Ratgeber Gründach und Photovoltaik
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Auf einen Blick Gründach und Photovoltaik: eine dreifach wirksame Kombination 5 Planungsschritte für Photovoltaik und Dachbegrünung 8 Sechs Tipps zur Kombination von Photovoltaik und Gründach 10 Fehler vermeiden und bei bestehenden Anlagen korrigieren 12 Die Artenvielfalt auf dem Gründach erhöhen 13 Pflege und Wartung 15 Kosten und Förderungen 17 Glossar18
Groß ist das Potential Vorarlbergs Flachdächer liegen meist lediglich mit Kies bedeckt in der Sonne herum. Groß ist das Potential, diese Flächen aufzuwerten. Ökologisch und ökonomisch. Denn werden Dächer zu Sonnenkraftwerken, tragen sie zur Energieautonomie bei und sind auch wirtschaftlich sinnvoll nutzbar. Werden sie zu Biotopen, erfreuen sie das Auge, regulieren das Mikroklima, halten wert- volles Regenwasser zurück und schaffen für Insekten Nahrungs- und Lebensraum. Der vorliegende Ratgeber zeigt, wie Sie mit Ihrem Dach wirkungsvoll zur Energieautonomie und zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen können. Mit besten Empfehlungen Johannes Rauch Umweltlandesrat | 3
Gründach und Photovoltaik: eine dreifach wirksame Kombination In Vorarlberg gibt es Flachdächer, die meist ungenutzt 2. Sie trägt zum Erhalt der Biodiversität bei mit Kies, Bitumen oder Kunststofffolien bedeckt sind. Gleichzeitig werden mit heimischen Pflanzen weitge- Gerade 0,4 % aller Dächer im Land sind begrünt, und hend ungestörte Lebensräume für eine Vielfalt von auch der Anteil der Photovoltaikanlagen liegt noch weit Tieren geschaffen. So entsteht für die Natur ein neuer unter den Möglichkeiten. Hier findet sich ein enormes und vor allem ökologisch wertvoller Platz, der durch ökologisches und ökonomische Potential. Bebauung verlorengegangene Lebensräume am Boden teilweise kompensiert. Biodiversitätsorientierte Schon allein spielen Dachbegrünungen große Stücke, PV-Gründächer sind daher Ersatzlebensräume für viele halten sie doch bis zu 90 % der Niederschläge zurück, Lebewesen. So kann dem weltweiten Rückgang der schützen die Dachhaut vor UV-Strahlung und bieten Artenvielfalt im Siedlungsraum etwas entgegengesetzt einheimischen Wildbienen, Schmetterlingen und Vögeln werden. einen Lebensraum. 3. Sie hilft, die Folgen des Klimawandels zu dämpfen In Kombination mit Photovoltaikanlagen leisten sie Der Klimawandel wird starke Niederschläge in den zudem einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Sommermonaten häufiger werden lassen. Daher spielt Energieziele im Strombereich. Die Verbindung von die Retention, also die Rückhaltung von Regenwasser Gründach und Photovoltaik hilft ökologisch daher auf dem Dach, eine wesentliche Rolle. Vorarlberg ist dreifach: eine wachsende Region, in der viel gebaut wird. Allein zwischen 2017 und 2019 sind 5,1 km² Siedlungs-, 1. Sie ist aktiver Klimaschutz Verkehrs- und Gewerbeflächen hinzugekommen, die Sowohl die Vorarlberger Landesregierung als auch die überwiegend versiegelt sind. Hier kann das Regenwas- Österreichische Bundesregierung verfolgen das Ziel ser nicht versickern. Dagegen halten Gründächer je einer Stromversorgung aus 100 % erneuerbaren nach Bauart zwischen 70 bis 90 % der Niederschlags- Energieträgern bis 2030. Photovoltaik ist für die mengen zurück. Ein Großteil davon verdunstet, der Rest Erreichung dieser Zielsetzung neben der Wasserkraft fließt zeitverzögert ab. Dies führt zu einer signifikanten zentral. Gebäude und insbesondere die Dächer spielen Entlastung der Kanalisation und reduziert das Risiko dabei eine wesentliche Rolle. lokaler Überschwemmungen. | 5
Dachbegrünungen wirken auf vielen Ebenen Während Hitzetage mit Temperaturen über 30 °C in Sie kühlen Umgebung und Innenraum Vorarlberg bisher nur sehr selten zu erleben waren, Das im Aufbau einer Dachbegrünung und in den werden Hitzetage in Zukunft auf Grund der Klima- Pflanzen gespeicherte Wasser verdunstet auf natürli- erwärmung für viele Menschen zum Normalfall. Ohne che Weise. Die kühlende Wirkung der Transpiration eine globale Trendwende im Klimaschutz wird es wirkt sich positiv auf die Luftfeuchtigkeit aus und sorgt gegen Ende des Jahrhunderts in Vorarlberg zu 17 bis für ein angenehmes Kleinklima. Dachbegrünungen be- 41 Hitzetage pro Sommer kommen. wirken an heißen Sommertagen aber auch eine Abküh- lung in den darunter liegenden Dachgeschossen. Längst sind Technik und Materialien in Hinblick auf Dachabdichtung und Wurzelschutz ausgereift und Die Pflanzen und der Boden können Schadstoffe filtern, standardisiert. die Blätter reinigen die Luft von Feinstaub und binden durch die Photosynthese aktiv CO2. Zusätzlich kann die Sie helfen Klima und Artenvielfalt Schallabsorption der Vegetation zu einer Lärmminde- Dachbegrünungen können sich vor allem im Sommer rung innerhalb und außerhalb des Gebäudes führen. positiv auf den Stromertrag auswirken. Der Ertrag von PV-Modulen sinkt mit steigender Temperatur. Die durch Sie schützen, ohne zu schaden die Pflanzen generierte Verdunstungskälte reduziert Die Vegetationsschicht schützt die Gebäudehülle vor die Erwärmung der Module. Studien zeigen daher in den UV-Strahlen, mechanischen Belastungen durch Hagel Sommermonaten einen Mehrertrag von bis zu 5 % auf oder Niederschlag und starken Temperaturschwankun- begrünten Dächern. gen. Es verlängert sich die Lebensdauer einer Dachab- deckung. Das Vorurteil, dass Pflanzen die Dachhaut Umgekehrt können sich PV-Anlagen positiv auf die schädigen, gehört der Vergangenheit an. Artenvielfalt eines Gründachs auswirken, weil durch den Schattenwurf der PV-Module oder die Konzentra- tion des Regenwassers vor den Modulen unterschiedli- Leistungen einer extensiven Dachbegrünung che Lebensbedingungen entstehen. Neben Feuchtig- Wasserrückhalt des Jahresniederschlags 70-90 % keits- und Lichtverhältnissen ändern sich auch Verdunstung des Jahresniederschlags 60-75 % dieTemperaturen. Geringere Oberflächentemperatur im Vergleich zu Bitumen ~ 30 °C weniger Es ergibt sich daher eine Vielfalt an Mikroklimas und An heißen Sommertagen Verbesserung des Lebensräumen. Bei Insekten generell und insbesondere PV-Wirkungsgrads im Vergleich zu Kiesdächern bis 5 % bei Käfern konnte in der Schweiz eine erhöhte Arten- Erhöhung der Dämmwirkung am Gebäude 3-5 % vielfalt unter PV-Modulen im Vergleich zu extensiven Lärmreduktion im Gebäude 5-46 db Sedumdächern beobachtet werden. Lärmreduktion Umgebung 6 db 6 |
Bienen auf dem Dach Wildbienen und Schwebfliegen spielen für die Bestäubung unserer Wild- und Kulturpflanzen eine Schlüsselrolle. Sie sind ein essenzieller Baustein in unserem Ökosystem. Auf blütenreichen Dächern finden wärme- und trockenheitsliebenden Insekten Nahrung und Nistplätze. | 7
Planungschritte für Photovoltaik und Dachbegrünung Auf einem Flachdach Photovoltaik und Begrünung zu ruktion betragen. Zusätzlich haben einige Gemeinden kombinieren, macht in mehrfacher Hinsicht Sinn. Bei Verordnungen zum Schutz des Orts- und Landschafts- der Planung ist aber einiges zu beachten. Ob bei einem bildes erlassen, die weitere Vorgaben für die Solarmo- Neubau oder einer Sanierung, die Planungsschritte sind dule beinhalten. sich ähnlich: Ist die Dachneigung geeignet? Solarpotenzial prüfen Alle Flachdächer bis 5° Neigung kommen für eine Im Solarkataster Vorarlbergs (siehe Webtipps Seite 18) Kombination von Photovoltaik und Dachbegrünung in kann auf einem Blick eruiert werden, ob der Sonnen- Frage. eintrag auf dem Dach für eine Photovoltaikanlage aus- reichend ist. Zusätzlich verfügen auch manche Gemein- Tragfähigkeit des Dachs prüfen den über feinmaschigere Solarkataster, die zum Beispiel Bei einer Sanierung gilt es, die zulässigen Schnee-, auch Verschattungen durch benachbarte Gebäude Wind- und Auflasten sowie die Verteilung der PV-Module mitberücksichtigen. mit einer Fachperson abzuklären. Beim Neubau kann das Gewicht des Gründachs wie auch der aufgeständer- Gebäude, die sich aufgrund der Lage nicht für eine ten PV-Module im Vorhinein mit einkalkuliert werden. Solarnutzung eignen, können auf jeden Fall begrünt werden. Das Gewicht der Auflast setzt sich zusammen aus •• der wassergesättigten Vegetationsschicht Bauordnung beachten •• den PV-Modulen und ihrer Unterkonstruktion Manche Gemeinden haben aus ökologischen Gründen •• der Schnee- und Windlast Begrünungen oder PV-Anlagen ab einer bestimmten Flachdachgröße vorgeschrieben. Dies ist bei der Für eine extensive Dachbegrünung sind Lasten von Gemeinde anzufragen. 80 bis 150 kg/m2 zu kalkulieren, je nach Mächtigkeit des Schichtaufbaus und der Substratzusammensetzung. Für Darüber hinaus gibt es gestalterische Vorgaben. Laut Begrünung und PV-Module ist mit Lasten ab 120 kg/m² Vorarlberger Baugesetz dürfen PV-Module auf Flach- zu rechnen. dächern maximal 1,20 m hoch sein und der Abstand zum Dachrand muss mindestens die Höhe der Konst- 8 |
Aufständerung der Photovoltaik-Module ein konsistentes Vorgehen von der Planung und Ausfüh- Unabhängig von der Ausrichtung und dem Winkel, mit rung bis hin zur Pflege. Die Koordination können mit dem die Module zur Sonne ausgerichtet sind, müssen sie entsprechendem Wissen die Bauleitung aber auch er- über einer Dachbegrünung aufgeständert sein. Aufge- fahrene Dachbegrüner übernehmen. Zudem gibt es auch ständert heißt, die Unterkonstruktion, auf der die PV- in Vorarlberg spezialisierte Beratungsunternehmen. Module montiert sind, garantiert den Abstand zwischen Substrat und PV-Modul. Möglichkeiten ohne Aufständerung Wenn aus statischen Gründen keine Aufständerung Für die Kombination von Photovoltaik und Gründach gibt möglich ist, kann ein maximal 50 cm breiter Kiesstreifen es verschiedene Montagesysteme der Aufständerung unter und vor der unteren Modulkante aufgebracht ohne Dachdurchdringung. Häufig werden Unterkonstruk- werden. Auch eine dünne, 30 cm breite Keramikplatte tionen mit Betonplatten beschwert. Auf dem Markt gibt verhindert ein Überwachsen der Module. Dabei ist zu es auch Systeme, bei denen die Aufständerungen mit beachten, dass die Platten mit geschlossenen Fugen einer Grundplatte verbunden sind und diese allein durch verlegt werden, da sich hier sonst Pflanzen ansiedeln. das Gewicht des darüberliegenden Substrats fixiert werden. » Die Kombination von Photovoltaik und Gründach Extensive Dachbegrünung planen ist ein Muss in Zeiten von Klimawandel und Biodi- PV-Module werden mit einer extensiven Dachbegrünung versitätsverlusten vor der Haustüre und weltweit. « kombiniert. Diese besteht aus einer dünnen Substrat- schicht (idealerweise 6 bis 15 cm) mit an Trockenheit Stephan Brenneisen beschäftigt sich schon seit 15 angepassten Moosen, Sukkulenten, Kräutern und Jahren mit der Kombination von Photovoltaik und Gräsern. Dachbegrünung. Koordination der Bauteile Dachbegrünung und Photovoltaik verlangen jeweils unterschiedliche Kompetenzen und verschiedene Fach- firmen in der Planung und Ausführung. Damit die beiden Systeme gut aufeinander abgestimmt sind, braucht es | 9
Sechs Tipps zur Kombination von Photovoltaik und Gründach Photovoltaik und Gründach lassen sich gut kombinie- Pflege schon bei der Planung berücksichtigen ren, wenn ein paar Regeln beachtet werden. Dann Für eine effiziente und funktionelle Pflege von kombi- können sowohl die Stromproduktion als auch die öko- nierten Anlagen (PV und Dachbegrünung) sollte der logischen Lebensräume reibungslos funktionieren und Reihenabstand zwischen den Modulen mindestens 50 beide Systeme ihre Synergien entfalten. cm betragen. Somit lassen sich problemlos schatten- werfende Pflanzen oder Gehölze entfernen und die PV-Module mit Abstand zur Vegetation installieren Oberflächen der Module von Zeit zu Zeit reinigen. Ideal ist eine Aufständerung, bei der die untere Modul- kante 30 cm über dem Substrat zu liegen kommt. Die Die Wahl der Unterkonstruktion kann ebenfalls eine Gefahr der Beschattung durch die Pflanzen wird so effiziente Pflegearbeit befördern. Bei V-förmigen reduziert. Außerdem gestaltet sich die Pflege einfacher, Unterkonstruktionen liegen die bodennahe Metallschie- da die Bereiche direkt vor der tieferen Modulkante nen mittig unter den Modulen. Dadurch wird ein allfällig besser erreichbar sind. notwendiges Zurückschneiden von schattenwerfenden Pflanzen erleichtert und der Pflegeaufwand minimiert. Neigung der PV-Module erhöhen Eine erhöhte Neigung (ab etwa 10°) verbessert den Auch die Kabel der PV-Anlagen sollten so geführt Selbstreinigungseffekt der Module. Abfließendes Regen- werden, dass eine Pflege jederzeit möglich ist. wasser wäscht Pollen etc. von der Moduloberfläche ab. Die Vegetation wird von den Modulneigungen kaum beeinflusst. Abstand Modulreihen min. 50 cm Modulneigung V-Unterkonstruktion min. 10° für leichtere Pflege Modulunterkante min. 30 cm vom Substrat 10 | Substrathöhe vor Substrathöhe
Abstand Modulreihen min. 50 cm Modulneigung V-Unterkonstruktion min. 10° für leichtere Pflege Modulunterkante min. 30 cm vom Substrat Durchwachsen bei Ost-West-Orientierung der Bei einem Gründach mit einer PV-Anlage ist daher auf Module verhindern Substrathöhe vor Substrathöhe die Höhenverteilung des Substrates zu achten: unmit- Ost-West-ModuleModulunterkante können in Form eines „Satteldachs“bis zu 15cm telbar vor der Unterkante der Module ist wenig Subst- 6 - 8 cm oder eines „Schmetterlings“ ausgeführt werden.Kräuter-Gräser- Bei rat (etwa 6-8cm) auszubringen, in den Bereichen unter Niedrigwüchsige Vegetation einer Satteldach-Ausführung Vegetation ist der Spalt zwischen den bzw. hinter den Modulen kann die Substrathöhe deutlich Modulen am „Giebel“ abzudecken, damit keine Pflanzen höher sein (bis zu 15 cm). So können sich auf engem dazwischen aufwachsen können (siehe S. 12). Ähnliches Raum verschiedene Vegetationstypen ausprägen, ohne gilt bei der Schmetterlings-Ausführung: Hier stoßen die die Stromproduktion zu beeinträchtigen. Im Weiteren beiden niedrigen Kanten der Module aneinander. Der bestimmen auch Effekte der Solaranlage selbst das Spalt zwischen den Modulen muss so schmal gewählt Wachstum von Pflanzen und deren Biomasse. Beschat- werden (max. 3 mm), dass Wasser ablaufen aber keine tung und Bereiche mit abfließendem Regenwasser von Pflanze durchwachsen kann. Auch eine perforierte Modulen können zu erhöhtem Wachstum führen, Spaltabdeckung ist möglich. welches in der Planung berücksichtigt werden muss. Vor den Modulen niedrigwüchsige Pflanzen wählen SATTELDACHFORM Spalt max. 3 mm oder Spaltabdeckung Mittel- bis langfristig stellt sich ein Bewuchs ein, der durch die Standortbedingungen mit der Substrathöhe und durch Effekte der PV-Anlage bestimmt ist. Die Vegetation besteht dabei aus den bewusst ausgesäten Arten, welche sich nach der Ansaat unter den Standort- bedingungen etablierenAbstand konnten, sowie den hauptsäch- Modulreihen min. 50 cm lich mit dem Wind eingetragenen Arten. Modulneigung V-Unterkonstrukt min. 10° für leichtere Pfle Vor der tieferen Modulkante können niedrigwüchsige SCHMETTERLINGSFORM Spalt max. 3 mm Modulunterkante Arten wie Mauerpfeffer (Sedum sp.) Feldthymian min. 30 cm vom Substrat (Thymus pulegioides), Edel-Gamander (Teucrium oder Spaltabdeckung chamaedrys) oder Sonnenröschen (Helianthemum nummularium) angesät werden. So kann ein ausgewo- gener Bewuchs mit den sich spontan einfindenden Arten angestrebt werden. Substrathöhe vor Substrathöhe Modulunterkante bis zu 15cm 6 - 8 cm Kräuter-Gräser- Bewuchs durch Substrathöhen steuern und Beson- Niedrigwüchsige Vegetation derheiten der Solaranlage beachten Vegetation Keramik-, Die Höhe des Gehweg- Substrats ist entscheidend für die Aus- oder vergleichbare Platte prägung der Vegetation. Je höher die Schicht ist, desto mehr Wasser und Nährstoffe stehen den Wurzeln zur Verfügung. Es wird mehr Biomasse produziert, der Bewuchs wird dichter und tendenziell höher. | 11 SATTELDACHFORM Spalt max. 3 mm oder Spaltabdeckung
min. 30 cm vom Substrat Substrathöhe vor Substrathöhe Fehler vermeiden und bei Modulunterkante 6 - 8 cm Niedrigwüchsige bis zu 15cm Kräuter-Gräser- Vegetation bestehenden Anlagen korrigieren Vegetation Auf manchen Dächern erweist sich der gewählte Auf- Fehler: Module am niedrigsten Punkt nur knapp über bau im Nachhinein als ungünstig, in den meisten Fällen dem Substrat montiert. auf Kosten der Stromproduktion. Nachträglich können An der Unterkante werfen bereits 10-15 cm hohe einige Verbesserungen vorgenommen werden, um eine Pflanzen Schatten auf die Module, die dadurch an bessere Synergie der zwei Systeme zu erreichen. Leistung verlieren. SATTELDACHFORM Spalt max. 3 mm oder Spaltabdeckung SCHMETTERLINGSFORM Spalt max. 3 mm oder Spaltabdeckung Fehler: Ost-West-Modul mit zu schmalen Reihenab- Lösungsansatz: 1-2 Pflegegänge direkt vor den ständen und ohne Aufständerung Modulen in der starken Pflanzenwachstumszeit (Mai – Module, die direkt auf dem Boden liegen, werden Juni). Auslegen von dünnen Keramikplatten (ca. 30 cm schnell durch den Schattenwurf der Pflanzen gestört. breit) vor den Modulkanten, möglichst mit geschlosse- Die in den stark abgedunkelten Bereichen sich ansie- nen Fugen. Aufständerung (etwa 15 bis 30 cm), um delnden Pflanzen streben durch die schmalen Lücken Schattenwurf bestmöglich zu vermeiden. ans Licht und können dort nur sehr umständlich und mit höherem Aufwand entfernt resp. zurückgeschnitten werden. Die Stromproduktion nimmt ab. Die Ausfüh- Keramik-, Gehweg- rung von Pflegemaßnahmen ist bei geringen Modulrei- oder vergleichbare Platte hen-Abständen erschwert. » Fehler in der Kombination von Dachbegrünung und Photovoltaik gehen meist zulasten des Stromer- trags. Sie lassen sich aber einfach vermeiden. « Katrin Löning berät vor allem Gemeinden und Unter- Lösungsansatz: Die Lücken müssen mit festen und nehmen bei der naturnahen Begrünung von Dächern mit dauerhaften Abdeckungen (z.B. aus Blech) geschlossen und ohne PV. werden. 12 |
Die Artenvielfalt auf dem Gründach erhöhen Bei einem mit PV-Anlage versehenen Gründach bleibt in Substrat (zum Beispiel Recycling-Ziegelbruch-Gemisch den meisten Fällen ein Teil der Gesamtfläche frei von oder Kies-Kompost-Gemisch) an, während auf den Modulen. Dieser Bereich kann mithilfe von Strukturele- freien Dachflächen durchaus ein höherer Anteil org- menten und Modellierungen relativ einfach zu einer anischer Komponenten aufgetragen werden kann. ökologisch hochinteressanten Fläche werden und sich zu einem Lebensraum sowohl für Pflanzen als auch für Heimisches Saat- und Pflanzgut Tiere entwickeln. Für die Begrünung des Dachs sollte möglichst standort- gerechtes und regionales Saatgut verwendet werden. Verschiedene Substrathöhen Am besten eignet sich Saatgut, dass auf artenreichen Durch die Modellierung der Oberfläche entstehen Magerwiesen in näherer Umgebung gewonnen wird, Bodenbereiche mit unterschiedlicher Beschattung und zum Beispiel in Form einer Mähgutübertragung oder verschiedenen Feuchtigkeitsgehalten. Je höher die Heublumen. In Vorarlberg gibt es auch die Möglichkeit, Substratschicht ist, desto eher siedeln sich wichtige artenreiche Wiesen aus der Umgebung beernten zu Bodenlebewesen langfristig an. Konkret bedeutet dies, lassen. Mehr Infos zum sogenannten „Wiesenkopierver- das Substrat (der Statik entsprechend) in unterschiedli- fahren“ unter den Webtipps auf Seite 18. chen Höhen zu verteilen, von 6-8 cm im Bereich der PV-Module bis hin zu 25 cm in freien Bereichen. So Möchte man auf Wildblumen-Handelssaatgut zurück- profitieren Tier- und Pflanzenarten von dem Mosaik an greifen, ist man auf süddeutsche und Ostschweizer verschiedenen Lebensräumen Anbieter angewiesen, da es keine auf Vorarlberg angepassten Mischungen gibt. Hierzu gehören z.B. Verschiedene Substratarten UFA- Samen (CH), Rieger-Hoffmann (D), Syringa (D) Die Verwendung von verschiedenen Substratarten hat oder Hof-Berggarten (D). Sie alle bieten fertige Dachbe- einen ähnlichen Effekt wie die Substratmodellierung. grünungs-Mischungen an. Vor den PV-Modulen bietet sich mageres, mineralisches | 13
Sand- und Kiesfläche Lebewesen, die auf Holz angewiesen sind (Insekten, Im Zuge von Bauarbeiten können lokale Aushubmate- Vögel). Auf diese Weise kann ohne große Umstände ein rialien wie Sand, Kies, Lehm oder gröbere Gesteine auf wertvolles Biotop geschaffen werden. dem Dach auch kleinflächig verwendet werden. Kies- oder Sandflächen bieten zusätzlich zur Begrünung Steinhaufen Nisthöhlen und Brutplätze für Wildbienen und Heu- Flächen oder Haufen mit grobem Gestein bieten einen schrecken. Der große Vorteil ist die Verwendung von Lebensraum für einige Tierarten. Vögel, Reptilien oder lokalem Material, das somit nicht abtransportiert und Insekten nutzen diese Strukturelemente für die entsorgt werden muss. Nahrungssuche oder als Versteck. Holz, Asthaufen Wasserflächen Die Verwendung von Totholz oder Wurzelstöcken, Die meisten Lebewesen sind auf Wasser bzw. Wasserle- welche beispielsweise bei Bauarbeiten entfernt werden bensräume zumindest teilweise angewiesen. Eine (müssen), begünstigt auf dem Dach eine Vielzahl an temporäre Wasserfläche begünstigt viele Arten. 14 |
Pflege und Wartung Pflege des Gründachs Die Kosten eines Wartungsvertrags für Photovoltaik- Anlagen belaufen sich – natürlich abhängig vom genauen Die Grundidee eines extensiv begrünten Daches ist ein Umfang und der Größe der Anlage – auf rund 200 bis selbsterhaltendes Ökosystem. Es ist pflegeleicht, denn 400 Euro pro Jahr. Eine regelmäßig durchgeführte, Bewässerung oder Mahd sind unter normalen Umstän- aber jeweils einzeln beauftragte Wartung verursacht den nicht notwendig. Bei der Pflege eines PV-Gründachs ungefähr die gleichen Kosten. muss differenziert vorgegangen werden. Vor den PV- Modulen kann je nach Bewuchs ein Zurückschneiden Reinigung kann notwendig sein der Vegetation Mitte bis Ende Mai sinnvoll sein. In den Photovoltaik-Anlagen sind 24 Stunden am Tag der übrigen Bereichen braucht es nur die üblichen Pflege- Witterung ausgesetzt. Dabei wirken nicht nur Regen, einsätze wie die Entfernung von Neophyten und Wind, Schnee oder Sonne auf die Module ein. Besonders Gehölzen im August oder September. Arten, die man bei Verschmutzungen durch Staubentwicklung, Straßen- entfernen sollte.: verkehr, Vogelkot oder durch Kaminruß reicht die natürliche Reinigung durch Regen nicht aus. Am Über- •• Invasive Neophyten, z.B. die kanadische Goldrute gang zwischen Rahmen und Glas setzt sich gerne (Solidago canadensis) oder das einjährige Berufkraut Schmutz fest, im Laufe der Zeit können sich sogar (Erigeron annuus) Flechten oder Moos ansiedeln. Eine Sichtkontrolle und •• Gehölze (Ahorn, Birke, Pappel, Weide…) ggf. professionelle Reinigung von Zeit zu Zeit hilft, Hot •• Schilf Spots zu vermeiden und die Erträge der Photovoltaik- anlage langfristig zu sichern. In der Anwuchsphase ist darauf zu achten, dass Keim- linge nicht vertrocknen. In besonders trockenen Perio- Eigentlich spricht nichts dagegen, die Reinigung der den im Sommer kann eine Bewässerung daher in dieser Solaranlage selbst durchzuführen. Wichtigstes Instru- Zeit notwendig werden. ment für die Do-it-yourself-Reinigung ist eine weiche Reinigungsbürste mit Teleskopstange. Dazu ein sanfter Gleichzeitig mit der Pflege des Gründachs lässt sich die biologischer Reiniger und fließendes Wasser (z. B. über Wartung der PV-Anlage bewerkstelligen. einen Gartenschlauch). Auf Erreichbarkeit sollte geachtet werden. Pflege und Wartung der Photovoltaik- Anlage Tipps zur Reinigung •• Auf keinen Fall Hochdruckreiniger benutzen, sie Größere Photovoltaik-Anlagen sind eine kostspielige könnten Rahmen, Befestigung oder das Glas der Investition. Ganz klar, dass diese auch der Instandhal- Solarmodule beschädigen. tung und insbesondere einer regelmäßigen Kontrolle •• Möglichst auf Reiniger verzichten, falls notwendig bedürfen. Dabei werden die Module auf Schäden am sanfte biologische Reinigungsmittel verwenden. Glas, am Rahmen oder der Stecker überprüft. Bei einer •• Kalkarmes Wasser verhindert Kalkstreifen und Sichtkontrolle werden auch die Verkabelung und das Schlieren. Montagesystem angeschaut. Wartungsverträge sind eine gute Option ÖNORM L 1131 Ein Wartungsvertrag bietet eine Reihe von Vorteilen – Die Österreichische Norm L1131 mit dem Titel „Gar- und sei es nur, dass keine Termine vergessen werden. tengestaltung und Landschaftsbau-Begrünung von Vor allem aber ist sichergestellt, dass die Wartung auch Dächern und Decken auf Bauwerken“ enthält aktuelle durchgeführt wird. Einige Hersteller von Solarmodulen Richtlinien zu Dachbegrünungen. verlangen eine regelmäßige Wartung als Voraussetzung für die Gewährung ihrer langen Garantiezeiten. Zusätzlich nimmt sie in den Beiblättern „Solargrün- dächer“,„Biodiversität“ und „Pflege und Wartung Auch für Versicherungen gilt der Wartungsvertrag als extensiver Dachbegrünung“ Bezug auf PV-Gründächer, Nachweis, dass die Sicherheit der Photovoltaikanlage deren Pflege und auf biodiversitätsfördernde Struktu- regelmäßig überprüft wird. relemente. | 15
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Kosten und Förderungen Kosten und Förderungen für PV-Anlagen Kosten und Förderungen für Gründächer Die Kosten für eine PV-Anlage sind in den letzten Jahren Die Kosten für eine Dachbegrünung variieren stark in stark gesunken, bedingt vor allem durch fallende Modul- Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Daches und preise. Die spezifischen Kosten pro kWp sind natürlich der Art der Begrünung. Folgende Richtwerte (Dach- umso geringer, je größer die Anlage ist. Den größten größe 1000 m²) können angenommen werden. Richt- Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage hat neben preise für die ÖNorm gerechte Herstellung von Bau- den Errichtungskosten die Höhe des Eigennutzungs- werksbegrünung durch Fachbetriebe exkl. Mwst. (Quelle grades, da damit der Zukauf vom Energieversorger Grünstattgrau, 2019): reduziert wird. Herstellung Dachbegrünung 25-50 Euro/m² Anlagengröße kWp 5 15 30 60 extensiv (8 cm) Jahresertrag ca. kWh 5.000 15.000 30.000 60.000 Herstellung Dachbegrünung ab 65 Euro/m² intensiv (30 cm) m2 Flächenbedarf auf 60 140 250 450 Herstellung Solar-/PV-Gründach, Flachdach, ca. brutto 55-80 Euro/h Je nach Aufwand Euro pro kWp, schlüs- 1.800,- 1.000,- 850,- 750,- Pflege und Wartung durch Fachpersonal, selfertig, ca. brutto 55-80 Euro/h Je nach Aufwand Preisbasis: Anlage auf MWH, Flachdach, Vlbg. 2020, netto Förderungen für Betriebe und Gemeinden Fördermöglichkeiten Gründächer sind im Rahmen der Umweltförderung für Die Förderungen für PV-Anlagen ändern sich Betriebe bei gleichzeitiger Dämmung der Fassade bzw. regelmäßig. Alle Informationen zu Förderungen im Rahmen eines Neubaus in energieeffizienter Bauwei- sind zusammengefasst und immer aktuell unter se förderbar. www.pvaustria.at/forderungen/ Förderungen für Private Immer mehr Gemeinden fördern die Errichtung von Dach- oder Fassadenbegrünungen. Infos unter www.energieinstitut.at/gemeindefoerderungen | 17
Glossar Diesen Ratgeber haben geschrieben Aufständerung: Erhöhung einer PV-Anlage durch eine Dr. Stephan Brenneisen Unterkonstruktion. Dozent an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, Institut für Umwelt und Biodiversität: Natürliche Ressourcen, Leiter Forschungsgruppe Stadt- Vielfalt an Lebensräumen und Lebensformen in einem ökologie, Schwerpunkt Gründächer. Er leitet mehrere Gebiet. Forschungsprojekte zum Thema Biodiversitätsdächer, begleitet seit Jahren Schweizer Kantone und Städte in Extensivbegrünung: Begrünung auf einer 8-19 cm ihrer Dachbegrünungsstrategie, hat an den Schweizer hohen Substratschicht, auf der an Trockenheit ange- Standards und Normen für die Dachbegrünungen feder- passte Pflanzen wachsen (ÖNORM). führend mitgewirkt. Intensivbegrünung: Begrünung ab einer 20 cm hohen Dipl. Geogr. Katrin Löning Substratschicht, auf der sogar Sträucher und Gehölze Leitet die pulswerk GmbH, Geschäftsstelle Bregenz, ist wachsen können (ÖNORM) Mitglied im Vorstand Österreichisches Ökologie-Institut und beschäftigt sich mit Fragen zu Biodiversität und Module: Photovoltaik- oder Solarmodule bestehen aus Klimawandel in Siedlungen. Sie berät Gemeinden und Solarzellen und wandeln Sonnenlicht in elektrische Unternehmen u.a. bei Naturschutzfragen und natur- Energie um. Eine PV-Anlage besteht aus mehreren nahem Bauen. Modulen. Ing. Wilhelm Schlader Neophyten bzw. invasiv: Neophyten sind bei uns nicht Langjähriger Experte für Haustechnik und erneuerbare heimische Pflanzen, die in den letzten Jahrzehnten Energien im Energieinstitut Vorarlberg. Berät Privat- oder Jahrhunderten eingeschleppt wurden, meist als personen, Gemeinden und Unternehmen zum Einsatz Zier- oder Nutzpflanzen. Einige Pflanzen finden hier klimaschonender Energieträger. ideale Bedingungen und breiten sich rasant aus, fast immer auf Kosten der heimischen Arten, die verdrängt werden. In diesem Fall spricht man von invasiven Neo- phyten. Strukturelemente: natürliche Materialien, die bei naturnahen Gestaltungen verwendet werden, um eine Vielzahl an Lebens- oder Nahrungsräumen für Tiere und Pflanzen zu schaffen. Beispiele sind Ast-, Stein-, Kies- oder Sandhaufen, Wasserflächen oder Totholz. Webtipps Die Artenvielfalt kann so maßgeblich gefördert werden. •• umweltfoerderung.at Substrat: Natürliches oder künstliches Material, das •• buntundartenreich.at auf dem Dach den Pflanzen als Wurzelraum dient. •• pvaustria.at/forderungen •• pulswerk.at Windlast: Die Kraft, mit der der Wind auf das Gebäude •• gruenstattgrau.at einwirkt. Bei Flachdächern entsteht durch Unterdruck •• vogis.cnv.at meist Windsog, der Druck auf die PV-Module ausübt. •• energieinstitut.at/gruendach-pv Deshalb müssen das Flachdach und der Aufbau durch Auflast gesichert werden. 18 |
IMPRESSUM Auftraggeber Amt der Vorarlberger Landesregierung Fachbereich Energie und Klimaschutz Römerstraße 15, 6900 Bregenz Herausgeber Energieinstitut Vorarlberg Campus V, Stadtstraße 33 6850 Dornbirn, Österreich Autor*innen: Stephan Brenneisen (ZHAW), Katrin Löning (pulswerk), Wilhelm Schlader (Energieinstitut Vorarlberg) Mitarbeit: Raphaël Hoschek (pulswerk), Katharina Bäuerle, Harald Gmeiner (beide Energieinstitut Vorarlberg), Markus Niedermair (Amt der Vorarlberger Landesregierung) Gestaltung: Iris Scheibler (Energieinstitut Vorarlberg) Bildnachweise: Titelseite Bauder Ansfelden; S. 4, 13, 15 Stephan Brenneisen; S. 2/3, 7, 9, 12, 16 pulswerk; S. 10, 11, 13 Grafiken Christian Reinhard Klimaneutral gedruckt im September 2020, auf Impact Recycling, Hugo Mayer Druck, Dornbirn Der Ratgeber entstand in Zusammenarbeit mit pulswerk und der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW.
CAMPUS V, Stadtstraße 33 6850 Dornbirn | Österreich Tel. +43 5572 31 202–0 info@energieinstitut.at www.energieinstitut.at gefördert von
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