Rückblick auf krankenhauspolitische Strategien in der Coronapandemie
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Forum Politik Sabrina Krause, Jan Eilrich Rückblick auf krankenhauspolitische Strategien in der Coronapandemie Die Coronapandemie hat das deutsche Gesundheitswesen vor große Herausforderungen gestellt, die im inter- nationalen Vergleich bisher erfolgreich bewältigt werden konnten. Die Politik von Bund und Ländern hat stets gemeinsam mit den Leistungserbringern kurzfristig und entschieden reagiert, um die Leistungsfähigkeit zu sichern, ausreichende Versorgungskapazitäten bereitzustellen und notwendige Schutz- und Präventionsmaß- nahmen umzusetzen. Vor dem Hintergrund des Regierungswechsels ergibt sich nach knapp zwei Jahren Coro- napandemie die Gelegenheit, ein erstes Zwischenfazit zur krankenhausspezifischen Coronapolitik der 19. Legisla turperiode zu ziehen. Dieser Beitrag analysiert die jeweiligen Handlungsschwerpunkte und zeichnet den gesund heitspolitischen Prozess vom Beginn der Corona Pandemie bis zum Regierungswechsel im Winter 2021 nach. Coronapandemie als Herausforderung für die Das Kleeblatt-System Versorgungsstrukturen Trotz schneller und entschiedener politischer Reaktionen auf Bereits zu Beginn der Pandemie wurde schnell deutlich, dass die steigenden Infektionszahlen mit teils tiefgreifenden Maß ein erheblicher Teil der Infizierten einen erhöhten intensivme nahmen zeigte sich eine hochdynamische Pandemiesituation, dizinischen Behandlungsbedarf mit vergleichsweise langen Be die lokal unterschiedlich ausfiel. In den Infektionswellen bil atmungszeiten haben wird. Der limitierende Faktor für die Auf deten sich verschiedene „Hotspots“ heraus. Insbesondere dort rechterhaltung einer flächendeckenden und qualitativ hoch arbeiteten die Krankenhäuser am Limit, die örtlichen Behand wertigen Versorgung und damit das entscheidende Kriterium lungskapazitäten wurden ausgereizt. für die Überlastung des Gesundheitssystems würden demnach Vor diesem Hintergrund wurde in Deutschland bereits in der die verfügbaren Kapazitäten der Krankenhäuser sein. Dies galt ersten Infektionswelle das Kleeblattsystem eingeführt. Um in insbesondere für intensivmedizinische Behandlungskapazitäten. Landkreisen mit hohen Infektionszahlen die Gesundheitsver sorgung sicherzustellen und eine Überlastung der örtlichen Datentransparenz Krankenhäuser zu verhindern, wurden Regionen definiert, in Mit dem von Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Inten denen sich die Krankenhäuser gegenseitig unterstützen und Pa siv- und Notfallmedizin (DIVI), Robert-Koch-Institut (RKI) und tienten im Rahmen gezielter Verlegungen aufnehmen. Dazu der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) gemeinsam auf wurden die Bundesländer in folgende fünf Versorgungsregionen gebauten IntensivRegister wurde erstmals eine Stelle geschaf unterteilt: fen, die einen Überblick über die verfügbaren, belegten und – Ost: Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und kurzfristig aktivierbaren Intensivkapazitäten bietet. Kranken Berlin häuser sind durch die entsprechende DIVI IntensivRegister-Ver – West: Nordrhein-Westfalen ordnung seit April 2020 verpflichtet, sich dort zu registrieren – Süd: Bayern und täglich ihre intensivmedizinischen Kapazitäten zu aktuali – Südwest: Baden-Württemberg, Saarland, Rheinland-Pfalz sieren. In der Folgezeit wurden die Meldepflichten schrittweise und Hessen ausdifferenziert und erweitert. So müssen die neonatologischen – Nord: Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Hol und pädiatrischen Behandlungskapazitäten gesondert ausge stein und Mecklenburg-Vorpommern wiesen werden, um eine differenziertere Übersicht über die ins Stellen die Krankenhäuser vor Ort eine akute Überlastung fest, gesamt vorhandenen Beatmungskapazitäten zu erhalten. Mit wird das Kleeblatt aktiviert. Die Fachgruppe Intensivmedizin, der letzten Erweiterung der Meldepflicht hat der Gesetzgeber Infektiologie und Notfallmedizin (COVRIIN) des RKI organi eine getrennte Angabe von Erwachsenen und Kindern mit einer siert im Anschluss mit Vertretern von Bund und Ländern die SARS-CoV-2-Infektion in intensivmedizinischer Behandlung Verlegung der Patienten. Da nicht jeder Covid-19-Patient verleg eingeführt. Zudem müssen Krankenhäuser inzwischen auch bar ist, wurden vorab entsprechende Kriterien definiert. Kann die Zahl von Schwangeren in intensivmedizinischer Behand die Versorgung nicht mehr innerhalb eines Kleeblattes erfolgen, lung aufführen und den Impfstatus von Patienten angeben. können die Patienten auch in andere Kleeblätter verlegt wer Im Sommer 2021 hat das Bundesgesundheitsministerium den. In der vierten Infektionswelle im Herbst/Winter 2021 (BMG) per Erlass den Betrieb des IntensivRegisters dem RKI musste dieses System insbesondere in den Versorgungsregionen übertragen und dieses somit verstetigt. Es kann damit auch Süd und Ost in knapp 100 Fällen genutzt werden (Stand Mitte pandemieunabhängig fortgeführt werden. Dezember 2021). Dabei hat sich das Kleeblattsystem bewährt: | Sonderheft 2022 11
Forum Politik Eine regionale Überlastung der Gesundheitsversorgung konnte Ausstattung reagiert. Für die Krankenhäuser waren insbesonde dadurch bislang verhindert werden. re die Aussetzung der Prüfung der Einhaltung bestimmter Min destmerkmale aus dem Operationen- und Prozedurenschlüssel Maßnahmen zur Bekämpfung des Pandemie (OPS) für im Krankenhaus behandelte Covid-19-Patienten, die geschehens Verschiebung der Einführung des Prüfquotensystems um ein Neben diesen strukturellen und organisatorischen Maßnahmen Jahr auf 2022 (siehe unten) sowie die Schaffung einer ver war es für die Krankenhäuser von besonderer Bedeutung, dass pflichtenden Datenübermittlung zur Bewertung der wirtschaft dem Pandemiegeschehen mit wirksamen Maßnahmen entge lichen Lage der Krankenhäuser relevant. gengetreten wird. Dafür haben sich im Verlauf der Pandemie Weitere Schritte zur Zentralisierung von Kompetenzen auf der verschiedene Strategien herausgebildet. Bundesebene erfolgten infolge des rapiden Anstiegs der Infekti onszahlen im Herbst/Winter 2020. Vor allem für Reiserückkeh Epidemische Lage von nationaler Tragweite rer wurden verschärfte Regelungen geschaffen. Zudem wurde Mit der Entwicklung weiterer Mutationen des SARS-CoV-2-Vi die Ermächtigung des BMG verstetigt und weiterentwickelt, in rus hat sich die Ausbreitungsgeschwindigkeit weiter erhöht. dem das BMG beauftragt wurde, die Rechtsgrundlage für den Von Beginn der Pandemie an fanden in Politik und Öffentlich Anspruch auf Covid-19-Schutzimpfungen sowie für Corona-Te keit kontroverse Diskussionen über die Reaktionszeit und die stungen im Rahmen von Verordnungen zu schaffen (siehe un Dauer von politischen Entscheidungsprozessen statt. Maßnah ten). men zur Bekämpfung der Pandemie mussten zunächst zwi Von besonderer Bedeutung war dabei die Etablierung eines schen Bund und Ländern abgestimmt werden. Nicht selten neuen § 28a im Infektionsschutzgesetz. Darin definierte der Ge legten die Bundesländer die gemeinsamen Beschlüsse unter setzgeber umfangreiche Maßnahmen, die die Länder zum schiedlich aus, sodass keine einheitlichen Pandemieregeln in Schutz der Bevölkerung vor der Corona-Pandemie ergreifen Deutschland galten. Diese Entwicklungen wurden in der Öf konnten. Diese Maßnahmen sollten regional, orientiert am In fentlichkeit mit Sorge betrachtet, da sie die Angemessenheit fektionsgeschehen vor Ort, ergriffen werden. Als Kriterium zur und Wirkung der Maßnahmen unterwanderten. Einführung der Maßnahmen dienten Inzidenzschwellenwerte Bereits zu Beginn der Pandemie wurden im März 2020 deshalb von 35 bzw. 50 Fällen pro 100 000 Einwohner, um die Nachver Stimmen laut, die eine Zentralisierung und Vereinheitlichung folgung der Fälle zu gewährleisten und eine Überlastung der der Pandemiereaktionen auf Bundesebene forderten. Dazu Gesundheitseinrichtungen zu verhindern. Um ein Gesamtbild sollte der Bund weitreichende, zusätzliche Befugnisse zur Be der Infektionslage erhalten zu können, wurde darüber hinaus kämpfung der SARS-CoV-2-Pandemie erhalten. Diese wurden die namentliche Meldung der Laboruntersuchungsergebnisse schließlich durch das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei von SARS-CoV-2-Tests verpflichtend eingeführt. Zudem muss einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, mit dem ten die Labore ihre Nachweise fortan über das Deutsche Elek insbesondere das Infektionsschutzgesetz geändert wurde, um tronische Melde- und Informationssystem für den Infektions gesetzt. Unter der Voraussetzung, dass der Deutsche Bundestag schutz (DEMIS) melden. RKI und gematik sollten hierfür die eine Gefahr für die deutsche Bevölkerung aufgrund einer epide technischen Voraussetzungen schaffen. mischen Lage, die zuvor auch die WHO festgestellt hat, er Da im Frühjahr 2021 die dritte Infektionswelle spürbar an Fahrt kennt, wurden zentrale Entscheidungen auf der Bundesebene aufnahm und sich die bislang ergriffenen Maßnahmen als nicht zusammengeführt. So wurde das BMG ermächtigt, ohne Zu nachhaltig erfolgreich erwiesen hatten, schärfte der Gesetzge stimmung des Bundesrates bundesweite Anordnungen mit ber diese Regeln nochmal nach. Im April 2021 wurden weitere Maßnahmen zur Grundversorgung mit Arzneimitteln, Medi Einschränkungen in das Gesetz aufgenommen, die anhand von zinprodukten, Hilfsmitteln, Gegenständen der persönlichen Inzidenzschwellenwerten bundeseinheitlich zu ergreifen waren Schutzausrüstung und Produkten zur Desinfektion sowie zur (die sogenannte Bundesnotbremse). Ab einem Inzidenzwert Stärkung der personellen Ressourcen im Gesundheitswesen zu von 200 waren beispielsweise Schulschließungen vorzuneh erlassen. Zudem wurde die Rolle des RKI gestärkt. Dieses koor men. dinierte als zentrale Bundesbehörde die Zusammenarbeit von Nach der Bundestagswahl im September 2021 und infolge des Bund, Ländern und sonstigen beteiligten Stellen bei der Pande sich abzeichnenden Regierungswechsels verabredeten die miebekämpfung. künftigen Koalitionsparteien von SPD, Bündnis 90/Die Grünen Die im März 2020 geschaffenen Maßnahmen passte der Gesetz und FDP die Beendigung der epidemischen Lage. Anstelle der geber nachfolgend an und zog dabei auch Lehren aus bishe weitreichenden Befugnisse des Bundes, und hier insbesondere rigen Erfahrungen, jedoch ohne zunächst die Befugnisse des der Exekutive, sollten die Parlamente wieder gestärkt und die Bundes auszuweiten. Bereits im Mai 2020 beschlossen Bundes Verantwortung für die Bekämpfung des Pandemiegeschehens tag und Bundesrat die erste Novelle des Gesetzes zum Schutz auf die Landesebene verlagert werden. Im Infektionsschutzge der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler setz wurde der Katalog angepasst, der die Maßnahmen zur Be Tragweite. Mit einer Stärkung des Öffentlichen Gesundheits kämpfung des Pandemiegeschehens, die von den Ländern er dienstes wurde auf dessen offen zutage getretene mangelhafte griffen werden konnten, enthielt. Es folgten hitzige Debatten 12 Sonderheft 2022 |
Forum Politik und kontroverse Diskussionen, ob diese Maßnahmen ausrei eines Impfstoffs und die umfangreiche Immunisierung der Be chen, um die lokal explodierten Infektionszahlen in den Griff völkerung sein würde. Mit einzigartiger Geschwindigkeit wur zu bekommen. Die Ampelkoalitionsparteien schärften deshalb den verschiedene Impfstoffe entwickelt. Diese setzten teilweise nochmal nach und gaben den Ländern damit weitreichende auf der bis dato neuen mRNA-Technologie auf. Positiv haben Möglichkeiten zur Eindämmung der Pandemie. Im Dezember sich nicht nur umfangreiche Förderprogramme auf die Impf 2021 zeigte sich dabei auch eine erste Tendenz zum Rückgang stoffentwicklung ausgewirkt, auch die Etablierung beschleu der Infektionszahlen, die für die überlasteten Krankenhäuser in nigter Zulassungsverfahren hat dazu beigetragen, dass bereits den Hochinzidenzgebieten dringend notwendig war. im Dezember 2020 – und damit nur rund ein Jahr nach dem ersten bekannten SARS-CoV-2-Fall – Impfstoffe zur Verfügung Testen standen. Ganz besonders problematisch für die Ausbreitung von SARS- Da jedoch Produktionskapazitäten erst noch aufgebaut und die CoV-2 ist die lange Inkubationszeit. Infizierte sind bereits drei Nachfrage an den Impfstoffen hoch war, standen die Impfstoffe bis fünf Tage ansteckend, obwohl sie noch keine Symptome zunächst nur begrenzt zur Verfügung. Deshalb musste eine Pri verspüren und tragen damit unwissentlich zur Verbreitung des orisierung vorgenommen werden, welche Personengruppen be Virus bei. Zur klaren Feststellung der Infektion und Verhinde vorzugt geimpft werden konnten. Die Grundlage hierfür bil rung der weiteren Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 deten die Empfehlungen von Experten der Ständigen Impfkom haben deshalb im Laufe der Pandemie Corona-Tests einen enor mission, des Deutschen Ethikrates und der Nationalen Akade men Bedeutungszuwachs erfahren. Standen zu Beginn ledig mie der Wissenschaften Leopoldina. In den Empfehlungen, die lich kostenintensive PCR-Tests zur Verfügung, die im Labor in der Coronavirus-Impfverordnung rechtssicher geregelt wur analysiert werden mussten und daher Kapazitätsbeschrän den, wurde auch das Gesundheitspersonal in den Krankenhäu kungen unterlagen, waren ab der zweiten Jahreshälfte 2020 sern priorisiert. Die Krankenhäuser haben dabei die Immuni Corona-Schnell- bzw. Selbsttests verbreitet verfügbar. Damit sierung ihrer Beschäftigten selbst durchgeführt. war eine flächendeckende, frühzeitige Erkennung Infizierter Mit steigendem Impfstoffangebot wurde der Zugang zu den möglich. Impfstoffen schrittweise ausgeweitet, sodass im Sommer 2021 Um den flächendeckenden Zugang zu Testungen zu regeln und der gesamten Bevölkerung ein Impfangebot unterbreitet wer zu systematisieren, hat der Verordnungsgeber die Coronavirus- den konnte. Aufgrund der steigenden Infektionszahlen in der Testverordnung verfasst und regelmäßig an die Infektionslage vierten Welle, sich neu entwickelnden Virusmutationen sowie und wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst. Darin wird ge aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass der Impf regelt, unter welchen Umständen ein Anspruch auf PCR- oder schutz im Zeitverlauf nachlässt, wurden Booster-Impfungen Corona-Schnelltests besteht. Neben den neu eingeführten, kos notwendig. Da zwischenzeitlich die Impfstellen (beispielsweise tenlosen Bürgertestungen, um flächendeckend frühzeitig Infi die eigens geschaffenen Impfzentren) angesichts sinkender zierte zu erkennen und somit eine Ausbreitung des Coronavirus Impfnachfrage schrittweise abgebaut wurden, mussten wiede zu verhindern, sollen klare Regelungen für Gesundheits- und rum Impfmöglichkeiten geschaffen werden, um rasch eine Pflegeeinrichtungen helfen, besonders vulnerable Gruppen zu möglichst große Zahl an Boosterimpfungen verabreichen zu schützen. Dazu wurden auch für die Krankenhäuser der An können. Auch die Krankenhäuser leisten hierzu ihren Beitrag. spruch und der Umfang von Corona-Testungen geregelt. Im Rahmen einrichtungsbezogener Testkonzepte erhalten Kran Wirtschaftliche Absicherung und Patienten kenhäuser ein Kontingent Coronavirus-Tests für die regelmäßi versorgung ge Testung von Mitarbeitern und Besuchern. Die Sachkosten Die Coronapandemie stellt die deutschen Krankenhäuser trotz werden vollständig refinanziert. Die Testung der stationären dieser umfangreichen politischen Maßnahmen bis heute vor Patienten erfolgt im Rahmen der Krankenhausbehandlung und große organisatorische und personelle Herausforderungen. Ins kann über ein Zusatzentgelt abgerechnet werden. besondere die zusätzlichen Covid-19-Patienten, der erhöhte Die genauen Regelungen bezüglich des Testumfangs wurden Isolations- und Präventionsbedarf und die durch Quarantäne schrittweise verschärft und an die Infektionslage sowie den anordnungen und Erkrankungen zusätzlich ausgedünnte Per Fortschritt der Impfungen angepasst. Seit Dezember 2021 gelten sonaldecke waren und sind nur ein Teil der zu bewältigenden umfangreiche Zutrittsbeschränkungen für Krankenhäuser. Der Aufgaben im Klinikalltag. Daher wurden direkt zu Beginn der Zutritt kann nur negativ Getesteten gewährt werden. Lediglich Pandemie in einer Gipfelrunde im Kanzleramt auch für die für vollständig geimpfte Krankenhausmitarbeiter sowie exter Krankenhäuser weitreichende Beschlüsse gefasst. Soweit medi nes medizinisches Personal ist ein reduzierter Testumfang vor zinisch vertretbar, sollten die Krankenhäuser ab März 2020 die gesehen. Regelversorgung zurückfahren, um ausreichende Kapazitäten für die Versorgung von schwer erkrankten Covid-19-Patienten Impfen und aller weiterer akut behandlungsbedürftigen Patienten si Schon frühzeitig haben viele Experten darauf hingewiesen, cherstellen zu können. Entsprechende Landesverordnungen dass der einzige Ausweg aus der Pandemie die Entwicklung folgten zeitnah. Die Sicherstellung der medizinischen Versor | Sonderheft 2022 13
Forum Politik gung und ausreichender Versorgungskapazitäten stand und passungen gingen auf die Empfehlungen des Expertenbeirates steht zu jedem Zeitpunkt an erster Stelle. Dennoch stellte die (siehe unten) zurück. Forderung, die Regelversorgung zurückzufahren, in einem fall pauschalenbasierten Vergütungssystem (also in Abhängigkeit Weiterentwicklung der Ausgleichszahlungen von der Patientenanzahl) eine erhebliche wirtschaftliche Unsi In einer ersten Verordnung wurde die Freihaltepauschale ab cherheit für die Krankenhäuser dar. Hinzu kamen der massive dem 13. Juli 2020 für die somatischen Häuser in Abhängigkeit Materialmangel bei den dringend benötigten Schutzausrüstun des nach Maßgabe des verweildaueradjustierten CaseMix-In gen und die organisatorischen Herausforderungen der zahl dexes (CMI) in fünf Stufen von 360 € bis hin zu 760 € ausdiffe reichen Schutzmaßnahmen zur Infektionsprävention (Quaran renziert. Psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen täne, Isolation etc.). Schnell sicherte die Politik zu, dass ein erhielten eine differenzierte Pauschale in Abhängigkeit vom notwendiger Schutzschirm gespannt wird und entstehende teilstationären Leistungsangebot. Im Zeitraum vom 1. Oktober wirtschaftliche Folgen ausgeglichen werden, sodass kein Kran 2020 bis zum 17. November 2020 wurden die Ausgleichszah kenhaus ins Defizit kommt. Mit diesem Versprechen im Rücken lungen vollständig ausgesetzt und erst in späteren Verord konnten sich die Krankenhäuser voll auf die Patientenversor nungen wiedereingesetzt und an zahlreiche Rahmenbedin gung konzentrieren. gungen gekoppelt. Maßgeblich zum Erhalt einer Ausgleichzah Erste Maßnahmen zur Unterstützung der Krankenhäuser be lung waren dann die Inzidenz im Landkreis, der Anteil frei be schloss die Bundesregierung mit dem Covid-19-Krankenhaus treibbarer Intensivbetten sowie ein Zuschlag gemäß G-BA- entlastungsgesetz. Um die freien Bettenkapazitäten zu erhö Notfallstufenkonzept. Zusätzlich wurden explizit die Kranken hen und gleichzeitig die Zahlungsfähigkeit der Krankenhäuser häuser einbezogen, die aufgrund ihrer Spezialisierung auf Lun sicherzustellen, erhielten die zugelassenen Krankenhäuser, die gen- oder Herzerkrankungen eine besondere Erfahrung in der planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe verschoben intensivmedizinischen Behandlung und mit langzeitbeatmeten oder aussetzten, eine Ausgleichszahlung von 560 € pro Tag Patienten aufweisen. Insbesondere durch die Verknüpfung mit (die sogenannte Freihaltepauschale). Sie galt zunächst ab dem den Notfallzuschlägen fanden die psychiatrischen und psycho 16. März 2020. Als weitere Maßnahme zur Liquiditätssiche somatischen Einrichtungen keine Berücksichtigung mehr. Die rung wurde die Zahlungsfrist für alle bis zum 31. Dezember Ausgleichszahlungen liefen für sie zum 15. Juni 2021 aus. 2020 erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen der Die Ampelkoalitionäre setzten die Ausgleichszahlungen für Krankenhäuer gegenüber den Krankenkassen auf fünf Tage nach dem Krankenhausentgeltgesetz abrechnende Kranken verkürzt sowie der vorläufige Pflegeentgeltwert von 146,55 € häuser mit Wirkung ab dem 15. November 2021 wieder ein – auf 185 € erhöht. Zusätzlich galt dieser als ein Mindest-Pflege diesmal losgelöst von Inzidenzen und Intensivbettenkapazi entgeltwert, Überzahlungen in 2020 wurden nicht ausgeg täten. Anspruchskriterium sind ein Patientenrückgang im Ver lichen. Zur Steigerung der Intensivbettenkapazitäten erhielten gleich zum Vorpandemiejahr 2019 sowie ein Zuschlag gemäß die Krankenhäuser, die mit Genehmigung der für die Kranken G-BA Notfallstufenkonzept (bzw. die Erfüllung der entspre hausplanung zuständigen Landesbehörde bis zum 30. Septem chenden Anforderungen). Die Ausgleichszahlungen waren ur ber 2020 zusätzliche intensivmedizinische Behandlungsein sprünglich bis zum 31. Dezember 2021 begrenzt. In Anbetracht heiten mit maschineller Beatmungsmöglichkeit schafften, des Infektionsgeschehens wurden diese aber im Rahmen einer einen Betrag in Höhe von 50 000 € für jedes zusätzlich aufge Verordnung noch vor dem Jahreswechsel bis zum 19. März stellte oder vorgehaltene Bett. Zur Refinanzierung der 2022 verlängert. Mehrkosten, zum Beispiel für persönliche Schutzausrüstungen, Isolierungsmaßnahmen und Sicherheitskontrollen, konnten Corona-Mehrkostenzuschlag die Krankenhäuser vom 1. April 2020 zunächst bis zum Auch der Corona-Mehrkostenzuschlag wurde im Laufe der Pan 30. Juni 2020 für jeden voll- oder teilstationären Patienten demie mehrfach angepasst. Zunächst wurde der bis Juni 2020 einen Zuschlag in Höhe von 50 € abrechnen. Die Freihaltepau befristete Covid-Mehrkostenzuschlag bis Ende September 2020 schale, der Investitionszuschuss für zusätzliche Intensivbetten verlängert und weiter ausdifferenziert. Bei nachgewiesener und die Corona-Mehrkostenpauschale galten gleichermaßen SARS-CoV-2-Infektion konnte ein höherer Zuschlag abgerech für die Psychiatrie und Psychosomatik. Zusätzlich wurde der net werden. Zur sachgerechteren Refinanzierung der Corona- Fixkostendegressionsabschlag für das Jahr 2020 für sämtliche bedingten Mehrkosten sah der Gesetzgeber ab September 2020 Leistungen eines Krankenhauses ausgesetzt. zudem einen krankenhausindividuellen Zuschlag vor. Vor dem Mit diesen Maßnahmen sollte den Krankenhäusern schnell, Hintergrund der aufwendigen Kalkulation und der kleinteiligen umfassend und unkompliziert geholfen werden. Der damalige Verhandlungen dazu vor Ort haben sich die Selbstverwaltungs Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat das unter dem vom partner darauf verständigt, die bis dato geltenden Zuschläge als früheren EZB-Chef Mario Draghi geprägten Zitat „Whatever it Abschlagszahlungen bis Ende 2020 zur Liquiditätssicherung takes“ zusammengefasst. Im Laufe der Pandemie wurden diese weiterlaufen zu lassen. Aufgrund der sich normalisierenden Be Maßnahmen mehrfach auf Wirksamkeit, Anreize und Ziel schaffungspreise senkten die Vertragsparteien die Abschlags genauigkeit geprüft und vielfach nachjustiert. Einige dieser An zahlungen für 2021 stufenweise ab. Die Vertragsparteien vor Ort 14 Sonderheft 2022 |
Forum Politik haben weiterhin die Möglichkeit, die vereinbarten Abschläge rechnung der Ausgleichszahlungen. Der Ganzjahresausgleich als Pauschalabgeltung anzuerkennen. Damit entfallen die auf ist verpflichtend, wenn ein Krankenhaus Ausgleichszahlungen wendige Kalkulation und Verhandlung sowie der Nachweis erhalten hat oder auf Verlangen einer Vertragspartei durchzu über die tatsächlich entstandenen Mehrkosten. Der Corona- führen. Zusätzlich gab es die Möglichkeit, bereits unterjährig Mehrkostenzuschlag ist Ende 2021 ausgelaufen. Abschlagszahlungen festzulegen, um die laufenden Kosten der Krankenhäuser zu decken. Der Ganzjahresausgleich findet für Verkürztes Zahlungsziel die Krankenhäuser im KHEntgG- und im BPflV-Bereich Anwen Das auf fünf Tage verkürzte Zahlungsziel für alle erbrachten dung. und in Rechnung gestellten Leistungen der Krankenhäuer ge Bereits vor dem Jahreswechsel 2022 brachte die Ampelkoalitio genüber den Krankenkassen wurde im Rahmen von Gesetzen näre gesetzlich auch für das Jahr 2022 einen Ganzjahreser und Verordnungen bis Ende Juni 2022 verlängert. lösausgleich für die Krankenhäuser auf den Weg. Im Rahmen einer zweiten Verordnung zur wirtschaftlichen Absicherung der Ganzjahreserlösausgleich Krankenhäuser wurde der Ganzjahreserlösausgleich 2021 wirk Die Bundesregierung hat direkt zu Beginn der Coronapandemie gleich auf das Jahr 2022 übertragen. Dieser frühe Zeitpunkt be die ganzheitliche wirtschaftliche Absicherung der Krankenhäu deutet für die Krankenhäuser eine wertvolle Planungssicher ser zugesichert. Neben den zahlreichen Maßnahmen zur Liqui heit. ditätssicherung und Refinanzierung der entstandenen Mehr kosten bedurfte es einer ganzheitlichen Budgetabsicherung. Sonstige Maßnahmen Die Bundesregierung setzte diese im Gesetzgebungsverfahren Neben den größeren Maßnahmen zur wirtschaftlichen Absi zum Krankenhauszukunftsgesetz über einen Ganzjahresaus cherung der Krankenhäuser in Pandemiezeiten hat der Gesetz gleich Corona-bedingter Erlösrückgänge für 2020 um. Die geber zahlreiche kleinere Regelungen angepasst. So wurde die Selbstverwaltungspartner sollten das Nähere, zum Beispiel die Kappungsgrenze für die Zuschlagshöhe von 15 % auf 30 % Höhe des Ausgleichssatzes, Einzelheiten für die Ermittlung der angehoben und als Vergleichsgröße für den Fixkostendegressi Erlöse, Kriterien, anhand deren der aufgrund des Coronavirus onsabschlag in den Jahren 2022 ff. wird das Vorpandemiejahr entstandene Erlösrückgang ermittelt werden kann, sowie not 2019 definiert. wendige Nachweise im Rahmen einer Vereinbarung festlegen. Die Ampelkoalitionäre führten zur Unterstützung der Covid- Trotz der sehr knappen zweimonatigen Frist für die Corona- 19-Patienten behandelnden Krankenhäuser einen befristeten Ausgleichsvereinbarung 2020 konnten die Selbstverwaltungs Versorgungsaufschlag je Covid-Patient ein. Dieser berechnet partner Mitte Dezember 2020 einen Kompromiss erzielen. Das sich durch Multiplikation der durchschnittlichen Verweildauer Budgetjahr 2020 war damit weitgehend abgesichert, sodass eines Covid-Patienten (13,9 Tage) mit der tagesbezogen Pau kein Krankenhaus aufgrund Corona-bedingter Erlösausfälle in schale gemäß Covid-Ausgleichszahlungsanpassungsverord Existenznöte geraten sollte. Um den wirtschaftlichen Sorgen nung und dem Faktor 0,9. Nachdem in einem späteren Gesetz der Krankenhäuser für das laufende Jahr 2021 bereits frühzeitig gebungsverfahren die Anrechnung im Ganzjahreserlösaus zu begegnen und die vollständige Konzentration auf die medi gleich spürbar angepasst wurde, stellt dies neben dem wich zinische Versorgung weiter zu gewährleisten, hat die Bundesre tigen liquiditätssichernden Effekt auch eine dringend benötigte gierung bereits im April 2021 den Ganzjahresausgleich für das finanzielle Unterstützung dar. u Jahr 2021 festgelegt und im Rahmen einer Verordnung zur wirtschaftlichen Entwicklung der Fallzahlen im Krankenhaus Absicherung der Krankenhäuser umge setzt, die neben dem Ganzjahresaus Fallzahl DRG im Vergleich zu 2019 gleich für 2021 (unter Bezugnahme auf 2 000 000 das Vorpandemiejahr 2019) auch die be 1 800 000 1 600 000 reits dargestellten Ausgleichszahlungen 1 400 000 nochmals anpasste. Die Umsetzung die 1 200 000 ser Maßnahmen über eine Verordnung 1 000 000 war möglich, da der Bundesregierung 800 000 im Rahmen des Dritten Gesetzes zum 600 000 Schutz der Bevölkerung bei einer epide 400 000 200 000 mischen Lage weitereichende Verord – nungsermächtigungen eingeräumt wur Jan. Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sep. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sep. 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 21 21 21 21 21 21 21 21 21 den. Diesmal hat die Bundesregierung jedoch mehr Rahmenbedingungen vor Patientenentlassung 2019 Patientenentlassungen 2020/2021 geschrieben, wie etwa die Höhe des Quelle: DKG Ausgleichssatzes oder die anteilige An | Sonderheft 2022 15
Forum Politik Ausgleichszahlungen 16. März bis 30. September 2020 8 907,08 Mio. € für die Jahre 2020 und 2021 gestrichen. Während der Zeiten mit hohen Inzidenzzahlen hat es zudem Ausnahmen von der Ab Ausgleichszahlungen 18. November 2020 bis 5 529,45 Mio. € rechnungsprüfung und Ausnahmen von der Prüfung bestimm 15. Juni 2021 ter Strukturvorgaben für Covid-19-Patienten oder Verdachtsfäl Zusätzliche Intensivbetten 16. März 2020 bis 685,75 Mio. € le gegeben. Zusätzlich wurde der Beginn des neuen, umfang 30. September 2020 Gesamt 15 229,16 Mio. € reichen Prüfverfahrens von Strukturmerkmalen um ein Jahr auf Quelle: Bundesamt für soziale Sicherung (Stand: 5. Januar 2022) 2021 verschoben. Trotz des auch im Jahr 2021 sich nicht beru higenden Pandemiegeschehens hat die Bundesregierung von einer weiteren Verschiebung abgesehen. Lediglich die Frist zur Unterstützung und bürokratische Entlastung Einreichung der Unterlagen wurde im gegenseitigen Einver des Krankenhauspersonals ständnis von Krankenhäusern und Medizinischem Dienst ver Die Dokumentations- und Nachweispflichten binden im Kran längert, da das BMG vergleichsweise lange für die Prüfung der kenhaus erhebliche personelle Ressourcen. In Zeiten der Coro entsprechenden Richtlinie benötigte und dadurch die Frist zur napandemie, wo die Krankenhäuser große organisatorische Einreichung der Unterlagen der Krankenhäuser beim Medizi Anstrengungen unternehmen müssen, um die Patientenversor nischen Dienst äußerst knapp bemessen war. gung flächendeckend sicherstellen zu können, ist eine Entlas tung der pflegenden und versorgenden Mitarbeiter von großer Pandemiebedingte Sonderregelungen des G-BA Bedeutung. Auch wurde das Personal dort eingesetzt, wo es im Auch der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat zahlreiche Einzelfall zur Versorgung dringend gebraucht wurde. Die Ein pandemiebedingte Sonderregelungen erlassen, Ausnahmen bei haltung von Personalmindestvorgaben auf zahlreichen nicht- der Qualitätssicherung festgelegt und Dokumentationsvorga Covid-Stationen konnte in Zeiten der Pandemie die Kranken ben zur Qualitätssicherung reduziert. Unter anderem wurde der häuser vor große Probleme stellen. Verordnungszeitraum der Krankenhäuser von 7 auf 14 Tage verlängert und die Krankenhäuser konnten von der Mindest Aussetzung der Pflegepersonaluntergrenzen ausstattung an Pflegefachkräften bei bestimmten komplexen Vor diesem Hintergrund reagierte auch hier die Bundesregie Behandlungen abweichen. Ziele der Maßnahmen waren die rung schnell und setzte alle Pflegepersonaluntergrenzen im Entlastung der Krankenhäuser (und Arztpraxen) sowie eine Re Krankenhaus im Rahmen einer Verordnung zunächst für März duzierung der notwendigen Arzt-Patienten-Kontakte. bis Dezember 2020 aus. Bereits vorzeitig wurden zum 1. Au Diese Freiräume und Entlastungen waren für die Krankenhäu gust 2020 die Pflegepersonaluntergrenzen in den Bereichen In ser von übergeordneter Bedeutung. Einerseits wurde dadurch tensivmedizin und Geriatrie wiedereingesetzt. Die anderen Flexibilität im Personaleinsatz geschaffen, anderseits stand Leistungsbereiche folgten ab 1. Februar 2021 im Rahmen einer mehr Zeit für das Krankenhauspersonal zur Versorgung der Ersatzvornahme, nachdem sich die Selbstverwaltungspartner Patienten zur Verfügung. nicht auf gemeinsame Untergrenzen einigen konnte. Dieser Dis sens basiert auf der grundsätzlichen Berechnungsmethodik der Corona-Prämie für Pflegekräfte Pflegepersonaluntergrenzen und besteht unabhängig von der Als Zeichen der Wertschätzung und Anerkennung für die Pfle Pandemie. Die Pflegepersonaluntergrenzenvereinbarung defi gekräfte, die im besonderen Maße durch die Versorgung der niert Ausnahmetatbestände, bei denen die Personalvorgaben Covid-19-Patienten belastet waren, hat die Bundesregierung im nicht eingehalten werden müssen. Unter anderem ist dies „bei September 2020 einen sogenannten Pflegebonus mit einem Ge starken Erhöhungen der Patientenzahlen, wie beispielsweise samtvolumen von 100 Mio. € beschlossen. Die Prämie sollte vor bei Epidemien oder bei Großschadensereignissen“, der Fall. Die allem den Pflegekräften zu Gute kommen, die „Pflege am Bett“ letztendliche Anerkennung, ob der Ausnahmetatbestand im leis ten. DKG und GKV-Spitzenverband wurden beauftragt, Einzelfall für das Krankenhaus erfüllt ist, obliegt den Kranken einen Vorschlag für die zielgerichtete Mittelverteilung zu kon kassen vor Ort und ist daher immer mit Unsicherheiten verbun sentieren, dem das BMG im Ergebnis auch gefolgt ist. Bei der den. Zumindest für die Zeit des Erhalts von Ausgleichszah Wiederauflage der Corona Prämie hat sich die Bundesregierung lungen und dem Versorgungsaufschlag wurden für die betrof für einen komplexeren Berechnungsweg zur Verteilung der zur fenen Krankenhäuser die Pflegepersonaluntergrenzen per Ge Verfügung gestellten 450 Mio. € entschieden. Danach sollte das setz sanktionsbefreit. Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) anhand der Anzahl der Betten, der Covid-19-Fälle sowie der beschäf Prüfungsgeschehen des Medizinischen Dienstes tigten Pflegekräfte in der unmittelbaren Patientenversorgung Zur Entlastung im Bereich der Abrechnungsprüfung hat der Ge die anspruchsberechtigten Krankenhäuser und das zugewie setzgeber die Quote für die Abrechnungsprüfungen im Jahr sene Prämienvolumen berechnen. Die letztendliche Verteilung 2020 von 12,5 % auf 5 % pro Quartal abgesenkt und die Sank der zugeteilten Mittel an die Prämienempfänger sowie die Be tionen der Strafzahlungen für den Fall, dass eine Prüfung des messung der individuellen Prämienhöhe oblag dem Kranken Medizinischen Dienstes zu einer Rechnungsminderung führt, hausträger im Einvernehmen mit der Arbeitnehmervertretung. 16 Sonderheft 2022 |
Forum Politik Die Ampelkoalitionäre vereinbarten zudem bereits im Koali hohen Inzidenzzahlen fanden die Treffen häufiger statt, in tionsvertrag einen weiteren Pflegebonus für Pflegekräfte in Zeiten des Impffortschritts und der niedrigen Inzidenzen wur Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Der Bund soll dafür den die Beratungen teilweise monatelang ausgesetzt. Die je 1 Mrd. € zur Verfügung stellen. Die Umsetzung ist für Anfang weils getroffenen Beschlüsse definierten die weiteren Maßnah 2022 angekündigt. men zur Bekämpfung der Pandemie. Diese Konferenzen sind rein informeller Natur und besitzen daher eigentlich keinerlei Auswirkungen auf die etablierten Strukturen gesetzgeberische Kompetenzen, sodass die Beschlüsse nach Die hohe Infektionsdynamik erforderte schnelle Maßnahmen folgend in Bund und Ländern legislativ umgesetzt werden auch und insbesondere in der Gesetzgebung und in der Selbst mussten. verwaltung. Wie im deutschen Gesundheitswesen üblich, be In Bezug auf ein möglichst breites und fundiertes Meinungsbild schloss der Gesetzgeber vielfach nur die Rahmenbedingungen, bieten diese neu geschaffenen Strukturen zusätzliche Möglich deren ausfüllende Regelungsinhalte von der Selbstverwaltung keiten. Zu diskutieren bleibt vor diesem Hintergrund die Betei zu vereinbaren sind. Angesichts der notwendigerweise sehr ligung der Parlamente. Durch das Gesetz zum Schutz der Bevöl kurzen Fristen, aber der weiterhin unterschiedlichen Interes kerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite senslagen war dies ein nicht immer einfaches Unterfangen. wurden zahlreiche Kompetenzen in den Bereich der Exekutive Umso erfreulicher ist, dass vielfach die notwendigen Rege verlagert. Mit den Bund-Länder-Konferenzen und den dort ge lungen und Inhalte im gemeinsamen Kompromiss und Mitei troffenen Beschlüssen wurden darüber hinaus die Landesparla nander fristgerecht und in der Regel auch zielorientiert verein mente umgangen. Die dadurch schnelleren und umfassender bart werden konnten. getroffenen Entscheidungen führten zusammen mit der großen Die Geschwindigkeit politischer Entscheidungsprozesse und Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems dazu, dass Deutsch der darauffolgenden legislativen Umsetzung führte jedoch zu land die Pandemie im internationalen Vergleich effektiv be Kritik in der Öffentlichkeit und in den Medien. Vor diesem Hin kämpfen konnte. Die Beschleunigung der Verfahren sorgte je tergrund sind die zahlreichen, oben beschriebenen Sonderbe doch andererseits für eine maximale Dehnung demokratischer fugnisse des Bundes einzuordnen, mit denen auch die darge Prinzipien und geltender Rechtsnormen. stellten unterstützenden Maßnahmen für die Krankenhäuser umgesetzt werden konnten. Parallel dazu haben sich auch wei Fazit tere, ergänzende und außerparlamentarische Strukturen und Die Corona-Pandemie hat die politischen Strukturen und die Gesprächskreise gebildet, die teilweise Empfehlungen vorlegten Gesundheitsversorgung auf den Kopf gestellt. Mit zahlreichen und mit Beschlüssen die politischen Entscheidungen prägten. und vielfältigen Maßnahmen wurde dem Pandemieverlauf be Exemplarisch werden an dieser Stelle der Covid-Beirat des BMG gegnet. Viele dieser Schritte waren wirksam und haben zu und die Bund-Länder-Konferenzen vorgestellt. einer vergleichsweise erfolgreichen Pandemiebekämpfung bei getragen. Die Politik folgte der Maxime, zunächst zu handeln Covid-Expertenbeirat des BMG und den weiteren Verlauf zu beobachten. Oft mussten die be Mit dem Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz wurde die stehenden Regelungen deshalb kurzfristig an neue Erkennt Einberufung eines Covid-Expertenbeirates beim BMG initiiert. nisse und Entwicklungen angepasst werden. Qualifizierte Vertreter aus den Fachkreisen sollten gemeinsam Die Krankenhäuser befinden sich indes konstant und absehbar die finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die weiterhin im Ausnahmezustand. Die finanzielle Absicherung Krankenhäuser bewerten. Dazu wurden sachkundige und pra bildet die Grundlage für die Konzentration auf die medizinisch- xiserfahrene Repräsentanten der Krankenhäuser und der Kran notwendige Versorgung. Unabhängig davon befindet sich das kenkassen vom BMG benannt und durch wissenschaftliche Ex Krankenhauspersonal nach anderthalbjähriger Hochbelastung, perten ergänzt. Für die gemeinsam diskutierten und bewerteten insbesondere auf den Intensivstationen, an der Belastungsgren Problemlagen sollten gemeinschaftliche Lösungsvorschläge er ze und geht vielerorts darüber hinaus. Eine umfassende, wirk arbeitet und der Politik vorgeschlagen werden. same und entschiedene Pandemiepolitik ist deshalb weiterhin unabdingbar. Bund-Länder-Konferenzen Um die Maßnahmen zur Bekämpfung der SARS-CoV-2-Pande Anmerkungen mie wirkungsvoll und möglichst einheitlich umzusetzen, berief 1) Die offizielle Bezeichnung dieses Gremiums lautet laut Terminkalender der früheren Bundeskanzlerin „Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regie- Bundeskanzlerin Merkel im März 2020 die erste Bund-Länder- rungschefinnen und Regierungschefs der Länder“ Konferenz1) ein. Dazu wurde das bestehende, rein informativ und koordinativ stattfindende Gremium der Ministerpräsiden tenkonferenz um die Beteiligung der Bundesregierung ergänzt. Anschrift der Verfasser Zudem wurden Wissenschaftler verschiedener Professionen Sabrina Krause/Jan Eilrich, Deutsche Krankenhausgesell- als Berater dazugeschaltet. Die Tagungsfrequenz der Bund- schaft e.V. (DKG), Bereich I – Politik, Wegelystraße 3, Länder-Konferenz orientierte sich an der Infektionslage: Bei 10623 Berlin n | Sonderheft 2022 17
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