2021 Österreichische Krebshilfe Steiermark

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      2021
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2021 Österreichische Krebshilfe Steiermark
Grußwort | 3

                                                                                                Univ.-Prof.

                                                  © MedUni Wien_Matern
                                                                                                Dr. Markus Müller
                                                                                                Rektor der Medizinischen
                                                                                                Universität Wien,
                                                                                                Vorsitzender des Obersten
                                                                                                Sanitätsrates der
                                                                                                Republik Österreich

Grußwort

     Der Österreichische Krebsreport zeigt auf,                          Es muss daher auch unser aller Ziel sein,
     wie viele Berufsgruppen und Fachdiszi-                              die Krebsforschung und Medizin sowohl
     plinen daran beteiligt sind, um Menschen                            mit den notwendigen Ressourcen auszu-
     moderne und evidenzbasierte Früherken-                              statten und allen, die in der qualitätsgesi-
     nungsmöglichkeiten zu bieten und im Fal-                            cherten und evidenzbasierten Versorgung
     le einer Krebserkrankung mit innovativen                            und Betreuung von KrebspatientInnen tätig
     medikamentösen, operativen und strahlen-                            sind, Respekt und Anerkennung entgegen-
     therapeutischen Therapien zu behandeln                              zubringen. Wir erleben gerade jetzt – in Zei-
     und zu betreuen. Mit dem Österreichischen                           ten einer nie dagewesenen Pandemie und
     Krebsreport erhalten Stakeholder und die                            Gesundheitsbedrohung –, welche in jeder
     Öffentlichkeit erstmals eine umfassende                             Hinsicht gefährlichen Auswirkungen es hat,
     und kompakte Übersicht über Epidemiolo-                             wenn wissenschaftlichen Erkenntnissen,
     gie, Früherkennung, Versorgung, Nachsor-                            Fakten und Expertisen nicht vertraut wird.
     ge und Forschung in Österreich.                                     In diesem Zusammenhang möchte ich mich
     Die Daten spiegeln auch wider, wie dank                             auch bei allen Menschen bedanken, die
     der steten Forschungsfortschritte, ins-                             dazu beigetragen haben, dass die Versor-
     besondere in der Pharmakologie, zielge-                             gung von an Krebs erkrankten Menschen
     richtete Therapien zunehmend und erfolg-                            besonders in diesen Pandemiezeiten best-
     reich zum Einsatz kommen. Durch diese                               möglich aufrechterhalten werden konnte.
     maßgeschneiderte Anwendung kann die                                 Ich gratuliere der Österreichischen Krebs-
     Lebenszeit von Erkrankten in vielen Fällen                          hilfe und der Österreichischen Gesell-
     verlängert werden – bei Erhalt einer best-                          schaft für Hämatologie und Medizinische
     möglichen Lebensqualität. Dank des soli-                            Onkologie, dem Scientific Board, dem Re-
     darischen Gesundheitssystems in Öster-                              daktionsteam und allen AutorInnen zum
     reich stehen all diese diagnostischen und                           1. Österreichischen Krebsreport und möch-
     therapeutischen Fortschritte allen Men-                             te mich auch dafür bedanken, dass wir da-
     schen, die in Österreich sozialversichert                           mit eine objektive Datensammlung über die
     sind, uneingeschränkt zur Verfügung. Diese                          Krebsversorgung in unserem Land haben,
     Errungenschaft muss nachhaltig gesichert                            die auch als Grundlage für Verbesserungen
     werden.                                                             herangezogen werden kann.

                                                                                        Univ.-Prof. Dr. Markus Müller
2021 Österreichische Krebshilfe Steiermark
4 | Inhalt

                                                   Inhalt
                                                   Grußwort
                                                   M. Müller ............................................................................................................................................... 3
                                                   Vorwort der Herausgeber
                                                   W. Hilbe, P. Sevelda ......................................................................................................................... 6
                                                   Management Summary
                                                   A. Gerger .............................................................................................................................................. 8
                                                   Leitthema: COVID-19 und Krebs
                                                   A. Gerger, W. Hilbe, M. Preusser, A. Berghoff ...................................................................... 10
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                                                   Epidemiologie
                                                   Epidemiologie von Krebserkrankungen
                                                   M. Hackl, K. Eglau, A. Gerger, A. Weltermann ..................................................................... 13

                                                   Vorsorge und Früherkennung
                                                   Früherkennung von Krebs während der COVID-19-Pandemie
                                                   P. Sevelda, O. Burghuber, M. Ferlitsch, D. Kiefhaber, E. Richtig, R. Ruda ................. 21

                                                   Versorgung von Menschen mit Krebserkrankungen
                                                   Leitlinien: Sicherstellung einheitlich hoher Behandlungsstandards
                                                   A. Gerger ........................................................................................................................................... 28
                                                   Flächenversorgungsmodell und Qualitätssicherung in der Onkologie
                                                   am Beispiel des Tumorzentrums Oberösterreich
                                                   A. Weltermann ................................................................................................................................. 29
                                                   Relevante Therapiefortschritte beim Magenkarzinom
                                                   E. Wöll ................................................................................................................................................. 30
                                                   Relevante Therapiefortschritte beim Lungenkarzinom
                                                   G. Absenger ...................................................................................................................................... 31
                                                   Relevante Therapiefortschritte mit CAR-T-Zelltherapie
                                                   U. Jäger .............................................................................................................................................. 32
                                                   Nationale Versorgungsstrukturen und Rahmenplanungen der Onkologie
                                                   K. Eglau, A. Gerger, M. Hackl, D. Kiefhaber, A. Weltermann ........................................... 34
                                                   Palliative Versorgung
                                                   D. Kiefhaber, G. Kreye, S. Thalinger, G. Kahlhammer ........................................................ 40
                                                   Psychoonkologische Versorgung
                                                   M. Hartl, D. Kiefhaber .................................................................................................................... 44
2021 Österreichische Krebshilfe Steiermark
Inhalt | 5

Onkologische Forschung
Anzahl klinischer Studien und Neuzulassungen
A. Gerger, M. Micksche ................................................................................................................ 47

Österreichische Studiengruppen
Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group (ABCSG) .................................. 50
Arbeitsgemeinschaft Medikamentöse Tumortherapie (AGMT) .................................... 52
Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie Austria
(AGO Austria der OEGGG) .......................................................................................................... 54
Innovation am Beispiel tumoragnostischer Arzneimittel
A. Gerger, M. Micksche ................................................................................................................ 55
Publikatorischer Output der Krebsforschung aus Österreich
im Jahr 2020 – Daten & Fakten
A. Gerger, M. Micksche ................................................................................................................ 56

Fachgesellschaften
Berichtsjahr 2020 onkologisch spezialisierter Fachgesellschaften – Eckdaten
zur Patientenversorgung, aktuelle und zukünftige Herausforderungen ................... 60
Österreichische Gesellschaft für Hämatologie
und Medizinische Onkologie (OeGHO) .................................................................................. 60
Österreichische Gesellschaft für Chirurgische Onkologie (ACO-ASSO) .................. 61
Österreichische Gesellschaft für Radioonkologie (OEGRO) ......................................... 61
Österreichische Gesellschaft für Klinische Pathologie
und Molekularpathologie (ÖGPath/IAP Austria) ................................................................ 62
Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie - Austria
(AGO Austria der OEGGG) .......................................................................................................... 62
Österreichische Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) .................................................... 63
Arbeitsgemeinschaft für pädiatrische Hämatologie
und Onkologie (AGPHO) ............................................................................................................. 63
Österreichische Gesellschaft für Gastroenterologie
und Hepatologie (ÖGGH) ............................................................................................................ 64
Österreichische Palliativgesellschaft (OPG) ........................................................................ 65

Autorenverzeichnis ........................................................................................................................ 66
Literaturverzeichnis ...................................................................................................................... 66
Impressum ........................................................................................................................................ 67
2021 Österreichische Krebshilfe Steiermark
6 | Vorwort

                                                                                                     © DigitalGenetics – stock.adobe.com
Der Österreichische Krebsreport

              Eine qualitätsorientierte Versorgung         können. In Österreich ist die Qualität der
              von KrebspatientInnen sicherstellen.         Versorgung hoch und steht allen Patient-
                                                           Innen gleichermaßen zur Verfügung. Die-
              Die Versorgung der KrebspatientInnen         ses solidarische Gesundheitssystem ist
              in Österreich ist Teamarbeit. Von der        eine besondere Errungenschaft unseres
              Diagnostik bis hin zur Operation, zur
              ­                                            Landes, auf die wir alle stolz sein können.
              Radioonkologie und zur medikamentö-
              ­                                            Auf eine gemeinsame Initiative der Öster-
              sen Tumortherapie sind viele ExpertInnen     reichischen Gesellschaft für Hämatolo-
              involviert. Die Allgemeinmedizin und die     gie und Medizinische Onkologie und der
              niedergelassenen ÄrztInnen haben in der      Österreichischen Krebshilfe hin wurden
              Prävention, Früherkennung und Nach-          onkologisch tätige Fachgesellschaften
              sorge eine Schlüsselrolle. Viele weitere     zu einem Dialog eingeladen. Alle gemein-
              Berufsgruppen sind eng eingebunden,
              ­                                            sam streben eine qualitätsorientierte und
              wie z.B. der Pflegedienst, DiätologInnen,    nachhaltige PatientInnenversorgung an.
              PsychoonkologInnen, PhysiotherapeutIn-       Die Herausforderungen für die Zukunft
              nen, PalliativmedizinerInnen, Mitarbeiter-   sind vielfältig.
              Innen der Rehabilitationszentren und der     Das Ergebnis dieses Dialogs war der
              Hospizbewegung.                              Wunsch, einen Beitrag für eine sachlich
              Das Zusammenspiel aller ExpertInnen          fundierte Darstellung von Innovationen,
              ist entscheidend, damit wir in jeder Le-     Forschungsaktivitäten und relevanten
              bensphase einer Krebserkrankung die          Entwicklungen in der Versorgung von
              bestmögliche Betreuung ermöglichen           KrebspatientInnen in Österreich zu leisten.
2021 Österreichische Krebshilfe Steiermark
Vorwort | 7

                                                             © Krebshilfe/Marina Probst-Eiffe

                       Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Hilbe
                       Präsident der
                       Österreichischen Gesellschaft                                                               Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda
                       für Hämatologie und                                                                         Präsident der
                       Medizinische Onkologie                                                                      Österreichischen Krebshilfe

Dabei haben uns MitarbeiterInnen von                • Die Inhalte werden vom Scientific Board
Statistik Austria und Gesundheit Öster-                ausgewählt, die Finanzierung wird von
reich GmbH (GÖG) wesentlich unter-                     den Initiatoren getragen und ist werbe-
stützt. Diese Informationen und Beiträge               frei.
werden nun im Österreichischen Krebs-
report zusammengefasst und der Öffent-              Die vielen ExpertInnen, die für diesen
lichkeit zur Verfügung gestellt. Weitere            Report ihr Wissen eingebracht haben,
Eckpunkte dieser Publikation sind:                  haben mit ihrem Engagement diese Pu-
 • Der Österreichische Krebsreport soll            blikation erst möglich gemacht. Es war
    eine unabhängige und referenzierbare            eine große Herausforderung für das Re-
    Informationsgrundlage für allfällige Dis-       daktionsteam, die Fülle der angebotenen
    kussionen bezüglich der Krebsversor-            Informationen kompakt und gleichzeitig
    gung sein.                                      verständlich darzustellen. Ihnen allen gilt
• Der Österreichische Krebsreport wird             unsere Anerkennung.
   einmal jährlich am Weltkrebstag am
   4. Februar veröffentlicht.
• Jedes Jahr wird ein Leitthema präsen-
   tiert. Für das Berichtsjahr 2020/21 wur-         Mit besten Grüßen
   de die Corona-Pandemie und deren
   Konsequenzen für die onkologische                                                            Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Hilbe
   Versorgung in Österreich gewählt.                                                             Univ.-Prof. Dr. Paul Sevelda
2021 Österreichische Krebshilfe Steiermark
8 | Einleitung

Management Summary

                 Krebs ist vielfältig. Die Erkrankung         und damit einhergehende Aufgaben und
                 wird als lebensbedrohend                     gesundheitspolitische Initiativen zu defi-
                 wahrgenommen.                                nieren.
                                                              Im Kapitel Epidemiologie von Krebser-
                 Betroffene empfinden Angst und Un-           krankungen werden Kennzahlen zu Häu-
                 sicherheit, manchmal vorübergehend,          figkeit und Verteilung sowie Überleben
                 manchmal auch auf Dauer. In der Regel        nach einer Krebsdiagnose und Krebs-
                 bedürfen Krebserkrankungen einer multi-      sterblichkeit beschrieben. Ein besonderer
                 modalen Betreuung und die Diagnostik,        Fokus wurde auf die Darstellung in einem
                 Behandlung, Nachsorge und Prävention         zeitlichen Verlauf gelegt.
                 stellen eine enorme Herausforderung dar.
                                                              Krebsfrüherkennungsuntersuchungen
                 Krebsmedizin ist ein dynamisches Feld,       haben das Ziel, Krebs bei symptomfreien
                 und Informationen zu Krebs werden von        Menschen durch wenig belastende Me-
                 direkt und indirekt Betroffenen sowie der    thoden zu erkennen und damit Behand-
                 allgemeinen Öffentlichkeit mit großem        lungsergebnisse bzw. Heilungschancen
                 Interesse wahrgenommen und verfolgt.         zu verbessern. Das Kapitel Krebsfrüh-
                 Die vielfältigen Aspekte von Krebs bedür-    erkennung beschreibt Früherkennungs-
                 fen eines umfassenden Blicks bei jedoch      programme in Österreich und stellt
                 gleichzeitig differenzierter Darstellung.    Kennzahlen und Ergebnisse zu deren In-
                 Die Österreichische Gesellschaft für Hä-     anspruchnahme dar. Ein Fokus liegt, so-
                 matologie und Medizinische Onkologie         weit entsprechende Daten zum Zeitpunkt
                 (OeGHO) wird daher mit der Österreichi-      der Publikation vorhanden waren, auf dem
                 schen Krebshilfe zusammen künftig ein-       Einfluss der COVID-19-Pandemie bzw.
                 mal jährlich den Österreichischen Krebs-     der Lockdowns im Jahr 2020 auf die In-
                 report veröffentlichen.                      anspruchnahme der Früherkennungsun-
                                                              tersuchungen, im Speziellen Brustkrebs-
                 Im Österreichischen Krebsreport werden       untersuchungen. Ein Ausblick widmet
                 die Bereiche Epidemiologie, Vorsorge,        sich dem evidenzbasierten Lungenkrebs-
                 Versorgung und Forschung beschrieben         Screening mittels Niedrigdosis-Compu-
                 und in einen Gesamtkontext gestellt. Mit     tertomografie, dessen Implementierung
                 dem diesjährigen Leitthema „COVID-19         als Früherkennungsprogramm ansteht.
                 und Krebs“ wird der Einfluss der Pande-
                 mie auf Betroffene und die Krebsmedizin      Im Kapitel Versorgung werden die na-
                 beleuchtet. Im Österreichischen Krebs-       tionalen Versorgungsstrukturen sowie die
                 report werden nicht nur Datenauswertun-      Rahmenplanung Onkologie dargestellt.
                 gen der letzten Jahre reflektiert, sondern   Es werden Kennzahlen zur Inanspruch-
                 auch Versorgungsstrukturen, Innovatio-       nahme der Versorgung von PatientInnen
                 nen und Forschung dargestellt. Es soll       mit Krebserkrankungen in den Bereichen
                 damit die Grundlage geschaffen werden,       medikamentöse Tumortherapie, onko-
                 zukünftige Entwicklungen abzuschätzen        logische Chirurgie und Strahlenthera-
2021 Österreichische Krebshilfe Steiermark
Einleitung | 9

                      Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Dr. Armin Gerger, MBA
                      Medizinischer Leiter der
                      Österreichischen Gesellschaft
                      für Hämatologie und Medizinische Onkologie

pie genannt. Ein besonderer Fokus liegt
auf neuen innovativen medikamentösen
­Tumortherapien, die teilweise bereits zu
 Hause eingenommen werden können.
 Dazu wurden Daten aus unterschied-
 lichen Quellen analysiert, auch wurden
 von Seiten der Österreichischen Gesund-
 heitskasse (ÖGK) detaillierte Daten aus
 dem Heilmittelbereich zu Verordnun-
 gen von Zytostatika, Antikörpern, „Small
 ­Molecules“ und endokrinen Therapien zur
  Verfügung gestellt.

Forschung ermöglicht, Innovationen in
der klinischen Routineversorgung zur
Anwendung zu bringen und damit allen
PatientInnen zugänglich zu machen. Ge-
sammelte Daten zu klinischen Studien in
Österreich wurden von der PHARMIG zur
Verfügung gestellt, darüber hinaus wer-
den mit der AGMT, ABCSG und AGO ex-
zellente österreichische Studiengruppen
präsentiert. Innovation wird am Beispiel
der ersten in Europa zugelassenen tu-
moragnostischen Therapie beschrieben
und der publikatorische Output öster-
reichischer KrebsforscherInnen in einer
Web of Science-Analyse dargestellt.

Eine Vielzahl an KollegInnen sowie
­onkologische Fachdisziplinen haben zur
 Erstellung des Österreichischen Krebsre-
 port beigetragen. Dank Statistik Austria,
 der Gesundheit Österreich GmbH und
                                                                                       © tai111 – stock.adobe.com

 der Österreichischen Gesundheitskasse
 konnten überregionale bzw. bundesweite
 epidemiologische und Versorgungsdaten
 zum Krebsgeschehen in Österreich ein-
 gebracht werden.
2021 Österreichische Krebshilfe Steiermark
© sdecoret– stock.adobe.com
Leitthema

COVID-19 und Krebs
                       Seit Anfang 2020 hält das Coronavirus            Menschen mit aktiver Krebserkrankung
                       SARS-CoV-2 Menschen weltweit in Atem.            aufgrund eines geschwächten Immunsys-
                       SARS-CoV-2 ist ein neu identifiziertes Co-       tems durch den Krebs selbst und die medi-
                       ronavirus, das Ende 2019 als Auslöser der        kamentöse Tumortherapie generell höher.
                       Infektionskrankheit COVID-19 entdeckt            Krebs, insbesondere eine aktive Krebs-
                       wurde.                                           erkrankung, ist ein potenzieller Risikofak-
                                                                        tor für einen schweren COVID-19-Krank-
                         Im März 2020 wurde der COVID-19-Aus-           heitsverlauf und frühe Studien weisen auf
                         bruch von der Weltgesundheitsorganisa-         eine höhere Sterblichkeit bei PatientInnen
                         tion als Pandemie eingestuft. Eine rasche      mit Krebserkrankungen hin. Der Einfluss
                         Ausbreitung erfolgte auch deshalb, da          von Krebs auf COVID-19 und vice versa ist
                                   im Zeitraum vor dem Auftreten        jedoch aktuell schwierig zu interpretieren,
                                   von Symptomen eine hohe In-          da beide Erkrankungen ähnliche Risiko-
Eine aktive Krebserkrankung        fektiosität besteht und sich ein     faktoren haben (vgl. Kasten).
ist ein Risikofaktor für           relevanter Anteil von Personen
einen schweren                     innerhalb von 1–2 Tagen bei be-      SARS-CoV-2 wird vor allem durch Tröpf-
COVID-19-Krankheitsverlauf.        reits infektiösen, aber noch nicht   cheninfektion übertragen. In der Zwischen-
                                   symptomatischen Personen an-         zeit gibt es verschiedene Varianten des Vi-
                                   steckt. Weltweit und auch in         rus, die sich in ihren Erregereigenschaften
                                   Österreich wurden Maßnahmen          wie beispielsweise der Übertragbarkeit
                         zur Vorbeugung einer SARS-CoV-2-Infek-         oder Virulenz unterscheiden. SARS-CoV-2
                         tion und zunehmend Schutzimpfungen zur         gehört zu den respiratorischen Erregern,
                         Verhinderung einer Verbreitung des Virus       die Atemwegsinfektionen (auch mit poten-
                         organisiert.                                   ziell schwerem Verlauf) auslösen können.
                                                                        Häufige Symptome von COVID-19 sind
                       Das Risiko, durch respiratorische Erreger        Fieber und trockener Husten, es können
                       eine Lungenentzündung zu erleiden, ist für       aber auch atypische Symptome wie Stö-
Leitthema | 11

rungen des Geschmackssinns oder Mus-         FFP2-Maske und regelmäßiges Hände-
kelschmerzen auftreten. Viele Betroffene     waschen einzuhalten. In einer Studie der
sind nun sehr verunsichert: Wie wirkt sich   MedUni Wien konnte gezeigt werden, dass
das Virus auf die Krebserkrankung bzw.       bei strenger Beachtung der etablierten
Krebstherapie aus? Was muss ich jetzt        Sicherheitsmaßnahmen die In-
mit oder nach meiner Krebserkrankung         fektionsrate unter Krebspatient-
im Alltag beachten? Und darf oder soll ich   Innen nicht höher ist als in der Hämato-onkologische
mich mit Krebs gegen COVID-19 impfen         Normalbevölkerung. Zu diesen Fachgesellschaften haben
lassen? Onkologisches Fachpersonal           Sicherheitsmaßnahmen zählt vor Impfempfehlungen für
berät und betreut PatientInnen in allen
­                                            allem die regelmäßige Testung, TumorpatientInnen erarbeitet.
Belangen zu COVID-19 und Krebs. Darü-        vor allem vor der Verabreichung
ber hinaus haben die Fachgesellschaften      der Therapie und dem Kontakt
für Hämatologie und medizinische Onko-       mit anderen PatientInnen auf der Station
logie in Österreich, Deutschland und der     (Berghoff et al. 2020; Berger et al. 2021).
Schweiz Empfehlungen für die COVID-          Gleichzeitig darf die Angst vor einer Infektion
19-Impfung speziell von Tumorpatient­        mit dem Coronavirus nicht die Abklärung,
Innen erarbeitet.                            Diagnostik und Therapie einer poten-
                                             ziell   lebensbedrohenden         Erkrankung
Empfehlungen zum Management                  wie Krebs beeinträchtigen. Die COVID-
von KrebspatientInnen                        19-Schutzimpfung wird Menschen mit
Menschen mit malignen hämatologischen        Krebs und ihren Angehörigen grund-
Erkrankungen oder fortgeschrittenen soli-    sätzlich empfohlen. Die Entscheidung
den Tumoren, deren Erkrankung nicht in       über die Impfung und über den Zeit-
Remission ist, sowie PatientInnen unter      punkt der Impfung soll von PatientIn und
medikamentöser Tumortherapie wird ge-        behandelndem Arzt/behandelnder Ärz-
raten, die empfohlenen Schutzmaßnah-         tin unter Berücksichtigung der individu-
men wie Abstand halten, das Tragen einer     ellen Risiko- und Erkrankungssituation

  Krebssterblichkeit im Rahmen einer COVID-19-Infektion
  In ein österreichweites Register zur Erfassung der COVID-19-assoziierten Mor-
  talität bei KrebspatientInnen wurden 230 PatientInnen eingeschlossen. Mit einer
  Mortalität von 16,5 % nach einem 30-Tage-Follow-up liegt die Sterblichkeit über
  jener der österreichischen Normalbevölkerung. Diese Daten werden unterstützt
  von einer weiteren österreichischen Studie, die die Erfahrung von drei hämato-on-
  kologischen Zentren zusammenfasst (Zams, Wien, Linz).

  89 KrebspatientInnen mit einer aktiven Tumorerkrankung wurden mit 156
  PatientInnen verglichen, die keine Tumorerkrankung hatten. Beide Gruppen waren
  aufgrund einer schweren COVID-19-Erkrankung stationär. In dieser Situation lag
  die Sterblichkeit bei den KrebspatientInnen bei 49 %, bei den Nicht-Krebspatient-
  Innen bei 28 % (Publikation in Vorbereitung). Auch internationale Studien zeigten
  ein höheres Risiko: Bei COVID-19-positiven PatientInnen mit einem Lungenkrebs
  verstarben 32 % (J Baena Espinar et al., Ann Oncol 2020). Das erhöhte Risiko von Pa-
  tientInnen mit einer hämatologischen Erkrankung wurde ebenso berichtet
  (2,04-fach erhöhtes Mortalitätsrisiko; F. Passamonti et al., Lancet Haematol 2020).

  Etablierte Risikofaktoren für einen schwereren Verlauf der COVID-19-Erkrankung
  waren Alter, schlechter Allgemeinzustand sowie einige Blutparameter (Neutrophi-
  len-Anzahl, Lymphozyten-Anzahl, Albumin) (Berger et al., zur Publikation einge-
  reicht). Zusammenfassend hat daher die Prävention einer SARS-CoV-2-Infektion
  bei KrebspatientInnen einen enormen Stellenwert.
12 | Leitthema

                        Wirksamkeit der Impfung bei KrebspatientInnen
                        Die Entwicklung von SARS-CoV-2-Antikörpern ist bei KrebspatientInnen im
                        Vergleich zu gesundem Gesundheitspersonal reduziert. Bei PatientInnen mit
                        soliden Tumoren und aktiver Tumortherapie war die Rate der Serokonversion
                        auf eine Impfung mit BNT162b2 zwischen 90 und 94 %: Bei hämatologischen
                        PatientInnen war diese Rate niedriger (60–73 %). PatientInnen unter Rituximab-
                        Therapie bzw. Anti-CD20-Therapie zeigten im Vergleich zu anderen Krebspatient-
                        Innen eine deutlich niedrigere Serokonversion. Nach zwei und drei Teilimpfungen
                        konnten jedoch deutlich mehr SARS-CoV-2-Antikörper gemessen werden
                        (Mair & Berger et al., submitted; Mair & Berger et al., JAMA Oncol 2021;
                        Mairhofer et al., Cancer Cell 2021; Massarweh et al., JAMA Oncol 2021;
                        Monin et al., Lancet Oncol 2021).

                      gemeinsam getroffen werden. Bisher sind      (vgl. Kapitel Vorsorge), hat sich jedoch sehr
                      vier Impfstoffe in der EU zugelassen. Die    rasch wieder stabilisiert, sodass ein Rück-
                      Schutzimpfung sollte, wenn zeitlich mög-     gang über das gesamte Jahr 2020 um ca.
                      lich, vor Beginn einer medikamentösen        12 % zu verzeichnen war. Dies führte je-
                      Tumortherapie erfolgen. Während einer        doch zu einem deutlichen Rückgang der
                                  laufenden zyklischen medika-     Brustkrebsoperationen im Mai und Juni
                                  mentösen Tumortherapie soll      2020. In der zweiten Pandemiewelle ab Ok-
Die COVID-19-Schutz­impfung       versucht werden, einen zeit-     tober/November 2020 wurden Screening-
wird Menschen mit Krebs und       lichen Abstand zur Tumorthe-     Untersuchungen weiterhin durchgeführt,
ihren Angehörigen empfohlen.      rapie zu erreichen, damit sich   weshalb auch keine Veränderung der ope-
Ein Aussetzen oder Verschie-      potenzielle Nebenwirkungen       rativen Fallzahlen verglichen mit den Vor-
ben der medikamentösen            nicht überlappen. Studienda-     jahren festgestellt werden konnte (vgl. Ka-
Tumortherapie wird routine-       ten zum optimalen Zeitpunkt      pitel Versorgung). Generell ist der Einfluss
mäßig nicht empfohlen.            der COVID-19-Impfung wäh-        auf die Mortalität durch verzögerte Krebs­
                                  rend einer medikamentösen        diagnose und damit potenziell kurative Be-
                                  Tumortherapie ­ liegen aktuell   handlungen derzeit schwer abschätzbar.
                                  noch nicht vor. Ein Aussetzen    Europaweit wurden sehr unterschiedliche
                      oder Verschieben der medikamentösen          Maßnahmen getroffen. Österreich hat das
                      Tumortherapie wird routinemäßig nicht        Screeningprogramm vergleichsweise kurz
                      empfohlen.                                   pausiert (zwei Monate), andere Länder ha-
                                                                   ben das Screeningprogramm 4–6 Mona-
                      Die COVID-19-Pandemie hat in Österreich      te ausgesetzt (Breast Screening Working
                      im Jahr 2020 einen signifikanten Einfluss    Group [WG2] of the Covid-19 and Cancer
                      auf die Krebsvorsorge. Zum Beispiel ist      Global Modelling Consortium, Preventive
                      die Frequenz der Brustkrebsfrüherken-        Medicine 2021).
                      nungsuntersuchungen im März und Ap-          Daten zu Einschlüssen in klinische Studien
                      ril 2020 kurzfristig deutlich eingebrochen   und damit zum Transfer von Innovation in
                                                                    die klinische Routine liegen aktuell in Ös-
                                                                    terreich nur bis zum Jahr 2019 vor und die
                                                                    Folgen können noch nicht abgeschätzt
                        Empfehlungen zum Management                 werden (vgl. Kapitel Forschung).
                        von KrebspatientInnen während
                        der COVID-Pandemie                                              Armin Gerger, Wolfgang Hilbe,
                        • Die Fortführung einer Krebsbe-                             Matthias Preusser, Anna Berghoff
                           handlung ist wichtig.
                        • Die Krebsvorsorge sollte, soweit                                                            Quellen:
                                                                             Coronavirus-Infektion (COVID-19) bei Patient*innen
                           möglich, fortgeführt werden.                 mit Blut- und Krebserkrankungen. Onkopedia, April 2021
                                                                                 Covid-19 and Cancer. Cancer Facts and Figures,
                                                                                                 American Cancer Society 2021
Epidemiologie
von Krebserkrankungen
14 | Epidemiologie

Epidemiologie von Krebserkrankungen

                        Das Kapitel zur Epidemiologie von Krebs-       dass Daten einzelner Ärzte, Abteilungen
                        erkrankungen beschreibt die Geschichte         oder Krankenhäuser meist zahlenmäßig
                        und den Hintergrund der Krebsregistrie-        zu gering sind, um allgemeine Probleme
                        rung in Österreich, erklärt die wichtigsten    zu erkennen, und jedenfalls eine Auslese
                        epidemiologischen Kennzahlen und zeigt         darstellen, die möglicherweise das Ergeb-
                        ausgewählte Daten der Krebsstatistik,          nis verfälscht. Daher wurden bereits 1932
                        die aus dem Österreichischen Nationalen        statistische Erhebungen durchgeführt,
                        Krebsregister von Statistik Austria erstellt   die über einzelne Abteilungen und Klini-
                        wird.                                          ken hinausreichten. 1957 wurde erstmals
                        Fachleuten in Medizin und Forschung,           versucht, die Erhebungen, die bis dahin
                        Gesundheitspolitik bzw. -verwaltung so-        für einen Großteil der Wiener Kranken-
                                     wie interessierten Laien wird     häuser und in einzelnen Kliniken der Lan-
                                     weiterführend die Publikation     deshauptstädte durchgeführt wurden, auf
                                     „Krebserkrankungen in Ös-         das gesamte Bundesgebiet auszudehnen:
Seit Jänner 2020 werden              terreich“ von Statistik Austria   „Diese Arbeit soll in enger Zusammenarbeit
Krebsregistermeldungen aus-          empfohlen. Diese stellt Erkran-   zwischen dem Österreichischen Zentral-
schließlich elektronisch, struk-     kungshäufigkeiten und -risi-      amt für Statistik, als dem berufenen Träger
turiert und entsprechend den         ken, Sterblichkeit, Prävalenz     jeder gesamtösterreichischen statistischen
Regeln der Europäischen Da-          und Überlebenswahrschein-         Erhebung, mit dem Sozialministerium,
tenschutzgrundverordnung von lichkeiten für alle Malignome             als dem Träger der Gesundheitsverwal-
den meldepflichtigen Stellen an      zusammen und für 23 aus-          tung, und der hieran speziell interessierten
Statistik Austria übermittelt.       gewählte Tumorlokalisationen      Österreichischen Krebsgesellschaft durch-
                                     in kompakter und übersicht-       geführt werden.“ Die freiwillige Teilnahme
                                     licher Form dar und bietet        der Krankenhäuser sollte mit einer Ver-
                                     so die Möglichkeit, sich aus      gütung für die ausfertigenden ÄrztInnen
                        erster Hand über das Krebsgeschehen in         von 3,- Schillingen für jedes entsprechend
                        der ­österreichischen Bevölkerung zu infor­    sorgfältig ausgefüllte Krebsmeldeblatt ge-
                        mieren.                                        koppelt werden.
                                                                       Das Österreichische Nationale Krebsregis-
                       Historische Wurzeln der Krebsstatistik          ter hat eine lange Tradition, wie der Artikel
                       Durch die Verbesserung der Volksge­             von Kretz und Stur (1957) und das Krebs-
                       sundheit und das Zurückdrängen der In-          statistikgesetz aus dem Jahr 1969 zeigen,
                       fektionskrankheiten im vorigen Jahrhun-         und eine moderne Ausgestaltung durch
                       dert wurde Krebs zu einer wesentlichen          die Krebsstatistikverordnung 2019. Die
                       Todesursache für die Bevölkerung. In            stabile, langjährige Kompetenz der Daten-
                       der Zeitschrift „Der Krebsarzt“ aus dem         sammlung wird durch diese Verordnung
                       Jahr 1957 beschreiben Kretz und Stur die        auf eine digitale, moderne Basis gestellt.
                       „Krebskrankenstatistik der Österreichi-         Seit Jänner 2020 werden Krebsregister-
                       schen Krebsgesellschaft“ und bezeich-           meldungen ausschließlich elektronisch,
                       nen die Krebsstatistik bereits als einen        strukturiert und entsprechend den Regeln
                       etablierten und anerkannten Zweig der           der Europäischen Datenschutzgrundver-
                       Krebsforschung. Sie wiesen darauf hin,          ordnung von den meldepflichtigen Stellen
Epidemiologie | 15

an Statistik Austria übermittelt. Die Krebs-     Cancer Registries“ (IACR) und des „Eu-
statistik enthält neben Informationen zur        ropean Network of Cancer Registries“
Krebserkrankung auch Angaben zu Alter,           (ENCR) im Vordergrund. Im internationalen
Geschlecht und Wohnregion der Patient-           Vergleich gibt es nur wenige epidemiologi-
Innen.                                           sche Register, die eine vergleichbare oder
                                                 noch größere Bevölkerung abdecken als
Regionale Tumorregister,                         das Österreichische Nationale Krebsregis-
strukturierte Datenübermittlung                  ter. Es ist seit langer Zeit Mitglied der IACR
In den vier Bundesländern Vorarlberg, Ti-        und des ENCR. Die Daten des Österrei-
rol, Salzburg und Kärnten existieren re-         chischen Krebsregisters sind international
gionale Tumorregister, die in enger Zu-          anerkannt und werden seit dem Diagnose-
sammenarbeit mit den Krankenanstalten            jahr 1997 in der Publikation „Cancer Inci-
die Datensammlung und -aufbereitung im           dence in Five Continents (CI5)“ der „Inter-
jeweiligen Bundesland durchführen. Als           national Agency for Research on Cancer“
Dienstleister für die Krankenanstalten ver-      (IARC) veröffentlicht.
walten diese regionalen Register die Daten
der KrebspatientInnen und sorgen für die         Epidemiologische Kennzahlen
strukturierte Übermittlung an Statistik Aus-     Einmal im Jahr wird aus dem Österreichi-
tria. Die Datensammlung in den anderen           schen Nationalen Krebsregister, das als
Bundesländern erfolgt zum Teil ebenfalls         lebendes Datenbanksystem zu verstehen
über zwischengeschaltete Register wie            ist, eine Momentaufnahme fixiert. Der so-
z.B. das klinische Register des Tumorzen-        genannte authentische Datenbestand bil-
trums Oberösterreich (vgl. Seite 29) oder        det die Basis für die Krebsstatistik. Aus
das Onkologische Informationssystem              diesem Datenbestand werden epidemio-
(das Arbeits- und Dokumentationstool)            logische Kennzahlen
der Niederösterreichischen Landesge-             wie Krebsinzidenz,
sundheitsagentur sowie zum Teil über den         Überlebenswahr-
Krankenhausträger wie z.B. die KAGES             scheinlichkeiten,
                                                                        Epidemiologische Daten dienen
für Teile der Steiermark und die KRAGES          Prävalenz und Er-
                                                                        u.a. als Berechnungsgrundlage für
für Teile des Burgenlands. In Wien stehen        krankungsrisiken be-
                                                                        das erforderliche medizinische
der Wiener Gesundheitsverbund und sein           rechnet.
                                                                           Leistungsangebot in Spitälern.
IT-Dienstleister, Wien Digital, seinen Kran-
                                                                           Die aus epidemiologischen Daten
kenanstalten unterstützend zur Seite. Da-        Krebsinzidenz: Die        abgeleiteten Konsequenzen sind
rüber hinaus bestehen, vor allem für jene        Krebsinzidenz     be-     umso valider, je strukturierter Daten
Krankenanstalten, die in keine der oben          zeichnet die Anzahl       an den Krankenanstalten gesammelt
beschriebenen Meldesysteme eingebun-             an Krebsneuerkran-        werden.
den sind, nach wie vor direkte Kontakte          kungen pro Kalender-
zu Statistik Austria. Je strukturierter die      jahr. Diese Kennzahl
Datensammlung vor Ort bzw. je höher              kann als absolute
das Engagement der beteiligten Personen          Zahl oder als Rate
und je intensiver die Nutzung der Daten          angegeben werden. Altersstandardisier-
innerhalb der Krankenanstalt, des Ver-           te Inzidenzraten sind um Effekte einer im
bunds oder Trägers ist, desto höher ist die      Zeitverlauf sich ändernden Altersstruktur
­Qualität der an Statistik Austria gelieferten   bzw. unterschiedlichen Alterszusammen-
 Daten.                                          setzungen der jeweiligen Bezugsbevölke-
                                                 rungen bereinigt und erlauben somit Ver-
Österreichisches Nationales                      gleiche über Zeiträume und Regionen.
Krebsregister
Die Aufarbeitung der Krebsregistermel-           Krebsprävalenz: Als Krebsprävalenz be-
dungen sowie Plausibilitäts- und Quali-          zeichnet man die Anzahl der Personen
tätskontrollen ist eng an internationale         (oder den Anteil in einer Bevölkerung), die
Empfehlungen geknüpft. Internationale            mit einer vorangegangenen Krebsdiagno-
Vergleichbarkeit steht bei diesen Empfeh-        se zu einem bestimmten Zeitpunkt am Le-
lungen der „International Association of         ben sind. In diese Messgröße fließen alle
16 | Epidemiologie

                     Krebsdiagnosen ein, unabhängig vom je-                              rung gleichen Alters und Geschlechts. Das
                     weiligen Gesundheitszustand der Person.                             relative Überleben ist somit ein von der
                     Die Daten zur Prävalenz werden auf Basis                            Kenntnis der wahren Todesursache unab-
                     der Zahlen des Österreichischen Krebsre-                            hängiger Schätzer des krebsspezifischen
                     gisters sowie eines Follow-ups des Über-                            Überlebens.
                     lebensstatus aller registrierten Personen
                     berechnet.                                                          Inzidenz und Geschlechterverteilung
                                                                                         häufiger Tumoren (vgl. Abb. 1)
                     Überlebenswahrscheinlichkeit: Die Über-                             Jährlich erkranken in Österreich etwa
                     lebenswahrscheinlichkeit nach einer                                 42.000 Menschen an Krebs, Männer sind
                     Krebsdiagnose wird relativ zum Überleben                            etwas häufiger betroffen als Frauen. Für
                     der Gesamtbevölkerung angegeben. Das                                beide Geschlechter stellen bösartige Tu-
                     relative Überleben setzt das beobachtete                            morerkrankungen nach den Herz-Kreis-
                     Überleben der KrebspatientInnen nach ei-                            lauferkrankungen die zweithäufigste To-
                     nem bestimmten Zeitraum (kumuliert, z.B.                            desursache dar. Brustkrebs bei Frauen
                     fünf Jahre) in Beziehung zum Überleben                              und Prostatakrebs bei Männern zählen
                     der Gesamtbevölkerung unter Berücksich-                             zu den häufigsten Krebsneuerkrankun-
                     tigung der Alters- und Geschlechtsver-                              gen in Österreich. Im Jahr 2018 erhielten
                     teilung. Eine relative Überlebensrate von                           5.565 Frauen die Diagnose Brustkrebs
                     100 % bedeutet, dass die Sterblichkeit                              und 6.018 Männer die Diagnose Prostata-
                     unter den Erkrankten genauso hoch ist wie                           krebs. Zusammen mit Lungen- und Darm-
                     die Sterblichkeit der allgemeinen Bevölke-                          krebs sind diese bösartigen Erkrankungen
                                                                                         für rund die Hälfte aller Krebsneudiag-
                                                                                         nosen verantwortlich. Es wurden 4.985
                                   Die häufigsten                                        bösartige Tumoren der Lunge und 4.563
                                Tumorlokalisationen
                                                                                         bösartige Tumoren des Dickdarms bzw.
                                  nach Geschlecht
                                                                                         Enddarms diagnostiziert. Bei Lungen-
                                      22.700 Männer = 100%                               krebs und Darmkrebs erkranken jeweils
                                Andere
                                                                      Prostata 27%       mehr Männer als Frauen. Etwa 8 % aller
                                Tumoren 21%                                              Neudiagnosen betreffen bei beiden Ge-
                                                                                         schlechtern bösartige Erkrankungen des
                             Melanom 3%                                                  blutbildenden Systems. Dazu zählen vor
                            Kopf, Hals 4%                                                allem Leukämien und Lymphome, wie das
                                 Niere 4%
                                                                                         Hodgkin Lymphom und die Non-Hodgkin-
                     Bauchspeicheldrüse 4%
                                Harnblase 5%                             Lunge 13%       Lymphome, aber auch das Plasmozytom
                                         Blutbildendes            Dickdarm,
                                                                                         bzw. Myelom. Bauchspeicheldrüsenkrebs
                                            System 8%             Enddarm 11%            ist mit jeweils rund 5 % aller Neuerkran-
                                                                                         kungen ebenfalls bei Frauen und Männern
                                       19.519 Frauen = 100%
                                                                                         gleich häufig. Deutliche Unterschiede gibt
                             Andere                                      Brust 29%       es bei den bösartigen Erkrankungen der
                             Tumoren 24%                                                 Harnblase, bei Kopf-Hals-Tumoren bzw.
                                                                                         bei Schilddrüsenkrebs. Während auf zehn
                          Schilddrüse 3%                                                 an Blasenkrebs erkrankte Frauen 29 Män-
                            Melanom 3%
                             Eierstock 4%
                                                                                         ner kommen und bei Kopf-Hals-Tumo-
                     Bauchspeicheldrüse 5%                                               ren 22, sind es bei Schilddrüsenkrebs auf
                                                                         Lunge 11%
                        Gebärmutter­körper 5%                                            zehn Frauen je fünf Männer.
                                       Blutbildendes              Dickdarm,
                                          System 8%               Enddarm 10%

                     Abb. 1: Im Jahr 2018 erhielten 5.565 Frauen die Diagno-
                                                                                         Verbesserte Überlebenswahrschein-
                     se Brustkrebs und 6.018 Männer die Diagnose Prosta-                 lichkeiten (vgl. Abb. 2)
                     takrebs. Zusammen mit Lungen- und Darmkrebs sind                    Das relative 3-Jahresüberleben nahm in
                     diese bösartigen Erkrankungen für rund die Hälfte aller
                     Krebsneudiagnosen verantwortlich.                                  den vergangenen Jahrzehnten zu und liegt
                                            Rundungsdifferenzen nicht ausgeglichen
                             Quelle: Statistik Austria, Österreichisches Krebsregister
                                                                                         in der Diagnoseperiode 2013–2017 im
                                      (Stand: 17.12.2020) und Todesursachenstatistik.    Mittel bei rund 65 %. Zu den wichtigsten
Epidemiologie | 17

                                         Überlebenswahrscheinlichkeiten, 3 Jahre nach der Krebsdiagnose,
                                                    nach Tumorlokalisation und Geschlecht

                                       100

                                       90
kumuliertes relatives Überleben in %

                                       80

                                        70

                                       60

                                        50

                                       40

                                        30

                                        20

                                        10

                                         0
                                                      Darm                         Lunge                      Brust (weiblich)             Prostata (männlich)

                                       n 2003–2007    lokalisiert/regionalisiert      n 2003–2007         disseminiert           95 % Konfidenzintervall
                                       n 2008–2012    lokalisiert/regionalisiert      n 2008–2012         disseminiert
                                       n 2013–2017    lokalisiert/regionalisiert      n 2013–2017         disseminiert
                                       Abb. 2: Das Tumorstadium ist ein wichtiger Parameter für das Überleben nach einer Krebsdiagnose. Eine im Ur-
                                       sprungsorgan lokalisierte bzw. auf regionale Lymphknoten beschränkte Erkrankung hat eine bessere Prognose
                                       als eine Erkrankung, die bereits bei Diagnosestellung disseminiert ist (d.h. Fernmetastasen aufweist).
                                                                  Quelle: Statistik Austria, Österreichisches Krebsregister (Stand: 17.12.2020) und Todesursachenstatistik.

                                       Faktoren, die das Überleben nach einer                           regionalisierte Erkrankung“ versus „disse-
                                       Krebsdiagnose beeinflussen, gehören Tu-                          minierte Erkrankung“) dargestellt. Bei den
                                       morentität und Tumorstadium bei Diagno-                          lokalisierten/regionalisierten Erkrankungs-
                                       se. Das Tumorstadium wird unterschieden                          stadien (orangefarbige Balken) ist das
                                       nach Vorliegen einer „lokalisierten bzw.                         3-Jahresüberleben für PatientInnen mit
                                       regionalisierten Erkrankung“ versus einer                        Prostatakrebs und Brustkrebs (jeweils über
                                       „disseminierten Erkrankung“. Wenn sich                           95 %) deutlich besser
                                       eine Tumorerkrankung ausschließlich im                           als für PatientInnen mit
                                       Ursprungsorgan befindet, spricht man von                         Darmkrebs (etwa 80 %)          Jährlich erkranken in Österreich etwa
                                       einer „lokalisierten Erkrankung“. Wenn zu-                       oder Lungenkrebs (etwa 42.000 Menschen an Krebs, Männer
                                       sätzlich die regionalen Lymphknoten im                           50 %). Das 3-Jahres- sind etwas häufiger betroffen als
                                       Abflussgebiet des Tumors befallen sind,                          überleben von PatientIn- Frauen.
                                       spricht man von einer „regionalisierten Er-                      nen mit Lungenkrebs ist
                                       krankung“. In beiden Fällen besteht durch                        von unter 40 % auf an-
                                       eine entsprechende Therapie eine Chance                          nähernd 50 % angestiegen, während bei
                                       auf Heilung. „Disseminiert“ bedeutet das                         den drei anderen Tumorentitäten nur eine
                                       Vorliegen von Fernmetastasen, d.h., die                          geringe Verbesserung sichtbar ist. Bei Pa-
                                       Tumorerkrankung hat bereits Absiedlun-                           tientInnen mit disseminierter Erkrankung
                                       gen im Körper gesetzt. Wenn eine dissemi-                        (blaue Balken) ist das 3-Jahresüberleben
                                       nierte Erkrankung vorliegt, ist eine Chance                      für jede der vier Tumorerkrankungen deut-
                                       auf Heilung bei vielen Tumorerkrankungen                         lich schlechter als bei lokalisierter bzw.
                                       gering.                                                          regionalisierter Erkrankung. Für Darm-,
                                       In Abbildung 2 ist für drei Zeiträume das                        Lungen- und Prostatakrebs zeigt sich über
                                       relative 3-Jahresüberleben für vier ver-                         die drei Zeiträume eine Verbesserung des
                                       schiedene Tumorerkrankungen (Darm,                               relativen 3-Jahresüberlebens. Dagegen ist
                                       Lunge, Brust und Prostata) in Abhängig-                          beim Brustkrebs kein Anstieg des Überle-
                                       keit vom Tumorstadium („lokalisierte bzw.                        bens über die drei Zeiträume zu sehen.
18 | Epidemiologie

                       Es ist anzunehmen, dass die in der Ab-                                                                                      nicht die potentiell wirksamste Therapie
                       bildung 2 ersichtlichen Verbesserungen                                                                                      oder eine rein supportive Therapie ohne
                       über die Zeit vor allem durch verbesserte                                                                                   tumorspezifische Behandlung erhalten. In-
                       Behandlungsmöglichkeiten der einzelnen                                                                                      sofern bilden diese Daten die Realität der
                       Tumorerkrankungen bedingt sind. Jedoch                                                                                      Verbesserung für alle PatientInnen sehr gut
                       lässt sich dies nicht belegen, da das Ös-                                                                                   ab. Für die PatientInnen, die aufgrund des
                       terreichische Nationale Krebsregister nur                                                                                   Allgemeinzustandes alle Möglichkeiten
                       die Therapieintention bei Diagnosestellung                                                                                  der modernen Onkologie erhalten können,
                       erfasst. Das Ausmaß der Verbesserungen                                                                                      ist der Nutzen sicher größer. Anzumerken
                       des relativen 3-Jahresüberlebens im Ver-                                                                                    ist auch, dass diese Auswertungen noch
                       gleich 2003–2007 versus 2013–2017 ist                                                                                       nicht die neuesten Behandlungsmöglich-
                       für viele LeserInnen vermutlich deutlich                                                                                    keiten der Onkologie abbilden wie bei-
                       geringer als gedacht, wenn man beispiels-                                                                                   spielsweise die Einführung der Immun-
                       weise an die vielen Berichte zu personali-                                                                                  therapie mit Checkpoint-Inhibitoren bei
                                       sierter Krebsmedizin denkt.                                                                                 verschiedenen Tumorerkrankungen.
Die Art des Tumors und das             Wenn man die Entwicklung
Tumorstadium bei Diagnose sind         der Tumortherapie objektiv                                                                                  Immer mehr Menschen
wichtige Einflussgrößen für das        betrachtet, sind die auf-                                                                                   leben mit Krebs (vgl. Abb. 3)
Überleben nach einer Krebs-            gezeigten     prozentuellen                                                                                 Die Prävalenz gibt die Zahl aller Personen
diagnose. Der individuelle Erfolg      Verbesserungen       jedoch                                                                                 an, die mit einer vorangegangenen Krebs-
misst sich zudem an den Voraus-        plausibel. Beispielsweise                                                                                   diagnose zu einem bestimmten Zeitpunkt
setzungen, die Möglichkeiten der       wurden beim metastasier-                                                                                    am Leben sind. Zum Jahresende 2018
modernen Onkologie in Anspruch         ten Darmkrebs („dissemi-                                                                                    waren dies 366.843 Personen, davon
nehmen zu können.                      nierte Erkrankung“) in dem                                                                                  191.871 Frauen und 174.972 Männer. Be-
                                       genannten Zeitraum die                                                                                      zogen auf die Gesamtbevölkerung sind
                                       Kombinationstherapien                                                                                       das rund 4 %. Im Zeitraum von 1983 bis
                       von Chemotherapie mit Antikörpern in die                                                                                    2018 wurden im Österreichischen Krebs-
                       Behandlung eingeführt. Der in den Studien                                                                                   register rund 1,306 Mio. Krebsneuerkran-
                       gezeigte Nutzen kommt nur den PatientIn-                                                                                    kungen bei rund 1,212 Mio. Personen mit
                       nen zugute, bei denen Kombinationsthe-                                                                                      Hauptwohnsitz in Österreich verzeichnet.
                       rapien aufgrund des Allgemeinzustandes                                                                                      Viele dieser Personen, die noch am Le-
                       überhaupt möglich sind. Die Daten des                                                                                       ben sind, gelten als geheilt bzw. leben mit
                       Österreichischen Nationalen Krebsregis-                                                                                     Krebs. Um den Fokus auf die akut betrof-
                       ters inkludieren jedoch auch die PatientIn-                                                                                 fenen Personen zu legen, ist in Abbildung
                       nen, die aufgrund des Allgemeinzustandes                                                                                    3 nur die Anzahl der Personen dargestellt,
                                                                                                                                                   deren Krebserkrankung in den fünf Jahren
                                                                                                                                                   vor dem jeweils Jahresletzten diagnosti-
                           Krebsprävalenz nach Geschlecht                                                                                          ziert wurde.
                                                                                                                                                   In den vergangenen zehn Jahren stieg
140.000
                                                                                                                                                   die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen
120.000
                                                                                                                                                   von rund 39.000 auf über 42.000, und die
100.000                                                                                                                                            Überlebenswahrscheinlichkeit nahm zu.
    80.000                                                                                                                                         Dementsprechend stieg auch die Krebs-
    60.000                                                                                                                                         prävalenz seit Jahren kontinuierlich an.
    40.000                                                                                                                                         Diese Zunahme ist vor allem dadurch be-
                                                                                                                                                   dingt, dass es absolut gesehen in Folge
    20.000
                                                                                                                                                   der demografischen Alterung sowie stei-
        0
                                                                                                                                                   gender Lebenserwartung der Bevölkerung
             2000

                                         2004

                                                       2006

                                                                            2009
                                                                     2008
                           2002

                                                2005
                                  2003

                                                              2007
                    2001

                                                                                   2010

                                                                                                               2014

                                                                                                                             2016

                                                                                                                                            2018
                                                                                                 2012

                                                                                                                      2015
                                                                                                        2013

                                                                                                                                     2017
                                                                                          2011

                                                                                                                                                   immer mehr Personen in höherem Le-
                                                                                                                                                   bensalter gibt und die Wahrscheinlichkeit,
                                                                      Alle                   Männlich                               Weiblich       an Krebs zu erkranken, mit steigendem
Abb. 3: Ende 2018 lebten in Österreich 366.843 Personen mit Krebs, davon                                                                           Lebensalter zunimmt. Auch verstärktes
191.871 Frauen und 174.972 Männer.
                                                             Quelle: Statistik Austria, Österreichisches Krebsregister
                                                                                                                                                   Screening sowie verbesserte Diagnose-
                                                                       (Stand: 17.12.2020) und Todesursachenstatistik.                             methoden tragen dazu bei, viele Krebs-
Epidemiologie | 19

                               Risiko einer Krebsdiagnose nach
                            Tumorlokalisationen und Altersgruppen
      40
      35                                                                                                           33,9

      30
      25
(%)

      20                                                                    18,8

      15
                                                                                                                                        10,0
      10                                                                                           7,8
                                             6,4                                                                                  5,9
                                                                                             4,0                      5,0
       5                                                                                                                    3,2                3,2
             2,5                                             2,4 1,4               1,9 2,8               1,2
                   0,2 0,1 0,9 0,0 0,4             0,6 0,7           0,4
      0
                    bis unter 45              45 bis unter 60                60 bis unter 75                                 75+
           n Alle ­               n Darm             n Lunge            n Brust                        n Prostata            n ­hämatologisch
              Malignome                                                       (weiblich)                      (männlich)

 Abb. 4: Das Risiko, im Laufe seines Lebens an Krebs zu erkranken, nimmt mit dem Alter deutlich zu. Während
 das Risiko einer Brustkrebserkrankung eher linear mit dem Alter zunimmt, kommt es beim Prostatakrebs zu
 einem sprunghaften Anstieg im höheren Lebensalter.
                                                                                      Quelle: Statistik Austria, Österreichisches Krebsregister
                                                                                               (Stand: 17.12.2020) und Todesursachenstatistik.

 erkrankungen vermehrt und frühzeitiger zu                                 rechnungsgrundlage für das erforderliche
 erkennen und erhöhen somit die Zahl der                                   medizinische Leistungsangebot bis hin zur
 registrierten Neuerkrankungen.                                            Tumornachsorge.
                                                                           Es ist wichtig festzuhalten, dass Krebs
 Erkrankungsrisiko nach                                                    auch im jüngeren Lebensalter nicht selten
 Altersgruppen (vgl. Abb. 4)                                               ist: 2,5 %, d.h. jeder 40. Mensch im Alter
 Das Risiko, im Laufe seines Lebens eine                                   unter 45 Jahren, ist von einer Krebserkran-
 Krebserkrankung zu erleiden, nimmt mit                                    kung betroffen – anders ausgedrückt sind
 dem Alter deutlich zu (Abbildung 4, grüne                                 das 61 von 100.000 Personen dieser Al-
 Säule). Fast 35 % der Menschen, also je-                                  tersgruppe. Per Definition gilt eine Krank-
 der dritte Mensch, erleiden im Laufe ihres                                heit als „seltene Erkrankung“, wenn we-
 Lebens eine Krebserkrankung. Während                                      niger als 6 von 100.000 Personen davon
 das Risiko für Brustkrebs ab den jungen                                   betroffen sind. Jeder neunte Mensch erhält
 Lebensjahren eher linear zunimmt, kommt                                   bis zum 60. Lebensjahr, also in der Zeit der
 es beim Prostatakrebs ab dem 60. Lebens-                                  Berufstätigkeit, die Diagnose Krebs. Abso-
 jahr zu einem sprunghaften Anstieg. Auch                                  lut gesehen sind durchschnittlich je Jahr in
 Darmkrebs und bösartige Blutkrebserkran-                                  Österreich knapp unter 3.000 Menschen
 kungen nehmen mit dem Alter verstärkt zu.                                 bis zum 45. bzw. knapp unter 12.000
 Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe seines                                   bis zum 60. Lebensjahr von der Diagno-
 Lebens mit der Diagnose Darmkrebs, Lun-                                   se Krebs betroffen. Diese Daten sind u.a.
 genkrebs oder einer Blutkrebserkrankung                                   für die Gestaltung eines optimalen suppor-
 konfrontiert zu werden, beträgt für jede die-                             tiven Angebotes, z.B. onkologische Reha-
 ser Erkrankungen weniger als 5 %.                                         bilitation und Berufswiedereingliederung,
 Die epidemiologischen Daten haben nicht                                   wichtig.
 nur Implikationen für das erforderliche
 medizinische Leistungsangebot in den                                                                            Monika Hackl, Karin Eglau,
 Spitälern, sondern dienen auch als Be-                                                                    Armin Gerger, Ansgar Weltermann
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Vorsorge und
Früherkennung
22 | Vorsorge und Früherkennung

Früherkennung von Krebs während
der COVID-19-Pandemie
                       Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung                Krebsfrüherkennung während
                       haben das Ziel, Krebs in einem frühen                der COVID-19-Pandemie
                       Stadium zu entdecken, um so rechtzeitig              Während der COVID-19-Pandemie wur-
                       Therapiemaßnahmen setzen zu können.                  den    Krebsfrüherkennungsuntersuchun-
                       Die Behandlung von Vorstufen bzw. ei-                gen deutlich weniger in Anspruch genom-
                       nes Frühstadiums einer Krebserkrankung               men. Unter anderem war die Angst vor
                       steigert die Heilungschancen erheblich               einer Ansteckung mit COVID-19 bei vielen
                       und ist auch für PatientInnen weniger be-            Menschen in dieser neuen und heraus-
                       lastend als eine Behandlung eines spät               fordernden Situation groß. Die Situation
                       entdeckten Tumors in einem dann wo-                  entspannte sich teilweise, als Schutzmaß-
                       möglich fortgeschrittenen Stadium. Die               nahmen und -ausstattung in Instituten und
                       Österreichische Krebshilfe gibt in enger             Ordinationen in ausreichender Menge vor-
                       Zusammenarbeit mit den jeweils zuständi-             handen waren und kommuniziert werden
                       gen Fachgesellschaften Krebs-Früherken-              konnte, dass bei Untersuchungen kein er-
                       nungsempfehlungen für die Bevölkerung                höhtes Ansteckungsrisiko mit COVID-19
                       heraus und kommuniziert diese in allen               besteht. Trotzdem bleibt in vielen Berei-
                       Bereichen (vlg. Kasten Seite 26).                    chen ein nicht mehr einholbares Defizit,
                                                                            das zu einem Rückgang an diagnostizier-
                       Nationales Screening-Komitee auf                     ten Krebserkrankungen führte, wodurch
                       Krebserkrankungen                                    auch Behandlungen nicht oder erst später
                       Organisierte Früherkennungsprogramme                 begonnen werden konnten.
                       auf Krebserkrankungen (wie das Brust-
                       krebs-Früherkennungsprogramm) basie-                 Brustkrebs
                       ren auf wissenschaftlicher Evidenz und               Mit 5.565 Neuerkrankungen im Jahr 2018
                       stellen somit sicher, dass diese für die             und einem Anteil von etwa 29% an allen
                       Bevölkerung den größtmöglichen Nutzen                Tumoren war Brustkrebs die häufigs-
                                 bringen. Wichtige Bestandteile             te Krebserkrankung bei Frauen (Statis-
                                 sind qualitätssichernde Maß-               tik Austria). 2018 waren auch 63 Männer
Zum Teil drastischer Rück-       nahmen und ein strukturiertes              mit dieser Diagnose konfrontiert. Laut
gang von Früherkennungs-         Einladungsmanagement.      An-             Programmleitung des BKFP (Brustkrebs-
untersuchungen im ersten         fang 2021 wurde das „Nationale             Früherkennungsprogramm) ist die Inan-
Pandemie-bedingten               Screening-Komitee auf Krebs-               spruchnahme der Brustkrebs-Früherken-
Lockdown                         erkrankungen“ gegründet, ein               nungsuntersuchungen (Mammografie und
                                 Gremium nach § 8 Abs. 1 des                Sonografie) im 1. Lockdown (2020) um rd.
                                 Bundesministeriengesetzes                  56 % im März und 86 % im April einge-
                       1986. Dieses multidisziplinär zusammen-              brochen. Aus Sicht des BKFP hat sich die
                       gesetzte Beratungsgremium verfügt über               Situation jedoch sehr rasch wieder sta-
                       spezifische Kompetenz im Bereich Scree-              bilisiert. Bereits in den Sommermonaten
                       ning und arbeitet ehrenamtlich*.                     wurden verhältnismäßig viele Früherken-

                                                    * Mehr Informationen dazu unter https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/
                                         Nicht-uebertragbare-Krankheiten/Krebs/Nationales-Screening-Komitee-auf-Krebserkrankungen.html
Vorsorge und Früherkennung | 23

                                                       Screening (Mammografie und Sonografie)
                                                                       Kernzielgruppe (45 - 69 Jahre)

nungsuntersuchungen durchgeführt, und         35.000                                                               32.383
                                                                                               30.596
auch der neuerliche Lockdown im Herbst        30.000                                 27.399                                 30.537
                                                                                                                29.302
2020 hatte keine negativen Auswirkungen       25.000    26.175
                                                                 26.047
mehr auf die TeilnehmerInnenzahlen. Zwar      20.000                                                     24.319
                                                                                                                              20.978
konnte insgesamt das Vorjahresniveau          15.000                  13.556
                                                                                     16.529
(2019) nicht mehr erreicht werden, weil die   10.000
                                                                                                         2019       2020
Effekte des ersten Lockdowns im Früh-          5.000                         4.281
jahr 2020 zu groß waren. Im Vergleich zum          0
Jahr 2019 ist daher bei den Brustkrebs-                Jan   Feb Mär      Apr   Mai     Jun   Jul   Aug Sep       Okt    Nov Dez
Früherkennungsuntersuchungen 2020 ein         Abb. 1: Brustkrebsscreening: Gegenüberstellung der Anzahl an Screening-­
Rückgang von rd. 41.000 Teilnehmerin-         Untersuchungen (Mammografie und Sonografie) in den Jahren 2019 und 2020
                                              in der Kernzielgruppe (Frauen im Alter von 45–69 Jahren) – deutlicher Rückgang
nen zu verzeichnen, was einem Anteil von      während der COVID-Pandemie
12,75 % entspricht.                                          Quelle: Koordinierungsstelle des BKFP (Brustkrebs-Früherkennungsprogramms)

Darmkrebs
Darmkrebs umfasst bösartige Neubildun-
gen des Dickdarms (Colon und Rectum)          artigen Lungentumor. Lungenkrebs war
und war 2018 (Statistik Austria) die dritt­   damit die jeweils zweithäufigste Krebs-
häufigste Krebserkrankung mit 11 % der        erkrankung bei Männern und Frauen (ins-
Männer (2.569 Fälle in 2018) und 10 % der     gesamt 12 % aller Krebsneuerkrankungen),
Frauen (1.994 Fälle). Da Qualitätssicherung   der auch heute noch in mehr als 75 % in
bei Vorsorgeuntersuchungen eine sehr          einem späten, nicht mehr kurablen Stadium
wichtige Rolle spielt, hat sich die ÖGGH      diagnostiziert wird. Lungenkrebs ist somit
(Österreichische Gesellschaft für Gastroen-   die häufigste Krebstodesursache und ver-
terologie und Hepatologie) 2007 entschlos-    ursacht mehr Todesfälle als Dickdarm-,
sen, in Zusammenarbeit mit dem Hauptver-      Brust- und Prostatakrebs zusammen. Dem-
band und der Österreichischen Krebshilfe,     nach kommt der Früherkennung dieser Tu-
ein „Qualitätszertifikat Darmkrebsvorsor-     morentität große Bedeutung zu. Durch re-
ge“ zu schaffen, ein organisiertes Scree-     zente Studien konnte der Beweis erbracht
ning (wie das BKFP) wurde bis dato nicht      werden, dass durch Screening mittels „low
realisiert. Seit 2007 wird ein Großteil der   dose CT“ (einer Technik mit geringer Strah-
Vorsorgekoloskopien im Qualitätssiche-        lendosis) die Diagnose „Lungenkrebs“ in
rungsprogramm durchgeführt. Insgesamt         einem frühen, kurablen Stadium möglich
wurden im Rahmen des Qualitätszertifikats     ist und damit auch die Mortalität gesenkt
von ­ November 2007 bis Ende Mai 2021         werden kann. Der europäische „CT Lung
401.915 Vorsorgekoloskopien durchgeführt      Cancer Screening Trial“1) (NELSON-Stu-
und 2.943 Darmkrebsfälle sowie 95.335         die) zeigte bei HochrisikopatientInnen (> 55
Vorstufen von Darmkrebs (davon 27.328         Jahre, RaucherIn/ > 30 pack years) eine si-
fortgeschrittene Vorstufen) entdeckt. 2019    gnifikante Reduktion der Lungen-
wurden 43.644 Vorsorgekoloskopien im          krebsmortalität von 24 % nach
Rahmen des „Qualitätszertifikats Darm-        zehnjähriger Beobachtungszeit Früherkennung von
krebsvorsorge“ durchgeführt (= 66 % der       mittels „low dose CT“ gegenüber Bronchialkarzinomen mit
qualitätsgesicherten Koloskopien). 2020       einer Kontrollgruppe ohne Scree- modernen Screeningmetho-
kam es aufgrund der COVID-19-Pandemie         ning. Damit übertrifft die NEL- den führt zu einem Rückgang
zu einer drastischen Reduktion der Vorsor-    SON-Studie die Ergebnisse des der Mortalität.
ge-Koloskopien um 14,82 %. Ein detaillier-    amerikanischen „National Lung
ter Vergleich der Jahre 2019 und 2020 wird    Cancer Screening Trial“2) (NLST-
in Abbildung 2 veranschaulicht.               Studie), die eine 20 %ige Mortalitätsreduk-
                                              tion durch „low dose CT“ gegenüber dem
Lungenkrebs                                   Thoraxröntgen zeigte (Ergebnisse beider
2018 erkrankten lt. Statistik Austria 2.925   Studien, vgl. Abbildung 3). Noch bedeu-
Männer und 2.060 Frauen an einem bös-         tender ist, dass die NELSON-Studie durch
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