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Logistics

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             Brennstoffzelle im Transportwesen –
             Technikrevival als Antriebsinnovation
             28. Februar 2022
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1 / Engineering & Industrials Special                       Februar 22

Inhalt
Einleitung ......................................................................................................................................................................... 2
Grundlagen von Brennstoffzellen .................................................................................................................................... 3
   Definition ..................................................................................................................................................................... 3
   Aufbau und Funktionsweise ........................................................................................................................................ 3
   Vor- & Nachteile .......................................................................................................................................................... 5
       Wirkungsgrad ........................................................................................................................................................... 5
       Wärmenutzung ........................................................................................................................................................ 6
       Emissionen ............................................................................................................................................................... 6
       Laden und Tanken.................................................................................................................................................... 7
       Wartung und Verschleiß .......................................................................................................................................... 7
       Versorgung und Speicherung von Wasserstoff ....................................................................................................... 7
       Energiedichten ......................................................................................................................................................... 8
       Rekuperation ........................................................................................................................................................... 9
Der Markt ....................................................................................................................................................................... 10
   Wachstum .................................................................................................................................................................. 10
   Verteilung am Weltmarkt .......................................................................................................................................... 11
   Verteilung nach Technik-Typ ..................................................................................................................................... 11
   Nachfrage der Anwendungstypen ............................................................................................................................. 12
Mögliche Einsatzgebiete für Brennstoffzellen im Transport ......................................................................................... 13
 Güterkraftverkehr ...................................................................................................................................................... 14
   Schienenfahrzeuge .................................................................................................................................................... 18
   Schifffahrt .................................................................................................................................................................. 22
   Luftfahrt ..................................................................................................................................................................... 25
   Sicherheit und technische Freigaben......................................................................................................................... 26
   Überblick Unternehmen ............................................................................................................................................ 27
Key Takeaways und Fazit ............................................................................................................................................... 28
  Brennstoffzellen-Technologie profitiert von der angestoßenen Energiewende ....................................................... 28
   Fazit: Der Markt wird weiter wachsen ....................................................................................................................... 28
Literaturverzeichnis ....................................................................................................................................................... 29
Anhang ........................................................................................................................................................................... 32
   Ansprechpartner in der NORD/LB.............................................................................................................................. 32
   Wichtige Hinweise ..................................................................................................................................................... 34

Mehr Studien auf:             https://www.nordlb.de/die-nordlb/research
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2 / Engineering & Industrials Special       Februar 22

Einleitung
Analyst: Thomas Wybierek
Mitarbeit: Henrik Winkelmann

                               Bis zum Jahr 2050 möchte die Europäische Kommission (EU-Kommission) die Netto-Treib-
                               hausgasemissionen auf null reduzieren. Viele Sektoren sollen dabei sogar schon vor diesem
                               Stichdatum die CO2-Neutralität erreicht haben. Um diesem Problem gerecht zu werden,
                               müssen insbesondere im Transportwesen neue Techniken entwickelt und erprobt werden,
                               welche keine fossilen Energieträger verbrennen. Die Brennstoffzelle ist keine revolutionäre
                               neue Technik, da sie bereits 1966 erstmals im Automobilbau auftauchte. Neue Testreihen
                               kamen dann erst wieder Ende des letzten Jahrhunderts auf.
                               Im Bereich der PKWs (Individualverkehr) sind Batterien in Verbindung mit Elektromotoren
                               aktuell Mittel der Wahl, was auch im Zusammenhang mit politischen Vorgaben (Subventio-
                               nen/Kaufanreize/Steuerbefreiungen) zu sehen ist. In anderen Sektoren des Verkehrs gilt
                               dies jedoch nicht. Welche Technik sich im Zugverkehr, im Schiffsverkehr, in der Luftfahrt und
                               bei LKWs langfristig durchsetzen lässt, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Die Brenn-
                               stoffzelle bietet aus unserer Sicht die Chance, in allen genannten Bereichen und auch in wei-
                               teren Sektoren eine Alternative zu Batterien zu sein.
                               Um die Potenziale dieser Technik zu zeigen, werden in der folgenden Studie der Aufbau und
                               die Vor- und Nachteile der Brennstoffzelle dargestellt. Dabei fällt bereits auf, dass die Brenn-
                               stoffzelle gemessen an der Effizienz Verbrennungsmotoren einiges voraushat. Im Rahmen
                               der Marktbetrachtung werden die Wachstumsmöglichkeiten dieser Technik ersichtlich.
                               Nach den Bereichen Güterfernverkehr (LKW), Zug-, Schiffs- und Luftverkehr abgestuft zeigen
                               sich bereits deutliche Unterschiede bei den denkbaren Einsatzmöglichkeiten der Brennstoff-
                               zelle.
                               Als Medium einer Brennstoffzelle eignen sich diverse Stoffe. Vorrangig gehen wir auf die
                               Nutzung in direkter Verbindung mit Wasserstoff ein.
                               Weitere Informationen zu dem Zukunftsthema Wasserstoff (Hydrogen) finden Sie hier:
                               NORD/LB Research Wasserstoffstudie 05 2021
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3 / Engineering & Industrials Special   Februar 22

Grundlagen von Brennstoffzellen

                          Definition
                          Eine Brennstoffzelle (englisch: fuel cell (international gebräuchliche Abk.: FC)) wandelt die
                          in einem Brennstoff enthaltene chemische Energie in elektrische Energie um und ist somit
                          eine galvanische Zelle. Dabei wird der Brennstoffzelle kontinuierlich ein Brennstoff zuge-
                          führt, welcher mit einem Oxidationsmittel reagiert. Meist wird die Brennstoffzelle mit Was-
                          serstoff als Brennstoff assoziiert, aber auch andere Materialien, wie Methanol, Ammoniak
                          oder Erdgas können verwendet werden. Letzteres fällt jedoch vor dem Hintergrund der
                          Energiewende als Stoff fossilen Ursprungs aus. Die Nutzung von Ammoniak als Brennstoff
                          befindet sich erst in einem Anfangsstadium. Der Stoff hat wie Methanol einige Vorteile ins-
                          besondere in Bezug auf die Betankung, ist jedoch hochtoxisch. Methanol wird aufgrund der
                          Verfügbarkeit und seiner Benzin- und Diesel- ähnlichen Eigenschaften hingegen verstärkt
                          diskutiert. Generell müssen alle drei Basisstoffe (Wasserstoff, Ammoniak und Methanol) in
                          Zukunft natürlich mit Hilfe regenerativer Energien gewonnen werden, um als „grün“ zu gel-
                          ten und eine CO2-neutral Nutzung zu gewährleisten.
                          Als Oxidationsmittel werden in der Zelle entweder (Umgebungs-) Luft oder reiner Sauerstoff
                          verwendet. Bei der Reaktion des Oxidationsmittels mit dem Brennstoff, welche auch als
                          „kalte Verbrennung“ bezeichnet wird, entstehen Wasser, Strom und Wärme.
                          Aufbau und Funktionsweise
                          Grundlage jeder Brennstoffzelle sind zwei Elektroden: Die Anode sowie die Kathode. Ge-
                          trennt sind die beiden Elektroden durch ein Elektrolyt, welcher im Gegensatz zu den Elekt-
                          roden keine Elektronen leiten kann, sondern nur für bestimmte Ionen durchlässig ist und
                          dementsprechend als Ionenleiter bezeichnet wird.

                                                                 Funktionsweise Brennstoffzelle

                                                             - -                  --
                                                         -                          - -               O     O
                                                                                                             Sauerstoff (O2)
                                                                                                                     O
                                 Wasserstoff (H2)                                  O
                               -H -H -H                      -                     -                  O     O        O
                                                                        H   -O
                               -H -H -H                      -      H       -                     H   -       H     -      H       -
                                                                                                      -O            -O             -O
                                                                                                  H             H              H
                                                                                                           Wasser (H2O)
                                                        Anode        Elektrolyt      Katode

                                4x H+ + 4x e- + O2= 2x H2O
                          Quelle: NORD/LB Research

                          Im ersten Schritt wird an die Anode der Brennstoff – Wasserstoff im obigen Beispiel - in Form
                          des Moleküls H2 geliefert. Dieses Molekül wird im nächsten Schritt in positiv geladene Was-
                          serstoff-Protonen (H+) und negativ geladene Elektronen (e-) geteilt. Die positiv geladenen
                          Wasserstoff-Protonen durchdringen den Elektrolyt, während die Elektronen den Elektrolyt
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4 / Engineering & Industrials Special    Februar 22

                              nicht durchdringen können. Das führt dazu, dass die Elektronen gezwungen werden, durch
                              den elektrischen Leiter zu fließen. Wird an dem elektrischen Leiter nun ein Verbraucher an-
                              geschlossen z. B. eine Glühbirne, so geben die Elektronen elektrische Energie ab. An der
                              Kathode wird entweder reiner Sauerstoff oder Sauerstoff aus der Umgebungsluft zugeführt.
                              Dieser Sauerstoff nimmt die Elektronen, welche durch den elektrischen Leiter geflossen
                              sind, auf und reagiert mit dem Wasserstoff zu Wasser, das dann abgeleitet wird. Da die
                              Spannung für eine Zelle bei 0,5-1,0 Volt liegt, werden viele Zellen in Reihe geschaltet, um
                              eine Spannung zu erhalten, welche genug Leistung für Anwendungen bereitstellt. Eine sol-
                              che Zusammenschaltung von einzelnen Zellen wird auch „Stack“ oder „Stapel“ genannt. Dies
                              führt dazu, dass Brennstoffzellenstacks einfach modular skaliert werden können. Bosch ent-
                              wickelt zurzeit zusammen mit dem Start-up PowerCell Sweden ein derartiges Brennstoffzel-
                              lensystem, welches mit 400 einzelnen Zellen ein Stack mit einer Leistung von 120 kW liefert. 1
                              Unterschiede gibt es in dem Aufbau verschiedener Arten von Brennstoffzellen. I.d.R. werden
                              größtenteils sechs verschiedene Typen von Brennstoffzellen differenziert, welche sich alle
                              in dem verwendeten Elektrolyt oder dem Brennstoff abgrenzen. Diese sechs unterschiedli-
                              chen Typen haben bereits eine ausreichende Reife erreicht, um Relevanz in technischen An-
                              wendungen zu erlangen:
                                   1.   Polymerelektrolytmembran-Brennstoffzelle (PEMFC)
                                   2.   Direktmethanol-Brennstoffzelle (DMFC)
                                   3.   Alkalische Brennstoffzelle (AFC)
                                   4.   Phosphorsäure-Brennstoffzelle (PAFC)
                                   5.   Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle (MCFC)
                                   6.   Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC)
                              Die genannten Zelltypen unterscheiden sich jeweils in ihrer Effizienz und den möglichen An-
                              wendungsbereichen. So sind die Festoxid- (SOFC), Schmelzkarbonat- (MCFC) und Phosphor-
                              säure-Brennstoffzelle (PAFC) für den stationären Betrieb geeignet und könnten zum Beispiel
                              für Blockheizkraftwerke verwendet werden.
                              Wohingegen die Polymerelektrolytmembran- (PEMFC), die Direktmethanol- sowie die alka-
                              lische (AFC) Brennstoffzelle eher für den mobilen Gebrauch und damit zum Beispiel auch für
                              Fahrzeuge geeignet sind.2 Hier wird zurzeit am häufigsten die PEMFC-Technik verwendet.
                              Aus unserer Sicht sind aber auch Methanol-Brennstoffzellen für mobile Anwendungen inte-
                              ressant, da Methanol gegenüber reinem Wasserstoff signifikante Vorteile in der Transport-
                              und Lagerfähigkeit aufweist. Methanol bzw. Methylalkohol kann als Flüssigkeit wie Benzin
                              und Diesel gelagert, transportiert und vor allem getankt werden. Entsprechend kann auf
                              vorhandene Infrastrukturen zurückgegriffen werden. Ein nicht unerheblicher Vorteil ggü.
                              Wasserstoff oder den E-Ladesäulen.
                              Auf diese Karte setzt u.a. die Firma Gumpert Aiways Automobile GmbH in Ingolstadt. Fir-
                              mengründer Roland Gumpert hat bereits einen Sportwagen („Nathalie“) entwickelt, welcher
                              auf einer 15 kW-Methanol-Brennstoffzelle basiert. Die Energiekapazität des Gesamtsystems
                              (Methanol Power Cell mit 65l Tank und Pufferbatterie) beträgt 190 kWh. Aufgetankt ist das
                              Fahrzeug laut Hersteller wie ein herkömmliche PKW in drei Minuten mit einfachster Infra-
                              struktur.3 Vorausgesetzt, es findet sich eine Tankstelle, die reines Methanol anbietet. Die
                              Versorgung ist für die Kunden der Prototype-Sportwagen im ersten Jahr nach Auslieferung
                              kostenfrei. Ein Über-Nacht-Lieferservice ist für den exklusiven Kundenkreis in Deutschland,
                              Österreich und der Schweiz installiert und soll europaweit ausgebaut werden.

1
  Vgl. Blogbeitrag der Robert Bosch GmbH „Brennstoffzellen-Stacks: So soll die Serienfertigung gelingen.“
2
  Vgl. Noreikat in „Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs“.
3
  Vgl. Gumpert Aiways Automobile GmbH – https://www.rolandgumpert.com/.
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5 / Engineering & Industrials Special   Februar 22

                              Vor- & Nachteile
                              Die Brennstoffzelle hat im Vergleich zu konventionellen Energiewandlern, wie dem Verbren-
                              nungsmotor, gerade im Hinblick auf die durch den Klimawandel induzierten regulatorischen
                              Vorgaben (Zulassungsverbote etc.) gravierende Vorteile. Ebenso könnten mit der Brenn-
                              stoffzelle Probleme der Lithium-Ionen-Batterie klimafreundlich behoben werden. Allerdings
                              besitzt die Brennstoffzelle im Vergleich mit beiden Techniken auch einige Nachteile:
                                      Vorteile                                        Nachteile
                                  +   Wirkungsgrad                                -   Emission inkl. Produktion
                                  +   Wärmenutzung                                -   Infrastruktur (insb. H2)
                                  +   Emission                                    -   Energiedichte des Brennstoffs
                                  +   Lade- und Tank-Geschwindigkeit              -   Langzeiterfahrung/Verschleiß/War-
                                  +   Rekuperation                                    tung und Reparatur
                                                                                  -   Höhere Kosten ggü. Batterien

                              Wirkungsgrad
                              Ein Vorteil der Brennstoffzelle in Verbindung mit einem Elektromotor gegenüber dem Ver-
                              brennungsmotor ist der höhere Wirkungsgrad. Dies liegt an den unterschiedlichen Wir-
                              kungsweisen. So wandelt ein Verbrennungsmotor die im Treibstoff enthaltene chemische
                              Energie über eine Verbrennung in thermische Energie und im folgenden Schritt in mechani-
                              sche Energie um. Diese kann nun zum Beispiel in kinetische Energie für einen LKW oder ein
                              Schiff verwendet werden. Bei diesen energetischen Umwandlungsprozessen geht viel Ener-
                              gie in Form von Abwärme verloren. Im optimalen Lastbereich erreicht ein Benzinmotor ei-
                              nen Wirkungsgrad von bis zu 35% und ein Dieselmotor einen Wirkungsgrad von bis zu 45%.
                              Dieser Wert sinkt allerdings auf ca. 14% - 26% bei einer durchschnittlichen Nutzung in ver-
                              schiedenen Lastbereichen. Die Brennstoffzelle hingegen erreicht im optimalen Fall je nach
                              Bauart einen Wirkungsgrad von bis zu 70% und im Betrieb von 45% - 60%. Dies liegt daran,
                              dass die Brennstoffzelle die in dem Brennstoff enthaltene chemische Energie direkt in elekt-
                              rische Energie wandelt und kein zusätzlicher Zwischenschritt notwendig ist.
                              Im Unterschied zu einer Brennstoffzelle wird in der Batterie die elektrische Energie im Inne-
                              ren gespeichert und nicht von außen durch einen Brennstoff zugeführt. Somit finden keine
                              energetischen Umwandlungsprozesse in der Batterie statt. Das führt dazu, dass die Batterie
                              einen noch besseren Wirkungsgrad, als die Brennstoffzelle besitzt. Die Lithium-Ionen-Batte-
                              rie erreicht beispielsweise einen Wirkungsgrad von ca. 90%.
                              Diese sogenannte Tank-to-Wheel-Betrachtung ist allerdings beschränkt auf den Wirkungs-
                              grad des Motors und es wird die Herstellung, Weiterverarbeitung, Lieferung und der Trans-
                              port der Treibstoffe bzw. des Stroms nicht mit in die Wirkungsgradbetrachtung aufgenom-
                              men.
                              Bei der Well-to-Wheel-Betrachtung hingegen werden diese Aspekte mit aufgenommen. So
                              sinkt der Well-to-Wheel-Wirkungsgrad zum Beispiel auf 21-26% beim Dieselmotor.
                              Aber auch die Batterie und Brennstoffzelle haben einen deutlich niedrigeren Wert. So redu-
                              ziert sich der Wert der Batterie auf 32% mit dem europäischen Strommix und auf ca. 50%
                              mit dem österreichischen Strommix. Die Brennstoffzelle kommt mit dem europäischen Wir-
                              kungsgrad auf einen Wert von ca. 22% Well-to-Wheel und ca. 34% mit dem österreichischen
                              Strommix4. Es wird ersichtlich, dass der Wirkungsgrad Well-to-Wheel stark von der Herstel-
                              lung des Stroms abhängt. So hat eine Brennstoffzelle entlang der gesamten Prozesskette
                              beim jetzigen5 Strommix Europas keinen besseren Gesamtwirkungsgrad als ein Dieselmotor.

4
  Im Gegensatz zum europäischen Strommix mit 39%, enthält der österreichische Strommix mit 79% einen deutlich höheren Anteil
regenerativer Energien (Daten für 2020, Quelle: Ember/Agora „The European Power Sector 2020“, S. 15).
5
  Stand 2020.
6 / Engineering & Industrials Special   Februar 22

                                                     Wirkungsgrade unterschiedlicher Technologien
                                80%

                                70%

                                60%

                                50%

                                40%

                                30%

                                20%

                                10%

                                 0%
                                            Tank-to-Wheel         Well-to-Wheel (Europäischer   Well-to-Wheel (Österreichischer
                                                                          Strommix)                      Strommix)

                                              Benzinmotor     Dieselmotor    Brennstoffzelle     Li-Ionen-Batterie

                          Quelle: Kleebinder, NORD/LB Research

                          Die Bezeichnungen der Wirkungsgrade sind kraftfahrzeugbezogene Werte, allerdings sind
                          diese auch repräsentativ für andere Bereiche. Insgesamt hat die Batterie den besten Ge-
                          samtwirkungsgrad vorzuweisen, gefolgt von der Brennstoffzelle und den Verbrennern,
                          wenn zum Betrieb erneuerbare Energie verwendet wird. Insbesondere steigen die Well-to-
                          Wheel-Wirkungsgrade der Batterie und Brennstoffzelle weiter, je mehr erneuerbare Energie
                          verwendet wird.
                          Wärmenutzung
                          Dies bringt wiederum ein anderes Problem mit sich. Viele mobile Anwendungen, wie LKWs
                          oder Züge benötigen neben Strom ebenso Wärme, zum Beispiel für die Temperierung des
                          Fahrgastraums. Der Elektromotor an sich hat zwar einen sehr hohen Wirkungsgrad. Bei-
                          spielsweise hat ABB einen Elektromotor entwickelt, welcher einen Wirkungsgrad von
                          99,05% erreicht. Dieser wird allerdings stationär betrieben. In mobilen Anwendungen errei-
                          chen die Motoren meist einen Wirkungsgrad von circa 80%. Die restlichen 20% sind Verluste,
                          welche als Wärme frei werden. Die Brennstoffzelle selber hingegen, wie auch der Verbren-
                          nungsmotor geben deutlich mehr Wärme ab. Diese kann bzw. muss sogar für die Temperie-
                          rung des Innenraums verwendet werden. Demgegenüber sinken bei Elektroautos die Reich-
                          weiten im Winter signifikant, da die elektrische Energie der Batterie zusätzlich zum Antrieb
                          zur Wärmeerzeugung für den Innenraum verwendet werden muss.
                          Emissionen
                          Neben den Wirkungsgraden ist im Zuge des Klimawandels ebenfalls eine Analyse der Emis-
                          sionen der einzelnen Techniken interessant. Hier gilt, dass die Brennstoffzelle nur Wasser-
                          dampf und die Batterie keinerlei Emissionen lokal ausstößt. Wohingegen die Abgase des
                          Verbrennungsmotors Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Stickoxide enthalten.
                          Ein Vergleich der Treibhausgasemissionen verschiedener Antriebsarten im Automobilbe-
                          reich mit einem unterstellten Anteil von erneuerbaren Energien in Höhe von 67% fällt zu-
                          gunsten der Batterie aus. Die Lithium-Ionen-Batterie produziert in Summe am wenigsten
                          Treibhausgas (THG)-Emissionen, gefolgt von der Brennstoffzelle und dem Diesel- sowie dem
                          Benzinmotor.
                          Leicht verständlich ist dabei, dass die Emissionen der Brennstoffzelle und der Batterie immer
                          weiter sinken werden, desto größer der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix ausfällt.
                          Dies liegt daran, dass die Batterie direkt mit Strom geladen wird und der für die Brennstoff-
                          zelle notwendige Wasserstoff mit dem Strom direkt durch Elektrolyse hergestellt wird.
7 / Engineering & Industrials Special     Februar 22

                                                   Lebenszyklus-Emissionen unterschiedlicher Technologien
                                            250
                                                       214,13
                                            200
                                                                          169,61

                                            150                                              126,89

                                            100                                                                     79,3

                                             50

                                              0
                                                       Benzin              Diesel        Brennstoffzelle    Li-Ionen-Batterie

                                                            THG-Emissionen in g pro gefahrenen Fahrzeugkilometern

                                Quelle: Umweltbundesamt Österreich, NORD/LB Research

                                Zu bedenken ist darüber hinaus u.E. aber noch, dass die größten Emissionen für einen Ver-
                                brennungsmotor während der eigentlichen Nutzung entstehen. Dem gegenüber werden bei
                                der Brennstoffzelle und der Batterie im Herstellungsprozess (Rohstoffe) am meisten Emissi-
                                onen freisetzt. Studien kommen zu dem Schluss, dass mittels sogenannten e-fuels - also nur
                                durch Verwendung von aus regenerativen Energiequellen erzeugten Stroms nachhaltig her-
                                gestellten Treibstoffen – Emissionsreduzierungen in sehr niedrige Bereiche möglich sind.6
                                Laden und Tanken
                                Ein klarer -und auf Sicht nicht behebbarer- Schwachpunkt der Elektromobilität ist die Dauer
                                des Ladevorgangs beim Gebrauch von Batterien. Dieses Problem kann mit einer Brennstoff-
                                zelle umgangen werden, da wie beim herkömmlichen Verbrenner, der eigentliche Brenn-
                                stoff (Wasserstoff oder Methanol) innerhalb weniger Minuten nachgeladen bzw. getankt
                                werden kann. Dies zu bedenken ist auch wichtig, wenn es um andere Transportmittel abseits
                                der Straße geht. Für größere Transportmittel wie Flugzeuge oder Schiffe würden enorme
                                Batteriegrößen mit entsprechend langen Ladezeiten benötigt, Gewichtserhöhungen und La-
                                deraumreduktionen (in Summe alles unrentabel und nur bedingt umsetzbar).
                                Wartung und Verschleiß
                                Zwar erscheinen Brennstoffzellen – ebenso wie Batterien - im Vergleich zu einem Verbren-
                                nungsmotor aufgrund der Masse der verbauten Komponenten deutlich verschleiß- und war-
                                tungsärmer. Eine Vielzahl an mechanischen Teilen, die im klassischen Kolbenmotor (Ver-
                                brenner) notwendig sind (u.a. Zylinder, Kolben, Keilriemen, Zündkerzen etc. pp), entfallen.
                                Allerdings sind Brennstoffzellen bisher nur wenig im Langzeitbetrieb erprobt worden. Der
                                sog. „Brennstoffzellenstack“ verfügt auch noch über eine begrenzte Lebensdauer. Das For-
                                schungszentrum Jülich hat aber in einem Projekt eine Brennstoffzelle über 11 Jahre lang
                                betrieben. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass bei weiterer Forschung und ge-
                                machten Erfahrungen im Einsatz der Technik deutlich längere Lebenszyklen möglich sind.
                                Versorgung und Speicherung von Wasserstoff
                                Auch wenn viele Firmen und Start-Ups an Brennstoffzellen forschen und arbeiten, sind die
                                technologischen Anforderungen und die Investitionskosten noch relativ hoch. Dies gilt dar-
                                über hinaus für die Versorgung und Speicherung von Wasserstoff, denn: Noch ist die Infra-
                                struktur für einen flächendeckenden Einsatz von Brennstoffzellen nicht gegeben.

6
    Vgl. Studie des FVV „Cradle-to-Grave-Lebenszyklus-Analyse im Mobilitätssektors“ (S.5).
8 / Engineering & Industrials Special   Februar 22

                              Hierzu müsste vor allen Dingen die notwendige Infrastruktur zur Speicherung und zum
                              Transport von Wasserstoff aufgebaut werden. So soll zum Beispiel der Hamburger Hafen bis
                              2030 über ein eigenes Wasserstoffnetz verfügen. Wird allerdings die Anzahl der vorhande-
                              nen konventionellen Benzin- und Dieseltankstellen mit der von Wasserstofftankstellen ver-
                              glichen, so fällt auf, dass sowohl in Deutschland, als auch europa- und weltweit der Anteil
                              von Wasserstofftankstellen marginal ist. In Deutschland gab es zum Jahresbeginn 2021 ca.
                              14.500 konventionelle Tankstellen. Im Gegensatz dazu gab es im Juli 2021 nur 91 Wasser-
                              stofftankstellen7. Damit ist Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern und Regionen
                              sogar noch gut aufgestellt. Beispielsweise wurden in den USA im September 2021 nur 48
                              öffentliche Wasserstofftankstellen betrieben.8
                              Neben den Problemen in der flächendeckenden Versorgung mit Wasserstoff ist die Speiche-
                              rung in Tanks im Vergleich zu herkömmlichen Treibstoffen ungleich komplizierter. Es gibt
                              hauptsächlich zwei Arten, Wasserstoff zu speichern. Zum einen das Druckgasspeichern, zum
                              anderen das Flüssigwasserstoffspeichern. Beim Druckwasserstoffspeichern wird der Was-
                              serstoff auf 700 bis 800 bar komprimiert. Dafür müssen allerdings bereits ca. 12% des Ener-
                              gieinhalts des Wasserstoffs für die Speicherung verwendet werden. Beim Flüssigwasser-
                              stoffspeichern wird der Wasserstoff auf die Siedetemperatur von ca. -253 °C gekühlt, um
                              den Wasserstoff somit in einen flüssigen Zustand zu überführen. Dieses Verfahren soll unter
                              anderem in dem neuen GenH2-Truck von Daimler ab 2027 zum Einsatz kommen, welcher
                              auf einer Brennstoffzelle basiert.9
                              Um die aufwändige Speicherung zu umgehen, wird auch an anderen Brennstoffzellen-Kon-
                              zepten geforscht, welche meist darauf basieren, dass der Wasserstoff in flüssiger Form ge-
                              bunden wird. Eine Möglichkeit wäre z.B. die Brennstoffzelle mit Ammoniak zu betrieben.
                              Hierbei wird flüssiges Ammoniak in einem Spaltreaktor zu Stickstoff und Wasserstoff, wo-
                              raus dann in der Brennstoffzelle elektrische Energie gewonnen werden kann. Der Vorteil
                              gegenüber reinem Wasserstoff ist, dass flüssiges Ammoniak bei Normaldruck bei -33°C und
                              bei 20°C bei 9 bar vorliegt wodurch die Speicherung im Vergleich zum Wasserstoff einfacher
                              ist. Bereits 2023 wird das Fraunhofer-Institut ein Versorgungsschiff der norwegischen Ree-
                              derei Eidesvik mit einer Ammoniak-Brennstoffzelle ausstatten.10
                              Energiedichten
                              Interessant ist zudem eine Betrachtung der Energiedichten der unterschiedlichen Antriebs-
                              konzepte. Dabei wird die volumetrische und gravimetrische Energiedichte unterschieden.
                              Wasserstoff weist die höchste gravimetrische Energiedichte auf. Diese ist allerdings für mo-
                              bile Anwendungen nicht so wichtig, wie die volumetrische Energiedichte. Diese fällt bei Was-
                              serstoff deutlich geringer aus, als bei Diesel oder Benzin. Dabei erreicht der Wasserstoff in
                              flüssiger Form noch einmal größere Werte, als in gasförmiger Form. Aus diesem Grund
                              forscht Daimler Trucks an einer zuverlässigen Flüssigwasserstoffbetankung für den GenH2 11.
                              Grundsätzlich ist die geringe volumetrische Energiedichte des Wasserstoffs aber auch ein
                              Problem, welches gelöst werden kann. Die zeigt exemplarisch der Vergleich zwischen dem
                              Toyota Mirai (mit 128 kW-Brennstoffzelle in Verbindung mit einer 1,24 kWh großen Batte-
                              rie) und dem VW Arteon. Um eine Reichweite von 650 Kilometern zu erhalten, benötigt der
                              Mirai einen Wasserstofftank mit einem Volumen von 142,2 Litern.12

7
  Vgl. H2 Mobility.
8
  Vgl. Alternative Fuels Data Center.
9
  Vgl. Artikel der Daimler Truck AG „Brennstoffzellen – Teststart des neuen GenH2 Truck Prototypen“.
10
   Vgl. Fraunhofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme. Artikel: „Weltweit erste Hochtemperatur-Brennstoffzelle mit Am-
moniak für Schiffe“.
11
   Vgl. Artikel der Daimler Truck AG „Brennstoffzellen – Teststart des neuen GenH2 Truck Prototypen“.
12
   Vgl. Toyota Deutschland GmbH – Website (https://www.toyota.de/automobile/mirai/ausstattungen-und-spezifikationen).
9 / Engineering & Industrials Special    Februar 22

                                                                  Energiedichten im Vergleich (logarithmisch)

                                      Wasserstoff (700 bar)                                                                 33,3
                                                                         1,85

                                      Flüssiger Wasserstoff                                                                 33,3
                                                                             2,36

                                                 Methanol                                    5,6
                                                                                       4,4

                                                Ammoniak                                      6,25
                                                                                      4,25

                                                              1                                      10                                    100

                                                 Gravimetrische Speicherdichte in kWh/kg           Volumetrische Speicherdichte in kWh/l

                               Quelle: RP-Energie-Lexikon, NORD/LB Research

                               Der VW mit Dieselmotor kommt auf eine Reichweite von bis zu 1080 km mit einem 66 Liter-
                               Tank13. Der Vergleich verdeutlich die Probleme. Wasserstofftanks nehmen relativ viel Raum
                               ein. Darüber hinaus ist die Reichweite geringer als bei konventionellen Verbrennern.
                               Im Massenmarkt für PKW ist die reine Batterietechnik derzeit das Mittel zur Wahl. Für An-
                               wendungen im Transportsektor hingegen, beispielsweise für LKWs oder Züge ist die Brenn-
                               stoffzelle aber eine Alternative zu herkömmlichen Verbrennern und Lithium-Ionen-Akkus.
                               Im maritimen Anwendungsbereich ist die Brennstoffzelle bisher nicht wesentlich über das
                               Versuchsstadium hinausgekommen. Für die Hochseeschifffahrt scheint die Technik aktuell
                               keine Alternative zu Verbrennern zu sein. Als Aggregat für Hilfsmaschinen sowie in speziel-
                               len Nischen können sich jedoch Nutzungsfelder auftun.
                               Rekuperation
                               Batteriebetriebene Fahrzeuge können während des Bremsvorgangs die Bewegungsenergie
                               wieder in elektrische Energie umwandeln. Diesen Vorteil können auch Brennstoffzellen in
                               vielen Anwendungen ausnutzen. Immer dann, wenn eine Brennstoffzelle mit einer Batterie
                               kombiniert wird. Dies ist in den meisten mobilen Anwendungen der Fall, um Leistungsspit-
                               zen mit Strom aus der Batterie abzufangen. Die Funktionsweise ist ähnlich zu der eines Dy-
                               namos. Dabei wird die Funktionsweise des Elektromotors umgedreht und dieser als Gene-
                               rator verwendet. Dadurch wird die kinetische Energie, welche bei Bremsvorgang verloren
                               geht, wieder in elektrische Energie umgewandelt. Bei klassischen Verbrennungsmotor wird
                               die kinetische Energie über die Bremsen hingegen als Wärme an die Umgebung abgegeben.
                               Die Rekuperation ist jedoch keine neue Innovation im Zuge der Entwicklung von Elektroau-
                               tos. Bereits in den 1920er Jahren fuhren elektrische Züge, welche beim Bremsen Energie
                               zurückgewinnen konnten. Dieses Prinzip wird auch heutzutage verwendet und wurde im
                               Laufe der Zeit verbessert. In den moderneren Zügen der Deutschen Bahn wird die Rekupe-
                               ration beispielsweise bereits eingesetzt. In Zügen mit Oberleitung wird die beim Bremsen
                               zurückgewonnene Energie direkt wieder in das Stromnetz eingespeist. In Zügen mit einem
                               Dieselmotor könnte diese Energie hingegen nur dann gespeichert werden, wenn zusätzliche
                               Batterien verbaut werden. Die gespeicherte Energie könnte dann für andere Funktionen,
                               wie das Heizen oder die Beleuchtung verwendet werden. In Batterie- oder Brennstoffzellen-
                               zügen kann die wiedergewonnene Energie über die Batterien direkt wieder für den Antrieb
                               des Zugs eingesetzt werden.

13
     Vgl. ADAC Autotest VW Arteon 2.0 TDI SCR Elegance 4MOTION DSG (7-Gang), Oktober 2017 (S.2).
10 / Engineering & Industrials Special     Februar 22

     Der Markt

                                 Wachstum
                                 Der weltweite Markt an Brennstoffzellen befindet sich unverändert im Wachstum14. Es gab
                                 zwar in den letzten zehn Jahren Perioden mit etwas geringerer Nachfrage und das Tempo
                                 hatte sich seit 2013 etwas verlangsamt. Insgesamt beläuft sich die jährliche Wachstumsrate
                                 (CAGR 2011-2020) der ausgelieferten Einheiten aber auf 14,4%. Aus unserer Sicht ist die
                                 ausgelieferte Leistung aber bemerkenswerter, spiegelt sie doch einen gewissen Technolo-
                                 giefortschritt über die Jahre. So ist die CAGR der ausgelieferten Brennstoffzellen in Mega-
                                 watt in dem betrachteten Zeitraum mit 31,9% noch deutlich höher, als die der Stückzahlen.

                                        Ausgelieferte Brennstoffzellen in               Ausgelieferte Brennstoffzellen in
                                                1.000 Einheiten                                    Megawatt
                                   90                                            1400
                                   80                                            1200
                                   70
                                                                                 1000
                                   60
                                   50                                             800
                                   40                                             600
                                   30                                             400
                                   20
                                                                                  200
                                   10
                                    0                                               0

                                 Quelle: E4Tech/ERM Group, NORD/LB Research

                                 Trotz der Corona-Pandemie konnte die Zahl der ausgelieferten Brennstoffzellen gemessen
                                 in Megawatt 2020 um 10,2% ggü. dem Vorjahr gesteigert werden. 2019 lag die Wachstums-
                                 rate noch bei 48,5%. Damit verlangsamte sich das Wachstum im Zuge der Pandemie zwar
                                 deutlich, im Vergleich zu anderen Industriezweigen brach es aber auch nicht signifikant ein,
                                 sondern blieb unverändert positiv. Die zuvor prognostizierten höheren Wachstumsraten
                                 konnten aber nicht erzielt werden. Entsprechend sollte die Nachfrage mit Ausklingen der
                                 der Pandemie wieder deutlich anziehen. Eine genaue Prognose abzugeben, ist schwierig,
                                 aber wir gehen von einer Steigerung der mittelfristigen Wachstumsrate der ausgelieferten
                                 Megawatt zwischen 20% und 30% aus. Hierbei ist vor allen Dingen die Politik einer der wich-
                                 tigsten Faktoren. In dem Bestreben, die Industrie zu dekarbonisieren, kann und wird die
                                 Brennstoffzelle u.E. einen wertvollen Beitrag liefern. Um das volle Potenzial dieser Technik
                                 auszuschöpfen, muss die globale Akzeptanz der klimafreundlichen Technologien jedoch
                                 noch weiter massiv ausgebaut werden. Dies ist mit einer hohen Ungewissheit verbunden.
                                 Die USA sind zwar unter Präsident Biden wieder in das Pariser Klimaschutzabkommen ein-
                                 getreten und wollen sich stärker dem Klimaschutz verpflichten. Ebenso haben sich Japan
                                 und Südkorea für die Brennstoffzellen-Technik wichtigen ambitionierten Wasserstoffstrate-
                                 gien verpflichtet. Nichtsdestotrotz können sich die Ziele in Bezug auf den Ausbau von Was-
                                 serstoff-Infrastrukturen auch wieder ändern, sobald die politischen Entscheidungsträger
                                 wechseln.

14
     Vgl. The Fuel Cell Industry Review 2020.
11 / Engineering & Industrials Special    Februar 22

                         Verteilung am Weltmarkt
                         Asien ist die mit Abstand größte und am schnellsten wachsende Region, wenn es um den
                         Einsatz von Brennstoffzellen geht. Dies liegt u.a. daran, dass die asiatischen Regionen bereits
                         früh begonnen haben, die Brennstoffzelle zu fördern. Vor allen Dingen Japan, Südkorea und
                         China subventionieren die Brennstoffzellen- und Wasserstoffwirtschaft oder handeln zu-
                         mindest nach langfristigen Strategien, um die Branche aufzubauen.

                                                Ausgelieferte Brennstoffzellen in Megawatt
                                                       nach Kontinent der Nutzung
                                         1000

                                          800

                                          600

                                          400

                                          200

                                            0
                                                2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020f

                                                 Europa          Nordamerika      Asien      Rest der Welt

                         Quelle: E4Tech/ERM Group; NORD/LB Research

                         Verteilung nach Technik-Typ
                         Die Polymerelektrolytmembranbrennstoffzelle (PEMFC) hatte im Jahr 2020 mit ca. 78% den
                         mit Abstand größten Marktanteil unter den unterschiedlichen Brennstoffzellentypen. Die
                         Festoxidbrennstoffzelle (SOFC) kam auf ca. 11,2%, die Phosphorsäurebrennstoffzelle (PAFC)
                         erreichte 10%. Andere Techniken, wie die alkalische (AFC), die Schmelzkarbonat- (MCFC)
                         und Direktmethanolbrennstoffzelle (DMFC) hatten in Summe bisher nur einen Marktanteil
                         von rund einem Prozent.

                                                   Anteil unterschiedlicher Brennstoffzellen-
                                                              Technologien 2020
                                                               10,0%    0,7%

                                                       11,2%

                                                                                   78,1%

                                                PEMFC      SOFC        PAFC    Others (MCFC, DMFC, AFC)

                         Quelle: E4Tech/ERM Group (Schätzung 2020 basierend auf 9M-Daten); NORD/LB Research
12 / Engineering & Industrials Special   Februar 22

                              Die Begründung ist relativ einfach. PEMFC ist vielseitig einsetzbar und hat großes Potenzial
                              für die Massenfertigung. Daher liegt der Fokus in der Entwicklung neuer Anwendungen vor
                              allen Dingen auf der Polymerelektrolytmembranbrennstoffzelle.
                              Zwei Arten vom PEMFC-Typen werden unterschieden. Einerseits die Niedertemperaturzel-
                              len (bis etwa 90°C), die aber empfindlich auf Kohlenmonoxid (CO) reagieren. CO kann den
                              Anoden-Katalysator blockieren und einen Leistungsabfall auslösen. Andererseits die Hoch-
                              temperaturzellen (bis etwa 180°C), die relativ unempfindlich gegenüber CO und anderen
                              Verunreinigungen sind, da der Elektrolyt aus PBI (Polybenzimidazole) besteht. Dieses Mate-
                              rial wird beispielsweise auch für feuerfeste Kleidung eingesetzt. Brennstoffzellen mit sol-
                              chen Elektrolyten haben eine einfachere Wärmeabfuhr, sind kompakter und insgesamt auch
                              billiger zu produzieren.
                              Die PEMFC wird sowohl in den stationären, den Transport- und portablen Anwendungen
                              eingesetzt15.
                              Nachfrage der Anwendungstypen
                              Portable Anwendungen können kleine Batterieladeeinheiten oder auch militärische Geräte
                              sein. Aber auch kleine Generatoren zur Versorgung von Wohnmobilen oder Booten sind un-
                              ter diesem Oberbegriff zusammengefasst. Stationäre Anwendungen sind zum Beispiel Hei-
                              zungen oder Notstromaggregate. Unter die Transport-Anwendungen fallen PEMFC-Systeme
                              in Autos, LKWs, Bussen und Züge.

                                                           Ausgelieferte Brennstoffzellen in
                                                           Megawatt nach Anwendungstyp
                                                  1200
                                                  1000
                                                   800
                                                   600
                                                   400
                                                   200
                                                     0

                                                           Portable        Stationary    Transport

                              Quelle: E4Tech/ERM Group; NORD/LB Research

                              Der in Megawatt gemessene Markt für Transport-Anwendungen ist in den letzten Jahren
                              am stärksten gewachsen. Für den Zeitraum zwischen 2011 und 2020 lag die durchschnittli-
                              che jährliche Wachstumsrate (CAGR) bei 48,9%. Das Wachstum hat dabei natürlich unter
                              der Pandemie gelitten. Wurde 2019 noch ein Anstieg im Jahresvergleich von 57,6% gemes-
                              sen, ging das Plus infolge der COVID-19-Auswirkungen 2020 auf 7,9% zurück. Im Zuge der
                              Erholung der Weltwirtschaft und der mittelfristigen Fokussierung auf CO2-neutrale An-
                              triebskonzepte wird wieder mit einer Rückkehr auf einen deutlich steileren Wachstumspfad
                              bei den Transport-Anwendungen gerechnet. Fortschreitende Tests im LKW-Bereich sowie
                              die ersten Erfolge bei der Vermarktung von Brennstoffzellen-Zügen deuten das Potenzial
                              bereits an. Die Aussichten für Brennstoffzellen-Autos (wie die auf dem H2-Einsatz basieren-
                              den Konzepte von Hyundai und Toyota) sind dagegen aktuell deutlich vager. Aus unserer
                              Sicht ist die Technik aufgrund der Fokussierung der großen europäischen OEMs auf die Bat-
                              terietechnik ins Hintertreffen geraten.

15
  Vgl. TÜV Süd AG, Services zu Brennstoffzellensystemen (2021); https://www.tuvsud.com/de-de/indust-re/wasserstoff-brenn-
stoffzellen-info/brennstoffzellen/pem-brennstoffzelle.
13 / Engineering & Industrials Special   Februar 22

Mögliche Einsatzgebiete für Brennstoffzellen im Transport

                         Der globale CO2-Ausstoß wurde durch die Covid-19-Pandemie 2020 nur temporär gebremst.
                         Die sog. energiebedingten CO2-Emissionen stiegen ersten Schätzungen zufolge mit der zu-
                         nehmenden Erholung der Weltwirtschaft 2021 nach den Lockdown-Unterbrechungen wie-
                         der deutlich an. Unter einer energiebedingten Emission wird das Freisetzen von Treibhaus-
                         gasen und Luftschadstoffen, die durch die Umwandlung (Verbrennen) von fossilen Energie-
                         trägern in z.B. Strom und Wärme entstehen, verstanden.

                                                                Energiebedingte CO 2 -Emissionen weltweit
                                                   40

                                                   35

                                                   30

                                                   25
                                          Mrd. t

                                                   20

                                                   15

                                                   10

                                                    5

                                                    0

                         Quelle: NORD/LB Research

                         Aufgrund der stabilere Datenbasis wird die Verteilung der energiebedingte CO2-Emissionen
                         in 2018 vor Beginn der Pandemie betrachtet. Weltweit wurden 2018 ca. 33,5 Mrd. t energie-
                         bedingte CO2-Emissionen gemessen. Das Gros kam mit 42% aus der Elektrizitäts- und Wär-
                         meerzeugung. Die Industrie war für 19% verantwortlich. Gebäude und andere energieerzeu-
                         gende Industrien verursachten 6% rsp. 5%, kommerzielle und öffentliche Dienstleistungen
                         trugen 3% bei. Auf den Transportsektor entfiel 2018 dabei mit ca. 8 Mrd. t annähernd ein
                         Viertel (25%) dieser Emissionen.

                                                   Globale Verkehrsemissionen an CO2 (2018)
                                                          1,0%      2,2%                   Straße (Personenverkehr)

                                                         10,6%                 45,1%       Straße (Frachtverkehr)

                                                                                           Luftverkehr (81% Passagier-
                                              11,6%                                        /19% Fracht-)
                                                                                           Schifffahrt

                                                                                           Schienenverkehr
                                                        29,4%
                                                                                           Andere (Transport via
                                                                                           Pipeline etc.)
                         Quellen: Our world in data; IEA; ICCT (2019); NORD/LB Research
14 / Engineering & Industrials Special   Februar 22

                              Entsprechend wichtig ist es, die Emissionen in diesem Bereich zu senken. Hierbei können
                              Wasserstoff und Brennstoffzelle eine wichtige Rolle spielen. Im Folgenden werden daher die
                              Einsatzmöglichkeiten der Brennstoffzellentechnik in den Bereichen LKW, Schifffahrt sowie
                              dem Schienen- und Luftverkehr untersucht und Entwicklungen aufgezeigt. Der Individualver-
                              kehr spielt in diesen Überlegungen keine wesentliche Rolle, da hier aktuell andere Antriebs-
                              konzepte favorisiert werden.
                              Güterkraftverkehr
                              Der Güterkraftverkehr ist global für ca. ein Drittel der auf den Faktor Verkehr entfallenden
                              CO2-Emissionen verantwortlich. Ähnlich sind die Zahlen für die EU und für Deutschland.
                              Mehr als 35% der Verkehrsemissionen waren 2018 laut Aussagen des Umweltbundesamtes
                              Nutzfahrzeugen (inkl. Bussen) zuzurechnen. In der EU belief sich der Anteil der LKW und
                              Busse auf 26 %, weitere 13 % wurden darüber hinaus den leichten Nutzfahrzeuge zugerech-
                              net16. Deshalb wird ein Antriebswechsel auch bei Nutzfahrzeugen im Allgemeinen als wich-
                              tiger Hebel angesehen, um die Emissionen des Verkehrssektors insgesamt zu reduzieren.
                              Um die Transformation zu solch einem emissionsärmeren Verkehr zu schaffen, müssen auch
                              die Antriebskonzepte im LKW- bzw. Nutzverkehr überarbeitet werden. Lastwagen müssen
                              ihren CO2-Ausstoß lt. neuer EU-Vorgaben2025 um 15% und bis 2030 um mindestens 30%
                              ggü. 2019 senken.17
                              Zunehmend wahrscheinlich erscheint aktuell ein Mix aus batteriebetriebenen Fahrzeugen,
                              welche eher auf der Kurzstrecke eingesetzt werden oder für kleinere Nutzlasten ausgelegt
                              sind und Brennstoffzellentrucks. Insbesondere im Schwerlasttransporte bzw. bei Fahrten
                              mit langen Lieferstrecken scheint die derzeit verfügbare Batterietechnik noch an Grenzen zu
                              stoßen. Entsprechend wird weiter seitens der OEMs der Einsatz von Brennstoffzellen im
                              LKW erprobt. 18
                              Daimler Trucks plant beispielsweise, ab 2027 die ersten Serienfahrzeuge des „GenH2“ an
                              Kunden auszuliefern. Um einen großen Teil der Wertschöpfungskette abzudecken, hat das
                              Unternehmen zusammen mit der Volvo Group 2021 das Joint Venture cellcentric gegründet,
                              welches eines der weltweit führenden Unternehmen in der Brennstoffzellenherstellung
                              werden soll.19 Daimler Trucks sieht die Batterie als einen wichtigen Baustein bei LKWs, die
                              im Nahverkehr bzw. regional mit einer eher geringeren Reichweite im Einsatz sind. Der
                              eActros, ein LKW, welcher entweder mit einer Batteriekapazität von 315 kWh oder 420 kWh
                              ausgestattet ist, kommt z. Zt. auf eine Reichweite von bis zu 400 km. Produktionsstart dieses
                              E-Trucks war der Oktober 2021. Dem eActros sollen weitere auf Langstrecke ausgelegte Mo-
                              delle folgen. Zuletzt wurde ein Zukunftspaket über die Produktion von „Zero Emission
                              Trucks“ für das Mercedes-Benz Werk Wörth abgeschlossen. Dies beinhaltet die nachhaltige
                              Serienproduktion von batterieelektrischen und Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw. Nach-
                              dem seit April 2021 eine optimierte Version des 2020 vorgestellten Prototyps getestet
                              wurde, erhielt der GenH2 vergangenes Jahr die Straßenzulassung. Der wasserstoffbetrie-
                              bene Brennstoffzellen-Lkw ist für Reichweiten bis zu 1.200 Kilometer ausgelegt, die ohne
                              Tank-Zwischenstopp erreicht werden sollen. Kunden müssen sich jedoch noch gedulden, da
                              erst für 2027 die Auslieferung bzw. die Serienproduktion vom Unternehmen prognostiziert
                              wird. Eingebaut sind zwei 150 kW starke von cellcentric gelieferte Brennstoffzellen. Wird
                              kurzfristigen mehr Strom benötigt (z.B. Beschleunigung im Überholvorgang o.ä.), sorgt eine
                              70 kWh große Hochvolt-Batterie für Unterstützung und hilft dem Gesamtsystem zu einer

16
   Vgl. Destatis „Straßenverkehr: EU-weite CO2--Kohlendioxid--Emissionen seit 1990 um 24 % gestiegen“.
17
   Vgl. Rat der EU PI (19.02.2019) „Schwere Nutzfahrzeuge: Ratsvorsitz und Parlament einigen sich auf erste europäische CO2‑Emis-
sionsreduktionsziele für Lkw“.
18
   Vgl. MAN Truck & Bus-Artikel (26.05.2021): „Wasserstoff meets LKW – MAN baut erste Prototypen“.
19
   Vgl. DB Group PI (01.03.2021): „Daimler Truck AG und Volvo Group gründen Brennstoffzellen-Joint Venture cellcentric“.
15 / Engineering & Industrials Special   Februar 22

                              Leistung von ca. 400 kW.20 Mittels Nutzung von flüssigem Wasserstoff, der eine höhere Ener-
                              giedichte als gasförmiger Wasserstoff hat, wird eine ähnlich hohe Leistungsfähigkeit wie
                              beim konventionellen Diesel-LKW erreicht. Daimler kooperiert zudem beim Thema Wasser-
                              stoff und Betankung mit Linde. Entwickelt wird ein optimiertes System, das u.a. höheren
                              Druck nutzt. Somit soll das Tanken von Wasserstoff vereinfacht und sicherer werden. 21
                              Während der Weltmarktführer Daimler im Verbund mit anderen Unternehmen, wie Iveco
                              und Volvo sowie den Energiekonzerne Shell, OMV und Total somit eine Doppelstrategie
                              fährt, setzt die VW-Nutzfahrzeugholding Traton mit Marken wie MAN und Scania verstärkt
                              auf die Batterielösung. Untermauert wurde dies jüngst durch die Ergebnisse einer Machbar-
                              keitsstudie.22 Untersucht wurde der Einsatz von batteriebetriebenen MAN-LKW im Einsatz
                              für die REWE Group. 2020 hatte MAN noch eine Roadmap vorgestellt, in der die verschie-
                              denen Wasserstoff-basierten Konzepte ebenfalls enthalten waren.23
                              Der Stellantis-PSA-Konzern (Peugeot) sowie der französische Konkurrent Renault entwickeln
                              dagegen weiter Konzepte für den Gebrauch von Brennstoffzellen für kleine LKW-Klassen.24
                              In Asien wird vorrangig auf das Know-how japanischer Hersteller zurückgegriffen. In China
                              haben FAW und Dongfeng Trucks sowie die GAC Group (Guangzhou Automobile Group), die
                              BAIC Group (Beijing Automotive Group) und SinoHytec zusammen mit Toyota das Joint Ven-
                              ture „United Fuel Cells Systems R&D“ gegründet, welches Brennstoffzellen für den Gebrauch
                              in Nutzfahrzeugen entwickelt.25 Isuzu, gemessen am Umsatz im Jahr 2019 weltweit der
                              zehntgrößte Truck-Hersteller, testet unterdessen Brennstoffzellen von Honda. Der US-ame-
                              rikanische Konzern Paccar arbeitet ebenfalls mit Toyota zusammen.
                              Es fällt auf, dass viele Unternehmen Joint Ventures eingehen. Angesichts der Kosten, die in
                              Zukunft auf die Branche zukommen, macht das Eingehen von Allianzen durchaus Sinn.
                              Neben den bekannten OEM investiert zum Beispiel auch Bosch als weltgrößter Automobil-
                              zulieferer in die Brennstoffzelle. Seit Jahren wird mit dem US-Startup Nikola Motors zusam-
                              mengearbeitet. Nikola will bereits 2023 seinen „Nikola Tre“ auf den Markt bringen, der mit
                              Brennstoffzellentechnik von Bosch ausgestattet sein wird. Bosch liefert neben vollständig
                              montierten Brennstoffzellen-Einheiten auch nur Komponenten wie Stack, Luftkompressor
                              mit Leistungselektronik sowie Steuereinheiten mit Sensoren an Nikola, das die Komponen-
                              ten in seinem US-Werk selbst zusammenbaut. Die Leistung der Module bewegt sich zwi-
                              schen 200 kW und 300 kW. Die erste Ausbaustufe ist für den Regionalverkehr konzipiert.
                              Der „Nikola Tre“ soll eine Reichweite von 500 Meilen rsp. 800 km haben. Folgen soll dann
                              ein Langstreckenmodell, der „Nikola Two“, das über eine Reichweite von 900 Meilen (ca.
                              1.450 km) verfügen soll.26 Darüber hinaus kooperiert Nikola mit Iveco und erhält somit den
                              Zugriff auf ein umfassendes Service-Netz. Ähnlich wie Daimler wird aber eine zweigleisige
                              Strategie gefahren, die sowohl eine Batterie- als auch eine Brennstoffzellenlösung beinhal-
                              tet.27
                              Um den Güterverkehr auf der Straße zu dekarbonisieren, werden aktuell verschiedene
                              Wege getestet. Neben den LKW-Prototypen mit Brennstoffzelle oder Batterie laufen noch
                              Versuche mit Oberleitungen. Näher an der konventionellen Motorentechnik sind e-fuels.

20
   Vgl. Roland Dold „Let’s talk: GenH2 Truck Technology“ (20.09.2021).
21
   Vgl. Linde PI (10.12.2020) „Linde and Daimler Truck to Collaborate on Hydrogen Refueling Technology”.
22
   Vgl. Fraunhofer ISI (11.11.2021) „Lieferverkehr mit Batterie-Lkw: Machbarkeit 2021 Fallbeispiel REWE Group - Region Nordost”
23
   Vgl. MAN Truck and Bus PI (19.10.2020) „Zero-Emission Roadmap vorgestellt”.
24
   Vgl. www.hyvia.eu sowie www.stellantis.com/en/technology/hydrogen-fuel-cell-technology.
25
   Vgl. Toyota Motor Corporation. Pressemitteilung: „Six companies establish R&D Joint Venture for commercial vehicle fuel cell
systems for the creation of a hydrogen-based society in China”.
26
   Vgl. Werksangaben Nikola Motors (https://nikolamotor.com/two-fcev).
27
   Vgl. CNH Industrials PI (15.09.2021) „IVECO and Nikola inaugurate joint-venture manufacturing facility for electric heavy-duty
trucks in Ulm, Germany”.
16 / Engineering & Industrials Special     Februar 22

                               Alle vier Alternativen zum reinen Verbrenner (bisheriger Standard) senken die CO2-Emissio-
                               nen. Bis auf die Batterie haben alle diskutierten Konzepte große Reichweite und Beladungs-
                               möglichkeiten, wie der Verbrenner, wobei das Oberleitungssystem natürlich einer anderen
                               Abhängigkeit, dem Vorhandensein der Leitung, unterliegt.
                               Entscheidend wird aber die Entwicklung der Kosten in den nächsten Jahren sein, wie eine
                               Studie der Strategieberatung von PwC spiegelt. 28 Das Ergebnis des Technikvergleichs zeigt,
                               dass der Verbrenner bei einer Leistung des LKWs von 300 kW bezüglich der Investitionskos-
                               ten im Jahr 2020 eindeutig noch die günstigste Technik war. Die höchsten Kosten entfielen
                               auf den Brennstoffzellenantrieb (Leistung von 200 kW). Dahinter folgte der batterieelektri-
                               sche Antrieb mit Investitionen von 192.000 EUR. Unter der Annahme erhöhter Stückzahlen
                               und veränderter Nachfragemuster werden die Kosten bis ins Jahr 2030 für die beiden letzt-
                               genannten Varianten deutlich fallen.

                                                             Kosten für Technologie in 1.000 EUR
                                         250                                                 235

                                                                               192
                                         200
                                                                                  166            161
                                                                                     154            145
                                         150
                                                                                                            107
                                                                                                               95 89
                                         100      79 83 88       79 83 88

                                          50

                                            0

                                                                        2020    2025e   2030e

                               Quelle: Strategy& (2020), NORD/LB Research

                               Der Vergleich der Gesamtbetriebskosten (Total Cost of Ownership (TCO))29 lässt mittelfristig
                               ebenfalls den konventionellen Dieselmotor im Bereich der Schwerlastkraftwagen (Heavy
                               Duty Trucks30) unverändert als günstigste Technikform erscheinen.
                               Bei der aufgestellten Modellierung der Kostenverhältnisse pro gefahrenem Kilometer für
                               das Jahr 2030 wurde von einer jährlichen Fahrleistung von 100.000 km und einer Haltedauer
                               von vier Jahren ausgegangen. Dabei fielen nur 0,57 EUR für LKW an, die mit herkömmlichen
                               Dieseltreibstoff aus fossilen Quellen betrieben werden. Batterieelektrische LKW lagen mit
                               0,68 EUR/km sogar leicht hinter der auf Wasserstoff basierenden Brennstoffzellen-Version,
                               welche auf 0,65 EUR/km kam. Deutlich fiel hingegen die Version ab, die den Einsatz eines
                               synthetischen Kraftstoffes unterstellte (0,95 EUR/km). Zu beachten sind jedoch u.a. die zu
                               dem Zeitpunkt der Betrachtung unterstellten sehr geringen Energiekosten. Aktuell (Stand:
                               Februar 2022) würde selbst der als „worst case“ titulierte Fall eher billig erscheinen. Insge-
                               samt verändert sich zwar auf den ersten Blick wenig an der Reihenfolge, bei steigenden
                               Treibstoffkosten –von denen allein schon aufgrund der prognostizierten Steuer- und CO2-
                               Aufschläge31 auszugehen ist- verringern sich jedoch die Differenzen weiter.

28
   Vgl. Strategy& Studie: “Making zero-emission trucking a reality - Truck Study 2020: Routes to decarbonizing commercial vehicles”.
29
   TCO beinhalten Energiekosten, Wartungskosten und Abschreibungen auf das Fahrzeug.
30
   HDT wird je nach Land und Kontinent etwas unterschiedlich definiert. In Europa werden darunter LKW ab 16t gefasst.
31
   Vgl. ADAC (23.12.2021) „CO₂-Steuer – warum manche Autos nun mehr kosten“.
17 / Engineering & Industrials Special     Februar 22

                                Die Berechnung macht aber bereits die hohe Abhängigkeit von der Entwicklung der einzel-
                                nen Energiepreise deutlich. Aus unserer Sicht werden vermutlich eher die Preise für das Kilo
                                Wasserstoff sowie die kWh-Preise mit dem Ausbau der notwendigen Infrastrukturen und im
                                Laufe der sog. Energiewende fallen. Dem stehen steigende Preise für fossile Energieträger
                                gegenüber. Auf ökonomischer Basis macht der Einsatz von e-fuels zunächst wenig Sinn.
                                Diese synthetischen Treibstoffe sind im Vergleich zu fossilen derzeit noch deutlich teurer.
                                Ihre Herstellung benötigt relativ viel Strom und erscheint dadurch auf den ersten Blick inef-
                                fizient. Trotzdem bleibt es mittelfristig notwendig, Brücken zu bauen und Übergangstechnik
                                zu nutzen, da die Implementierung neuer Antriebskonzepte vor allem Zeit benötigt. Der
                                ACEA wies für 2020 einen LKW-Bestand (ab 3,5 t) von 6,23 Mio. Fahrzeugen für die EU aus.
                                Zusätzliche 0,16 Mio. entfielen auf die Schweiz, Island und Norwegen. Werden noch die Be-
                                stände der Türkei (0,93 Mio.), Großbritanniens (0,73 Mio.) und insbesondere Russlands
                                (3,77 Mio.) hinzu gerechnet, summiert sich der Gesamtfuhrpark auf 11,82 Mio. Fahrzeuge32.
                                Hinzu kommt noch ein Bus-Bestand von 1,41 Mio. Fahrzeugen. Europaweit lag das durch-
                                schnittliche (!) Nutzungsalter der LKW-Flotte bei 13,9 Jahren.

                                                        Total Cost of Ownership (TCO) in EUR-ct/km 2030
                                        140                                     126                                                         119
                                        120
                                                                           95
                                        100                           81                           79                   82             79
                                                            73
                                         80                                                61 68                   65
                                                    52 57                                                     55                  55
                                         60
                                         40
                                         20
                                          0

                                                                      Best Case           Base Case       Worst Case

                                      Energiekosten     Verbrenner              eFuels             Batterie        Brennstoffzelle     Oberleitung
                                       Worst Case           1,4 €/l             3,2 €/l         39 ct/kWh             10,1 €/kg        95 ct/kWh
                                        Base Case           1,1 €/l             2,3 €/l         29 ct/kWh             6,8 €/kg         57 ct/kWh
                                        Best Case           0,9 €/l             1,8 €/l         23 ct/kWh             4,8 €/kg         34 ct/kWh

                                Quelle: Strategy& (2020), NORD/LB Research

                                Der Gebrauch von Oberleitung im Straßennetz ist keine sinnvolle Alternative, da die Infra-
                                strukturkosten sehr hoch sind. Im Idealfall könnten die Gesamtbetriebskosten (TCO) im Be-
                                reich der herkömmlichen Verbrenner liegen. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass sich die
                                Kosten deutlich über denen der Batterie und der Brennstoffzelle bewegen werden.
                                Um eine Entwicklung zur Elektrifizierung der Fahrzeugflotten zu beschleunigen, wird es ge-
                                nerell notwendig sein, die Kosten für Strom zu senken. Die Brennstoffzellen-Technik ist da-
                                bei abhängig vom Preis für aus erneuerbaren Energien gewonnenen „grünen“ Wasserstoff.
                                Wenn dieser in der Brennstoffzelle genutzt werden kann, ist die Technik entlang der gesam-
                                ten Prozesskette emissionsfrei. Der Kostenvergleich zeigt, dass die Brennstoffzellentechnik
                                im Straßengüterverkehr wettbewerbsfähig ist. Ähnlich wie bei der Batterietechnik hängt je-
                                doch sehr viel vom Aufbau der notwendigen (Tankstellen-) Infrastruktur ab.

32
     Vgl. ACEA „Vehicles in use Europe 2022” (January 2022).
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