subjektive Beschwer-          pathie dar. Diese findet sich vor allem
lichen Industrienationen. Versuche,      den bestehen. Der Ausfall der Tiefen-       bei älteren Patienten und betrifft zu-
die Inzidenz und den Schweregrad         sensibilität kann in ausgeprägten           meist den III. Hirnnerv. Am Beginn
der dPNP abzuschätzen, wurden            Fällen sogar zum klinischen Bild            stehen oft frontale Kopfschmerzen,
durch unterschiedliche Einschlußkri-     einer sensorischen Ataxie führen.           gefolgt von einer Okulomotorius-
terien, unterschiedliche Populationen    Im Gegensatz zur alkoholischen              parese, die üblicherweise die Pupil-
sowie die oft fehlenden Ausschlüsse      Polyneuropathie ist die dPNP auf-           lomotorik ausspart. Eine Affektion
anderer Ursachen erschwert. In einer     grund der Störung sudomotorischer           des N. abducens wird ebenfalls be-
prospektiven Studie an Amerikanern       Nervenfasern oft durch trockene             obachtet, wobei es nahezu immer zu
nordeuropäischer Herkunft wurde          Haut gekennzeichnet, wodurch eine           einer Vollremission kommt.
bei 54 % von Patienten mit Typ 1-        gewisse Disposition zu Ulzera gege-
Diabetes und bei 45 % von Patienten      ben ist. Die schmerzhafte Form der          Die sogenannte akute diabetische
mit Typ 2-Diabetes die Diagnose          symmetrisch-sensiblen Neuropathie           thorakale Radikulopathie stellt eben-
einer dPNP gestellt [1]. Eine sympto-    ist durch brennende Par- und Dys-           falls eine bei älteren Patienten vor-
matische dPNP trat jedoch nur bei        ästhesien („burning feet“) im distalen      kommende Sonderform dar. Neben
15 % der untersuchten Patienten auf,     Bereich beider unteren Extremitäten         Schmerzen und Sensibilitätsstörun-
und keiner der Patienten litt an einem   charakterisiert, die bei Berührung          gen am Thorax finden sich auch
funktionseinschränkenden neurologi-      oft hyperpathische Beschwerden              Paresen der Bauchwandmuskulatur.
schen Defizit. Untersuchungen konn-      machen. Die Schädigung betrifft hier
ten zeigen, daß dabei die Schwere        vor allem die kleinkalibrigen mark-         Neben den genannten Sonderformen
einer PNP eher mit dem Ausmaß der        losen Nervenfasern („small fiber            der dPNP sind noch Krankheitsenti-
hyperglykämischen Stoffwechsellage       neuropathy“). Es findet sich bei            täten zu nennen, die bei Diabetes
als mit der Dauer des bestehenden        erhaltener epikritischer Sensibilität       mellitus gehäuft auftreten. So findet
Diabetes korrelierte [2]. Weitere        eine Schmerz- und Temperatur-               sich bei etwa 30 % aller Patienten
Studien konnten zeigen, daß die Prä-     empfindungsstörung, oft verbunden           ein Karpaltunnelsyndrom, wobei in
valenz der dPNP mit der Dauer der        mit trophischen Veränderungen.              nur einem geringen Prozentsatz Be-
Erkrankung zunahm und daß offen-                                                     schwerden geklagt werden. Lähmun-
bar eine starke Korrelation zwischen     Die symmetrisch-motorische (pare-           gen des N. peronaeus und N. ulnaris
dem Vorliegen einer PNP, einer dia-      tische) Neuropathie kommt deutlich          werden ebenfalls gehäuft bei Diabe-
betischen Retinopathie und einer         seltener vor und ist vor allem durch        tikern beobachtet. Zu erwähnen ist,
Nephropathie besteht.                    distal betonte Atrophien und Paresen        daß auch entzündliche Neuropathi-
                                         gekennzeichnet, wobei in seltenen           en eine erhöhte Inzidenz bei Diabe-
Die häufigste klinische Manifesta-       Fällen jedoch auch isolierte proxi-         tes mellitus aufweisen.
tionsform der dPNP ist die distal-       male Formen mit Beteiligung der
symmetrische sensible Neuropathie.       Knie- und Hüftbeuger vorkommen              Kohortenstudien zeigten, daß sich
Die schmerzlose Form ist durch eine      können. Letztere sind häufig bei der        die dPNP oft über Jahre hinweg lang-
Berührungsempfindungsstörung so-         sehr seltenen Form der sogenannten          sam verschlechtert, wobei die Pro-
wie eine Einschränkung des Lage-         diabetischen Radikulopathie betrof-         gression durch optimale Stoffwech-
und Vibrationsempfindens charakte-       fen, die initial durch nächtliche           seleinstellungen sehr wohl verhin-
risiert. Pathophysiologisch sind dabei   Schmerzen in Hüfte und Oberschen-           dert werden kann [3]. Deutliche
vorwiegend die großkalibrigen mark-      keln und darauffolgende Paresen             neurologische Funktionseinbußen
haltigen Nervenfasern betroffen. Die     charakterisiert ist, welche sich unter      bzw. rapide Progression einer PNP-
Beschwerden der Patienten bestehen       optimaler Diabeteseinstellung inner-        Symptomatik sind atypisch für eine
dementsprechend vorwiegend in            halb eines Zeitraumes von etwa 2            dPNP und sollten immer an andere
Parästhesien sowie Spannungs- und        Jahren zurückbilden können.                 PNP-Erkrankungen denken lassen.
Druckgefühlen in den unteren Extre-
mitäten. In der klinischen Untersu-      Schließlich wird noch ein asymmetri-        Bei der distal-symmetrischen dPNP
chung finden sich distal abgeschwäch-    scher Manifestationstyp der dPNP un-        kommt es sowohl zur Schädigung

                                                                                  J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 2/2002      19
POLY-
NEUROPATHIEN
     des Axons als auch der Myelinschei-     freie Radikale zu eliminieren, wel-      tus einen protektiven Effekt bezüg-
     de. Aufgrund des vorwiegenden           che direkt zur Endothelschädigung,       lich der Entstehung einer dPNP zu
     Befalls markhaltiger Nervenfasern       zu Funktionsstörungen und struktu-       haben, wie eine prospektive briti-
     finden sich als Zeichen von Demye-      rellen Schädigungen an Nervenaxo-        sche Studie an nahezu 4000 Patien-
     linisierungs- und Remyelinisierungs-    nen beitragen.                           ten mit Typ 2-Diabetes zeigte [9].
     prozessen sogenannte Zwiebelscha-
     lenformationen.                         Auch Störungen im Fettstoffwechsel,      In der Schmerzbehandlung der dPNP
                                             wie die reduzierte Umwandlung von        werden mehrere Therapieansätze
     Im Rahmen der proximalen asymme-        Linolensäure in Gammalinolensäure        propagiert. Neben Carbamazepin
     trischen dPNP ließen sich teilweise     und die damit verbundene reduzierte      (400–800 mg/d) wird eine Therapie
     Gefäßverschlüsse und vaskulitisähn-     Bildung von Prostaglandinen, wer-        mit Antidepressiva empfohlen. Be-
     liche Veränderungen an Mikroge-         den ätiologisch diskutiert [5].          züglich der Effektivität einer Kombi-
     fäßen nachweisen [4]. Als Ursache                                                nationsbehandlung von trizyklischen
     der Gefäßverschlüsse wurden neben       Die Tatsache, daß Nervenwachstums-       Antidepressiva (75 mg Amitryptilin)
     Basalmembranveränderungen im            faktoren wie „nerve growth factor“       mit Neuroleptika (3 mg Fluphenazin)
     Sinne von Hyperplasien u. a. auch       (NGF), „brain derived neurotrophic       liegen nur wenige klinische Daten
     Endotheldegenerationen und Endo-        factor“ (BDNF) oder Neurotrophin-3       vor. Die Effektivität der Monothera-
     thelfensterungen sowie Thrombosen       (NT-3) eine entscheidende Rolle in       pie mit trizyklischen Antidepressiva
     gefunden. Auch die neuropatholo-        der Entwicklung und Aufrechterhal-       ist durch Studien gut belegt, wobei
     gischen Veränderungen der Mikro-        tung des peripheren Nervensystems        die wirksamen Dosen der einzelnen
     gefäße korrelierten in mehreren Stu-    spielen, führten zu Studien, die die     Substanzen von 25 bis 350 mg/d
     dien mit dem Ausprägungsgrad der        Bedeutung dieser neurotrophen Fak-       variieren können. Die Anwendung
     Neuropathie.                            toren in der Genese der dPNP unter-      selektiver Serotoninwiederaufnah-
                                             suchten. In diesem Zusammenhang          mehemmer (SSRI) scheint ähnliche
     Die genaue Pathogenese der dPNP         deuten mehrere Untersuchungen            Erfolge zu bringen (die empfohlene
     ist nach wie vor ungeklärt. Es wird     darauf hin, daß eine Verminderung        Tagesdosis von Citalopram liegt bei
     ein multifaktorielles Geschehen mit     des NGF einen entscheidenden Einfluß     40 mg). Sollten die o.g. Therapie-
     komplexen Interaktionen zwischen        auf die Entstehung der dPNP hat [6].     maßnahmen nicht wirksam sein,
     direkten metabolischen Störungen                                                 kommen Behandlungsversuche mit
     und indirekten vaskulären Effekten      In der Zusammenschau der beschrie-       900–3600 mg Gabapentin in Frage.
     angenommen. Experimentelle Unter-       benen ätiologischen Hypothesen           Patienten mit nächtlichen Schmerz-
     suchungen weisen auf einen mögli-       kann derzeit kein einheitliches Kon-     zuständen und Restless Legs-Syndrom
     chen Zusammenhang mit dem               zept favorisiert werden. Es wird aktu-   sprechen oft gut auf L-Dopa an.
     Polyolstoffwechsel hin. Nach dieser     ell eher angenommen, daß es durch
     Theorie induziert die hyperglykämi-     das Zusammenspiel mehrerer Fakto-        Eine weitere Substanz, die in mehre-
     sche Stoffwechsellage eine erhöhte      ren zur Ausbildung eines Circulus        ren Studien an Patienten mit dPNP
     Aktivität der Aldosereduktase, wel-     vitiosus aus oxidativem Streß, mito-     getestet wurde, ist Thioctsäure
     che zur Anhäufung von Sorbitol und      chondrialer Dysfunktion und Isch-        (Alpha-Liponsäure). Experimentelle
     schließlich auch von Fruktose führt.    ämie kommt, der schließlich zur          Untersuchungen sprachen für einen
     Durch den damit verbundenen Ver-        Gewebeschädigung führt.                  günstigen Effekt dieser Substanz auf
     brauch von NADPH wird in der Fol-                                                die Lipidperoxidation. In der ALA-
     ge Myoinositol vermindert intrazel-     An erster Stelle in der Behandlung       DIN-Studie konnte eine Besserung
     lulär aufgenommen und die Aktivität     der dPNP steht die Normalisierung        von Schmerzen und Parästhesien
     der Natrium-Kalium-ATPase blok-         der diabetischen Stoffwechsellage.       unter einer dreiwöchigen intravenö-
     kiert. Eine Reduktion der mit der       So konnte der Effekt einer optimalen     sen Therapie mit 600 mg Thioctsäure
     Proteinkinase-C assoziierten Isoenzy-   Stoffwechseleinstellung auf die Ent-     täglich nachgewiesen werden [10].
     me führt letztlich zu Endothelschädi-   wicklung einer dPNP in mehreren          Im Rahmen einer späteren Studie
     gung und Mikroangiopathie.              Studien bewiesen werden [7, 8].          (Thioctsäure wurde über drei Wo-
                                             Unter rigorosen Blutzuckerkontrollen     chen intravenös und anschließend
     Ein weiterer pathogenetischer Faktor    entwickelten nur 5 % der Patienten       sechs Monate per os gegeben) fand
     liegt möglicherweise in einem Un-       mit Typ 1-Diabetes eine dPNP, wäh-       sich im Vergleich zu Placebo jedoch
     gleichgewicht zwischen NADP und         rend 13 % der Patienten mit konven-      kein zu unterscheidender Effekt be-
     NADPH, wobei letzteres bei der          tioneller Therapie eine dPNP beka-       züglich Neuropathiebeschwerden
     Umwandlung von Glukose zu Sorbi-        men [7]. Die Optimierung der Stoff-      [11]. Auch Aldosereduktaseinhibi-
     tol verbraucht wird. Der NADPH-         wechsellage scheint jedoch nur bei       toren, Acylcarnitin oder Aminogua-
     Mangel verringert die Möglichkeit,      Patienten mit Typ 1-Diabetes melli-      nidin wurden untersucht, aufgrund

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                                                                                                              NEUROPATHIEN
unterschiedlich angelegter Studien-       eines Hypothyreoidismus, einer              nächste Schritt ist die Untersuchung
designs herrscht jedoch nach wie vor      Akromegalie oder einer Polyzytämie          von Verwandten ersten Grades, die –
kein Konsens über den praktischen         beobachtet. Diese Polyneuropathien          wenn auch zeitaufwendiger – oft
Einsatz dieser Substanzen [12].           werden generell nicht von motori-           effektiver und kostensparender ist als
Jüngste therapeutische Studien mit        schen Defiziten begleitet, die senso-       die sofortige Durchführung der ver-
rekombinantem humanem Nerven-             rischen Symptome können jedoch              schiedensten genetischen Untersu-
wachstumsfaktor zeigten einen posi-       erheblich sein. Ausgeprägte axonale         chungen. Unsere Kenntnisse über die
tiven Effekt sowohl auf den klini-        Polyneuropathien werden häufig bei          genetischen Ursachen der einzelnen
schen Befund als auch auf die elek-       intensivpflichtigen Patienten beob-         hPNP haben in den letzten Jahren
trophysiologischen Parameter [13].        achtet, die an Multiorganversagen           enorm zugenommen [17–19]. Die
                                          und Sepsis leiden. Die Pathogenese          Einteilung der hPNP nach klinischen
                                          dieser als Critical Illness-PNP be-         Gesichtspunkten unterscheidet der-
                                          zeichneten Entität ist weitgehend           zeit folgende Erkrankungen:
METABOLISCHE STÖRUNGEN                    ungeklärt [14]. Ein klinisch ähnliches
                                          Bild kann durch die sogenannte              1. Hereditäre motorische und senso-
                                          Critical Illness-Myopathie entstehen,          rische Neuropathie (HMSN I–VII)
Patienten mit chronischer Nieren-         welche vor allem bei Intensivpatien-        2. Hereditäre sensorische und auto-
insuffizienz entwickeln in ca. 60 %       ten auftritt, die mit hochdosierten            nome Neuropathie
eine PNP. Das Risiko einer urämi-         Glukokortikoiden oder langwirken-           3. Hereditäre motorische Neuropa-
schen Neuropathie hängt dabei so-         den Blockern der neuromuskulären               thie (sogenannte spinale Muskel-
wohl von der Dauer als auch von der       Übertragung behandelt wurden [15].             atrophie) (Tabelle 2)
Schwere der Niereninsuffizienz ab.
Eine Verlangsamung der motorischen                                                    Genetische Untersuchungen für be-
Nervenleitgeschwindigkeit wird übli-                                                  stimmte Krankheitsentitäten sind nun
cherweise bei einer Kreatinin-Clear-
ance unter 10 % des Normalwertes
                                          HEREDITÄRE POLYNEUROPATHIEN                 verfügbar, wie z. B. die Charcot-
                                                                                      Marie-Tooth-Neuropathie [20, 21],
beobachtet. Die urämische Neuro-                                                      und sollten trotz fehlender Therapie-
pathie ist klinisch durch eine distal     Die Klassifikation der hereditären          ansätze doch durchgeführt werden,
betonte sensomotorische Symptoma-         Polyneuropathien (hPNP) unterliegt          nicht zuletzt im Hinblick auf Dia-
tik charakterisiert und weist üblicher-   derzeit einem ständigen Wandel.             gnosesicherung, Prognosestellung
weise einen langsam progredienten         Ähnlich wie bei anderen hereditären         und genetische Beratung. Die Liste
Verlauf auf. Die Hauptbeschwerden         Erkrankungen wird die ursprüngliche         der identifizierten Genloci bzw. as-
bestehen in Dysästhesien an den           Einteilung zunehmend durch eine             soziierten Gene nimmt sowohl für
unteren Extremitäten; motorische          genetische Klassifikation ersetzt [16].     autosomal-dominante als auch rezes-
Defizite sind selten. Das histopatho-     Hereditäre Polyneuropathien werden          sive hPNP immer noch zu [22, 23].
logische Kennzeichen einer urämi-         sehr häufig übersehen bzw. nicht als        Hereditäre Polyneuropathien sind
schen Neuropathie ist die axonale         solche diagnostiziert. Eines der weni-      allgemein durch einen sehr milden
Degeneration, wobei als Ursache die       gen klinischen Anzeichen, die eine          Verlauf gekennzeichnet und beein-
Einwirkung neurotoxischer Substan-        hPNP charakterisieren, ist der lang-        trächtigen somit nicht die Lebenser-
zen diskutiert wird. Sowohl Dialyse       sam progrediente Verlauf oft über           wartung.
als auch Nierentransplantation ha-        Jahre. Andere Kennzeichen sind
ben einen positiven Effekt auf die        der symmetrische Beginn und die
PNP-Symptome. Dabei kann die              symmetrische Verschlechterung der
Dialyse eine urämische Neuropathie
sowohl verhindern, stabilisieren oder
                                          Symptomatik, während asymmetri-
                                          sche Progredienz zumeist auf eine
                                                                                      IMMUNOLOGISCH-ENTZÜND-
auch verbessern, und eine Nieren-         erworbene PNP hinweist. Bei Ver-            LICHE POLYNEUROPATHIEN
transplantation kann oft auch nach        dacht auf eine hPNP stellt die ge-
Monaten eine schwere urämische            naue Erhebung der Familienana-
Neuropathie verbessern.                   mnese den Grundpfeiler der weiter-          Guillain-Barré-Syndrom (GBS)
                                          führenden Diagnostik dar, eine nega-
Im Zusammenhang mit chronischen           tive Familienanamnese schließt die          Das GBS stellt die häufigste Ursache
Lebererkrankungen wird ebenfalls          Diagnose einer hPNP freilich keines-        einer akuten generalisierten periphe-
über periphere Neuropathien berichtet.    wegs aus, da der milde Verlauf der          ren Parese in der westlichen Welt
                                          Symptome in der Familie oft uner-           dar [24]. Im Vollbild der klinischen
Milde distal betonte Polyneuropa-         kannt bleibt und rezessive Erbgänge         Symptomatik macht die Diagnose-
thien werden fallweise im Verlauf         berücksichtigt werden müssen. Der           stellung keine Schwierigkeit. Die

                                                                                   J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 2/2002     21
POLY-
NEUROPATHIEN
     Initialsymptome bestehen häufig in        nahezu vollständige Rückbildung der        Die klinische Diagnose des GBS
     Parästhesien, die an den unteren          Symptomatik auf, allerdings verbleiben     wird durch den typischen Liquor-
     Extremitäten beginnen und sich            ca. 15 % ans Bett gebunden bzw. roll-      befund mit erhöhtem Eiweiß bei
     stündlich nach proximal ausdehnen         stuhlpflichtig. Zu erwähnen ist zudem,     fehlender Pleozytose und normalem
     können. Eine motorische Schwäche          daß ca. 3 % der Patienten zu wieder-       Liquorzucker unterstützt. Die elek-
     wird zumeist einige Stunden bis Tage      holten Episoden von GBS neigen.            trophysiologischen Parameter zeigen
     später manifest, wobei auch ein iso-                                                 häufig Verlangsamung der Nerven-
     lierter motorischer Typ möglich ist.      Das pathologische Korrelat des GBS         leitgeschwindigkeit oder noch häufi-
     Neben der symmetrisch aufsteigen-         besteht in einer segmentalen Demye-        ger einen proximalen Leitungsblock.
     den Form werden auch asymmetri-           linisierung im Bereich des gesamten        Weder der Liquorbefund noch die
     sche Formen sowie Hirnnervensym-          peripheren Nervensystems durch             Nervenleitgeschwindigkeit sind je-
     ptome oder autonome Symptome              Makrophagen, wobei offenbar eine           doch diagnosestellend und können
     beschrieben. Auch Schmerzen, ins-         Kombination aus zellmediierten             insbesondere in den ersten Erkran-
     besondere dysästhetische Schmerzen        und humoralen immunologischen              kungstagen normal sein.
     in den Gliedmaßen, können als             Mechanismen vorliegt. Die immuno-
     Initialsymptom auftreten [25]. Die        logische Ätiologie wird durch die          In therapeutischer Hinsicht konnte in
     motorischen Defizite nehmen in der        Tatsache erhärtet, daß über Influen-       großangelegten Studien die Effektivi-
     Regel in den ersten Tagen der Erkran-     za-Vakzine als möglicher präzipi-          tät von Plasmaaustausch und intra-
     kung zu und bleiben danach über           tierender Faktor eines GBS berichtet       venöser Immunglobulintherapie
     Tage bis Wochen stabil, wobei so-         wurde [26]. Eine auffallende Asso-         sowohl bei leichteren als auch bei
     wohl leichte als auch schwere Pare-       ziation zwischen vorangegangener           schweren Formen des GBS belegt
     sen auftreten können. Lebensbedroh-       Campylobacter jejuni-Infektion und         werden [31, 32]. Der therapeutische
     liche Atemlähmungen kommen bei            Anti-Gangliosid-Autoantikörpern            Effekt scheint vor allem in der Modu-
     30 % der Patienten vor. Obwohl das        wurde ebenfalls bei GBS-Patienten          lation des Entzündungsprozesses zu
     Ausmaß der zu erwartenden Paresen         gefunden [27]. Rein motorische und         liegen und weniger in einer Remyeli-
     initial schwer abschätzbar ist, läßt      axonale Varianten des GBS konnten          nisierung oder Regeneration der pe-
     sich als generelle Regel feststellen,     dabei auf spezifische IgG Antikörper       ripheren Nerven. Voraussetzung ist
     daß das Maximum der Muskel-               gegen Ganglioside zurückgeführt            der Therapiebeginn innerhalb der
     schwäche innerhalb von 14 Tagen           werden [28]. Jüngste epidemiologi-         ersten zwei Wochen, wobei 5 Be-
     erreicht wird, worauf üblicherweise       sche Studien deuten zudem auf offen-       handlungen in 5–10 Tagen erfolgen
     eine stabile Phase von ca. 4 Wochen       bar unterschiedliche pathogenetische       sollten. Beide Therapieformen schei-
     folgt. Die meisten Patienten weisen       Faktoren bei milden und schweren           nen gleich effektiv zu sein, eine
     nach einem Jahr Vollremission bzw.        Formen des GBS hin [29, 30].               Kombination der beiden zeigt jedoch

      Tabelle 2: Charakteristika hereditärer Neuropathien
                        Hereditäre motorische                Hereditäre sensorische             Hereditäre motorische
                        und sensorische Neuropathie          und autonome Neuropathie           Neuropathie
      Klinik            Distale Muskelatrophie, Schwäche     Distale Hypästhesien, variable     Muskelatrophie und Schwäche,
                        pes cavus, Hypästhesien              Dysautonomie, neurogene            zumeist proximal
                                                             Arthropathie
      Läsionsort        Axon oder Schwannsche Zellen         Hinterwurzel und autonome          Vorderhornzellen
                                                             Ganglienzellen
      Vererbung         Zumeist autosomal-dominant,          Autosomal-dominant,                Autosomal-dominant,
                        selten autosomal-rezessiv oder       Autosomal-rezessiv                 Autosomal-rezessiv
                        x-chromosomal
      Genetisches       Charcot-Marie-Tooth Typ 1,           Unbekannt                          Werdnig-Hoffmann Erkrankung,
      Defizit           Duplikation oder Punktmutation                                          Linkage zu 5q
                        des Gens PMP22
                                                                                                Kennedy-Syndrom,
                        Punktmutation des Po-Gens                                               Defekt im Androgenrezeptor-Gen
                                                                                                (CAG triplet repeat)
                        Punktmutation des Cx32-Gens
                        Charcot-Marie-Tooth Typ 2
                        Linkage zu 1p, 3q, und 7p

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                                                                                                              NEUROPATHIEN
keinen zusätzlichen Vorteil [33].        Multifokale motorische Neuropathie           IgM-assoziierte Neuropathien sind
Glukokortikoide erscheinen weder         (MMN)                                        durch schwerere Symptome und
isoliert noch in Kombination mit                                                      ausgeprägte Ataxie charakterisiert,
Plasmaaustausch als wirksam [34].        Das klinische Bild der MMN ist               was auf einen immunglobulinspezifi-
Über den therapeutischen Einsatz         durch eine langsam progrediente,             schen Pathomechanismus weist [47].
von Liquorfiltration liegen erste Er-    asymmetrische, distal betonte Mus-
gebnisse vor [35].                       kelschwäche charakterisiert. Die             Eine therapeutische Wirksamkeit von
                                         Arme sind frühzeitig betroffen. Der          Plasmaaustausch konnte im Rahmen
Chronisch inflammatorische demye-        elektrophysiologische Nachweis               einer kontrollierten Studie bei Pati-
linisierende Polyradikuloneuropathie     multipler motorischer Leitungsblok-          enten mit IgG- und IgA-Gammopa-
(CIDP)                                   kaden ist Schlüssel zur Diagnose.            thien, nicht jedoch bei solchen mit
                                         Sensible Symptome fehlen in der              IgM-Gammopathien nachgewiesen
Ähnlich wie das GBS stellt die CIDP      Regel, insbesondere findet sich auch         werden [48]. Über die Wirksamkeit
eine immunmediierte demyelinisie-        kein umschriebener Leitungsblock             von Chlorambucil, Melphalan und
rende Neuropathie dar, in klinischer     sensibler Fasern. Während das klini-         Prednisolon liegen nur unkontrollier-
Hinsicht unterscheidet sie sich je-      sche Bild somit an eine beginnende           te Arbeiten vor.
doch durch den protrahierten Beginn      Vorderhornerkrankung denken läßt,
der Symptomatik, welcher sich über       weist die Assoziation mit GM1-Anti-          Amyloidneuropathien
Wochen bis Monate erstrecken kann.       körpern auf das Vorliegen einer
Nach langsam progredienter Ver-          generalisierten immunologischen              Polyneuropathien, die durch die
schlechterung der Symptome treten        Erkrankung hin.                              Ablagerung von Amyloid in periphe-
schließlich motorische Defizite auf,                                                  ren Nerven charakterisiert sind, fin-
die oft Behinderungen mit sich zie-      Intravenöse Immunglobulingaben               den sich bei ca. 17 % der Patienten
hen. Remissionen sind möglich, Be-       werden derzeit als Therapie der              mit systemischer Amyloidose sowie
teiligung des autonomen Nervensy-        ersten Wahl angesehen [39]. Eine             im Rahmen der hereditären autoso-
stems oder der Atemmuskulatur wer-       wiederholte Gabe ist üblicherweise           mal-dominanten familiären Amyloid-
den nicht beobachtet. Für die CIDP       notwendig. Der Nachweis einer                polyneuropathie [49]. Beide Formen
bestehen keine pathognomonischen         möglichen positiven Wirkung von              sind klinisch durch eine symmetri-
klinischen oder Laborbefunde, und        Immunsuppressiva wie Cyclophos-              sche sensomotorische Polyneuro-
die Diagnosestellung erfolgt durch       phamid erfordert randomisierte Stu-          pathie mit autonomer Beteiligung
die Kombination aus Anamnese,            dien. Glukokortikoide können zu              gekennzeichnet. Die Diagnose der
Klinik, NLG und azellulärem Liquor       einer Verschlechterung führen [39]           Amyloidneuropathie wird durch
mit Proteinerhöhung. Nervenbiopsie       und sollten vermieden werden.                Nervenbiopsie gesichert. Die fami-
kann die Diagnostik unterstützen, ist                                                 liäre Amyloidpolyneuropathie führt
jedoch nicht beweisend. Einige Fälle     Monoklonal proteinassoziierte Poly-          häufig zu Behinderung. An therapeu-
in der Literatur zeigten eine Assozia-   neuropathie                                  tischen Maßnahmen zeigte sich ein-
tion mit Malignomen [36, 37]. Ana-                                                    zig die Lebertransplantation, die die
log zum GBS zeigten kontrollierte        Eine mit monoklonaler Gammopa-               Progredienz verhindert, als wirksam
Studien Plasmaaustausch und intra-       thie assoziierte Polyneuropathie findet      [50]. Patienten mit PNP als klini-
venöse Immunglobulintherapie auch        sich bei einigen Patienten mit Amy-          schem Kardinalsymptom der zugrun-
bei der CIDP als effizient, oft er-      loidose, multiplem Myelom, Morbus            deliegenden Amyloidose wiesen eine
streckt sich der therapeutische Nut-     Waldenström oder Lymphomen.                  mediane Lebenserwartung von nur
zen aber nur auf eine kurze Zeit-                                                     25 Monaten auf [51].
spanne. Im Gegensatz zum GBS sind        Bei Fehlen einer hämatologischen
hier Glukokortikoide wirksam. Der        Erkrankung wird von einer „mono-             Osteosklerotisches Myelom
Einsatz von Beta-Interferon erwies       clonal gammopathy of undetermined
sich in einer Doppelblindstudie als      significance“ (MGUS) gesprochen              Das osteosklerotische Myelom, auch
wirkungslos [38]. Die Initialtherapie    [44]. Obwohl nicht bewiesen, wird            Plasmozytom genannt, ist eine Mye-
sollte nach den derzeitigen Richtlini-   MGUS als ätiologischer Faktor in der         lomvariante, die durch osteosklero-
en mit intravenöser Immunglobulin-       Genese der Neuropathie diskutiert,           tische Knochenläsionen gekenn-
therapie [39] oder Glukokortikoiden      wobei mehrere Pathomechanismen               zeichnet ist. Die Läsionen sind sehr
[40] durchgeführt werden, bei fort-      in Frage kommen [45, 46]. MGUS-              häufig mit Polyneuropathie, Organo-
geschrittener Erkrankung ist jedoch      Neuropathien weisen oft eine ausge-          megalie, endokrinen Anomalien,
Plasmaaustausch [41], Cyclophos-         prägte segmentale Demyelinisierung           monoklonaler Gammopathie sowie
phamid [42] oder Cyclosporin [43]        auf, und das klinische Bild entspricht       Haut-(Skin-)Veränderungen verbun-
indiziert.                               dem einer CIDP.                              den („POEMS“-Syndrom). Die Poly-

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POLY-
NEUROPATHIEN
     neuropathie ist ebenfalls demyelini-     plastischer autonomer Neuropathie        Granulomatose, wertvolle Zusatz-
     sierend und ähnelt klinisch der CIDP.    muß noch bestätigt werden [55].          informationen liefern [56]. Elektro-
     Die Diagnosestellung eines POEMS-                                                 physiologisch finden sich in der
     Syndroms ist insofern wichtig, als die   Therapeutisch stehen bei der para-       Regel Zeichen einer axonalen Neu-
     Bestrahlung der Knochenläsionen          neoplastischen Neuropathie ver-          ropathie. Nur selten lassen sich
     nachhaltige Verbesserungen der Neu-      schiedene Immuntherapien zur Ver-        Leitungsblöcke im Sinne von seg-
     ropathie nach sich ziehen kann. Der      fügung. Diese zeigen mäßige Erfolge.     mentalen Demyelinisierungen nach-
     eigentliche ätiologische Faktor in der                                            weisen [58]. Im Vordergrund thera-
     Entwicklung eines POEMS ist derzeit      Unter Overlap-Syndromen versteht         peutischer Maßnahmen steht die
     ungeklärt, der sogenannte „Vascular      man das Auftreten mehrerer para-         Behandlung der systemischen
     Endothelial Growth Factor“ (VEGF)        neoplastischer Phänomene bei dem-        Grunderkrankung (hochdosierte
     sowie Cytokine werden als auslösen-      selben Patienten. So ist etwa die        Glukokortikoide, Cyclophosphamid).
     de Faktoren diskutiert.                  Kombination von sensorischer Neu-
                                              ropathie mit paraneoplastischer          Vaskulitis kann auch als sekundäres
     Paraneoplastische Neuropathie            Enzephalomyelitis häufig.                Phänomen auftreten. So fanden sich
                                                                                       bei Patienten mit proximaler diabeti-
     Paraneoplastische Neuropathien           Vaskulitische Neuropathie                scher Neuropathie in der Biopsie so-
     können als Erstsymptomatik einer                                                  wohl Zeichen einer epineuralen Mikro-
     Tumorerkrankung auftreten und dann       Die periphere Neuropathie bei Vas-       vaskulitis als auch nichtvaskulitische
     in vielen Fällen zur Diagnosestellung    kulitis tritt durch Mitbeteiligung der   entzündliche Infiltrate. Der Nachweis
     führen, oder sie präsentieren sich       Vasa nervorum im Rahmen eines            eines entzündlichen Prozesses – mit
     erst später im Verlauf der Erkran-       systemisch entzündlichen Prozesses       oder ohne Vaskulitis – bei Patienten
     kung. Sensomotorische sowie rein         auf (typische Form: Mononeuritis         mit diabetischer Neuropathie eröffnet
     sensorische Formen sind häufig. In       multiplex). Das Auftreten einer Neu-     neue therapeutische Möglichkeiten.
     der Mehrzahl der Fälle zeigt sich das    ropathie spricht in der Regel für eine   Patienten, bei denen die Schmerz-
     Bild einer axonalen Schädigung;          bereits fortgeschrittene Gefäßbetei-     symptomatik im Vordergrund steht,
     segmentale Demyelinisierung findet       ligung, und der Verlauf ist häufig –     sprechen gut auf Glukokortikoide an,
     sich nur selten bei hämatologischen      wie bei der systemischen Erkrankung      eine Anpassung der antidiabetischen
     oder soliden Tumoren. Bei der para-      – schubförmig oder fluktuierend.         Therapie ist jedoch ebenfalls erforder-
     neoplastischen sensorischen Neuro-                                                lich [56]. Andere Behandlungsmög-
     pathie – die in vielen Fällen mit dem    Neuropathien finden sich bei etwa        lichkeiten wie Immunglobuline oder
     kleinzelligen Bronchuskarzinom           50 % der Patienten mit Panarteriitis     Immunsuppressiva werden derzeit
     assoziiert ist – lassen sich häufig      nodosa, aber auch bei der rheuma-        untersucht [59].
     Anti-Hu-Antikörper nachweisen.           toiden Arthritis, dem Sjögren-Syn-
     Diese besitzen eine hohe diagnosti-      drom oder der Wegener-Granuloma-         Gelegentlich findet sich bei Patienten
     sche Wertigkeit, ihr Fehlen schließt     tose ist eine Neuropathie häufig. Bei    mit klinischen und neuropathologi-
     jedoch eine paraneoplastische Ursa-      systemischem Lupus erythematodes         schen Zeichen einer vaskulitischen
     che nicht aus [52]. Rauer et al. [53]    entwickeln etwa 10 % der Patienten       Neuropathie kein Hinweis auf das
     wiesen bei Patienten mit paraneo-        Zeichen einer Neuropathie. In der        Vorliegen einer systemischen Vasku-
     plastischen neurologischen Sympto-       Pathogenese der primären Vaskulitis      litis. Diese „Non-systemic Vasculitic
     men Anti-HuD-spezifische oligoklo-       wird ein Autoimmunprozeß ange-           Neuropathy“ ist durch einen gutarti-
     nale Banden im Liquor und somit          nommen [56]. Obwohl die Ver-             gen Verlauf charakterisiert, weshalb
     eine intrathekale Synthese von HuD-      dachtsdiagnose der vaskulitischen        eine eher zurückhaltende therapeuti-
     spezifischen Antikörpern nach. Dies      Neuropathie oft bereits klinisch ge-     sche Haltung empfohlen wird [60].
     unterstützt die autoimmunologische       stellt werden kann, ist die definitive
     Hypothese in der Pathogenese der         Diagnose nur histologisch möglich.
     Anti-Hu-assoziierten paraneoplasti-      In der Mehrzahl der Fälle zeigt sich
     schen neurologischen Syndrome.
     Anti-CV2-Antikörper, eine andere
                                              eine nekrotisierende Arteriitis mit
                                              segmentalen Nekrosen, entzündli-
                                                                                       DURCH TOXINE UND MANGELER-
     Gruppe paraneoplastischer Antikör-       chen Infiltraten der epi- und peri-      NÄHRUNG BEDINGTE NEUROPATHIEN
     per, konnten bei Patienten mit ge-       neuralen Gefäßwände, Blutungen
     mischt axonal/demyelinisierender         sowie Gefäßverschlüssen [57]. Der
     sensomotorischer Neuropathie nach-       Nachweis antineutrophiler zytoplas-      Eine Vielzahl von chemischen Verbin-
     gewiesen werden [54]. Der Nach-          matischer Antikörper (ANCAS) kann,       dungen und natürlich vorkommenden
     weis von nikotinischen AChR-Anti-        insbesondere bei Patienten mit der       Stoffen sowie Medikamente können
     körpern bei Patienten mit paraneo-       Verdachtsdiagnose einer Wegener-         zu einer Polyneuropathie führen.

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POLY-
                                                                                                             NEUROPATHIEN
Toxische Neuropathien weisen kli-       Chronischer Alkoholismus ist be-            finden sich in tropischen und subtro-
nisch einen distal betonten, langsam    kanntermaßen oft mit PNP-Sympto-            pischen Regionen. Sensible Ausfälle
progredienten Verlauf über Wochen       men verbunden, und zwar in einer            in atypischer Lokalisation, etwa am
und Monate auf, und die elektrophy-     Häufigkeit, daß diabetische und alko-       äußeren Ohr oder über dem Joch-
siologischen Parameter entsprechen      holische PNP zusammen bereits über          beinbogen, sind Kardinalsymptome.
denen einer axonalen Neuropathie.       90 % der PNP in der westlichen Welt         Die üblicherweise asymmetrischen
                                        stellen. Klinisch stehen schmerzhafte       motorischen Ausfälle treten erst spä-
Eine Reihe von Medikamenten sind        Par- und Dysästhesien im Bereich            ter auf. Eine frühzeitige Diagnose-
in der Lage, eine periphere Neuropa-    beider unterer Extremitäten im Vorder-      stellung – durch Nerven- oder Haut-
thie zu induzieren (Tabelle 3). Dabei   grund. Distale Muskelschwäche an            biopsie – sowie ein rascher Thera-
kann sich die Symptomatik noch          den Beinen verbunden mit Areflexie          piebeginn sind wesentlich.
verschlechtern, nachdem die Sub-        vervollständigt das Bild. Ob der eigent-
stanz abgesetzt wurde. Eine der be-     liche Pathomechanismus ein nutriti-         HIV
kanntesten Neuropathien wird durch      ves Defizit oder ein direkter toxischer
das Zytostatikum Cisplatin hervorge-    Effekt des Äthanols ist, weiß man           Im Gegensatz zu opportunistischen
rufen. Gabe von Neurotrophinen          noch nicht, vielleicht beides. Dem-         Infekten des ZNS und HIV-assoziier-
konnte hierbei im Tierversuch Ver-      entsprechend bestehen die therapeu-         ten Demenzen, welche durch den
besserungen erzielen [61].              tischen Maßnahmen in Alkoholkarenz          Einsatz von antiretroviralen Substan-
                                        plus ausgewogener Ernährung mit             zen deutlich zurückgedrängt werden
Von arbeitsmedizinischem Interesse      ausreichend Thiamin, was üblicher-          konnten, ist die Inzidenz der HIV-
sind vor allem die durch Industrie-     weise mit deutlicher Remission ver-         assoziierten Neuropathien gerade
stoffe induzierten Polyneuropathien.    bunden, in der Praxis allerdings
Diese sind ebenfalls durch axonale      denkbar schwer umzusetzen ist.
Schädigung charakterisiert. Zu den                                                    Tabelle 3: Medikamenteninduzierte
Industriestoffen, die Polyneuropathie   Auch bei isolierten Vitaminmangel-
verursachen können, zählen u. a.        zuständen werden Neuropathien
                                                                                      Polyneuropathien
Acrylamid, Benzin, Hexacarbon,          beobachtet. So führen Thiamin-(Vita-          Zytostatika
Schwefelkohlenstoff, Triorthokresyl-    min B1-)Mangel (Beriberi) und Ribo-
phosphat,Trichloräthylen und DDT.       flavin-(Vit. B2-)Mangel (Pellagra) zu         Cisplatin
Die mit Metallen assoziierten Poly-     einer schmerzhaften, vorwiegend               Suramin
neuropathien sind vorwiegend durch      sensorischen axonalen Neuropathie.            Taxoide
die charakteristischen klinischen       Pyridoxin-(Vit. B6-)Mangel ist für die        Vinca-Alkaloide
Symptome erkennbar. Die Bleipoly-       unter Isoniazid auftretende Neuro-            Virostatika
neuropathie etwa ist typischerweise     pathie verantwortlich. Isoniazid führt
vorwiegend motorisch, besonders an      zu einer vermehrten Ausscheidung              Didanosine
den oberen Extremitäten ausgeprägt      von Pyridoxin. Durch gleichzeitige            Stavudine
und mit abdominellen Schmerzen          prophylaktische Gabe von Pyridoxin            Zalcitabine
und Anämie verbunden. Die Thalli-       gemeinsam mit Isoniazid kann das
                                                                                      Andere antibakterielle Substanzen
umneuropathie zeigt begleitende         Auftreten der Neuropathie verhindert
abdominelle Schmerzen und Alope-        werden. Auch Cyanocobalamin-(Vit.             Chloramphenicol
zie. Bei der Arsenvergiftung finden     B12-)Mangel sowie Tocopherol-(Vit.            Isoniazid
sich neben einer Neuropathie auch       E-)Mangel können zu Neuropathien              Metronidazol
abdominelle Beschwerden, Haut-          führen.                                       Nitrofurantoin
und Nagelveränderungen sowie eine
Panzytopenie. Bei der chronischen                                                     Antirheumatika
Quecksilbervergiftung – etwa bei                                                      Chloroquin
Arbeitern in Thermometer- oder
Spiegelfabriken – dominieren zen-
                                        MIT INFEKTIONSKRANKHEITEN                     Colchizin

tralnervöse Symptome, selten kommt      ASSOZIIERTE POLYNEUROPATHIEN                  Gold
                                                                                      Thalidomid
es auch hier zum Auftreten einer
Neuropathie.                                                                          Andere
                                        Lepra
                                                                                      Amiodaron
Die Diagnose der metallinduzierten
                                                                                      Disulfiram
PNP orientiert sich an der erhöhten     Die weltweit wohl häufigste mit
                                                                                      Phenytoin
Ausscheidung im Urin und erhöhten       Polyneuropathie verbundene Erkran-
                                                                                      Pyridoxine
Ablagerungen in Haaren und Nägeln.      kung ist die Lepra. Die meisten Fälle

                                                                                 J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 2/2002    25
POLY-
NEUROPATHIEN
     durch die neurotoxischen Eigen-          Das Syndrom der lumbosakralen            Ein weiterer Unterschied zum Früh-
     schaften der obengenannten Sub-          Polyradikulopathie ist ein äußerst       stadium besteht in der fehlenden
     stanzen im Ansteigen begriffen [62].     beeinträchtigendes Krankheitsbild,       Pleozytose in der Liquoruntersuchung.
     PNP-Syndrome werden sowohl in            welches häufig bei fortgeschrittenen
     den Anfangsstadien der Infektion als     Fällen von AIDS auftritt. Muskel-        Varicella-Zoster-Virus-Infektion
     auch nach Progredienz zum AIDS-          schwäche in beiden Beinen verbun-
     Vollbild beschrieben. Die klinische      den mit Hypästhesien im Reithosen-       Herpes-Zoster-Infektionen treten vor
     Symptomatik besteht vor allem in         bereich und Blasenstörungen entwik-      allem bei Patienten über 60 Jahren
     schmerzhaften neuropathischen            keln sich dabei oft innerhalb von 2      auf, wobei immunsupprimierte Pati-
     Beschwerden an beiden Füßen, die         Wochen. In vielen Fällen findet sich     enten eine höhere Inzidenz aufwei-
     fallweise auch mit Hypästhesien,         eine begleitende CMV-Infektion,          sen. Die Infektion betrifft überwie-
     jedoch ohne faßbare motorische           welche die lumbosakralen Nerven-         gend 1 bis 3 benachbarte Dermato-
     Ausfälle, einhergehen können. Ätio-      wurzeln affiziert. Die frühzeitige       me unilateral, vor allem im Thorax-
     logisch werden dabei sowohl Fakto-       Behandlung mit Ganciclovir kann zu       und Trigeminusbereich (Ramus oph-
     ren wie Vitamin B12-Mangel als auch      einer deutlichen Remission führen.       thalmicus). Die Initialsymptome be-
     der neurotoxische Effekt retroviraler    Das Krankheitsbild kann auch durch       stehen in radikulären Schmerzen im
     Substanzen diskutiert, in vielen         ein Lymphom entstehen [68].              affizierten Dermatom, wobei motori-
     Fällen bleibt die Ursache ungeklärt.                                              sche Schwächen bei bis zu 30 % der
     Die Kombination mehrerer antivira-       Borreliose                               Patienten vorkommen. Muskelschwä-
     ler Substanzen scheint jedenfalls das                                             che und Schmerzen bessern sich
     Risiko für eine Neuropathie deutlich     PNP-Symptome finden sich häufig          üblicherweise spontan, außer es
     zu erhöhen [63]. Ebenso unklar           im Zusammenhang mit der durch            kommt zur Ausbildung einer post-
     bleibt die Frage, ob die Neuropathie     Spirochäten (Borrelia burgdorferi)       herpetischen Neuralgie (PHN), wel-
     durch direkte Infektion der periphe-     induzierten und durch Zecken über-       che per definitionem diagnostiziert
     ren Nerven induziert wird. Insbeson-     tragenen Lyme-Borreliose. Ob diese       wird, wenn der Schmerz 4–8 Wochen
     dere der mit der PNP-Symptomatik         Krankheitsentität pathogenetisch         nach Abheilung der Hautaffektionen
     assoziierte neuropathische Schmerz       durch direkten Nervenbefall seitens      persistiert. Eine große placebokon-
     stellt bei AIDS-Patienten eine thera-    der Spirochäten oder durch immuno-       trollierte Studie konnte zeigen, daß
     peutische Herausforderung dar.           logische Prozesse induziert wird, ist    Famciclovir eine deutliche Redukti-
     Studien zufolge leiden etwa 28 %         unklar. Klinisch stehen initial Hirn-    on der Inzidenz von PHN bewirkte,
     der AIDS-Patienten an neuropathi-        nervenneuropathien oder spinale          speziell bei älteren Patienten [69].
     schen Schmerzen [64]. In therapeu-       Radikulopathien im Vordergrund.
     tischer Hinsicht zeigten kürzlich        Sehr häufig findet sich dabei eine       In therapeutischer Hinsicht gelten
     durchgeführte Studien mit Nerve          Affektion des N. facialis als Initial-   Amitriptylin oder andere Trizyklika
     Growth Factor sowie mit Lamotrigin       symptom, wobei insbesondere die          als erste Wahl bei der Behandlung der
     einen Effekt auf den neuropathischen     oft bilaterale Symptomatik wegwei-       PHN, wobei zunehmend Gabapentin
     Schmerz [65, 66].                        send ist. Die Radikulopathie ist zu-     hier Anwendung findet. In einer ran-
                                              nächst nur durch Schmerzen im            domisierten placebokontrollierten
     Das Auftreten eines GBS oder einer       Dermatom gekennzeichnet und wird         Studie erwies sich Gabapentin als
     CIDP erfolgt oft typischerweise am       nach 1–4 Wochen von einer Muskel-        wirksames therapeutisches Agens [70].
     Beginn der Infektion, und eine HIV-      schwäche begleitet. Die Symptome
     Infektion sollte bei allen Patienten     gleichen oft multifokalen Neuropa-       Als Rarität können Neuropathien auch
     mit derartigen Symptomen differen-       thien und zeichnen fallweise in den      im Zusammenhang mit Erkrankungen
     tialdiagnostisch berücksichtigt wer-     elektrophysiologischen Untersuchun-      durch andere Viren auftreten (z. B. In-
     den.                                     gen. Diese Symptome weisen übli-         fluenza, Masern oder Mononukleose).
                                              cherweise eine gute Remissionsten-
     Eine weitere HIV-assoziierte Erschei-    denz innerhalb von Wochen bis Mo-        Literatur
     nungsform der PNP ist das Syndrom        naten auf, wobei eine Antibiotika-       1. Dyck PJ, Kratz KM, Karnes JL, Litchy WJ, Klein R,
                                                                                       Pach JM, Wilson DM, O’Brien PC, Melton LD 3rd,
     der multifokalen Mononeuropathie,        therapie den Heilungsverlauf be-         Service FJ. The prevalence by staged severity of
     deren typischer Biopsiebefund aus        schleunigt.                              various types of diabetic neuropathy, retinopathy,
     nekrotisierender Vaskulitis oder Zyto-                                            and nephropathy in a population-based cohort: the
                                                                                       Rochester Diabetic Neuropathy Study. Neurology
     megalieviruseinschlüssen besteht.        Das Spätstadium der Borreliose ist da-   1993; 43: 817–24.
     Bei Patienten mit nachgewiesener         gegen durch eine milde distal betonte    2. Dyck PJ, Davies JL, Wilson DM, Service FJ,
     CMV-Infektion zeigen sich gute Be-       Polyneuropathie gekennzeichnet, wel-     Melton LD 3rd, O’Brien PC. Risk factors for severity
                                                                                       of diabetic polyneuropathy: intensive longitudinal
     handlungsergebnisse mit Ganciclovir      che ohne Antibiotikabehandlung kei-      assessment of the Rochester Diabetic Neuropathy
     [67].                                    ne Remissionstendenz mehr aufweist.      Study cohort. Diabetes Care 1999; 22: 1479–86.

26    J. NEUROL. NEUROCHIR. PSYCHIATR. 2/2002
POLY-
NEUROPATHIEN
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                                                              Marie-Tooth type 4B is caused by mutations in the
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                                                              22. Thomas PK. Autosomal recessive hereditary             pathy more than no treatment. Ann Neurol 1982;
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