R E PORT Stiftung zsge präsentiert sich in neuem Kleid - November 2021
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INTERVIEW «Die Stiftung zsge verkörpert das Leben in all seinen Facetten» Die Stiftung zsge hat sich einen neuen Namen und einen neuen grafischen Auftritt gegeben. Dabei liess sie sich unter anderem von Nicole Wenger-Schubiger beraten, die sich seit über 20 Jahren mit dem Thema Markenführung beschäftigt. Dem zsge-Report erklärt sie, warum auch für gemeinnützige Stiftungen und Non-Profit-Unternehmen (NPO) Markenführung ein wichtiges Thema ist. Nicole Wenger, ist die zsge denn über- Stellen oder Wohnungen wegen dem Ab- Sie alle unter dem Namen zsge zusam- haupt eine Marke? sender mit dem Zusatz «Gefangenen- und menzufassen schafft man nicht, ohne die Ja, das ist sie. Eine Marke ist ja viel mehr Entlassenenfürsorge» vermindert wurden. oben erwähnten Herausforderungen, wie als nur ein Logo, ein Produkt oder eine unscharfe Positionierung, fehlende Iden- Dienstleistung. Vielmehr ist eine Mar- Das Thema ist aber kein Neues… tifikation, Stigmatisierung etc., in Kauf zu ke all das, was bei Dritten, also KlientIn- Die Diskussion wurde stiftungsintern ef- nehmen. So hat man sich entschieden, für nen, ArbeitspartnerInnen, Mitarbeiten- fektiv schon lange geführt. Aber eine Stif- jedes Angebot eigene «Produktmarken» den, Spendenden etc. in den Köpfen ist. tung ist eine auf lange Frist ausgerich- zu schaffen, die aber visuell einen starken Alle Assoziationen, Gefühle, Meinungen tete Einrichtung und ein Stiftungszweck Bezug zueinander herstellen. Analog zu etc. gehören dazu. Diese gilt es im Rah- nahezu unumstösslich. Es mussten also einer Familie, in welcher z.B. die Töchter men der Markenführung zu gestalten und Wege gesucht werden, die einerseits alle der Mutter ähneln und im Rahmen ihrer zu lenken. Anspruchsgruppen abholt und anderer- Erziehung Grundwerte, Verhaltenswei- Nicole Wenger-Schubiger hat die Stiftung zsge bei der Entwicklung des neuen seits klar kommuniziert, was und wer die sen und Philosophien übernommen ha- Markenauftritts kompetent beraten und begleitet. Was für eine Marke ist die zsge? Stiftung bzw. wer die Betriebe und deren ben, verfolgt die zsge neu eine Familien- Ich hatte die Gelegenheit, während die- Stärken sind. Gleichzeitig musste die Stif- markenstrategie. Die einzelnen Marken Wie kam es zu dieser Wahl? und willkommene Atmosphäre und neh- sem Projekt mit vielen ArbeitspartnerIn- tung in ihrer Form bestehen bleiben und der Stiftung zsge treten zwar eigenstän- Die Stiftung zsge ist sehr modern und of- men jeden Menschen, so wie er ist. Das nen zu sprechen, die der zsge allesamt ihrem ursprünglichen Zweck weiterhin dig auf, haben aber dennoch einen star- fen, was in der ursprünglichen Gestaltung hat mich beeindruckt. Dieser respektvol- ein sehr gutes Zeugnis aussprachen. Je- gerecht werden. ken Bezug zur «Muttermarke» zsge. Jede nicht gezeigt wurde. Sie blieb visuell in le Umgang und doch auch die klaren Wor- doch habe ich auch bemerkt, dass das Bild Tochter kann aber ihre Stärken klar zei- einer strengen, nüchternen Welt gefangen, te, wenn man nicht einig ist... Das hilft der Stiftung zsge mit ihren Betrieben nicht Wie ging man dabei vor? gen und ihre Zielgruppen direkt und klar die eher mit dem Straf- und Massnahmen- den KlientInnen in ihrem Weg zurück in ganz scharf ist und teilweise zu Unklar- Der wichtigste Punkt in diesem Projekt ansprechen. vollzug assoziiert wird. Die Stiftung zsge die Gesellschaft und in ihr Leben. Im Ge- heiten führt. war sicher das «ins Boot holen» aller Be- ist aber anders! Sie verkörpert das Leben spräch mit einer Arbeitspartnerin hörte teiligten. So durfte ich mit mehreren Ar- Wie unterscheidet sich ein solches mit all seinen Facetten und die KlientIn- ich folgendes: «Die zsge ist pragmatisch, Wie muss man das verstehen? beitspartnerInnen Gespräche führen, im Positionierungsprojekt einer NPO von nen mit ihren Lebensentwürfen, die alles aber nicht gleichgültig, sie kümmert sich Das Angebot der zsge mit seinen Arbeits- Arbeitsbetrieb die Beschäftigten besu- einem Projekt mit einer privatwirt- andere als schwarz-weiss sind, sondern mit grossem Einsatz um ihre Leute. Wenn und Wohnbetrieben, der Bussenanlauf- chen und Workshops mit den Mitarbei- schaftlichen Unternehmung? bunt und in allen möglichen Schraffierun- ich bei jemandem merke, der braucht stelle, recyclingArt und Lerski ist divers tenden durchführen. Selbstverständlich Vom Prozess her besteht kaum ein Unter- gen daherkommen! Der Waffenplatz45 ist jetzt wirklich Leute, die für ihn gerade- und für einen Besucher, der die Stiftung war ich auch im engen Austausch mit schied. Allerdings sind die Rahmenbedin- beispielsweise ein Ort, wo man sich wohl- stehen, der braucht Leute, die sich wirk- nicht kennt, anfänglich schwierig zu fas- Vertretern des Stiftungsrats. Daneben ist gungen bei den Akteuren unterschiedlich. fühlen darf, wo man Geborgenheit erfährt, lich engagieren und nicht einfach gleich sen. Zudem ist es für die Mitarbeitenden auch immer der Blick von aussen wich- Zum Beispiel ist die Klientin zwar jene, zur Ruhe kommen und erst mal durchat- sagen, das geht so nicht, du bist draussen, der verschiedenen Arbeitspartner in der tig. Wie positioniert und unterscheidet die beispielsweise den Waffenplatz45 men kann. Der Name, also der Schriftzug, dann ist es die zsge.» kurzen Zeit, die ihnen für die Bearbeitung sich das Angebot von anderen Angebo- von ihrem Betreuer vorgeschlagen erhält. widerspiegelt übrigens lediglich wie der der Klientendossiers zur Verfügung steht, ten, wie nehmen Spendende die zsge Den Entscheid für oder gegen den Waf- Wohnbetrieb intern und bei den Arbeits- Zur Person: Dr. oec. HSG Nicole nicht immer einfach zu eruieren, ob die wahr? Welchen Zweck und Nutzen erfüll- fenplatz45 trifft sie aber selbst, obwohl partnerInnen bereits wahrgenommen Wenger-Schubiger ist seit über 10 zsge für einen Klienten die richtige Lö- ten die Stiftung und ihre Betriebe für alle sie nicht jene ist, die die Dienstleistung wurde. Die Hausnummer bzw. die Kreis- Jahren selbständig mit ihrer Firma sung ist oder nicht. Und schliesslich war Stakeholder? bezahlt. Es ist also von den Abläufen her nummer bei beiden Betrieben schafft zu- Idun GmbH in Themen rund um der Stiftungsname für Personen, die die etwas komplexer und es sind viel mehr dem Eigenständigkeit und verortet diese Markenführung, Strategie, Marke- Stiftung nicht kennen, irreführend. Das Was war die Quintessenz? Variablen und Einflussgrössen im Spiel als in der Stadt Zürich. ting und Kommunikation tätig. Da- zog sich durch bis zu den Mitarbeitenden Wie bereits erwähnt, gibt es nicht ein Bild in einem Projekt mit einem Unternehmen bei hat sie schon einige NPO unter- und den KlientInnen, die sich mit dem Na- zur Stiftung. Das rührt davon, dass unter der Privatwirtschaft. Was hat Ihnen an diesem Projekt vor stützt, wie bspw. die Winterhilfe, men ebenfalls nicht identifizieren konn- anderem die unterschiedlichen Angebo- allem gefallen? ROKJ, swisstransplant etc. Zudem ten. Es zeigte sich auch, dass die Klient- te und die verschiedenen Zielgruppen mit Es fällt auf, dass die Marken sehr far- Da muss ich keine Sekunde überlegen, sitzt sie im Verwaltungsrat der SBS Innen teilweise stigmatisiert wurden ihren Bedürfnissen für jede Betriebsein- big daherkommen und sich stark von es sind die Mitarbeitenden! Sie versprü- – Schweizerische Bibliothek für Blin- und ihre Chancen bei Bewerbungen für heit der Stiftung sehr unterschiedlich sind. anderen Institutionen differenzieren. hen positive Energie, bieten eine warme de, Seh- und Lesebehinderte. 2 3
INTERVIEW BEITRAG «Tradition und Erneuerung «Nicht der Wind, sondern das Segel miteinander verbunden» bestimmt die Richtung» Gestartet wurde das Projekt unter dem Arbeitstitel «Rebranding» Es gab wieder mal was zu feiern bei uns in der Stiftung zsge. ursprünglich mit der überschaubaren Zielsetzung, nur den Namen zu ändern. Doch es wurde Nein, es war kein Jubiläum, sondern der Aufbruch der Stiftung und schliesslich mehr daraus. Peter Aisslinger, langjähriger Präsident der Stiftung zsge erläutert, ihrer Betriebe zu neuen Ufern. Und dies erst noch mit neuen Segeln warum es dazu kam und was den Ausschlag dazu gab, der Stiftung zsge einen gänzlich neuen in Form eigenständiger farbiger Logos. Markenauftritt zu ermöglichen. Peter Aisslinger, die zsge hat diesen Entlassenenfürsorge tätig. Auch haben einzuholen. Später arbeitete dann aber Sommer ein Rebranding vorgenom- wir zweitens festgestellt, dass es für unse- auch eine externe Fachfrau in der Person men, einen neuen grafischen Auf- re KlientInnen teilweise stigmatisierend von Nicole Wenger-Schubiger mit. Zudem tritt geschaffen. Was sind die Grün- ist, wenn sie die sie betreuende Institu- haben wir Gespräche mit externen Part- de dafür? tion mit vollem Namen auf einem For- nern geführt, um zu erfahren, wie diese Die zsge ist inzwischen 46 Jahre alt und es mular angeben müssen. Und drittens ist uns wahrnehmen, wo sie unsere Stärken, hat sich gezeigt, dass wir nach so langer es so, dass wir mit einem prägnanten Na- wo unsere Schwächen sehen. Ich mei- Zeit unseren Auftritt wieder einmal mo- men gegen aussen wie gegen innen eine ne, dieser Aufwand hat sich gelohnt, ich dernisieren sollten. Dies auch vor dem klarere Identität schaffen können. Ich bin mit dem Resultat auf jeden Fall sehr Hintergrund, dass sich unser Angebot in bin aber überzeugt, dass wir mit der Lö- zufrieden. den letzten Jahren verändert hat und der sung, einen nicht gänzlich neuen Namen lange Name unserer Stiftung nicht mehr zu kreieren, sondern das bisherige Kürzel Was auffällt, ist dass jeder Teilbetrieb sehr zeitgemäss ist. Auch gab es immer zum Stiftungsnamen zu machen, auch der «Stiftung zsge» nun einen eige- wieder Verwechslungen mit der ZSG, also unserer langen Geschichte die Referenz nen Auftritt hat, ein eigenes Logo. der Zürichsee Schifffahrtsgesellschaft erweisen. Wir haben so Tradition und Er- Was sind die Überlegungen dahinter? (schmunzelt). neuerung miteinander verbunden. Das ist in der Tat neu, bislang stand vor allem die Stiftung als Ganzes im Vorder- Sie haben es erwähnt: Seit dem 1. Juli Wie lange hat der ganze Prozess grund. Es hat sich aber gezeigt, dass für heisst die Stiftung nicht mehr «Zür- gedauert? die verschiedenen Angebote je ein eige- cher Stiftung für Gefangenen- und Wir wollten die Fragen rund um unse- nes Profil, eine eigene Aussendarstellung Entlassenenfürsorge» sondern nur ren Namen und unseren Auftritt wirk- sehr sinnvoll ist. Das macht sie gegenüber noch kurz «Stiftung zsge». Weshalb? lich vertieft klären. So hat der Prozess den Arbeitspartnern klarer erkennbar. Die Es sind drei Gründe: Erstens sind wir nach rund zweieinhalb Jahre gedauert. Wir ha- «Stiftung zsge» bildet über diesen Ange- der Zusammenlegung unserer Wohnange- ben dabei anfänglich stiftungsintern mit boten dann ein Dach, gewissermassen bote Waffenplatz und Neugut nicht mehr Workshops gearbeitet, um die Meinungen eine Holding. Aber natürlich sind die ver- in der eigentlichen Gefangenen- und und Erfahrungen unserer Mitarbeitenden schiedenen Betriebe immer noch als Teil eines grösseren Ganzen erkennbar. hatte ergeben, dass nicht immer klar er- «Werkraum4» und «Bussenanlaufstelle» sichtlich war, für was wir eigentlich ste- in Form eigenständiger Markenauftritte Gehen mit dem Rebranding auch Än- hen. Eine gewisse Unsicherheit zeigte sich neu zu richten. Seit Juli 2021 fahren wir derungen im Angebot einher? insbesondere in der Zusammenarbeit mit auf neuem Kurs. Das Erreichen dieser be- Das ist bis dato noch nicht der Fall. Der sozialen Diensten. Diese wurde vielfach deutenden Wendemarke in der Geschich- Neuauftritt ist primär ein Nachvollzug durch unseren eher schwerfälligen und te der Stiftung zsge nahmen wir zum An- dessen, was es in den letzten Jahren al- inhaltlich überholten Name «Zürcher Stif- lass, gebührend zu feiern. Zusammen mit les an Änderungen gegeben hat. So konn- tung für Gefangenen- und Entlassenen- den Mitarbeitenden und den Stiftungsrä- ten wir jetzt auch unsere 2018 erworbe- fürsorge» ausgelöst, der zu Missverständ- tInnen feierten wir diesen Fixpunkt mit ne Marke Lerski auf sinnvolle Weise in den Kleine Feier zum Abschluss: Stiftungs- nissen führte. So kam der Stiftungsrat zum einem gemütlichen Abend-Happening Gesamtauftritt integrieren. ratspräsident Peter Aisslinger schaut auf Schluss, unseren Auftritt grundsätzlich zu am Ufer des Zürichsees und dankten ih- zweieinhalb Jahre Projektarbeit zurück. überdenken, ein Strategie- und Marken- nen allen herzlich für ihr Engagement und Und wie sind die Reaktionen auf den konzept zu erarbeiten und umzusetzen. ihren Support. neuen Auftritt? Nach all den Jahren stetiger Fahrt war es Da und dort war etwas Überraschung an der Zeit, die Segel der Stiftung zsge Nach längerer Anlaufzeit und viel Herzblut über die Änderungen spürbar, aber gross- und ihrer Bertriebe neu zu richten; sprich haben wir es geschafft, die Segel des Mut- mehrheitlich waren und sind die Reaktio- uns klarer auf dem Markt zu positionieren. terschiffs «Stiftung zsge» und ihrer eigen- Edgar Rutishauser nen sehr positiv. Eine Umfrage bei unseren Arbeitspartnern ständigen Begleitboote «Waffenplatz45», Geschäftsführer Stiftung zsge 4 5
INTERVIEW «Zwei gut verwurzelte Bäume, die ein gemeinsames Netzwerk bilden» Seit Anfang Juni 2021 steht das Wohnangebot Waffenplatz45 der Stiftung zsge unter einer Kommen wir zum Waffenplatz45. Sie neuen Leitung. Es ist zum erstenmal in der Geschichte der zsge eine Co-Leitung: sind beide schon länger dabei. Haben Natalija Golubic und Sascha Schmid. Beide sind langjährige Mitarbeitende am Waffenplatz45 sie irgendwelche Pläne für Änderun- und teilen sich nun gemeinsam die Verantwortung für dieses Angebot. gen und Anpassungen? Im Interview erklären sie, wie es dazu gekommen ist. Sascha Schmid: Nein, grössere Änderun- gen sind nicht geplant. Das vor ein paar Jahren von uns entwickelte Vierphasen- Natalija Golubijc, Sascha Schmid, seit Modell ist auch heute noch die Grundlage gut einem halben Jahr leiten Sie bei- unserer Arbeit. Natürlich gibt es mit einer de das Wohnangebot Waffenplatz45. neuen Leitung, mit neuen Teammitglie- Und zwar als Co-Leitung, die erste dern immer auch Nuancen und Akzent- in der Geschichte der zsge. Wie ist es verschiebungen. So arbeiten wir heute dazu gekommen? noch etwas stärker nach dem Grundsatz Sascha Schmid (*1982) hat an der Natalija Golubic (*1980) hat nach Natalija Golubic: Ich bin bereits seit 10 der «Lösungsorientierten Beratung». Von Fachhochschule ZHAW Zürich Sozia- einer Ausbildung zur biomedizi- Jahren am Waffenplatz45, die letzten der Methodik her bedeutet das, dass wir le Arbeit studiert. Das Thema Sucht nischen Analytikerin an der Fach- sechs Jahre als stellvertretende Leiterin. weniger defizitorientiert arbeiten, son- begleitete ihn dabei während dem hochschule ZHAW Zürich Sozia- Da stellt sich natürlich irgendwann die dern uns vor allem an den zu erreichen- grössten Teil seines beruflichen Le- le Arbeit studiert. Bereits während Frage, ob man, wenn sich die Gelegen- den Zielen orientieren, daran, was zur bens: Während dem Studium arbei- des Studiums hatte sie Gelegenheit heit bietet, den nächsten Schritt machen Zielerreichung an nötigen Ressourcen bei tete er in einer betreuten Wohn- ein halbjähriges Praktikum bei der und die Leitung übernehmen will. Gleich- unseren Klientinnen und Klienten akti- einrichtung für Menschen mit zsge am Waffenplatz45 zu absolvie- zeitig habe ich mit Sascha, der auch schon viert werden muss. Sucht- und/oder psychischen Pro- ren. Ein Jahr später, nach dem Ab- einige Jahre hier bei uns ist, immer sehr blemen. Später kamen Stationen schluss des Studiums wurde sie an- gut zusammengearbeitet, habe ihn als Natürlich drängt sich in der heuti- in der ambulanten Suchtberatung gefragt, ob sie am Waffenplatz45 Mitarbeiter erlebt, der motiviert und inte- gen Zeit auch die Frage auf: Wie sind und einer Kontakt- und Anlaufstel- eine Schwangerschaftsvertretung ressiert ist, jemand der gerne Verantwor- jeweiligen Zielsetzungen für die Klientin- Natalija Golubic: Wichtig scheint mir, Sie bisher durch die Corona-Pandemie le in Oerlikon dazu. Von 2012 bis übernehmen wolle. Seit September tung übernimmt. Und so reifte die Idee nen und Klienten sehen. In der konkreten dass wir aufgrund unserer langen Zusam- gekommen? Ende 2015 lebte er in London, wo er 2011 ist sie mit einer Festanstellung einer Co-Leitung heran. Schliesslich habe Herangehensweise gibt es aber von Fall zu menarbeit ein Vertrauensverhältnis ha- Sascha Schmid: Grundsätzlich sehr gut. in der gesetzlichen Sozialarbeit tä- hier tätig, zuletzt als stellvertreten- ich Sascha gefragt, ob er für eine solche Fall durchaus unterschiedliche Ansätze. ben, dass wir wissen, dass auf den ande- Wir hatten bislang das Glück, in unserem tig war. Seit seiner Rückkehr in die de Leiterin. Lösung zu haben wäre. Natalija Golubic: Und genau das ist ren Verlass ist. Und dass, wenn wir mal Wohnangebot nie mit einem Corona-Fall Schweiz arbeitet er als Sozialpäda- Natalija Golubic ist in Zürich ge- Sascha Schmid: Im Rückblick muss ich unserer Meinung nach die Stärke dieser in einer Situation Differenzen haben, es konfrontiert gewesen zu sein. Aber ich bin goge im Waffenplatz45. boren und aufgewachsen und lebt sagen, dass ich wohl der einzige war, der Co-Lösung. Wir können so verschiedene mit Respekt und Wertschätzung ausdisku- auch der Meinung, wir haben dieses Glück Sascha Schmid ist in Schaffhausen noch heute in der Limmatstadt. In sich diese Frage, ob ich die Leitung des Ansätze besprechen, können sie reflek- tieren können und nicht jede Meinungs- mit unseren ständig der aktuellen Situa- geboren und aufgewachsen und ist ihrer Freizeit ist sie vor allem sport- Waffenplatz45 mitübernehmen soll, nicht tieren und miteinander einen optimalen verschiedenheit oder ungelöste Frage- tion angepassten Schutzkonzepten bis zu heute in Basel zu Hause. Er ist Vater lich aktiv oder in der Natur unter- gestellt hat. Deshalb war ich am Anfang Weg finden. Diese Diskussionen sind sehr stellung gleich das ganze Modell in Frage einem gewissen Grad auch erzwungen einer zweieinhalbjährigen Tochter. wegs. Und mit Leidenschaft unter- etwas überrascht. Aber wie sich schnell wertvoll und helfen uns beiden. stellt. Wir sind zwei gut verwurzelte Bäu- (mehr dazu siehe Seite 10/11). In seiner Freizeit kocht er sehr ger- nimmt sie viele Aktivitäten mit zeigte, konnte sich neben Natalija auch Sascha Schmid: In anderen Bereichen me, die nun ein gemeinsames Netzwerk Natalija Golubic: Hier liegt aber auch ne, widmet sich guten Weinen und ihren zahlreichen Gottenkindern. das restliche Team und der Geschäftsfüh- mussten wir uns hingegen erst finden bilden. eine der beiden Herausforderungen, die ist gerne in der Natur. rer Edgar Rutishauser eine Co-Leitung mit bzw. sind uns noch am Finden, vor allem wir in der Nach-Corona-Zeit sicher ha- uns beiden sehr gut vorstellen. Und nach wenn es um organisatorische Fragen geht. Wie hat das Team reagiert, dass zwei ben. Wir mussten den direkten Kontakt kurzem Nachdenken war dann schnell Aber auch da ergänzen wir uns sehr gut. Teammitglieder neu die Chefs sind? im Haus einschränken, einerseits zwi- Skilager mussten wir absagen und wird Team. Dieses wurde in den letzten Jah- klar: Doch, ich habe Lust darauf, das ge- Natalija Golubic: Sehr gut. Wie gesagt, schen den Klientinnen und Klienten und wohl auch diesen Winter nicht möglich ren etwas durchgeschüttelt, etwa durch meinsam mit Natalija zu machen. Zum Beispiel? ich war zuvor schon stellvertretende Lei- uns, aber auch unter den Klientinnen und sein. Hier überlegen wir uns nun, dafür den überraschenden Tod des langjähri- Natalija Golubic: Sascha ist sehr gut mit terin, insofern war das nicht ungewohnt. Klienten selber. Und diesen Einschrän- im Sommer eine gemeinsame Ferienwo- gen Betriebsleiters Daniel Roth, den Ab- Mit anderen Worten: Sie waren bei Texten, mir liegen dafür die Zahlen mehr. Und wie Sascha schon gesagt hat, stiess kungen sind ein paar wichtige Baustei- che zu organisieren. Kurz und gut: Es gilt gang der langjährigen Mitarbeiterin Simo- Antritt der Co-Leitung bereits ein ein- Sascha Schmid: Co-Leitungen sind na- die Idee der gemeinsamen Leitung auf ne unseres Konzepts zum Opfer gefal- nach Corona das Gemeinschaftsgefühl in ne Hof oder die Corona-Pandemie. Hier ist gespieltes Duo. türlich immer mit einem gewissen Zu- grosse Zustimmung in unserem Team. Der len, wie zum Beispiel das gemeinsame unserem Haus wieder zu stärken. jetzt mit einer neuen Co-Leitung und neu- Sascha Schmid: Ja und Nein. Auf der Ebe- satzaufwand verbunden, das ist klar. Wir Vorteil ist natürlich, dass unser Team mit Abendessen am Dienstagabend. Das war en Mitarbeitenden auch etwas Teambuil- ne der inhaltlichen Arbeit ist das sicher treffen uns einmal wöchentlich für zwei fünf Personen – wobei die fünfte Stelle bis Corona gewissermassen ein in Stein Und die zweite Herausforderung? ding angezeigt, damit wir auf einem ver- so, da kennen wir uns sehr gut. Wir ha- Stunden, um uns in allen Leitungs- und erst Ende Jahr wieder besetzt sein wird gemeisselter Termin und die dabei ge- Sascha Schmid: Das betrifft eher das lässlichen und tragfähigen Fundament in ben grundsätzlich eine hohe Übereinstim- Führungsfragen abzustimmen. Ich emp- – recht klein ist und wir sowieso viel auf führten Diskussionen für den Hausspirit Team. Der Waffenplatz45 hatte über vie- die Zukunft gehen können. mung, wie wir bei der Klientenarbeit die finde das als sehr bereichernd. Augenhöhe zusammenarbeiten. ungemein wichtig. Auch das traditionelle le Jahre ein stabiles, gut eingespieltes 6 7
BEITRAG «Runterfahren – hochfahren – fortfahren» Seit Frühling 2020 hat ein kleiner Virus die Welt verändert: Die Corona-Pandemie ist auch anderthalb Jahre nach dem Ausbruch noch immer allgegenwärtig. Lockdowns und relativ ruhige Phasen, die die Hoffnung nährten, bald alles überstanden zu haben, lösten sich dabei ab. Und natürlich hat die Pandemie auch einen enormen Einfluss auf die Arbeit in den verschiedenen Teilbetrieben der Stiftung zsge. Die BetriebsleiterInnen von Werkraum4 und Waffenplatz45 gewähren einen Einblick, welche Herausforderungen sie in den letzten 18 Monaten meistern mussten. «Runterfahren – hochfahren – fortfahren» sicherzustellen. Alle KlientInnen, die leider angeordnet werden, die vom gan- – diese drei Stichworte kamen mir in den einen Einsatz hatten, aber auch die «ein- zen Team solidarisch getragen wurde. Da- Sinn, als ich in meinen Gedanken die Co- geplanten» KlientInnen mussten via Tele- mit untereinander der Kontakt sicherge- ronazeit im Werkraum4 Revue passieren fon, SMS, E-Mails oder Brief schnellstmög- stellt war, wurde eine Whatsapp-Gruppe liess. Diese Stichworte widerspiegeln ein- lich informiert werden, damit sie nicht und eine private E-Mail-Gruppe geschaf- zelne Etappen der letzten Monate, aber vergebens zur Arbeit erscheinen. Die Be- fen. So konnten wir uns in den folgenden auch einige Highlights, wie unser Team schriftung am Betriebstor musste um- Wochen alle auf dem Laufenden halten. hier an der Kanonengasse all die nötigen gehend mehrsprachig angepasst wer- Mir bleibt diese erste Lockdown-Woche Massnahmen umgesetzt und die schwie- den, Telefonbeantworter neu besprochen, im Nachhinein dennoch sehr positiv in rige Zeit gemeistert hat. Websites angepasst, E-Mail-Umleitun- Erinnerung, weil trotz der ernüchternden gen und automatische Antworten sicher- Situation das Team engagiert und innert «Runterfahren»: Mitte März 2020 gestellt werdene. Sämtliche Einsatz-Dos- kürzester Zeit alles Nötige in die Wege lei- Der 18. März 2020, an dem der Bundes- siers und Unterlagen unserer KlientInnen tete, um die erforderlichen Massnahmen rat den ersten Lockdown beschloss, star- mussten an unseren Auftraggeber, den Al- speditiv umzusetzen. tete mit einer Sitzung und dem Blitz-Ent- ternativen Strafvollzug (ASV), übergeben scheid, dass der Werkraum4 für unsere werden. «Hochfahren»: Ende April 2020 Klientel ab sofort geschlossen wird. In Es war ein befremdendes Gefühl, ohne Das zweite Highlight für mich war die den beiden folgenden Tagen haben wir al- einen einzigen Auftrag und ohne unse- Woche vor der Aufhebung des Lock- Mitarbeitenden der Recyclingwerkstatt, unter Corona-Bedingungen, die sich ja Durch die Umsetzung all der Schutzmass- les Nötige veranlasst, um die Kommuni- re Klientinnen und Klienten dazustehen. downs, die Wiedereröffnung des Werk- aus dem Atelier und der Bussenanlauf- ständig änderten. Das Schutzkonzept nahmen ist unser Arbeitsaufwand merk- kation betreffend «Betriebs-Schliessung» Kurzarbeit für alle Mitarbeitenden musste raum4 am 27. April. Eine «Taskforce» aus stelle erstellte die Schutzkonzepte für die musste Corona-konform sein, im Arbeits- lich gestiegen, dies trotz reduzierter An- «Nach-Coronazeit». Wir reduzierten die alltag handhabbar und zudem schnell an zahl an Arbeitsplätzen. Wir haben gelernt Arbeitsplätze, legten die innerbetriebli- neue Rahmenbedingungen anpassbar. damit umzugehen, dass ArbeitskollegIn- chen Laufwege fest, erliessen spezielle Dies gelang uns dank Support aller Mit- nen immer wiedermal kurzfristig zuhau- Verhaltensregeln und führten gestaffelte arbeitenden sehr gut. se in Isolation bleiben müssen, weil Fa- Pausen ein. Das alles musste konzeptio- Ich erlebe unser Team im Umgang mit der milien-Angehörige, Kinder in der Kita nell erarbeitet und umgesetzt werden. Zu- Klientel äusserst verantwortungsvoll. Es oder jemand anderes Corona-Sympto- dem waren Plexiglaswände, die zwischen ist uns ein wichtiges Anliegen, die Ver- me gemeldet hat. Natürlich steigt so oft- den Arbeitsplätzen aufgestellt wurden, antwortung für unsere Mitmenschen aktiv mals der Druck auf die anderen Teammit- Teil des Schutzkonzeptes. Diese mussten vorzuleben. An jeder Begrüssungsrunde glieder, damit der Betrieb ganz normal schnellstmöglich erworben werden, was werden die KlientInnen an die Verhal- weiterläuft. sich als Herausforderung herausstell- tensregeln erinnert oder auch darin ge- Trotz aller Widrigkeiten dieser Corona-Zei- te. Auch die Beschaffung von genügend schult. Zentrales Instrument in unserem ten bin ich sehr stolz darauf, dass wir es Masken war in dieser Zeit nicht ganz ein- Schutzkonzept sind die Spucktests, um zu im Werkraum4, trotz unterschiedlicher fach. Die Planung der KlientInnen-Ein- vermeiden, dass wir wegen eines einge- Einstellungen zu all den mit der Pande- sätze war schwierig, mussten doch zu- schleppten Coronafalls den ganzen Be- mie-Bekämpfung verbundenen Fragen, erst wieder die Kommunikationskanäle trieb schliessen müssen. immer wieder geschafft haben, bei den aufgebaut und alle potentiellen KlientIn- Regelmässig hinterfragen wir an unseren Schutzmassnahmen am gleichen Strang nen informiert werden. Das alles geschah wöchentlichen Sitzungen unsere Corona- zu ziehen. Und so geht unser Team aus in enger und guter Zusammenarbeit mit Massnahmen und passen sie bei Bedarf meiner Optik gestärkt in die Zukunft. dem ASV. immer wieder an. Für unser Team heisst das, mit Unsicherheiten umzugehen und «Fortfahren»: Seit anderthalb Jahren dies auszuhalten; auch immer wieder ge- Mein drittes Highlight ist das «Fortfah- meinsam einen Konsens zu finden im Um- Hape Ottlik ren», das Normalisieren des Arbeitsalltags gang mit der labilen Situation. Betriebsleiter Werkraum4 8 9
BEITRAG «Auseinandergerissen und zusammengeschweisst» Die Pandemie hat das Team im Waffenplatz45 einerseits auseinandergerissen und doch auch zusammengeschweisst. Die Kommunikation hat sich durch die begrenzten Möglichkeiten geschärft und wurde als sehr klar und fokussiert erlebt. Erkrankungsfall die andere übernehmen stets im Notfallmodus arbeitete, was dann Man kann aber festhalten: Unsere Bewoh- könnte. Es wurde Kurzarbeit ausgerufen langsam zu steigendem Unmut führte. nerinnen und Bewohner haben unter den und die Kontakte zur Klientel nochmals Unsere Bewohnerschaft begann zudem erschwerten Umständen zusammen sehr deutlich reduziert. sichtlich unter den reduzierten Kontak- gut funktioniert und mit grosser Selbst- ten zu leiden. Konflikte auf Wohngemein- verantwortung entscheidend dazu beige- Fokus auf die Gegenwart schaften nahmen zu, die Gemüter wa- tragen, dass der Waffenplatz45 bis heute Die Pandemie hat das Team einerseits ren zunehmend aufgeheizt und das Team keinen positiv getesteten Fall zu verzeich- auseinandergerissen und doch auch zu- musste häufiger als üblich intervenieren. nen hatte. sammengeschweisst. Die Kommunikation Von unserer Klientel wurde während die- hat sich durch die begrenzten Möglichkei- ser Zeit auch viel Eigeninitiative abver- ten geschärft und wurde als sehr klar und langt und wegen den fast täglichen Ände- fokussiert erlebt. Diverse weiterführende rungen der Empfehlungen und geltenden Sascha Schmid und Natalija Golubic Themen blieben allerdings liegen, da man Regeln auch eine sehr grosse Flexibilität. Co-Leitung Waffenplatz45 Wie immer hatten wir auch für Mitte März Ungewissheit war gross und die Antwort Räumlichkeiten ausgehängt. Das Klientel 2020 unser traditionelles Skilager geplant, klar: Nein, eine Isolierung, wie sie das BAG wurde über sämtliche Notfallszenarien zur Durchführung kam es leider nicht vorschrieb war in den einzelnen Wohnge- informiert. Diejenigen, die zur Risikogrup- mehr. In letzter Minute, kurz vor dem meinschaften unrealistisch. Die Stadt Zü- pe gehörten, wurden zudem individu- Bundesratsentscheid, sagten wir das La- rich bot glücklicherweise und zu unserer ell unterstützt. Es folgte eine strikte Mas- ger ab, gerade noch rechtzeitig, um nicht Erleichterung kurze Zeit später eine Iso- kenpflicht in den öffentlich zugänglichen während dem ersten Lockdown in einem lations-Unterbringung für positiv geteste- Räumen. Im Wohnhaus wurde das Tragen Lagerhaus in Davos festzusitzen. Der Waf- te Personen an. einer Hygienemaske empfohlen. Für den fenplatz45 hat sich ab diesem Zeitpunkt Fall einer kurzzeitigen Isolierung (Abwar- stets proaktiv informiert, wie die Lage Vorausschauendes Teamsplitting ten eines Testresultates, Anweisung von vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein- Im Waffenplatz45 haben wir als eine der der Behörde) wurde ein Notfall-Case ge- geschätzt wurde. Wir haben unser Schutz- ersten Massnahmen den direkten Kontakt schaffen mit ausreichend Desinfektions- konzept regelmässig und vorausschauend zwischen Klientinnen und Klienten und mittel, Hygienemasken und Handschu- angepasst. Dabei kam schnell die wichti- auch unter den Mitarbeitenden reduziert. hen sowie strikten Anweisungen. Als sich ge Frage auf, was zu tun wäre, wenn wir Sicherheitsabstände wurden signalisiert, die Lage im Frühling 2020 weiter zuspitz- einen positiven Fall in unserem Wohnan- die Bewohnerschaft täglich informiert so- te entschied sich das Team, sich in zwei gebot haben? Können wir einzelne Perso- wie schriftliche Dokumente mit den ak- Gruppen aufzusplitten. Wochenweise nen oder ganze Wohnungen isolieren? Die tuell gültigen Verhaltensregeln in den arbeitete nur die eine Gruppe, damit im 10 11
BEITRAG «Eine spannende Arbeitswoche im Werkraum4» Im Programm «SeitenWechsel» können Führungskräfte und andere Interessierte alle Mitarbeitenden bereit, vollen Einsatz einen Arbeitseinsatz in einer sozialen Institution absolvieren und so ihre Sozial- und zu leisten. Ich erlebte ein hochmotivier- Führungskompetenzen erweitern und ein soziales Engagement verbessern. Annette Graber, tes Team, das so in der Lage ist, empha- Leiterin einer Musikschule in Zürich, hat eine Woche im Werkraum4 verbracht. tisch auf die Klientinnen und Klienten ein- zugehen. Das Team versteht es, sich sehr schnell über die Befindlichkeit der anwe- senden Personen ein Bild zu verschaffen Annette Graber, Schulleiterin der Musik- Die «Intensivwoche» startete für Annette deplatziert, sie verstand nicht, dass sie mit und sich darüber auszutauschen. Span- schule Konservatorium Letzi in Zürich, Graber in der Recyclingwerkstatt, wo sie ihrer Ausbildung «gezwungen» wurde, im nend war, wie das Team, ohne dass es in- nutzte das Angebot der Stadt Zürich im in lebendigem Ambiente Elektroschrott Werkraum4 Taschen zu falten. Es war be- stitutionell vorgegeben ist, nach einem Rahmen ihrer Weiterbildung eine «Inten- in Handarbeit auseinandernehmen lern- wundernswert zu sehen, wie die Betreu- Vorfall am Abend gemeinsam ein Debrief- sivwoche» in einer sozialen Institution zu te. Danach wechselte sie ins Atelier, wo ungspersonen die Situation sofort erfass- ing machte und der betroffenen Mitarbei- absolvieren. Möglich macht dieser Aus- sie zu Beginn mit dem Falten unserer Pa- ten, aktiv auf diese Frau zugingen und ihr terin so half, den Tag trotzdem gelöst ab- tausch das Programm «SeitenWechsel», norama-Knife-Böxli beschäftigt war. Eine im Rahmen der Möglichkeiten eine «spe- schliessen zu können. das zwischen interessierten Arbeitgebern knifflige Arbeit, die Geduld und ein gewis- ziellere» Arbeit zuwiesen. und sozialen Institutionen als Vermittle- ses motorisches Geschick erfordert. Später Ich kam mit der Frau ins Gespräch und sie Der Einsatz im Werkraum4 erlebte ich rin agiert (siehe Kästchen). Annette Graber durfte sie Klienten in der Arbeit direkt an- begann zu erzählen, etwas über ihren er- als spannende Weiterbildung, die ich von hatte die Wahl zwischen diversen Einsatz- leiten und ihnen zeigen, was sie selbst ge- lernten Beruf als Grafikerin, wie stolz sie Herzen weiterempfehlen kann. Er bot plätzen, etwa im Zentrum für Suchtme- lernt hat. Aber lassen wir Annette Graber war, einen beruflichen Rucksack vorwei- einen Perspektivenwechsel, eine ganz an- dizin oder in einer psychiatrischen Klinik. ihren Eindruck selbst schildern: sen zu können. Ich beobachtete, wie auch dere Arbeit, ein anderes Umfeld, spannen- Doch sie suchte etwas, das sie durch ihren die Mitarbeitenden vom Werkraum4 sich de Menschen. Als Programmteilnehmen- Berufsweg und ihr pädagogisches Berufs- «Ganz grosse Schule» sehr einfühlsam für sie interessierten und de war ich aktiv im Alltag dabei, konnte umfeld noch nicht kannte – und so lan- Ich durfte von Anfang an voll mitarbeiten. ihr zuhörten, was sie über Grafik und De- aber gleichzeitig alles aus einer beobach- dete sie im Werkraum4 der Stiftung zsge. Ich arbeitete unter anderem mit einer Frau sign zu berichten hatte. Für mich war das tenden Position wahrnehmen. Ich finde Anfänglich – so gestand sie lachend – sei am selben Tisch zusammen, die ihren ers- «ganz grosse Schule», wie man eine Per- SeitenWechsel ein ganz sinnvolles An- sie etwas enttäuscht gewesen, als sie rea- ten Arbeitstag im Werkraum4 hatte und son beruhigt, mit Würde und Achtung ab- gebot, das erlaubt, wirklich neue Einbli- lisierte, dass es gar kein Gefängnisbetrieb etwas verzweifelt war, dass sie hier gelan- holt und ihr Anerkennung schenkt. Das cke zu gewinnen und neue Impulse zu er- sei, sondern eine offene Einrichtung, wo det war. Sie konnte es kaum fassen, dass führte dazu, dass diese Frau an den Fol- leben. Dies alles in einem Umfeld, dass die Personen selbständig kommen und sie sehr viele Stunden abarbeiten musste. getagen gelöster war und ihren Platz ge- einem sonst eher verborgen bleibt. gehen können. Als Grafikerin sah sie sich bei uns völlig funden zu haben schien. Aktiv dabei und doch beobachtend Die Stimmung im Werkraum4 erlebte ich als sehr friedlich, ohne Eklat oder Unruhe. Prägende Momente in Zusammenhang SeitenWechsel ist ein Programm mit den Mitarbeitenden gab es viele. Sehr der Schweizerischen Gemeinnüt- spannend war, wie das Team vom Werk- zigen Gesellschaft (SGG). Das Pi- raum4 unter Leitung von Hape Ottlik die lotprojekt wurde zur 700-Jahr-Fei- wöchentlich stattfindende Haussitzung er der Schweiz lanciert und ist seit abhielt. Sie nahmen sich dabei Zeit, um 1994 tätig. Das Programm um- Themen auf den Grund zu gehen und zu fasst einen individuell gestalteten besprechen. Ich erlebte, wie mittels des Arbeitseinsatz von Führungskräften holokratischen Ansatzes versucht wur- und Interessierten in einer sozialen de, die Mitarbeitenden partizipativ und Institution des Partnernetzwerkes. in transparenter Weise in den Prozess der In einem einzigartigen Kontext ent- Entscheidungsfindung miteinzubeziehen. wickeln die Teilnehmenden so ihre Eindrücklich war zu erkennen, wie wert- Sozial- und Führungskompetenzen, voll ein solcher Prozess ist, denn es fühl- verbessern ihr Stress- und Konflikt- ten sich so alle Mitarbeitenden ernst ge- management und leisten ein sozia- Kehrte mit vielen Eindrücken aus einer Arbeitswoche im Werkraum4 zurück: nommen und abgeholt. Ich bin überzeugt, les Engagement. Annette Graber, Leiterin einer Musikschule in Zürich. dank dieser Form des Austauschs waren 12 13
VERSCHIEDENES VORSTELLUNG SPONSORING PERSONELLES Onlineshop in neuer Aufmachung Partnerschaft mit UHC Uster verlängert JUBILARE Auch in der laufenden Saison sind wir Natalija Golubic, Co-Betriebsleiterin mit unseren beiden Labels «recyclin- Waffenplatz45; 10-jähriges gArt» und «Lerski» offizieller Partner für Dienstjubiläum im März 2021 die Best Player-Auszeichnung des Uniho- Katrin Hefti, Arbeitsagogin Werkraum4; ckey-Clubs Uster. An sämtlichen Heim- 5-jähriges Dienstjubiläum im Januar 2021 spielen des UHC Uster ist die Stiftung Sascha Schmid, Co-Betriebsleiter, zsge einerseits mit den beiden Produkte- Waffenplatz45; 5-jähriges Dienstjubiläum marken als Banner- und Bandenwerbung im März 2021 in der Sporthalle Buchholz in Uster prä- Lukas Stucki, Arbeitsagoge Werkraum4; sent. Zudem stellt die Stiftung zsge Preise, 5-jähriges Dienstjubiläum im Juni 2021 die jeweils der beste Spieler jeder Mann- schaft nach dem Spiel erhält. Und wir ha- Wir danken unseren Jubilaren herzlich ben die Möglichkeit unsere Marken über für ihr Engagement und ihre Loyalität Amanda Mena die Social Media-Kanäle des UHC Uster und freuen uns weiterhin auf die Seit Februar 2021 bin ich Teil des Teams regelmässig zu präsentieren. Eine coo- gemeinsame Zusammenarbeit. im Waffenplatz45 und betreue die Be- le Zusammenarbeit, die wir mit Freude Im Rahmen des Rebrandings hat die Stif- mittels Twint und Paypal an. So ist ge- einen Ausweg aus der Sucherei nach wohnerInnen des Hauses. Es ist grossar- fortsetzen. AUSTRITTE tung zsge auch den Online-Shop für ihr währleistet, dass Sie die bestellten Pro- einem geeigneten Geschenk! Das Notiz- tig, mit den Menschen hier zu arbeiten. Simone Hof, Sozialpädagogin recyclingArt-Sortiment neu gestaltet. Eine dukte noch schneller per Post in Empfang und Zeichnungsbuch hat eine hochwerti- Ich fühle mich willkommen und konnte Auch diese Spielsaison ist die Stiftung Waffenplatz45, per 28. Februar 2021 übersichtliche Präsentation der Produk- nehmen können. ge Spiralbindung und der Buchdeckel ist mich trotz der speziellen Corona-Zeit gut zsge mit ihren Labels «recyclingArt» David Francielllo, Betriebsleiter te in verschiedenen Kategorien erleich- fluoreszierend und funkelt sogar im Dun- einleben. und «Lerski» Sponsor des Unihockey- Waffenplatz45, per 31. Juli 2021 tert es Ihnen, sich schneller einen Über- Notausgang-Ringbuch keln. Zudem ist jedes Produkt ein Unikat. Clubs Uster. blick zu verschaffen. Zudem wurden die Sind Sie auf der Suche nach einem ori- Mehr zu diesem Produkt und zu weiteren Meine berufliche Laufbahn begann ganz Wir wünschen ihnen viel Erfolg auf dem Zahlungsmöglichkeiten erheblich verbrei- ginellen und handgefertigten Präsent für Geschenkideen aus unserem recyclingArt in der Nähe. Ich schloss vor bald 20 Jah- weiteren Lebensweg. tert: Nebst Bezahlung mittels Kreditkar- die anstehenden Weihnachten? Unser Sortiment finden Sie in unserem Online- ren meine Kochlehre im Restaurant Belvo- ten bieten wir neu auch die Überweisung «Notausgang-Ringbuch» bietet Ihnen Shop www.recyclingart.ch irpark ab und arbeitete zehn Jahre in der ABSCHLÜSSE gehobenen Gastronomie. Dann entschloss Katrin Hefti, Arbeitsagogin Werkraum4: ich mich, berufsbegleitend die ZHAW So- CAS Wirksame Interventionen im ziale Arbeit zu absolvieren. Während die- Zwangskontext ser Zeit sind meine beiden Kinder auf die Benjamin Benz, Sozialpädagoge Welt gekommen, die viel Freude und Be- Werkraum4: CAS Personalführung & wegung in mein Leben gebracht haben. Teamleitung Jacqueline Kunz, Sozialpädagogin Ich war einige Jahre im niederschwelli- Waffenplatz45: Abschluss ihrer Recyling-Container gen Suchtbereich in Zürich tätig, danach berufsbegleitenden Ausbildung, Bachelor Wann immer Sie Elektroschrott oder in der Frauenarbeit mit Opfern von Men- of Arts in Sozialer Arbeit FH an der Elektronikgeräte entsorgen möch- Haben Sie Probleme mit der Beglei- schenhandel. Mich prägte die Arbeit mit Fachhochschule Nordwestschweiz ten: Der Werkraum4 an der Kano- chung von Geldbussen oder der Ab- Menschen, welche aus unterschiedlichs- nengasse 20 in Zürich bietet Ihnen wicklung von Strafbefehlen, die Sie ten Gründen kaum einen Platz finden in Wir gratulieren zu den erfolgreichen die Möglichkeit, die nicht mehr be- bei Nichtbezahlung erhalten? Die der Gesellschaft. Ich finde es wichtig, für Abschlüssen. Toll gemacht! nötigten Geräte bei uns abzuge- Bussenanlaufstelle unterstützt Sie, diese Raum zu schaffen und offen zu sein. ben. An den Werktagen können Ihre Busse in gemeinnützige Arbeit RÜCKTRITT AUS DEM STIFTUNGSRAT Sie das direkt in unserer Recycling- umzuwandeln. Wir helfen Ihnen Hier im Waffenplatz45 kann ich aus die- Milan Schmed; Dozent, Unternehmer. werkstatt tun, wo Sie gleich einen gerne bei der Gesuchstellung. sem Erfahrungsschatz schöpfen. Mich Blick in den Betrieb werfen können. Unsere Beratung ist gratis und Sie spricht die abwechslungsreiche Arbeit Herzlichen Dank für dein Engagement Die Abgabe ist dank unserem Re- können bei uns auch unangemel- an, insbesondere die Fallführung und die und deinen Einsatz im Stiftungsrat und cycling-Container jederzeit mög- det vorbeikommen. Mehr zu unse- agogische Begleitung in Garten und Kü- als Vize-Präsident unserer Stiftung zsge. lich. Mehr dazu erfahren Sie unter: rem Angebot erfahren Sie unter: che. Ich freue mich auf eine erfüllte, anre- Alles Gute für die Zukunft! www.werkraum4.ch www.bussenanlaufstelle.ch gende und bereichernde gemeinsame Zeit mit dem Team zusammen. 14 15
ANGEBOT Wir übernehmen die gesellschaftliche Verantwortung, auch für besondere Menschen. Wir küm- mern uns unvoreingenommen um Per- sonen mit herausfordernden Biografien. Zusammen mit ihnen entwickeln wir Per- spektiven zu einer selbstbestimmten und sozialverträglichen Alltagsbewältigung und begleiten sie dabei professionell. ist ein sozialpäda- gogisch begleiteter Wohnbetrieb mit 21 Plätzen für Männer und Frauen, die mit der Justiz in Konflikt geraten und/oder auf sozialpädagogische Unterstützung Stiftung zsge Neugutstrasse 8 angewiesen sind. Das Waffenplatz-Team 8002 Zürich bietet Sachhilfe und Begleitung in den 044 240 25 51 Bereichen Wohnen, Arbeit, Gesundheit, info@zsge.ch www.zsge.ch Finanzen und Freizeit. www.recyclingart.ch www.lerski.ch PATRONAT Prof. Dr. med. Felix Gutzwiller bietet niederschwelli- Präventivmediziner, alt Ständerat, Zürich ge Beschäftigungsplätze für Personen, die Monika Weber, lic. phil. alt Stadträtin und alt Ständerätin, Zürich einer sinnvollen Tagesstruktur bedürfen. Er gliedert sich in die beiden Abteilungen STIFTUNGSRAT Peter Aisslinger «Atelier» und «Recyclingwerkstatt», wo Präsident des Stiftungsrates, die Beschäftigten von agogisch geschul- alt Kantonsrat, Zürich tem Personal fachlich angeleitet und be- Kristina Wagner Juristin/Mediatorin, Zürich treut werden. In der Werkstatt werden Zeno Cavigelli ausgediente Elektrogeräte zerlegt. Im Dr. theol., Theologe, Synodalrat, Zürich Atelier wird aus diesem Recyclingmate- Theo Eugster Direktor Vollzugseinrichtungen Zürich, Zürich rial mittels Upcycling verschiedene Pro- Claudia Müller dukte für unsere beiden Verkauflabels re- Psychologin, Volketswil cyclingArt (www.recyclingart.ch) und Michael Reimann Controller, Wallisellen Lerski (www.lerski.ch) produziert. Zudem Esther Straub bietet der Werkraum4 gemeinnützige Pfarrerin, Kirchenrätin, Zürich Arbeitsplätze zur Verbüssung von Geld- Daniel Tewlin ehem. Staatsanwalt, Thalwil bussen und Geldstrafen an. SPENDENKONTO IBAN CH89 0680 8050 0081 6830 8 Stiftung zsge, 8002 Zürich IMPRESSUM Auf unse- zsge-report, November 2021 rer Bussenanlaufstelle werden Personen, Herausgegeben von der Stiftung zsge die Probleme mit dem Bezahlen von Konzept und Texte: Stefan Feldmann, Uster Gestaltung: Tobias Ulrich, Bern Geldbussen oder dem Verbüssen von Druck: Buchmann AG, Zürich Geldstrafen haben, kompetent beraten. Vielfach gelingt es, ihnen Möglichkeiten zur Verbüssung mittels gemeinnütziger Arbeit aufzuzeigen und sie zu vermitteln. Die Beratung ist gratis, es braucht keine Voranmeldung.
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