Schriftliche Kleine Anfrage

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BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG                                      Drucksache    22/526
22. Wahlperiode                                                                             19.06.20

                       Schriftliche Kleine Anfrage
                   des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 11.06.20

                           und   Antwort des Senats

      Betr.:   Ramadan 2020 unter dem Eindruck der Corona-Pandemie

      Einleitung für die Fragen:
               Zwischen dem 23. April 2020 und dem 23. Mai 2020 haben sich Muslime
               anlässlich des Ramadans weltweit in Moscheen versammelt, um dort nach
               Sonnenuntergang ihre tagsüber praktizierte Enthaltsamkeit zu brechen. Als
               Metropole mit einer Bevölkerung von wenigstens 150.000 Muslimen gilt dies
               auch für Hamburg, wo vor allem der letzte Tag des Ramadans im Rahmen
               großer Veranstaltungen begangen wird. Obwohl die Ausgestaltung der damit
               verbundenen religiösen Prozessionen von den islamischen Religionsgemein­
               schaften selbst geregelt wird, ist sie durch die Corona-Pandemie im Jahr 2020
               doch gesetzlichen Einschränkungen unterworfen.
               Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat:
      Einleitung für die Antworten:
      Ab dem 23. April 2020 galt die Zweite Verordnung zur Änderung der Hamburgischen
      SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung (HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO). Diese
      untersagte gemäß § 2 Absatz 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO öffentliche und
      nicht öffentliche Veranstaltungen und Versammlungen. Diese Untersagung galt auch
      für Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen sowie für die Zusammenkünfte
      anderer Glaubensgemeinschaften. Mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Ham­
      burgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung vom 27. April 2020 behielt der § 2
      Absatz 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO seine Gültigkeit.
      Mit der Vierten Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindäm­
      mungsverordnung ab dem 6. Mai 2020 wurde der § 3 Absatz 2a HmbSARS-CoV-2-
      EindämmungsVO (nunmehr § 5 in der aktuellen Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindäm­
      mungsverordnung) eingeführt, der religiöse Veranstaltungen oder Zusammenkünfte in
      Kirchen, Moscheen oder Synagogen sowie religiöse Veranstaltungen oder Zusammen­
      künfte in den Kulträumen anderer Glaubensgemeinschaften oder Weltanschauungsge­
      meinschaften abweichend von §§ 1 und 2 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO gestat­
      tet, wenn die Veranstalter die Einhaltung eines von ihnen erstellten und dokumentierten
      Konzepts zum Infektionsschutz (Schutzkonzept) gewährleisteten. Nach dieser Rege­
      lung soll das Schutzkonzept insbesondere Vorgaben enthalten zur Einhaltung des
      erforderlichen Mindestabstands von 1,5 m zwischen Personen durch geeignete techni­
      sche oder organisatorische Vorkehrungen, zu einer den räumlichen Verhältnissen
      angemessenen Begrenzung der Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die die
      Einhaltung des Mindestabstands ermöglicht, zum Ausschluss von Teilnehmerinnen und
      Teilnehmern mit Symptomen einer akuten Atemwegserkrankung sowie zu sonstigen
      Maßnahmen des Infektionsschutzes und zu allgemeinen Hygienemaßnahmen zur
      Reduzierung des Infektionsrisikos.
      Dem Erlass dieser Regelung lagen vorbereitende Gespräche der zuständigen Behörde
      mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, dem Erzbistum Hamburg,
Drucksache 22/526         Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode

der Jüdischen Gemeinde in Hamburg KdöR, Schura Hamburg e.V. – Rat der islami­
schen Gemeinschaften in Hamburg, dem Verband der Islamischen Kulturzentren in
Hamburg e.V., der Islamische Religionsgemeinschaft DITIB Hamburg und Schleswig-
Holstein e.V. und der Alevitischen Gemeinde Hamburg e.V. zugrunde, in denen die
geplante Zulassung von Gottesdiensten und religiöser Veranstaltungen unter Einhal­
tung der umfassenden Hygiene- und Sicherheitsvorgaben nach der geplanten Neure­
gelung in der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung erläutert und
erörtert wurde.
§ 3 Absatz 2a EVO behielt mit der Fünften Verordnung zur Änderung der Hamburgi­
schen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung vom 13. Mai 2020 und mit der Sechsten
Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung
vom 19. Mai 2020 mit leichten redaktionellen Anpassungen seine Gültigkeit. Nach der
Neufassung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnungen mit Wir­
kung vom 27. Mai 2020 findet sich die Regelung nun in § 5 der Verordnung.
Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

Frage 1:            Hat der Senat unter dem Eindruck der Corona-Pandemie mit den isla-
                    mischen Religionsgemeinschaften einschränkende Vereinbarungen
                    über die diesjährige Ausgestaltung des Fastenmonats Ramadan
                    getroffen?
                    Falls ja, welche?
Antwort zu Frage 1:
Siehe Vorbemerkung.

Frage 2:            Mit welchen Gemeinden hat der Senat in diesem Zusammenhang
                    wann Gespräche geführt?
Antwort zu Frage 2:
Die Vertragspartner der Freien und Hansestadt Hamburg haben im Rahmen der Vor­
bereitung der Wiederaufnahme der gemeindlichen Veranstaltungen ihre Vorgaben für
die jeweiligen Schutzkonzepte mit der zuständigen Behörde abgestimmt. Im Übrigen
stehen die Polizeikommissariate in einem unregelmäßigen sowie anlassbezogenen
Austausch mit den jeweiligen Imamen und Verantwortlichen der Moscheen in ihrem
Zuständigkeitsbereich.
Das Bezirksamt Altona, Gesundheitsamt, hat erörternde Gespräche mit der Schura
Hamburg e.V. – Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg als auch mit der Is­
lamischen Gemeinde Nobistor e.V. geführt.
Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Frage 3:            Welche Rolle spielt der Staatsvertrag dabei? Inwiefern werden die mit
                    dem Senat assoziierten Dachverbände in die Kommunikation einge­
                    bunden?

Frage 4:            Wie hat der Senat die Einhaltung dieser Vorgaben überprüft bezie­
                    hungsweise durchgesetzt?

Frage 5:            Welche Maßnahmen wurden bei Verstößen verhängt?

Frage 6:            Gab es Ausnahmen?
                    Falls ja, welche Gemeinden sind davon betroffen und wie kommen
                    etwaige Konzessionen im Einzelnen zustande?

Frage 7:            War geplant, die entfallenen Veranstaltungen zu kompensieren?
                    Falls ja, sollten diese über im Stadtgebiet ausgestrahlte Gebetsrufe
                    und andere Maßnahmen erfolgen?

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Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode       Drucksache 22/526

 Antwort zu Fragen 3 bis 7:
 Die Einhaltung der diesbezüglichen Vorgaben aus der Hamburgischen SARS-CoV-2-
 Eindämmungsverordnung wurde in derselben Art und Weise wie alle Vorgaben durch
 die zuständigen Behörden behandelt. Nach Wahrnehmung des Senats wurden die Vor­
 gaben hierbei akzeptiert und befolgt. Einige Gemeinden sagten ihre Veranstaltungen
 ganz ab. Andere planten ihre Veranstaltungen nach dem 6. Mai 2020 nach Maßgabe
 der Vorgaben in der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung umfang­
 reich neu. Häufig wurde eine große Veranstaltung durch mehrere kleine Veranstaltun­
 gen ersetzt, um den Anforderungen der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungs­
 verordnung gerecht zu werden.
 Der Polizei ist nicht bekannt, dass Veranstaltungen über im Stadtgebiet ausgestrahlte
 Gebetsrufe kompensiert wurden. Die „Sultan Ahmet Moschee“ führte am 26. März 2020
 in Hamburg-Billstedt einmalig eine siebenminütige Koranrezitation durch, die mittels
 Lautsprecher vor der Moschee durchgeführt wurde. Bei der Durchführung der Koranre­
 zitation waren zwei Polizeibeamte vor Ort.

 Frage 8:           In wie vielen Fällen hat es während des Ramadans nach Rückspra­
                    che mit städtischen Behörden öffentliche Muezzinrufe gegeben?
 Antwort zu Frage 8:
 Am 24. April 2020 hat es in einer gemeinsamen Aktion der ev.-luth. Kirchengemeinde
 St. Petri & Pauli und der DITIB-Moschee in Bergedorf sowohl ein christliches Gebet
 durch den Pastor vor der Kirche als auch einen Gebetsruf vom Imam vor der Moschee
 gegeben. Die gemeinsame Aktion fand in Kenntnis der Behörden statt

 Frage 9:           Welche Veranstaltungen sind dem Senat anlässlich des Ramadans
                    2020 bekannt?
 Antwort zu Frage 9:
 Neben den nachfolgend tabellarisch aufgeführten Veranstaltungen sind dem Senat
 keine Veranstaltungen über die regelhaften Gebete hinaus bekannt geworden.
 Auch wenn sich die Anfrage auf den Zeitraum 23. April 2020 bis 23. Mai 2020 bezieht,
 wurde das Zuckerfest vom Abend des 23. Mai 2020 bis zum Abend des 26. Mai 2020
 mitbetrachtet.
 An den in der Tabelle aufgeführten Örtlichkeiten wurden Festtagsgebete zu unter­
 schiedlichen Zeiten angeboten und durchgeführt.

 Tabelle 1
   Datum       PK    Gemeinde         Anschrift           Örtlichkeit    Teilnehmer ca.
01.05.2020     42    Al-Nour          Sievekingsallee     Vorplatz       Essensausgabe
bis                  Moschee          191, 22111          Moschee        einzeln (auch an
23.05.2020                            Hamburg                            Nichtgläubige)
                                                                         „Iftar to go“, ge­
                                                                         samt ca. 100
                                                                         pro Tag
06.05.2020     42    Sultan-Ahmet     Setzergasse 2a,     Vorplatz       je 80 pro Gebet
bis                  Camii-           22117 Hamburg       Moschee        (4x tägl.)
23.05.2020           Moschee
08.05.2020     42    Islamisches      Horner Brücken­     Moschee        20 – 50 pro
bis                  Kulturzent­      weg 6, 22113                       Gebet (2x tägl.)
23.05.2020           rum der Bos­     Hamburg
                     niaken
21.05.2020     42    Ibrahim-         Billstedter         Moschee        125 – 250 pro
bis                  Khalil-Mo­       Hauptstr. 50,                      Gebet (4x tägl.)
23.05.2020           schee            22111 Hamburg
24.05.2020     11    Al-Huda Mo­      Steindamm 62,       Moschee        3 x 45 – insge­
                     schee            2. OG, 20099                       samt 135
                                      Hamburg

                                                                                        3
Drucksache 22/526       Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode

  Datum       PK     Gemeinde        Anschrift          Örtlichkeit     Teilnehmer ca.
24.05.2020    11     Guinea-         Steindamm 62,      Moschee         3 x 40 – insge­
                     Bissau          3. OG, 20099                       samt 120
                                     Hamburg
24.05.2020    11     SABIKUN         Steindamm 62,      Moschee         3 x 50 – insge­
                                     1. OG, 20099                       samt 150
                                     Hamburg
24.05.2020    11     Muhajirin       Kirchenallee 25,   Moschee         4 x 50 – insge­
                                     20099 Hamburg                      samt 200
24.05.2020    11     Bangladesh      Adenauerallee      Moschee         3 x 17 – insge­
                                     32, 20099 Ham­                     samt 50
                                     burg
24.05.2020    11     Vahdet          Steindamm 47,      Moschee         1 x 70 insge­
                                     20099 Hamburg                      samt
24.05.2020    11     Pakistani­      Brennerstraße      Moschee         1 x 120 insge­
                     sche Ge­        12, 20099 Ham­                     samt
                     meinde          burg
24.05.2020    11     Kurdische       Brennerstraße      Moschee         2 x 60 – insge­
                     Gemeinde        12, 20099 Ham­                     samt 120
                                     burg
24.05.2020    11     Albanische      Kleiner Pulver­    Moschee         2 x 200 – insge­
                     Gemeinde        teich 17, 20099                    samt 400
                                     Hamburg
24.05.2020    11     Islamic         Kleiner Pulver­    Moschee         1 x 200 insge­
                     Centre (Pa­     teich 19, 20099                    samt
                     kistanische     Hamburg
                     Gemeinde)
24.05.2020    11     Centrum-Mo­     Böckmann­          Moschee         3 x 150 – insge­
                     schee           straße 40,                         samt 450
                                     20099 Hamburg
24.05.2020    11     Tauba Mo­       Repsoldstraße      Moschee         1 x 40 insge­
                     schee           49, 20099 Ham­                     samt
                                     burg
24.05.2020    27     Islamische      Elbgaustraße       Moschee         Anmeldung über
                     Gemeinde Ei­    62, 22523 Ham­                     Internet nötig
                     delstedt e.V.   burg
24.05.2020    36     VAMD-Verein     Schreyerring 51,   Lagerhalle      100 insgesamt
                     d. afgh. Mus­   22309 Hamburg
                     lime Deutsch­
                     land e.V.
24.05.2020    43     DITIB-Mo­       Stuhlrohrstraße    Moschee         Präventiv keine
                     schee           21, 21029 Ham­                     Veranstaltung,
                                     burg                               normale Öff­
                                                                        nung
24.05.2020    46     Islamische      Knoopstraße 4,     Ausgewi­        3 x 50 insge­
                     Gemeinde        21073 Hamburg      chen auf        samt 150
                     Harburg e.V.                       „Phönix-
                                                        Saal“
24.05.2020    41     Afghanisches    Anckelmannstr.     Parkplatz       70 – 90 insge­
                     Zentrum Abu     31, 20537 Ham­     Moschee In­     samt
                     Hanifa          burg               nenhof
25.05.2020    27     Fazl-e-Omar     Wieckstr. 24,      Moschee         20 insgesamt
                     Moschee         22527 Hamburg
 Der Ramadan-Pavillon der AL MANAR Stiftung Hamburg fand per Livestream mit
 Videobeiträgen statt.

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Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode     Drucksache 22/526

Frage 10:         Wie hat sich der Senat einen Überblick über geplante Veranstaltun­
                  gen verschafft?

Frage 11:         Wie hat der Senat sichergestellt, über sämtliche geplante Veranstal­
                  tungen in Hamburg informiert zu sein?
Antwort zu Fragen 10 und 11:
Eine umfassende Anmeldung etwaiger Veranstaltungen war nach der rechtlichen
Regelung nicht erforderlich und hätte der nach dem Grundgesetz garantierten Religi­
onsfreiheit widersprochen, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die Religionsgemein­
schaften ihre Angelegenheiten selbstbestimmt und ohne staatliche Aufsicht wahrneh­
men (siehe Drs. 19/6606, 19/1065, 20/1437 und 20/4886). Im Übrigen wendeten sich
viele Gemeinden eigenständig an die Polizei, die darüber hinaus durch eigene Kontakte
vor Ort Kenntnis von geplanten Veranstaltungen erhielt. Unabhängig davon hat die
Schura Hamburg e.V. – Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg eine Über­
sicht über geplante Veranstaltungen übermittelt.

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