Saiten - Ein Appenzeller Lebensgefühl

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Saiten - Ein Appenzeller Lebensgefühl
Saiten

Lebensgefühl
Ein Appenzeller
                  ostschweizer kulturmagazin
                   nr. 225, Juli /august 2013
Saiten - Ein Appenzeller Lebensgefühl
Saiten - Ein Appenzeller Lebensgefühl
Kommen, gehen,
pendeln: Porträts
aus AR und AI, dem
Land der modernen
Nomaden. Ausser-
dem: Zahme Genos-
sen, streitende
Schlossgeister und
frohe Sommer-
pläne.
Saiten - Ein Appenzeller Lebensgefühl
Saiten - Ein Appenzeller Lebensgefühl
« . . . er möchte hier schon weg,      haben etwas zu sagen zum Walser’schen
       wenn es sein solle, aber in einem      Weggehen und Hierbleiben.
       Atem sagt er dann auch wieder,                 Der äussere Anlass für das Thema:
       er könne auch hier bleiben ...         Ausserrhoden und Innerrhoden feiern
       Nochmals: er sagte klipp und klar,     2013 die fünfhundertjährige Zugehörig-
       er könne hier weggehen, aber           keit zur Eidgenossenschaft. Saiten er-
       auch hier bleiben – – typisch Ja –     scheint daher als Kooperationsnummer
       Nein . ..»                             mit dem Jubiläum ARAI 500. Wir danken
                                              für die Unterstützung und staunen
Der, von dem da die Rede ist, ist Robert      über das bemerkenswert experimentelle
Walser, Insasse der Heil- und Pflege-         Jubel-Programm mit Festspiel, Wander-
anstalt in Herisau. Die Einschätzung lie-     bühne Ledi und weiteren Aktivitäten. Sicher
fert Chefarzt Otto Hinrichsen in              ein Grund, hinzugehen ins Appen-
einem Brief vom 24. Februar 1937 an           zellische – wenn man nicht schon dort
Walsers Schwester Lisa. So blieb der          ist. Oder, wie Charles Pfahlbauer jr.,
Dichter bis zum Tod 1956 im Appenzeller-      noch eine alte Rechnung zu begleichen hat.
land, wohin er als Teufner Bürger 1933                Wo es im Juli und August sonst
aus der Berner Waldau verpflanzt worden       noch abgeht, darüber informiert der
war und von wo er weg- und doch               traditionelle Saiten-Kulturführer, diesmal
nicht weggehen wollte und konnte.             illustriert von Lukas Schneeberger.
        So wenig Walser vorher mit dem        Auf ein fröhliches Pendeln durch den
Appenzellerland zu tun gehabt hatte,          Sommer!
so fraglos nimmt man ihn heute als Appen-             peter surber und
zeller Autor wahr. Es ist das Schicksal               andrea kessler
der kleinen Kantone, dass ihre Grossen
nicht sehr zahlreich sind. Und es ist
das Los der Ränder, dass sie dem Magne-
tismus der Zentren unterliegen, mit
der Wirkung aller Magnete: Anziehung
und Abstossung. Obwohl viele Rand-
regionen davon betroffen sind, schien uns
diese Bewegung von Hin und Her, von
Kommen und Gehen so charakteristisch
für das Appenzellerland, dass wir ihr
dieses Heft widmen. Entstanden sind Ge-
spräche und Begegnungen mit Men-
schen, die auf ihre je eigene Art und Weise
appenzellisch pendeln. Die eine haut
ab, um der Enge zu entkommen, der andre
geht aus Zwang, weil Ausbildungs- und
Arbeitsmöglichkeiten fehlen, die dritte kam
aus Zuneigung zu Land und Leuten,
der nächste legt virtuos den Schalter um
zwischen Welten hier und dort. Sie alle

                                      eDitorial
Saiten Ostschweizer Kulturmagazin
225. Ausgabe, Juli /August 2013,
                                                        8    Reaktionen
20. Jahrgang, erscheint monatlich
      HERAUSGEBER
Verein Saiten, Verlag, Schmiedgasse 15
Postfach 556, 9004 St.Gallen
                                                             Positionen
Tel. 071 222 30 66, Fax 071 222 30 77
      REDAKTION
Andrea Kessler, Peter Surber,
                                                        9    Blickwinkel
redaktion@saiten.ch                                          von Florian Bachmann
      VERLAG/ANZEIGEN                                   10   Einspruch
Peter Olibet, verlag@saiten.ch
                                                             von Ueli Vogt
      SEKRETARIAT
Gabriela Baumann,                                       10   Redeplatz
sekretariat@saiten.ch                                        mit Matthias Fässler
      KALENDER
Michael Felix Grieder
kalender@saiten.ch
                                                        12   Stadtlärm
      GESTALTUNG                                        12   Wortlaut – Was neu wird und
Samuel Bänziger, Larissa Kasper
Rosario Florio, grafik@saiten.ch                             eine Kritik daran
      VEREINSVORSTAND
Susan Boos, Lorenz Bühler,
                                                        13   Zum Abgang von René Munz
Heidi Eisenhut, Christine Enz,
Hanspeter Spörri (Präsident),
Rubel Vetsch
      VERTRIEB
                                                             Vom Kommen und Gehen
8 days a week, Rubel Vetsch
      DRUCK
Niedermann Druck AG, St.Gallen
      AUFLAGE
5600 Ex.

                                                                                                           Saiten 07/08/2013
      ANZEIGENTARIFE
siehe Mediadaten 2013
      SAITEN BESTELLEN
Standardbeitrag Fr. 70.–, Unterstützungs-
beitrag Fr. 100.–, Gönnerbeitrag Fr. 280.–
Tel. 071 222 30 66, sekretariat@saiten.ch
      INTERNET
www.saiten.ch
      AN DIESER AUSGABE HABEN
      MITGEARBEITET
Daniel Ammann, Eva Bachmann, Florian
Bachmann, Hans Jörg Bachmann,
Ladina Bischof, Kurt Bracharz, Matthias                      alpsteinstrasse in herisau, fotografiert
                                                             von Daniel ammann und fürs
Brenner, Wendelin Brühwiler, Sina                            cover bemalt von lukas schneeberger
Bühler, Gyatso Drongpatsang, Tine Edel,
Dorothee Elmiger, Marcel Elsener,
Eleonora Farinello, Daniel Fuchs, Brigitta
                                                        16   Im Spinnennetz des
Hochuli, Damian Hohl, Michael Hug,                           Appenzellischen
Marco Kamber, Stefan Keller, Andreas                         Ein Skype-Gespräch mit Fotograf
Kneubühler, Bettina Kugler, Rolf Müller,                     Ueli Alder und Schauspielerin Kartin Enzler
Charles Pfahlbauer jr., Claire Plassard,
                                                             über die Barbarei und friedlichere Dinge.
Harry Rosenbaum, Anna Rosenwasser,
Kristin Schmidt, Lukas Schneeberger,
                                                             von Hanspeter Spörri
Adrian Soller, Hanspeter Spörri, Johannes
Stieger, Tatjana Stocker, Ueli Vogt,                    19   Kein Mitleid mit den Pendlern
Simone Volande                                               Sie haben keine freie Fahrt,
      KORREKTUR                                              aber auch keine Alternative.
Noëmi Landolt, Florian Vetsch                                von Andreas Kneubühler

© 2013: Verein Saiten, St.Gallen. Alle Rechte
vorbehalten. Nachdruck, auch auszugs-
weise, nur mit Genehmigung. Die Urheber-
rechte der Beiträge und Anzeigenentwürfe
bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für
unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos
und Illustrationen.

                                                inhaltsverzeichnis
21   Nüsse knacken                                      Kultur
                         Belinda Koster und Rosmarie Brown-
                         Hohl kommen von weit her, nicht
                         nur um bei Der dreizehnte Ort mitzuspielen.
                                                                       42 Zwischen Festhütte und
                         von Sina Bühler                                  Kulturtempel.
                                                                            In Rapperswil-Jona scheiden sich
                    24 Gwyneth trägt Hersche                                die Geister am Schloss.
                         Von einem, der auszog, die US-Modewelt             von Harry Rosenbaum
                         zu erobern.
                         von Andrea Kessler                            44 Schon Pläne?
                                                                            Saiten lotst durch den Kultursommer.
                    26 Einmal Beifahrersitz, bitte                          Mit Beiträgen von: Eva Bachmann, Matthias
                         Rouven Seidler pendelt zwischen                    Brenner, Wendelin Brühwiler, Marcel Elsener,
                         Waldstatt und Berlin. Ein Routenbericht.           Eleonora Farinello, Brigitta Hochuli,
                         von Claire Plassard                                Damian Hohl, Michael Hug, Marco Kamber,
                                                                            Andrea Kessler, Bettina Kugler, Kristin
                    29 Bei den Klangnomaden                                 Schmidt, Johannes Stieger, Tatjana Stocker,
                         Patrick Kessler und Sven Bösiger finden            Peter Surber und Simone Volande
                         ihre Musik von Hügel zu Hügel.                     Illustrationen von Lukas Schneeberger
                         von Peter Surber

                         Bilder
                         von Daniel Ammann

                         Perspektiven
                    32 Kyoto
Saiten 07/08/2013

                         Flaschenpost
                         von Hans Jörg Bachmann

                    34   Rapperswil-Jona
                    35   Vorarlberg
                    35   Thurgau
                    37   Schaffhausen
                    37   Stimmrecht
                         von Gyatso Drongpatsang

                         Report
                    38 TG: Die Kunst des Verlierens.
                       AR: Hohe Schule des
                       Marketings.                                     53   Kalender
                         Wie steht es um die SP in der
                         ländlichen Ostschweiz?
                         von Adrian Soller
                                                                            Abgesang
                                                                       74   Kellers Geschichten
                                                                       75   Bureau Elmiger
                                                                       77   Charles Pfahlbauer jr.
                                                                       79   Boulevard

                                                            nr. 225, Juli /august 2013
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Kommentare auf                               Kulturelle Bereicherung                     Die Frage der Kippa stellt sich halt nicht
                                                                                         mehr, da wir die jüdische Gemeinschaft
Saiten Online                                Der Kopftuchstreit von Altstätten be-       schon vor langer Zeit verjagt haben. Und
                                             schäftigte auch uns. Auf Saiten online      das, obwohl St.Gallen bereits 1863 die
Höhlenbewohner                               kommentierte Harry Rosenbaum das zu-        jüdische Gemeinschaft anerkannte –
                                             erst verhängte und dann wieder aufge-       drei Jahre, bevor dies der Bund tat. Wir
                                             hobene Verbot unter anderem mit dieser      waren einmal ein progressiver Kanton.
                                             Einschätzung:                               Einer, in dem die Werte der Religions-
                                                                                         freiheit hoch gehalten wurden. Die Zei-
                                                                                         ten sind lange vorbei. ed kaufmann

                                                                                         Es wäre natürlich auch möglich, den gan-
   (pd)
                                                                                         zen Koedukationskanon sitterabwärts zu
Hätte es die «Kultursparpolitiker» von                                                   schicken. In einer reinen Mädchenschu-
heute zur Zeit der Höhlenbewohner                                                        le – mit ausschließlich weiblichem «Per-
                                                 (pd)
schon gegeben, gäbe es keine Höhlen-                                                     sonal» – gibt es keinen Kippaträger. Und
malereien zu bewundern. Willi keller         «Religiöse Symbole demonstrativ am ei-      das Kopftuch kann bei entsprechendem
                                             genen Körper zur Schau gestellt – ob das    Sichtschutz in dem Fall abgelegt werden.
(Zum Beitrag «Kultursparerei (I):            nun ein Kreuz, ein Kopftuch oder eine       Und das Kreuz mit dem Kreuz wäre auch
Die Lokremise» von Peter Surber, 10.06.)     Kippa ist – machen, vernünftig betrach-     eher keines, da dies ja eher Symbol- als
                                             tet, keinen Sinn. Objektiv gesehen scha-    Identitätscharakter hat. Sachichgezzma.
                                             det diese optische Identitäts-Markie-       inge luett
Nervig                                       rung aber auch niemandem. Warum also
                                             sollte überhaupt eine öffentliche Dis-      Ich sehe darin keinen Sinn – zumindest
                                             kussion darüber geführt werden? Schuld      nicht im schulischen Kontext. Es sollte
                                             ist eine politische Zwangsneurose, die      möglich sein, auch in gemischten Klas-
                                             besagt, dass ein morgenländisches           sen eine Lösung zu finden. Alles andere
                                             Kopftuch die abendländische Leitkultur      ist Symptombekämpfung.

                                                                                                                                      Saiten 07/08/2013
                                             ernsthaft bedroht. (...)»                   corinne riedener

   (pd)
                                             Nachstehend die Reaktionen:                 Spannendes Thema eigentlich. Umso
Ja ... nervig ... die Bauverwaltung sollte                                               langweiliger die parteipolitische Finger-
nun endlich mit den Zahlen herausrü-         Dass dieser Parallelgesellschaftsbegriff    zeigeübung. robert Di Falco
cken und dann die südliche Altstadt nur      immer so negativ ausgelegt werden
für die Anlieferung öffnen. Die Verkehrs-    muss . . . Man könnte einen Dorfverein      (Zum Beitrag «Doch kein ultimativer
zahlen sind bestimmt über den Maximal-       ebenfalls als Parallelgesellschaft be-      Dresscode» von Harry Rosenbaum, 11.06.)
werten. Muss dem mal nachgehen. Doris        zeichnen. Oder als kulturelle Bereiche-
königer                                      rung. Aber das will man ja nur, wenn
                                             Kulturgut aus der eigenen Kultur ge-
(Zum Beitrag «Weisse Tischtücher vor dem     pflegt wird. corinne riedener
Facincani» von Andreas Kneubühler, 14.05.)
                                             Solange eine Kippa oder ein Kopftuch
                                             lediglich – wie ein Kreuz – von der einen
                                             Seite als Symbol verstanden wird und
                                             von der anderen als Teil der Identität,
                                             bleibt die Frage, was Integration eigent-
                                             lich bedeutet/bedeuten kann/bedeuten
                                             soll, weiterhin ungeklärt. inge luett

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                    Blickwinkel
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                          Florian bachmann im selbstporträt vor der touristinfo auf dem bahnhofsplatz st.gallen.

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Einspruch: Ueli Vogt                                           Redeplatz
Baukultur = Gesprächskultur                                    «Frust gehört dazu im Widerstandsleben»

Ist der Swica-Neubau an der Teufenerstrasse ein                Matthias Fässler kämpft gegen Asyl-
«Sündenfall» und daher Grund genug für eine stadt-
parlamentarische Anfrage? Vielleicht ja – aber einmal          Unrecht und Profitdenken, fürs Kugl und
mehr droht so eine architektonische Frage pauschali-           die Reithalle. Was treibt ihn an?
siert statt differenziert zu werden. Mein zweifacher
Einspruch fragt zum einen: Wie viel Demokratie er-                       Matthias Fässler, deine Veranstaltungsreihe
trägt das städtische Bauen? Und fordert zum andern                       Nachtasyl hat nichts genützt: Am 9. Juni hat das
eine neue Diskussionskultur.                                             Volk mit erdrückender Mehrheit Ja zur Ver-
           Wenn Bauthemen demokratisch ausgehan-                         schärfung des Asylgesetzes gesagt, sogar in der
delt werden, wie beim Marktplatz, kann das Vorhaben                      Stadt St.Gallen. Frustriert?
scheitern, weil auseinanderstrebende Meinungen                 Das ist natürlich ernüchternd. Eine Niederlage, aber
und gutgemeinte Detailvorschläge sich die ablehnen-            weniger für die Nachtasyl-Reihe als für schutzbedürftige
de Hand reichen: Übrig bleibt ein Flickenteppich, der          Migrantinnen und Migranten. Der Kampf muss weiter-
gestalterisch wenig Überzeugendes zulässt.                     gehen, auch wenn 99 Prozent dafür wären. Das ist meine
           Für die öffentliche Diskussion von architek-        Grundüberzeugung.
tonischen und städtebaulichen Fragen braucht es
Übung. Und dies setzt, zweiter Einspruch, Genauig-                       Erreicht man mit solchen Anlässen nicht
keit in der Sache voraus.                                                bloss immer jene, die sowieso schon auf der
           Als Übungsfeld steht die ganze Stadt zur                      eigenen Seite stehen?
Verfügung. Machen wir aus den Streitobjekten Studi-            Wir haben mit Nachtasyl, vor allem mit dem Konzert in der
enobjekte! Oft ist es nicht so einfach, die Qualitäten         Grabenhalle zahlreiche, auch junge Leute erreicht, die
zu sehen: Manchmal verbergen sich gute Grunddis-               nicht politisiert sind. Wichtig ist, dass sie überhaupt abstim-
positionen hinter einem schlechten Bau (Beispiel:              men. Und wichtig war es auch, so viele Kulturinstitutio-
Swica-Neubau an der Teufenerstrasse, Einstein-Kon-             nen für ein politisches Anliegen zu mobilisieren. Dass das in

                                                                                                                                 Saiten 07/08/2013
gress), manchmal ist es wunderbare Bautechnik                  dieser Stadt geht, ist ein Hoffnungsschimmer.
hinter städtebaulichen Entgleisungen (neue Fach-
hochschule), manchmal steckt hinter Eleganz eine                          Dennoch: Wie gehst du mit diesem Frust um?
schlechte Konstruktion ohne räumliche Qualität                 Frust gehört immer dazu im Widerstandsleben. Und die
(neues Bushüsli am Blumenberg), manchmal hat ein               Frage ist: Wie weit reagiert man bloss, und wie weit wird
Projekt Spitzenqualitäten, wird aber durch seine               man von sich aus aktiv und bringt die eigenen Diskurse
Nachbarschaft beeinträchtigt (Bundesverwaltungsge-             ins Spiel? Mein Ideal wäre es, in St.Gallen eine junge
richt). Aber auch wunderbare Bauzeugen können                  Bewegung für eine menschliche Migrationspolitik aufzu-
durch die Entwicklung der Umgebung ihren Wert ver-             bauen, vergleichbar den Bleiberecht-Kollektiven in an-
lieren (Villa Wiesental). Manche abverheite Situation          deren Städten. Das gäbe die Möglichkeit, Forderungen zu
wird durch einen neuen Eingriff zur Stadtaufwertung            stellen, für globale Bewegungsfreiheit, die Rechte der
(Verwaltungsgebäude Oberer Graben), manches Im-                Sans-Papiers oder Bleiberecht für alle – Forderungen, die
plantat wird aber auch zu einer neuen Problemzone              den Parteien zu utopisch sind.
(Raiffeisenquartier).
           Bei all diesen Projekten gilt: Wenn der Auf-                  Du arbeitest daneben auch im Sozial- und
trag klar formuliert ist, braucht es ein Verfahren zur                   Umweltforum Sufo mit – was ist die Motivation?
Ermittlung der bestmöglichen Lösung, meistens sind             Grundsätzlich geht es mir um Widerstand gegen einen Kapi-
das Wettbewerbe. Und anschliessend ist Vertrauen ge-           talismus, dem sich die Politik und unser ganzes Leben
fragt. Der Geist eines einzelnen Kopfes oder eines             unterordnet. Gegen Privatisierungen. Gegen all das, was den
Kollektivs soll ungestört sein Werk vollbringen, mit           Individualismus und den Profit ins Zentrum stellt und
einem Vis-à-vis, das mit Sachverstand und Vertrauen            nicht das Gemeinwohl.
die Aufgabe begleitet.
           Nehmt den Polemikern den Wind aus den                          Ist das, als Sohn des Historikers und SP-
Segeln! Üben wir uns darin, eine gemeinsame Bau-                          Politikers Hans Fässler, familiär begründet?
Sprache und daraus eine Haltung zu entwickeln. Das             Man wird natürlich sozialisiert in einer solchen Familie.
Resultat wird man im Stadtbild sehen.                          Aber ich finde es zu einfach, alles von den politisch en-
                                                               gagierten Eltern herzuleiten. Hinzu kommen andere Ein-
          ueli vogt, 1965, ist kurator am                      flüsse – etwa dass ich in einer Genossenschaftssiedlung
          zeughaus teufen, ausgebildeter                       aufgewachsen bin, oder eben das Sufo, das für viele Junge
          gärtner und architekt.                               ganz wichtig ist, als Anstoss, sich für eine Sache einzu-
                                                               setzen.
          in der rubrik einspruch schreiben
          wechselnde gast-kommentatoren.

                                                      positionen
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                               Kein Vater-Schatten also, aus dem man sich                Party – es soll nicht platt werden und an der Oberfläche
                               befreien muss?                                            bleiben. Generell in der Kultur finde ich wichtig, dass politi-
                    Nein, das ist kein Thema. Meine Eltern sind für mich, wenn           sche Forderungen mitgedacht werden. Kultur ist nicht
                    schon, ein Vorbild – auch wenn wir nicht immer gleicher              einfach neutral, sie soll Anstösse geben. Zum Beispiel gegen
                    Meinung sind. Zum Beispiel können wir über Nachtbusse                die Selbstgenügsamkeit.
                    streiten, oder über die Eventisierung des Kulturbetriebs.
                                                                                                    Der Kanton schiebt dem Kugl einen Riegel –
                              Du kämpfst auch fürs Kugl und bist im Komitee                         du hast dich vor kurzem zu einer Aussprache mit
                              für die Reithalle. Keine Event-Gefahr?                                Regierungsrat Klöti getroffen. Was ist dabei
                    Nein. Es geht uns bei all dem um die Vision einer urbanen                       herausgekommen?
                    Kultur – dazu gehört das Kugl, aber auch im negativen                Nicht viel, ausser paternalistischem Schulterklopfen. Man
                    Sinn das Wegweisungsgesetz, dazu gehört der öffentliche              muss jetzt den Rekursentscheid des Verwaltungsgerichts
                    Raum überhaupt. Die Stadt braucht in erster Linie                    abwarten. Aber das Kugl kann so nicht überleben, trotz Gra-
                    Freiräume, nicht noch mehr Reglementierung und Zwang.                tisarbeit und Bands, die billiger spielen. Zu lange hat
                                                                                         sich niemand politisch für das Kugl exponiert. Und der Zonen-
                               Dasselbe Anliegen vertritt in Bern «Tanz dich             entscheid des Kantons bedroht auch andere Klubs. Man
                               frei» – wobei das friedliche Tanzen dieses Jahr in        kann da schon Zusammenhänge sehen, auch etwa zum
                               Gewalt umgekippt ist.                                     Klubhaus oder zur Villa Wiesental: Die Stadt droht zu einem
                    Ich finde, man muss aufpassen, sich nicht den Berichten in           leblosen Büro- und Profitkonstrukt zu werden. Dagegen
                    den Medien zu unterwerfen, die sich auf die angebliche               wehre ich mich. Wir müssen, wie es Rosa Luxemburg gesagt
                    Gewaltproblematik konzentrieren. Wenn westliche Demo-                hat, sehen, wo wir noch immer in Ketten liegen. Und die
                    kratien Krieg führen, wird das akzeptiert, aber wenn ein paar        Ketten merkt man nur, wenn man sich bewegt.
                    Leute in denselben Demokratien Steine werfen, ist es mit
                    der Freiheit vorbei. Drum auch die Sache mit der Bewilligung:                  matthias Fässler, 1990, studiert geschichte
                    Es ist gerade ein Kernpunkt bei einem solchen Anlass,                          und spanisch in zürich.
                    der Freiraum und Deregulierung fordert, dass er sich nicht
                    dem Zwang zur Reglementierung unterwirft.                                      interview: peter surber
                                                                                                   bild: tine edel
                              In St.Gallen gibt es kein «Tanz dich frei».
                    Noch nicht, ja. Für mich wäre es sehr wohl denkbar, dass
                    sich auch St.Gallen freitanzt. Aber nicht einfach als

                                                                         positionen
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Stadtlärm                                                              Wortlaut 2014
Ein Geheimgremium für die Baukultur                                    Das Literaturfest wird neu
                                                                       Wortlaut, das St.Galler Literaturfest, fin-
                                                                       det bekanntlich in diesem Jahr nicht
                                                                       statt. Hingegen 2014 wieder – mit neu-
                                                                       em Termin (28. – 30. März), neuem Kon-
                                                                       zept und neuem Team.
                                                                                  Unbestritten vorteilhaft ist
                                                                       der neue Termin. 2012 gingen die Be-
                                                                       sucherzahlen zurück, als einen der
                                                                       Gründe vermuteten die Veranstalter
                                                                       den Zeitpunkt: Herbstferienbeginn, da
                                                                       sind viele schon weg. Jetzt ist ein ande-
Die Abstimmung über die Neugestaltung des Bahnhofplatzes               res Wochenende gefunden, erstaunlich
endete bekanntlich mit 10’898 Ja- gegen 9312 Nein-Stimmen.             in Festhüttenfreizeitjubeltrubelzeiten:
Für ein Projekt, das lange völlig unbestritten war, ist das ein        Ende März. Richi Küttel, Wortlaut-Mit-
schlechtes Ergebnis. Man kann daraus ein generelles Miss-              erfinder, freut sich nicht zuletzt darü-
trauensvotum herauslesen. Und dann eine Linie zur Protest-             ber, dass man zu jenem Zeitpunkt die
wahl von Markus Buschor im letzten November ziehen. Es                 Frühlingsbücher präsentieren kann,
existiert in der Stadt St.Gallen ein schwelender Ärger rund um         aber auch Herbsttitel noch nicht ver-
das Thema Baukultur. Und zwar von links bis rechts. Einer von          staubt sind.
vielen Belegen sind die Aktionen von Max Kriemler, der für                        Und dies, das aktuelle Buch,
die Kritik an der Stadtplanung eine Plattform gründen will.            soll neu im Zentrum stehen. Bisher ka-
            Eine ähnliche Entwicklung gab es vor acht Jahren:          men neben Neuerscheinungen stets
wegen des Fussballstadions, dem St.Leopard und der Domi-               auch historisch-literarische Themen
nanz des inoffiziellen Stadtbaumeisters HRS. Der grosse                zur Sprache, unter anderem im Kult-
Unmut hatte politische Folgen. 2007 wurde ein Sachverstän-             bau, beim Parfin de siècle oder in der

                                                                                                                     Saiten 07/08/2013
digenrat für Städtebau und Architektur eingesetzt. Er beur-            Wyborada. Das wird jetzt anders. «Wir
teilt seither alle wichtigen planungsrechtlichen und bau-              wollen leibhaftige Autoren da haben»,
lichen Vorhaben. Die Honorare kosten jährlich 100’000                  sagt Küttel. Nichts gegen «rückwärtsge-
Franken. Gewählt wurden: Gundula Zach, Architektin                     richtete» Anlässe – aber nicht mehr am
(Zürich), Franz Romero, Architekt (Zürich) und Felix Wett-             Wortlaut-Festival.
stein, Architekt (Lugano).                                                        Hinter der neuen Linie steht
            Schon mal gehört?                                          die zentrale Änderung: Wortlaut wird
            Alle drei sind noch im Amt.                                künftig kuratiert. Bisher war der Anlass
            Wurde irgendetwas besser?                                  ein organisiertes Jekami: Veranstalter
            Nach 2007 gab es folgende prägende Bauprojekte:            reichten eine Programmidee ein, Richi
Kongress Einstein. Bundesverwaltungsgericht. Fachhoch-                 Küttel und Lukas Hofstetter besorgten
schule. Für harsche Kritik sorgten: Der verpasste Kauf                 Finanzierung und Werbung. Neu gibt es
des Güterbahnhofareals. Marktplatz. Olma-Hotel. Villa Wie-             ein OK unter dem Dach der Gesellschaft
sental (Gundula Zach sass beim Wettbewerb in der Jury). Swi-           für deutsche Sprache und Literatur
ca-Neubau. Details der Neugestaltung Bahnhofplatz. Die Lis-            GdSL; neben Richi Küttel sind Joachim
te ist unvollständig.                                                  Bitter, Rainer von Arx, Heidi Roth, Ri-
            Welche Rolle spielte der Sachverständigenrat? Nie-         chard Lehner und Maria Schnellmann
mand weiss es. Seine Stellungnahmen werden zuhanden der                dabei. Man hat vier Schwerpunkte aus-
Direktion Bau und Planung verfasst. Auskünfte über deren               geheckt und unter schöne, von Ernst
Wirkung gibt es nicht. Über die Tätigkeit wird jeweils nur mit         Jandl abgekupferte Doppelbegriffe ge-
ein paar dürren Zeilen im Geschäftsbericht des Stadtrats in-           ordnet: «laut und luise, rinks und
formiert. Dort steht, wie viele Sitzungen abgehalten und wie           lechts». Und, eine weitere Entschei-
viele Geschäfte beraten wurden. Das ist alles.                         dung mit Blick aufs fussgängerische
            Es ist zu wenig.                                           Buch-Publikum: Wortlaut will sich auf
            Die Stimmung ist so schlecht wie vor 2007. Das Re-         die engere Altstadt konzentrieren. Da-
zept hat nicht funktioniert. Ein Sachverständigenrat, der sich         her fallen bisherige Lese-Orte weg, ne-
nicht an der öffentlichen Diskussion beteiligt und ohne                ben dem Kultbau auch das Kaffeehaus
Erfolgskontrolle wie ein internes Gremium der Bauverwal-               oder das Museum im Lagerhaus.
tung funktioniert, ist keine Lösung. Vielleicht braucht es ihn                    Protest bleibt nicht aus – siehe
gar nicht.                                                             dazu nachstehend die «Verwortlautba-
            andreas kneubühler, 1963,                                  rung» von Daniel Fuchs. Richi Küttel
            kommentiert monatlich die stadtpolitik.                    will keinen Unfrieden. Aber er sagt zum
                                                                       einen mit Recht: Wer das Risiko trägt,

                                                      positionen
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                    soll auch die Handschrift des Anlasses      haus ausgeladen. Die Stadt St.Gallen ist    erwähnt das Kulturkonzept, in dem
                    prägen. Und zum andern: Wortlaut wolle      offenbar so gross geworden, dass es         René Munz Leitlinien der Kulturförde-
                    sich in der Riege der schweizerischen       kein Rotmöntler mehr schafft, einen         rung und Kulturpflege geschaffen habe.
                    Literaturfestivals behaupten. «Damit        Autor aus Haiti im Linsebühl zu hören.                 Munz zählt weiteres auf: das
                    Wortlaut stärker wahrgenommen wird,         Wir haben jetzt ja den Raum für Litera-     Theaterhaus Thurgau, regionale För-
                    braucht es ein klares Programm.» Küttel     tur in der Hauptpost; auch unter Zeich-     derpools, neu die Kulturvermittlung an
                    kann auf Erfolge verweisen – so trifft      nung der GdSL.                              Schulen. Neben «grossen Kisten» sind
                    man sich im Rahmen von Swiss Festivals                 In der ersten Ausgabe von        ihm viele kleine Projekte wichtig. 430
                    bereits jetzt regelmässig mit Vertretern    Noisma definierten die Verantwortli-        Lotteriefondsgesuche sind jährlich zu
                    von Buch Basel, der Literaturfestivals      chen den Namen der Zeitschrift im Sin-      bearbeiten – ihre Zahl hat sich in zehn
                    Leukerbad und Thun, der Solothurner         ne von «neu» oder auch «noise» (Lärm).      Jahren verdoppelt. Aktiv ist das Kul-
                    Literaturtage oder Buch Luzern.             Wortwut und Wortfrust sind noch nicht       turamt international und ausserkanto-
                               Trotzdem bleibt die Frage,       abgeklungen. Darum schlage ich unse-        nal: bei der IBK beispielsweise oder
                    was wichtiger sei: gesteigerte Aufmerk-     rerseits vor: Als Beitrag zum kommen-       beim Tanzplan Ost. Mit Ressourcen von
                    samkeit in der Rest-Schweiz oder die        den Literaturfest verleihen wir dem         260 Stellenprozenten bewältigt das
                    Pflege des Literatur-Humus in der eige-     Kernteam die erste, echte St.Galler         Thurgauer Kulturamt zudem die Verga-
                    nen Stadt. Im besten Fall gelingt beides.   Wortwurst, mit Senf.                        be von jährlich sechs mit je 25’000
                               peter surber                                Daniel Fuchs, 1959, ist          Franken dotierten individuellen För-
                                                                           buchhändler a.D.                 derbeiträgen und jene des Thurgauer
                                                                                                            Kulturpreises.
                    Verwortlautbarung                                                                                  Seine Nachfolge im Amt wird
                    Ein Protest                                 Abgang
                                                                                                            es nicht einfach haben. Von einschnei-
                    Fakt ist: 1979 gründeten vier Enthusias-    René Munz wechselt vom                      denden Sparmassnahmen blieb das
                    ten mit Noisma wieder eine St.Galler        Thurgau nach Zürich                         Kulturamt zwar bisher verschont. René
                    Zeitschrift für Literatur. Unter wech-                                                  Munz erwartet aber keine Entlastung.
                    selnden Redaktionen weitergeführt, er-                                                  Zudem gibt es Baustellen. Ein baureifes
                    schien die letzte Nummer 2004. Ivo                                                      Projekt für die Erweiterung des Kunst-
                    Ledergerber und der hier Schreibende                                                    museums wurde von der Regierung ge-
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                    übernahmen das Erbe von Noisma in                                                       stoppt; es sind vergaberechtliche Fra-
                    Form von Lesungen. Mit dem Kultbau                                                      gen zu klären. Ein Zukunftsprojekt ist
                    als Veranstaltungsort wurde ein in der                                                  die Erneuerung des Historischen Mu-
                    Stadt einzigartiger Raum gefunden.                                                      seums. Für ein Kulturzentrum Untersee
                    Nach Ledergerbers Rückzug übernahm                                                      in Steckborn wurde vom Kanton eine
                    2007 Literat Florian Vetsch dessen                                                      Million versprochen. Streit blockiert
                    Stelle. In den vergangenen Lesezyklen                                                   das Vorhaben. Noch in den Kinderschu-
                                                                       bild: brigitta hochuli
                    lasen an der Konkordiastrasse 27 re-                                                    hen steckt in der Hochschulstadt
                    gionale, nationale und internationale       Man mag ihn. René Munz, nicht zuletzt       Kreuzlingen eine Initiative zu einem
                    Autoren.                                    als ehemaliger Theatermann im Thur-         spartenübergreifenden Kulturproduk-
                               Fakt ist auch, dass «Noisma      gau tief verwurzelt, ist an Veranstaltun-   tionszentrum. Munz signalisierte Un-
                    im Kultbau» an allen fünf Ausgaben der      gen ein gern gesehener Gast. Der Satiri-    terstützung.
                    St.Galler Literaturtage Wortlaut teilge-    ker Thomas Götz küsst ihm in der Rolle                 Ein Amtschef müsse sich mit
                    nommen hat. Das waren: 1. Die Mara-         einer vollbusigen blonden Kantonsrä-        Leidenschaft für die Kultur im Thurgau
                    thon-Lesung aus James Joyce «Ulys-          tin sogar wehmütig den knallroten Lip-      einsetzen, sagt René Munz. Dabei be-
                    ses». 2. Ein Gertrude Stein-Tag. 3. Ein     penstift auf die Backen. Denn der Kul-      nötigt diese im dezentralen Kanton
                    Paul Bowles-Tag. 4. Ein Abend zum Ex-       turamtschef wechselt nach elf Jahren        sowohl Breitenförderung als auch Pro-
                    pressionismus. 5. Ein Abend mit litera-     nach Zürich als Leiter der kantonalen       fessionalisierung. Hier zeigt sich ein
                    rischen Werken von John Cage.               Stabsstelle Kulturpolitik in der Fach-      Dilemma: Die Leuchtturmstrategie ist
                               Mit diesen Farben hat Nois-      stelle Kultur.                              verpönt. Andererseits leiden viele
                    ma die Carte Blanche, die «Literaturak-                Natürlich wollen es einige       Künstler unter Wahrnehmungsmangel.
                    tive» bei Wortlaut erhielten, bemalt.       schon vor der Bekanntgabe Anfang Juni       Ihn zu lindern versucht nun explizit die
                               Nach einer Denkpause hat         gespürt haben, aber für die Mehrheit        Kulturstiftung des Kantons, die Antago-
                    nun Wortlaut ein neues Konzept entwi-       kam dieser Abgang überraschend. Zu-         nistin und geniale Ergänzung zum Amt.
                    ckelt. Unter der Ägide der Gesellschaft     mal er bereits per Ende September er-       Sie will im Herbst das regionale Kunst-
                    für deutsche Sprache und Literatur          folgt; viel Zeit für die Neubesetzung       schaffen «selbstbewusst und kritisch»
                    (GdSL) sitzen einige Herren und Damen       bleibt SVP-Regierungsrätin Monika           vorstellen – Eigenschaften, die nebst
                    in einem OK zusammen. Sie werden in         Knill nicht. Die Chefin des Departe-        der Leidenschaft auch dem oder der
                    Zukunft das Programm der Literaturta-       ments für Erziehung und Kultur bedau-       Nachfolgerin von René Munz zu wün-
                    ge bestimmen, zentralistisch. Konse-        ert den Wechsel. Sie lobt den Ausbau        schen sind.
                    quenz: Alle nicht zentralen Veranstal-      der Fachstelle zu einem Amt, in dem                    brigitta hochuli,
                    tungsorte sind gestrichen. «Noisma im       fünf kantonale Museen und die Kultur-                  1948, ist redaktorin
                    Kultbau», das Kaffee- und das Lager-        förderung zusammengefasst sind, und                    von thurgaukultur.ch

                                                                           positionen
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Vom Kommen
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                    und Gehen
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                       Appenzeller
                    Pendlergeschichten
                        Fotografie
                      Daniel Ammann
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  Im Spinnennetz des Appenzellischen

                                           Saiten 07/08/2013
Fotograf Ueli Alder zog von Urnäsch
nach Zürich, Schauspielerin Karin Enzler
aus Appenzell lebt schon lange in
Deutschland. Via Skype haben sie mit
Hanspeter Spörri über die Heimat
nachgedacht.
                 kommen
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                               Vom Appenzellerland kommt man nicht so                     der Mensch ja erst sichtbar. Aber man darf es sich auch nicht
                               einfach los – auch wenn man wegzieht.                      zu einfach machen: So will der Appenzeller zum Beispiel im
                    Ueli Alder: Das ist zum Glück leider so. Einst brauchte ich           kulturellen Feld etwas Markantes und Exotisches darstellen;
                    Abstand vom Appenzellerland. Jetzt sehe ich es von einer              im wirtschaftlichen Sektor ist es ihm aber ein Anliegen, als
                    anderen Seite und weiss, dass ich in Zukunft immer wieder             modern zu gelten. Daraus können Konflikte entstehen, wie sie
                    zurückkommen werde. Mein Verhältnis zu Zürich ist übri-               beispielsweise im Tourismus sichtbar werden.
                    gens ähnlich. Zunächst habe ich es gehasst. Dann entwickel-
                    te sich eine Hassliebe. Und jetzt mag ich die Stadt, in der                      Die Folge: Appenzell ist auf dem
                    ich wohne.                                                                       Weg zum Disneyland.
                    Karin Enzler: «Das ist zum Glück leider so» beschreibt dieses         Karin Enzler: Es geht nicht darum, den Tourismus schlecht-
                    Phänomen sehr schön! Es gehört zu einem gesunden Ent-                 zureden, dafür leben zu viele Leute davon. Aber ich spre-
                    wicklungsprozess, dass man sich von der gewohnten Welt                che gegen diese appenzellerische Selbstverklärung, wie ur-
                    entfernt, um andere Welten kennenzulernen. Die haben                  chig wir sind und echt und so weiter. Und dann komme
                    es freilich schwer, mit der Heimat zu konkurrieren. Man wirft         ich mal wieder nach AI und bin erstaunt über die Verände-
                    wohl ein Leben lang einen liebevollen – bis hungrigen –               rungen: die schüchelige – exgüsi – Betonmauer beim
                    Blick zurück auf diese erste Welt «Heimat». Es ist wie mit dem        Friedhof; langweilige neue Wohnbauten mitten im Dorf. Wo
                    ersten Sudel auf einem Blatt Papier: Diese frühen und                 ist denn da das typisch Appenzellische? Das Einfache
                    kräftigen Spuren bleiben lange sichtbar – auch wenn man               und Heimelige, das Bäuerliche und Exotische, das Hand-
                    sie radiert oder drübermalt.                                          werkliche und Qualitative? Weshalb macht man solche
                                                                                          «Fehler»? Es stecken gewöhnliche kapitalistische Interessen
                               Es ist kein Verdienst, Appenzellerin zu sein. Aber         dahinter. Da war halt noch ein Stück Boden im Zentrum,
                               eine besondere Prägung ist es schon. Weshalb?              das an den Meistbietenden verkauft wurde, oder einer hatte
                    Ueli Alder: Darüber habe ich viel und lange nachgedacht,              einen guten Bekannten in wichtiger Position – notfalls
                    ohne eine Antwort zu finden. Ich glaube, es ist etwas, das            vergisst man dann das Programm «Tradition». Das Ästheti-
                    man erfahren muss. Im Vordergrund steht für mich das, was             sche liegt nicht jedem und nicht immer am Herzen!
                    Auge und Ohr anspricht. Das Appenzellerland mit dem
                    Alpstein als Kulisse ist wie eine kleine Insel oder eine Büh-                    Da kann man als Ausserrhoder nur nicken, oder?
                    ne; eine Miniaturschweiz am Rande der Schweiz.                        Ueli Alder: In der Tat. Beim Ausserrhoder Tourismus
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                    Karin Enzler: Mir kommt es manchmal vor, als wäre jeder               eifert man zwar den Innerrhodern nach, wünscht es aber
                    Bildausschnitt eine perfekte Postkartenvorlage.                       nicht ganz so laut und bunt, allerdings mit der gleichen
                                                                                          Energie dahinter. Ich finde, Ausserrhoden müsste sich da
                               Man ist gerne abgesondert, akzeptiert es,                  nicht an Innerrhoden orientieren. Wenn man den glei-
                               als Sonderling gesehen zu werden.                          chen Erfolg will, müsste man mit dem gleichen Draufgän-
                    Ueli Alder: Sonderling nicht unbedingt im negativen Sinn.             gertum ans Werk gehen – das liegt den Ausserrhodern
                    Wir haben es jedenfalls ins Positive gedreht, kultivieren             aber nicht.
                    den Eigensinn. Wer genau hinschaut, sieht allerdings, dass            Karin Enzler: Für Tourismus bezahlt man bekanntlich immer
                    die Freiburger und die Berner Oberländer genauso eigen-               auch einen Preis. Innerrhoden ist klein, und viel davon
                    sinnig sind.                                                          wird genutzt. Ich geniesse es immer mehr, wenn ich ins
                                                                                          Ausserrhodische gehen kann, wo es mehr Platz und mehr
                              Ist das die bekannte appenzellische Schlauheit?             Ruhe gibt und ich eine normale Wirtschaft ohne ambi-
                              Man wird in eine Ecke gedrängt, wandelt das                 tioniert grüssende Wanderer finden kann.
                              Negative aber in etwas Positives um.                        Ueli Alder: Für meine Arbeit gehe ich gerne dahin, wo ich
                    Karin Enzler: Bei Feldkirch existiert angeblich eine Kapelle          nicht gestört werde. Aber noch im hintersten Winkel von
                    mit der Inschrift: «Gott bewahre uns vor der Pest und vor             Innerrhoden ist es mir passiert, dass zuerst eine Frau im
                    den Appenzellern». Man muss sich schon fragen, was histo-             Subaru, dann ein Bauer mit dem Ladewagen vorbeikommt.
                    risch passiert ist, welche Heldentaten oder Zufälle nötig             Und beide halten an und fragen, was ich hier mache.
                    waren, bis wir in diese Position gerieten. Grundsätzlich sind
                    wir ja umgängliche und weltoffene Leute – abgesehen da-                          Die soziale Kontrolle, die Neugierde gehört
                    von, dass wir gerne in die Welt hinausgehen, bis Feldkirch                       zu dieser Gesellschaft. Es gibt im Appenzellerland
                    oder weiter, kommt auch recht viel Welt zu uns nach                              aber auch etwas Schwermütiges, Schwerblütiges.
                    Appenzell. Ich glaube nicht, dass es in Appenzell vieles gibt,        Karin Enzler: Ich kenne mehrere Leute, die Selbstmord-
                    was es anderswo nicht auch gibt. Und das meine ich in                 erfahrungen in der eigenen Familie gemacht haben. Auch
                    keinster Weise abschätzig! Aber nüchtern betrachtet könnte            statistisch gesehen ist die Suizidrate im Appenzellerland
                    man auch die These aufstellen, dass die Appenzeller                   extrem hoch. Wieso? Wo wir doch weit weg sind von anony-
                    einfach besonders gut im Marketing und in der Selbstdar-              men Lebenssituationen in Grossstädten, und es doch
                    stellung sind.                                                        viele selbstbestimmte, wackere, offene und gradlinige Appen-
                                                                                          zellerinnen und Appenzeller gibt. Eine Tante erklärte
                              Diese stimmt nicht immer mit der                            dieses Phänomen einmal so: Man bringe hier die Schönheit
                              Wirklichkeit überein.                                       der Landschaft und das Schwere, das man lebt, nicht in
                    Karin Enzler: Selbstdarstellung erfordert Konsequenz. Na-             Übereinstimmung. Diese Enge im Appenzellerland, das Kes-
                    türlich passieren Fehler! Und in diesen Widersprüchen wird            selartige, der damit verbundene vermeintliche Überblick

                                                                              gehen
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strickt den Filz zusammen, unterstützt die soziale Repres-                        Das Kreative hat mit Zwischentönen zu tun,
sion, dass man sich so manches Mal überlegen muss,                                die oft nur versteht, wer den lokalen Klang kennt?
ob man seine Meinung äussert und damit Gefahr läuft, im                Karin Enzler: Es geht nicht nur um das rationale Verstehen,
nächsten Jahr keine Aufträge mehr zu erhalten. – Persön-               sondern auch um das Emotionale, um die Tuchfühlung.
lich würde mich die soziale Kontrolle zur Rebellin machen.             Ueli Alder: Zum Spinnennetz fällt mir eine Anekdote ein.
                                                                       Meine Bilder, in denen ich mich als Cowboy inszenierte,
           Ueli, du bist ein Rebell?                                   trugen den Obertitel Wenn’d gnueg wiit fort goscht, bisch
Ueli Alder: Ich weiss es nicht. Als eine befreundete Journalis-        irgendwenn wieder of em Heeweg. In Medientexten wurde das
tin vor der Landsgemeinde in Innerrhoden recherchierte,                immer wieder als altes Appenzeller Sprichwort bezeich-
stiess sie gegen eine Wand. Niemand gab ihr Auskunft.                  net – obwohl es die Übersetzung eines Songtexts von Tom
Irgendwie ist das logisch. Jeder kennt jeden. Wenn ich immer           Waits ist. Ich fand diesen Titel schon immer super. Auf
noch in Urnäsch wohnte, ginge es mir wohl auch so. Aber                Englisch funktionierte er aber nicht. Ich wollte ein wenig
weil ich weg bin, erlaube ich mir manchmal einen Kommen-               das Klischee bedienen und formulierte ihn in extra brei-
tar. Ich möchte einen Diskurs führen. Manchmal haben                   tem Dialekt. So wurde der Satz zum Selbstläufer, obwohl ich
wir einen allzu verklärten Blick auf uns.                              wiederholt sagte, es sei kein Appenzeller Sprichwort.

           Schon Ende des 18. Jahrhunderts hat der deutsche                      Offenbar ist es mittlerweile eines geworden.
           Arzt und Reiseschriftsteller Gottfried Ebel                 Karin Enzler: Es ist eine Lebensweisheit. Der Spruch fasst
           den Kontrast zwischen der Vitalität und der                 vieles zusammen. Aber das ist das Marketing: Sofort ent-
           Schwermut der Appenzeller beschrieben.                      steht daraus ein Banner. Man sagt ja, die Appenzeller seien
Karin Enzler: Wahrscheinlich gehört das wirklich zusammen:             gewiefte Gschäftlimacher. Zu Recht!
so, wie es in Zürich die Bahnhofstrasse nur gibt,
weil es auch die Langstrasse gibt. Vielleicht neigen wir im                       Aber es kommt darin auch eine tiefe Sehnsucht
Appenzellerland seelisch tatsächlich zu Extremen.                                 nach Heimat zum Ausdruck, nach dem, was
                                                                                  in der Globalisierung und wegen der Angleichung
           Das kommt in der Musik zum Ausdruck,                                   von allem an alles verloren geht.
           im Appenzeller Blues.                                       Ueli Alder: Was mich künstlerisch interessierte, traf anschei-
Ueli Alder: Ein Henderländer Zäuerli, ein Chlausezäuerli               nend den Nerv der Zeit. Wenn rund um die Welt die

                                                                                                                                          Saiten 07/08/2013
geht mir erst tief, wenn es richtig schwermütig tönt. Ich              gleiche Musik gehört wird, wächst die Tendenz, wieder die
weiss nicht recht, wieso das so ist. Vielleicht geht es gar            eigene Volksmusik zu hören.
nicht um die Schwermut. Aber das Gefühl ist eine Tatsache.
                                                                                  Eine Wellenbewegung – aber die Reaktionen
          Ich habe den Eindruck, ihr arbeitet                                     zeigen mehr, was wir verloren haben.
          beide mit diesem Gefühl.                                     Karin Enzler: Diese Stilisierungen des Urchigen sind einfa-
Karin Enzler: Ich habe Mühe, wenn Musik durchgehend in                 che kulturhistorische Prozesse, Spätfolgen des Individua-
Dur gehalten ist, bin extrem zugänglich für das Melan-                 lisierungsdrucks. Früher hatte niemand das Gefühl, sich selbst
cholische und Dramatische. Das Melancholische gibt mir                 verwirklichen zu müssen. Du warst, was in deinem Dorf
die Möglichkeit, mit mir selbst in Kontakt zu kommen –                 oder deinem Land alle waren. Heute vergleichst du dich mit
was wichtig ist, wenn man künstlerisch arbeitet, egal ob in            der Schweiz, der ganzen Welt. Hinzu kommt der oft disku-
der Fotografie, der Musik, der Literatur, im Theater.                  tierte Druck: Befreie dich selbst! Sei kreativ! Sei deine eigene
Aber der Appenzeller Blues – das ist ja auch schon wieder              Marke! Dem Kreativitätszwang steht aber meiner Meinung
ein Marketingbegriff. Wenn ich am 8. September auf der                 nach das Wahrhaftige gegenüber. Und da kommt dann Tra-
Wanderbühne Ledi in Teufen meine Lieder singe, die alle                dition ins Spiel. Wenn ein afrikanischer Künstler in unserer
etwas traurig sind, ist das Appenzeller Blues – gegen                  Skype-Runde sässe, würde er wohl ähnlich reden über sein
diese Zuschreibung habe ich keine Chance, obwohl alles                 Dorf, vielleicht auch über die Suizidrate, die Vereinsamung,
fernab von Appenzell entstanden ist und ich keinen                     Vergewaltigungen ... Zugegeben: Wenn ich sagen muss,
Kontakt zur Musikszene habe.                                           woher ich komme, erzähle ich von den Bergen, vom Frauen-
                                                                       stimmrecht, berichte davon, wie mein Vater den Kaninchen-
          Ihr ringt beide mit dem Appenzeller Klischee,                bock erschlug, der meine Mutter gebissen hatte – und wie
          merkt aber, dass es wie ein Spinnennetz ist,                 wir Kinder alle riefen: Erschlag ihn! Die Leute sind dann
          von dem man nicht loskommt.                                  extrem geflasht oder schockiert und sehen mich als Barbarin.
Karin Enzler: Ob ich damit ringe, weiss ich gar nicht.
Zu Beginn habe ich Lieder auf Englisch geschrieben – aber                         Appenzeller kultivieren das Barbarentum?
da landete ich immer im Abgedroschenen. Nun, da ich                    Ueli Alder: Wenn ich in Amerika sagen muss, woher ich
Dialekt schreibe, gefällt es mir besser. Es ist meine Sprache,         komme, zeige ich ein Filmchen von wüsten Silvester-
mein Klang. Wenn man sich mit dem beschäftigt, was                     chläusen und sage, dass ich auch schon Hundefleisch ge-
man wirklich kennt – und ich kenne mich in Appenzell immer             gessen habe. Im gleichen Atemzug sage ich vielleicht
noch am besten aus, trotz der zwölf Jahre, die ich nun                 auch, dass es nicht ganz stimmt. Aber das ist der Mythos,
im Ausland an wechselnden Orten verbracht habe –, dann                 das Archaische.
kann man aus der Tiefe schöpfen, aus der Kindheit.                                hanspeter spörri, 1953,
                                                                                  ist freischaffender Journalist in teufen.

                                                         kommen
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                                     Kein Mitleid mit den Pendlern
                    Sie haben keine freie Fahrt durch die
                    Gallenstadt, die Autopendler aus
                    Ausserrhoden, aber auch keine Alter-
                    nativen. von Andreas Kneubühler
                    Jeden Werktagsmorgen leert sich Appenzell Ausserrhoden               Gibt es irgendein Rezept gegen die Pendlerei? Normaler-
                    und der Verkehr an den Ausfallstrassen aus dem Kantons-              weise heisst es: öffentlicher Verkehr. Und da gibt es das
                    gebiet nimmt schlagartig zu. Glaubt man einer hochgerech-            Projekt Riethüsli-Tunnel samt Durchmesserlinie, das einen
                    neten Statistik des Bundes (Strukturerhebung 2010), dann             Teil der Autofahrer zum Umsteigen bewegen soll. So zu-
                    leben im Kanton 29’000 Erwerbstätige. Davon bewegen sich             mindest der Plan. Doch die Zweifel sind gross. Der frühere
                    von Montag bis Freitag jeweils zwischen 9700 und 11’500              Ausserrhoder Kantonsingenieur Emil Lanker hatte die
                    Pendler aus Ausserrhoden an einen Arbeitsort irgendwo im             Kantonsparlamentarier in Herisau vergeblich dazu aufgefor-
                    Kanton St.Gallen – und am Abend den gleichen Weg                     dert, doch einmal selber mit der Bahn zu fahren, bevor
                    wieder zurück.                                                       sie über das Projekt abstimmten. Das Erlebnis hätte sie von
                              Müssen die Pendler durch die Stadt, ist es kein an-        allen Illusionen geheilt, ist er überzeugt. Bisher scheint
                    genehmer Arbeitsweg. Eigentlich wird ihnen signalisiert:             das Projekt auch noch unter einem schlechten Stern zu ste-
Saiten 07/08/2013

                    Wir wollen euch nicht. Überall nur Hindernisse, keine Spur           hen.Wie es aussieht, fehlt dem Bund das Geld für zusätz-
                    von freier Fahrt für freie Bürger. Allenfalls noch auf dem           liche Zugskompositionen, die den angekündigten Viertel-
                    eigenen Kantonsgebiet. Wenn man von Teufen her kommt,                stundentakt ermöglichen würden.
                    wird der Verkehr bereits im Riethüsli zäh. Immer wieder
                    Staus, schon weit vor der Kreuzbleiche. Mühsame Tempo-                         Täter sind auch Opfer
                    Dreissig-Zonen auf der Ausweichroute über St.Georgen.                Sind die Pendler vor allem Kostenverursacher? Periodisch
                    Sogar Tempo Zwanzig rund um das Einstein. Feindselige                regt sich im Kanton St.Gallen Ärger über die Ausserrhoder
                    Blicke auf dem Gallusplatz. Die Wildeggstrasse zwingt                «Profiteure des Steuerwettbewerbs», wie es 2006 in ei-
                    wegen der parkierten Autos zu nervtötenden Slalomfahrten.            nem Vorstoss des SP-Parlamentariers Peter Hartmann hiess.
                    Die besten Schleichwege wie die Flurhofstrasse sind                  Hartmann forderte damals die Regierung auf, den beiden
                    gesperrt. Beschwerlich auch die Fahrt über Herisau in Rich-          Appenzell für die St.Galler Zentrumsleistungen von Verkehr
                    tung Winkeln. Die Alpsteinstrasse ein täglicher Alptraum.            über Bildung und Kultur bis zum Gesundheitsbereich
                    Seit Jahrzehnten ist dort ein Autobahnzubringer geplant. Ob          eine Vollkostenrechnung zuzustellen. 64 Parlamentarier
                    er gebaut wird, entscheidet absurderweise die Abstim-                unterschrieben. In einer eher abwiegelnden Antwort
                    mung über den Preis der Vignette. Kommt die Initiative               erklärte die Regierung: «Es ist den Kantonen nicht freige-
                    gegen den Aufschlag durch, fehlt dem Bund das Geld.                  stellt, Strassenzölle zu erheben». Wer will, kann ein
                                                                                         Bedauern hineinlesen.
                             Kein Rezept gegen die Pendlerei                                         Lösungen des Problems sind eher nicht in Sicht.
                    Soll man Mitleid haben? Eigentlich nicht. Zum Ausgleich              Es wird weitergependelt. Nicht vergessen gehen sollte
                    ein paar der Probleme, die die Ausserrhoder Autopendler in           dabei die Sozialarbeiter-Weisheit, dass alle Täter irgendwie
                    der Stadt St.Gallen verursachen:                                     auch Opfer sind. Auf die Pendlerfrage umgemünzt, muss
                              – Den grösseren Teil des Durchgangsverkehr                 man konstatieren, dass es ja nicht nur den Verkehr aus den
                                 auf dem Gallusplatz                                     beiden Kantonen hinaus gibt: An schönen Wochenenden
                              – Mitverantwortung für die Gewinne, die                    fallen die Tagesausflügler und Ferienhausbesitzer scharen-
                                 die City Parking AG mit Dauermietplätzen                weise ein. Vor allem Innerrhoden wirkt dann wie ein be-
                                 erzielt, und damit letztlich für deren                  setztes Gebiet mit zahllosen Kleinfürsten, die sich ihre Terri-
                                 Drang, immer neue Tiefgaragen zu bauen                  torien mit Flaggen oder zumindest kantonsfremden
                              – Rege Beteiligung an den Staus und                        Autokennzeichen abstecken. An einem schönen Herbsttag
                                 verstopften Strassen im Feierabendverkehr               sind AR und AI überfüllt: alle Pendler zu Hause, dazu
                              – Vielleicht könnte man ihnen auch noch die                die vielen Fremden, die zuerst die Wanderwege verstopfen
                                 Südspange und das unselige Projekt eines                – und dann die Strassen.
                                 Autobahnzubringers beim Güterbahnhof in                             andreas kneubühler, 1963,
                                 die Schuhe schieben.                                                ist freischaffender Journalist in st.gallen.

                                                                             gehen
Zürcher                                                           Stadt St.Gallen
                                                                  Sportamt

Theater
Spektakel
15. August bis 1. September 2013
                                                     BÄDERBUS DREILINDEN
                                                               Sa, 18. Mai bis So, 1. September 2013
                                                      Nur bei schönem Wetter. (Auskunft: Telefon 0800 43 95 95)
Zürich: Landiwiese, Werft und Rote Fabrik
Veranstalterin: Stadt Zürich Kultur
Tickets ab 10. Juli über www.theaterspektakel.ch
oder www.starticket.ch

                                                                                Montag bis Freitag
                                                                                Abfahrt         Abfahrt
                                                                                ab Bahnhof:     ab Dreilinden:
                                                                                11.00 - 18.30   11.15 - 18.45
                                                                                jede halbe      jede halbe
                                                                                Stunde          Stunde

                                                                                Samstag und Sonntag
                                                                                Abfahrt         Abfahrt
                                                                                ab Bahnhof:     ab Dreilinden:
                                                                                09.30 - 18.30   09.45 - 18.45
                                                                                jede halbe      jede halbe
                                                                                Stunde          Stunde

     Vom (un)heimeligen
     Zuhause in der Kunst
                                                     Fahrroute:
     6. Juli – 27. Oktober 2013
     Im Wasserturm der Lokremise: Christoph Büchel     Hauptbahnhof      Markplatz       Spisertor   Schülerhaus
                                                       Parkplatz Dreilindenstrasse       Parkplatz Familienbad
                                                     Fahr mit! Der Umwelt zuliebe.
www.kunstmuseumsg.ch
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                                Nüsse knacken
Saiten 07/08/2013

                    Beim Festspiel Der dreizehnte Ort zur
                    AI-AR-Feier machen über 180 Leute mit.
                    Eine davon ist die Chinesin Belinda
                    Koster, die es drauf hat mit dem Humor.
                    Eine andere ist die Häädlerin
                    Rosmarie Brown-Hohl, die «das schwere
                    Leiden» kennt. von Sina Bühler
                                     gehen
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«Ich heisse dich willkommen, im Namen aller Chinesen in           den Fremden vertrauen. Dann aber ist man angekommen.»
unserem Kanton», sagt Belinda Koster und lächelt. Ihr             Und doch findet sie auch nach sechs Jahren das Finden
erster Witz – denn von den rund 1500 Ausländerinnen und           der innerrhodischen Balance zwischen Nähe und Distanz
Ausländern im Kanton Appenzell Innerrhoden ist sie die            etwas vom Schwierigsten. «Hier wissen alle alles von-
einzige Chinesin. Als für das Theaterstück Der dreizehnte Ort     einander, wer schwanger ist, wer bei wem zu Besuch ist, wer
eine Darstellerin für die chinesische Fotoreporterin ge-          warum streitet! Und dann sind auch noch alle miteinan-
sucht wurde, sei halt nur gerade sie zur Auswahl gestanden.       der verwandt.» Dass sie selber – die doch eigentlich die dis-
Sie sagte sofort zu, als sie angefragt wurde, schon am            tanzierte, unnahbare Asiatin darstellen sollte – immer
Telefon. Ein Missverständnis, wie sich später herausstellte,      wieder das Gefühl hat, sie erzähle viel zu viel Privates, findet
ein Sprachproblem: Die Rhythmiklehrerin von Kosters               sie lustig. Und dass alle über alles Bescheid wissen? Sie
fünfjähriger Tochter Serina hatte Belinda um Mithilfe beim        blickt nach links und nach rechts und sagt verschwörerisch:
Organisieren einer Kinderchorreise nach Shanghai                  «Ich verstecke meine dunklen Seiten», dann kichert sie
gebeten. Als nun der Mann am Telefon auf deutsch (und             wieder los. Die Appenzellerinnen und Appenzeller, sagt sie,
zwar schnell) sprach, hörte Belinda Koster nur den Na-            erinnerten sie an eine Kokosnuss: aussen hart, innen weich.
men der Chorleiterin, von der er die Nummer bekommen
habe, das Wort «Hilfe» und rief erfreut: «Ja natürlich!»                    Dreifache Hochzeit
Sie wurde am Tag darauf mit dem Auto abgeholt und nach            Die 32-jährige stammt ursprünglich aus der Inneren Mon-
Hundwil gefahren. «Liliana Heimberg, die Regisseurin              golei, einem autonomen Teil der Volksrepublik China.
fragte mich auf Englisch, ob ich wisse, warum ich hier sei?       Später, in der Küstenstadt Dalian traf sie 2006 ihren Mann
Ich antwortete: ‹Yes, to help the children!›» Unter Ge-           Roman, der als Automatiker bei Thyssen-Krupp immer
lächter löste sich das Rätsel auf, und Belinda Koster sagte       wieder mehrere Monate auf Montage in China war. Belinda
ein zweites Mal zu.                                               arbeitete als Englischlehrerin und wurde von einer Freun-
                                                                  din als Übersetzerin hinzugeholt, «weil Roman Englisch mit
                                                                  deutscher Grammatik sprach. Diese Freundin meinte, ich
                       alles voneinander. und dann sind auch

                                                                  würde ihn vielleicht besser verstehen.» Genauso war es und
                                                                  noch ein bisschen mehr. Schon bald heirateten die beiden.
                           noch alle miteinander verwandt.
                             hier in appenzell wissen alle

                                                                  Und grad dreimal. Einmal im kleinen Rahmen chinesisch, ein

                                                                                                                                     Saiten 07/08/2013
                                                                  zweites Mal mit der mongolischen Grossfamilie und ein
                                                                  Jahr später traditionell appenzellisch in Schwende. «Roman
                                                                  meinte, wir müssten auch noch seinen Gott um Erlaubnis
                                    Belinda Koster

                                                                  fragen. Ich war sehr erschrocken, dass der offenbar noch
                                                                  nicht informiert war, obwohl doch Serina schon da war.» Sie
                                                                  grinst wieder.
                                                                             Belinda Koster hiess früher anders: Auf mongo-
                                                                  lisch heisst sie Wunlanara. Als sie in die Schule kam,
                                                                  wurde daraus chinesisch Bao Zhengong. Und dann, im Eng-
                                                                  lischunterricht bekam sie ihren westlichen Namen. Das
                                                                  ging so, erzählt sie: «Unsere Lehrerin schrieb eine ganze
                                                                  Liste von englischen Namen auf die Tafel und jeder
                                                                  konnte sich einen aussuchen. Seitdem bin ich Belinda.»
                                                                             Weil ihr Lehrdiplom in der Schweiz nicht aner-
                                                                  kannt wird, arbeitet sie zu fünfzig Prozent in einer Elektronik-
                                                                  Fabrik. Das ist gut gegen die Isolation, meint sie. Und fürs
                                                                  Deutsch natürlich. Und für den Kontakt mit den Appenzeller
                                                                  Frauen, die sie für grosse Vorbilder hält: «Das sind alles
                                                                  perfekte Hausfrauen und Künstlerinnen.» Daran müsse sie
          Wie Kokosnüsse                                          noch arbeiten, sagt sie und fegt mit der Hand über den
Das mit dem Deutsch, das mache ihr halt noch etwas Mühe,          Tisch. Sie hoffe ja insgeheim, dass ihr Mann Roman, der
sagt sie. Dabei versteht sie inzwischen sogar die Witze           Elektroniker, der das ganze Haus so verkabelt hat, dass
ihrer Appenzeller Schauspielerkollegen. Im Humor ist sie          Storen, Lichter, Türschlösser, Musikanlagen und Heizung
ohnehin gross und vielleicht passt sie darum so gut in            per Smartphone gesteuert werden können, ihr einen
ihren neuen Kanton. Die Ironie, die hat sie drauf. Wie sind       Chip ins Gehirn einbaut. Damit sie allein mit ihren Gedan-
denn die Appenzeller, ausser lustig? «Ah, jetzt wird es           ken das perfekte Appenzeller Abendessen kochen kann.
schwierig», sagt sie und schaut auf der Terrasse ihres Hau-
ses in Weissbad nach links und nach rechts zu den Nach-                     Wie Baumnüsse
barn: «Sie tragen jedenfalls nicht alle Rolex, wie ich früher     Wie die Appenzeller seien? Freundlich, äusserst witzig und
dachte.» Der erste Kontakt sei eher distanziert, aber weil        sehr melancholisch. «Wie eine Baumnuss, aussen hart,
ihr Mann ein Hiesiger sei, falle ihr die Integration vielleicht   innen weich», antwortet Rosmarie Brown-Hohl. Sie muss
leichter als einer St.Gallerin, die alleine hierherziehe. «Es     lachen, als sie hört, dass Belinda Koster die Appenzeller
dauert eine Weile, bis die Appenzellerinnen und Appenzeller       als Kokosnüsse sieht. «Dann ist wahrscheinlich etwas dran»,

                                                               kommen
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                    sagt die Appenzellerin. Sie kennt Belinda Koster von den               und ihrer Tochter Nicky. Und weil die Kinder besser Franzö-
                    Theater-Proben in Hundwil. Seit Monaten reist Rosmarie                 sisch als Deutsch sprachen, zogen sie in die Westschweiz,
                    Brown deswegen unermüdlich hin und her zwischen La                     nach Morges. Einige Jahre später kam der nächste Umzug,
                    Chaux-de-Fonds, wo sie wohnt, Heiden, wo sie herkommt,                 Rosmarie Brown erzählt: «Eines Tages rief mich meine
                    und Hundwil, wo sie spielt. Vier Stunden hin, vier Stun-               Mutter an. Ein Brief von Eric, einem alten Freund aus Lau-
                    den zurück. An ihrem Rucksack hat sie ein plastifiziertes              sanne, sei gekommen.» Ein simpler Freund? Rosmarie
                    Plakat vom Theater befestigt und inzwischen die halbe                  Brown lächelt. Kurz darauf zog sie mit den Kindern zu Eric
                    Schweiz nach Hundwil eingeladen.                                       nach La Chaux-de-Fonds, wo sie jetzt seit 28 Jahren lebt.
                              In Der dreizehnte Ort spielt sie die alte Seline, die        Nicht ohne Heiden zu vermissen, allerdings.
                    Tochter des Doktors aus Heiden. Zwei Parallelen zu
                    Rosmarie Browns eigenem Leben: Geboren wurde sie im                             Das schwere Leiden
                    Kurort Heiden als Tochter des Dorfarztes. Doch 1960,                   Ihr Heimweh kann sie auch nicht so genau erklären, denn
                    als Rosmarie fünfzehnjährig war, musste sie fort: «Mein                das Heiden ihrer Kindheit sei ja schon ziemlich weit ent-
                    Vater war nach Bern beordert worden, als erster Arzt                   fernt vom heutigen. Die Hügel, die Luft, die Leute? Alles zu-
                    der soeben gegründeten Invalidenversicherung.» Es war                  sammen? «Ich bin im Appenzellerland verwurzelt. Ich
                    ein schwieriger Abschied damals. Und ein Jahr später,                  habe einfach das Gefühl: Hier gehörst du her!», wird sie
                    als der Vater das Haus verkaufte, wurde es noch trauriger.             später per SMS schreiben. Und wäre da nicht ihr Eric,
                    Es sah nach einem Abschied für immer aus. Und nicht da-                sie wäre längst wieder in den Osten umgezogen. So halb ist
                    nach, dass Rosmarie dereinst 2013 ihre Wochenenden hier                sie das sogar. Denn als sie vor sechs Jahren wieder ein-
                    verbringen würde.                                                      mal durch ihr Heimatdorf spazierte, kam sie mit einem Mann
                                                                                           ins Gespräch, der ihr nach wenigen Minuten den Kauf
                                                                                           ihres Elternhauses anbot. Der Mann arbeitete bei der Ge-
                                                                                           meinde, der das Haus inzwischen gehörte. Heute ist es
                                            Wie eine baumnuss, aussen hart,

                                                                                           wieder im Familienbesitz. Und über das Theaterstück ist sie
                                                                                           noch viel stärker wieder hier. «Ich spiele zu Ehren mei-
                                               Wie die appenzeller sind?

                                                                                           ner Ahnen!», sagt Rosmarie Brown. Sie steht auf, holt Buch
                                                 Rosmarie Brown-Hohl

                                                                                           um Buch aus dem Haus und legt sie auf den Gartentisch:
                                                                                           ihre Vorfahren, Sänger, Schriftsteller und vor allem heim-
Saiten 07/08/2013

                                                                                           kommende Appenzeller. Wie Alfred Tobler, der das erste
                                                      innen weich.

                                                                                           Witzbuch aus dem Appenzellerland schrieb. Sie alle reisten
                                                                                           einmal weg, hielten es in der Ferne aus Heimweh kaum
                                                                                            aus und kamen wieder zurück. In einem von Alfred Toblers
                                                                                           Schriften nennt er dieses Heimweh «das schwere Leiden.»
                                                                                                      Toblers anderes Buch, «Ulrich Loppachers Sol-
                                                                                           datenleben», erzählt übrigens eine ähnliche Geschichte, wie
                                                                                           sie Rosmarie Brown jetzt auf der Hundwiler Bühne dar-
                                                                                           stellen wird: Denn die alte Seline ist nicht nur die Heidner
                                                                                           Arzttochter. Sie ist auch die Mutter eines Söldners. Das
                                                                                           Theaterstück hat Rosmarie Browns Lust auf Geschichte ge-
                                                                                           weckt. Schrift um Schrift aus Toblers Feder, Geschichte
                                                                                           um Biografie ihrer Häädler Ahnen landen wieder im Besitz
                                                                                           von Rosmarie Brown. Sie forscht im Internet und bestellt
                                                                                           vergriffene Bücher im antiquarischen Online-Buchhandel.
                                                                                           «Dieses hier war in Deutschland», sagt sie und zeigt auf
                              Heiden, Neapel, San Francisco                                die neueste Errungenschaft. Alles kommt zurück ins Appen-
                    Doch von Anfang an: «Ich machte die Handelsschule in                   zellerland.
                    Lausanne und danach eine Ausbildung zur Arztgehilfin und                          sina bühler, 1976,
                    Laborantin. Als ich damit fertig war, sagte ich zu meinem                         arbeitet als redaktorin bei «Work».
                    Vater: ‹Jetzt gehe ich zu Doktor Paul Burkhard im Ospedale
                    Internazionale und mache dort mein Praktikum›. Dr.                              Der dreizehnte ort.
                    Burkhard, das war Vaters bester Freund, der in Neapel eine                      Dorfplatz hundwil.
                    Klinik gegründet hatte.» Es klappte, die achtzehnjährige                        3. Juli bis 24. august.
                    Rosmarie, die damals noch Hohl hiess, ging in den Süden                         arai500.ch/festspiel
                    – in die schönste Stadt Italiens. So schön es war, auf
                    Rosmarie wartete damals die Welt: «Als nächstes wollte ich
                    zu Onkel, Tante und Cousins nach Amerika!» Sie besorgte
                    sich ein Visum, fuhr 1966 per Schiff nach San Francisco und
                    plante eigentlich, nur ein, zwei Jahre zu bleiben. Es kam
                    alles anders. Rosmarie Hohl lernte ihren Mann kennen, hiess
                    bald schon Brown, bekam zwei Kinder und blieb. Erst
                    1980 kam sie in die Schweiz zurück, mit ihrem Sohn Paris

                                                                                gehen
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