Prag, Budapest, Warschau, Moskau - die gewerblichen Immobilienmärkte nach 12 Jahren Transformation und einem Jahr EU- Mitgliedschaft

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Prag, Budapest, Warschau, Moskau - die gewerblichen Immobilienmärkte nach 12 Jahren Transformation und einem Jahr EU- Mitgliedschaft
Dr. Wulff Aengevelt
Geschäftsführender Gesellschafter
AENGEVELT IMMOBILIEN GmbH & Co. KG
Ullrich Müller
Leiter Osteuropa
AENGEVELT IMMOBILIEN GmbH & Co. KG
Prag, Budapest, Warschau, Moskau - die gewerblichen
Immobilienmärkte nach 12 Jahren Transformation und einem Jahr EU-
Mitgliedschaft
Mit der Erweiterung der Europäischen Union um zehn Staaten vor gut einem Jahr
erreichte die bemerkenswert schnelle marktwirtschaftliche Konversion in den früheren
COMECON-Staaten, insbesondere in Polen, Tschechei und Ungarn, eine neue Rasanz.
Die erfolgreiche Einbindung dieser Länder in den EU-Wirtschafts- und
Wertschöpfungskreislauf verleiht der Union insgesamt ein höheres
globalwirtschaftliches Gewicht und rückt gleichzeitig auch Russland noch mehr in den
Fokus. Damit steigt auch die immobilienwirtschaftliche Bedeutung und das Interesse
internationaler Marktteilnehmer hinsichtlich Development- und Anlage-Möglichkeiten,
Erschließung neuer Absatzmärkte durch neue Handels- und Logistikstandorte sowie
Produktionsstätten vor Ort. Die aufgezeigte Entwicklung schlägt sich besonders in den
vier Hauptstädten Prag, Budapest, Warschau und Moskau nieder.
1. Der Markt für Büroflächen
Mitte der 90er Jahre verzeichneten die Metropolen Moskau, Warschau, Budapest und Prag im
Zuge der an Tempo gewinnenden Konversion und marktwirtschaftlichen Umgestaltung einen
sprunghaft einsetzenden Bedarf an Büroflächen vor allem ausländischer Unternehmen. Diesem
Bedarf stand ein in Qualität und Quantität völlig unzureichendes Angebot gegenüber. In Prag
und Budapest konnten auf Grund der baulichen Gegebenheiten relativ zügig durch
Modernisierung von Bestandsobjekten nachfragegerechte Büroflächen ab etwa 1995 dem
Markt zugeführt werden. Damit wurden extreme mangelbedingte Preisausschläge zwar
vermieden - gleichwohl bewegte sich das Mietniveau Mitte der 90er Jahre noch immer um EUR
20,-/m² mtl. netto kalt. Anders die Situation in Warschau: Aus Mangel an
modernisierungsfähigem Alt-Bestand entstand hier ein dringendes Neubauerfordernis mit
entsprechend verzögerter Marktwirksamkeit in der Bereitstellung bei zugleich akuter und
wachsender Nachfrage. Entsprechend hoch schnellte das Mietpreisniveau knappheitsbedingt
zwischen 1996 und 1999 auf EUR 35,- bis 40,-/m² mtl. netto kalt. Erst ab ca. 1998 wurde mit
weiteren zügigen Flächenfertigstellungen eine allmähliche Entspannung erreicht. In Moskau
erzielten Büroflächen „internationalen Standards“ knappheitsbedingt noch bis 1997 in
Zentrumslagen sogar Mietpreise zwischen EUR 50,- und 60,-/m² mtl. netto kalt.
Mittlerweile hat sich das Angebot nachfragegerechter moderner Büroflächen in diesen Städten
so weit erhöht (siehe Abb. 1), dass die Anfang/Mitte der 90er Jahre vorherrschende reine
Bedarfsdeckungsmentalität einer zunehmend Preis-/Leistungs-orientierten Marktentwicklung
gewichen ist.
Bemerkenswert ist dabei, dass die russische Hauptstadt mit mehr als 10,5 Mio. Einwohnern
und rd. 1,9 Mio. m² Bürofläche lediglich die gleichen Bestands-Volumina wie die
bevölkerungsmäßig deutlich kleineren Metropolen Prag (1,25 Mio. EW), Warschau (1,63 Mio.
EW) und Budapest (1,7 Mio. EW) aufweist. Hintergrund für diese Entwicklung: Die Märkte Prag,
Budapest und Warschau zogen gleich nach der Wende die Aufmerksamkeit ausländischer
Developer und Investoren auf sich. Insbesondere in Verbindung mit der Privatisierung des
Bankensektors und des entsprechenden Engagements ausländischer Kreditinstitute konnte
zügig westliches Know-how für professionelle Projektentwicklungen aufgebaut werden. Bei der
Entwicklung der Büroflächenmärkte in Prag, Budapest und Warschau waren und sind
insbesondere österreichische, amerikanische, schwedische, israelische und vereinzelt deutsche
Unternehmen aktiv.
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Abb. 1
Moskau bietet dagegen ein völlig anderes Bild: Die Developertätigkeit wird bislang vorwiegend
aus russischen Finanzierungsquellen gespeist. Aktuell verstärken einzelne auch international
tätige Entwickler und Investoren ihr Engagement in Moskau. Dies führt auch hier zu einer
markanten Erhöhung der jährlichen Fertigstellungsvolumina, die deutlich über den
Vergleichswerten von Prag, Budapest und Warschau liegen (siehe Abb. 2).

       Abb. 2
Der Gesamtbestand nachfragegerechter Büroflächen „internationalen Standards” wird sich bis
zum Jahresende 2005 von ca. 1,9 Mio m² BGF Ende 2004 auf nahezu 2,3 Mio. m² erhöhen.
Zudem ist im Zuge des Bauüberhangs und weiterer angekündigter Vorhaben bis 2007 mit
einem weiterhin anhaltenden Boom der Büroflächenfertigstellung zu rechnen.
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Auch auf der Nachfragerseite hat sich der Schwerpunkt klar in Richtung russischer
Bedarfsträger verlagert: Analog zur Marktentwicklung 2003 wurden auch im Vorjahr rd. 167.000
m² bzw. etwa 80% des gesamten Büroflächenumsatzes (rd. 208.000 m²) von inländischen
Unternehmen getätigt (2003: 130.000 m² bzw. 75% bei einem Büroflächenumsatz von rd.
180.000 m²). Expansive russische Nachfragegruppen kommen vor allem aus den Bereichen
Rohstoffwirtschaft, wirtschaftsnaher Dienstleister, Finanzdienstleister/Banken/Assekkuranz
sowie der IT-Branche. Die makroökonomischen Daten und Trends Russlands deuten darauf
hin, dass die qualifizierte Büroraumnachfrage russischer Bedarfsträger auch mittelfristig das
tragende und damit das Preisniveau bestimmende Element des Moskauer
Büromarktgeschehens bleibt (siehe Abb. 3). Damit hat sich ungeachtet der zyklenbedingt zu
erwartenden erhöhten Flächennachfrage internationaler Unternehmen binnen zehn Jahren in
Moskau eine signifikante und nachhaltige Umkehrung der Absatz-Relationen zugunsten
inländischer Bedarfsträger entwickelt.

Dies ist ein signifikant marktbestimmender Unterschied zu anderen osteuropäischen
Hauptstädten wie Warschau, Prag und Budapest - dort beträgt die Ausländerquote am
Büroflächenumsatz auch heute noch bis zu 90%! Gerade vor diesem Hintergrund profitieren
indessen Budapest, Prag und Warschau derzeit von dem EU-Beitritt: So verdoppelte sich
beispielsweise der Büroflächenumsatz in Warschau im Jahre 2004 gegenüber 2003 auf rd.
300.000 m² (2003: 148.000 m²) - ein ähnlich hoher Wert wird voraussichtlich auch in 2005
erreicht. In Budapest erhöhte sich der Büroflächenumsatz ebenfalls deutlich um rd. 47% von
95.000 m² in 2003 auf rd. 140.000 m² im vergangenen Jahr.

Auch in Moskau zog der Büroflächenumsatz um beachtliche 22% an. Dieser Trend eines sich
weiter dynamisierenden Marktgeschehens setzt sich in Moskau mit voraussichtlich rd. 320.000
m² in diesem Jahr fort, wobei bedeutende inländische Nachfrager unverändert die Zugmaschine
sind.

       Abb. 3
Die in den vier betrachteten osteuropäischen Metropolen völlig unterschiedliche binnländische
Nachfragequote schlägt sich auch deutlich im Mietniveau nieder: Während sich die
Spitzenmieten für moderne Büroflächen in Zentrumslagen in Budapest, Prag und Warschau
mangels spürbaren heimischen Absatzes aktuell in einer Spanne von EUR 12,- bis 20,-/m² mtl.
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netto kalt bewegen, werden in der russischen Hauptstadt aufgrund der stark gewachsenen
Nachfrage inländischer Bedarfsträger und deren durchweg guter finanziellen Konstitution mit rd.
EUR 40,-/m² mtl. netto kalt in der Spitze etwa doppelt so hohe Werte erzielt (siehe Abb. 4).

       Abb. 4
Demgegenüber vollzieht sich die internationale Büroflächennachfrage in Moskau bereits seit der
Rubelkrise (August 1998) zunehmend unter streng betriebswirtschaftlichem Kostendruck.
Aktuell liegt der entsprechende Kontrahierungsschwerpunkt im Preissegment von EUR 23,- bis
28,-/m² mtl. Netto kalt. Ungeachtet der hohen und finanzkräftigen Nachfrage steht in dieser
Preiskategorie unverändert ein nur unzureichendes Angebot qualitativ akzeptabler Büroflächen
zur Verfügung. Hierdurch ergibt sich für internationale Entwickler und Investoren ein lukratives
Betätigungsfeld:
Sie können im Vergleich zu binnenländischen Konkurrenten bei deutlich geringerem Margen-
und Verzinsungsanspruch entsprechend niedrigere Mietwerte akzeptieren und bedienen ohne
hierbei eine geringere Qualität in Objektlage, Bauausführung oder Solvenz des Mieters in Kauf
nehmen zu müssen.
Entwickler und Investoren, deren Interesse am Moskauer Immobilienmarkt rapide steigt, sind
daher gut beraten, ihre Kalkulationen - statt auf aktuellen und z.T. überzogenen - auf langfristig
marktfähigen Mietansätzen aufzubauen, die zu entsprechend langfristigen Mietverträgen führen
und damit profitable Exitstrategien ermöglichen.

2. Die gewerblichen Investmentmärkte

Moskau
Angesichts der beschriebenen günstigen Marktausgangslage in Moskau, die in den
benachbarten osteuropäischen Metropolen so schon lange nicht mehr besteht, und der
mittlerweile auch in der russischen Hauptstadt weitestgehend professionalisierten
Rahmenbedingungen bieten sich an der Moskwa eigenkapitalstarken internationalen
Entwicklern, Eigennutzern und Investoren bei markttypischen Risiken aktuell vergleichsweise
einmalig hohe Chancen. Vergleichsweise kurze Amortisationszeiten von vier bis sieben Jahren
machen angesichts zunehmender Professionalisierung insbesondere das Marktsegment der
Projektentwicklung und Investitionen für alle Marktteilnehmer zugleich auch in Zukunft
hochinteressant: Professionell beratene ausländische Entwickler realisieren mit ihrem Know-
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how außergewöhnlich hohe Margen und treffen auf einen Markt mit hohem Bedarfspotential.
Eigennutzer können ihr eigenes facility management und ihre CI verwirklichen und verdienen
das Investment bereits in kurzer Zeit zurück. Renditeorientierte Investoren erhalten hohe
Verzinsungen und kontrahieren dabei ausschließlich im Bereich berechenbarer internationaler
Partner

Ungeachtet der im osteuropäischen Vergleich erzielbaren hohen Bruttoanfangsrenditen – z.B.
zwischen 11% und 14,5% für Büro- und Geschäftshäuser in Citylagen (siehe Abb. 5) -
entwickelt sich der Moskauer Investmentmarkt erst seit der Jahrtausendwende (Putins
Amtsübernahme als Staatspräsident): Institutionelle Anleger aus Deutschland haben nach
erfolgreichen Investments in Polen, Ungarn, und Tschechien seit gut einem Jahr nun auch
Moskau auf dem Bestellzettel. Für 2005/ 2006 ist von einem deutlichen Anstieg internationaler
Immobilieninvestments in Moskau auszugehen. Im Zuge möglicher Mietpreiskonsolidierung
werden aktuell noch außergewöhnlich hohe Renditen analog zu den anderen osteuropäischen
Metropolen schrittweise nachgeben, wodurch sich Auswirkungen auf das gegenwärtige
Preisnivau erst mit Verzögerung einstellen.

       Abb. 5

Gewerbliche Investmentmärkte Prag, Budapest, Warschau: Marktenge durch geringes
Angebot
Wesentlich weiter ist die Entwicklung in Ungarn, Tschechien und Polen: Hier sind institutionelle
Investoren schon seit längerem aktiv - mit der Folge anziehender Kaufpreismultiplikatoren bzw.
kontinuierlich sinkender Renditen. Budapest, Prag und Warschau weisen angesichts
investitionsbereiten internationalen Kapitals ein deutlich zu geringes Angebot fondsgerechter
Büroimmobilien-Investments auf.

Ungarn/Budapest
Entsprechend dieser Entwicklung wurde der ungarische Investmentmarkt in 2004 von der
hohen Nachfrage international tätiger - vor allem deutscher, österreichischer, französischer und
irischer - Investoren geprägt. Das Gesamtinvestitionsvolumen betrug ca. 1 Mrd. Euro. Davon
entfielen ca. 450 Mio. Euro auf Büroinvestments in Budapest und Vororten. Auch im
Einzelhandelsbereich wurde mit dem Verkauf von landesweit 12 Shopping Centern ein hohes
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Niveau erreicht. Der Markt für Industrieflächen war dagegen durch Zurückhaltung
gekennzeichnet.
Die Renditen für hochwertige Büroimmobilien in Citylagen sind im Verlauf des Jahres 2004 von
anfangs 7,75% auf 7,5% gefallen. Grund hierfür ist der große Nachfrage-Überhang.
Der Verkauf von Shoppingcentern wird derzeit in einer Renditespanne von 7,5% bis 8%
realisiert. Für Logistik- und Industrieflächen liegen die erzielbaren Anfangsrenditen im Bereich
von 9,5 bis 10%.
Mit der weiteren Stabilisierung und Konsolidierung des Immobilienmarktes – u.a. im Zuge des
EU-Beitritts – ist auch in den nächsten Jahren von reger Nachfrage auszugehen. Die Renditen
werden entsprechend teilweise nochmals nachgeben, dabei aber stabil über 7% liegen.
Gleichzeitig bieten qualifizierte Büroimmobilien in Citylagen mit weiterem Rückgang der
Angebotsreserve mittelfristig wieder leichte Mietsteigerungspotentiale und damit Wertzuwächse.

Polen/Warschau
Der Warschauer Investmentmarkt wird derzeit vorrangig von dem dynamischen Geschehen am
Markt für Büroflächen und einer zunehmenden Stabilisierung des Mietpreisniveaus geprägt.
Diese Faktoren fördern das Investitionsverhalten und die Nachfrage entscheidend.
Beispielsweise hat sich der Standort Mokotow weiter etabliert und weist heute
investitionsfreundliche Leerstandsraten unter 6% aus und belegt damit die Akzeptanz des
Marktes.
Die Anfangsrenditen für Büroinvestments mit nachhaltigen und langfristigen Verträgen in
Citylagen bewegen sich in einem Korridor von 7,5% bis 8,5%.
Neben dem klassischen Büroinvestment gewinnen außerdem Einzelhandelsinvestitionen vor
allem an Immobilienstandorten außerhalb Warschaus wie Katowice, Poznan, Lodz, Torun,
Krakau, Gdynia u.a. an Bedeutung. Hier steigt die Attraktivität von Retail-Objekten. Mit
wachsender infrastruktureller Ausstattung gewinnen zudem Logistikentwicklungen an
Bedeutung.

Tschechien/Prag
Der tschechische Investmentmarkt war 2004 durch eine große Nachfrage und spürbares
Wachstum gekennzeichnet. Das Gesamtvolumen der getätigten Transaktionen lag 2004 bei ca.
900 Mio. Euro, ca. 30% über dem Rekordjahr 2003. Gründe sind EU-Beitritt und weiter
verbesserte Rahmenbedingungen. Ein Großteil der Transaktionen wurde von österreichischen,
deutschen und irischen Investoren getragen. Große amerikanische Fondsgesellschaften, die in
den vergangenen Jahren zu den Deal Makern zählten, verkauften auf hohem Niveau Teile ihrer
Portfolios. Auch israelische Investoren sind nach wie vor stark auf beiden Seiten des Marktes
aktiv.
Im Fokus der Investoren stehen neben Teilen größerer Immobilienportfolios mit A-Class
Büroentwicklungen nun auch Einkaufszentren und Logistikinvestments. Neben Prag spielen
dabei zunehmend auch Mittelstädte und Verkehrsknoten im landesweiten Autobahnnetz eine
bedeutende Rolle.
Die Aussicht des zeitnahen Beitritts der Tschechischen Republik zur Euro-Währungsunion
(2010) und politisch und rechtlich stabile Rahmenbedingungen sowie die sich stetig
entwickelnde Marktreife verdichten das positive Investitionsklima.
International zunehmend konkurrenzfähige Produkte ohne größeres Überhangangebot geben
dem Markt eine wachsende Funktionalität und Vielfalt: Mit dem Erreichen der
Talsohle am Büromarkt stabilisieren sich die Mieten und sind langfristig kalkulierbar.
Entsprechend ist davon auszugehen, dass sich die Anfangsrenditen der 7%- Marke nähern und
diese bei Einzelinvestments mittelfristig unterschritten wird.
Neben dem typischen Büroinvestment stellen Portfolioankäufe von Shoppingcentern und
Hypermärkten mit langfristigen Mietverträgen bzw. Entwicklungspotential eine lohnende
Alternative dar. Die hier noch teilweise höheren Verzinsungen führen zu Nachfragezuwachs.
Die sich sehr positiv entwickelnde Tourismusindustrie wird in den nächsten Jahren das
Investitionsgeschehen zusätzlich fördern.

3. Der Markt für Gewerbe- und Logistikflächen
Zentraleuropa hat sich in den letzten 12 Jahren dramatisch verändert und ein enormes
Wachstum erfahren. Die Märkte der Tschechischen Republik, Ungarns, Polens und der
Prag, Budapest, Warschau, Moskau - die gewerblichen Immobilienmärkte nach 12 Jahren Transformation und einem Jahr EU- Mitgliedschaft
Slowakei umfassen ein Potential von mehr als 65 Millionen Verbrauchern und spielen damit in
Größenklassen von UK und Frankreich.
Zu den Gewinnern der EU-Osterweiterung zählt auch der mitteleuropäische Industrie- und
Logistikmarkt. Indessen sind auch hier Länderdifferenzierungen zu beachten. (siehe Abb. 6
und 7).

Tschechien/Region Prag
Besonders stark präsentiert sich Tschechien: Der Markt für moderne Industrie- und
Logistikflächen erfreut sich einer stabilen Entwicklung. Eine Vielzahl der Neuentwicklungen fand
2004 im Großraum Prag statt. Der Anteil strukturstarker Regionalstandorte wie Brno und Pilsen
am Gesamtvolumen wächst.
Der Bedarf an modernen A-Class Lagerflächen rekrutiert sich vorrangig aus dem Logisitiksektor
und begründet sich im europaweiten Trend des Outsourcings von Logistikleistungen.
Gleichzeitig drängen sowohl ausländische als auch zunehmend inländische Anbieter auf den
Markt. Die Lage Tschechiens im Herzen der neuen europäischen Achsen fördert diese
Entwicklung maßgeblich. Die Hauptaktivitäten konzentrieren sich zwar auf den Korridor der
Autobahn D1 zwischen Prag und Brünn, indessen entstanden auch westlich der Hauptstadt, im
Bereich der D5 um Pilsen bis zur deutschen Grenzen und im Großraum Hradec Kralove,
Olomouc und Ostrava in Richtung Polen neue Projekte bzw. befinden sich in Planung und
Realisierung.
2004 wurden ca. 170.000 m² Industrie- und Lagerfläche vermietet. Die Leerstandsraten sind mit
unter 5% aktuell sehr niedrig, da wegen des hohen Bedarfes nach wie vor vorrangig auf Built-
To-Suit-Basis gebaut wird und hierdurch nur vereinzelt noch nicht vordisponierte Flächen am
Markt wirksam werden. Entsprechend stabil präsentieren sich die Mietpreise: Sie gaben im
Vergleich zu den letzten Jahren kaum nach.
Die Flächenneuentwicklung steigt in den nächsten Jahren tendenziell. Stabile Nachfrage kommt
von Nutzern der Wachstumsindustrien Automobil, Konsumgüter, Elektronik. Durch vermehrte
Betriebsauslagerungen westeuropäischer Unternehmen wird es außerdem zu einer verstärkten
Nachfrage von Logistik- Unternehmen kommen. Nachfrageschwerpunkte liegen zunehmend
außerhalb der Prager Standorte in den Regionen Brno, Ostrava und Pilsen. Dies könnte zu
einem leichten Anstieg des Leerstandes spekulativ errichteter Projekte in Prag führen. Auf
Grund des hohen Angebots an entwicklungsfähigen Flächen wird die Mietentwicklung leicht
rückläufig sein.

Ungarn/Region Budapest
Der Markt für Gewerbe- und Logistikflächen in Ungarn ist mit einem Gesamtbestand von
lediglich ca. 620.000 m² Fläche, davon rd. 390.000 m² in der Region Budapest, im Vergleich zu
den Märkten Prag und Warschau unverändert klein. Angesichts signifikanter Marktbelebung im
Jahr des EU-Beitritts mit einem Umsatzvolumen von rd. 120.000 m² sank die Angebotsreserve
von ca. 14% Anfang 2004 auf aktuell ca. 10%. Die Durchschnittsmieten stabilisierten sich auf
einem Niveau von EUR 4,50/m². In den nächsten zwei bis drei Jahren ist von einem weiterhin
stabilen Preisniveau auszugehen.
In diesem Zeitraum werden an den Autobahnen M1 und M3 weitere spekulative
Logistikentwicklungen realisiert. Entwicklungspotential liegt hierbei vor allem in der zukünftigen
Erweiterung der EU und der entstehenden Infrastruktur in Ost- und Südosteuropa (Rumänien,
Bulgarien).

Polen/Region Warschau
Der Markt für moderne Industrie- und Logistikflächen ist einer der Wachstumsmärkte Polens.
Vor allem die im Zuge des Beitritts Polens zur EU dringend notwendige Modernisierung und die
mit EU-Strukturmitteln geförderte Neuerrichtung der Verkehrsinfrastruktur begünstigen das
weitere Wachstum dieses Segments.
Schwerpunkt ist die Region Warschau: Mit ca. 980.000 m² Gewerbe- und Logistikfläche umfasst
sie über 80% der gesamten modernen Industrie- und Lagerflächen Polens.
Andere Standorte spielen bislang eine untergeordnete Rolle. Im Vorjahr akquirierten Entwickler
auch hier erstmals Areale in strategisch guten Lagen wie z.B. den Kreuzungspunkten
zukünftiger Autobahnen und Fernverkehrsstraßen in den Ballungsräumen Poznan, Warschau,
Lodz Wroclaw und Katowice. Das Gesamtentwicklungspotential wird auf insgesamt ca. 3,5 Mio.
m² Lagerflächen geschätzt. Eine Vielzahl von Projekten in den Regionen ist indessen bislang
noch nicht über die Planungsphase hinausgekommen.
Ungeachtet des neuen Interesses an dezentralen Standorten verzeichnete der Warschauer
Markt in 2004 einen Rekordabsatz von ca. 300.000 m². Die Leerstandsquote sank auf ca.
10,5%.
Das enorme Entwicklungspotential und die strategisch günstige Lage Polens in Europa
versprechen auch zukünftig hohes Wachstum. Dabei bleibt Warschau der attraktivste und
bedeutendste Einzelmarkt. Entsprechend ist hier von einem weiteren Abbau des
Angebotssockels an Gewerbe- und Logistikflächen auszugehen.

       Abb. 6

Region Moskau
Nominell verfügt Moskau von den vier Metropol-Regionen mit rd. 3,7 Mio. m² Gewerbe- und
Logistikfläche über den größten Bestand in diesem Marktsegment. Tatsächlich entfallen davon
allerdings rd. 2 Mio. m² auf Altgebäude, die häufig internationalen Betriebs- und
Sicherheitsanforderungen nur eingeschränkt genügen. Von den verbleibenden 1,7 Mio. m²
erfüllen nach umfassenden Analysen von AENGEVELT-RESEARCH lediglich rd. 350.000 m² in
vollem Umfang die komplexen Anforderungen internationaler Nutzer und Investoren. Angesichts
dieser geringen Quote bewegen sich die Mietpreise für anspruchsgerechte Logistikflächen auf
international hohem Niveau: EUR 9,50 bis 12,50/m² mtl. (siehe Abb. 7). Ungeachtet dieser
hohen Preise ist faktisch keine nennenswerte Angebotsreserve zu verzeichnen: freiwerdende
adäquate Flächen werden zügig vom Markt absorbiert.
Ungeachtet des hohen Bedarfs haben sich ausländische Entwickler und Bauträger in diesem
Marktsegment in Moskau bislang noch nicht nennenswert engagiert. Vielmehr ist dieses
Marktsegment immer noch vorrangig von Projekten zur Eigennutzung geprägt. Indessen
zeichnet sich hier – wie auch in den anderen gewerblichen Immobilienmärkten – ein
allmähliches Umdenken ab. Zu Recht: In Anbetracht der Flächenknappheit und des gleichzeitig
rasch zunehmenden Markteintritts internationaler Markt- und Handelsketten mit hohem
Lagerbedarf eröffnet das Marktsegment Gewerbe- und Logistikflächen in Moskau – auch im
europaweiten Vergleich – eine der größten Marktchancen für Entwickler und Investoren. Die
erzielbaren Developer-Margen reichen bis zu 40%.
Abb. 7

5. Fazit:
Gut ein Jahr nach dem Beitritt von Ungarn, Polen und der Tschechischen Republik in die EU
stellt sich für die Hauptstädte der Beitrittsländer und zunehmend auch für regionale Zentren die
Frage, ob und inwieweit ihre Immobilienmärkte im internationalen Vergleich bereits voll
konkurrenzfähig sind.

Zur Beantwortung einige Überlegungen:

   1. Im Zuge der Modernisierungs- und Neubautätigkeit und der entsprechenden
      Angebotsausweitung des Büroflächenbestandes stellen sich die Mieten in Prag,
      Warschau und Budapest mittlerweile auf ein insgesamt deutlich mieter-freundlicheres
      Niveau als zur Wende.
   2. Das mittlerweile qualitativ wie quantitativ deutlich gestiegene Flächenangebot
      differenziert sich nach Lage, Qualität und Ausstattung und entspricht in den Fällen
      durchgängiger Modernisierung und Neubau überwiegend internationalen Standards.
   3. Die Renditen für Immobilien-Investments haben sich zwar westeuropäischem Niveau
      angenähert, liegen indessen zumindest mittelfristig noch etwa 2 bis 3 Prozentpunkte
      darüber.
   4. Die hohen Angebotsreserven der Büromärkte in Prag, Warschau und Budapest haben
      sich prognosegemäß beitrittsbedingt zurückgebildet.
   5. Langjährig vor Ort tätige Unternehmen nutzen die fortschreitende
      Mietpreiskonsolidierung für Standortveränderungen unter dem Gesichtspunkt der „Preis-
      Leistungs-Optimierung“. Darüber hinaus werden zunehmend nutzerdefinierte
      Projektentwicklungen für osteuropäische Unternehmenszentralen realisiert.
   6. Die Mieten für Büro-, Handels- und Logistikflächen in Moskau bewegen sich unverändert
      auf überteuertem Preisniveau. Hauptursache ist die Marktentwicklung mit einer in allen
      drei genannten Bereichen deutlich höheren inländischen Abnahmequote als in
      Warschau, Prag und Budapest.

Die Potentiale der osteuropäischen Immobilienmärkte sind unverändert hoch. Die
Osterweiterung der EU hat die Konversionsdynamik beflügelt. Hiervon profitieren auch und
gerade die Immobilienmärkte.
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