PRODUKTPIRATERIE IN EUROPA - JKU ePUB
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Eingereicht von Angelika Babodi LL.B. Angefertigt am Institut für Europarecht Beurteiler / Beurteilerin Assoz. Univ.- Prof. Dr. Leidenmühler Monat Jahr (10/2019) PRODUKTPIRATERIE IN EUROPA Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magistra der Rechtswissenschaften im Diplomstudium Rechtswissenschaften JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich jku.at DVR 0093696
EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch. Linz, 02.10.2019 _____________________ Angelika Babodi LL.B. 02. Oktober 2019 2/36
Inhaltsverzeichnis I. Abkürzungsverzeichnis .................................................................................................... 4 II. Einführung ......................................................................................................................... 5 A. Sonderproblem Zunahme Arzneimittelfälschung ........................................................... 5 III. Definitionen ....................................................................................................................... 7 A. Markenpiraterie ................................................................................................................. 7 B. Produktpiraterie ................................................................................................................ 8 C. Gewerbliche Schutzrechte................................................................................................ 8 1. Markenrecht ...................................................................................................................... 10 2. Geschmacksmustergesetz ................................................................................................ 16 3. Patentrecht ........................................................................................................................ 16 4. Gebrauchsmusterrecht ...................................................................................................... 18 D. Sonstige Rechte .............................................................................................................. 19 1. Wettbewerbsrecht ............................................................................................................. 19 2. Urheberrecht ..................................................................................................................... 19 IV. Gesetzliche Grundlagen in der EU/Österreich .............................................................. 20 A. Aktuelle Rechtslage/Entwicklung .................................................................................. 20 B. EU-Rechtsquellen............................................................................................................ 21 1. EG-Verordnungen ............................................................................................................. 21 a) EU-Produktpiraterieverordnung 2014 (PPV 2014) ...................................................... 21 b) Unionsmarkenverordnung........................................................................................... 22 2. EG-Richtlinien ................................................................................................................... 22 a) Marken-RL 2015/2436 ................................................................................................ 22 b) Umsetzung EU-Fälschungsrichtlinie ........................................................................... 23 C. Nationale Rechtsquellen ................................................................................................. 25 1. Produktpirateriegesetz (PPG 2004) ................................................................................... 25 V. Prävention und Bekämpfung der Piraterie .................................................................... 25 A. Allgemein ......................................................................................................................... 25 1. Zivilrechtliches Verfahren .................................................................................................. 26 2. Strafrechtliches Verfahren ................................................................................................. 28 3. Zollbeschlagnahmeverfahren ............................................................................................ 28 B. Judikatur/Rechtsstreit .................................................................................................... 30 1. Rechtsprechung OGH ....................................................................................................... 30 a) Schärdinger Hex - OGH vom 24.01.2017, 4 Ob 222/16z Bekannte Marke als geografische Herkunftsangabe ................................................................................... 30 2. Rechtsprechung EUGH ..................................................................................................... 30 a) Online-Marktplatz – EUGH vom 12.07.2011, RS C-324/09 ......................................... 30 b) Physischer Marktplatz - EuGH 07.07.2016, Rs C-494/15 Tommy Hilfiger ua/Delta Center as .................................................................................................................... 31 VI. Resumee .......................................................................................................................... 32 VII. Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 34 02. Oktober 2019 3/36
I. Abkürzungsverzeichnis aF Alte Fassung Abs Absatz AMG Arzneimittelgesetz AMV Überprüfungssystem für Arzneimittel AMVS GmbH Österreichisches Unternehmen zur Überprüfung von Arzneimittel Art Artikel BfArM Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte BGBl Bundesgesetzblatt CTM Europäische Gemeinschaftsmarke DelVO Delegierten Verordnung EG Europäische Gemeinschaft EMVO Europäische Organisation zur Überprüfung von Arzneimitteln EPA Europäisches Patentamt EPGÜ Einheitliches Patentgericht Übereinkommen etc. Et cetera EU Europäische Union EUG Europäisches Gericht EuGH Europäischer Gerichtshof EUIPO Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum ff. fortfolgende HABM (Ehemaliges) Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt Hrsg. Herausgeber idR in der Regel iSd im Sinne der/des mE meines Erachtens Mrd. Milliarde MSchG Markenschutzgesetz OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OGH Oberster Gerichtshof OLG Oberlandesgericht ÖBl Österreichische Blätter für den gewerblichen Rechtsschutz ÖPA Österreichisches Patentamt PatG Patentgesetz PCT Patentzusammenarbeitsvertrag PPG Produktpirateriegesetz PPV Produktpiraterieverordnung RL Richtlinie rd. Rund RS Rechtssache RZ Rechtsziffer S. Seite TRIPS Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums TS Tagessätze UMV Unionsmarkenverordnung UrHG Urhebergesetz UWG Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb v.a. vor allem VO Verordnung WIPO Weltorganisation für geistiges Eigentum 02. Oktober 2019 4/36
II. Einführung In den Medien überschlagen sich seit Jahren zunehmend die Schlagzeilen hinsichtlich der Verbreitung von Produktfälschungen in Europa. Nach einer aktuell veröffentlichten Studie vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) über Verletzungen des geistigen Eigentumsrechts führen Plagiate in der EU jährlich zu Milliarden (rd. 60 Mrd.) Verlusten in der Konsumgüterindustrie, wobei in Österreich der Anteil auf 1,04 Mrd. pro Jahr fällt. Die EU-Importe bestehen bis zu 6,8 % aus Plagiaten. Im Vergleich zu vergangenen Studien der EUIPO in Zusammenarbeit mit EPA aus 2016 fällt dieser Wert deutlich höher aus, welcher die bedenkliche Zunahme an Produktpiraterie der letzten Jahre belegt. Neben den wirtschaftlichen Folgen bergen Plagiate auch große Gefahren für Verbraucher, v.a. bei Medikamentenfälschungen. Dieser über Jahre hinweg bereits andauernde Anreiz für Piraten, Fälschungen herzustellen, erklärt sich vor allem durch den positiven Absatz von hergestellten Produkten minderer Qualität zu besonders günstigen Preisen, wodurch hohe Renditen erzielt werden können. Zudem wir das Internet von den kriminellen Piraten zunehmend als Vertriebsquelle gefälschter Waren sowie auch zur Verbreitung illegaler digitaler Inhalte genützt. Dies verbunden mit niedrigen Strafen macht das Pirateriegeschäft weiterhin attraktiv.1 Jedoch trägt auch das Konsumverhalten der Verbraucher zur stetigen Zunahme bei, denn im Vordergrund steht zumeist der günstige Preis und der unbeschränkte vereinfachte Zugang zu gefälschten Waren. A. Sonderproblem Zunahme Arzneimittelfälschung Die Produktpiraterie zieht sich grundlegend durch alle Branchen der Konsumgüterindustrie. Betroffen sind schon lange nicht mehr ausschließlich Luxusartikel, sondern Industrieartikel jeglicher Art, unter anderem auch vollständige Produktionsanlagen, deren Ersatzteile, genauso aber auch einfache Konsumgüter des täglichen Bedarfs. Besonders erschreckend ist jedoch die Anzahl der Fälschungen im Pharmabereich in den vergangenen Jahren. 1 Vgl. EUIPO, PR Report on IPR infringement, https://euipo.europa.eu/tunnel web/secure/webdav/guest/document_library/observatory/docs/2019_Status_Report_o n_IPR_infringement/2019_Status_Report_on_IPR_infringement_en.pdf, 12ff, (07.06.2019). 02. Oktober 2019 5/36
Laut einer Studie hat der Zoll im Jahr 2018 rund 10.476 gefälschte Medikamente beschlagnahmt und 2.639 Postsendungen mit derartigen Plagiaten gestoppt und damit 2018 einen Höchstwert bei aufgegriffenen gefälschten und anderen illegalen Arzneimitteln, welche zu 95 % aus Indien stammen, erreicht. In der Studie werden auch illegale Arzneimittel behandelt, das sind insbesondere Fälle, die zwar nicht als Plagiat gelten, die aber mangels Patentschutz illegal vertrieben werden. An der Spitze nach wie vor führend mit 35 % sind potenz- und fruchtbarkeitsfördernde Pillen, gefolgt von den Schlaf- und Beruhigungspillen mit 15 % und abschließend mit 15 % schmerzstillende und entzündungshemmende Tabletten. Bei den vom Zoll aufgegriffenen Produkten handelt es sich um Pharmaartikel, die über eine Online-Quelle von Konsumenten bestellt wurden. Durch Erwerb derartiger Plagiate sind die Endverbraucher in Folge einer immensen gesundheitlichen Gefährdung ausgesetzt. Die im Online-Handel erworbenen Medikamentenfälschungen enthalten oft eine falsche Dosierung oder schädliche Inhaltsstoffe und ziehen oft unvorhersehbare gefährliche Folgen für den Konsumenten nach sich.2 Die nachfolgende Tabelle zeigt die dramatische Entwicklung der vom Zoll aufgegriffenen gefälschten und illegalen Medikamente seit dem Jahr 2004. Der starke Zuwachs an illegalen Medikamenten und vice versa der Rückgang bei den gefälschten Medikamenten begründet sich damit, dass Medikamente ohne Patentschutz nicht mehr in die Kategorie der gefälschten Produkte fallen, so etwa bei dem Wirkstoff Tadalafil der 2017 sein Patent verloren hat.3 2 Vgl. BMF, Produktpiraterie Bericht 2018, https://www.bmf.gv.at/zoll/produktpiraterie/PP-Bericht_2018.pdf?6wkfr5, 6 ff (10.06.2019). 3 Vgl. BMF, Produktpiraterie Bericht 2018, https://www.bmf.gv.at/zoll/produktpiraterie/PP-Bericht_2018.pdf?6wkfr5, 16,(10.06.2019). 02. Oktober 2019 6/36
Tabelle 1: Entwicklung der Aufgriffe von gefälschten Medikamenten und anderen illegalen Medikamenten seit dem Jahr 2004 Quelle: https://www.bmf.gv.at/zoll/produktpiraterie/PP-Bericht_2018.pdf?6wkfr5, S. 16ff Ein erster Schritt zur Verbannung gefälschter Medikamente aus dem EU-Raum wurde mit der neuen EU-Verordnung gesetzt. Diese basiert auf der Arzneimittel- Fälschungsrichtlinie der EU (2011/62/EU), welche von den Mitgliedstaaten bis 09.02.2019 in die nationale Rechtsordnung zu transferieren war. Um die stets fortschreitende Produkt- und Markenpiraterie gezielt zu bekämpfen, bedarf es aber nicht nur gesetzlicher Regelungen, sondern auch eines Umdenkens von Verbrauchern im Hinblick auf das Konsumverhalten.4 III. Definitionen A. Markenpiraterie Unter dem gemeinsamen Oberbegriff der Marken- und Produktpiraterie versteht man im weitesten Sinn den Warenhandel mit nachgeahmten und unerlaubt hergestellten Waren, welche eine Verletzung des geistigen Eigentumsrechtes nach sich ziehen.5 Eine Legaldefinition für beide Begriffe sucht man im Gesetz vergeblich. Auch die Literaturmeinungen sind hinsichtlich der exakten Begriffsbestimmung kontrovers und auch international werden unterschiedliche Begriffe wie „Counterfeit“ und „Piracy“ verwendet. 4 Vgl. BMF, Produktpiraterie Bericht 2018 https://www.bmf.gv.at/zoll/produktpiraterie/PP-Bericht_2018.pdf?6wkfr5 (10.06.2019), 15. 5 Vgl. EUIPO, Handel mit nachgeahmten und unerlaubt hergestellten Waren, https://euipo.europa.eu/tunnel web/secure/webdav/guest/document_library/observatory/documents/Mapping_the_Ec onomic_Impact_study/executive_summary_de.pdf, (12.06.2019). 02. Oktober 2019 7/36
Markenpiraterie ist der ältere der zwei Begriffe6 und erfasst nach einer Studie der OECD und WIPO Umstände, unter denen Piraten die Rechte eines rechtmäßigen Inhabers auf unrechtmäßige Art und Weise verwenden. Betroffen davon sind insbesondere Markenrechte, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrechte sowie Patentrechte. Dies entspricht einer weiten Auslegung des Begriffes.7 Keller differenziert zwischen einer engen und weiten Auslegung. Als weite Auslegung sieht er nach seinem Verständnis eine umfassende Nachahmung des Originalproduktes, welche nicht nur auf das Kennzeichen fokussiert ist, sondern auch eine Imitation der Leistung zur Folge hat. Die Markenpiraterie im engen Sinn beschränkt sich nach seiner Ansicht hingegen auf das illegale Verwenden der Marke.8 B. Produktpiraterie Nach dem Verständnis des BMF fallen unter Produktpiraterie illegale Aktionen, wie das vorsätzliche Fälschen von Produkten, für welche die rechtmäßigen Inhaber Schutzrechte in Form von Patenrechten, Markenrechten und Urheberrechten besitzen.9 Keller versteht die Produktpiraterie als umfassende Markenpiraterie ohne jedoch dabei gleichzeitig die Marke zu beeinträchtigen.10 C. Gewerbliche Schutzrechte Das geistige Eigentum als Sammelbegriff (EN „Intellectual Property Law“) umfasst den Schutz von Marken, Designs, Patenten und Gebrauchsmustern, auch pauschal genannt Immaterialgüterrechte oder gewerbliche Schutzrechte. Diese entstehen in der Regel erst durch Anmeldung und Registrierung beim jeweiligen Prüfungsamt. Im Gegensatz zum Recht an körperlichen Gütern werden die Rechte an Immaterialgütern nicht automatisch auch in anderen Ländern anerkannt, sondern folgen dem Territorialprinzip und daher dem gesonderten Rechtserwerb.11 Mit dem Begriff des geistigen Eigentums ist eine unbeschränkte Verfügungsmacht des Rechteinhabers an unkörperlichen, also an 6 Vgl. Pekala, Markenpiraterie (2013), 8. 7 OECD/EUIPO (2016), Trade in Counterfeit and Pirated Goods: Mapping the Economic Impact, OECD Publishing, Paris, 16ff., https://euipo.europa.eu/tunnel-web/secure/webdav/guest/document_library/observatory/documents/Mapping_the_Ec onomic_Impact_study/Mapping_the_Economic_Impact_en.pdf, (12.06.2019). 8 Vgl. Keller, Identitätsbasierter Markenschutz, Kapitel 4, 131 ff (131). 9 Vgl. BMF Produktpiraterie wirtschaftliche Auswirkungen, https://www.bmf.gv.at/zoll/produktpiraterie/wirtschaftliche auswirkungen.html, (03.08.2019). 10 Vgl. Keller, Identitätsbasierter Markenschutz, Kapitel 4, 133. 11 Vgl. Troller, Immaterialgüterrecht, Band II 3, 134ff. 02. Oktober 2019 8/36
geistigen Sachen, so etwa an Warenzeichen, literarischen Kunstwerken, Erfindungen und Mustern verbunden.12 Für die Erkennbarkeit geistiger Inhalte bedient man sich Hilfsbehelfen wie Farben, Klängen, Wörtern, Flächen etc.13. Die Schutzrechte verleihen dem Rechteinhaber gegen Nachahmer zivilrechtliche und strafrechtliche Befugnisse, auf welche später noch näher eingegangen wird. Das Urheberrecht und Wettbewerbsrecht zum Schutz geistiger Schöpfungen sind als weitere Unterkategorie des geistigen Eigentums zu nennen, welche jedoch in der Produkt- und Markenpiraterie, wie im Bericht des BMF zur Produktpiraterie aus dem Jahre 2018 detailliert analysiert, nur eine untergeordnete Rolle spielen. Das Ergebnis der analysierten Schutzrechtsverletzungen betrifft überwiegend Verletzungen von Markenrechten und Schutzzertifikaten für Arzneimittel, welche auch den Fokus dieser Arbeit verdienen.14 Die ersten Ansätze für das Bewusstsein und zur Verrechtlichung am geistigen Eigentum zeigten sich bereits in der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums von 1883 und in der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken und Literatur von 1886. Beide Konventionen werden heute von der WIPO verwaltet.15 Zur Bekämpfung der Produktpiraterie wurde im Jahr 2009 die Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie (EUIPO) geschaffen, welche in weiterer Folge auf Vorschlag der Kommission mit dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) am 05.11.2012 vereint wurde. Ziel war es, unter anderem ein einheitliches Rechtskonzept für die EU-Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Unionsmarke und das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster zu entwickeln. Die Intention der EUIPO ist es Verletzungen des geistigen Eigentumsrechtes vorzubeugen und bei Verstößen zu unterstützen, sowie die dazu erforderlichen Informationen gegen Produkt- und Markenpiraterie bereit zu stellen.16 Weiters hat die EUIPO eine zentrale Plattform „IP Enforcement Portal“ entwickelt, die eine sichere Kommunikation zwischen dem Rechteinhaber, der EU-Kommission sowie dem Amt für geistiges Eigentum gewährleistet. Dieses Portal wird demnächst auf der internationalen IP-Veranstaltung zur Durchsetzung von geistigen Rechten des Eigentums 12 Vgl. Troller, Immaterialgüterrecht, Band II 3, 91 ff. 13 Vgl. Troller, Immaterialgüterrecht, Band II 3, 58 . 14 Vgl. BMF, Produktpirateriebericht 2018. https://www.bmf.gv.at/zoll/produktpiraterie/PP-Bericht_2018.pdf?6wkfr5 (10.06.2019), 26. 15 Vgl. WIPO Intellectual Property Handbook (2. Auflage, 2004), No. 489 E, (20.07.2019), 4. 16 Vgl. EUIPO, https://euipo.europa.eu/ohimportal/de/web/observatory/about-us, (19.07.2019). 02. Oktober 2019 9/36
in Paris vorgestellt und freigeschalten.17 Der Rechteinhaber kann hiermit Informationen über sein Produkt bekanntgeben und erleichtert dadurch dem Durchsetzungsbeauftragten für Produktpiraterie mit den zur Verfügung gestellten Daten die Erkennung von Fälschungen. Voraussetzungen für einen kostenlosen Zugang sind gültige Marken oder Geschmacksmuster innerhalb der EU.18 1. Markenrecht Die Marke ist wohl eines der auffälligsten Schutzrechte, da es am Produkt mit freiem Auge (oftmals durch ein bestimmtes Symbol) unmittelbar erkennbar ist.19 Sie dient zur Abgrenzung von Waren oder Dienstleistungen eines Herstellers zum Mitbewerb und weist einen unabhängigen Vermögenswert auf.20 Einschlägige Bedeutung kam der Marke im Zuge der Industrialisierung zu. Um die Unterscheidung des vielfachen Warenangebots und die Wiedererkennung für die Konsumenten zu erleichtern, war es erforderlich die Produkte entsprechend mittels Marke zu benennen. Die Hersteller profitierten hingegen von der Steigerung des Bekanntheitsgrades Ihrer Erzeugnisse und von der Abgrenzung zum Mitbewerb.21 In Österreich wurde am 07.12.1958 mit dem Kaiserlichen Patent das erste österreichische Markenschutzgesetz in Kraft gesetzt, welches bereits damals eine Legaldefinition zur Marke beinhaltete. Diese ist im Bestand heute nach wie vor im Wesentlichen aufrecht. Im Gegensatz zur heutigen Rechtslage war damals jedoch die Anmeldung einer Marke nur als Gewerbetreibender möglich und es fehlte der Marke der eigenständige Vermögenswert.22 Der Begriff der Marke ist in § 1 MSchG sowie auf europäischer Ebene in Art. 3 der RL (EU) 2015/2436 und international in Art. 15 TRIPS-Abkommen verankert. Welche Logos, Symbole und Namen in Österreich als Marke eingetragen werden können, definiert das Markenschutzgesetz in § 1 wie folgt: 17 https://euipo.europa.eu/ohimportal/de/web/observatory/news?p_p_id=csnews_WAR_csnewsportlet&p_p_lifecycle= 0&p_p_state=normal&p_p_mode=view&journalId=5181016&journalRelatedId=manual/ (19.07.2019). 18 https://euipo.europa.eu/tunnel-web/secure/webdav/guest/document_library/observatory/resources/ip-enforcement- portal/rights_holders_en.pdf, (19.07.2019). 19 Vgl. WIPO Intellectual Property Handbook, 2. Auflage, 2004, No. 489 ( E) verfügbar auf https://www.wipo.int/edocs/pubdocs/en/intproperty/489/wipo_pub_489.pdf, 79 (23.07.2019). 20 Vgl. EUIPO, Trademark Definition, https://euipo.europa.eu/ohimportal/de/trade-mark-definition, (22.07.2019). 21 Vgl. WIPO Intellectual Property Handbook, 2. Auflage, 2004, No. 489 (E) ,https://www.wipo.int/edocs/pubdocs/en/intproperty/489/wipo_pub_489.pdf, 67 ff (67) (23.07.2019). 22 Vgl. Engin-Deniz, MSchG 3(2017), 2. 02. Oktober 2019 10/36
„Marken können Zeichen aller Art sein, insbesondere Wörter, einschließlich Personennamen, oder Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Farben, die Form oder Verpackung der Ware oder Klänge, soweit solche Zeichen geeignet sind, 1) Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden und 2) im Markenregister in einer Weise dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des ihrem Inhaber gewährten Schutzes klar und eindeutig bestimmen können.“23 § 1 MSchG regelt daher die Markenfähigkeit und ist von der in § 4 MSchG angeführten Eintragungsfähigkeit der Marke zu unterscheiden.24 Der Marke werden mehrere Funktionen zugeteilt. Die Kennzeichnungsfunktion ermöglicht durch Kennzeichnung der Produkte eines Unternehmens, Waren oder Dienstleistungen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. Diese Grundfunktion ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG.25 Über die Kennzeichnungsfunktion hinaus, informiert die Marke auch über die Herkunft des Produktes und gibt Auskunft über den Bekanntheitsgrad. Die Herkunftsfunktion fungiert als Hauptfunktion der Marke und soll darüber Auskunft geben, woher das Produkt ursprünglich abstammt und die Zuordnung zu einem Unternehmen sicherstellen.26 Nicht erforderlich ist wie der EuGH bereits mehrfach in seiner Rechtsprechung festgestellt hat, unter anderem in der RS C-409/12 Backaldrin Österreich vs. Kornspitz Company GmbH, dass der Konsument den physischen Produzenten erkennen muss. Es ist ausreichend, wenn er lediglich den dahinter stehenden Markeninhaber identifiziert.27 Art. 3 der RL 2008/95 betrifft laut Rechtsprechung, RS C-371/02 Björnekulla Fruktindustrier AB vs. Procordia Food AB, Fälle, in denen die Marke die Herkunftsfunktion nicht entsprechend erfüllt, hingegen werden in Art. 12 Abs. 2 lit a jene Fälle behandelt, in denen die Marke diese Funktion gerade nicht mehr erfüllt.28 Die Charakterisierung der Herkunftsfunktion als Hauptfunktion der Marke wurde in der Vergangenheit bereits in zahlreichen Rechtsprechungen belegt, so etwa in der 23 § 1 MSchG. 24 Vgl. Kucsko, Markenschutz2 (2013), 1ff. 25 Vgl. Haybäck, Marken- und Immaterialgüterrecht 4 (2014), 11. 26 Vgl. Engin-Deniz, MSchG 3(2017), 23. 27 Vgl. Schlussanträge GA PEDRO CRUZ VILLALÓN vom 12.09.2013, RS C-409/12, Backaldrin Österreich The Kornspitz Company GmbH/Pfahnl Backmittel GmbH, ECLI:EU:C:2013:563, RZ 27. 28 Vgl. EuGH vom 29.04.2004, RS C-371/02, Björnekulla Fruktindustrier AB /Procordia Food AB ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2004:275, RN 22. 02. Oktober 2019 11/36
RS C-409/12 Backaldrin vs. Pfahnl Backmittel. Die Pfahnl Backmittel GmbH beantragte als Konkurrent den Verfall der Marke Kornspitz, mit der Begründung, dass mit der eingetragenen Marke nach Verständnis der Konsumenten im alltäglichen Sprachgebrauch lediglich verkehrsübliche Brotwaren in Verbindung gebracht werden. Dem EuGH wurden zur Klärung in dieser Sache folgende Vorlagefragen gestellt: 1. Ist eine Marke zur „gebräuchlichen Bezeichnung einer Ware oder Dienstleistung“ im Sinne von Art. 12 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2008/95 geworden, wenn a) zwar den Händlern bewusst, ist, dass es sich dabei um einen Herkunftshinweis handelt, sie das aber gegenüber den Endverbrauchern in der Regel nicht offen legen, und b) die Endverbraucher die Marke (auch) aus diesem Grund nicht mehr als Herkunftshinweis, sondern als gebräuchliche Bezeichnung von Waren oder Dienstleistungen verstehen, für die die Marke eingetragen ist? 29 2. Liegt eine „Untätigkeit“ im Sinn von Art. 12 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2008/95 schon dann vor, wenn der Markeninhaber untätig bleibt, obwohl die Händler Kunden nicht darauf hinweisen, dass es sich um eine eingetragene Marke handelt? 3. Ist eine Marke, die aufgrund des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers für Endverbraucher, nicht aber für den Handel zur gebräuchlichen Bezeichnung geworden ist, dann, aber auch nur dann, für verfallen zu erklären, wenn die Endverbraucher auf diese Bezeichnung angewiesen sind, weil es keine gleichwertigen Alternativen gibt? Der EuGH hat in seiner Vorlageentscheidung festgehalten, dass der Konsument nur das Produkt als solches als Gattungsbezeichnung wahrnimmt, aber nicht die Marke „Kornspitz“ und nahm hinsichtlich dieser Zielgruppe einen Verlust der Herkunftsfunktion an. Der allfällige Verlust der Hauptfunktion sei dann im Umkehrschluss geeignet den Verfall der Rechte des Markeninhabers zu bewirken, wenn dies auf ein Verhalten oder Untätigkeit des Markeninhabers zurückzuführen sei.30 Weitere mit der Herkunftsfunktion im Einklang stehende Funktionen sind die Qualitäts- und Garantiefunktion. Die Werbe- und Kommunikationsfunktion spiegelt hingegen den 29 Vgl. EuGH vom 06.03.2014, RS C‑409/12, Backaldrin Österreich The Kornspitz Company GmbH/Pfahnl Backmittel GmbH, ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2014:130, RN 16. 30 Vgl. EuGH vom 06.03.2014, C‑409/12, Backaldrin Österreich The Kornspitz Company GmbH/Pfahnl Backmittel, ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2014:130, RN 26. 02. Oktober 2019 12/36
Bekanntheitsgrad einer Marke wider, welcher in § 10 MSchG ausreichend Schutz erfährt.31 Markenformen: Überwiegend bestehen Marken aus Kennzeichen in Form von Wortmarken, Bildmarken, Wort-/Bildmarken, Farben oder Farbzusammenstellungen, Werbeslogans, 3D-Marken etc. Die Aufzählung in § 1 MSchG ist demnach nicht abschließend.32 Als Wortmarke ist jedes Wort eintragungsfähig, welches die abstrakte Eignung aufweist, um sich von anderen zu unterscheiden. Seit der letzten Markenrechtsreform 2019 ist es nun auch zulässig bei Wortmarken, Kleinbuchstaben und Sonderzeichen zu verwenden.33 Eingetragen werden können zudem auch Werbeslogans, kritisch wird es jedoch, wenn die Sätze derart verschachtelt sind, sodass keine Einheit der Marke mehr erkennbar ist und die Markenfähigkeit nicht mehr gegeben ist.34 Die Bildmarke gilt als älteste Markenform und wird gebildet aus Grafiken, Logos oder auch einfachen Bildern. Bei Kombination von Wort und Bild liegt eine Wort-/Bildmarke vor. Zur Abgrenzung wird auf das Überwiegen der einzelnen Elemente abgestellt. Demnach handelt es sich entweder um eine reine Wort- oder Bildmarke bzw. bei Kombination um eine Wort-/Bildmarke. Beide Elemente müssen jedoch das Erfordernis der Unterscheidungskraft erfüllen, um ausreichend Schutz zu erlangen, andernfalls ist lediglich eines der Elemente als schutzbedürftig anzusehen.35 So ist etwa Coca-Cola eine Wortmarke für den Soft-Drink und das bekannte Michelin- Männchen eine 3D-Marke für Autoreifen.36 Die Farbmarke wurde nach älterer österreichischer Rechtsprechung nicht als schutzfähig erachtet (NA 23.11.1983, ÖBL 1984, 66). Mittlerweile sind Farbmarken aber anerkannt, so ist etwa das Rot des Manz Verlages eine geschützte und weit verbreitete Marke für wissenschaftliche Bücher.37 31 Vgl. Engin-Deniz, MSchG 3 (2017), §1, 26. 32 Vgl. Kucsko, Markenschutz2 (2013), 5 ff. 33 Vgl. MSchG-Nov 2019 - Abschluss der österreichischen Umsetzung der Modernisierung des europäischen Markenrechts, ÖBl 2019/2, 4 ff, 6. 34 Vgl. Kucsko, Markenschutz2 (2013), 7. 35 Vgl. Engin-Deniz, MSchG 3 (2017),§1, 27 ff. 36 Vgl. ÖPA Markenformen, https://www.patentamt.at/de/quicklinks/wiki/markenformen/, (05.08.2019). 37 Vgl. ÖPA Markenformen, https://www.patentamt.at/alle-news/news-detail/artikel/marken-blog-farbmarken-ohne- spielr/ (05.08.2019), OGH vom 25.02.1997, 4Ob28/97i. 02. Oktober 2019 13/36
Seit der letzten Markenrechtsreform kann nun auch ein Klang, Geruch oder ein Geschmack Gegenstand einer Marke sein. Da das Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit gemäß § 1 MSchG entfallen ist, ist es für derart spezielle Marken ab sofort nun einfacher, Markenschutz zu erlangen. So wird es zukünftig nicht mehr abwegig sein (EuG 27.10.2005, T-305/04), dem Geruch einer frischen Erdbeere Markenstatus zu verleihen.38 Positiv wirkt sich die Novelle auch auf Klangmarken aus. In Österreich ist gemäß § 16 Abs. 2 MSchG die Klangmarke in Notenschrift darzustellen und eine Tonwiedergabe auf dem Datenträger der Anmeldung beizulegen.39 -REGISTRIERUNG einer ÖSTERREICHISCHEN Marke: In der Europäischen Union existieren zwei voneinander unabhängige Markenrechtssysteme, das nationale und das Unionsmarkensystem. Erwerb der Marke: Der Schutz der Marke entsteht durch Eintragung in das Markenregister. In Österreich kann entweder ein elektronischer oder schriftlicher Antrag beim ÖPA eingebracht werden. Im Antrag müssen die jeweiligen Waren oder Dienstleistungsklassen angeführt werden. Um eine verkürzte Verfahrensdauer zu erreichen, steht dem Anmelder zudem die Inanspruchnahme eines Fast-Track Verfahrens offen. Dieses ist jedoch mit Einschränkungen verbunden, so kann etwa nur eine Wortmarke, Wortbild-/ Bildmarke angemeldet werden und es sollte vorab eine Ähnlichkeitsrecherche durchgeführt werden, um die Gefahr eines späteren Verlustes soweit wie möglich auszuschließen. Aufgrund des Ausschließlichkeitsrechtes gemäß § 10 MSchG ist der Markeninhaber identer oder verwechslungsfähiger Marken berechtigt, einen Antrag auf Löschung dieser registrierten Marke zu begehren.40 Darüber hinaus können Marken auch unabhängig vom Eintragungsprinzip dann Markenschutz erlangen, wenn diese als Kennzeichen eines Unternehmens Verkehrsgeltung erlangt haben.41 Registrierungshindernisse gemäß § 4 MSchG: Dem Erwerb des Markenrechts können absolute oder relative Verweigerungsgründe entgegenstehen. Unter die relativen Eintragungshindernisse gemäß § 4 Abs 1 MSchG 38 Vgl. https://cms.law/de/AUT/Publication/Was-bringt-die-neue-EU-Markenrechtsreform, (07.08.2019). 39 Vgl. Engin-Deniz, MSchG 3 (2017),§1, 28. 40 Vgl. ÖPA, Marken, https://www.patentamt.at/fileadmin/root_oepa/Dateien/Marken/MA_Infoblaetter/MA_Informationsblatt_MA501_ROEM .pdf, (06.08.2019), 9ff, 10. 41 Vgl. Engin-Deniz, MSchG 3 (2017), 42. 02. Oktober 2019 14/36
sind etwa die fehlende Unterscheidungskraft (Z3), beschreibende Angaben (Z4) und Gattungsbezeichnungen (Z5) zu subsumieren. Wie die Bezeichnung bereits zu verraten mag, spricht der Gesetzgeber hier nicht von absoluten Schranken. So kann die Markenfähigkeit trotz Hindernisse gemäß § 4 Abs 1 Z3 - Z5 aufgrund Verkehrsgeltung erlangt werden, sofern sich die Verwendung der Marke bewährt hat und in der Öffentlichkeit ausreichend verbreitet ist.42 Bei Namenskollisionen pharmazeutischer Produkte kommt es bei Verdacht der Verwechslungsgefahr darauf an, welches Produkt auf dem Markt bereits einen höheren Bekanntheitsgrad erreicht hat, denn gemäß § 1 Abs 15 AMG dürfen Phantasienamen insbesondere dann verwendet werden, wenn diese mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verwechslung ausschließen.43 Das EUG44 stellt zur Überprüfung dieses Kriteriums sowohl auf das Verständnis der Endverbraucher als auch auf die Ansicht von Fachmedizinern ab. Weiters ist es notwendig, dass der Gegenstand bestimmbar ist. Auf das Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit kommt es seit der letzten Novelle nicht mehr an.45. Schutzdauer der Marke: Mit dem Tag der Eintragung in das Markenregister entsteht die Schutzdauer einer Marke gemäß § 15 MSchG. Sofern der Markenschutz nicht rechtzeitig verlängert wird, endet dieser 10 Jahre nach Ablauf desjenigen Monats, indem die Markenregistrierung anerkannt wurde. Im Gegensatz zur Unionsmarke verständigt das ÖPA den Markeninhaber rechtzeitig vor Ablauf zwecks Inanspruchnahme einer Verlängerung. -REGISTRIERUNG einer UNIONSMARKE: Neben dem nationalen Registrierungsverfahren können Marken aber auch auf europäischer Ebene und international registriert werden. Das Gemeinschaftsmarkenrecht ist am 15.03.1994 in Kraft getreten. Die Anmeldung einer Unionsmarke ermöglicht mit nur einer Anmeldung die Verwendung der Marke im gesamten EU-Raum.46 Dies ergibt sich aus der Bestimmung des Art. 6 CTM, die einer Marke nur im Falle einer Anmeldung einen gültigen Schutz verleiht. Einzubringen ist der Antrag auf Registrierung beim EUIPO. 42 Vgl. Engin-Deniz, MSchG 3 (2017), 161. 43 Vgl. Engin-Deniz, MSchG 3 (2017), § 4, 327. 44 Vgl. EuG 13.02.2007, T-256/04 – RESPICORT/RESPICUR, RZ 42-47. 45 Vgl. Engin-Deniz, MSchG3 (2017), 1407. 46 Vgl. Kuscko, Markenschutz2, (2013)2,, 6. 02. Oktober 2019 15/36
Auch die Anmeldung bei der EUIPO muss bestimmte Erfordernisse erfüllen, so gibt es auch auf EU-Ebene iSd Art 7 UM-VO absolute und relative Verweigerungsgründe für die Eintragung einer Marke. So kann eine Unionsmarke, die in einzelnen Ländern beschreibend ist, nur dann in jedem Mitgliedstaat eingetragen werden, wenn in jedem dieser Länder das Erfordernis der Verkehrsgeltung gegeben ist.47 2. Geschmacksmustergesetz Die ersten Ansätze sind auf den Ort Lyon in Frankreich zurückzuführen, dort wo man damals dem Import von teuren Stoffen entgegen wirken wollte und den heimischen Produzenten die erforderlichen Privilegien verliehen hat. Da die Lyoner misstrauisch waren, ob das Urheberrechtsgesetz von 1793 tatsächlich auch den Schutz von Mustern umfasse, wendete man sich mit dem Wunsch zur Schaffung eines eigenen Regelwerkes für Stoffmuster an Napoleon. Dieses Gesetz war vorerst jedoch nur territorial auf Lyon beschränkt und wurde in weiterer Folge dann auf Frankreich erweitert. 48 Das Geschmacksmusterrecht bietet daher Schutz für Designs und Modelle und betrifft die optische Wahrnehmbarkeit des äußeren Erscheinungsbildes eines Erzeugnisses. Das Gebrauchsmuster lässt sich zum Geschmacksmuster dadurch differenzieren, indem mit Ersterem ausschließlich technische Ziele verfolgt werden. 49 Die Schutzdauer des Musterrechtes beschränkt sich erstmalig auf 5 Jahre und kann nach Ablauf insgesamt 4-mal gegen eine Gebühr verlängert werden. 50 3. Patentrecht Erstmals erteilt wurde ein Patent 1416 für ein Wasserwerk einem Herren „ser Franciscus Petri, burgensis Rhodi“ für die Dauer von 50 Jahren.51 Verrechtlicht wurde das Patentgesetz am 07.01.1791, welches in dieser Form von vielen europäischen Ländern übernommen wurde. Das österreichische Patentgesetz trat am 11.01.1897 in Kraft und entstand aus dem Privilegienwesen heraus.52 47 Vgl. Engin-Deniz, MSchG 3 (2017),163. 48 Vgl. Troller, Immaterialgüterrecht, Band I 3, 31ff. 49 Vgl. Thiele in Thiele/Schneider, MuSchG und Muster-RL, 8ff. 50 Vgl. Thiele in Thiele/Schneider, MuSchG und Muster-RL, 168. 51 Vgl. Troller, Immaterialgüterrecht, Band I 3, 24ff. 52 Vgl. Troller, Immaterialgüterrecht, Band I 3, 30. 02. Oktober 2019 16/36
Patente schützen für eine Dauer von 20 Jahren die Erfindungen. Der Inhaber des Patents kann sich in dem jeweiligen Land vor der Herstellung, Verwendung und Verwertung durch Dritte schützen und erhöht durch den Patentschutz die Werthaltigkeit seines Produktes.53 Gemäß § 1 PatG werden Patente für technische Erfindungen in Österreich auf Antrag beim Patentamt vergeben. Die Erfindung muss neu sein, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sein.54 Über einen internationalen Vertrag (PCT) kann zentralisiert entweder direkt bei der WIPO oder über das nationale Patentamt ein Patent in bis zu 151 Ländern angemeldet werden. Die finale Vergabe des Patents erfolgt beim nationalen Patentamt des jeweiligen Landes.55 Das Europäische Patent hingegen kann in Form einer Sammelanmeldung in bis zu 42 EU-Ländern beantragt werden. Insbesondere ist aber zu berücksichtigen, dass es sich dabei nicht um ein EU-Patent handelt, dass automatisch in allen EU-Ländern Schutz gewährt.56 Die Umsetzung eines einheitlichen EU-Patents ist jedoch bereits in Vorbereitung, scheiterte bisher aber an der zwingenden Umsetzung der Ratifikation des EPGÜ durch Deutschland.57 Arzneimittelpatent: Auch Arzneimittelhersteller sind auf Schutz Ihrer Erzeugnisse vor Nachahmung angewiesen. Bis Ende der 60er Jahre waren Arzneimittelpatente ausschließlich auf Verfahrenspatente beschränkt. Erst mit Ende 1968 wurde der Schutz auch auf Sachpatente erweitert.58 Das Sachpatent schützt das Erzeugnis als solches, dazu zählen im Pharmabereich chemische Stoffe oder Zusammensetzungen mehrerer Stoffe als Arzneimittelgemisch. Verfahrenspatente hingegen schützen den Herstellungsvorgang der Medikamente. Daneben können auch noch diverse Anwendungsgebiete für bestimmte Krankheiten schutzbedürftig sein. Bei Arzneimitteln ist es üblich, Patente gleich in all jenen Ländern anzumelden, in welchen die Verbreitung des Medikamentes vorgesehen ist. Zumeist beginnt man mit der 53 Vgl. WIPO Broschüre Weltorganisation für geistiges Eigentum, Ein Leitfaden für dich wichtigsten WIPO-Dienste, 3 https://www.wipo.int/edocs/pubdocs/de/wipo_pub_1020_2017.pdf (12.08.2019). 54 § 1 PatG, https://www.patentamt.at/fileadmin/root_oepa/Dateien/Patente/PA_Infoblaetter/PA_infoblatt_patent_gebrauchsmuste r.pdf (12.08.2019). 55 Vgl. WIPO Broschüre Weltorganisation für geistiges Eigentum, Ein Leitfaden für dich wichtigsten WIPO-Dienste, 3. https://www.wipo.int/edocs/pubdocs/de/wipo_pub_1020_2017.pdf (12.08.2019). 56 https://www.patentamt.at/patente/patente-service/patente-international/europaeisches-patent/, (12.08.2019). 57 Vgl. Thiele in Staudegger/Thiele, Geistiges Eigentum, Jahrbuch 2018, 53. 58 Vgl. Aigner/Füszl in Aigner/Kletecka/Kletecka-Pulker/Memmer, Handbuch Arzneimittelrecht, 01.01.2018, 1127. 02. Oktober 2019 17/36
Anmeldung im jeweiligen Heimatland, indem man sich gleich den Rang wahrt. Man hat sodann innerhalb eines Jahres die Möglichkeit in anderen Ländern nachträglich noch den Schutz unter Ausnützung des bestehenden Ranges zu beantragen.59 Da zwischen Anmeldung und Zulassung oft große Zeitspannen liegen und die Restlaufzeit des Patents dadurch erheblich verringert wird, haben die Hersteller in der EU die Möglichkeit, die Laufzeit Ihres Patents zu verlängern. Durch die EU-Verordnung 1768/92 wurde ein ergänzendes Schutzzertifikat geschaffen, welches den Schutz eines Arzneimittels bei rechtzeitiger Beantragung vor Ablauf des Grundpatents für weitere 5 Jahre gewährleistet. 60 So hat der EuGH zuletzt in der RS Merck Sharp & Dohme vs. UK Comptroller General festgestellt, dass die nach Art. 3 lit b SPC-VO erforderliche Genehmigung als wesentliche Bedingung zur Erteilung eines Schutzzertifikates zum Zeitpunkt der Beantragung vorzuliegen hat. Eine bloße Mitteilung über das Vorliegen der Zulassungsgenehmigung ist nicht ausreichend und heilt auch die spätere Genehmigung den Mangel im Erteilungsverfahren nicht.61 4. Gebrauchsmusterrecht Das Gebrauchsmuster ist eine Sonderform des Patentwesens und wird auch kleines Patent genannt. Mit dem Gebrauchsmuster können Erzeugnisse als technische Erfindungen für eine Dauer von 10 Jahren geschützt werden, davon ausgenommen sind die entsprechenden Verfahren. Im Gegensatz zum Patent ist die Anmeldung eines Gebrauchsmusters vereinfacht und schneller möglich, da es dafür nur den formalen Erfordernissen entsprechen muss. Eine inhaltliche Prüfung nimmt das Patentamt nicht vor. Der Vorteil der rascheren Registrierung bringt allerdings mangels inhaltlicher Prüfung auch einen Nachteil mit sich. Im Falle eines Prozesses wird die ordnungsgemäße Registrierung nicht unwiderleglich vermutet, sondern bedarf einer gesonderten Überprüfung. 62 59 Vgl. Riedl in Breitenbach/Fischer, Die Pharmaindustrie4 (2013), 232ff. 60 Vgl. Aigner/Füszl in Aigner/Kletecka/Kletecka-Pulker/Memmer, Handbuch Arzneimittelrecht, 01.01.2018, Arzneimittelrecht3 (2014), 1127. 61 Vgl. Thiele in Staudegger/Thiele, Geistiges Eigentum, Jahrbuch 2018, 88ff. 62 Vgl. Ahrens, Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht 2, (2016), 60. 02. Oktober 2019 18/36
D. Sonstige Rechte 1. Wettbewerbsrecht Das Wettbewerbsrecht (UWG) schützt vor Nachahmen und Kopieren von Leistungen, wenn weder ein eingetragenes Design noch ein patenrechtlicher Schutz gegeben ist. Das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb regelt daher den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz.63 Damit ein nachgeahmtes Produkt als unlauter im Sinne des UWG qualifiziert wird, muss es eine wettbewerbsrechtliche Eigenart aufweisen. Entscheidend ist, ob beim Verbraucher aufgrund der besonderen Eigenschaften eines Erzeugnisses, der Eindruck entsteht, dass dieses von einem bestimmten Hersteller stammt. Bei nachfolgenden Umständen außerhalb der sonstigen Schutzrechte greift der wettbewerbsrechtliche Schutz nach österreichischer Rechtsprechung des OGH64 - vergleichbar mit der deutschen Rechtslage:65 • Unlautere glatte Übernahme gemäß § 1 UWG • Vermeidbare Herkunftstäuschung der Verbraucher (§ 2 Abs 3 Z 1 UWG) • Unlautere Rufausbeutung • Unredliche Erlangung von Unterlagen oder Kenntnissen. 2. Urheberrecht Das Urheberrecht wird nicht direkt den gewerblichen Schutzrechten untergeordnet, da es bereits mit der geistigen Schöpfung entsteht und nicht erst mit der gewerblichen Leistung bzw. dessen Anwendbarkeit. Der Schutz entsteht kraft Gesetzes und erlischt spätestens 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. 66 Das Urheberrecht gilt für literarische und künstlerische Werke wie Romane, Gedichte und Theaterstücke, Filme, musikalische Werke, Zeichnungen, Gemälde, Skulpturen, Fotografien, Skulpturen und architektonische Entwürfe sowie Computerprogramme.67 63 Vgl. Ahrens, Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht 2, (2016), 166. 64 Vgl. Rauch, Leistungsschutz im Lauterkeitsrecht, (2019), 70. 65 Vgl. Ahrens, Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht 2, (2016), 168. 66 Vgl. Ahrens, Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht2, (2016), 41ff. 67 Vgl. WIPO Intellectual Property Handbook (2. Auflage, 2004), No. 489 E, 42ff, 20.07.2019. 02. Oktober 2019 19/36
IV. Gesetzliche Grundlagen in der EU/Österreich A. Aktuelle Rechtslage/Entwicklung Markenrechtsreform: Die große Markenrechtsreform wurde in 2 Teilen vollzogen. Der erste Teil folgte mit der Markenschutzgesetznovelle 2017 in Österreich bereits Ende 2017. Mit Inkrafttreten zum 14.01.2019 (BGBl. I Nr. 91/2018) folgte dann der abschließende 2. Teil der Harmonisierung. Im ersten Teil wurden folgende Änderungen umgesetzt.68 Novelliert wurde u.a Art. 84 Abs 1 Marken-RL, nach dieser Änderungsbestimmung beläuft sich die Schutzdauer einer Marke nun auf 10 Jahre ab dem Anmeldetag. Die Anpassung an den internationalen Standard erforderte eine Änderung von § 19 MSchG (aF), da gemäß dieser Bestimmung der Schutz 10 Jahre nach dem Ende des Monats der Registrierung endete. In diesem Zusammenhang wurde auch § 23 Abs 2 MSchG gestrichen, da eine nachträgliche Erweiterung des Waren- oder Dienstleistungsverzeichnisses im Hinblick auf die neue Regelung der Schutzdauer nicht mehr sinnvoll erscheint. Bisher war eine Erweiterung nachträglich mit Wirkung des Antragstags möglich. Neu eingeführt wurde zudem die Möglichkeit der Teilung einer Markenanmeldung oder einer bereits registrierten Marke durch den Inhaber der Marke. Der Vorgang der Teilung ist allerdings endgültig und kann nicht widerrufen werden. In Art. 28 Abs 1 Marken-RL wurde eine neue Markenform „Gewährleistungsmarke“ mit Option zur Aufnahme in das nationale Recht vorgesehen. Die österreichische Gesetzgebung nahm die Option wahr und bezeichnet nun in § 63 a Abs 1 MSchG diejenigen Waren oder Dienstleistungen als Gewährleistungsmarken, für welche der Hersteller die detaillierten Rohstoffe angibt und für den Herstellungsprozess sowie die Qualität Gewähr leistet. Beschränkt ist die Anmeldung auf jene Hersteller, die keine gewerbliche Tätigkeit ausüben und an den Produkten kein wirtschaftliches Interesse haben.69 Einen positiven Effekt zeigt die Reform durch den Entfall der verpflichtenden Ähnlichkeitsrecherche auf die Verfahrensdauer der Anmeldung einer Marke, da es mittlerweile zahlreiche frei zugängliche Portale für die Markenrecherche gibt. Auf Wunsch 68 Vgl. Haybäck in Staudegger/Thiele, Geistiges Eigentum, Jahrbuch 2018, 170 ff. 69 Vgl. Haybäck in Staudegger/Thiele, Geistiges Eigentum, Jahrbuch 2018, 172. 02. Oktober 2019 20/36
wird aber weiterhin ein amtliches Ähnlichkeitsprotokoll gegen eine Gebühr von € 40,00 ausgestellt. Der verfahrensrechtliche Teil wurde aufgelockert, sodass es zu Kosteneinsparungen für den Anmelder kommt. Gemäß § 28 Abs 2 MSchG sind nunmehr Kopien als Antragsbeilage ausreichend und auch die Erneuerungsgebühren einer Marke wurden angepasst und sind nun unabhängig von der Anzahl der Erneuerungen. Der zweite Teil der Reform folgte mit 14.01.2019 und brachte umfangreiche Neuerungen mit sich. Eine wesentliche Änderung für die Markendefinition war der Wegfall des Erfordernisses der grafischen Darstellbarkeit.70 Weiters wurden die Eintragungshindernisse erweitert. So bezieht § 4 Abs 1 Z 6 MSchG im Hinblick auf die technischen Wirkung einer Marke nun neben der Form auch „andere charakteristische Merkmale“ mit ein. Zudem wurde auch der Umfang der absoluten Registrierungshindernisse um traditionelle Weinbezeichnungen und Spezialitäten sowie Sortenschutzrechte (§ 4 Abs 1 Z 10 – Z 12 MSchG) erweitert. Auch die rechtlichen Möglichkeiten der Markeninhaber gegen Piraten vorzugehen, wurden gestärkt, indem nun auch der Transithandel mit gefälschten Waren untersagt werden kann. Im Löschungsverfahren gemäß § 30 ff MSchG wurden als Einreden die geschützte Ursprungsbezeichnung, geografische Angaben, ältere Urheberrechte sowie Musterrechte als neue Nichtigkeitsgründe eingeführt.71 Mit der letzten Markenrechtsnovelle (VO Nr. 2015/2424 und RL 2015/2436) konnten somit einige Verbesserungen erzielt werden. Die EU-Markenrechtsreform war insbesondere gezeichnet durch die Erweiterung der Markendefinition, der Abänderung der Terminologie der Gemeinschaftsmarke zur Unionsmarke, sowie des Wegfalls des Erfordernisses der grafischen Darstellbarkeit einer Marke zur Eintragung. B. EU-Rechtsquellen 1. EG-Verordnungen a) EU-Produktpiraterieverordnung 2014 (PPV 2014) Ziel der PPV 2014 ist das Einschleusen von gefälschten Produkten im Binnenmarkt durch die Grenzbeschlagnahme zu verhindern. 70 Vgl. Kucsko, Markenrechtsreform 2019, Ecolex 2019/02, 109 ff. 71 Vgl. Kucsko, Markenrechtsreform 2019, Ecolex 2019/02, 109 ff (110). 02. Oktober 2019 21/36
Die PPV wurde mit 01.01.2014 novelliert und ersetzte die bis dahin geltende VO (EG) 1383/2003. Die PPV legt Voraussetzungen für das Einschreiten der Zollbehörden fest und die dafür erforderlichen Verfahrensvorschriften. Die Verletzung des jeweiligen Schutzrechtes wird hingegen bereits auf nationaler Ebene festgestellt.72 b) Unionsmarkenverordnung Auf europäischer Ebene wurde im Jahre 1994 mit der VO (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 22.12.1993 über die Gemeinschaftsmarke eine rechtliche Möglichkeit geschaffen um die Marke im gesamten EU-Raum schützen zu lassen.73 Die neue UMVO (EU) 2015/2424 trat am 23.03.2016 in Kraft und ersetzte die langjährige Gemeinschaftsmarkenverordnung. Sie war ein Teil der großen europäischen Markenrechtsreform und dient vor allem zur Bekämpfung der Produktpiraterie.74 Ein wesentlicher Punkt war unter anderem die Namensänderung der vom Amt zu vergebenden Marke von Gemeinschaftsmarke auf Unionsmarke. Unionsmarken können Zeichen aller Art sein; soweit sie ausreichend bestimmt sind um sich von anderen Marken zu unterscheiden und im Register so abgebildet werden können, dass sie eine klare Zuteilung zu einem bestimmten Hersteller ermöglichen. Die Anforderungen an die Abbildung der Marke wird nach den Sieckmann-Kriterien bestimmt: eindeutig, präzise, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich dauerhaft und objektiv.75 2. EG-Richtlinien a) Marken-RL 2015/2436 Die überarbeite Marken-RL (EU) 2015/2436 ist Anfang 2016 in Kraft getreten und war gemeinsam mit der UM-VO (EU) 2015/2424 wesentlich für die Harmonisierung des nationalen Markenrechts. Sie brachte dem Rechteinhaber aufgrund der verbesserten Behauptungs- und Beweislast grundlegende Vorteile im Bereich der Transitfälschungen.76 Ein weiteres Ziel der Reform war es mitunter auch, einzelne Regelungen der RL vermehrt an die Bestimmungen der UM-VO anzupassen, zum Teil wurden auch gänzliche Textierungen übernommen.77 72 Vgl. Donath, Die neue Produktpiraterie-Verordnung, ÖBL 2014/15, 55. 73 Vgl. Ahrens, Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht2, (2016), 66. 74 Vgl. Schramek in Staudegger/Thiele, Geistiges Eigentum, Jahrbuch 2018, 140ff. 75 Vgl. Schramek in Staudegger/Thiele, Geistiges Eigentum, Jahrbuch 2018, 140ff (141). 76 Vgl. Engin-Deniz, MSchG 3 (2017),V. 77 Vgl. Haybäck in Staudegger/Thiele, Geistiges Eigentum, Jahrbuch 2018, 170. 02. Oktober 2019 22/36
b) Umsetzung EU-Fälschungsrichtlinie Die neue EU-Fälschungsrichtlinie 2011/62/EU78 richtet sich gegen die illegale Verbreitung von gefälschten Arzneimitteln auf dem legalen Vertriebsweg in der EU und in Drittstaaten. Sie soll insbesondere die zunehmende Produktpiraterie in dieser Branche bekämpfen und die EU-Bürger vor den gesundheitlichen Gefahren schützen. Die Richtlinie 2011/62/EU in Verbindung mit der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 der Europäischen Kommission (DelVO), deren maßgebliche Rechtsgrundlage die Richtlinie bildet, war von den Mitgliedstaaten bis 09.02.2019 in das nationale Recht umzusetzen.79 Die Fälschung von Medikamenten ist die gefährlichste Piraterieform. Dies zeigte auch der Fall aus 2014, wo eine Reihe von gefälschten Medikamenten im Umlauf waren. So hegte damals ein Krebspatient Verdacht betreffend den Wirkstoffen seines Präparates und zeigte das Medikament Sutent in der Apotheke als Fälschung an. In Absprache zwischen der Behörde und dem Importeur wurde eine Rückrufaktion hinsichtlich der betroffenen Charge gestartet. Die deutsche Apotheke bezog das Medikament von einem Parallelimporteur, der seine Importe aufgrund des niedrigen Kostenniveaus, in diesem konkreten Fall aus Rumänien, bezog. Die Bevölkerung und die Apotheken wurden anschließend unter Hinweis auf die Fälschung vom BfArM aufgefordert, die ihnen ausgehändigten Pharmaka auf die leicht erkennbaren Fälschungsmerkmale zu überprüfen (falsche Farbe und Größe, fehlende Dosisangabe, falsche Verpackung).80 Betroffen von der aktuellen Richtlinie der EU sind öffentliche Apotheken, ärztliche Hausapotheken, Krankenhäuser und große Pharmahändler. Um dieser neuen EU- Richtlinie gerecht zu werden, ist es für abgebende Stellen in Österreich erforderlich dem nationalen Datenspeicher AMV-System beizutreten. Die Mitgliedschaft beinhaltet eine einmalige Beitrittsgebühr sowie eine jährliche Nutzungsgebühr. Den Hersteller trifft hingegen die Pflicht, verschreibungspflichtige Medikamente, ausgenommen solchen die auf der White List (Anhang 1 zur Delegierten Verordnung) angeführt sind, mit Sicherheitsmerkmalen, die mittels eines verschlüsselten 2D Datamatrix Code dargestellt werden, beispielsweise einer Seriennummer sowie einem Chargen- und Ablaufdatum, auszustatten.81 78 https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/files/eudralex/vol-1/dir_2011_62/dir_2011_62_de.pdf, (24.07.2019). 79 Vgl. Dungl/Achrainer, Serialisierung von Arzneispezialitäten - Praxisfragen und Umsetzung in Österreich, JMG, 2019/1, 7ff (8). 80 Vgl. EUIPO, Die wirtschaftlichen Kosten der Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums in der Arzneimittelindustrie, 2016, 12. https://euipo.europa.eu/ohimportal/de/web/observatory/ipr-infringement- pharmaceutical-sector (18.08.2019). 81 https://www.amvs-medicines.at/schutz-vor-gefaelschten-arzneimitteln/teilnahme-am-oesterreichischen-system/ (24.07.2019). 02. Oktober 2019 23/36
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