SCHLOSSFESTSPIELE SONNENDECK - Theater und Orchester Heidelberg

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SCHLOSSFESTSPIELE SONNENDECK - Theater und Orchester Heidelberg
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                                      JUNI 2021 03 THEATERZEITUNG   1

SPIELZEIT 2020|21        JUNI 2021

  SCHLOSSFESTSPIELE
  SONNENDECK
SCHLOSSFESTSPIELE SONNENDECK - Theater und Orchester Heidelberg
2      03 THEATERZEITUNG JUNI 2021                                                                                                                   SONNENDECK

SONNENDECK

»Austausch und Inspiration«
Brit Bartkowiak und Lene Grösch im Gespräch mit Jennifer Münch
Jennifer Münch ist freischaffende Schauspielerin, Theaterpädagogin und Regisseurin – und seit kurzem eine der drei
gewählten Sprecher*innen der neugegründeten Heidelberger Künstler*innenversammlung. Ziel ist es, den vielen frei-
beruflichen Heidelberger Künstler*innen eine Stimme zu geben – bei Themen wie Mindestgage, sozialer Absicherung
und vor allem dem Wunsch, endlich wieder Auftrittsaussichten zu haben.
Mit der Dramaturgin Lene Grösch und der neuen Oberspielleiterin Brit Bartkowiak traf Jennifer Münch sich zum Gespräch.

Jennifer Münch                   Foto Antje Pohsegger Lene Grösch                        Foto Susanne Reichardt      Brit Bartkowiak                Foto Susanne Reichardt

LG: Jennifer, was steht momentan auf        wichtig werden, auch das Aushalten un-        Theater, der Chor beispielsweise war ein-   neues Miteinander entwickelt. Das finde
deiner Agenda als neugewählte Spreche-      terschiedlicher Meinungen. Und da ist         fach komplett lahmgelegt. Genau diese       ich einen ganz wichtigen Gedanken. Die
rin der Künstler*innenversammlung?          Kunst ein Vermittler und Ermöglicher von      Lücke soll das »Sonnendeck« schließen       Sehnsucht ist so groß nach analoger
                                            Räumen des Austauschs. Ich finde, wir         und die Sichtbarkeit wiederherstellen.      Kunst und kulturellem Erleben.
JM: Wir formieren uns gerade und sind in    haben da einen ganz wichtigen Auftrag,        Und natürlich – und das ist mir tatsäch-
einem Prozess. Alle Künstler*innen brau-    aber eben zusammen.                           lich ein persönliches Anliegen – soll die   JM: Ja, und Kunst- und Kulturschaffende
chen einen Ort, ihre Kunst nach draußen                                                   Vielfalt der freien Szene in Heidelberg     sind natürlich auch gegenseitig ein tolles
zu bringen. Das Theater hat eine Aus-       JM: Ja, Dialog muss gefördert werden.         sichtbar werden – von Kabarettist*innen     Publikum! Die Mischung ist interessant
schreibung gemacht, bei der sich freibe-    Erstmal wollen wir künstlerische Aktivitä-    über Tänzer*innen, Poetry Slam und          und der Wunsch nach Kooperation auf
rufliche Künstler*innen bewerben können     ten wieder in Gang bringen. Es gibt ein       Bands bis zu klassischer Musik.             Augenhöhe besteht absolut.
für ein vom Theater kuratiertes Bühnen-     starkes Bedürfnis nach Austausch und In-
programm bei den Schlossfestspielen.        spiration, nach dem gesehen werden und        JM: Das »Sonnendeck« finden wir von der     BB: Ich glaube, das Sonnendeck ist eine
Das fanden viele gut und haben sich ge-     auch nach einem Fühlen des Publikums.         Künstler*innenversammlung total super.      Chance, darüber nachzudenken, welche
freut, aber es gab auch eine Diskussion                                                   Das Theater ist als Institution wichtig –   Art der Zusammenarbeit möglich ist. Ich
darüber, was es bedeutet, freischaffend     LG: Mit dem »Sonnendeck« hat das              und viele wollen kooperieren.               finde es wichtig, im Gespräch zu bleiben.
zu sein. Bedeutet es, unabhängig von        Theater während der Schlossfestspiele                                                     Die verschiedenen Perspektiven helfen,
einer Institution zu arbeiten?              diesen Sommer eine neue Bühne ins Le-         BB: Ohne die Freiberuflichen ist auch an    Dinge zu begreifen und neue Möglich-
                                            ben gerufen, die auch freischaffenden         einem Stadttheater Kunst nicht mehr         keitsräume zu schaffen.
BB: Ich verstehe total, was du be-          Künstler*innen eine Plattform gibt.           möglich. Und wir müssen unter anderem
schreibst, und gleichzeitig wünsche ich                                                   weiterhin gemeinsam dafür kämpfen,
                                                                                                                                       TÊTE-À-TÊTE
mir so sehr, dass dieses »Stadttheater«     BB: Ausgangspunkt war es, eine Bühne          dass zum Beispiel faire Ausfallgagen ge-
und »Freie Szene« gar nicht so getrennt     zu ermöglichen, wo viele Künstler*innen       zahlt werden.
                                                                                                                                       Programm der
gedacht wird, weil ich selbst auch sehr     die Chance haben, wieder sichtbar zu
                                                                                                                                       Freien Künstler*innen auf
lange freischaffend war. Wenn man sich      werden, die im letzten Jahr massiv unter      LG: Ich hoffe sehr, dass sich beim Son-
                                                                                                                                       dem Sonnendeck
                                                                                                                                       ab 16. Juni 2021
die Gesellschaft anschaut, wie die Fähig-   den Auftrittsverboten gelitten haben. Das     nendeck auch Menschen treffen, die sich
                                                                                                                                       Programm unter
keit zum Dialog gerade abhandenkommt,       betrifft die freien Künstler*innen, das be-   normalerweise an unterschiedlichen Kul-
                                                                                                                                       www.theaterheidelberg.de
wird das miteinander Kommunizieren so       trifft aber auch Künstler*innen aus dem       turorten bewegen – und sich daraus ein
SCHLOSSFESTSPIELE SONNENDECK - Theater und Orchester Heidelberg
SONNENDECK                                                                                             JUNI 2021 03 THEATERZEITUNG         3

                                                                          Liebes Publikum,

                                                                          »Dracula« und »Im weißen Rössl« im Schlosshof, »Das Spiel von
                                                                          Liebe und Zufall« im Dicken Turm und »Rodrigo Raubein« für die
                                                                          ganze Familie im Englischen Bau – das sind die Heidelberger
                                                                          Schlossfestspiele, wie Sie sie kennen und wie sie in diesem Jahr
                                                                          – Toi, toi, toi! – mit den geltenden Abstands- und Hygieneregeln
                                                                          wieder stattfinden können.
                                                                          Aber obendrein gibt es eine ganz besondere Zugabe: das »Sonnen-
                                                                          deck«, eine feine kleine Sommerbühne auf der oberen Bäderter-
                                                                          rasse des Schlosses. Hier erwartet Sie ein vielfältiges Programm
                                                                          großer Kleinkunst, kuratiert von der neuen Oberspielleiterin Brit
                                                                          Bartkowiak. Besonders wichtig ist uns dabei, dass diejenigen
                                                                          Theaterkünstler*innen eine Auftrittsmöglichkeit bekommen, die
Vorbereitungen für die Schlossfestspiele 2021   Foto Susanne Reichardt
                                                                          im vergangenen Jahr wegen der Pandemie kaum oder gar nicht in
                                                                          Erscheinung treten konnten – wie das Dance Theatre oder der
                                                                          Opernchor, dessen Mitglieder sich in der Revue »Souvenirs, Sou-
                                                                          venirs!« einmal solistisch präsentieren. Erst recht ist das Sonnen-
                                                                          deck eine Gelegenheit, freiberuflichen Heidelberger Künstler*in-
                                                                          nen eine Plattform zur Verfügung zu stellen.
                                                                          »Ausgangspunkt war es, eine Bühne zu ermöglichen, wo viele
                                                                          Künstler*innen die Chance haben, wieder sichtbar zu werden, die
                                                                          im letzten Jahr massiv unter den Auftrittsverboten gelitten haben«,
                                                                          sagt Brit Bartkowiak in dieser Ausgabe der Theaterzeitung. Dem
                                                                          ist nichts hinzuzufügen. Außer vielleicht, wie es im Lied so schön
 IMPRESSUM
                                                                          heißt: »Wenn ich nicht hier bin, bin ich auf dem Sonnendeck.«
 Die Theaterzeitung ist eine Sonderver-
 öffentlichung der Rhein-Neckar-Zeitung.
 Titelfoto: S. Reichardt                                                  Herzlich willkommen!
 Gestaltung: M. Stufferin
 Foto Editorial: Susanne Reichardt
 Konzept: M. Stufferin                                                    Ihr
 Gestaltung: RNZ Grafik
 Redaktion: J. Tydecks
 Anzeigen: A. Miltner (verantw.)
 Druck: Heidelberger Mediengestaltung                                     Holger Schultze
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4       03 THEATERZEITUNG JUNI 2021                                                                                                                                    CHOR

CHOR

»Das muss jetzt
einfach mal abgehen!«
Sängerin Elena Trobisch, Regisseur Holger Schultze, Chordirektor Michael Pichler und
Dramaturg Jürgen Popig im Gespräch über die Chor-Revue »Souvenirs, Souvenirs!«

Geht einfach mal ab: Das »Souvenirs«-Team in der Probendekoration.                                           Foto Susanne Reichardt

Woher kommt der Titel »Souvenirs, Sou-          win, Robert Schumann, um nur einige zu      MP: Und mit Marcos Padotzke haben wir         HS: Es ist ja ein absoluter Luxus, die
venirs!«?                                       nennen.                                     einen Meister des Improvisierens am Kla-      Fachkompetenz von 23 hoch ausgebilde-
JP: Das ist der Titel eines zentralen Songs                                                 vier, fast wie eine menschliche Jukebox.      ten Sängerinnen und Sängern zu haben.
in der Revue und bezieht sich inhaltlich        Was verbindet diese Songs thematisch?                                                     Normalerweise macht man so einen
darauf, dass die Sängerinnen und Sänger         HS: Das Thema Tourismus und Reisen          Wie ist es für die Sänger*innen, sich auf     Kleinkunstabend mit vier, fünf Leuten.
des Chors hier als Touristengruppe auf          bedient eine der großen Sehnsüchte, die     unterschiedliche Genres einzustellen?         Allein durch die Internationalität unseres
dem Schloss auftreten.                          wir in dieser Corona-Zeit gerade haben.     ET: Man fragt sich: In diesem Register        Chors und die unterschiedlichen Persön-
                                                Im Zentrum stehen drei Damen, die einen     sing ich sonst eigentlich gar nicht, klappt   lichkeiten ergibt sich ein Abbild unserer
Wie ist denn die Situation für den Chor         Kiosk betreiben und den ganzen Tag ihre     das denn jetzt? Und mit der Zeit findet       Gesellschaft.
im allgemeinen?                                 Kundschaft bedienen und beobachten,         man heraus, wie man den Kehlkopf ein-
HS: Der Chor – das sind mit die am meis-        zum Beispiel eine koreanische Touristen-    zustellen hat, damit es funktioniert. Das     Und was sind eure persönlichen High-
ten leidtragenden Theaterkünstler*innen         gruppe. Das könnte überall spielen, aber    ist eine Spaß bringende Herausforderung.      lights?
in dieser Krise, weil sie als Kollektiv nicht   aufs Heidelberger Schloss passt es natür-   Wir sind froh, dass dieses Projekt uns        HS: Die Nummern sind so unterschied-
mehr tätig werden konnten. So kam es            lich besonders gut.                         jetzt begegnet nach diesem großen, gro-       lich, man kanns gar nicht sagen. Ich finde
gemeinsam mit dem Chor zu der Ent-                                                          ßen Leerlauf.                                 alle toll.
scheidung, diese Chor-Revue zu produ-           ET: Das Spannende für uns ist: Man wird
zieren. Das ist für die Chormitglieder et-      als Individuum auf die Bühne gestellt.      MP: Für den Chor ist es die Chance, ein       ET: Mein Highlight ist es, die anderen mal
was ganz Besonderes: solistisch tätig zu        Sonst sind wir als Chor meist so die Mas-   künstlerisches Gesicht zu kriegen als In-     solistisch zu hören.
sein, unterschiedliche Genres zu bedie-         se. Hier haben alle ihre eigene Nummer,     dividuen und völlig neue Wege zu gehen.
nen, choreografisch zu arbeiten.                die zu ihnen passt, und die kann man        Anfang März haben wir mit musikalischen       Die Fragen stellte Johanna Tydecks.
                                                verkaufen, wie man möchte – oder wie        Proben begonnen. Und plötzlich waren
JP: Das Programm ist eine wilde Mi-             Regisseur und Choreografin möchte.          die Regeln, die wir im klassischen Opern-
                                                                                                                                           PREMIERE
schung aus Pop-Songs, Jazz-Standards,                                                       und Operettenrepertoire haben, alle nicht
                                                HS: Wir haben mit Rachele Pedrocchi         mehr da. Jetzt stehen Selbständigkeit
                                                                                                                                           »Souvenirs, Souvenirs!
romantischen Kunstliedern und Operet-
                                                eine tolle junge Choreografin, die Bewe-    und Kreativität im Vordergrund. Holger
                                                                                                                                           Die Chor-Revue«
tenmelodien: Udo Lindenberg, Herbert
                                                                                                                                           13. Juni 2021
Grönemeyer, Nina Hagen, Andrew-Sis-             gungen der Menschen umsetzt, immer          Schultze gibt Anweisungen wie: »Das
                                                                                                                                           Sonnendeck
ters, Comedian Harmonists, Elvis, Gersh-        der Szene und dem Inhalt angemessen.        muss jetzt einfach mal abgehen!«
SCHLOSSFESTSPIELE SONNENDECK - Theater und Orchester Heidelberg
MUSIKTHEATER                                                                                                                  JUNI 2021 03 THEATERZEITUNG              5

Heimatgefühle
auf dem Sonnendeck
Ein Leben für die Kunst – fünf Sänger*innen, fünf Nationen. Am Heidelberger Theater fanden sie ein neues Zuhause,
weit entfernt von den Orten ihrer Kindheit. Bei »Songs my Mother taught me« zeigen sich die Sängerinnen und Sänger
unseres Opernensembles von ihrer persönlichen Seite und laden uns zu einer musikalischen Reise zu den Wurzeln ihrer
Kindheit ein. Zlata Khershberg, James Homann und Hye-Sung Na geben exklusiv für das Theatermagazin bereits einen
kleinen Einblick.

D                                          G
       en größten Teil meines Lebens               eboren wurde ich in Nischni Now-
       verbrachte ich in Miranda – einem           gorod, einer großen russischen
       kleinen australischen Küstenort             Stadt mit über einer Million Ein-
am Südpazifik, ungefähr 45 Autominu-       wohnern, ungefähr 400 Kilometer östlich
ten entfernt von Sidney. Hier wuchs ich    von Moskau, bin aber auch durch meine
zusammen mit meinen zwei älteren Brü-      Eltern bereits immer eng mit Israel ver-
dern Daniel und Luke auf. Ich erinnere     bunden gewesen. Man kann sagen, dass
mich gerne an die heißen Sommer, in        zwei Herzen in meiner Brust schlagen,
denen wir oft meinen Großvater besuch-     wenn ich sagen soll, was für mich Heimat
ten, der in den 1960er-Jahren zu unserem   bedeutet – gar nicht so einfach! Anderer-
großen Glück ein Haus direkt am Meer       seits erfüllt es mich mit Stolz, sagen zu
gebaut hat. Hier schwammen wir um die      können, dass beide Länder, so unter-
Wette, gingen Angeln, fuhren Wasserski     schiedlich sie auch sind, mich mit all ih-
oder mit unserem kleinen Boot aufs         ren Traditionen und ihrer Kultur geprägt
Meer. Zum Essen gab es immer viel          haben und zu dem Menschen machten,
Fisch und Meeresfrüchte – sehr lecker!     der ich heute bin.
Opas Haus war knapp zehn Minuten           Als ich mit sechs Jahren im Bol-
Autofahrt von uns und witziger Weise nur   schoi-Theater den »Nussknacker« gese-
zwei Minuten von dem Elternhaus mei-       hen habe, hat mich das Theaterfieber
ner späteren Frau entfernt, sogar am       gepackt. In meiner Heimatstadt konnte        Fotos aus der Kindheit von Zlata Khershberg und Hye-Sung Na           Fotos privat
selben Strand. Trotzdem lernten wir uns    ich bereits Musik studieren und dann
erst knapp sechs Jahre später kennen,      später in Israel mit anderen Lehrern

                                                                                        H
als mein Opa bereits ins Landesinnere      noch weiter an meiner Stimme arbeiten.             eimat:                               An einem regnerischen Tag lege ich eine
umgezogen war. 2009 begann mein Le-        Dass ich 2018 ausgerechnet am Bol-                 5307 Meilen entfernt.                Decke um und esse den scharfen und
ben in Deutschland, als ich Mitglied des   schoi Theater mit Dorabella in Mozarts             11 Stunden mit dem Flugzeug.         würzigen Reiskuchen der Mutter.
Opernstudios der Berliner Staatsoper       »Così fan Tutte« meine erste große Opern-    Meine Heimatstadt ist Seoul, Korea.        Der Duft von Akazien weht im Wind.
wurde. Und seit 2011 ist Heidelberg        rolle sang, erfüllt mich bis heute mit
meine neue Heimat. Hier fühlen ich, mei-   Stolz, da es das größte und bedeutends-      Jedes Mal, wenn ich ein Flugzeug am        Es gibt Heimatstadt, Familie, Freunde,
ne Frau und meine drei Kinder, uns wohl,   te Opernhaus Russlands ist. Um mich          Himmel sehe, bin ich schon in Korea.       Erinnerungen und Sehnsucht.
auch wenn es manchmal schwierig ist,       zuhause zu fühlen, brauche ich gar nicht     Wenn ich träume, ist mein Zuhause
weit weg von der restlichen Familie zu     so viel – eine schöne Umgebung und           immer meine Heimat.                        Auch hier sind Sonnenuntergang und
sein. Natürlich: Die eigenen Eltern wer-   meine Katze. Beides habe ich hier in         Obwohl es weit mehr Tage gibt, an          Himmel wunderschön.
den nicht jünger und wir leben am ande-    Heidelberg, wo ich seit dem Sommer           denen ich an abgelegenen Orten gelebt
ren Ende der Welt. Als mein Großvater      2020 lebe. Der Umzug mitten in der           habe, als in meiner Heimatstadt.           Ich lege meine Erinnerungen an meine
im hohen Alter von 98 Jahren im Som-       Pandemie war eine Herausforderung.                                                      Heimat in mein Herz.
mer vor meiner großen Heidelberger »Ri-    Auch wenn ich meine lieben Freunde oft       Heimat bedeutet auf Koreanisch der Ort,    Und auch die Zeit an diesem Ort wird
goletto«-Premiere verstarb, war es eine    vermisse, bleiben wir in Kontakt und         an dem man geboren und aufgewachsen ist.   zu meiner Heimat,
besondere Herausforderung, die ich         pflegen unsere Traditionen, in dem wir       Es hat auch die Bedeutung eines Ortes,     nachdem ich diesen Ort verlassen habe.
dank meiner tollen Familie und der en-     zum Beispiel Pelmeny (mit Fleisch ge-        der tief geschätzt und nostalgisch ist.    Hye-Sung Na
gen Freunde, die wir hier gefunden ha-     füllte Teigtaschen) gemeinsam zuberei-
ben, geschafft habe.                       ten – auch wenn wir uns dabei oft nur        Ich lebe mit dem Sonnenuntergang
James Homann                               über das Handy sehen.                        meiner Heimat in meinem Herzen.
                                           Zlata Khershberg
                                                                                        Ich bin in den warmen Armen meiner
                                                                                        Großmutter. Es riecht nach Großmutter.
                                                                                        Ich sehe die schmale Straße, auf der
                                                                                        meine Familie jeden Sonntag zusammen        PREMIERE
                                                                                        in die Kirche ging.                         »Songs My Mother Taught Me«
                                                                                        Ich höre das Lachen meines Freundes         29. Juni 2021
                                                                                        Seonghee.                                   Sonnendeck
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6      03 THEATERZEITUNG JUNI 2021                                                                                     DANCE THEATRE HEIDELBERG

DANCE THEATRE HEIDELBERG

Die tanzenden Kameralinsen

»Flutter« Mit Andrea Muelas Blanco, Arno Brys                                                                                                       Foto Susanne Reichardt

Zur Digitalisierung des Tanzes

W
         elcher ist der Ort des Tanzes? Wo   leerer Räume, die durch den Tanz er-        führungen, die im Netz verfügbar sind,     positive Aspekt. Die plötzliche regel-
         findet er Raum, um aufzutreten?     kundet und angeeignet werden konn-          und kann live übertragene Premieren        mäßige Verwendung eines Mediums
         Die Beziehung zwischen dem          ten. Solch ein Fall ist die Eröffnung der   bequem von zu Hause anschauen. Ein         zur Übertragung des Tanzes, der ur-
Tanz und der Umgebung, auf die er            Sophiensäle. Das 100 Jahre alte Ge-         gutes Beispiel dafür ist das Duett         sprünglich für eine andere Art der Re-
wirkt, war immer ein wichtiges Thema         bäude war ein Handwerkervereinshaus,        »Kick the Bu­cket« des Cho­reografen       zeption konzipiert wurde, kann uns
für Tanzschaffende und -praktizieren-        ein Versammlungsort der revolutionä-        und künstlerischen Leiters des Dance       dazu anregen, mehr über die Natur
de. Betrachtet man beispielsweise den        ren Linken, während der NS-Zeit ein         Theatre Heidelberg Iván Pérez. Neben       dieser Kunstform und ihre Beziehung
postmodernen Tanz ab den 1970er-Jah-         Raum für Zwangsarbeiter und danach          dem Duett »Flutter« wird es im Som-        zu anderen Medien nachzudenken.
ren, spielen die Orte der Proben und         eine Werkstatt für das Maxim-Gor-           mer 2021 als Teil des zweiteiligen         Ein weiterer Blick in die Vergangen-
Aufführungen eine sehr wichtige Rolle.       ki-Theater, bevor es zum Tanzlokal          Abends »Zusammen« im Rahmen der            heit in Bezug auf andere künstlerische
Ein Großteil des Bewegungsrepertoires        wurde.                                      Heidelberger Schloss­festspiele aufge-     Formen kann uns bei dieser Überle-
dieser Stilrichtung basierte auf alltäg-     Aufgrund der Regeln und Einschrän-          führt werden. »Kick the Bu­cket« war       gung helfen. Die Popularisierung der
lichen Bewegungen, die jede Person           kungen zur Bekämpfung der Coro-             schon auf anderen Bühnen zu sehen,         analogen Fotografie ab Ende des 19.
auf irgendeine Weise ausführen konn-         na-Pandemie versuchen viele Tanz-           wie das Korzo Theater in Den Haag,         Jahrhunderts löste eine lange Debatte
te. Choreograf*innen und Tänzer*in-          schaffende und -praktizierende gerade,      das Sadler's Wells Theatre in London,      über den Status dieser neuen Kunst
nen wollten sich mehr »zu Hause«             einen neuen Ort zu finden, an dem sie       das Schauspiel Leipzig und das Thea-       und die Frage, wie sie von der Kunst
fühlen – und das nicht nur in Bezug          ihre Arbeiten zeigen können. Nicht die      ter und Orchester Heidel­berg, bevor es    der Malerei unterschieden werden
auf die Körpersprache. Galerien in der       damaligen leeren Räume, sondern der         seinen neu­en virtuellen Raum gefun-       kann, aus.
Innenstadt sowie Lofts galten als idea-      digitale Raum ist vorerst zu einem sehr     den hat.                                   Sowohl die Fotografie als auch die Ma-
le Orte für ihre Kunst, weil sie eine        tragfähigen Mittel geworden. Die Tech-      Das ist natürlich sehr begrüßenswert,      lerei sind in der Lage, Bilder festzu-
andere Atmosphäre für ihre Arbeit und        nologie war bereits vorhanden und           da es nicht nur die künstlerische Tätig-   halten. Damals gab es die Befürch-
Forschung boten. In Deutschland wur-         konnte ziemlich leicht für diesen Zweck     keit in Krisenzeiten aufrechterhält,       tung, dass die Fotografie die Kunst der
de die Stadt Berlin zur neuen Heimat         angepasst werden. Zum derzeitigen           sondern auch die Tanzvermittlung an        Maler*innen verdrängen würde, da im
vieler Tanzliebhaber*innen. Nach dem         Zeitpunkt hat die Öffentlichkeit in zu-     ein internationales Publikum ermög-        Prinzip jede*r mit einer Kamera Bilder
Mauerfall gab es eine immense Vielfalt       nehmendem Maße Zugang zu Tanzauf-           licht. Jedoch ist das nicht der einzige    aufnehmen könnte.
SCHLOSSFESTSPIELE SONNENDECK - Theater und Orchester Heidelberg
DANCE THEATRE HEIDELBERG                                                                                                 JUNI 2021 03 THEATERZEITUNG            7

                                                                                     Tanzbiennale »Every Body Can Dance« 4.–6. Juni 2021
                                                                                     LIGHT-DIGITAL

                                                                                     Moya Michael, Daniele Ninarello/Dance Well − movement research for Parkinson,
                                                                                     Candoco Dance Company, Dance Theatre Heidelberg, Tanz-Gala Baden-Württemberg

                                                                                     COLOURED SWANS 3:
                                                                                     HARRIET’S REMIX
                                                                                     am 4. Juni 2021 um 20 Uhr
                                                                                     HONEST BODIES
                                                                                     am 5. Juni 2021 um 17 Uhr
                                                                                     FREIRAUM FILM
                                                                                     am 5. Juni 2021 um 20 Uhr
                                                                                     TANZ-GALA BADEN-WÜRTTEMBERG
                                                                                     am 6. Juni 2021 um 20 Uhr

                                                                                     Programm, Informationen und Tickets unter www.theaterheidelberg.de

Ein Argument gegen die Fotografie war,   er*innen und Tänzer*innen platziert
dass sie physikochemische Verfahren      wird, betritt ein neuer Akteur die Sze-   »Evoke« Mit Yi-Wei Lo, Kuan-Ying Su                          Foto Gabin Corredor
verwendete, um ihre Werke herzustel-     ne. Was kann dieser »Fremdkörper«
len, und aus diesem Grund nicht von      mit sich bringen? Welche neuen Mög-
dem ausgebildeten Blick und den tech-    lichkeiten bietet er? Inwieweit beein-
nischen Fähigkeiten der Künstler*in-     flusst er die Tänzer*innen und lässt
nen abhingen. Die Einwände waren so      sich von ihnen beeinflussen? Wie kann
groß, dass eine künstlerische Bewe-      die Spezifität des Tanzes durch die Ka-
gung in der Malerei, bekannt als Im-     meras übertragen werden? Mit diesen
pressionismus, entstand.                 Fragen beschäftigen sich im Moment
Diese historische Episode scheint sehr   viele Choreograf*innen. Die gefunde-
erhellend und kann mit der aktuellen     nen Antworten werden uns wahrschein-
Situation des Tanzes in Verbindung ge-   lich helfen, mehr über diese Kunstform
bracht werden. In keiner anderen         zu erfahren – wie im Fall der Malerei.
Kunstform ist der Körper so präsent      Vielleicht werden wir auf einen erneu-
wie im Tanz. Seine physische Bezie-      erten Tanz stoßen, wenn wir die Tän-
hung zum Raum, zu anderen Individu-      zer*innen wieder auf der Bühne mit ei-
en und Objekten der Umgebung inspi-      genen Augen anschauen können. MM
riert immer wieder die Künstler*innen
dieser Gattung.
Diese bemerkenswerte Körperlichkeit
                                          PREMIERE
ist somit ein sehr wichtiges Element
für die Rezeption von Tanz. Ab dem
                                          »Zusammen«
                                          24. Juni 2021
Zeitpunkt, an dem eine Kameralinse
                                          Sonnendeck
als Vermittlerin zwischen Zuschau-                                                 »COLOURED SWANS 3: Harriet’s reMix«                           Foto Danny Willems
SCHLOSSFESTSPIELE SONNENDECK - Theater und Orchester Heidelberg
8       03 THEATERZEITUNG JUNI 2021                                                                                                                               KONZERT

KONZERT

Buenos Aires
im Heidelberger Schloss
Die Streicher*innen Juliane
und Jonathan Kliegel haben
mit Sängerin Katarina Morfa
ein Programm aus »Die vier
Jahreszeiten von Buenos Ai-
res« und der Tango-Operita
»María de Buenos Aires«
von Astor Piazzolla zusam-
mengestellt. Das Programm
verspricht südamerikani-
sches Flair und einen stim-
mungsvollen Sommerabend
auf dem Heidelberger
Schloss. Im Gespräch er-
zählen die drei, wie das Pro-
gramm entstanden ist.                        Sebastián Escobar Avaria, Juliane Kliegel, Jonathan Kliegel, Katarina Morfa, Sabina Bunea, Jens Veeser         Foto Susanne Reichardt

Juliane Kliegel: Die Musik von Astor Piaz-   Jonathan Kliegel: Für dieses Format auf      Katarina Morfa: Genau, hier können und
zolla hat mich schon immer begeistert,       der Freilichtbühne haben wir überlegt,       wollen wir frei mit der Konzertsituation um-
bereits im Studium habe ich einen Satz       welche Musik außerhalb der klassischen       gehen und uns ebendort ausprobieren. Die
(den »Sommer«) seiner »Jahreszeiten« für     europäischen Musiktradition uns reizt        Tango-Musik passt da wunderbar! Sie lässt
Streichquintett bearbeitet. Piazzolla        und trotzdem für uns gut umsetzbar ist.      auch gesanglich viel Raum für Improvisa-
selbst hat viel mit Sängerinnen zusam-       Piazzolla fällt einem Streicher bei dieser   tion. Die »María de Buenos Aires« habe ich
mengearbeitet, so kamen wir schnell auf      Frage ganz klar als einer der ersten ein,    2013 schon gesungen, eine ausgesprochen
Katarina Morfa zu, die wir von vielen ge-    weil er die Verbindung von traditioneller    intensive und vielschichtige Figur in einem
meinsamen Opernaufführungen und ei-          Tangomusik und klassischer Kompositi-        sehr ungewöhnlichen Musiktheater-Stück
nem Lunchkonzert kennen. Das Pro-            onsform geschafft hat. Das inspiriert uns    mit unglaublicher Musik!
gramm ist auch ein Fest anlässlich           auch, über die Form des Konzertes nach-
Piazzollas 100. Geburtstag in diesem         zudenken und damit freier umzugehen,          »Sommerabend
Jahr!                                        als zum Beispiel bei einem Kammerkon-         in Buenos Aires«
                                             zert im Alten Saal des Theaters.              geplant für Juli 2021
                                                                                           Sonnendeck

                                                                                          Juliane Kliegel: An einem schönen Sommer-      Sebastián Escobar: Ich entspanne im Som-
Beim »Sommerabend in Buenos Aires« werden die                                             abend sitze ich gern mit Freunden draußen      mer gerne am Neckar, mit gekühltem Weiß-
Musiker*innen Juliane Kliegel und Sabina Bunea (Violine),                                 am Feuer und lausche den Vögeln und Grillen    wein aus der Region, und Blick zum Schloss
                                                                                          – am liebsten mit Wein und Stockbrot.
Jonathan Kliegel (Bratsche), Jens Veeser (Kontrabass),                                                                                   Jens Veeser: Perfekter Sommerabend? Für
Sebastián Escobar Avaria (Cello) und Katarina Morfa                                       Katarina Morfa: Ich werde mir den Balkon       mich heißt das: Rennrad auspacken, Reifen
                                                                                          hübsch machen und mag es sehr, draußen         aufpumpen und hoch zum Königsstuhl und
(Gesang) auf der Bühne zu erleben sein.                                                   zu sein. Soweit es eben möglich ist aktuell.   dort die schöne Aussicht genießen.
Alle sechs haben verraten, was für sie darüber hinaus                                     Das Wetter ist ja auch fast schon mediter-
                                                                                          ran hier!                                      Sabina Bunea: Ich mag die Atmosphäre im
einen schönen Sommerabend in Heidelberg ausmacht.                                                                                        Schloss sehr gerne, generell die Atmosphäre
                                                                                          Jonathan Kliegel: Im Garten entspannen,        draußen, ob bei einem Schauspielabend,
                                                                                          mit lieben Menschen den Abendhimmel be-        Konzert, oder Grillabend mit Freunden – ich
                                                                                          trachten, reden, lachen, musizieren, drau-     freue mich schon sehr darauf, wenn das hof-
                                                                                          ßen sein!                                      fentlich bald alles wieder möglich sein wird.
SCHLOSSFESTSPIELE SONNENDECK - Theater und Orchester Heidelberg
KONZERT                                                                                                                       JUNI 2021 03 THEATERZEITUNG               9

Von Italien bis Amerika
Blechblasprogramm auf dem Sonnendeck

G
       roßes Kino auf dem Sonnendeck:         mehr als 50 Jahren ist John Williams         sprache und Bilddynamik miteinander      Blechbläserquintetts sind zu Recht über-
       Die Blechbläser des Philharmoni-       aus Hollywood nicht mehr wegzuden-           zu verschmelzen. Genauso wie Ennio       zeugt: »Das ist Musik, die Menschen
       schen Orchesters Heidelberg            ken«, sagt Trompeter Martin Hommel.          Morricone, der anderen Musik-Legende,    unterschiedlichen Alters bewegt und so-
spielen in Quartett- und Quintett-Beset-      »Seine Musik verbindet man mit zahl-         der zu mehr als 500 Filmen die Bilder    fort das Kopf-Kino in Gang setzt«.  SK
zung Meisterwerke der Filmmusik. Be-          reichen Blockbustern wie ›Star Wars‹,        zum Klingen brachte. Was ihn mit John
sonderen Fokus legen sie dabei auf die        ›Harry Potter‹ oder ›Jurassic Parc‹«. Das    Williams verbindet ist die ihm eigene
                                              Besondere an John Williams Kunst ist,        opernhafte Leitmotiv-Dramaturgie, mit
                                                                                                                                     »Legendäre Filmmusik«
unvergessliche Musik des amerikani-
                                                                                                                                     geplant für Juli 2021
schen Komponisten John Williams und           sich auf die Atmosphäre und die Bild-        der er Personen, Situationen und Hand-
                                                                                                                                     Sonnendeck
des Italieners Ennio Morricone. »Seit         gewalt eines Films einzulassen, Klang-       lungen beschreibt. Die Mitglieder des

Marek Janicki (Posaune), Jessica Armstrong (Horn), Martin Hommel (Trompete), Clément Schuppert (Trompete), Thomas Matt (Tuba), Damian Schneider (Posaune)
                                                                                                                                         Fotos Susanne Reichardt

Igor Strawinsky:
»Die Geschichte vom Soldaten«
V
       ielbeschäftigt ist Ks. Winfrid Mikus   Haas‘ Oper »Morgen und Abend« in Hei-
       bei den Schlossfestspielen 2021:       delberg erfolgreich auf die Bühne brach-
       In Ralph Benatzkys Operetten-Dau-      te. »Die Geschichte vom Soldaten«
erbrenner »Im weißen Rößl« tritt er auf,      schrieb Igor Strawinsky während des Ers-
im 3. Schlosskonzert ist er zu hören und      ten Weltkriegs im Schweizer Exil. Das
im beliebten Gastrokonzert im Schloss-        Stück war von Anfang an für eine mobile
hof. Eine besondere künstlerische Her-        Bühne gedacht – weil die Theater ge-
ausforderung ist aber zusätzlich sein Auf-    schlossen hatten. Ein Soldat verkauft
tritt auf dem Sonnendeck, der neuen           dem Teufel seine alte Geige für ein Buch,
Festspiel-Bühne auf der Bäderterrasse         das die Zukunft voraussagt. Damit wird er
des Schlossgartens. Mit dem Erzähler in       zwar ein reicher Mann – aber auch sich
Igor Strawinskys »Geschichte vom Sol-         und seiner Umgebung fremd: Es fehlt
daten« übernimmt Ks. Winfrid Mikus eine       ihm, was ihn einst ausmachte. Erst be-
Sprechrolle, die ihn mit sieben Musikerin-    freit vom Ballast seiner Reichtümer, ge-
nen und Musikern des Philharmonischen         lingt ihm die Heilung einer in Melancholie
Orchesters Heidelberg zusammenbringt.         gefangenen Königstochter. Als er mit ihr
Sprechpartien gestaltet Ks. Winfrid Mi-       zurück zum Anfang der Geschichte will,
kus, neben seinen zahlreichen anspruchs-      stellt sich ihm der Teufel in den Weg:
vollen Gesangspartien auf der Opernbüh-       »Man kann nicht alles haben. Was war,
ne mit echter Leidenschaft, wie er verrät.    kehrt nicht zurück.« »Ein tolles Stück«
Und es ist ihm eine Ehre, vom Orchester       sagt Ks. Winfrid Mikus begeistert, »es
angesprochen worden zu sein, den Erzäh-       reizt mich, ich freue mich darauf!«  SK
ler in Strawinskys Einakter zu überneh-
men. Denn damit hat er beste Erfahrung:        »Strawinsky: Die Geschichte
Gerne erinnert er sich an die große            vom Soldaten«
Sprechrolle des Olai, die er 2017 in der       geplant für Juli 2021
Zweitinszenierung von Georg Friedrich          Sonnendeck                                  Winfrid Mikus    Foto Sebastian Bühler
SCHLOSSFESTSPIELE SONNENDECK - Theater und Orchester Heidelberg
10     03 THEATERZEITUNG JUNI 2021                                                                                       JUNGES THEATER

JUNGES THEATER

Kommt rein ins Freie
Eine TheaterLoveStory

                                                                                   Hallo ihr alle!
                                                                                   Gleich ist Probe für ›Rodrigo Raubein‹,
Endlich gibt es wieder die Schlossfest-          1.                                da nehme ich euch heute alle mit!

spiele. Mit dabei im Englischen Bau ist
das Junge Theater mit »Rodrigo Rau-
bein und Knirps, sein Knappe« von
Michael Ende und Wieland Freund. In
der Inszenierung spielt das Ensemble
eine fahrende Schauspielgruppe; einem
Mitglied dieser Gruppe folgen wir jetzt
hinter die Kulissen, in den Englischen
Bau.                               ML

                  Ich bin so aufgeregt,
                  es geht alles wieder los!      Das ist Johanna, Teil einer fahrenden Schauspielgruppe.
2.

                                                                     3.

                                                                                                            Huuuuiiiii, endlich da! Juhu!

Begeistert sprintet sie die Treppen nach oben.
JUNGES THEATER                                                                                                          JUNI 2021 03 THEATERZEITUNG     11
                                                                                                 5.

4.

                                                    Ich glaube, der Drache
                                                    Wak ist noch nicht wach,
                                                    und schlafende Drachen
                                                    weckt man nicht, das weiß
                                                    ja jedes Kind.

                                                                           Ich vergesse immer wieder, ob
                                                                           man Maulbeeren essen darf.
                                                                           Wo bleiben nur die anderen?

Eigentlich will Johanna erst mal Händewaschen gehen,
aber dabei muss sie vorsichtig sein …

                   6.

                           Heeey, kommt ihr?!
                                                                                                  Der Magen grummelt ...

        Uff, gleich da, noch
        132 Stufen!
                                                                                                                               PREMIERE
                                                                                                                               »Rodrigo Raubein und
               Fünf Minuten!                                                                                                   Knirps, sein Knappe«
                                                                                                                               20. Juni 2021
                                                                                                                               Englischer Bau

7.                                                                  8.

                                                                                                           Gleich sind alle da –
                                                                                                           dann fehlt nur noch ihr!

                                   Ma-ma-ma, pa-pa-pa,
                                   la-la-la. Und eins, zwei,
                                   dreizehn, fünfzig!

Bis die anderen kommen und die Zelte bringen,
kann sich Johanna ja schon mal aufwärmen.

                                                                    Johannas Mitspieler*innen sind gleich alle da, wir hören sie schon an der Tür ...
12      03 THEATERZEITUNG JUNI 2021                                                                                                                            SCHAUSPIEL

SCHAUSPIEL

Vier Herzensprojekte
und ein Sonnendeck
In der Regel entscheidet die Dramaturgie in Zusammenarbeit mit der Regie darüber, welches Programm von den
Darsteller*innen gezeigt wird. Auf unserem »Sonnendeck« können die Schauspieler*innen ihre eigenen Projekte
verwirklichen. Was haben sie vor und wie kam es dazu?

Hendrik Richter                                                         Foto S. Reichardt     Leon M. Spiegelberg      Foto S. Reichardt     Steffen Gangloff         Foto S. Reichardt

Hendrik Richter:                              Esra Schreier und Nicole Averkamp :             Leon Maria Spiegelberg:                        Steffen Gangloff:
Sommernacht, märchenhafte Umgebung            Was sind unsere Narrative? Wie prägen           Das Sonnendeck gibt uns die Gelegen-           Also, eigentlich ist das Ganze aus Späßen
bei dämmrigem Licht und mittendrin wir        sie uns? Wer profitiert von ihnen?              heit, aktuell zu sein, narrenfrei und frech,   während der Probenpausen entstanden.
und der wunderbare britische Dichter          Schon die Kleinsten in unserer Gesellschaft     pathetisch-utopisch und dreist-geschmack-      Da haben Hans Fleischmann und ich
John Donne, »ganz bloß und nackt, dich        werden durch Erzählungen geprägt und es         los zu sein – keine Regie, keine Drama-        manchmal rumgeblödelt und Meister
zu erfreun bereit«!                           scheint uns allen so selbstverständlich, dass   turgie hindert uns daran. Wir schlagen         Eder und Pumuckl gespielt. Es war ei-
In Deutschland kaum bekannt, besang er        eine Prinzessin ein Vorbild ist. Was erzählen   uns auf die Seite des Publikums.               gentlich nie die Rede davon, das einmal
bereits 1613 die Hochzeit des Heidelber-      wir, wem, warum, in welcher Zeit, sind zen-     Wir wollen entführen. In »Nächte und           auf die Bühne zu bringen. Doch nun ist es
ger »Winterkönigs« Friedrich V. mit Elisa-    trale Fragen für uns als Kulturschaffende.      Überhelligkeiten, Kristallsphären, worin       soweit. Oh mein Gott!
beth Stuart von England und wusste            Sich selbst ein Thema aussuchen zu kön-         Kälte und Hitze, Ruhe und Ekstase ein und      Was die Leute erwarten wird? Naja ... sa-
schon damals: »Kein Mensch ist eine In-       nen ist eine besondere Chance, da wir           dasselbe sind«. Wir wollen die Gefühlsla-      gen wir es mal so: Bei uns sehen die Zu-
sel«! Mit Allem, was wir haben, stürzen       uns in der Regel an vorgegeben Themen           gen der vergangenen Tage durchleben und        schauer das, was die ARD den Kindern
wir uns in Lust, Frust, Wollust, die Üppig-   abarbeiten. Auf dem »Sonnendeck« wid-           wegblasen. Den Weg aufzeigen in die Zu-        nie zumuten wollte! Lassen Sie sich über-
keit des John Donne! Hoffentlich ein          men wir uns dem Thema Prinzessinnen,            kunft. Aus »Kahlheit«, »Ausgeblasenheit«       raschen!
Abend voll Lyrik und Wonne!                   Märchen, Rollenbilder, Schönheitsideale         und »Ich-Verlassenheit« wird »Oh-Du Him-
                                              und versuchen auf lustvolle Art und Wei-        melsblau« und »grüner Wiesengrund«              »Meister Eder und sein
 »Wenn Liebe ineinander                       se unserem Publikum diese Auseinan-             (»Doktor Faustus«, Thomas Mann).                Pumuckl – Das nackte Grauen«
 gießt ... – Dichtung und                     dersetzung ans Herz zu legen.                                                                   geplant für Juli 2021
 Wahrheit des John Donne«                                                                      »Opus 111«                                     Sonnendeck
 geplant für Juli 2021                         »PRINCESS FOREVER                               geplant für Juli 2021
 Sonnendeck                                    – Oder: Welche Prinzessin hat                   Sonnendeck
                                               eigentlich Dehnungsstreifen?«
                                               15. Juni 2021
                                               Sonnendeck
  Der Vorverkauf läuft:
                                                                                                JUNGES THEATER IM DELTA
  Die Termine im Juni 2021 sind buch-
                                                                           Jetzt                25.–29. Juni 2021 digital
  bar (ab 29. Mai 2021, 13.00 Uhr)! Der                                  Mitgli
  Vorverkauf des Programms auf dem
                                                                         werde ed               Das Festival Junges Theater im Delta findet unter dem Motto »Unendlich« statt.
  Sonnendeck im Juli 2021 ist ab Mitte
                                                Freundeskreis                  n!               Alle Informationen auf www.theaterheidelberg.de
  Juni 2021 geplant.                                                                                              Die Zusammenarbeit von von NTM, Theater und Orchester Hei-
  Bitte informieren Sie sich über die ak-       Jetzt Mitglied werden! Alle Informa-                              delberg, Theater im Pfalzbau sowie des Kinder- und Jugend-
  tuelle Lage, alle Termine und Informa-        tionen zum Freundeskreis auf                                      theaters Speyer wird von der BASF SE unterstützt.
  tionen auf www.theaterheidelberg.de           www.freundeskreis-heidelberg.de                 Förderer des Projekts ist außerdem der Verkehrsverbund Rhein-Neckar-GmbH (rnv).
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