Porsche Engineering Magazin - DIE NEUE ZEIT Engineering auf dem Weg in die Zukunft

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Porsche Engineering Magazin - DIE NEUE ZEIT Engineering auf dem Weg in die Zukunft
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Fahrwerkabsicherung der Zukunft                             Entwicklungen in und für China   Nachhaltigkeit im Nardò Technical Center   www.porsche-engineering.de   02

                                                                                                                                         Magazin

   Engineering auf dem Weg in die Zukunft
                                            DIE NEUE ZEIT
                                                                                                                                         Porsche Engineering
Porsche Engineering Magazin - DIE NEUE ZEIT Engineering auf dem Weg in die Zukunft
Wir haben ihn entwickelt.
Sie erwecken ihn zum Leben.
Der neue Taycan GTS. Soul, electrified.

Stromverbrauch kombiniert in kWh/100 km: 25,9 (NEFZ); 23,3–20,3 (WLTP); CO₂-Emissionen kombiniert in g/km: 0 (NEFZ); 0 (WLTP);
elektrische Reichweite in km: 439–504 (WLTP) · 539–625 (WLTP innerorts)
Porsche Engineering Magazin - DIE NEUE ZEIT Engineering auf dem Weg in die Zukunft
EDITORIAL

                                                                                 Liebe Leserinnen und Leser,

                                                                                  als Doktorand habe ich Ende der 1980er-Jahre eine neue Welt aus
                                                                                  Mechatronik und Software kennengelernt. Die neuen Technologien
                                                                                  und die Konzeption eines HiL-Prüfstands für meine Dissertation
                                                                                  haben mich als jungen Maschinenbau-Ingenieur sehr bereichert. Die
                                                                                  rasanten Entwicklungen in der Elektronik waren nicht nur für mich
                                                                                  persönlich eine wichtige Erfahrung – sie führten auch zu einem
                                                                                  großen Sprung für die gesamte Automobilindustrie.
                                                                                       Heute stehen wir wieder vor einem Sprung, der von ­Technologien
                                                                                  wie Cloud, Künstlicher Intelligenz und Big Data vorangetrieben wird.
                                                                                  Wir müssen darum neue Kompetenzen aufbauen und Prozesse
                                                                                  transformieren. Die Titelstrecke dieser Magazinausgabe zeigt, wie
                                                                                  wir zum Beispiel die Fahrwerkentwicklung an die Anforderungen der
                                                                                  neuen Zeit anpassen. Auch für die Messdatenauswertung nutzen wir
                                                                                  neueste IT-Technologien, um Prozesse zu beschleunigen.
                                                                                       Neben sprunghaften technologischen Entwicklungen prägt
                                                                                  auch China das Engineering der Zukunft. Insbesondere bei d     ­ igitalen
                                                                                  ­Innovationen hat das Land ein eigenes Ökosystem aufgebaut.
                                                                                   Entwicklungen für China können vor Ort ideal durchgeführt werden,
                                                                                   denn nur dann sind die Ingenieure nahe genug am Markt und an den
                                                                                   Kunden, um „chinaspezifische Funktionen“ zu entwickeln. Mit unse-
                                                                                   rem Standort in Shanghai sind wir dafür sehr gut aufgestellt.
                                                                                       Ein weiterer Trend prägt unsere Arbeit: Nachhaltigkeit. Darum be-
                                                                                   richten wir in dieser Ausgabe darüber, wie sich das N­ ardò ­Technical
                                                                                   ­Center in den Bereichen Nachhaltigkeit, Umweltschutz und gesell-
                                                                                    schaftliche Verantwortung engagiert.
Dr. Peter Schäfer                                                                      Neue Technologien, Klimawandel, branchenspezifische und geo­
Geschäftsführer von Porsche Engineering                                             politische Veränderungen: Uns stehen in den nächsten Jahren große
                                                                                    Veränderungen bevor. Als Technologiepartner für die Entwicklung der
                                                                                    intelligenten und vernetzten Fahrzeuge der Zukunft sehen wir darin
                                                                                    trotz aller Unwägbarkeiten vor allem große Chancen – wenn wir die
                                                                                    Weichen richtig stellen, Kurs halten und bei Bedarf auch schnell
                                                                                    umsteuern. Wir müssen eine kluge Vorgehensweise erarbeiten und
                                                                                    operativ flexibel sein. Dann wird dieser Sprung wieder eine Bereiche-
                                                                                    rung für uns alle sein.
                                                                                       Auch unser Magazin verändert sich: Wir haben nicht nur die Optik
                                                                                    etwas überarbeitet, sondern bieten Ihnen noch mehr Informationen
                                                                                    zu spannenden Technologiethemen und darüber hinaus – selbstver-
                                                                                    ständlich nach wie vor mit dem gewohnten Tiefgang.
                                                                                  Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!
                                                                                  Ihr Peter Schäfer

           ÜBER PORSCHE ENGINEERING: Die Porsche Engineering Group GmbH ist internationaler Technologiepartner der Automobilindustrie. Die Tochter­
gesellschaft der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG entwickelt für ihre Kunden das intelligente und vernetzte Fahrzeug der Zukunft – inklusive Funktionen und Software. Etwa
1.500 Ingenieure und Software-Entwickler widmen sich neuesten Technologien, etwa in den Feldern hochautomatisierte Fahrfunktionen, E-Mobilität und
Hochvoltsysteme, Konnektivität und Künstliche Intelligenz. Sie führen die Tradition des 1931 gegründeten Konstruktionsbüros von Ferdinand Porsche fort und
entwickeln die digitalen Fahrzeugtechnologien von morgen. Dabei kombinieren sie tiefgreifende Fahrzeugexpertise mit Digital- und Software-Kompetenz.

PORSCHE ENGINEERING MAGAZIN 2/2022                                              3
Porsche Engineering Magazin - DIE NEUE ZEIT Engineering auf dem Weg in die Zukunft
Intelligente Technik: Fabian Pfitz (links)

12                                              und Max Schäfer wollen einen automatischen
                                                Fahrdynamikregler für Dauerlauf-
                                                untersuchungen von Fahrwerken einsetzen.

                                                  Windschnittig: Fahrzeughersteller optimieren permanent die
                                                  Aerodynamik ihrer Modelle. Die E-Mobilität hilft ihnen dabei.

                                                    28

                       TITEL:                                            PERFORMANCE
INHALT                 ENGINEERING AUF DEM
                       WEG IN DIE ZUKUNFT
                                                                         UND
                                                                         EXPERTISE
02/2022                12
                       Digital zum perfekten Mix
                                                                         36
                                                                         In China, für China
                       Porsche Engineering etabliert neue auto-          Der chinesische Automobilmarkt stellt
                       matisierte und digitale Methoden für die          besondere Anforderungen an die ­Technik
                       Fahrwerkentwicklung.                              der Fahrzeuge. Darum baut ­Porsche
                                                                         ­Engineering seine Präsenz vor Ort kon-
                       18                                                 tinuierlich aus: Rund 130 Mitarbeiter
                       Out of the ComBox                                  entwickeln, testen und validieren China-­
                       Der Porsche Engineering Data Service               spezifische Funktionen für das intelligente
                       vereinfacht die drahtlose Bereitstellung von       und vernetzte Fahrzeug.
                       Messdaten nach einer Erprobungsfahrt und
                       ermöglicht ihre schnelle Auswertung.              44
                                                                         Im Einklang mit der Natur
                       24
                                                                         Nachhaltigkeit hat für das Nardò Technical
       PORSCHE         Mit Wasserstoff über die Nordschleife
                                                                         Center in Apulien viele Facetten. Entspre-
     ENGINEERING       Porsche Engineering hat im Rahmen einer
                                                                         chend vielfältig ist die Palette der Maß-
        D I G I TA L   Studie einen Wasserstoffmotor mit Emissi-
                                                                         nahmen – vom Klimaschutz über regionale
                       onen auf Umgebungsluftniveau simuliert.
                                                                         Bildungskooperationen bis hin zum ehren­
                       28                                                amtlichen Engagement der Mitarbeiter.
                       Wind of Change
                       Fahrzeuge machen gerade einen Sprung
                       beim cw-Wert. Aktive Aerodynamik-Maß-
                       nahmen und neue Entwicklungsmethoden
                       versprechen weitere Verbesserungen.

                                            4
Porsche Engineering Magazin - DIE NEUE ZEIT Engineering auf dem Weg in die Zukunft
I N H A LT

     Nachhaltigkeit im Fokus: Das Nardò Technical Center
   übernimmt Verantwortung für Umwelt und Gesellschaft.

                                             44
                                                                                                         Besondere Herausforderung: Wegen landes-
                                                                                            spezifischer Rahmenbedingungen müssen viele Fahrzeug-
                                                                                                       funktionen vor Ort in China entwickelt werden.

                                                                                                                                          36

TRENDS                                             PORSCHE                                          RUBRIKEN
UND                                                UND                                              03    Editorial
TECHNOLOGIEN                                       PRODUKT                                          06    Meldungen
                                                                                                    10    Auf den Punkt.
50                                                 56                                               34    Noch Fragen?
Überirdische Funkmasten                            Back to the Future                               62    Nach gedacht
Satelliten könnten bei der Vernetzung von          Mit dem neuen 911 Sport Classic lässt            64    Rückblick
Fahrzeugen künftig eine wichtige Rolle             Porsche den Stil der 60er- und frühen            65    Impressum
spielen. Erste OEMs denken darum bereits           70er-Jahre wiederaufleben.
über Kooperationen oder eigene Satelliten­
flotten nach.

54
Der große Sprung
Welche technischen Innovationen bringen
menschlichen Fortschritt? Und wie gelingt
es, radikal bessere Lösungen für die großen
Herausforderungen unserer Zeit zu finden?          MITWIRKENDE
Das ist Thema im Gastbeitrag von ­Rafael
­Laguna de la Vera und Thomas Ramge.

                                                            Dan Matutina                 Constantin Gillies                 Mattia Balsamini
                                                     ist Illustrator mit Sitz auf       ist Wirtschafts- und            ist Fotograf und stark an
                                                       den Philippinen. Er hat        Technik­journalist sowie         Technologie interessiert. Zu
                                                   schon für Apple, Google und       erfolgreicher Romanautor          seinen Kunden gehören das
                                                          Wired gearbeitet.                  aus Bonn.                      MIT und die NASA.

PORSCHE ENGINEERING MAGAZIN 2/2022                                          5
Porsche Engineering Magazin - DIE NEUE ZEIT Engineering auf dem Weg in die Zukunft
MELDUNGEN                                           Die Taycan Sport Limousinen
                                                    Verbrauchsangaben nach NEFZ:
                                                                                        Verbrauchsangaben nach WLTP:
                                                                                        Stromverbrauch kombiniert:

02/2022
                                                                                        24,7–20,2 kWh/100 km
                                                    Stromverbrauch kombiniert:
                                                    27,4–26,0 kWh/100 km                CO₂-Emissionen kombiniert: 0 g/km
                                                    CO₂-Emissionen kombiniert: 0 g/km   Stand 06/2022

              5G
        ermöglicht in Nardò fortschrittliche Fahrzeugtests, Vernetzung
                   und neue digitale Dienste für Fahrzeuge.

                                     6
Porsche Engineering Magazin - DIE NEUE ZEIT Engineering auf dem Weg in die Zukunft
MELDUNGEN

Jubiläum und Mobilfunk-Ausbau in Nardò

NTC: 10 JAHRE MIT PORSCHE UND
START EINES EIGENEN 5G NETZ
Das Nardò Technical Center (NTC), im Besitz von Porsche und betrieben von P     ­ orsche
­Engineering, feiert den zehnten Jahrestag des Erwerbs durch den Sportwagenhersteller
 im Jahr 2012. Seitdem hat es sich von einem Erprobungsgelände mit spezifischen Stre-
 cken und Einrichtungen in ein integriertes Zentrum für Hochleistungstests, Validierung
 und die Entwicklung von intelligenten und vernetzten Fahrzeugen verwandelt. „Der
 Erwerb des Nardò Technical Center durch Porsche im Jahr 2012 war für den gesam-
 ten ­Porsche Konzern eine wichtige Bereicherung“, sagt M­ ichael ­Steiner, Mitglied des
 Vorstandes Forschung und Entwicklung und Vorsitzender des Gesellschafterausschus-
 ses von P­ orsche ­Engineering. Seit 2012 wurde in Nardò in die Modernisierung und die
                                                                                                         Das NTC in Zahlen
 technologische Weiterentwicklung der Infrastruktur investiert. Auf dem gesamten Test-
 gelände wurden Hochleistungs-Ladestationen eingerichtet, um bessere Voraussetzun-
 gen für Elektrofahrzeuge zu schaffen. Zudem sind die Ingenieure in Nardò in das globale
 Innovations- und Entwicklungsnetzwerk der ­Porsche Engineering-Gruppe integriert,                      Die Zahl der Mitarbeiter

                                                                                                       50
 was einen nahtlosen Übergang zwischen Entwicklung, virtueller Simulation und realen                       stieg um mehr als
 Tests ermöglicht.
Die neueste Errungenschaft des NTC ist ein eigenes 5G-Mobilfunknetz. Die Installati-
on von acht Antennen an der Außenseite des Hochgeschwindigkeitsrings garantieren
5G-Geschwindigkeit auf dem neuesten Stand der Technik sowie die sichere Übertra-
gung von Daten zwischen Fahrzeugen, Infrastruktur und digitalen Geräten. Dadurch
kann das NTC sein Dienstleistungsangebot in den Bereichen Vernetzung, Digitalisierung           Prozent in den vergangenen zehn Jahren.
und Tests der nächsten Generation erweitern. „Die durch 5G ermöglichte Echtzeitfähig-                   Heute sind es über 160.
keit ist eine wesentliche Voraussetzung für künftige Tests fortgeschrittener autonomer
Fahrfunktionen“, sagt NTC-Geschäftsführer ­Antonio ­Gratis. In einigen Jahren soll die
„Smart City Emulation“ Teil des Servicepakets sein. Dahinter verbirgt sich eine Stadt
mit beweglichen Häusern und Verkehrsschildern, in der urbane Szenarien für den Test
fortschrittlicher Fahrerassistenzsysteme aufgebaut werden können.                                  Das NTC hat eine Fläche von über

                                                                                                          700   Hektar.

                                                                                                               Mehr als

                                                                                                             20
                                                                                                             Teststrecken
                                                                                                       gibt es auf dem Gelände.

                                                                                           Komplett vernetzt:
                                                                                           Es wurden neue Strecken und eine
                                                                                           zusätzliche Infrastruktur einge-
                                                                                           richtet, um das intelligente und
                                                                                           vernetzte Fahrzeug zu erproben.

PORSCHE ENGINEERING MAGAZIN 2/2022                                     7
Porsche Engineering Magazin - DIE NEUE ZEIT Engineering auf dem Weg in die Zukunft
MELDUNGEN

                               Neuigkeiten aus China

                    FÜHRUNGSWECHSEL
                          BEI PORSCHE
                    ENGINEERING CHINA

                                                       Uwe Pichler-Necek wird zum 1. Juli die Position des G    ­ eschäftsführers
                                                       von P ­ orsche E
                                                                      ­ ngineering China übernehmen. Er folgt auf Kurt S  ­ chwaiger,
                                                       der die chinesischen Aktivitäten des Unternehmens seit 2015 verant-
                                                       wortet hat. „Mit seiner breiten Führungserfahrung vor Ort in neuen und
                                                       klassischen Fahrzeugtechnologien bringt ­Uwe Pichler-­Necek die idea-
                                                       len Voraussetzungen für diese anspruchsvolle Aufgabe mit“, sagt P      ­ eter
                                                       ­Schäfer, Geschäftsführer von P  ­ orsche E­ ngineering und Vorsitzender des
                                                        Beirats der chinesischen Tochtergesellschaft. Pichler-­Necek verantwor-
                                                        tete zuletzt die Entwicklungsaktivitäten von FEV China als Executive Vice
                                                        President Engineering. Kurt ­Schwaiger kehrt nach mehr als sechs Jahren
                                                        als Geschäftsführer von ­Porsche E  ­ ngineering in China nach Deutschland
                                                        zurück und geht in den Ruhestand. „Er hat den Standort in Shanghai er-
                                                        folgreich aufgebaut, technologisch erweitert und entschieden ausgebaut“,
                                                        so ­Schäfer. „Heute haben wir eine erstklassige Entwicklungsmannschaft
                                                        vor Ort, die den komplexen chinesischen Markt im Detail kennt und China-­
                                                        spezifische Lösungen für P ­ orsche und weitere OEMs entwickelt.“

Wechsel im Management:
Uwe Pichler-Necek (großes
Bild) wird zum 1. Juli
Geschäftsführer von ­Porsche
­Engineering China. Er löst
 Kurt S
      ­ chwaiger ab, der in
 den Ruhestand geht.

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Porsche Engineering Magazin - DIE NEUE ZEIT Engineering auf dem Weg in die Zukunft
„Porsche verkörpert                 Big-Wave-Surfen

            wie kaum ein anderes
               Unternehmen, dass                  DEN SURFSPORT AUF EIN
          Träume dann erreichbar
             sind, wenn man kon-                  NEUES LEVEL HEBEN
           sequent und akribisch
                                                  Der amtierende Big-Wave-Surf-Weltmeister Sebastian Steudtner und Porsche gehen eine
           genug daran arbeitet.“                 langfristige Partnerschaft ein. Um den Surfsport auf ein neues Level zu heben, arbeitet S   ­ teudtner
                                                  unter anderem mit ­Porsche E  ­ ngineering zusammen. Gemeinsam mit wissenschaftlichen Instituten
                         Sebastian Steudtner
                                                  wollen die Partner das Wissen aus dem Automotive Engineering auf die Entwicklung leistungs­
                             Big Wave Surfer
                                                  fähigerer Surfboards übertragen. Auf Basis neuester Simulationsmethoden und Windkanal-­
                                                  Validierungen sollen beispielsweise das Verhalten des Surfboards im Wasser sowie die Aerodyna-
                                                  mik von Board und Surfer weiter optimiert werden. „Unsere Erfahrungen in der S     ­ trömungs- und
                                                  Struktur­optimierung bringen wir mit der praktischen Expertise des weltweit bekannten Surfers
                                                  ­Sebastian ­Steudtner zusammen – um ein optimiertes Board für das Surfen besonders hoher Wel-
                                                   len zu entwickeln“, sagt M
                                                                            ­ arcus Schmelz, Projektleiter bei ­Porsche E­ ngineering. S
                                                                                                                                       ­ teudtner ergänzt:
                                                   „Ich bin stolz und freue mich sehr, ­Porsche als langfristigen Partner gewonnen zu haben. Neben
                                                   der technologischen Kompetenz und dem im Unternehmen etablierten Innovationsgeist fasziniert
                                                   mich vor allem eines: ­Porsche verkörpert wie kaum ein anderes Unternehmen, dass Träume dann
Die Taycan Sport Limousinen
                                                   erreichbar sind, wenn man konsequent und akribisch genug daran arbeitet.“
Verbrauchsangaben nach NEFZ:
Stromverbrauch kombiniert: 27,4–26,0 kWh/100 km   ­ orsche ­Engineering blickt auf eine langjährige Erfahrung in der Entwicklung hochleistungsfähi-
                                                  P
CO₂-Emissionen kombiniert: 0 g/km
                                                  ger Sportgeräte zurück. So entwickelte das Unternehmen bereits einen Wettbewerbsschlitten
Verbrauchsangaben nach WLTP:
Stromverbrauch kombiniert: 24,7–20,2 kWh/100 km
                                                  für den Rennrodler G­ eorg Hackl, bei dem er während der Fahrt die Dämpfung verändern und so
CO₂-Emissionen kombiniert: 0 g/km                 eine höhere Kurvengeschwindigkeit erzielen konnte. Das Ergebnis war eine Silbermedaille bei den
Stand 06/2022                                     Olympischen Winterspielen in Salt Lake City (USA) im Jahr 2002.

PORSCHE ENGINEERING MAGAZIN 2/2022                                           9
Porsche Engineering Magazin - DIE NEUE ZEIT Engineering auf dem Weg in die Zukunft
A U F D E N P U N K T.           SAE-STUFEN

                                                                                                 Fahrerlos ans Ziel
AUF DEN PUNKT.
                   Neue Technologien treiben die Entwicklung der Automobilindustrie voran.
             In dieser Rubrik erklären wir „auf den Punkt“, was derzeit besonders aktuell ist.

                                                                                                 Die Weiterentwicklung von Fahrerassistenzsystemen macht große
                                                                                                 Fortschritte – und wird bald neue Märkte für autonome
                                                                                                 Transportlösungen eröffnen. Wir erklären, was das mit den
                                                                                                 Automatisierungsstufen nach SAE zu tun hat.
                                                                                                                                                                                                                        H
                                                                                                                                                                                                                 RLIC                               2
                                                                                                                                                                                                          RDE
                                                                                                                                                                                                R ER
                                                                                                                                                                                                     FO
                                                                                                                                                                                                                                         E - S T UFE RUNG
                                                                                                                                                                                     AHR
                                                                                                                                                                                            E                                         SA ATISIE
                                                                                                                                                                              CH F                                                        OM
                                                                                                                                                                    NG D
                                                                                                                                                                         UR                                                          AU T          mmt
                                                                                                                                                                                                                                                       die
                                                                                                                                                        WA C
                                                                                                                                                               HU                                                            TEIL                       erni
                                                                                                                                                                                                                                                 m üb rung in e .
                                                                                                                                                                                                                                                                      inem
                                                                                                                                                                                                                                               e
                                                                                                                                               ÜBE
                                                                                                                                                   R
                                                                                                                                                                                       FE 1                                             y  s t
                                                                                                                                                                                                                               Das S d Querfü dungsfa A)
                                                                                                                                                                                                                                                         h             ll
                                                                                                                                                                              E - S T U TEME                                            n                  n
                                                                                                                                                                          S A          YS                                        s-   u             n w  e        t C
                                                                                                                                                                                                                                                                    ( A
                                                                                                                                                                               ENZ S                                        Läng nierten A ise Assis e
                                                                                                                                                                    AS   SIS T            mt d
                                                                                                                                                                                               ie
                                                                                                                                                                                                  nim g in
                                                                                                                                                                                                                                  fi
                                                                                                                                                                                                                               de tive C
                                                                                                                                                                                                                                       p
                                                                                                                                                                                                                                                   r u        lswe
                                                                                                                                                                                                                                                       ispie rung.
                                                                                                                                                                                                                                                                   is
                                                                                                                                                                                          über                                  A d  a             b e
                                                                                                                                                                                    tem erführun gsfall.                                         t
                                                                                                                                                                                                                            Der mbinier uerfüh sind
                                                                                                                      FE 0                                                   S y  s           u                                 ko - und Q teme
                                                                                                                  STU                                               Das oder Q wendun )
                                                                                                              SAE- AHRER                                                                                                                                  ys
                                                                                                                                                                                                                                        s
                                                                                                                                                                             s-
                                                                                                                                                                    Läng nierten A ntrol (AC
                                                                                                                                                                                                n            C                  Läng evel-2-S in Serie.
                                                                                                                  F                                                                              o                                    e  L
                                                                                                                                                                                                                                         ­              r e n
                                                                                                              NUR                                                            e fi              C           nd                       h                  h
                                                                                                                           hrer­                                          d              se
                                                                                                                                                               einem tive Crui assisten eme.
                                                                                                                                                                                                      t si                    Solc inigen Ja
                                                                                                                      es Fa       nd ktiv.                                                                                     seit e
                                                                                                                        r e i fe                                 ­Adap purhalte l-1-Syst ig­
                                                                                                                eing system a s- und                                                          e
                                                                                                        Ke  i n
                                                                                                                    tenz               Läng                        und S e für Lev eschwind
                                                                                                           assis st für die ortlich.                                e i s p iel          d i e G e in die
                                                                                                                                                                  B                  i n            s
                                                                                                            ahr   e r i
                                                                                                                               vera  nt w
                                                                                                                                             er ein                       reifen              swei       beide
                                                                                                    Der F führung mera od ren                                     Sie g eziehung r nicht in sind
                                                                                                                                                                             b
                                                                                                                                                                    keit in – ab Systeme e.   e
                                                                                                       Quer ckfahrk­ a tent gehö e
                                                                                                             Rü                 sis           ang                       ung e            el-1-          Seri
                                                                                                     Eine chselas d schon l n                                   Lenk itig. Lev Jahren in
                                                                                                          r w   e              s in          ke                       hze                 0
                                                                                                    Spu fe 0 und eschrä gen.
                                                                                                                                   b
                                                                                                                                           n                   gleic ehr als 2
                                                                                                      u S t u           e  i d e         An zei                  seit m
                                                                                                    z           rie. B               auf
                                                                                                       in Se chließlich
                                                                                                    sich
                                                                                                          au   s s                                                                                                                 2

                                                                                                                                                                      1

                                                                                                         0

                                                                                                                                                                                                                            F   ahrerassistenzsysteme erleichtern das
                                                                                                                                                                                                                            Reisen und haben sich in den vergangenen
                                                                                                                                                                                                                            Jahren schnell weiterentwickelt. Tempomat
                                                                                                                                                                                                                            und Spurhalteassistent gehören zu den
                                                                                                                                                                                                                            bekanntesten Beispielen. In wenigen Jahren
                                                                                                                                                                                                                            dürften neue Systeme wie beispielsweise
                                                                                                 Text: Christian Buck                                                                                                       das automatische Einparken in Parkhäusern
                                                                                                 Illustration: Benedikt Rugar                                                                                               hinzukommen.

                                                                                                                                                                              10
LICH
                                                                                                            OR     DER
                                                                                                   ER   ERF
                                                                                      HF    AHR
                                                                              D   URC                                   FE 5
                                                                   CH   UNG
                                                                                                             A E - S T U IERUNG
                                                         BE   R WA                                         S          ATIS
                                             AF   TE Ü
                                                                                                           A U TO M
                                     U   ERH                                                      VO    LL
                              E DA                              4
                       KEIN
                                                    E - S T UFE ERUNG
                                                SA           TISI
                                                  U T OM A
                                         HO   CHA
                  FE 3
        A E - STU
      S             E
               INGT
        BED SIERUNG
                I
                                                                                                        5
         MAT
A   U TO
                                                                                                                                                                           ie
                                                                                                                                                                    mt d
                                                                                                                                                          ü b ernim Quer­
                                                                                                                                                   ystem        - und        n
                                                                                                                                        Das S tte Längs ftretende
                                                                                                                                                  le          a  u
                                              4                                                                                            m    p          n            e  r
                                                                                                                                      ­ko g in alle rend d
                                                                                                                                                  n           äh           in
                                                                                                                                     führu tionen w . Es ist ke r­
                                                                                                                                             i t u a       h r t         rd  e
                                                                                                                                          ­S            Fa          erfo
                                                                                                                                           e s  a mten Fahrers eme
                                                                                                                                       ­g             des he Syst en,
                                                                                                                          rten                eifen        lc            rd
                                                                                                                  efinie Ein-       Eingr Wann so men we
                                                                                                         e s    d                          c h  .        k o m         r
                                                                                                ahme
                                                                                                     n d ist kein h.                    li           arkt ur schwe
                                                                                        Im R ngsfalles erforderl d
                                                                                                                               ic            en M          n
                                                                                                   u                                auf d t derzeit en.
                                                                                               n d        e   r s           n nu              is
                                                                                                                                                      zu sa
                                                                                                                                                            g
3                                                                                    Anwe des Fahr inparke zten
                                                                                           f e n         s  ­ E
                                                                                     grei atisier te n in beg r           re n
                                                                                         t o m        h r e            l e  f ü
                                                                                    ­Au mes ­Fa Beispie
                                                                                     u t o no n sind                  e .
                                                                                  ­a            ete            stem
                                                               fall­                     Gebi vel-4-Sy
                                                   al s  Rück                                   Le
                                         dien   t          rh alb
                              r  Fa hrer uss inne panne
                           De e. Er m n Zeits s
                             eben egebene e über da
                                 vorg                  l       onst
                                              nt r o l
                         einer er die Ko ehmen. S eug
                                                                z
                          wied ug übern das Fahr d
                                 ze             m               un
                          Fahr as Syste Zustand
                                td             en              em
                         bring en sicher eise auf d
                           n e in        e l sw           n .
                          i         eispi         ifen a
                            hält b eitenstre
                                   S

                                                                                                                                       Systeme auf SAE-Stufe 4 befinden sich ge­
                                                                                                                                       rade in der Entwicklung. Sie werden nicht nur
                                                                                                                                       das Fahren weiter erleichtern, sondern auch
                                                                                                                                       neue Märkte eröffnen: Ab SAE-Stufe 4 lassen
                                                                       ist das auf den Stufen 3, 4 und 5 nicht mehr                    sich innovative Dienste wie Mobility as a
                                                                       erforderlich. Sie sind in der Lage, das Fahr­                   Service (MaaS) und Transport as a Service
                                                                       zeug von Stufe zu Stufe in immer größerem                       (TaaS) fahrerlos umsetzen. Dabei werden
     Die Technikorganisation SAE hat verschie­                         Umfang ohne menschlichen Eingriff ans Ziel                      Menschen beziehungsweise Güter von auto­
     dene Stufen („SAE-Level“) definiert, um                           zu bringen.                                                     nomen Fahrzeugen ans Ziel gebracht. Pakete
     Fahrerassistenzsysteme nach ihrer Leis­                               Im Zusammenhang mit Fahrerassistenz­                        ließen sich dann beispielsweise auf den
     tungsfähigkeit zu klassifizieren. SAE-Stufe 0                     systemen unterscheidet man auch zwischen                        letzten Metern von Robotern oder Drohnen
     beschreibt ein Auto, in dem der Fahrer für                        „automatisiert“ und „autonom“. Bei auto­                        bis zur Haustür oder ans Fenster liefern.
     alles verantwortlich ist und allenfalls von                       matisierten Fahrfunktionen aktiviert der                            Das erfordert aber neue Apps und Back­
     anzeigenden Funktionen unterstützt wird.                          Fahrer auf Wunsch das System und muss es                        end-Lösungen in der Cloud. Denn Funktionen
     Erste Eingriffe in die Längs- oder Quer­                          nicht dauerhaft überwachen. Er wird somit                       wie das Bestellen oder Bezahlen der Services
     führung durch die Technik erfolgen auf SAE-­                      entlastet und in bestimmten Fällen recht­                       müssen per Software abgewickelt werden,
     Stufe 1. Systeme auf SAE-Stufe 2 können                           zeitig zur Übernahme der Fahraufgabe auf­                       zudem muss man die Flotten aus intelli­
     sowohl in die Längs- als auch in die Quer­                        gefordert. Das entspricht der SAE-Stufe 3.                      genten und vernetzten Level-4-Fahr­zeugen
     führung eingreifen.                                               Beim autonomen, fahrerlosen Fahren muss                         koordinieren und zu ihren Kunden dirigieren.
         Der Sprung von SAE-Stufe 2 auf SAE-­                          kein Fahrer das System mehr überwachen.                         ­Porsche E­ ngineering beschäftigt sich intensiv
     Stufe 3 markiert einen wichtigen Übergang:                        Fahren auf verschiedenen Strecken ist ohne                       mit diesen Themen und will seinen Kunden in
     Während der Fahrer auf den Stufen 0, 1 und                        Fahrereingriff möglich. Das entspricht den                       Zukunft die Entwicklung sowie die Absiche­
     2 die Systeme jederzeit überwachen muss,                          SAE-­Stufen 4 und 5.                                             rung solcher Systeme anbieten. ������ ●

     PORSCHE ENGINEERING MAGAZIN 2/2022                                                               11
TITEL

    FAHRWERK-
  ABSICHERUNG
  DER ZUKUNFT

Automatisierung: Fabian Pfitz (links) und Max Schäfer nutzen einen modell­
basierten Fahrdynamikregler, der eine vorgegebene Trajektorie abfährt.
                                                                             12
TITEL      FA H R W E R K A B S I C H E R U N G D E R Z U K U N F T

Virtualisierung: Die Fahrwerkentwicklung verschiebt sich
immer mehr vom realen Versuch in den digitalen Datenraum.

                                  DIGITAL ZUM
                               PERFEKTEN MIX
                                 Durch immer mehr elektronische Regelungsfunktionen, neue Fahrerassistenzsysteme
                                und automatisierte Fahrfunktionen sowie die weiter fortschreitende System­vernetzung
                                      nimmt der Applikations- und Absicherungsaufwand auch im Fahrwerk weiter zu.
                                  Um Entwicklungs­projekte mit hoher Effizienz umsetzen zu können, etabliert P
                                                                                                             ­ orsche
                                                ­Engineering neue automatisierte und digitale Entwicklungsmethoden.
                                                                                                                   Text: Richard Backhaus
                                                                                                                  Fotos: Annette Cardinale

PORSCHE ENGINEERING MAGAZIN 2/2022                                         13
TITEL     FA H R W E R K A B S I C H E R U N G D E R Z U K U N F T

Teamarbeit: Tim Wright, Eva-Verena Ziegahn, Moritz Markofsky und Martin Reichenecker
(von links) nutzen immer mehr fortschrittliche digitale Entwicklungsmethoden.

K          omfortabel und ökonomisch oder agil und
dynamisch? Bei der Auslegung heutiger Fahrwerk­
systeme stellt sich diese Frage nicht, denn moderne
                                                                                                schleifen – und stoßen zunehmend sowohl beim zeitli­
                                                                                                chen Aufwand als auch bei den Kosten an ihre Grenzen.“

Fahrzeuge sollen alle Anforderungen auf einmal                                                  AUTOMATISIERTE TESTFAHRTEN
erfüllen. Fahrwerkentwickler müssen daher denjeni­
gen Abstimmungsmix finden, der dem Fahrzeug das                                                 Um die Integration neuer Fahrwerkfunktionen weiter­
gewünschte Fahrverhalten verleiht. Aufgrund der                                                 hin mit hoher Effizienz umsetzen zu können, setzt
Fülle an Parametern und Stellgrößen absolvieren neue                                            ­Porsche E ­ ngineering auf fortschrittliche digitale Ent­
Fahrzeuge auf dem Weg zur Serienreife mitunter Milli­         „Für die Applikation               wicklungsmethoden. Der erste Schritt ist die Automa­
onen von Testkilometern.                                       und Absicherung                   tisierung der Versuchsfahrten mit Prototypfahrzeugen
   Hinzu kommen die immer größere Anzahl an elek­                steht immer                     auf der Teststrecke. „Bei Fahrversuchen mit großer
tronischen Regelungsfunktionen, Fahrerassistenz­                                                 physischer Belastung für die Testfahrer übernimmt
systemen und automatisierten Fahrfunktionen sowie die           weniger Zeit zur                 dabei ein Fahrdynamikregler die Fahrzeugsteuerung“,
weiter fortschreitende elektronische Systemvernetzung             Verfügung.“                    erklärt ­Martin ­Reichenecker, Leiter der Fachdisziplin
im Fahrzeug. „Sie erhöhen den Entwicklungsaufwand                                                Fahrwerk-­Versuch bei ­Porsche ­Engineering. „Dazu
zusätzlich, während gleichzeitig für die Applikation und          Eva-Verena Ziegahn             entwickeln wir im Rahmen eines Projekts eine modell­
Absicherung immer weniger Zeit zur Verfügung steht“,              Leiterin Fachdisziplin         basierte Längs- und Querdynamik­regelung für die
                                                                   Fahrwerk-Systeme
sagt Eva-­Verena ­Ziegahn, Leiterin der Fachdisziplin            bei Porsche Engineering
                                                                                                 automatisierten Testläufe.“
Fahrwerk-­Systeme bei ­Porsche ­Engineering. „Klassische                                             Zur Vorbereitung einer Versuchsreihe fährt ein
Arbeitsmethoden umfassen zahlreiche Entwicklungs­                                                Fahrer die Strecke zunächst ab, wobei Fahrzeugda­

                                                                           14
ten wie die Geschwindigkeit und die Beschleunigung
zusammen mit den GPS-Daten aufgezeichnet werden.
Diese Referenztrajektorie gibt dem Fahrdynamik­
regler bei den folgenden Testfahrten dann den Pfad
vor. „Dabei blickt das System etwa eine Sekunde in                                        „Bei Fahrversuchen mit großer
die Zukunft und prognostiziert anhand der aktuel-
len Position, Geschwindigkeit und Ausrichtung des                                              physischer Belastung
Fahrzeugs, wie Lenkung sowie Brems- und Gaspedal
eingestellt werden müssen, um weiterhin auf der vor-                                     für die Testfahrer übernimmt ein
gegebenen Trajektorie zu bleiben“, erklärt ­Fabian Pfitz,
Entwicklungsingenieur Fahrwerk-Systeme bei ­Porsche
                                                                                                 Fahrdynamikregler
­Engineering. Das ist der entscheidende Unterschied zu
 herkömmlichen nicht-modellbasierten Fahrdynamik­
                                                                                             die Fahrzeugsteuerung.“
 reglern, die nur Regelungsfehler kompensieren und die                                                            Martin Reichenecker
 Fahrzeugführung nicht prädiktiv berechnen können.                                          Leiter Fachdisziplin Fahrwerk-Versuch bei Porsche Engineering
     Künftig sollen sich so auch anspruchsvolle Fahr-
 versuche mit hoher Dynamik automatisiert ausführen
 lassen. Die Beherrschung solcher Fahrzustände ist
 anspruchsvoll, da für die Lenk- und Bremsbefehle nur        einzelnen Systemen im Gesamtfahrzeug allerdings
 sehr wenig Reaktionszeit bleibt. „Derzeit optimieren        unberücksichtigt. „Das kann zu gegenseitigen Störun-
 wir die Programmierung des Fahrdynamikreglers,              gen führen, die erst in den nachgelagerten Fahrtests
 damit er auch diese Aufgaben erfüllen kann. Dafür           zutage treten und dann nur noch mit großem Aufwand
 nutzen wir Methoden der künstlichen Intelligenz, um         zu beheben sind“, erklärt Tim Wright, Entwicklungs­
 die Prognose­fähigkeit und damit die Genauigkeit des        ingenieur Fahrdynamiksimulation bei ­Porsche
 Reglers zu verbessern“, sagt Pfitz.                         ­Engineering. „Wir haben ein Prüfstandskonzept entwi-
     Der Vorteil automatisierter Fahrtests zeigt sich bei-    ckelt, bei dem wir die Funktionen und Systeme in ein
 spielsweise bei Dauerlaufuntersuchungen, bei denen           virtuelles Gesamtfahrzeug einbinden und in einer ge-
 Testfahrer permanent hohen physischen Belastungen,           schlossenen Regelschleife laufen lassen. Wie im realen
 etwa aufgrund des vorgegebenen Fahrprofils auf               Fahrzeug kommunizieren die elektronischen Steuerge-
 Schlechtwegstrecken, ausgesetzt sind. „Die Arbeiten          räte dabei über den Datenbus miteinander. Probleme
 an der modellbasierten Fahrdynamikreglung sind so            können so leicht identifiziert und abgestellt werden.“
 weit fortgeschritten, dass sie voraussichtlich schon             Die Besonderheit der Lösung von Porsche Enginee-
 bald für Dauerlaufuntersuchungen bei Kundenentwick-          ring ist die Echtzeitdarstellung des realen Fahrverhal-
 lungsprojekten eingesetzt werden kann“, erklärt Max          tens. Wenn beispielsweise beim Test der Spurhalte­
 ­Schäfer, Doktorand bei ­Porsche ­Engineering. Künftig       assistent in die Lenkung eingreift, spürt der Fahrer diese
  wird der modellbasierte Fahrdynamikregler beispiels-        Kräfte wie im Fahrzeug unmittelbar am Lenkrad. Ein an-
  weise auf der Teststrecke des Nardò Technical Center        deres Beispiel ist die Wirkung des Stabilitätsprogramms.
  (NTC) verwendet, um hochdynamische Fahrtests                Hier nimmt der Fahrer die dynamischen Änderungen
  automatisiert auszuführen.                                  optisch über den Simulationsbildschirm wahr. „Erst das
                                                              macht den Test realistisch und ist die Voraussetzung für
VIRTUELLES GESAMTFAHRZEUG                                     virtuelle Applikationen, bei denen die Funktionen auf den
IM SIMULATOR                                                  Fahrer zugeschnitten werden“, so Wright.
                                                                  Die Testszenarien werden entweder vorab von
Grundsätzliche Herausforderungen bei realen Fahr­             einem Testfahrzeug mit einer Kamera aufgezeichnet
versuchen – ob mit Testfahrern oder automati-                 oder am Rechner erstellt. Die virtuelle Umgebung kann
siert – sind hohe Kosten, großer Zeitaufwand und die          dabei bis in alle Details ausgearbeitet werden, sodass
gene­relle Verfügbarkeit von Versuchsfahrzeugen. Ins-         der Fahrer am Simulationsprüfstand kaum einen
besondere in frühen Phasen der Fahrzeugentwicklung            Unterschied zur Realität wahrnimmt. Da die virtuel-
stehen oftmals keine oder nur sehr wenige Proto­typen         len Verkehrssituationen beliebig konfigurierbar sind,             „Das System
zur Verfügung. In einem weiteren Digitalisierungs­            lassen sich viele verschiedene Varianten erstellen, etwa           blickt etwa
schritt der Fahrwerkentwicklung verlagert ­Porsche            Fahrten mit und ohne Gegenverkehr oder bei Tag und                eine Sekunde
­Engineering darum Fahrzeugtests verstärkt von der            bei Nacht. „Der Hauptvorteil ist jedoch, dass wir rech-
 Straße auf Prüfstände.                                       nergestützt potenziell gefährliche Fahrbedingungen
                                                                                                                               in die Zukunft.“
     Schon in der Vergangenheit wurden bereits einzelne       erzeugen und im Fahrsimulator ohne Sicherheitsrisiko
                                                                                                                                    Fabian Pfitz
 ­Assistenz- oder Fahrdynamikregelungsfunktionen am           für den Testfahrer abbilden können, etwa Ausweich­               Entwicklungsingenieur
  Prüfstand getestet und appliziert. Bei diesen Insel­        manöver auf nasser Fahrbahn bei sehr hohen Fahrge-               Fahrwerk-Systeme bei
  lösungen bleiben die Wechselwirkungen zwischen den          schwindigkeiten“, so Wright.                                      Porsche Engineering

PORSCHE ENGINEERING MAGAZIN 2/2022                                       15
Porsche Engineering setzt Tests auf dem Simulations-
prüfstand künftig für die Bewertung der Funktionalen
Sicherheit elektronischer Systeme und Funktionen im
Fahrzeug ein. Bei diesen Untersuchungen werden der                    „Der Hauptvorteil ist, dass wir rechnergestützt
Fahrzeugelektronik bewusst Fehler aufgeprägt. Der
Fahrer am Prüfstand bewertet dann die Auswirkun-                         potenziell gefährliche Fahrbedingungen
gen auf die Fahrzeugfunktionen. Die Kategorisierung                        erzeugen und im Fahrsimulator ohne
erfolgt nach einer international standardisierten Klassi­                  Sicherheitsrisiko abbilden können.“
fizierung in sogenannte Automotive Safety Integrity
Level (ASIL). „Je schwerer die Situation zu beherrschen                                           Tim Wright
ist, je gravierender die Folgen des Fehlers sind und je               Entwicklungsingenieur Fahrdynamiksimulation bei Porsche Engineering

INTEGRATIONSARCHITEKTUR
ZUR VIRTUELLEN APPLIKATION UND ABSICHERUNG VON FAHRERASSISTENZ-
SYSTEMEN UND HOCHAUTOMATISIERTEN FAHRFUNKTIONEN
Die Integrations­
architektur ­generiert
automatisierte Test-
fälle. So kann erst
der Applikations­                     DYNAMISCHE                             Ergebnis-Visualisierung
datensatz optimiert                 TEST-DATENBANK
und danach in einer
großen Anzahl ver­
schiedener Szenarien
validiert werden.
                                        TEST-AGENT                             Test-Agent-Strategie

                             Applikations-
                                                                Szenario-                        Evaluierungs-
                              parameter-
                                                                Datenbank                         Datenbank
 Gruppe von                   Datenbank                                                                                              Gruppe von
  Testfällen                                                                                                                          Testfällen
                                                                                                                                         mit
                                                                                                                                     Ergebnissen

                                      SIMULATION                                       EVALUIERUNG
                                     Umgebungsmodell                              Evaluierung der Performanz
                                                                                       der Fahrfunktion
                                         Fahrermodell
                                                                                        Evaluierung der                          Schwarz:
                                       Fahrzeugmodell                                                                            Basis-Module
                                                                                      Simulationsqualität
                                                                                                                                 Blau:
                                                XiL (X-in-the-Loop)                                                              Austauschbare Module
                             Fahrfunktion (System unter Test)                                                                    Übertragung von Testfällen

                                                                                                                                 Zugriff auf Datenbank

                                                                      16
TITEL     FA H R W E R K A B S I C H E R U N G D E R Z U K U N F T

häufiger er auftritt, desto höher sind die Sicherheits­      zu können – obwohl diese im Detail heute noch gar
anforderungen“, so Wright. „Derzeit nutzen wir am            nicht feststehen.
Standort Shanghai schon erfolgreich einen Simulati-                Eine weitere Besonderheit der neuen Methodik ist
onsprüfstand für Gesamtfahrzeugapplikationen und             der hohe Automatisierungsgrad bei der Erstellung von
-­absicherungen“, erklärt Wright. Weitere Anlagen sind       Testfällen und deren Durchführung als virtuelle Fahr-
für die Entwicklungsabteilungen in Mönsheim, im              versuche. Die Integrationsarchitektur generiert Test-
rumänischen Cluj-Napoca und in Prag geplant.                 fälle automatisiert aus Szenario-, ­Applikations- und
                                                             Evaluierungs­parametern. Bei einem Adaptive-Cruise-
VIRTUELLE APPLIKATION UND                                    Control-­System (ACC-System) werden zum Beispiel
ABSICHERUNG                                                  Komfort und Sicherheit in unterschiedlichen Ein-
                                                             scherszenarien bewertet. So kann beispielsweise erst
Den Schritt zur komplett digitalen Entwicklungskette         der Applikationsdatensatz optimiert und danach in
vollzieht ­Porsche ­Engineering mit einer Methodik, bei      einer großen Anzahl verschiedener Szenarien validiert
der bereits Applikation und Absicherung vollständig          werden – und das alles ­vollautomatisch.
virtuell erfolgen. „Um hochautomatisierte Fahrfunk-                Eine Herausforderung bei der Entwicklung des
tionen ganzheitlich applizieren und absichern zu             modularen Konzepts war die Definition und Gestaltung
können, müssten theoretisch alle während der Fahrt           der Schnittstellen zwischen den Software­bausteinen.
auftretenden Verkehrsszenarien in unzähligen Varian-         „Unsere Lösung gibt uns große Freiheiten bei der
ten nachgestellt und mit verschiedenen Applikations­         Auswahl und Definition der Module. Bei ­Porsche
parametern abgeprüft werden. Mit realisierbarem              ­Engineering arbeiten viele Kollegen an innovativen Me-
Aufwand lässt sich das künftig nur durchführen, wenn          thoden zur Entwicklung und Validierung hochautoma-
die konventionellen Methoden durch Ansätze wie die            tisierter Fahrfunktionen. Durch den modularen Ansatz
virtuelle Integration erweitert werden“, erklärt ­Moritz      können wir diese einfach und effizient integrieren“, so
­Markofsky, Doktorand bei ­Porsche ­Engineering.              Markofsky. Ein Beispiel dafür ist das zentrale ­Porsche
     In einem Entwicklungsprojekt untersucht er darum         ­Engineering Virtual ADAS Testing Center (­PEVATeC),
 den Aufbau einer modularen, virtuellen Integrations­          das die Simulationsumgebung, virtuelle Testszenarien
 architektur für Fahrerassistenzsysteme und hochauto­          und Streckenmodelle zur Verfügung stellt.
 matisierte Fahrfunktionen. Ihr Grundgerüst besteht                Aktuell wird die Leistungsfähigkeit der neuen
 aus Basisbausteinen – beispielsweise für die Testfall­        Entwicklungsmethodik im Rahmen einer Proof­-of-
 erstellung, -­simulation und -­auswertung –, die unab-        Concept-­Studie intensiv getestet. Aber auch weitere
 hängig von der zu prüfenden Fahrfunktion eingesetzt           Optimierungen haben die Entwickler schon im Blick.
 werden. Je nach Entwicklungsprojekt wird dieses               So könnte das System künftig mithilfe Künstlicher
 Grundgerüst durch austauschbare Module ­erweitert,            Intelligenz gezielt hochautomatisierte Fahrfunktionen
 um die Architektur an das zu testende System anzu-            applizieren oder nach kritischen Testfällen suchen. „Der
 passen. Das verleiht der neuen Methodik hohe Flexibi-         Einsatz Künstlicher Intelligenz bietet die Möglichkeit,
 lität, um einerseits die Breite der Entwicklungen und         effizient relevante Testfälle aus den ­Applikations- und
 andererseits die Anforderungen der Zukunft abdecken           Szenarioparametern abzuleiten“, sagt ­Markofsky. � ●

                                                                                                                          ZUSAMMENGEFASST

                                                                                                                          Porsche Engineering geht
                                                                                                                          bei der Fahrwerkentwick-
                                                                                                                          lung neue Wege, um den
                                                                                                                          Entwicklungsaufwand auch
                                                                                                                          in Zukunft beherrschbar zu
                                                                                                                          halten. Eine modellprädik-
„Mit realisierbarem Aufwand lässt sich die Applikation und                                                                tive Regelung ermöglicht
                                                                                                                          automatisierte Testläufe,
 Absicherung hochautomatisierter Fahrfunktionen künftig                                                                   und Simulationen ersetzen
                                                                                                                          zunehmend reale Fahr­

nur durchführen, wenn die konventionellen Methoden durch                                                                  versuche. Die virtuelle Appli-
                                                                                                                          kation und Absicherung von

  Ansätze wie die virtuelle Integration erweitert werden.“                                                                Fahrerassistenz­systemen
                                                                                                                          ergänzt konventionelle
                                                                                                                          Integrationsmethoden und
                                                 Moritz Markofsky                                                         verringert den Entwick-
                                          Doktorand bei Porsche Engineering                                               lungsaufwand.

PORSCHE ENGINEERING MAGAZIN 2/2022                                       17
Daten­                                       Datenablage                    Daten-
                      auswertung und                                    Die für die Modell­         verarbeitung
                       -konvertierung                                optimierung aufbereitete      Teilautomatisiert und
                                                                     Messdatei wird im Format   mithilfe zahlreicher Itera­
                     Ist die passende Messung
                                                                       des Simulations-Tools    tionsschleifen gilt es, eine
                     gefunden, muss ihr Inhalt
                                                                      abgelegt und steht nun      Vielzahl physikalischer
                     für die Modelloptimierung
                                                                       bereit für die Modell­   Parameter zu optimieren.
                        genau untersucht und
                                                                           optimierung.          Schon eine kleine Ände­
                       aufbereitet werden. Das
                      ist bei 100.000 Signalen                                                    rung eines Parameters
                     oft eine Herausforderung.                                                  kann sich auf alle anderen
                                                                                                         auswirken.

                                            Messdaten-
                                             selektion
                                         Aus einer Vielzahl von
                                        Messtagen und Messun­
                                        gen gilt es, die richtigen
                                        Daten auszuwählen – ein
                                        immenser Zeitaufwand.

    Daten-
  übertragung                                                                                          PEDS
  Die Daten werden                                                                                        PORSCH
                                                                                                       ENGINEER E
manuell via USB-Stick                                                                                          ING
                                                                                                              DATA
oder Festplatte kopiert                                                                                    SERVICE

    und archiviert.

                                                                              ComBox

                                                                                                        Fast in
                                                                                                       Echtzeit
                                                                                                  Der Porsche ­Engineering
                                                                                                 ­ ata ­Service (PEDS) ver­
                                                                                                  D
                                                                                                netzt die weltweit verteil­
                                                                                                 ten Erprobungs­fahrzeuge
                                                                                                  mit den Entwicklern und
                                                                                                   vereinfacht dadurch die
                                                                                                Messdaten­analyse erheb­
                                                                                                  lich. Statt mehrerer Tage
                                                                                                dauert die Auswertung nur
                                                                                                        noch Minuten.

                                                                      18
TITEL     P O R S C H E E N G I N E E R I N G D ATA S E R V I C E

                                                                                                                      Die Taycan Sport Limousinen
                                                                                                                    Verbrauchsangaben nach NEFZ:
Bisher:                                                                                                                Stromverbrauch kombiniert:

5 Tage                                                                                                                    27,4–26,0 kWh/100 km
                                                                                                                CO₂-Emissionen kombiniert: 0 g/km
                                                                                                                   Verbrauchsangaben nach WLTP:
                                                                                                                       Stromverbrauch kombiniert:
                                                                                                                          24,7–20,2 kWh/100 km
                                                                                                                CO₂-Emissionen kombiniert: 0 g/km
                                                                                                                                  Stand 06/2022

                       MATLAB/Simulink                                                                    Nutzung des
                            Mit KI angepasstes Modell                                                 optimierten Modells

Jetzt:

wenige
Minuten

                                       Out of the
                                       ComBox
                       Der Porsche Engineering Data Service (PEDS) vereinfacht die drahtlose
                    Bereitstellung von Messdaten nach einer Erprobungsfahrt und ermöglicht ihre
                     schnelle Auswertung. Analysen können bereits Minuten nach der Fahrt zur
                   Verfügung stehen – oder schon währenddessen. Zudem lässt sich der Anteil der
                           live ausgewerteten Messdaten vor deren Archivierung erhöhen.
                                                              Text: Constantin Gillies
                                                         Illustrationen: Andrew Timmins

PORSCHE ENGINEERING MAGAZIN 2/2022                                      19
TITEL      P O R S C H E E N G I N E E R I N G D ATA S E R V I C E

B         ei Porsche ist es Tradition, dass ein neues
Fahrzeugmodell nicht nur von den Entwicklungsinge-
nieuren erprobt wird, sondern von vielen Versuchs- und
                                                                Dort werden sie aufbereitet und automatisch ausge-
                                                                wertet. „Das ist ein Plug-and-Play-Digitalisierungs-
                                                                prozess“, erklärt Björn Pehnert, Fachreferent Digita-
Qualitäts-­Mitarbeitern. Die Tester können ihr Feedback         lisierung und Initiator des Projekts PEDS bei ­Porsche
jetzt noch schneller abgeben: Wer eine Optimierungs­            ­Engineering.                                                                                                Rund

                                                                                                                                                                             150
möglichkeit findet, stellt das Fahrzeug ab, tippt sein
Smartphone an und spricht einen Kommentar ein. Zum              MANUELLE ABLÄUFE EINSPAREN
Beispiel: „Sitzheizung in Stufe 1 zu warm.“ Wenige
Augenblicke später erhält die zuständige Fachabtei-             Die ComBox macht in der Erprobungsphase viele
lung eine E-Mail mit dem Kommentar, der automatisch             manuelle Abläufe überflüssig, zum Beispiel beim                                                              Erprobungsfahrzeuge
in Text umgewandelt wurde. Außerdem haben die                   Transfer der gesammelten Messwerte: Ein Datenlogger                                                          sind bereits über eine
Ingenieure dort Einblick in alle Messdaten aus dem              im Fahrzeug beispielsweise zeichnet pro Minute eine                                                          ComBox an die PEDS-
Fahrzeug, da diese per Mobilfunk an einen zentralen             erhebliche Datenmenge auf, wobei neben der Kommu-                                                            Server angeschlossen.
                                                                                                                                                                             Ende 2022 sollen es noch
Server fließen. So kann das Feedback schnell geprüft            nikation zwischen den Steuergeräten bei Bedarf auch                                                          einmal etwa so viele sein.
und gegebenenfalls eine Softwareanpassung für das               Kamerabilder, Druck- und Temperaturdaten erfasst
Fahrzeug entwickelt werden.                                     werden. Bisher wurden Wechselmedien genutzt, um
    Möglich wird diese Live-Optimierung durch den               die Messdaten zu stationären PCs (Auslesestationen)
Porsche Engineering Data Service (PEDS): Dieses Sys-            automatisiert zu transferieren. „Datenlogger liefern
tem vernetzt die internationalen Erprobungsfahrzeuge            Rohdaten, die sich erst nach einer Konvertierung
mit den Entwicklern und vereinfacht so die Messdaten­           auswerten lassen“, erklärt ­Stephan ­Gehrmann, Leiter                                                        Die Taycan Sport Limousinen

analyse erheblich. Um den Service nutzen zu können,             Fachgebiet Messtechnik Automatisierung bei der                                                               Verbrauchsangaben nach NEFZ:
                                                                                                                                                                             Stromverbrauch kombiniert:
muss im Testfahrzeug zusätzlich zum Messsystem                  ­Porsche AG. Im letzten Schritt wählten die Entwickler                                                       27,4–26,0 kWh/100 km
oder Datenlogger lediglich eine sogenannte ComBox                die relevanten Daten aus und analysierten sie inter­                                                        CO₂-Emissionen kombiniert: 0 g/km
(siehe Kasten auf Seite 22) angeschlossen werden,                aktiv. Wenn an einem anderen Standort getestet wurde                                                        Verbrauchsangaben nach WLTP:
                                                                                                                                                                             Stromverbrauch kombiniert:
wofür wenige Handgriffe ausreichen. Das Gerät leitet             und eine Dienstreise nötig war, konnten so mehrere                                                          24,7–20,2 kWh/100 km
die Daten der eingebauten Messgeräte per Mobilfunk               Tage vergehen, bis die ersten Erkenntnisse aus einer                                                        CO₂-Emissionen kombiniert: 0 g/km
(LTE/5G) oder WLAN an einen Server des PEDS weiter.              Erprobungsfahrt vorlagen.                                                                                   Stand 06/2022

                                                 Hochvolt-Batterie mit PEDS sekundenschnell optimiert

                                                                                                                                                                Zunehmende Schwarm-Fitness
                                                                                                    Durchschnittliche Abweichung des Parameter-Schwarms

                                                                                                                                                          0,9

                                                                                                                                                          0,8

                                                                                                                                                          0,7

                                                                                                                                                          0,6

Mithilfe von PEDS lassen sich digitale Zwillinge schnell erstellen und abgleichen. In
diesem Beispiel wurde das Modell einer Hochvolt-Batterie mit 37 Parametern opti-
                                                                                                                                                          0,5
miert. Während der Fahrt flossen Daten aus dem Testfahrzeug in die mathematische
Simulation, die sich so permanent verbessert hat. Das Diagramm rechts zeigt, wie
schnell der Fehler abfällt. Die Diagramme auf der gegenüberliegenden Seite zeigen                                                                         0,4
einige der ursprünglichen und der optimierten Parameter. Dass solche Prozesse                                                                               0   10      20          30         40           50
dank PEDS jetzt fast „live“ möglich sind, ist ein echter Durchbruch.                                                                                                                                Generation

                                                                              20
„Wir haben nichts neu erfunden, sondern das bestehende
                                                        Know-how in einen digitalen Prozess integriert.“
                                                                                                                  Björn Pehnert
                                                                                               Fachreferent Digitalisierung bei Porsche Engineering

                                                     Dank PEDS dauert die Übertragung und Auswertung                                         selbstständig in die vorhandene Simulation eines
                                                     nur noch Minuten. Die Zeitersparnis ergibt sich zum                                     Bauteils einspeisen.“
                                                     einen daraus, dass die ComBox Messdaten zeitnah                                             Die Automatisierung sorgt nicht nur für kürze-
                                                     überträgt: Die Verzögerung liegt bei geringen Daten-                                    re Reaktionszeiten, sondern zugleich auch für eine
                                                     mengen zwischen 15 und 20 Sekunden. Zum ande-                                           deutliche Verbreiterung der zeitnah und automatisch
                                                     ren laufen jetzt alle nachfolgenden Arbeitsschritte                                     ausgewerteten Datenbasis. Rund 150 Erprobungsfahr-
                                                     automatisch ab: PEDS konvertiert die Rohdaten und                                       zeuge sind bereits über eine ComBox an den Server
                                                     filtert diejenigen aus, die für den Fachbereich relevant                                angeschlossen, bis zum Ende des Jahres sollen es noch

                              20
                                                     sind. So spielt beispielsweise für die Fahrwerks­                                       einmal etwa so viele sein. Das bedeutet schnellere
                                                     optimierung das Innenraumklima keine Rolle. Zum                                         Verfügbarkeit der Daten für die Entwickler – und zwar
                                                     Schluss folgt eine automatische Analyse. Dafür                                          an allen Standorten, da sämtliche Messdaten weltweit
                                                     ­wurden die bereits vorhandenen Werkzeuge der                                           in einen gemeinsamen Pool fließen, beispielsweise in
                                                      Fachabteilungen in die Gesamtlösung integriert. „Wir                                   der Porsche-­internen ­Messdaten- und Versuchsplatt-
      Sekunden dauert es
  ungefähr, geringe Daten­                            haben nichts neu erfunden, sondern das b  ­ estehende                                  form „Cluu“. Stand jeder Fachabteilung bisher nur eine
mengen von der ComBox an                              Know-how in einen digitalen Prozess integriert“,                                       Handvoll Erprobungsfahrzeuge zur Verfügung, können
 den Server zu übertragen.                            erklärt P
                                                              ­ ehnert. „PEDS kann zum Beispiel Daten                                        die Ingenieure jetzt gezielt mit relevanten Daten

                                  Start-Parameter ohne PEDS-KI-Optimierung                                                                      Parameter nach PEDS-KI-Optimierung

                         60                                                                                                         60
      Temperatur in °C

                                                                                                                 Temperatur in °C

                         50                                                                                                         50

                         40                                                                                                         40

                         30                                                                                                         30

                         20                                                                                                         20
                                   Messung: BMS Tmax                                                                                          Messung: BMS Tmax
                                   Messung: BMS Tmin                                                                                          Messung: BMS Tmin
                                   Messung: Kühlmittel Austritt                                                                               Messung: Kühlmittel Austritt
                         10                                                                                                         10
                                   Simulation: BMS Tmax                                                                                       Simulation: BMS Tmax
                                   Simulation: BMS Tmin                                                                                       Simulation: BMS Tmin
                                   Simulation: Kühlmittel Austritt                                                                            Simulation: Kühlmittel Austritt
                          0                                                                                                          0
                              0         500          1000            1500   2000    2500                                                 0         500          1000            1500   2000   2500
                                                                                   Zeit in s                                                                                                  Zeit in s

PORSCHE ENGINEERING MAGAZIN 2/2022                                                                    21
TITEL     P O R S C H E E N G I N E E R I N G D ATA S E R V I C E

AUF EINEN BLICK:
TECHNISCHE DATEN DER COMBOX

Die ComBox überträgt Messdaten eines Erprobungs­
fahrzeugs per Mobilfunk an einen Server des PEDS.
Das Gerät lässt sich schnell und einfach im Fahr­
zeug installieren, denn es müssen nur zwei Stecker
für Strom und Daten angeschlossen werden.
„Die Box ist einfach, kostengünstig und kann an          parallel dazu eine Sprachnachricht aufzeichnen. Der
eine Vielzahl von Messsystemen andocken“, erklärt        Kommentar wird automatisch in Text umgewandelt                       Abmessungen:
Björn P­ ehnert. Der unauffällige schwarze ­Kasten ist
etwa so groß wie ein Internet-Router und wird per
                                                         und an die jeweilige Fachabteilung weitergeleitet.
                                                         Außerdem kann die Trigger-App Informationen
                                                                                                                      
                                                                                                                                     B
Ethernet mit den Datenloggern an Bord verbunden.         anzeigen, wenn ein Sensor im Fahrzeug einen
Den Upload der Daten übernimmt ein Mobilfunk-­
Modem oder ein WLAN-Modul. ­Porsche ­Engineering
                                                         Grenz­wert überschritten hat.
                                                                                                                          108 Millimeter
                                                         Die bidirektionale Verbindung der ComBox wird
stellt neben der Technik auch die mobile Daten­
                                                         genutzt, um die Konfiguration der Messtechniksys­
übertragung weltweit zur Verfügung, sodass die                                                                                       H
                                                         teme Over-the-Air (OTA) zu aktualisieren. „Das ist
­ComBox auch problemlos bei Testfahrten außerhalb
 Deutschlands eingesetzt werden kann.
                                                         im Entwicklungsbetrieb wichtig“, betont S­ tephan                40 Millimeter
                                                         ­Gehrmann. „Bislang konnten neue Konfigurationen
Ergänzt wird die Box durch die sogenannte                 ausschließlich mit Wechseldatenträgern auf die                             T

Trigger-App auf einem Smartphone im Fahrzeug.             Datenlogger übertragen werden. Durch die OTA-Up­
Mit ihr kann man durch einfaches Berühren des             dates sind die Konfigurationen jetzt immer aktuell –            141 Millimeter
Displays eine Messdatenübertragung auslösen und           das hat einen Sprung in der Datenqualität gebracht.“

Blockschaltbild der ComBox

                                                                                              WiFi-Modul                   WiFi-Antenne
          SSD (M.2/SATA)                                                                      2.4/5 GHz                    2x RP-SMA

                      SATA
                                                                                                SIM-Slot

                                                           SDIO-2
                                                                                           LTE/5G Modem-                   Mobilfunkantenne 2x SMA
                                                           USB                               Modul (M.2)                   GPS-Antenne 1x SMA
                     iMX6 PEG
                    SOM-Board                              1G MDI, USB                    1x Gbit Ethernet
                                                                                                                           2x RJ45
                                                           USB-OTG, USB
                                                                                        2x 100 Mbit Ethernet

                                                           CAN, SPI
                                                                                                                           USB-A HOST
                      I2C                                                                   2x USB 2-Port
                                                                                                                           USB-A OTG

           Realtime Clock                                                                  2x CANFD TCVR                   DSUB
            mit Batterie

             Stromversorgung, Wakeup-                                 KL30      Externes Batterie-Interface
                                                                                                                           Ext. Batterie XT60
            Steuerung, externer Watchdog                              KL15           (kein Ladegerät)

                                                                                22
„Durch die OTA-Updates sind die Konfigurationen der
Messtechniksysteme jetzt immer aktuell – das hat einen
        Sprung in der Datenqualität gebracht.“
                                                  Stephan Gehrmann
                            Leiter Fachgebiet Messtechnik Automatisierung bei der Porsche AG

anderer Teams versorgt werden. Dafür müssen die Ent-          Erprobungsfahrt kann es vorkommen, dass sich ein
wickler nur über die notwendigen Berechtigungen zur           Sensor leicht verschiebt. Das ist tückisch, weil er meist
Nutzung der Daten verfügen. Ein Ingenieur in ­Weissach        nicht komplett ausfällt, sondern weiter Daten liefert.
zum Beispiel wird aktiv auf eine Auffälligkeit in Mess­       Sie wirken zwar plausibel, haben aber keine Aussage-
daten hingewiesen, die Kollegen im chinesischen               kraft mehr. „Selbst ein erfahrener Ingenieur kann das
Anting erhoben haben. So lassen sich neue Funktionen          oft nicht erkennen“, erklärt PEDS-Entwickler ­Jonas
deutlich schneller testen und umsetzen.                       ­Brandstetter von ­Porsche E ­ ngineering. Früher fielen
   Mithilfe von PEDS lassen sich zudem leichter soge-          solche Fehler erst Wochen nach der Fahrt auf, was
nannte digitale Zwillinge erstellen und abgleichen, also       dazu führte, dass die Erprobung wiederholt werden
Simulationen von Bauteilen. Ein solches Modell haben           musste – gerade bei Tests in entlegenen Gebieten ein
die Entwickler von ­Porsche ­Engineering beispielweise         enormer Aufwand.
von der Hochvolt-Batterie eines E-Fahrzeugs erzeugt. Es            Mit PEDS kann das nicht mehr passieren: Das Sys-
verhält sich thermisch genau wie ein echter Stromspei-         tem überprüft die Messdaten schon während der Fahrt
cher. Dieses Modell mit 37 Parametern wurde mithilfe           auf Anomalien. Das übernimmt ein KI-Algorithmus auf
des PEDS optimiert: Schon während der Fahrt flossen            dem Server, der anhand von wenigen Datensätzen ge-
Daten aus dem Testfahrzeug in die mathematische                lernt hat, wie ein korrektes Sensorsignal aussieht, so-
Simulation, die sich so permanent verbessert hat. Das          dass er fehlerhafte Messungen erkennen kann. Schlägt
Ergebnis: Der Fehlerwert – also die Abweichung zwi-            der Algorithmus an, bekommt der Test-­Ingenieur eine
schen realem und simuliertem Verhalten der Batterie –          Push-Nachricht auf sein Smartphone und kann den
konnte halbiert werden. „Dass solche Prozesse jetzt ‚live‘     Probelauf abbrechen.
möglich sind, ist ein echter Durchbruch“, sagt ­Pehnert.           In 15 Anwendungsfällen quer durch alle Fachge-
                                                               biete wurde PEDS schon erfolgreich getestet – von
DIGITALE OPTIMIERUNGSSCHLEIFEN                                 der Fahrwerksoptimierung bis zur weltweiten Bean-
                                                               standungsanalyse auf Qualitätsstationen. Doch das
Weil sich der digitale Zwilling eines Bauteils so rea-         Potenzial des Systems ist noch lange nicht ausge-
litätsnah verhält, kann er reale Experimente sinnvoll          reizt. „Jetzt beschäftigen wir uns mit der Skalierung“,
                                                                                                                          ZUSAMMENGEFASST
ergänzen und damit teilweise gezielt ablösen. Mit              berichtet P­ ehnert. Auf der Agenda steht darum gerade
seiner Hilfe lässt sich zum Beispiel die Auslegung und         die Vernetzung mit dem Messdatenmanagement                 Der Porsche Engineering
Anordnung der Kühlplatten in der Hochvolt-­Batterie            der Volkswagen-­Gruppe. An die ­Messdaten- und             Data Service (PEDS) ver-
                                                                                                                          netzt die weltweit verteilten
optimieren. Hier alle Optionen tatsächlich zu bauen,           Versuchs­plattform „Cluu“ ist PEDS bereits angebun-        Erprobungsfahrzeuge mit
wäre unmöglich. „Digital lassen sich die Optimie-              den. Hier können heute schon die Mess­daten von            den Entwicklern. Mit der
rungsschleifen jedoch sekundenschnell fahren“, erklärt         den Datenloggern von ­Porsche abgerufen werden.            speziell dafür entwickel-
­Pehnert. „Auch das Verhalten der Batterie in einem            Außerdem soll die drahtlose Übertragung der Mess-          ten ComBox lassen sich
 Prototyp, der noch gar nicht existiert, lässt sich simu-      daten nochmals vereinfacht werden. Geplant ist, die        Daten fast in Echtzeit an die
 lieren und perfektionieren.“                                  Daten der Messgeräte per WLAN an das Speech2Text-­         PEDS-Server senden, wo sie
                                                                                                                          aufbereitet und automatisch
     Um den Fahrkomfort zu optimieren, sind Testfahr-          Smartphone im Fahrzeug zu übertragen und von dort
                                                                                                                          ausgewertet werden. Das
 zeuge oft mit Beschleunigungsaufnehmern ausge-                an den PEDS weiterzuleiten. Das könnte in einigen          verringert den Aufwand und
 rüstet. Sie werden teilweise an Stellen aufgeklebt, die       Anwendungsfällen eine ComBox im Erprobungsfahr-            verkürzt die Entwicklungs-
 nur im demontierten Zustand erreichbar sind. Bei der          zeug in Zukunft überflüssig machen. �������� ●            zeiten erheblich.

PORSCHE ENGINEERING MAGAZIN 2/2022                                        23
TITEL    WA S S E R S T O F F M O T O R

Mit Wasserstoff
über die Nordschleife
Im Rahmen einer Studie hat Porsche Engineering das Potenzial von
Wasserstoff-Verbrennungsmotoren untersucht. Das Ergebnis
ist ein Hochleistungsaggregat mit Emissionen auf Umgebungsluftniveau.
Text: Richard Backhaus

                               F
                                                                                            rund doppelt so viel Luftmasse wie bei Ottomotoren
                                                                                            bereitstellen. Andererseits fehlt abgasseitig durch die
                                                                                            geringeren Abgastemperaturen aber Energie für ihren
                                       ür künftige Fahrzeuge sind derzeit verschie­         Antrieb“, erklärt ­Bevilacqua. Dieser Widerspruch lässt
                               dene Antriebslösungen wie Hybridsysteme, Elektro­            sich mit konventionellen Turboladern nicht auflösen.
                               antriebe und effiziente Verbrennungsmotoren parallel         ­Porsche E ­ ngineering hat darum vier alternative, beson­
                               in Entwicklung. Alternativ zu konventionellen Kraft­          ders leistungsfähige Aufladekonzepte untersucht, die
                               stoffen oder synthetischen Kraftstoffen (eFuels) kann         teilweise aus dem Motorsport stammen.
                               auch Wasserstoff für den Einsatz in Verbrennungs­                 Alle Systeme bestehen aus mehreren elektrisch
                               motoren in Betracht gezogen werden, was Gegen­                unterstützten Turboladern, teilweise kombiniert mit
                               stand dieser Studie war und von ­Porsche E
                                                                        ­ ngineering         zusätzlichen Steuerungsklappen im Luftsystem oder
                               untersucht wurde.                                             mechanischen Kompressoren. „In den Benchmark-­
                                                                                             Untersuchungen zeigte jedes Aufladesystem spezifi­
                               HOCHLEISTUNGS-WASSERSTOFFMOTOR                                sche Vor- und Nachteile. Die Wahl des richtigen Kon­
                               FÜR PERSONENWAGEN                                             zepts hängt daher sehr stark vom Anforderungsprofil
                                                                                             des jeweiligen Wasserstoffmotors ab“, so ­Bevilacqua.
                               Derzeit wird weltweit an Wasserstoffmotoren gear­             Für die vorliegende Motorstudie wählte das Entwickler­
                               beitet, allerdings meist für Nutzfahrzeuge mit einer          team ein Turbosystem mit sogenannten Back-to-Back-­
                               relativ geringen spezifischen Leistung von rund 50 kW         Verdichtern aus. Ihre konstruktive Besonderheit ist die
                               pro Liter Hubraum. „Für den Personenwagen-Bereich             koaxiale Anordnung von zwei Verdichterstufen, die über
                               ist das zu wenig. Darum haben wir als Studie einen            eine gemeinsame Welle durch die Turbine beziehungs­
                               Wasserstoff-­Verbrennungsmotor entwickelt, der Leis­          weise den unterstützenden Elektromotor angetrieben
                               tung und Drehmoment auf dem Level aktueller Hoch­             werden. Die Prozessluft strömt dabei durch den ersten
                               leistungs-Ottomotoren bieten soll. Gleichzeitig war           Verdichter, wird im Ladeluftkühler zwischengekühlt
                               unser Ziel, einen geringen Verbrauch zu erreichen und         und dann in der zweiten Stufe nachverdichtet.
                               die Emissionen auf Umgebungsluftniveau zu halten“,                Mit einer Leistung von rund 440 kW liegt der
                               sagt ­Vincenzo B­ evilacqua, Fachreferent Motorsimula­        Wasserstoffmotor auf dem Niveau des ursprünglichen
      „Wir haben die           tion bei ­Porsche ­Engineering. „Ausgangspunkt unserer        Ottoaggregats. Um die Performance des Antriebs bes­
                               Untersuchungen war ein existierender 4,4-Liter-               ser einordnen zu können, hat ­Porsche E ­ ngineering ein
     gesamte Studie            Achtzylinder-­Ottomotor – oder besser ausgedrückt:            damit ausgerüstetes Referenzfahrzeug der Luxus­klasse
        virtuell über          sein digitaler Datensatz, denn wir haben die gesamte          mit einem relativ hohen Gesamtgewicht von 2.650 kg
       Simulationen            Studie virtuell über Simulationen durchgeführt.“              auf der Nürburgring Nordschleife getestet – rein
                                   Die Veränderungen am Motormodell umfassten                virtuell: Die Fahrt wurde mithilfe eines sogenannten
      durchgeführt.“
                               unter anderem eine höhere Verdichtung und eine                digitalen Zwillings durchgeführt, also einer Abbildung
        Vincenzo Bevilacqua    angepasste Verbrennung, vor allem aber ein neues              des Realfahrzeugs im Computer. Mit einer Runden­
Fachreferent Motorsimulation   Turbo-­Aufladesystem. „Für eine saubere Verbrennung           zeit von 8 Minuten 20 Sekunden zeigte das Fahrzeug
     bei Porsche Engineering   von Wasserstoff müssen die Turbolader einerseits              hohes fahrdynamisches Potenzial.

                                                                       24                                       PORSCHE ENGINEERING MAGAZIN 2/2022
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