REGIONALÖKONOMISCHE BEWERTUNG EINER GUD-KRAFTWERKSINVESTITION DER ELECTRABEL DEUTSCHLAND AG - GUTACHTEN
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Gutachten Regionalökonomische Bewertung einer GuD- Kraftwerksinvestition der Electrabel Deutschland AG im Auftrag der Electrabel Deutschland AG, Berlin Dr. Philip Steden Harald Dalezios Berlin, 10. Juli 2008 13 – 6729
Das Unternehmen im Überblick Geschäftsführer Christian Böllhoff Präsident des Verwaltungsrates Gunter Blickle Basel Stadt Hauptregister CH – 270.3.003.262-6 Rechtsform Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht Gründungsjahr 1959 Tätigkeit Prognos berät europaweit Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik. Auf Basis neutraler Analysen und fundierter Prognosen werden praxisnahe Entscheidungsgrundlagen und Zu- kunftsstrategien für Unternehmen, öffentliche Auftraggeber und internationale Organisationen entwickelt. Arbeitssprachen Deutsch, Englisch, Französisch Hauptsitz Prognos AG Henric Petri-Strasse 9 CH - 4010 Basel Telefon +41 61 32 73-200 Telefax +41 61 32 73-300 info@prognos.com Weitere Standorte Prognos AG Prognos AG Goethestraße 85 Wilhelm-Herbst-Straße 5 D - 10623 Berlin D - 28359 Bremen Telefon +49 (0)30 520059-200 Telefon +49 (0)421 2015-784 Telefax +49 (0)30 520059-201 Telefax +49 (0)421 2015-789 Prognos AG Prognos AG Schwanenmarkt 21 Rue de Luxembourg 19-21 D - 40213 Düsseldorf B - 1000 Brüssel Telefon +49 (0)211 887-3131 Telefon +32 2 51322-27 Telefax +49 (0)211 887-3141 Telefax +32 2 50277-03 Internet http://www.prognos.com
Inhalt Seite 1 Management Summary: Regionalwirtschaftliche Effekte des Investitionsvorhabens 3 2 Einleitung 6 2.1 Ausgangsbasis und Aufgabenstellung 6 2.2 Geplante Kraftwerksinvestition der Electrabel Deutschland AG – zentrale Kenngrößen 7 3 Methodisches Vorgehen zur regionalökonomischen Bewertung 9 4 Mögliche Kraftwerksstandorte und Regionsabgrenzung 12 5 Ermittlung regionalwirtschaftlicher Wirkungen 18 5.1 Bauphase 18 5.2 Betriebsphase 22 5.3 Steueraufkommen 25 6 Alternativbetrachtung: GuD-Kraftwerk in einer Metropolregion 28 7 Gesamtbewertung 30 8 Anhang 31 EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 1
Abbildungsverzeichnis Seite Abbildung 1: Systematik der ökonomischen Wirkungen 10 Abbildung 2: Untersuchungsregion Schwandorf 15 Abbildung 3: Untersuchungsregion Calbe/Staßfurt 16 Abbildung 4: Aufteilung des Investitionsvolumens 18 Abbildung 5: Wirkungskette der indirekte Effekte 23 Abbildung 6: Arbeitsplatzeffekte des GuD Kraftwerks in der Betriebsphase in der Modellregion 24 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Kenngrößen des Investitionsprojektes – GuD-Kraftwerk 7 Tabelle 2: Untersuchungsregion Schwandorf 13 Tabelle 3: Untersuchungsregion Calbe/Staßfurt 14 Tabelle 4: Kenndaten der Regionen Schwandorf, Calbe/Staßfurt sowie der gebildeten Modellregion 17 Tabelle 5: Berechnung der Gewerbe-, Lohn- und Körperschaftsteuer (vereinfacht für Kapitalgesellschaften) 27 Tabelle 6: Ausgangskenngrößen für die gebildete Modellregion 31 Tabelle 7: Regionalwirtschaftliche Wirkungen laufender Ausgaben im Kraftwerksbetrieb – Einzelblock 32 Tabelle 8: Regionalwirtschaftliche Wirkungen laufender Ausgaben im Kraftwerksbetrieb – Doppelblock 33 EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 2
1 Management Summary: Regionalwirtschaftliche Effekte des Investitionsvorhabens Das von der Electrabel Deutschland AG geplante Investitionsvorhaben, ein Gas- und-Dampf-Kombikraftwerk (GuD Kraftwerk) mit einer Bruttoleistung von 1 x 400 MWel. beim Einzelblock bzw. 800 MWel (2 x 400 MW) beim Doppelblock und einem Investitionsvolumen von rd. 350 bzw. 650 Mio. €, erzeugt während der Bauphase erhebliche regionale Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte. Auch in der Be- triebsphase ab 2012 werden zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen, wodurch die Kraftwerksregion wichtige Zukunftsimpulse erhält. Die wirtschaftliche Bedeutung eines Kraftwerkneubaus geht über die direkt beim Kraftwerk beschäftigten Arbeitnehmer hinaus. Denn zum einen profitieren weitere Konsumbranchen und Wirtschaftszweige von den Verdienstausgaben der Beschäf- tigten in der Region, zum anderen bezieht das geplante Kraftwerk in erheblichem Umfang Waren und Dienstleistungen, wodurch die regionale Wirtschaft gestärkt und gleichzeitig ein Beitrag zur Verbesserung der regionalen Infrastruktur geleistet wird. Bei der für die Untersuchung zugrunde liegenden Modellregion handelt es sich um eine Region mit einer gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung von 25 Mrd. €. Dies entspricht in etwa der Region um Calbe und Staßfurt in Sachsen-Anhalt sowie Schwandorf in Bayern. Bauphase Bezogen auf das gesamte Investitionsprogramm von 350 Mio. € beim Einzelblock bzw. 650 Mio. € beim Doppelblock profitiert die Kraftwerksregion mit einem Regio- nalanteil von ca. 17 % der Ausgaben. Dadurch werden 738 (Doppelblock 1.275) Personenjahre an Beschäftigung in den vorleistenden Investitionsgüterindustrien in der Region und auf der Baustelle gesichert oder geschaffen. Deutschlandweit sind es sogar 4.100 (7.600) Personenjahre. Die Zahl der Arbeitplätze variiert dabei über die gesamte Investitionsphase erheb- lich. Auf der Kraftwerksbaustelle werden in Spitzenzeiten bis zu 500 Personen und im Durchschnitt 190 beim Einzelblock bzw. 330 beim Doppelblock tätig sein. Dieser Wert kann nur mittelbar als regionaler Arbeitsplatzeffekt im Bau verstanden werden. Denn regionale Baufirmen setzen auch von außerhalb der Region stam- mende Bauarbeiter und Ingenieure ein, die nur während der Bauzeit in der Region leben. Wird das Arbeitsvolumen auf die geplante Investitionsdauer von 2 Jahren umgelegt, so werden rechnerisch 370 (640) Vollzeitarbeitsplätze1 in der Region gesichert oder 1 Erwerbstätigenarbeitsplätze. Dabei umfassen Erwerbstätige nach amtlicher Definition abhängig Beschäftigte, Beamte, Selbständige, Auszubildende und mithelfende Familienangehörige. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 3
geschaffen. Der größte Anteil hiervon entfällt dabei auf die Bauwirtschaft, den Ma- schinen- und Anlagenbau, Elektrotechnik / IT und auf unternehmensbezogene Dienstleistungen. Betriebsphase Für die Betriebsphase sind mit der Investition etwa 30 neue Vollzeitarbeitsplätze beim Einzelblock bzw. 38 beim Doppelblock direkt mit dem Kraftwerk verbun- den. Durch die gezahlten Einkommen und die Konsumausgaben der Kraftwerksbe- schäftigten werden rund 8 (Einzelblock) bzw. 10 (Doppelblock) weitere regionale Arbeitsplätze induziert. Der Haupteffekt für weitere indirekte Beschäftigungswirkungen resultiert daraus, dass in der Betriebsphase des neuen Kraftwerks laufende Ausgaben für den Be- zug von Betriebsstoffen, Dienstleistungen sowie Instandhaltungs- und Wartungsar- beiten (ohne Brennstoffbezug) in Höhe von rund 6,9 (Einzelblock) bzw. 12,1 Mio. € (Doppelblock) pro Jahr anfallen werden.2 Davon verbleiben ca. 60 % in der Region. Der daraus entstehende indirekte Arbeitsplatzeffekt beläuft sich nach Modellrech- nungen mit einem Input-Output-Modell auf ca. 48 Erwerbstätige (Einzelblock) bzw. 77 Erwerbstätige (Doppelblock). Neben den direkten Beschäftigungseffekten von 30 (Einzelblock) bzw. 38 (Doppel- block) Arbeitsplätzen entstehen also insgesamt weitere 56 (Einzelblock) bzw. 87 (Doppelblock) indirekte Vollzeitarbeitsplätze bei Zulieferern und bei den von Ver- dienstausgaben der Kraftwerksbeschäftigten profitierenden (Konsum-) Branchen. In Summe werden in der Kraftwerksregion durch die Investitionen knapp 86 (Einzel- block) bzw. 125 (Doppelblock) Vollzeitarbeitsplätze dauerhaft gesichert oder ge- schaffen. Neben den positiven Arbeitsplatzeffekten kann die Region durch steigende Steuer- einnahmen von der Investition profitieren. Der sehr konservativ geschätzte fiskali- sche Effekt auf kommunaler Ebene liegt anfänglich bei ca. 2 Mio. € pro Jahr und be- steht in erster Linie aus Gewerbesteuer- und dem Gemeindeanteil am Lohnsteuer- aufkommen. Je nach zukünftigem Strompreis und Lebenszyklus des Kraftwerks (Abschreibungsdauer) lassen sich deutlich höhere Steuerwerte erwarten.3 Das zu- gehörige Bundesland erzielt darüber hinaus ebenfalls erhebliche Lohnsteuer- und Körperschaftsteuereinnahmen. Grundsätzlich kann man daher von deutlich positi- ven Effekten auf die Haushaltssituation der Region, in der das GuD-Kraftwerk ge- baut wird, ausgehen. Aufgrund der horizontalen und vertikalen Ausgleichsmecha- nismen in der deutschen Finanzverfassung ist allerdings eine genaue Abschätzung dieser Effekte ex-ante nicht möglich. 2 Zusätzlich fallen Brennstoffkosten von schätzungsweise 130 bzw. 255 Mio. € für den Bezug von Gas an. 3 Die vom Kraftwerk ausgehenden Steuerzahlungen hängen von der Ausgestaltung des Geschäftsmodells (Rechtsform, Finanzierung), der Phase im Lebenszyklus und dem angesetzten Strompreis ab. Die Annahme höherer Strompreise als in dieser Studie angesetzt, z.B. der Terminmarktpreis an der EEX, führt zu um ein Mehrfaches höheren Steuerzah- lungen an die Standortkommune des Kraftwerks. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 4
Die Kraftwerksinvestition wird die Infrastruktur der Region aufwerten, einen Bei- trag zur umweltschonenden Energieversorgung leisten und zur Versorgungssicher- heit in der Region beitragen. Hierdurch verbessern sich die Chancen für die Ansied- lung weiterer Betriebe in der Standortregion. Zudem wird durch den Kraftwerksbe- trieb zusätzlicher Spielraum für die Kommunalhaushalte aufgrund höherer Steuer- einnahmen eröffnet. Die Kraftwerksinvestition leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit einer Region. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 5
2 Einleitung 2.1 Ausgangsbasis und Aufgabenstellung Die Electrabel Deutschland AG beabsichtigt, den Neubau eines Gas-und-Dampf-Kombikaftwerkes (GuD Kraftwerk). Für den Bau sind zwei Standorte in Sachsen-Anhalt (Calbe im Landkreis Schö- nebeck, Staßfurt im Landkreis Aschersleben-Staßfurt) und ein wei- terer Standort in Bayern (Schwandorf in Bayern) in die nähere Auswahl gekommen. Geplant ist die Errichtung einer modernen GuD-Anlage mit 400 MW (Einzelblock) oder 800 MW (Doppel- block) und einem Wirkungsgrad von ca. 57%.4 Dieses Investiti- onsvorhaben dient dem Ziel, die eigenen Stromerzeugungskapazi- täten mit einer effizienten Anlage zu erweitern und die Wettbe- werbsposition im deutschen Strommarkt zu festigen. Die drei gesicherten Standorte für die geplante Kraftwerksinvestiti- on sind für das Projekt hervorragend geeignet, da sich in der Nachbarschaft jedes Standortes eine Gaspipeline befindet und in- nerhalb weniger Kilometer Zugang zum 380 kV Hochspannungs- leitungsnetz besteht. Eine endgültige Standortentscheidung ist noch nicht getroffen. Gleichwohl lässt sich absehen, dass die betreffende Region vom Bau und Betrieb eines neuen Kraftwerks profitieren kann. Positive regionalökonomische Auswirkungen re- sultieren aus der Aufwertung des Standorts durch eine verbesserte Infrastruktur und die Schaffung von zukunftssicheren Arbeits- plätzen direkt am Kraftwerk und darüber hinaus. Ziel des Untersuchungsauftrags dieser Studie ist es, die fiskali- schen und regionalwirtschaftlichen Effekte der Kraftwerksin- vestition quantitativ abzuschätzen (Regional Impact Study). Ab- geleitet aus den Planungsgrößen der Investition werden dabei die regionalen Auswirkungen hinsichtlich der wirtschaftspolitisch rele- vanten Kenngrößen Arbeitsplätze, Einkommen, Wertschöpfung, Zulieferbeziehungen und steuerliche Effekte für die Region abge- schätzt. Da die beiden Untersuchungsregionen in Bayern bzw. in Sachsen-Anhalt von ihrer Größe her in etwa vergleichbar sind, wurde eine durchschnittliche Musterregion gebildet und diese an- schließend untersucht. Dieses Vorgehen erlaubt es, eine einzige standortunabhängige Berechnung durchzuführen und gleichzeitig Aussagen für beide in Frage kommende Regionen zu erhalten. Von besonderer Bedeutung sind dabei auch sog. indirekte Effek- te, die während der Bauphase des Kraftwerks, aber auch während 4 Elektrischer Brennstoffnutzungsgrad. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 6
des Betriebs durch die Auftragsvergabe bei Zulieferfirmen entste- hen. Prognos hat die regionalökonomischen Effekte ermittelt, in dem ein auf einer Input-Output-Rechnung basierendes Regional- modell eingesetzt wurde, welches sich bereits in vergleichbaren Fragestellungen bewährt hat. 2.2 Geplante Kraftwerksinvestition der Electrabel Deutschland AG – zentrale Kenngrößen Wesentlichen Einfluss auf die zu bestimmenden regionalwirtschaft- lichen Effekte (z.B. Beschäftigungseffekte) und insbesondere auf die Höhe der indirekten und einkommensinduzierten Effekte (Mul- tiplikatorwirkungen) besitzen die berücksichtigten Eingangswerte. Dem Gutachter standen hierfür nachfolgend dargestellte Informati- onen zur Verfügung. Folgende Tabelle macht dabei unterschiedli- che Angaben, je nachdem, ob ein Kraftwerksblock (Einzelblock) oder 2 Kraftwerksblöcke (Doppelblock) gebaut werden. Tabelle 1: Kenngrößen des Investitionsprojektes – GuD-Kraftwerk Einzelblock (400 MW) Doppelblock (800 MW) Investitionsvolumen Kraft- 350 Mio. € 650 Mio. € werk Investitionen in den Netz- 15 Mio. € bei angenommenen 15 Mio. € bei angenommenen ausbau Netzausbau von 15 km Netzausbau von 15 km Bauphase 2010 - 2011 2010 - 2011 Bruttoengpassleistung (el) ca. 413 Megawatt ca. 826 Megawatt Bruttostromerzeugung ca. 2.500 GWh p.a. ca. 5.000 GWh p.a. Gaseinsatz p.a. 16.000 TJ (4.444.444 MWh) 32.000 TJ (8.888.888 MWh) Volllaststunden 4.000 bis 6.000 h/a 4.000 bis 6.000 h/a ca. 30 Beschäftigte (25 Fest- ca. 38 Beschäftigte (30 Festan- angestellte sowie 5 Auszubil- gestellte sowie 7 Auszubildende) dende) mit einem durchschnitt- Beschäftigte am Kraftwerk mit einem durchschnittlichen lichen Bruttojahresarbeitsent- ab Inbetriebnahme Bruttojahresarbeitsentgelt von gelt von 72.000 € (inkl. AG- 72.000 € (inkl. AG-Anteile an der Anteile an der Sozialversiche- Sozialversicherung) rung) Laufende Investitionen und Ausgaben (ohne Gasbe- 7 Mio. € p.a. 12 Mio. € p.a. zugskosten) Quelle der Daten: Electrabel Deutschland AG, 2008 EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 7
Bei dem geplanten Kraftwerk handelt es sich um ein Gas- und Dampfturbinen Kraftwerk mit einer Bruttoengpassleistung von 413 Megawatt bzw. 826 Megawatt, je nachdem ob ein oder zwei Blö- cke zur Ausführung kommen. Die voraussichtlichen Investitions- kosten belaufen sich auf ca. 350 Mio. € beim Einzelblock bzw. 650 Mio. € beim Doppelblock, was angesichts der heutigen Marktsitua- tion einer plausiblen Annahme von ca. 800.000 €/MW inkl. Bauher- ren- und Finanzierungskosten entspricht. Infolge höherer Stahl- preise sowie einer Verknappung der Kapazitäten der Anlagenbau- er sind in jüngster Zeit die Komponentenkosten deutlich gestiegen, was zu signifikant höheren Kosten pro MW führt, als es noch vor einigen Jahren üblich war. Das GuD-Kraftwerk wird einen elektrischen Brennstoffnutzungs- grad von ca. 57% aufweisen. Während der ca. 30-jährigen Nut- zungsdauer wird das Kraftwerk je nach Marktsituation 4.500 bis 6.500 Vollbenutzungsstunden p.a. produzieren. Bei einer täglichen Betriebsdauer von 16 Stunden werden im Falle des Einzelblocks rund 2,5 Mio. MWh Strom produziert und im Falle des Doppel- blocks ca. 5 Mio. MWh p.a. Gemessen am prognostizierten Groß- handelspreis für Strom, der, orientiert am Future Preis an der EEX, zum Betriebsbeginn im Jahr 2012 auf eine Bandbreite von 70 bis 75 € je MWh geschätzt wird, entspricht das einem Umsatz des Kraftwerks von 175 bis 187,5 Mio. € pro Jahr beim Einzelblock und von 350 bis 375 Mio. € beim Doppel Block. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 8
3 Methodisches Vorgehen zur regionalökonomischen Bewertung Die wirtschaftliche Bedeutung eines GuD-Kraftwerkneubaus und des anschließenden Betriebs ist nicht auf die direkten Wirkungen am Kraftwerksstandort (z.B. Beschäftigung, Steuerzahlungen) be- schränkt, sondern der Kraftwerksbetrieb entfaltet darüber hinaus vielfältige indirekte regionalökonomische Wirkungen. Diese reichen von Auftragsvergaben des Kraftwerksbetreibers, über die Konsumausgaben der Beschäftigten und ausgelöste Multiplikator- wirkungen bis hin zu positiven Auswirkungen der durch die Investi- tion verbesserten Infrastruktur. Insbesondere während der Bau- phase wird eine hohe Nachfrage für die Bauwirtschaft und regiona- le Zulieferunternehmen erwartet. Die sich aus dem geplanten Kraftwerk ergebenden Wirkungen las- sen sich in direkte, indirekte und induzierte Effekte unterteilen. Direkte Effekte bezeichnen die primären Produktions-, Be- schäftigungs-, und Einkommenseffekte, die direkt beim Kraftwerk entstehen. Hierzu zählen die Umsätze und die Stromproduktion, die Wertschöpfung, die Arbeitsplätze und die Einkommen der Beschäftigten. Indirekte Effekte entstehen durch laufende Ausgaben und Investitionen in der Region. Diese regionale Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen führt zu einer erhöhten Wert- schöpfung und Beschäftigung in den Zulieferbetrieben in den Vorleistungsbranchen. Auch die vorleistenden Wirtschaftsbe- reiche beziehen ihrerseits wiederum Vorleistungen von an- deren Bereichen (Vorleistungsverflechtung). Es ergeben sich folglich indirekte Effekte erster, zweiter, [...] und n-ter Ord- nung, wobei die Größenordnung der Effekte von Stufe zu Stufe abnimmt. Einkommensinduzierte Effekte entstehen durch die Ver- dienstausgaben der Erwerbstätigen. Die Beschäftigten beim Electrabel-Kraftwerk und in zuliefernden Branchen verwen- den einen Teil ihrer Einkommen für Konsumausgaben. Aus dieser zusätzlichen Nachfrage resultieren sog. induzierte Ef- fekte, die in gestiegener gesamtwirtschaftlicher Wertschöp- fung, Beschäftigung und Einkommen liegen. Die folgende Abbildung veranschaulicht den Zusammenhang der Effekte: EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 9
Abbildung 1: Systematik der ökonomischen Wirkungen Direkte DirekteEffekte Effekte Anstoß Berechnung über Anstoßder derökonomischen ökonomischenWirkungskette Wirkungskettedurch: durch: Input-Output- Wertschöpfung Wertschöpfung und Arbeitsplätzeam und Arbeitsplätze amKraftwerksstandort Kraftwerksstandort Laufende Rechnung LaufendePersonal- Personal-und undSachausgaben Sachausgaben Laufende Laufende Investitionenund Investitionen undInstandhaltung Instandhaltung Berechnung über Indirekte IndirekteEffekte Effekte regionalspezifische Produktion, Produktion,Wertschöpfung Wertschöpfungund undBeschäftigung Beschäftigung Einkommensmultiplika- resultierend aus Auftragsvergabe an Lieferanten resultierend aus Auftragsvergabe an Lieferanten für fürProdukte Produkteund undDienstleistungen. toren auf Kreisebene Dienstleistungen. Konsuminduzierte KonsuminduzierteEffekte Effekte Produktion, Produktion,Beschäftigung Beschäftigungund undEinkommen Einkommenresultierend resultierendaus ausden den Verdienstausgaben VerdienstausgabenderderBeschäftigten, Beschäftigten,d.h. d.h. Konsumausgaben der Kraftwerksbeschäftigten Konsumausgaben der Kraftwerksbeschäftigten Konsumausgaben Konsumausgabender derBeschäftigten Beschäftigtenininvorleistenden vorleistendenWertschöpfungsstufen Wertschöpfungsstufen Gesamteffekt Gesamteffekt Gesamteffekt Quelle: Prognos AG, 2008 Die wirtschaftliche Bedeutung divergiert je nach ausgewähltem Kraftwerksstandort und hängt auch von der räumlichen Abgren- zung und der vorhandenen Wirtschaftsstruktur (Bundesland/ Berg- bauregion/ Industrieregion/ ländliche Region) ab. In der Regel wer- den jedoch mit dem nahen Standortumfeld enge Wirtschaftsver- flechtungen bestehen. Die Beschäftigungswirkungen einschließlich der Multiplikatorwir- kungen für den Kraftwerksbau und den anschließenden Betrieb werden für dieses Gutachten mittels Modellrechnungen auf der Basis eines Input-Output-Modells und eines regionalen Ein- kommensmultiplikators ermittelt. Dieses Modell wurde von der Prognos AG bereits bei ähnlichen Untersuchungen erfolgreich an- gewandt und für die hier relevante Fragestellung angepasst. Da der genaue Kraftwerksstandort noch nicht benannt ist und mehrere Standortoptionen bestehen, wird sich im Folgekapitel zu- nächst mit der genauen Regionsabgrenzung beschäftigt. Als Re- gionsabgrenzung wird dabei in dieser Studie ein aktionsräumli- ches Regionsverständnis zugrunde gelegt, was die Mobilität der Einwohner und die regionalen Distributionsstrukturen am ehesten widerspiegelt. Eine Region umfasst nach diesem Verständnis mehr als einen in der Regel eng abgegrenzten Landkreis (NUTS 3-Ebene), reicht jedoch nicht an die viel weiter gefassten, NUTS 2- Regionen (in der Regel Bundesländer oder Regierungsbezirke) heran. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 10
Die regionale Anpassung des Input-Output Modells erfolgte mit Hil- fe aktueller amtlicher Daten (Produktivitäten, Entgelte je Arbeit- nehmer, Wertschöpfung je Erwerbstätigem) und mit funktional ge- schätzten intraregionalen Lieferquoten beim Bezug von Vorleis- tungen. Wichtige Kenngrößen sind detailliert in der Tabelle im An- hang dargestellt. Die Schätzung der intraregionalen Lieferquoten erfolgt mit einem funktionalen Schätzansatz, der in den letzten Jahren von Prognos in einem Forschungsprojekt für das Bundes- amt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) entwickelt worden ist. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 11
4 Mögliche Kraftwerksstandorte und Regionsabgrenzung Für die Kraftwerksinvestition kommen nach derzeitiger Planung drei Standorte in Frage: - Calbe (Sachsen-Anhalt) - Staßfurt (Sachsen-Anhalt) - Schwandorf (Bayern) Kern der Studie ist die Frage, welche ökonomischen Auswirkun- gen die Kraftwerksinvestition für die betreffende Region hat. Um mit vertretbarem Aufwand Aussagen modellgestützt generieren zu können, stellt sich die Frage, inwieweit die drei Regionen ver- gleichbar sind hinsichtlich ihrer Größe, Wirtschaftskraft, etc. Zugrunde gelegt wird dabei ein Regionsverständnis, das über die reine Standortgemeinde hinausgeht und auch benachbarte Land- kreise umfasst. Im Folgenden wird anhand von Indikatoren ge- zeigt, dass die Regionen hinsichtlich der Wirtschaft in etwa ver- gleichbar sind. Anschließend wird anhand der Wirtschaftsstruktur der drei Standortregionen eine Musterregion gebildet, die dann hinsichtlich der Kraftwerksinvestition untersucht wird. Dabei gilt zu beachten, dass es sich nicht um vollkommen identische Regionen handelt. Im vorliegenden Fall, insbesondere zwischen dem Bun- desland Bayern und Sachsen-Anhalt, bestehen strukturelle Unter- schiede, so dass die Ergebnisse für die Modellregion nicht unge- prüft auf die drei Einzelstandorte übertragen werden können. Schwandorf Im Zuge der Regionsabgrenzung wurden für die Standortgemein- de Schwandorf der Landkreis Schwandorf sowie dessen direkte, geographische Nachbarn zu einer Untersuchungsregion zusam- mengefasst. Dabei wurden auch die kreisfreien Städte Regens- burg, Amberg und Weiden aufgenommen, da sie innerhalb be- nachbarter Kreise liegen. Abbildung 2 zeigt die Untersuchungsre- gion in kartographischer Form. Insgesamt umfasst die Untersu- chungsregion Schwandorf damit die folgenden Kreise und kreis- freien Städte: EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 12
Tabelle 2: Untersuchungsregion Schwandorf Untersuchungsregion Schwandorf, Bayern Ausgangsregion: Schwandorf (Gemeinde) Kreis: Schwandorf (Landkreis) Benachbarte Kreise: - Amberg-Sulzbach - Neustadt a.d. Waldnaab - Cham - Regensburg - Neumarkt i.d. Opf. Kreisfreie Städte: - Weiden - Regensburg - Amberg Quelle: Prognos AG, 2008 Calbe/Staßfurt Die Standorte Calbe und Staßfurt liegen in großer räumlicher Nähe zueinander liegen. Der Luftlinienabstand beträgt ca. 15 bis 20 Ki- lometer. Daher macht eine getrennte Untersuchung für diese bei- den Regionen regionalwirtschaftlich wenig Sinn. Im Zuge der Re- gionsabgrenzung würden beide Regionen ohnehin in einer ge- meinsamen Region aufgehen, so dass die eine immer Substitut der anderen wäre. Aus diesem Grund werden im Folgenden Calbe und Staßfurt als eine Region behandelt. Für die Untersuchungsre- gion Calbe/Staßfurt wurden anschließend, analog zu Schwandorf, die direkten geographischen Nachbarn hinzugefügt. In einem wei- teren Schritt wurde ebenfalls Dessau aufgenommen, da die Stadt geographisch innerhalb des Kreises Anhalt-Zerbst verortet ist und daher in einer regionalwirtschaftlichen Analyse berücksichtigt wer- den muss, auch wenn keine direkte gemeinsame Kreisgrenze mit der Zentralregion besteht (vgl. kreisfreie Städte in der Region Schwandorf). Aus diesem Grund ist für die Untersuchungsregion Calbe/Staßfurt des Weiteren die Region Halle von großer Bedeu- tung. Ähnlich wie Magdeburg im Norden und Dessau im Osten wirkt sie auf die untersuchte Region wie ein regionalwirtschaftli- cher „Gravitationspol“ und muss bei der Regionsabgrenzung eben- falls Berücksichtigung finden. Abbildung 3 zeigt die Untersuchungsregion in kartographischer Form. Damit umfasst die Untersuchungsregion Calbe/Staßfurt fol- gende Kreise und kreisfreien Städte: EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 13
Tabelle 3: Untersuchungsregion Calbe/Staßfurt Untersuchungsregion Calbe/Staßfurt, Sachsen-Anhalt Zentrum: Calbe (Gemeinde) / Staßfurt (Gemeinde) Zentralkreis: Schönebeck (Landkreis) / Aschersleben-Staßfurt (Landkreis) Benachbarte Kreise: - Bördekreis - Quedlinburg - Mansfelder Land - Bernburg - Jerichower Land - Köthen - Anhalt-Zerbst - Saalkreis Kreisfreie Städte: - Magdeburg - Halle - Dessau Quelle: Prognos AG, 2008 EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 14
Abbildung 2: Untersuchungsregion Schwandorf SK Bamberg LK Bayreuth LK Neustadt a.d.Waldnaab LK Forchheim LK Erlangen-Höchstadt SK Weiden i.d.OPf. eustadt a.d.Aisch-Bad Windsheim SK Erlangen LK Amberg-Sulzbach LK Nürnberger Land SK Fürth SK Amberg LK Fürth SK Nürnberg LK Schwandorf SK Schwabach LK Cham LK Roth LK Neumarkt i.d.OPf. LK Regensburg LK Regen LK Weißenburg-Gunzenhausen SK Regensburg LK Straubing-Bogen LK Eichstätt SK Straubing LK Freyung-Grafenau LK Kelheim LK Deggendorf LK Donau-Ries SK Ingolstadt LK Dingolfing-Landau LK Neuburg-Schrobenhausen Quelle: Prognos AG, 2008 EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 15
LK Gifhorn SK Potsdam SK Brandenburg an der Havel SK Wolfsburg LK Peine LK Ohrekreis LK Jerichower Land LK Potsdam-Mittelmark SK Braunschweig LK Helmstedt LK Wolfenbüttel SK Magdeburg LK Teltow-Fläming SK Salzgitter Abbildung 3: LK Bördekreis EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc LK Anhalt-Zerbst Quelle: Prognos AG, 2008 LK Halberstadt LK Schönebeck Calbe LK Goslar SK Dessau LK Wittenberg LK Aschersleben-Staßfurt LK Wernigerode LK Köthen LK Bernburg LK Quedlinburg LK Osterode am Harz LK Bitterfeld LK Mansfelder Land LK Saalkreis LK Delitzsch LK Nordhausen LK Torgau-Oschatz LK Sangerhausen SK Halle (Saale) Untersuchungsregion Calbe/Staßfurt LK Eichsfeld LK Merseburg-Querfurt SK Leipzig 16
Durchschnittsregion Für die Bildung einer durchschnittlichen Modellregion wurden aus grundlegenden ökonomischen Indikatoren beider Untersu- chungsregionen Mittelwerte gebildet (vgl. Tabelle 4). Wie man in Tabelle 4 erkennen kann, sind die beiden Untersu- chungsregionen im Bereich der Bruttowertschöpfung, des BIP so- wie des verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte relativ nahe beieinander, wenngleich man für Calbe/Staßfurt die größere Gesamteinwohnerzahl berücksichtigen muss. Auch im Bereich der Gesamtfläche sowie der Erwerbstätigen kann eine gute Überein- stimmung festgestellt werden. Allerdings ist auch auf das grund- sätzlich in Ostdeutschland bestehende Problem einer sehr hohen Arbeitslosigkeit hinzuweisen, welche sich im Vergleich zu Bayern gerade sehr deutlich zeigt. Die theoretische Modellregion liegt definitionsgemäß zwischen den beiden generischen Regionen. Insgesamt ist zu beobachten, das die Untersuchungsregion Schwandorf häufig über, die Untersu- chungsregion Calbe/Staßfurt unter diesen Durchschnitt fällt. Für die Interpretation der Ergebnisse ist daher davon auszugehen, dass die Region Schwandorf tendenziell wirtschaftlich etwas stär- ker, die Region Calbe/Staßfurt hingegen eher schwächer einzu- schätzen ist. Die gebildete Modellregion hat danach eine Bruttowertschöpfung von ca. 25 Mrd. € und etwa eine halbe Mio. Erwerbstätige. Die ge- bildete Modellregion ist damit etwas größer als die durchschnittli- che deutsche Raumordnungsregion mit einer Bruttowertschöpfung von ca. 21 Mrd. €. Die Auswirkungen auf die GuD - Kraftwerksin- vestition auf diese Modellregion werden im Folgenden untersucht. Tabelle 4: Kenndaten der Regionen Schwandorf, Calbe/Staßfurt sowie der gebildeten Modellregion REGION REGION REGION CALBE/STAß- SCHWANDORF DURCHSCHNITT FURT Einwohner in Mio. Personen - 2005 1,012 1,340 1,176 Gebiet in qkm - 2005 8.606 7.828 8.217 Erwerbstätige insgesamt in tausend Per- 504 566 535 sonen - 2005 Arbeitslose insgesamt in tausend Perso- 44 138 91 nen - 2005 Bruttowertschöpfung in jeweiligen Prei- 25.926 23.587 24.757 sen insgesamt in Mill. € - 2005 BIP zu Marktpreisen in jeweiligen Preisen 28.728 26.136 27.432 - in Mill. € - 2005 Verfügbares Einkommen der privaten 17.312 18.740 18.026 Haushalte 2005 in Mill. € Quelle: Prognos AG, 2008 EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 17
5 Ermittlung regionalwirtschaftlicher Wirkungen 5.1 Bauphase Die geplante Investitionssumme beim Einzelblock beläuft sich auf 350 Mio. € und beim Doppelblock auf 650 Mio. €. Hinzu kommen in beiden Fällen Kosten für den Netzausbau in Höhe von 15 Mio. € für geschätzte 15 km Netzlänge.5 Vom gesamten Investitionsvo- lumen inkl. Netzausbau beim Einzelblock entfallen auf den Bereich Bau geschätzte 69 Mio. € (ca. 19%) inkl. Gas- und Kühlwasseran- schluss, weitere 206 Mio. € (ca. 57%) fließen in die Beschaffung von Maschinen und Anlagen. Elektrotechnische Komponenten be- anspruchen 34 Mio. € (ca. 10%) des Investitionsbudgets, auf Pla- nungs- und Projektentwicklungsleistungen inkl. Eigenleistungen sowie sonstige unternehmensbezogene Dienstleistungen entfallen rund 32 Mio. € (8%) des Investitionsbudgets. Bei einem geringen Anteil von ungefähr 1% der Investitionssumme handelt es sich um Grunderwerbskosten. Folgendes Schaubild verdeutlicht noch einmal die Aufteilung der Investitionsausgaben. Abbildung 4: Aufteilung des Investitionsvolumens Netzausbau Grundstücke 4% 1% Planungsleistun- gen und sonst. Dienstleistungen Hoch- und Tiefbau 8% 19% Elektrotechnische Anlagen 10% Maschinen 57% Quelle: Prognos AG, 2008 auf Basis von Unternehmensangaben 5 Bei Investitionen in den Netzausbau kann vereinfacht davon ausgegangen werden, dass von der Investitionssumme etwa 70 % in die Bauwirtschaft fließen und 30 % in den Bezug von elektrotechnischem Gerät (15 % in den Bereich Metall und 15 % in den Bereich Anlagentechnik). EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 18
Die Aufteilung der Investitionsausgaben beim Doppelblock unter- scheidet sich nur geringfügig gegenüber dem Einzelblock. Insbe- sondere erhöhen sich Planungskosten, Grunderwerbskosten und die Kosten für den Netzausbau nicht proportional, wenn zwei an- stelle von einem Block installiert werden. Deutschlandweiter Beschäftigungsimpuls Wie eine Modellabschätzung der Prognos AG auf Basis eines Input-Output-Modells für Deutschland ergibt, sichern oder schaf- fen die Investitionsausgaben beim Einzelblock deutschlandweit ein Beschäftigungsvolumen von über 4.100 Personenjahren (beim Doppelblock 7.600) bei Unternehmen in den Vorleistungssekto- ren und deren Zulieferern. Dabei ist berücksichtigt, dass ein Teil der Investitionsausgaben für den Import von Gütern verwendet wird. Das Gesamtbeschäftigungsvolumen befindet sich schwer- punktmäßig in der Bauwirtschaft mit ca. 915 (Einzelblock) bzw. 1.650 Personenjahren (Doppelblock)6, in den Bereichen Maschi- nenbau, elektrische Anlagen / IT und bei den unternehmensnahen Dienstleistungen. Welcher Anteil des Beschäftigungsvolumens und der Investitions- ausgaben in der Kraftwerksregion verbleibt, ist a priori schwie- rig zu bestimmen, da dies entscheidend von der Wirtschaftsstruk- tur der Region und der Auftragsvergabe abhängig ist. Aus diesem Grund können an dieser Stelle nur plausible Schätz- und Erfah- rungswerte herangezogen werden. Regionale Effekte Aus der Vergabepraxis vergangener Kraftwerksinvestitionen lässt sich ableiten, dass von den Kraftwerksinvestitionen ca. 17 % in der Region verbleiben. Dieser Wert ergibt sich bei der Betrach- tung vergleichbarer Kraftwerksinvestitionen. Der Bau der Kraft- werksanlage wird üblicherweise an einen Generalunternehmer vergeben. Bei der Vergabe von Unteraufträgen werden regionale Anbieter ihrer Ortskenntnis wegen soweit wie möglich bevorzugt einbezogen. Der Regionalanteil variiert naturgemäß je nach Art der bezogenen Güter und Dienstleistungen deutlich. Er liegt beim Bezug von Dienstleistungs- und Bauleistungen mit ca. 40% und beim Netz- ausbau höher als beim Bezug von Maschinen und elektrotechni- schen Bauteilen (nur ca. 3%). Die durchschnittliche Regionalquote 6 Dieses Beschäftigungsvolumen in der Bauwirtschaft bezieht sich nicht ausschließlich auf den Kraftwerksbau (ca. 876 Personenjahre), sondern auch auf Bauaufträge, die Lieferanten von Investitionsgütern ihrerseits auslösen (ca. 40 Per- sonenjahre). Im Falle des Doppelblocks werden 1.577 Personenjahre auf der Baustelle und 70 durch weitere Bauauf- träge ausgelöst. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 19
beim betrachteten Kraftwerksbau von 17% wird durch eine Studie des IWH Halle plausibilisiert, die ermittelt hat, dass im Schnitt der ostdeutschen Wirtschaft 23,5 % der Investitionsgüter aus Ost- deutschland bezogen werden.7 Die für den Kraftwerksbau getrof- fenen Annahmen lassen sich daher als konservative Annahmen ansehen. Gemäß diesen Annahmen entfällt von der Gesamtinvestitions- summe ein Anteil von 60 Mio. € (Einzelblock) bzw. 103 Mio. € (Doppelblock) auf die betreffende Region, in der das Kraftwerk gebaut wird. Um die Folgewirkung dieser regionalen Ausgaben mit Hilfe eines regionalen Input-Output-Modells zu quantifizieren, müssen für die Standortregion (Modellregion) des neuen Kraftwerks Annah- men bezüglich der intersektoralen Vorleistungsverflechtungen der Branchen getroffen werden, um die zahlreichen Vorleistungsver- flechtungen aller Branchen untereinander abzubilden. Hierzu wur- den funktional Werte für die 12 Wirtschaftszweige der Input- Output-Tabelle bestimmt (vgl. Anhang), unter Berücksichtigung verschiedener von der Prognos AG bereits durchgeführter Regio- nal Impact Studies sowie eines Forschungsprojektes für das Bun- desamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR).8 Der Investitionsanteil, der auf die Standortregion des neuen Kraft- werks entfällt, führt nach diesen Modellrechnungen zu einem regi- onalen Beschäftigungseffekt beim Einzelblock von 738 Perso- nenjahren (Doppelblock 1.275) in den vorleistenden Investitions- güterindustrien inklusive der Bauwirtschaft. Ein Großteil der Arbeitsplätze entsteht direkt auf der Baustelle im Bereich Bau. Nach unseren Modellrechnungen sind es 380 Per- sonenjahre beim Einzelblock und 660 beim Doppelblock. Die Anzahl der Arbeitplätze direkt auf der Baustelle variiert dabei natur- gemäß über die Bauphase. Während der knapp zweijährigen Bau- phase des Electrabel-Kraftwerks werden im Durchschnitt direkt auf der Baustelle etwa 190 (Einzelblock) bzw. 330 (Doppelblock) Perso- nen beschäftigt sein, in Spitzenzeiten sind es sogar max. 500 Bauar- beiter und Ingenieure. Bezieht man das in Personenjahren errechnete Beschäftigungsvo- lumen nicht nur in der Bauwirtschaft, sondern in allen Vorleis- tungsbereichen auf die 2-jährige Bauphase, dann entspricht es 7 Vgl. Lehmann, H./ Ludwig, U./Ragnitz, J (IWH-Halle): Transferleistungen und Bruttoinlandsprodukt in Ostdeutschland, Halle (Saale) 2005. 8 Vgl. Färber, G./ Arndt, O./ Steden, P./ Dalezios, H.: Die effektive Inzidenz von Bundesmitteln; Forschungsgutachten im Auftrag des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung erstellt vom Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer / Prognos AG, 2007. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 20
durchschnittlich 370 Vollzeitarbeitsplätzen (Einzelblock) bzw. 640 (Doppelblock) über die Bau- und Investitionsphase. Davon entfallen 190 (330) Arbeitsplätze auf den Bereich Bau und 180 (310) auf Arbeitsplätze in den Vorleistungssektoren innerhalb der Region.9 Der Beschäftigungsimpuls wirkt sich in erster Linie positiv in der Bauwirtschaft, im Maschinen- und Anlagenbau, der Elektro- technik sowie im Bereich der unternehmensbezogenen Dienstleis- tungen aus. Aber auch die Bereiche Handel, Transport und das Gastgewerbe erfahren einen positiven Impuls von bis zu 50 Ar- beitsplätzen, da sie indirekt von den Ausgaben der am Bau Be- schäftigten und den Aufträgen der Zulieferer des Kraftwerkbaus profitieren. Unklar ist, welcher Anteil der für die Region berechneten Jobs für Bauarbeiter und –ingenieure auch mit Arbeitnehmern aus der Re- gion besetzt wird. Denkbar ist, dass ein Teil der Bauarbeiter und - ingenieure nicht in der Region ansässig ist, sondern nur für die Bauzeit vor Ort ist. Andererseits werden 60% der Bauaufträge an außerhalb der Region ansässige Firmen vergeben, die zum Teil auch Arbeitnehmer aus der Region einstellen bzw. Unteraufträge in der Region vergeben. Diese Effekte dürften sich in etwa kom- pensieren. Damit gehen wir zusammenfassend davon aus, dass sich ein re- gional wirksames Beschäftigungsvolumen von insgesamt ca. 370 Arbeitsplätzen beim Einzelblock und 640 Arbeitsplätzen beim Doppelblock während der zweijährigen Bauphase in der Re- gion ergibt. 9 Bei diesen Zahlen ist der beschäftigungswirksame multiplikative Effekt durch die Wiederverausgabung der Einkom- men der Beschäftigten bereits berücksichtigt. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 21
5.2 Betriebsphase Auch ab Beginn der Betriebsphase werden durch die Kraftwerks- investition regionale Wertschöpfungs- und Beschäftigungswirkun- gen erzielt. Zum einen werden durch die Konsumausgaben der am Kraftwerk Beschäftigten regionale Wertschöpfungs- und Beschäf- tigungseffekte ausgelöst, zum anderen geschieht dies durch die laufende Auftragsvergabe des Kraftwerksbetreibers. Mit der Investition ist dauerhaft ein Zuwachs von ca. 30 (Einzel- block) bzw. 38 (Doppelblock) neuen Arbeitsplätzen direkt am Kraftwerk verbunden.10 In dieser Zahl sind auch das Wartungs- personal von Electrabel und 5 (Einzelblock) bzw. 7 (Doppelblock) Auszubildende enthalten. Auf diese Beschäftigten entfällt ein Brut- toarbeitsentgelt (inkl. Arbeitgeberanteil an der Sozialversicherung) von ca. 2,2 (Einzelblock) bzw. 2,7 (Doppelblock) Mio. €.11 Aus den mit dem Einkommen verbundenen Konsumausgaben der Electrabel-Beschäftigten resultieren weitere Beschäftigungs- wirkungen, denn die Beschäftigten konsumieren einen Teil ihres Einkommens innerhalb der Region. Nach Sozialabgaben, Steuern und Ersparnissen stehen ca. 43% des Einkommens (Entgelt) für den Konsum zur Verfügung. Diese Ausgaben führen zu Wert- schöpfung und Beschäftigung vorwiegend in den Konsumgüterin- dustrien und lassen dort weitere Arbeitseinkommen entstehen, welche wiederum für Konsumausgaben verwendet werden. Ein unendlicher multiplikativer Prozess kommt in Gang, der in sei- ner Wirkung jedoch gut abgeschätzt werden kann. Typische regio- nale Einkommensmultiplikatoren belaufen sich auf Werte von ca. 1,25 bis 1,4. Zieht man vorsichtigerweise einen Wert von 1,3 her- an, so erhöht sich das Einkommen auf 2,8 (Einzelblock) bzw. 3,5 (Doppelblock) Mio. €. Die hieraus erzeugte Konsumnachfrage in der Region in Höhe von ca. 0,7 (Einzelblock) bzw. 0,8 (Doppel- block) Mio. € sichert oder schafft in der Region knapp 8 (Einzel- block) bzw. 10 (Doppelblock) Arbeitsplätze (induzierte Be- schäftigungswirkung). Ab der Betriebsphase des neuen Kraftwerks fallen weitere laufen- de Kosten für den Bezug von Waren und Dienstleistungen sowie Instandhaltungs- und Wartungskosten an. Die Höhe der laufenden 10 Erwerbstätigenarbeitsplätze. Die Teilzeitquote über alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigte beträgt in der Ge- samtwirtschaft rund 16,7 %. In der Energiewirtschaft liegt sie bei unter 10 % nach Auswertung von Personalstatistiken von Energieversorgungsunternehmen. Demnach entsprechen 100 Beschäftigte ca. 96 Vollzeitäquivalenten. Die in dieser Studie ermittelten Erwerbstätigenarbeitsplätze werden daher fast vollständig als Vollzeitarbeitsplätze wirksam. 11 Die durchschnittlichen Personalkosten inkl. der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung belaufen sich auf 72.000 € pro Jahr und Person. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 22
Kosten und der regionale Sourcinganteil lassen sich durch eine Auswertung der Beschaffungsvorgänge bestehender Kraftwerke relativ gut abschätzen. Nach Angaben des Auftraggebers kann davon ausgegangen werden, dass die laufenden Kosten für den Güter- und Dienstleistungsbezug im neuen GuD-Kraftwerk 7 Mio. € (Einzelblock) bzw. 12 Mio. € (Doppelblock) pro Jahr betragen werden. Zusätzlich sind Kosten in Höhe von 130 (Einzelblock) bzw. 255 Mio. € für den Bezug von Gas zu veranschlagen. Von den laufenden Investitionen und Ausgaben (ohne Gasbezug und Personalkosten) verbleiben rund 60% regional. Bei der Be- rechnung des regionalen Anteils wurden dabei zusätzliche Kosten für die Wartung der Hochspannungsleitungen in Höhe von ca. 230.000 € sowie für die regionalen Gas-Pipelines Kosten in Höhe von 500.000 € pro Jahr veranschlagt. Damit ergibt sich eine regio- nal verausgabte Gesamtsumme von ca. 5,08 (Einzelblock) bzw. 8,46 (Doppelblock) Mio. €. Diese Ausgaben betreffen in erster Linie Handel und Reparatur- leistungen, weitere unternehmensbezogene Dienstleistungen, Ma- schinen, metall- und elektrotechnische Geräte. Die Ausgaben für den laufenden Bezug von Betriebsstoffen, Dienstleistungen, In- standhaltungs- und Wartungsarbeiten sowie laufenden Investitio- nen und Reparaturen etc. führen zu einem indirekten Beschäfti- gungseffekt von weiteren 48 (Einzelblock) bzw. 77 (Doppel- block) Arbeitsplätzen bei Zulieferern und Fremdfirmen der Kraft- werksregion. Nachstehende Abbildung veranschaulicht den indi- rekten Beschäftigungseffekt. Abbildung 5: Wirkungskette der indirekte Effekte Beschaffungs - Produktionswert Wertschöpfung 74 / 77 48 135 volumen aller Vorleistungs direkter + - Erwerbstätige stufen indirekter in der Region 6,9 / 8,5 5,1 12,1Mio. Mio. € 8,7 / 10,8 6,5 15,7 Mio. € 4,1 / 5,1 3,1 7,4 Mio. € Vorleistungsmultiplikator 1,3 Quelle: Prognos AG, 2008 Addiert man die errechneten Beschäftigungseffekte für die Be- triebsphase, dann summieren sie sich - direkte, induzierte und in- direkte Effekte zusammen genommen - auf ca. 86 Erwerbstäti- genarbeitsplätze (Einzelblock) bzw. 125 (Doppelblock), die durch die Investitionen dauerhaft in der Region geschaffen werden. Davon entstehen 30 (Einzelblock) bzw. 38 (Doppelblock) Arbeitsplätze direkt am Kraftwerk und 56 (Einzelblock) bzw. 87 (Doppelblock) finden sich bei regionalen Zulieferern sowie indirekt vom Kraftwerksbetrieb profitierenden Branchen. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 23
Die folgende Abbildung veranschaulicht die Arbeitsplatzeffekte des Kraftwerks in der Modellregion für den Fall eines Einzel- bzw. Dop- pelblocks. Abbildung 6: Arbeitsplatzeffekte des GuD Kraftwerks in der Betriebsphase in der Modellregion 125 38 86 77 30 Ca. Ca. 125 125 // 86 86 geschaffene geschaffene Arbeitsplätze Arbeitsplätze 48 10 8 gesamt direkt indirekt induziert gesamt direkt indirekt induziert Doppelblock Einzelblock Quelle: Prognos AG, 2008 EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 24
5.3 Steueraufkommen Aus dem Kraftwerksbetrieb und den resultierenden Beschäfti- gungseffekten ergeben sich für die Region positive fiskalische Ef- fekte. Die Standortgemeinden des neuen Kraftwerks profitieren in erster Linie von der Gewerbesteuer (GewSt), Grundsteuer sowie dem Gemeindeanteil an der Lohn- und Einkommensteuer. Im Fol- genden wird überschlägig abgeschätzt, zu welchem Steuerauf- kommen die GuD–Kraftwerksinvestition führt. Als Strompreis wurde eine Bandbreite von 70 bis 75 € je MWh Strom angenommen. Diese ergibt sich aus dem Future Preis an der EEX zum Betriebsbeginn. Als mögliche Laufzeiten wurden da- bei die geplanten Gesamtjahresstunden auf die relevanten tägli- chen Laufzeiten (ca. 16 Std.) umgerechnet und den jeweiligen Spitzenpreisfenstern zugeordnet. Als durchschnittliche Vollkosten wurde ein Wert von 68 € je MWh veranschlagt. Damit ergeben sich geschätzte Umsätze beim Einzelblock von 175 bis 187,5 Mio. € pro Jahr und beim Doppel Block von 350 bis 375 Mio. €. Der Gewinn ergibt sich als Umsatz abzüglich der entstanden Kos- ten. Da keine Angaben zur Finanzierung der Kraftwerksinvestition, insbesondere der Kapitalverteilung vorliegen, wurde hier mit einer Eigenkapitalfinanzierung gerechnet. Der so bestimmte Gewinn wurde auch zur Berechnung der Körperschaft- und Gewerbesteuer herangezogen. Insgesamt ergeben sich je nach Kraftwerksausbau und Strompreis zwischen 5 und 35 Mio. € Gewinn vor Steuern p.a. aus der Investi- tion (5 bis 17,5 Mio. € (Einzelblock) und 10 bis 35 Mio. € (Doppel- block)). Körperschaftsteuer Für die Körperschaftsteuer wurde ein vereinfachter Ansatz von 15% gewählt. Da keine Anrechnung der Gewerbesteuer mehr durchgeführt wird, ergeben sich jährlich zwischen 0,75 und 5,2 Mio. € an Körperschaftsteueraufkommen, welches allerdings nicht der Standortregion des Kraftwerks zugute kommt, sondern zu 50% dem betreffenden Bundesland und 50% dem Bund zusteht. Dabei ist das Steueraufkommen über die Laufzeit des Kraftwerks sehr unterschiedlich: Hohe Steuerzahlungen treten vor allem gegen Ende der Laufzeit auf, in den Anfangsjahren sind diese erfah- rungsgemäß niedriger anzusetzen. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 25
Gewerbesteuer Die Gewerbesteuer (GewSt) hängt vom jeweiligen Hebesatz ab, der je nach Gemeinde variiert. Die Berechnung der Gewerbesteu- er erfolgt vereinfacht nach folgendem Muster12: GewSt = GewE × H × MZ Bei einem Jahresumsatz und Gewerbeertrag des Kraftwerks, die vom zukünftigen Strompreis sowie Gasbezugkosten abhängen und einem unterstellten Hebesatz von 342%13 ergeben sich ge- schätzte GewSt-Zahlungen von 600.000 bis 4,2 Mio. €. Jedoch ist nicht eindeutig, ob davon allein die Kraftwerksregion profitiert, da bei einem Auseinanderfallen von Kraftwerksstandort und rechtli- chem Sitz der Gesellschaft die GewSt-Einnahmen geteilt werden. Da jedoch für die Steuerverteilung maßgeblich der Ort der Be- schäftigung ist, ist davon auszugehen, dass in erster Linie der Kraftwerksstandort profitiert. Mit fortschreitender Anlagenabschrei- bung werden die jährlichen Gewerbesteuerzahlungen im Zeitver- lauf steigen. Einkommen- und Lohnsteuer Bei einer Lohnsteuerbelastung aus nicht-selbständiger Arbeit von im Durchschnitt 15.000 € je Electrabel-Mitarbeiter ergibt sich ein Lohnsteueraufkommen in Höhe von ca. 0,45 bis 0,57 Mio. €. Aus den induzierten und indirekten Beschäftigungswirkungen ergeben sich bei einer durchschnittlichen Lohnsteuerbelastung je Arbeit- nehmer von 4.500 € zwischen 0,25 und knapp 0,4 Mio. €.14 Den Kommunen des jeweiligen Bundeslandes stehen allerdings insge- samt lediglich 15%, in diesem Fall also ca. zwischen 0,1 und 0,15 Mio. € zu, der Hauptteil geht an Bund und Land. Gesamtsteueraufkommen Insgesamt bewirkt die Kraftwerksinvestition zwischen gut 2 und 10,4 Mio. € zusätzliches Steueraufkommen p.a. (zwischen 2 bis 5,7 Mio. € für den Einzel- und 3,4 bis 10,4 Mio. € für den Doppel- 12 Vgl. GewStG § 11 ff. Hierbei bedeuten: GewSt: Endgültige Gewerbeertragsteuer H: Hebesatz in v. H GewE: Gewerbeertrag vor Abzug der Gewerbeertragsteuer MZ: Messzahl, sie beträgt bei Kapitalgesellschaften stets 3,5 v. H 13 Durchschnittlicher Hebesatz der der Ausgangskommunen Calbe, Staßfurt und Schwandorf aus dem Jahre 2005. 14 Vgl. Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler: die Entwicklung der Steuer- und Abgabenbelastung, Heft 100, 2006, S. 58. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 26
block). Dabei stehen den Kommunen in erster Linie allerdings nur die Zahlungen aus der Gewerbesteuer und ihr Anteil an der Lohnsteuer zu. Dies sind dann zwischen knapp 0,7 und etwa 4,3 Mio. € zusätzliches Steueraufkommen für die Region vor Finanzausgleich. Tabelle 5: Berechnung der Gewerbe-, Lohn- und Körperschafts- teuer (vereinfacht für Kapitalgesellschaften) Einzelblock Doppelblock Leistung 413 MW 826 MW Strompreis 70 – 75 € / MWh Bruttostromerzeugung in GWh 2.500 5.000 Umsatz bei 70 € / MWh min. 175 Mio. € min. 350 Mio. € bzw. 75 € / MWh max. 187,5 Mio. € max. 375 Mio. € Vollkosten der Stromerzeugung* 170 Mio. € 340 Mio. € Gewinn in € 5 – 17,5 Mio. € 10 – 35 Mio. € GewSt in € 600.000 – 2,1 Mio. € 1,2 – 4,2 Mio. € KSt in € 0,75 – 2,6 Mio. € 1,5 – 5,2 Mio. € Geplante Mitarbeiter (davon Auszu- bildende) 30 (5) 38 (7) Lohnsteueraufkommen in € 702.000 € 961.500 € Lohnsteueranteil Kommunen 105.300 € 144.225 € Steueraufkommen gesamt 2 - 5,7 Mio. € 3,4 -10,4 Mio. € * Entspricht Vollkosten von 68 € / MWh Quelle: Prognos AG, 2008 Geht man davon aus, dass die Steuereinnahmen vor Finanzaus- gleich vollständig zur freien Verfügung stünden, so bestände zu- sätzlicher Spielraum für Ausgaben der Kommune, der sich in der Sicherung weiterer Arbeitsplätze niederschlagen könnte. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 27
6 Alternativbetrachtung: GuD-Kraftwerk in einer Metropolregion In diesem Kapitel soll kurz abgeschätzt werden, wie sich die er- rechneten regionalökonomischen Auswirkungen ändern würden, wenn das geplante GuD-Kraftwerk nicht an einem der drei bisher betrachteten – in etwa vergleichbaren – Standorte erfolgen würde, sondern in einer großen Metropolregion. Metropolregionen in Deutschland sind deutlich größer als die im bisherigen Verlauf der Studie betrachtete Modellregion. So hat die Metropolregion Hamburg ca. 4,3 Mio. Einwohner und umfasst ne- ben dem Stadtstaat Hamburg auch umliegenden Landkreise und Städte.15 Auch hinsichtlich der Wirtschaftsleistung sind Metropol- regionen deutlich stärker als die betrachtete Modellregion. Beispie- le sind die Metropolregionen Bremen-Oldenburg mit einer Brutto- wertschöpfung von 55 Mrd. €, Hannover-Braunschweig-Göttingen mit 90 Mrd. € oder Hamburg mit über 120 Mrd. €. Die Wertschöp- fung dieser Metropolregionen liegt erheblich über dem Wert von 25 Mrd. € der betrachteten Modellregion. Aus diesem Grund sind die regionalwirtschaftlichen Auswirkungen der GuD-Kraftwerksinvestition von Electrabel größer, wenn der Kraftwerksbau in einer Metropolregion stattfinden würde anstelle der drei betrachteten Standorte. Dies liegt nicht zuletzt darin be- gründet, dass in einer wirtschaftsstärkeren Metropolregion ein hö- herer Anteil an Vorleistungen regional bezogen werden kann und auch stärkere „In-sich-Verflechtungen“ zwischen den einzelnen Vorleistungsbranchen in einer Metropolregion bestehen. Um wie viel höher der regionale Sourcinganteil beim Bau des GuD-Kraftwerks in einer Metropolregion wäre, kann an dieser Stel- le nicht abgeschätzt werden. Aus den Modellabschätzungen lässt sich aber bestimmen, welchen Einfluss die stärkere wirtschaftliche Verflechtung einer Metropolregion hat. Unseren Berechnungen zufolge lägen in diesem Fall während der Bauphase die Arbeitsplatzeffekte im Falle des Einzelblocks bei 781 Personenjahren und beim Doppelblock bei 1.351. D.h. die Be- schäftigungseffekte würden je nach Metropolregion um mindes- tens 6 % höher liegen. Erhöht sich der regionale Sourcinganteil beim Bau in einer Metropolregion, so steigen die regionalen Be- schäftigungseffekte zusätzlich ebenfalls in der gleichen Relation. 15 Die Metropolregion Hamburg umfasst die Hansestadt Hamburg, die niedersächsischen Landkreise Cuxhaven, Har- burg, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg, Rotenburg, Soltau-Fallingbostel, Stade und Uelzen und die Schleswig- holsteinischen Kreise Herzogtum Lauenburg, Segeberg, Steinburg, Stormarn, Pinneberg und Dithmarschen. EB-6729-Electrabell-Kraftwerksneubau_10-07-08.doc 28
Sie können auch lesen