PPP-RL und die KJP OÄ Fortbildung BAG 19.2.2021 Prof. Dr. Michael Kölch

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PPP-RL und die KJP

OÄ Fortbildung BAG
19.2.2021
Prof. Dr. Michael Kölch
Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und
Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter
coi

Forschungsunterstützung: BMBF, BMFFSJ, BMG, Schweizer
Bundesamt für Justiz, EU, Eli Lilly International Foundation, Boehringer
Ingelheim, Servier, Lundbeck, Pascoe
Vortragstätigkeit Industrie : keine in den letzten 5 Jahren
Beratertätigkeit: Janssen
Verträge mit Verlagen: Springer, Beltz, Hogrefe
Verbindung zu Psychotherapieausbildung: IVBerlin

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Inhalte

■ Historie

■ Regelungen

■ Nachweise

      ■ Sanktionen

■ Fazit

Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und   Universitätsmedizin
Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter               Rostock
Historie

• Entwicklung seit Ende der „Nuller“-Jahre:
   - Schere zwischen Finanzierung und notwendigem Personal
     geht auseinander
   - Moderne psychiatrische Konzepte immer schwerer mit
     Finanzierungsvorgaben vereinbar
   - Zunahme psychiatrischer Behandlungen
   - Somatik: DRG-System – „Leistungen“ werden „bezahlt“

• OPS
• PEPP

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Historie PEPP

• 2012 begann mit dem Psychiatrie-Entgeltgesetz und der
  Erweiterung des § 17d des Krankenhausfinanzierungsgesetzes
  (KHG) ein politischer Prozess, der ein neues System der
  Personalbemessung ermöglichen sollte.
• §17d des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG):
  Entwicklung eines „durchgängigen, leistungsorientierten und
  pauschalierenden Vergütungssystems auf der Grundlage von
  tagesbezogenen Entgelten vor“.
• „zu prüfen, ob für bestimmte Leistungsbereiche andere
  Abrechnungseinheiten eingeführt werden können.“
• zu prüfen, inwieweit auch die im Krankenhaus ambulant zu
  erbringenden Leistungen der psychiatrischen
  Institutsambulanzen nach § 118 SGB V einbezogen werden
  können.

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OPS und PEPP
•   Analog zum DRG-System in der somatischen Medizin sollte das System
    der pauschalierenden Entgelten im psychiatrischen und
    psychosomatischen Bereich (PEPP) Einzelleistungen vergüten
•   Der Gedanke war, Einzelleistungen bzw. Patienten könnten
    diagnosebezogen abgerechnet werden, also patientenindividuell…
•   Ziel: Leistungen sollen „bepreist“ werden
•   Konvergenz in Deutschland geplant
•   Übergangszeit mit Kalkulationshäusern etc.
•   Argument: Transparenz, Leistungen sollen belohnt werden etc.
•   Dies führt aber in vieler Hinsicht zu kurz...
•   Absurder Dokumentationsaufwand für minimale „Preisunterschiede“
•   Upcoding im KH vs. downcoding bei MD
•   Daseinsfürsorge, Vorhaltekosten schwer abbildbar
•   Diagnosen trennen nicht scharf, sondern spezielle Konstellationen bei
    Patienten
•   Leistungserbringung setzt grundsätzlich Personal voraus, dass diese
    erbringen kann

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Historie PPP-RL
•   KHG: Personalbemessung: bis zum 1.1.2020 für die Kalkulation „eine
    umfassende Umsetzung der Vorgaben der Psychiatrie-
    Personalverordnung zur Zahl der Personalstellen erfolgen“ solle.
•   Für die Dauer einer Übergangsfrist sollten die bisherigen Vorgaben der
    Psychiatrie-Personalverordnung zur Personalausstattung weitergelten
    (§17d Abs. 1 KHG).
•   2017: „Gesetz zur Weiterentwicklung der Versorgung und Vergütung für
    psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG)“:
     - §136a SGB V: Auftrag an G-BA, eine Richtlinie zur
       Personalbemessung für die Krankenhausbehandlung in den Fächer
       Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatische Medizin und
       Psychotherapie sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie zu entwickeln.
•   Anhörungsprozess und empirische Erhebung (PPP-Studie)
•   Letztlich beides gescheitert…
•   1.1.2020: PPP-RL
•   1.1.2021: PPP-RL: Maßnahmen zur Durchsetzung

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Das erste Personalbemessungssystem Psych-PV
•   Psychiatrie-Personalverordnung (PsychPV) 1991 in Kraft getreten
    (Kunze et al., 2010)
•   erstmalig in Deutschland eine Orientierung am Bedarf der Patienten
    umgesetzt
•   In den letzten 30 Jahren hat sich auch dadurch die psychiatrische
    Versorgung in Deutschland grundlegend verbessert.
•   PsychPV aus strukturellen Gründen und weil Überarbeitungen fehlen
    nicht dazu geeignet, fachliche und gesellschaftliche Veränderungen, mit
    denen Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychosomatik
    konfrontiert sind, adäquat abzubilden.
•   Ende des Jahres 2019 außer Kraft gesetzt

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Umsetzungszeiträume und Definitionslogik
• Modifikation aufgrund Covid-Pandemie: das vorgesehene
  Ausgangsjahr 2020 zur Festlegung der personellen
  Grundausstattung würde Patienteninteressen stark
  entgegengelaufen
• Der G-BA konnte sich letztlich darauf verständigen, dass das
  Datenjahr 2019 herangezogen wird für die
  Personalberechnungen 2021
• Datenlieferung für das Jahr 2020 muss trotzdem erfolgen;
• ob dies gelingt, wird man sehen, deadline wäre 30.4.2021

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PPP-RL generelles
•   Untergrenzen beziehen sich auf die bisherigen Kategorien der PsychPV
    in Minutenwerten
•   nur geringe Anpassungen
•   im Durchschnitt Erhöhung der Personalbemessung um etwa 5%
    gegenüber einer vollständigen Erfüllung der PsychPV
•   Für die ersten Jahre der Umsetzung wurde die „Untergrenze“ auf
     - 2020/2021 85%,
     - 2022/2023 auf 90% abgesenkt.
     - Ab dem 1.1.2024 muss die Richtlinie in allen Berufsgruppen zu
       100% erfüllt sein.
•   Vergleich 1990 Psych-PV KJP:
     - mindestens Werte von 94,5 % in jeder Berufsgruppe in Anwesenheit
       erreicht werden müssen,
     - für Psychologen in den Kategorien KJ5 bis KJ7 noch deutlich mehr

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Vorgaben KJP

•   Sehr einfache Beispielrechnung für einen groben Anhalt:
•   Kinderstation mit 10 Betten:
     -   45h Arzt (+15% Ausfallzeit= 6,75h)= 51,75/42=1,23VK
     -   32h Psych (+15% Ausfallzeit= 4,8h)= 36,8/40=0,92VK
     -   = 2,15 VK (inkl. OÄ) (ohne Ausfallzeit 1,07 A + 0,8 P= 1,87VK)
•   Bei Tageskliniken proportional hoher Personalansatz „Akademiker“
•   Ausfallzeiten müssen Krankenhausindividuell vereinbart werden (15% sicher zu
    niedrig!)
•   Austauschbarkeit von Berufsgruppen:
•   A) Ärzte und Psychologen
•   B) alle anderen Berufsgruppen
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Eindruck?

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Probleme

•   Beispielstation z.B. 1 VK A + 1 VK P + 0,4 OA
•   Urlaub Sommer: jeder 3 Wochen Urlaub
•   1-3 P 2-5 OA 4-6 A
•   1-2: 1,4      vs. 2,15 (1,87 ohne Ausfallzeit)
•   3-4: 1        vs. 2,15
•   5-6: 1,4      vs. 2,15

• Reduktion auf 5 Patienten????? (=0,9 VK Mind ohne Ausfallzeit)

• Externe Fortbildungen
• Beschäftigungsverbote

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Wichtiges zur PPP-RL ab 2021
• Anders als im PEPP-System sollen Entlassungstage entgegen
  aller Logik für die Berechnung der Behandlungstage nicht
  angegeben werden (mit Ausnahme der Tageskliniken).
• Ebenso wenig berücksichtigt werden für die Ermittlung der
  Behandlungstage solche „Tage, an denen eine über Mitternacht
  hinausgehende Beurlaubung oder Abwesenheit beginnt“.
• 14 tägige Stichtagserhebung:
   - Regelung, dass nicht an Feiertagen, sondern am nächsten
     auf den Stichtag folgenden Werktag die Eingruppierung der
     anwesenden Patienten erhoben wird
• Nichteinhaltung der Mindestvorgaben im Jahr 2021 noch nicht
  sanktionsbewehrt, Inkrafttreten der Sanktionen auf 2022
  verschoben

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Sanktionsmaßnahmen
•   2021: sanktionsfrei
•   ab 2022:
     - Rückzahlung, die das 1,2-fache (2022)
•   ab 2023:
     - Rückzahlung, die das 1,7-fache
•   der Kosten für die nicht besetzten Stellen bzw. die nicht erbrachte
    Leistung beträgt.
•   da bei der Feststellung der Unterschreitung das therapeutische
    Personal, bei der Berechnung des Sanktionsbetrags aber das gesamte
    Budget für jeweils ein Quartal zugrunde gelegt wird, ist die
    tatsächliche Reduktion des Budgets noch deutlich höher (GBA, 2019a,b)
•   wegfallende Vergütungsanspruch soll dann in der nächsten
    Budgetverhandlung mit den Vertragsparteien für den nächsten
    Verhandlungszeitraum in Abzug gebracht werden.
•   Eine Verrechnung mit Erlösausgleichen ist ausgeschlossen.

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Sanktionen für
• alle Kalendertage/Behandlungstage des Quartals, in welchem die
  Personalausstattung für spezifische Berufsgruppen untererfüllt
  ist.
• der Umfang der fehlenden Vollkraftstunden je Berufsgruppe wird
  berechnet und ins Verhältnis zum Anteil der Berufsgruppen an
  allen Vollkraftstunden gesetzt.

A und B stehen für Berufsgruppen, VKS = Vollkraftstunden; VKS Mind =
Mindestvorgabe nach PPP-RL entsprechend der Patienteneinstufungen an
Stichtagen und der Anzahl der behandelten Patienten für das Quartal im
Bezugsjahr, VKS Ist = nachgewiesene VKS der Berufsgruppe im
betreffenden Quartal

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Heisst, was?
Beispielrechnungen G-BA (vgl. „Tragenden Gründen“, S.9 der Entwurfsfassung)
Beispiel Erwachsenenpsychiatrie:
 Berufsgruppe      a) Ärzte   b) Pflege   c)Psychol.   d) Spezial.   e) Beweg.     f) Sozial.
 VKSmind           5.400      25.650      1.360        2.880         630           2.070
 Umsetzungs-grad   100 %      100 %       80 %         100 %         70 %          100 %

„Im Beispiel fehlen bei Berufsgruppe c) 170 Stunden zur relevanten Mindestvorgabe von
1.530 Stunden für die Berufsgruppe und bei Berufsgruppe e) 180 Stunden zur relevanten
Mindestvorgabe von 810 Stunden für die Berufsgruppe.
Die fehlenden Stunden aller betroffenen Berufsgruppen sind zu addieren. In diesem Beispiel
beträgt die Summe 350 fehlende Stunden. Dies entspricht 0,91 Prozent der relevanten
Mindestvorgabe für alle Berufsgruppen (350 VKS / 38.340 VKS).
Der Anteil der Summe der fehlenden Stunden ist mit dem Faktor 1,2 im Jahr 2022 bzw. 1,7 im
Jahr 2023 zu multiplizieren.
Somit wird die Höhe des Wegfalls des Vergütungsanspruchs im Jahr 2022 mit 1,1 Prozent (1,2
x (350 VKS / 38.340 VKS)) und im Jahr 2023 mit 1,55 Prozent (1,7 x (350 VKS / 38.340 VKS))
festgelegt.“

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Steuerungsmöglichkeiten

• primär den Erfüllungsgrad der Berufsgruppen je Standort zu
  bestimmen
• gegebenenfalls von vornherein Anteile von gut besetzten
  Berufsgruppen mit schlechter besetzten Berufsgruppen
  verrechnen
• Modellrechnungen für bestimmte Belegungen bzgl. Untergrenze
  erstellen
• z.B. möglich Psychotherapeut_innen in Ausbildung mit einem
  Grundberuf als Sozialpädagog_in und adäquater Bezahlung der
  Berufsgruppe der Sozialarbeiter zuzuordnen, sofern diese mit
  den Kindern etwa Übungen zur sozialen Kompetenz durchführen.

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Fazit
•   Hoher bürokratischer Aufwand
•   Umgekehrt Schutz vor hoher Quersubventionierung anderer klinischer
    Bereiche
•   1. Schritt: Datenlieferung: Personalpläne IST müssen
    ressourcenschonend dokumentiert/an das Controlling geliefert werden
    können
•   2. Schritt: Stichtagserhebung muss kontinuierlich durchgeführt werde
•   3. Reporting Controlling zu IST vs. MIND muss aufgebaut werden
•   Prüfung problematischer Situationen/Konstellationen: Urlaube,
    Elternzeiten, Beschäftigungsverbote etc. hinsichtlich Gefahr der
    Unterschreitung Mindestvorgaben

•   Fragen?

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michael.koelch@med.uni-rostock.de

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