Visual Storytelling im Business - Leseprobe - Pia Kleine Wieskamp
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Leseprobe zu Visual Storytelling im Business von Pia Kleine Wieskamp Print-ISBN: 978-3-446-45437-8 E-Book-ISBN: 978-3-446-45391-3 Weitere Informationen und Bestellungen unter http://www.hanser-fachbuch.de/978-3-446-45437-8 sowie im Buchhandel © Carl Hanser Verlag, München
Inhalt 6 Inhalt Definition von Storytelling . . . . . . . 36 Definition von Visual Storytelling 38 Wirkung von Geschichten . . . . . . . . 42 2.3 Hören, sehen, verstehen: Bilder 1 Startschuss: Aller Anfang ist schwer 14 entstehen im Kopf . . . . . . . . . . . . . . 48 Schreiben statt Visualisieren? . . . . . . . . 16 Visuals im Neuromarketing . . . . . . 49 Einführung, Ansichten, Praxis, Ausblicke 16 2.4 Vorteile beim Einsatz visueller Was heißt hier Business? Sie sind Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 gemeint! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Abgrenzung von Storytelling zu Die Zeichen des Buches nutzen . . . 18 Visual Storytelling . . . . . . . . . . . . . . 56 Die Buch-„Macherinnen“ . . . . . . . . . . . . . 20 2.5 Trend zum Visuellen . . . . . . . . . . . . 56 Autorin und Storytellerin: ExpertenInterview: Stock- Pia Kleine Wieskamp . . . . . . . . . . . . 20 Fotografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Grafikdesignerin Regina Steiner . . 22 Wir leben im „Age of Visuality“ . . . 63 Website und mehr zum Buch . . . . . . . . . 23 Zunahme visueller Elemente . . . . . 65 Jeder Mensch ist ein Visual Creator 69 2 Mit den Augen kommunizieren . . . . . . 24 2.6 Best Practice: Jeden Tag Wer war zuerst da: Bilder oder eine neue Geschichte . . . . . . . . . . . . 70 Laute? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.1 Der Mensch als Augentier . . . . . . . . 28 3 Kraft und Macht von Visuals . . . . . . . . . 72 2.2 Das Erzählen ist ein Teil unseres 3.1 Bilder sagen mehr als Worte . . . . . 74 Wesens und so alt wie die Mensch- 3.2 Kraftvolle Bilder . . . . . . . . . . . . . . . . 78 heit selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Inhalt 7 ExpertenInterview: Die Kraft der 4.2 Kontrast und Spannung . . . . . . . . . 129 Bilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Sichtweisen und Perspektive . . . . . 133 3.3 Visuals wecken Emotionen . . . . . . . 85 Best Practice: Ungewöhnliche 3.4 Ist ein Bild gleich ein Bild? . . . . . . . 87 Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 Unterschiedliche Bildtypen . . . . . . . 88 4.3 Erfolgsfaktoren einer starken ExpertenInterview: Bilder wirken Bildsprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 sehr stark und ganz anders als Individualität: Zeigen Sie Typen . . 135 Texte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Diversität: Zeigen Sie Vielfalt . . . . . 137 3.5 Best Practice: Tue etwas Gutes und Wiedererkennbarkeit mit den zeige es . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 richtigen Key Visuals . . . . . . . . . . . . 138 Zeigen Sie Perspektiven . . . . . . . . . . 139 4 Bildsprache: Mit Bildern und Visuals sprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 Überraschen, auffallen und herausstechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 Warum lesen, wenn es Bilder gibt? 98 4.4 Tipps, um eine eigene Bildsprache 4.1 Elemente des Visual Storytellings 101 aufzubauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 Bildsprache als eigener Bildstil . . . 101 Erarbeiten Sie einen Styleguide . . . 145 Basiselemente der Bildsprache . . . 104 Moodboards als kleine Styleguide- Psychologie und die Verwendung Variante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 von Farben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Tools, mit denen Visuals sowie Authentische Charaktere . . . . . . . . 125 Moodboards erstellt werden . . . . . 156 Für die Zielgruppe interessante 4.5 Bildsprache als Teil der Corporate Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Identity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
Inhalt 8 ExpertenInterview: Verändertes 5.4 Der Vater der Emojis: Die Bild- visuelles Erscheinungsbild bei Yello 159 sprache des Künstlers Keith Haring 193 4.6 Best Practice: Mehr als du denkst . . 165 Vorläufer der Emojis . . . . . . . . . . . . 196 Harings Bild-Alphabet . . . . . . . . . . . 198 5 Visuals als wiederentdeckte Verwendung von Archetypen . . . . . 199 Zeichensprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 ExpertenInterview: 5.1 Zeichen ist nicht gleich Zeichen . . . 171 Zeichen setzende Florentinische Verstehen der Bildzeichen . . . . . . . 172 Graffiti-Künstler . . . . . . . . . . . . . . . . 200 5.2 Kleiner Ausflug in die Zeichen- 5.5 Best Practice: CLET als Vorreiter theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 zur Neu-Interpretation von Pikto- Semiotik, die Lehre der Zeichen . . . 176 grammen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Mit Piktogrammen sprechen . . . . . 178 6 Geschichtenerzählen ist . . . . . . . . . . . . . 206 Semiotisches Dreieck . . . . . . . . . . . . 179 6.1 Was ist eine Geschichte? . . . . . . . . . 208 Syntaktik, Semantik, Pragmatik . . 180 „Geschichten als sozialer Aus- Drei Dimensionen eines Zeichens 180 tausch“ der Marke GoPro . . . . . . . . 208 Experten-Interview: Mit Zeichen Grundzutaten und Definition und Bildern international von Storytelling . . . . . . . . . . . . . . . . 209 kommunizieren . . . . . . . . . . . . . . . . 182 Was macht gute Geschichten aus? 210 5.3 Jetztzeit: Mit Emojis sprechen . . . . 189 Wiederkehrende Ur-Themen aller Emojis als Zeichen der Bildsprache 189 Geschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Emojis als universelle Bildsprache 190 Siegeszug des Storytellings . . . . . . . 213 AR-Emojis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
Inhalt 9 6.2 Mustervorlagen als Basis für Mustervorlagen sind hilfreich, Geschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 jedoch kein Zwang . . . . . . . . . . . . . . 246 Muster als Grundschemata 6.4 Erweitertes Geschichtenerzählen . . 247 von Geschichten . . . . . . . . . . . . . . . . 216 Vom Storytelling zum Storyscaping 247 Aristoteles als Vorreiter des Storydoing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Storytellings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 Storyliving . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 Der Fünfakter oder: „Die Fünf Experimentelles Pop-up Storytelling Grundzutaten einer gut funktio- auf der SXSW 2018 . . . . . . . . . . . . . . 251 nierenden Story“ . . . . . . . . . . . . . . . 218 Storyscaping . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 Erweiterung der Grundelemente einer Story . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 ExpertenInterview: Sketchnotes und Graphic Recording . . . . . . . . . . 254 Joseph Campbells Heldenreise . . . . 223 6.5 Storytelling ist viel mehr als ein Voglers Adaption der Heldenreise 224 Tool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Storytelling-Vorlage: Muster- Geschichten beeinflussen die geschichten à la Pixar . . . . . . . . . . . 230 Haltung und auch Handlung von Sieben Plots (Urgeschichten) nach Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Christopher Booker . . . . . . . . . . . . . 232 Geschichten bewegen zu Hand- 6.3 Mit Archetypen Emotionen lungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 erzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Wie sich Storytelling auf das Zwölf Archetypen . . . . . . . . . . . . . . 236 Verhalten auswirkt . . . . . . . . . . . . . 262 Wandel der Archetypen . . . . . . . . . 241 6.6 Warum Sie sich für Storytelling Heldenreise bei Airbnb . . . . . . . . . . 243 entscheiden sollten . . . . . . . . . . . . . 266
Inhalt 10 Die gute Nachricht: Wir sind alle ExpertenInterview: Erstellung der Storyteller! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 Visuals für dieses Buch . . . . . . . . . . 320 6.7 Best Practice: Mit Storyacting 7.5 Erfolgreich mit Design-Thinking . . 329 Anlässe inszenieren, über die erzählt wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 8 Formate und Tools visueller Geschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 7 Baukasten: Mit Design-Thinking 8.1 Analog versus digital, multimedial Geschichten entwickeln . . . . . . . . . . . . . 270 oder transmedial . . . . . . . . . . . . . . . 332 7.1 Was hat Design Thinking mit Digitales visuelles Storytelling . . . . 333 Storytelling zu tun? . . . . . . . . . . . . . 274 Lineares Erzählen . . . . . . . . . . . . . . 334 7.2 Was ist Design Thinking? . . . . . . . . 274 Interaktives Erzählen . . . . . . . . . . . 334 7.3 Der Design-Thinking-Prozess . . . . . 278 Transmediales Storytelling . . . . . . . 334 ExpertenInterview: Crossmediales Storytelling . . . . . . . 335 Design Thinking . . . . . . . . . . . . . . . 280 8.2 Multimediales Storytelling . . . . . . . 336 7.4 Sechs Schritte im Design-Thinking- Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Tools, um Multimedia-Storys zu erstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Schritt 1: Verstehen (Empathize) . . 287 8.3 Formate, um mit Visuals Schritt 2: Beobachten (Observe) . . . 290 Geschichten zu erzählen . . . . . . . . . 341 Schritt 3: Synthese (Point of View) 305 Erzählen mit Bildern . . . . . . . . . . . . 341 Schritt 4: Ideen finden und ent- Erzählen mit Fotografien . . . . . . . . 344 wickeln (Ideate) . . . . . . . . . . . . . . . . 309 Experten-Interview: Geschichten Schritt 5: Prototyping . . . . . . . . . . . 315 mit Fotografien erzählen . . . . . . . . . 346 Schritt 6: Testen . . . . . . . . . . . . . . . . 319
Inhalt 11 Mehr als ein Einzeldbild: Fotoserie, 8.7 Live-Stories mit Instagram, Bildstrecke, Fotoreihe . . . . . . . . . . . 351 Snapchat, Facebook und Co. . . . . . . 380 Fotocomics und Memes . . . . . . . . . 354 8.8 Tools zur Erstellung von Visuals . . 382 Collagen aus Bildern . . . . . . . . . . . . 355 ExpertenInterview: Storytelling- Animierte Bilder: Memes . . . . . . . . 357 Tools . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 Animierte Fotografien: GIFs . . . . . . 358 8.9 Drei Dinge, die Visual Storytelling benötigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 Erzählen mit Illustrationen . . . . . . . 359 Best Practice: Humor verleiht 9 Plattformen und Trends . . . . . . . . . . . . 388 Flüüügel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 9.1 Geschichten im World Wide Web . . 390 8.4 Sketchnotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 Bilder sind einzigartig und not- Experten-Interview: Sketchnotes . . 364 wendig in der Kommunikation . . . 392 8.5 Infografiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Visual Social Storytelling . . . . . . . . . 393 Wie Infografiken aufgebaut werden 368 Politiker als Vorreiter des Visual Tools, um Infografiken zu erstellen 368 Storytellings im Business . . . . . . . . 395 Bewegtbild: Videos, Filme, Snackable Storytelling . . . . . . . . . . 402 Animationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 9.2 Bekannte Online-Plattformen und Erklär- oder How-to-Videos . . . . . . 370 -Kanäle für Visual Content . . . . . . . 406 ExpertenInterview: Erklärende Pinterest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 visuelle Geschichten . . . . . . . . . . . . 371 Snapchat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 8.6 Animierte Videos . . . . . . . . . . . . . . . 377 Instagram . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 Immersive Videos . . . . . . . . . . . . . . . 378 Twitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 Mixed Media . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 WhatsApp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414
Inhalt 12 Best Practice: Ich, Eisner . . . . . . . . 415 10.3 Präsentationen mit Visuals . . . . . . . 442 Facebook . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 Experten-Interview: Mit Visual Video-Pattformen . . . . . . . . . . . . . . . 418 Storytelling zur überzeugenden Business-Präsentation . . . . . . . . . . 444 ExpertenInterview: YouTuber . . . . 419 10.4 Geschichten erzählen statt Best Practice mit den PowerPoint . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 TechnikHelden . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 PowerPoints sind nicht nur 9.3 Trends: Storytelling der Zukunft . . 424 langweilig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 450 ExpertenInterview: Neue Möglich- Tipps zum Storytelling mit keiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 PowerPoint . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 Holografisches Storytelling . . . . . . . 428 Best Practice: Lernen von Best Practice: Visuelle Zeitzeug- PowerPoint-Experten . . . . . . . . . . . . 453 nisse Holocaust-Überlebender . . . . 429 10.5 Präsentationstools jenseits von Best Practice: Digitale interaktive PowerPoint . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 Welten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 Präsentieren mit Zoom-Faktor: 9.4 Ein Tool und eine Plattform Prezi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455 machen noch keine Story . . . . . . . . 431 Bildlastiges Präsentieren mit Haiku Deck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 10 Storytelling im Business . . . . . . . . . . . . . 432 Präsentieren mit PowToon . . . . . . . 457 10.1 Mit den richtigen Emotionen die entsprechende Zielgruppe 10.6 Mut zur Kreativität . . . . . . . . . . . . . 458 ansprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 10.2 Story-Ideen als Gegenargument zu „Ich habe nichts zu erzählen“ . . . . 437
Inhalt 13 11 Service für Visual Storyteller . . . . . . . . . 460 11.8 Recht und Datenschutz . . . . . . . . . . 472 11.1 Grundsätzliche Fragen bei der Model Release . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 Erstellung einer Core-Story . . . . . . . 461 Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 11.2 Checklisten Stakeholder . . . . . . . . . 462 Creative Commons Lizenz- 11.3 Analyse der Persona (Zielgruppe) 464 modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 Ablaufplan einer Persona- 11.9 Suchmaschinenoptimierung bei Erstellung in vier Schritten . . . . . . . 464 Visuals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 Hilfreiche Tools zur Erstellung SEO-Optimierung für Videos . . . . . 478 einer Persona . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 11.4 Checkliste Storyaufbau . . . . . . . . . . 467 12 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 11.5 Tools zur Erstellung und Bearbei- 13 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 tung von Videos . . . . . . . . . . . . . . . . 468 11.6 Weitere hilfreiche Tools . . . . . . . . . 469 11.7 Zusammenarbeit mit Dienst- leistern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470 Fotografen/Videografen briefen . . . 471
01 Startschuss: Aller Anfang ist schwer
1 Startschuss: Aller Anfang ist schwer 15 Vor einiger Zeit traf ich in Berlin den Kommuni- Kunst für das Lehramt. Noch heute fasziniert kations- und Storytelling-Experten Prof. Dr. Die- mich Kunst: Ich fotografiere leidenschaftlich ter Georg Adlmaier-Herbst. Ich erzählte ihm gerne und erschaffe Skulpturen aus Stein, von meinem neuen Buchprojekt und er fragte Holz, Papier und Bronze. mich: „Ganz ehrlich Pia, meinst du, dass wir • Zudem werden in unserer Zeit von mobiler, noch ein Buch zu Visual Storytelling benötigen?“ schneller und digitaler Kommunikation immer Ich ging kurz in mich und erzählte Dieter an- mehr visuelle Elemente verwendet. hand von fünf Punkten – also je Finger einer • Drittens wird Kommunikation und Erzählen Hand ein Argument –, warum mir dieses Buch- immer internationaler. Da Bilder oft keiner projekt am Herzen liegt: Übersetzung bedürfen und außerhalb von • Zunächst einmal bin ich persönlich eher ein Text und Sprache stehen, sind sie weltweit ein- visueller Mensch. Ich merke mir selten Buch- setzbar. titel, dagegen die Covergestaltung schon. Da- • Viertens lösen Bilder schneller und oft unbe- her wählte ich als einen meiner Studiengänge wusst Emotionen aus: Emotionen, die viel um-
1 Startschuss: Aller Anfang ist schwer 16 ständlicher in Worten (Text) auszudrücken nicht allen Erwartungen zu entsprechen und sind. dementsprechend auch angreifbar zu sein, abge- • Als letzten Punkt möchte ich aufführen, dass baut, und so einige Visuals in Form von Infogra- visuelle Elemente sowie visuelle Sprache (Bild- fiken, Grafiken und Fotografien für dieses Buch sprache) zur aktuell verwendeten Kommuni- produziert. kation auf Social-Media-Kanälen passen. Nichtsdestotrotz kenne ich meine Grenzen und habe mir mit der Grafikdesignerin Regina Steiner von steiner2design1 eine kompetente und ver- sierte Partnerin an meine Seite genommen, um Schreiben statt verschiedene Aspekte von Visual Storytelling von Visualisieren? einer Expertin visualisieren zu lassen. Es ist schon ein wenig widersprüchlich, dass ich ein Buch über Visual Storytelling schreibe, an- Einführung, Ansichten, statt es rein visuell zu gestalten. Das liegt unter anderem daran, dass Menschen es oft mit dem Praxis, Ausblicke Alter verlernen, rein visuell zu lesen, zu lernen oder zu arbeiten. Nicht umsonst stellte Pablo Pi- Dieses Buch ist eine Einführung in das Thema casso, einer der renommiertesten Künstler des Storytelling mit dem Schwerpunkt Visual Story- 20. Jahrhunderts, fest: „Jedes Kind ist ein Künst- telling und gibt zugleich praktische Hilfestellun- ler. Das Problem ist nur, wie man ein Künstler gen, um Geschichten visuell beziehungsweise vi- bleibt, wenn man größer wird.“ Ich glaube, dass suell unterstützt zu erzählen. einige Leser nachvollziehen können, was Picasso meinte, wenn wir uns erinnern, wie unbedarft Kinder ihre „Kunstwerke“ der Öffentlichkeit 1 Unternehmenswebsite von Regina Steiner: https:// präsentieren. Mittlerweile habe ich die Angst, www.steiner2design.de
Einführung, Ansichten, Praxis, Ausblicke 17 Ich gehe auf visuelle Kommunikation und • Blub, Florentiner Graffiti-Künstler Bildsprache ein, zeige auf, wie sie funktioniert, • Nikolai Bockholt, Google erkläre den Fahrplan zur Erstellung einer Story • Sven Doelle, Principal Business Development und beschreibe visuelle Plattformen, Medien Manager bei Adobe und Werkzeuge. • Renate Eck, Gründerin und Geschäftsführerin Im Praxisteil zeige ich Ihnen Visual Storytel- Eck Marketing & Referenten Matching ling im Einsatz, Visual Storytelling im Unterneh- • Murat Erimel, Head of Marketing, Adobe Stock men, die Grundbausteine einer Geschichte, Info- DACH grafiken und Data-Storytelling, Fotostorys sowie • Dennis Fischer, Innovationsberatung & Design die Entwicklung einer Visual Story. Zudem gibt Thinking, Gründer von Methodworks es im Servicebereich jede Menge Checklisten, • Kai Gebel, Fotograf, Videoproduzent und De- Muster und Arbeitsblätter, um eigene Storys zu signer, Gründer von two little designers erstellen. • Max Jörg, Erklär-Videos, COO der how2 AG Auch in diesem Buch kommen, wie in meinem • Stephanie Kowalski, Sketchnotes Buch „Storytelling – Digital, Multimedial, Social“, • Marinka Masséus, Fotografin Experten aus der Praxis zu Wort: In Interviews • Regina Steiner, Diplom-Grafikdesignerin und erzählen sie über ihre Definition von Visual Art Director Storytelling und verraten den ein oder anderen • Claudia Tillmann, Leiterin Brand & Customer Praxistipp. Experience bei Yello • Milan Yasserstein, YouTuber Liste der Experten: • Prof. Dr. Dieter Georg Adlmaier-Herbst, inter- nationaler Speaker, Berater, Autor und Dozent für Markenführung und Kommunikation u. a. an der Universität der Künste Berlin • Ralf Appelt, Diplom-Pädagoge, Lehrer und Vi- sualisierungstrainer
1 Startschuss: Aller Anfang ist schwer 18 Was heißt hier Business? Ihr Studium, Ihre Bewerbung neue Möglichkei- ten suchen oder es Ihnen einfach nur Spaß Sie sind gemeint! macht mit visuellen Elementen zu kommunizie- ren. Vielleicht möchten Sie ja Ihr Pinterest-Board mit Grafiken, Fotografien und animierten Videos Storytelling erobert unsere Unternehmen! Gute interessanter gestalten oder die Webseite Ihres Geschichten hatten schon immer ihren Reiz. Sportvereins oder Inhalte innerhalb Ihrer Kom- Dieses Wissen machen sich nun Unternehmen munikations-, Marketing- bzw. Social-Media- zunutze. Statt mit Fakten zu erschlagen oder mit Abteilung. unglaubwürdiger Werbung zu langweilen, we- cken sie das Interesse und die Emotionen des Publikums, um langfristige Kundenbindungen zu Die Zeichen des Buches nutzen erreichen. Der Titel des Buches lautet „Visual Storytelling In diesem Buch arbeiten wir mit visuellen Hin- im Business“. Aber was heißt hier Business? Wer weisen. Um Ihnen den Umgang mit den visuel- kann das Buch verwenden? Und für welche Ziel- len Icons zu erleichtern, haben wir diese hier zu- gruppe ist es gedacht? sammengefasst: Wenn Sie Fragen haben, gerne experimentie- 23 ren und mittels Visuals Ihre Botschaften direkt in die Herzen und Köpfe platzieren möchten, 2 dann haben Sie zum richtigen Buch gegriffen. 3 Zunächst einmal kann jeder das Buch lesen, den der bewusste Einsatz von Visuals in der Kommunikation mit anderen interessiert. Dabei ist es egal, ob Sie in einer PR-Agentur, einer Or- ganisation, einem Unternehmen arbeiten oder für sich als Freelancer, für Ihren privaten Blog,
Was heißt hier Business? Sie sind gemeint! 19 Dieses Icon verweist auf Mit diesem Icon wird auf Informationen mit diesem ein Experten-Interview mit Videos, Animationen und Icon stehen auf der Website Einblicken zu praxisnahen GIFs verwiesen, zu denen zum Buch unter https://story- Themen. Sie entweder über den in der baukasten.de/storytelling- Fußnote hinterlegten Link downloads4 frei zur Die Info-Boxen enthalten gelangen oder welche Sie auf Verfügung. grundlegendes Hintergrund- dem Story-Baukasten- wissen zum jeweiligen YouTube-Kanal2 finden. Dort Mit diesem Icon werden werden auch nach der aktuel- Hinweise auf Templates Thema. len Schreibphase des Buches sowie diverse Präsentationen Praxisbeispiele sowie interes- rund um das Thema Story- Beispiele aus der Praxis sante Interviews fortlaufend telling angezeigt. werden mit diesem Best- hinterlegt. Practice-Icon angezeigt. Bei diesem Icon können Sie Dieses Icon kennzeichnet sich auf eine Checkliste im Hinweise auf weiterführende Service- und/oder Download- Auf Tipps, Hinweise und Informationen im World bereich freuen. Anmerkungen werden Sie Wide Web. mit diesem Tipp-Icon hingewiesen. Hinweis: Alle aufgeführten Links wurden im Die Story-Baukasten- Pinterest-Boards3 bieten eine Juni 2019 überprüft. Da sich das Internet je- Wenn Sie das Ideen- oder wahre Fundgrube mit jeder doch ständig ändert, empfehle ich, bei nicht Hinweis-Icon entdecken, Menge gesammelter Visuals 123 funktionierenden Links textuell bei Google werden Sie auf Anregungen nebst Links zum Themen- gebiet. zu suchen. Oft werden Videos etwa auf You- für Konzepte und Storyideen hingewiesen. tube auf diversen Kanälen gepostet. Die Website zum Buch, https://Story-Baukasten.de, Mit dem Share-This-Icon 2 YouTube-Kanal zum Story-Baukasten: https://www. enthält ein Glossar mit den machen wir auf kurze, youtube.com/channel/UCu5zH9q7eoHhF1gnEH486zQ wichtigsten Begriffen sowie prägnante Informationen weiterführende Beispiele und 3 Story-Baukasten auf Pinterest: und Gedanken aufmerksam, https://www.pinterest.de/StoryBaukasten/ Infos rund um das Thema die teilenswert sind. Storytelling. 4 Downloads auf: https://story-baukasten.de/ storytelling-downloads
1 Startschuss: Aller Anfang ist schwer 20 Die Buch-„Macherinnen“ nen als auch Unternehmen in den Themen Story- telling sowie Digitale Kommunikation. Während ich als Ideenscout neue digitale Trends entdecke, Jedes Buch benötigt Menschen, demnächst viel- unterstütze ich als Kommunikationsexpertin Or- leicht auch Maschinen, die es schreiben, gestal- ganisationen und Unternehmen in der Beratung ten und realisieren. 4 und Konzeption von Kommunikationsstrate- gien, begleite sie operativ in Planung sowie Um- setzung. Autorin und Storytellerin: Storytelling interessiert mich seit meiner Kind- Pia Kleine Wieskamp heit, seit der Zeit, ab der ich eigenständig Bücher lesen konnte. Ich verbrachte Tage in der damali- Mein Name lautet Pia Kleine Wieskamp und ich gen kleinen Stadtbibliothek von Dormagen bei bin Ideengeberin sowie, neben dem zahlreichen Köln, dem Ort, in dem ich aufwuchs. Die Bücher Input der zuvor genannten Experten, Autorin gaben mir und meiner Fantasie Raum, um mich des Buches. Als Speakerin und Workshop-Leite- in ihnen zu versenken. rin coache und trainiere ich sowohl Einzelperso- Doch meine Gefühle und Gedanken ausdrü- cken konnte ich besser in Zeichnungen, Skulp- turen und Bildern. Später studierte ich meine Lieblingsfächer, Germanistik und Kunst, für das Lehramt. Auch hier ist der Unterrichtende schnell Storyteller und vermittelt mittels Geschichten und Beispielen Inhalte und motiviert die Schü- ler, eigenständig zu recherchieren. Bereits während meines Studiums interessierte Bild 1.1 mich vor allem der Bereich der technischen Um- Pia Kleine Wieskamp setzung von Kommunikation und Emotionen. So (Foto © Simone Naumann) jobbte ich unter anderem in einer Galerie für 4
Die Buch-„Macherinnen“ 21 Holographie, beschäftigte mich mit BTX-Kunst sorgte. SELMA besaß vielfältige technische und war als Video-DJ mit laufenden Kameras, ge- Funktionen und konnte sich auch als holografi- steuert und gemischt sowie übertragen mit einem sche Projektion sichtbar machen. Viele der heute PC (es waren noch die längst vergangenen Amiga- bereits möglichen Experimente weisen auf die Zeiten) bei Live-Events unterwegs. Das Storytel- damalige TV-Vision hin. Längst unterhalten wir ling ließ mich auch in meinen späteren Tätig- uns mit Siri, Alexa und Co. und können bereits keiten als TV- und Print-Redakteurin, als Lektorin Menschen und Objekte virtuell holografisch pro- oder im Bereich PR und Marketing nicht los. jizieren. In den letzten Jahren sehe ich zwei wachsende Wir erleben spannende Zeiten, in denen sich Trends: Einerseits wird die Kommunikation im- Kommunikation gewaltig ändert und zuvor meist mer visueller, wobei sie auch mehr und mehr rezipierendes Publikum zu Inhaltsproduzenten akustisch unterstützt sein kann, und anderer- und Publishern wird. In diesem Buch zeige ich seits wird sie immer technischer. Gedanken, Ideen sowie praktische Anleitungen Als Kind meiner Zeit faszinieren mich Science- auf, wie Sie visuell Inhalte und Geschichten er- Fiction-Filme und -Serien. Eine TV-Serie ist mir zählen können. Das Buch „Visual Storytelling im besonders im Gedächtnis haften geblieben: Time Business“ kann unabhängig von dem Vorgänger- Trax – Zurück in die Zukunft.5 Dr. Sahmbi konnte buch „Storytelling: Digital – Multimedial – Social“6 mittels einer Zeitmaschine 200 Jahre zurück ins gelesen und verstanden werden. Jahr 1993 reisen, um dort als Polizist Captain Weitere Informationen über mich sowie Darien Lambert flüchtige Verbrecher (aus seiner die angebotenen Trainings und Work- Zeitachse) zu verfolgen. Begleitet wurde er von shops finden Sie auf der Website zum Buch unter https://story-baukasten.de. SELMA, einer künstlichen Intelligenz im Kredit- kartenformat, die ihn mit Informationen ver- 6 Storytelling: Digital – Multimedial – Social; Formen 5 TV-Serie „Time Trax – Zurück in die Zukunft“ auf und Praxis für PR, Marketing, TV, Game und Social Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Time_Trax_–_ Media: https://www.hanser-fachbuch.de/buch/ Zurück_in_die_Zukunft Storytelling+Digital+Multimedial+Social/9783446446458
1 Startschuss: Aller Anfang ist schwer 22 Grafikdesignerin Regina Steiner Seit 2017 ist sie Dozentin für Typografie und Grafikdesign in Mannheim. Gemeinsam mit ih- Wie bereits im Vorgängerbuch arbeite ich in die- rem Vater, Professor Peter Steiner, nimmt sie sem Buch auch und besonders eng mit Regina an Briefmarkenwettbewerben des Ministeriums Steiner zusammen. Viele der Grafiken stammen der Finanzen teil. Dies ist ein ganz spezielles aus ihrer Hand. Dennoch zeige ich auch einige Aufgabengebiet mit einer ganz anderen Heran- Visuals, die ich persönlich mit Tools erstellt habe. gehensweise als bei anderen Herausforderun- Regina Steiner7, Diplom-Grafikdesignerin und gen. Art Director, studierte an der Akademie für bil- Regina Steiner ist in einem kreativen Umfeld dende Künste Stuttgart und an der EINA in Bar- aufgewachsen. Ihre Mutter ist Textildesignerin celona. Nach dem Diplom ging sie nach New und ihr Vater Grafikdesigner und Professor an York in eine Designagentur. Zurück in Stuttgart der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. arbeitete sie mehrere Jahre als Art Director. 2004 Schon als kleines Kind war eine ihrer Lieblings- gründete sie ihre eigene Design-Agentur. Ihre Bandbreite umfasst Corporate Design für mittelständische, oft inhabergeführte Kunden, Nischenprodukte für große Kunden sowie Er- scheinungsbilder für „Ein-Mann/Frau“-Kunden. Auch bei den Branchen gibt es keine Speziali- sierung. Eines ihrer Credos ist, dass man sich in jedes Thema und jede Branche hineinversetzen kann und diese optimal darstellen kann. Typo- grafie ist dabei ein Schwerpunkt in ihren Werken. 7 Design-Agentur von Regina Steiner: https://www. Bild 1.2 Regina Steiner steiner2design.de (Foto © Jens Lyncker, Stuttgart)
Website und mehr zum Buch 23 beschäftigungen, auf dem Boden des Ateliers ih- rer Eltern zu sitzen und zu zeichnen und zu ma- Website und mehr len. Schon früh gab ihr Vater ihr kleine grafische zum Buch Aufgaben. So lernte sie spielerisch, sich im krea- tiven Feld zu betätigen. Nach dem Abitur ging sie Zum „Vorgänger“ dieses Titels, dem Buch ein Jahr nach Italien, unter anderem an die Uni- „Storytelling – Digital – Multimedial – Social“ habe ich die Website https:// versitá per Stranieri di Firenze, um sich darüber story-baukasten.de/ eingerichtet, auf der klar zu werden, ob sie wirklich einen künstleri- Sie Hintergrundwissen, Fotos, Videos, schen Beruf erlernen möchte oder sich doch an- Checklisten und vieles mehr finden, oder derweitig zu orientieren, zum Beispiel mit einem mir einfach Feedback zum Buch geben können. Studium der Sprachen. Nach der Zeit in Italien wurde ihr bewusst, dass es ihr Wunsch und ihr Zusätzlich finden Sie auf dem Story- Bedürfnis ist, einen kreativen Beruf auszuüben. Baukasten-Kanal auf YouTube (https://www.youtube.com/channel/ Durch ihre Auslandsaufenthalte, ihre Fremd- UCu5zH9q7eoHhF1gnEH486zQ) sowie sprachenkenntnisse und die vielen unterschied- dem StoryBaukasten-Pinterest-Board lichen Aufgabengebiete (Werbung, Briefmarken, (https://www.pinterest.de/StoryBaukasten/) nützliche Ergänzungen, Beispiele, Links, Design, Dozentur) erwarb sich Regina Steiner Arbeitsmaterialien und vieles mehr. eine besonders große Spannbreite an Ideen und Kreationen. Diese kunden- und themenspezifisch aufzurufen ist eine ihrer Stärken. Weitere Informationen über Gedanken, Ein- stellungen und Herangehensweise der Grafike- rin Regina Steiner und die Zusammenarbeit an diesem Buch erfahren Sie in dem Interview in Kapitel 5 und die Vorgehensweise der Erstellung der Illustrationen zu diesem Buch in Kapitel 7.
05 Visuals als wie- derentdeckte Zeichensprache
5 Visuals als wiederentdeckte Zeichensprache 169 Kommunikation mit Symbolen hat eine lange lung von Schriftzeichen gewesen sein. In den Geschichte. Die ersten Zeugnisse der mensch- Jahren um 3300 v. Chr. entwickelte sich in Meso- lichen Kommunikation mithilfe von Symbolen potamien die erste Schrift, bestehend aus unge- reichen ca. 40 000 Jahre zurück. fähr 900 Piktogrammen. Die Unterscheidung zwi- Mit dem Einritzen von Bildern und Zeichen in schen Schrift und reinen Symbolen war entstan- Holz oder Stein beziehungsweise dem Auftragen den. von Farbpigmenten gaben unsere Vorfahren ihr Künstler als Botschafter. Ob Roy Lichtenstein, Wissen weiter. Sie nutzten Piktogramme und Andy Warhol oder Keith Haring – Künstler, die bildhafte Darstellungen als Gedächtnisstützen für die Kunstrichtung „Pop-Art“ stehen, verarbei- (mnemotechnische Zeichen). Unsere Vorfahren ten in ihrer Kunst die Welt des Alltags. Mit grel- konnten jedoch nicht davon ausgehen, dass die len, hellen Farben wirken die Bilder oberfläch- Inhalte der Zeichnungen von den Nachfahren lich betrachtet einfach, verständlich und unbe- auch richtig interpretiert wurden. Das mag un- schwert. ter anderem auch ein Grund für die Entwick-
5 Visuals als wiederentdeckte Zeichensprache 170 Auf den zweiten Blick sind aber sowohl poli- Piktogramm und Symbol tische als auch gesellschaftskritische Aussagen Der Begriff Piktogramm stammt von dem lateinischen Wort zu finden. Mithilfe von Visuals kann man Men- pictum, welches ‚gemalt‘ oder ‚Bild‘ bedeutet, und von dem grie- schen aus ihrem Kontext und ihrer Umgebung chischen Wort gráphein, das für ‚schreiben‘ steht.1 Ein Piktogramm abholen, um ihnen schnell und allgemein ver- ist ein einzelnes, allgemein verständliches, bestenfalls kultur- und ständlich Botschaften zu vermitteln. Der Be- sprachneutrales Bildsymbol beziehungsweise Icon, welches eine trachter steht vor der Aufgabe, die Zeichen und Information (über einen Ort, ein Objekt oder einen Sachverhalt) die visuelle Sprache zu entschlüsseln. durch vereinfachte grafische Darstellung vermittelt. Sprachwis- Das richtige Entschlüsseln der Zeichen. senschaftler sehen Piktogramme – also Bilder – als die Vorläufer Grundsätzlich definieren Menschen ihr Umfeld verschiedener Schriften, etwa der Keilschrift, an. beziehungsweise ihre Umgebung über Zeichen Dagegen sind Symbole Zeichen, die keine Ähnlichkeit zum eigent- und Symbole: Zeichen der Natur, wie Spuren – lichen Objekt aufweisen oder stellvertretend für etwas stehen. etwa ein Fußabdruck eines Tieres oder sein Das Erkennen von Symbolen setzt ein Vorwissen beziehungsweise Dung – können uns Auskunft über Nahrung, Auf- Kontextwissen voraus, beispielsweise die drei gelben Punkte auf enthaltsorte etc. geben. Zeichen wie die Brems- gelbem Untergrund als Symbol für „Blinde“. Im Gegensatz zu spur eines Autos geben uns heutzutage Auf- Piktogrammen müssen Symbole nicht selbsterklärend sein, da schlüsselung über die Geschwindigkeit eines ihre Bedeutung definiert werden muss. Fahrzeuges und sind beispielsweise nach einem Auffahrunfall mitentscheidend bei der Klärung der Schuldfrage. Diese Zeichen zu entschlüsseln, ist unsere Aufgabe. Die zur Vermittlung von In- formationen eingesetzten Zeichen beziehungs- weise visuellen Elemente sind Teil der jeweili- 1 gen Gesellschaft. Kommunikation erfolgt mittels der gesellschaftlich vermittelten und allgemein verständlich gewordenen Zeichen und Zeichen- 1 Wikipedia, Piktogramm: https://de.wikipedia.org/wiki/Piktogramm systeme.
5.1 Zeichen ist nicht gleich Zeichen 171 Zeichen sind Platzhalter 5.1 Zeichen ist nicht Charles S. Peirce, ein US-amerikani- gleich Zeichen scher Mathematiker, Philosoph, Logiker und Semiotiker, definierte Zeichen folgendermaßen: In der Kommunikation von Angesicht zu Ange- „Das Zeichen oder Repräsentamen ist sicht wird ein Gespräch fast immer durch Gesten etwas, das für jemanden in gewisser und Mimik unterstützt. Dies ist beziehungsweise Hinsicht oder Fähigkeit für etwas steht. war in der geschriebenen Kommunikation nicht Es wendet sich an jemanden, d. h., er- möglich. Nun können manche Piktogramme die zeugt im Geist dieser Person ein äquiva- Funktion der redebegleitenden Gesten und Mi- lentes Zeichen oder vielleicht ein mehr miken übernehmen: Denken wir nur an den entwickeltes Zeichen. Das Zeichen, „Like“-Daumen bei Facebook oder das Augen- welches es erzeugt, nenne ich den Inter- zwinkern und das Lächeln mancher Emoticons. pretanten (die Bedeutung) des ersten Im Printbereich werden neben Buchstaben Zeichens. Das Zeichen steht für etwas, und Bildern auch Illustrationen, Grafiken, Pikto- sein Objekt. Es steht für dieses Objekt gramme, Icons, Symbole oder Diagramme ver- nicht in jeder Hinsicht, sondern im wendet. Im Online-Bereich können zusätzlich zu Hinblick auf eine Art Idee.“ 2 den oben genannten visuellen Elementen auch multimediale Elemente wie Videos, Live-Streams, Heute spricht man vom semiotischen Games, Virtual oder Augmented Realities, ani- Dreieck, bestehend aus dem Zeichen, mierte Bilder und Grafiken oder GIFs eingesetzt seiner Bedeutung und dem Referenz- werden. 2 objekt (der Referenz). 2 Charles S. Peirce, Collected Papers, Bd. 2 § 8 (Harvard University Press, Cambridge, Mass.). Übersetzung von infriedNöth,HandbuchderSemiotik,Stuttgart/Weimar:J.B.MetzlerscheVerlagsbuchhandlung,2.Aufl.2000 W
5 Visuals als wiederentdeckte Zeichensprache 172 Verstehen der Bildzeichen Der erste Schritt um Bildzeichen in der Kommu- nikation einzusetzen besteht darin, die (Bild-) Zeichen zu verstehen. Nehmen wir beispiels- weise ein Schriftzeichen und stellen uns die Frage: Ist es allein ausdrucksstark genug, um selbst zum Bild werden? Bei einem eindeutigen Schriftzeichen wie dem Fragezeichen gelingt dies. Bild 5.1 Die Verwendung von Frage- zeichen, wie hier auf dem Fahrradweg in Lissabon, ist allein schon ausreichend genug: Sie animieren den Betrachter anzuhalten, sich Fragen zu diesen Zeichen zu überlegen und nachzu- denken, warum sie gerade hier verwendet werden und was sei in diesem Kontext zu bedeuten haben. (Bild © Pia Kleine Wieskamp)
5.1 Zeichen ist nicht gleich Zeichen 173 Icon Sie begegnen uns überall: Icons, die einen Begriff oder Sachverhalt oft viel besser und allgemeinverständlicher darstellen können als jedes Wort. Der englische Begriff Icon wird für ein Symbol, ein Bildzeichen, eine Ikone, ein Pikto- gramm oder auch ein Sinnbild verwendet. Icon leitet sich aus dem griechischen Wort eikón für Bild her. Icons können auch als „reduzierte“ oder minimalisierte Symbole eines Objektes angesehen werden. Ursprünglich stammt der Begriff Icon aus dem Computerbereich, wo es als Pikto- gramm – ein möglichst selbsterklärendes Bild – zu einer grafischen Oberfläche gehört. Klickt der Anwender auf ein Icon, öffnet sich ein hinter dem „Symbolbild“ verwendetes Programm. Mittlerweile sind Icons auf nahezu jeder grafischen Oberfläche zu finden. Ein wesentlicher Vorteil bei der Verwendung von Icons ist, dass sie auch bei fehlender Sprachkenntnis oder Lesefähigkeit eine Kommunikation ermöglichen. Um dies erreichen zu können, müssen Icons sehr präzise in ihrer Aussage sein: Das bedeutet, dass sie nur eine einzige Interpretation zulassen dürfen. Dennoch müssen Icons in der Lage sein, sehr umfangreiche Botschaften zu transportieren. Man unterscheidet Icons, die visuelle Repräsentationen von Objekten oder Themen darstellen, von Icons, die mehr oder weniger komplexe Vorgänge oder Funktionen beschreiben. Beispielsweise kann ein Icon auf der Taste eines Geldautomaten ein Thema wie „Kontoübersicht“ repräsentieren, das der Nutzer auswählen kann.
5 Visuals als wiederentdeckte Zeichensprache 174 Dagegen verweisen Icons auf Schildern oft auf eine Möglichkeit oder eine Aufforderung beziehungsweise einen Rat- und Vorschlag. So warnen Verkehrsschilder, die ein Auto mit „wellenförmigen Wegzeichen“ zeigen, den Fahrer vor Schleudergefahr bei Nässe oder Schmutz. Emoticons sind ein besonderer Typ von Icons und visualisieren Gefühlsbekundungen. Mittlerweile haben diese Icons Einzug in die Kommunikation via E-Mail, Chat und SMS sowie auch im Printbereich, etwa auf Plakaten, gehalten. Emoticons helfen kurz und knapp Emotionen zu vermitteln. Das Foto oben stammt aus dem Flughafen von Málaga: Mittels dieser Emoticons sollen Reisende abstimmen, wie sie den Service des Sicherheits- checks empfinden.
5.1 Zeichen ist nicht gleich Zeichen 175 The Noun Project Das The Noun Project erfüllt zwei Aufgaben zugleich: Es funktioniert einerseits als umfangreiche Samm- lung und Quelle, quasi als Wikipe- dia für typografische Symbole, und andererseits als Onlinegalerie für Design. Hier finden Sie zahlreiche Icons (Piktogramme) zu nahezu allen Themen zum Download für Ihre Projekte: https://thenounpro- ject.com. Ziel des Projektes ist, eine Bild 5.2 Ein wahrer Fundus an Icons befindet sich auf der Plattform „The Noun Project“. In einem global verständliche Bildersprache Video wird der Einsatz von Icons und Symbolen als Art der Völkerverständigung und als Vision einer zu erschaffen, um Sprachbarrieren global verständlichen Bildsprache beschrieben. (Screenshot © Website www.thenounproject.com). zu umgehen. Für die Verwendung von Zeichen wie Icons für Lottie3 animiert wurden, ins Leben und Piktogramme als Bestandteile der täglichen gerufen. Lottie ist eine quelloffene Anima- tionsbibliothek von Airbnb, die Designer Kommunikation gibt es vielfältige Praxisbei- auf der ganzen Welt inspirieren möchte, spiele. Kunstwerke für Animationen auf nativen Sehen Sie hierzu Das Unternehmen Airbnb kooperiert mit Plattformen zu erstellen. Mithilfe von Lot- auch das Video animierten Open-Source-Piktogrammen, tie können After-Effects-Animationsdaten „Building a dem „The Noun Project“ https://airbnb. leichter in Apps verwendet werden. Global Visual design/modern-pictograms-for-lottie. Language“ an: Gemeinsam mit „Modern Pictograms“ 3 Lottie ist ein Open-Source-Animations-Tool https://vimeo. wurde eine Reihe von Icons, die speziell von Airbnb: https://airbnb.design/lottie com/48846655.
5 Visuals als wiederentdeckte Zeichensprache 176 5.2 Kleiner Ausflug in prozessen (Semiosen) werden Zeichen konstituiert, produziert, in Umlauf gebracht und rezipiert.“ 4 die Zeichentheorie Des Weiteren vertritt sie die Meinung, dass „ohne Semiose Kognition, Kommunikation und kulturelle Bedeutungen nicht möglich wären.“ Damit konkrete Kommunikationsabsichten auch Die Semiotik sammelt Erkenntnisse über die bei den Empfängern ankommen, bedarf es einer Funktionsweise von Zeichen und Zeichensyste- Absprache zwischen Sender und Empfänger, men und verwendet als interdisziplinäre Lehre eine Art von „Übersetzungshandbuch“, mit dem Erkenntnisse aus den unterschiedlichsten Berei- beide Kommunikationsparteien Botschaften ver- chen wie Sprachwissenschaft, Kunst, Psycholo- schlüsseln beziehungsweise dekodieren können. gie, Philosophie, Soziologie, Informatik oder Ma- Bei Unternehmen ist dieses Regelhandbuch der thematik. Einige der bedeutendsten Semiotiker Styleguide sowie das Corporate-Design-Hand- vertreten die These, dass alles Zeichen sein kann buch (siehe Kapitel 4). Eine Möglichkeit für ein beziehungsweise ist. Die Semiotik untersucht, solches Regelwerk bildet die Zeichentheorie (Se- welche Faktoren die Bedeutung und Wirkung miotik), die eine Verbindung zwischen Bildern, von Zeichen bestimmen und beeinflussen. In Sehen, Erfahrung und Sprache schafft. Zeichensystemen werden Strukturen und Ord- nungen sowie Grenzen zwischen den Elementen des Systems und dem System nach außen unter- Semiotik, die Lehre der Zeichen sucht. Die Deutsche Gesellschaft für Semiotik (DGS) e. V. beschreibt Semiotik (auch: Semiologie) als „die Wissenschaft von den Zeichenprozessen in Kultur und Natur. Zeichen, wie zum Beispiel Bil- 4 DefinitionvonSemiotikderDeutschenGesellschaft der, Wörter, Gesten und Gerüche, vermitteln Infor- fürSemiotik(DGS)e.V.:http://www.semiotik.eu/ mationen aller Art in Zeit und Raum. In Zeichen- Semiotik
5.2 Kleiner Ausflug in die Zeichentheorie 177 tem unserer Gesellschaft können auch Dinge wie Die Fragestellung hierbei lautet: der Besitz eines Hauses oder das Tragen einer • Was kann alles Zeichen sein? bestimmten Kleidermarke ein Statussymbol sein • Nach welchen Strukturen und Ord- und Zeichen setzen. nungssystemen wirken Zeichen? • Wie werden Zeichen genutzt? Zeichen • Welche Unterschiede und Bezie- Wikipedia verrät uns folgende Definition von Zeichen: hungen gibt es zwischen den ver- „Ein Zeichen ist im weitesten Sinne etwas, das auf etwas anderes schiedenen Zeichensystemen und hindeutet, etwas bezeichnet. Medien? Zeichentheoretiker sehen darin ein semiotisches Phänomen und bestimmen im engeren Sinne Zeichen als eine Unterklasse dieses Zunächst stellt sich folgende Frage: Was ist ein Phänomens. Dort stehen Zeichen anderen semiotischen Phäno- Zeichen? Fragen wir unsere Mitmenschen nach menen wie den Symbolen und Anzeichen (vgl. Index, Signal) Zeichen, erhalten wir viele Antworten: Angefan- gegenüber. Sprachzeichen sind Grundelemente einer Sprache. gen von Verkehrszeichen über Wegweiser, Ver- Zeichen ist dabei allgemein etwas Unterscheidbares, dem eine botsschilder bis hin zu Warnzeichen oder Zei- Bedeutung zugesprochen wird; ein sprachliches Zeichen als chen zur Verdeutlichung von Hinweisen (wie Grundelement eines Kommunikationssystems (also auch Gesten, etwa Herren- oder Damen-WC) fällt uns zu die- Gebärden, Laute, Markierungen auch Symbole). sem Thema eine Vielzahl von Piktogrammen ein. Zeichen kommt aus indogermanisch dei für ‚hell glänzen‘, Schilder werden meist schnell als Zeichen er- ‚schimmern‘, ‚scheinen‘, und wird im Althochdeutsch zu zeihhan kannt und haben die Aufgabe innerhalb von Se- ‚Wunder‘, ‚Wunderzeichen‘. Dem deutschen Wort liegt ursprüng- kunden eine Botschaft zu transportieren. Unter- 5 lich die irdische Erscheinung einer höheren Macht zugrunde.“ 5 nehmenszeichen (Logos) vermitteln oft mehr als eine Botschaft: Sie signalisieren das Unterneh- men mit seinen Werten, sollen gleichzeitig ein- 5 Wikipedia: Zeichen: https://de.wikipedia.org/wiki/ zigartig und wiedererkennbar sein. Im Wertesys- Zeichen
5 Visuals als wiederentdeckte Zeichensprache 178 Sobald wir Bildsprache nutzen, ist unser Ziel, Design-Organisation weltweit. Sie war führend möglichst erkennbar zu visualisieren. Häufig bei der Entwicklung eines standardisierten Sys- werden hierzu „Bildzeichen“ wie Piktogramm tems, bestehend aus 50 Zeichen, welches welt- oder Icons verwendet, die auf stereo- bezie- weit für die visuelle Kommunikation in Flughä- hungsweise archetypisches Denken zurückgrei- fen, Bahnhöfen sowie anderen Verkehrszentren fen. Metaphorisch-ikonische Symbole beruhen und bei internationalen Großereignissen (bei- meist auf eher alten Bildern – ihre lange Be- spielsweise die Olympischen Spiele) eingeführt 1 kanntheit als Bildmetapher ist beim Visualisie- wurde. Zunächst wurden in Zusammenarbeit ren von Abstraktem hilfreich. mit dem amerikanischen Department für Ver- kehrswesen (D. O. T.) alle existierenden und gän- gigen Zeichensysteme von öffentlichen Einrich- Mit Piktogrammen sprechen6 tungen weltweit zusammengetragen. Ein Komi- tee des AIGA entwickelte auf der Grundlage der Wir alle kennen die kleinen Wegweiser, die uns gesammelten Symbole und Piktogramme ein beispielsweise auf dem Flughafen den Weg zum neues Zeichensystem. Die erste Serie, bestehend Aufzug oder zur Gepäckausgabe weisen. Häufig aus 34 Symbolen, wurde 1974 veröffentlicht und sind es Piktogramme, also Bildsymbole bezie- mit 16 neuen Symbolen vervollständigt. hungsweise Ikons, die Informationen durch eine Ein weiteres Beispiel sind die von Otl Aicher stark vereinfachte grafische Darstellung vermit- u. a. für die Olympischen Spiele 1972 in München teln. Im Idealfall ist das Piktogramm durch seine entwickelten Piktogramme. Kritiker bezeichne- 6 American Institute of GraphicArts(AIGA)mit Allgemeingültigkeit sprach-, kultur- und bildungs- ten sie als „Minimalschrift für Analphabeten des über22000Mitgliedern: unabhängig. Vor allem im öffentlichen Raum, in hektischen Zeitalters“. https://www.aiga.org. Das American Institute of Gebäuden und auf Plätzen, im Straßen- und Otl Aicher selbst beschrieb seine Piktogramme GraphicArtsbietetderzeit Transportwesen werden Piktogramme in Len- folgendermaßen: „Wenn ich als ‚Father of the 50Zeichenzumkosten kungs- und Orientierungssystemen verwendet. Geometric Man‘ angesprochen werde, so verweist losen Download und zur freien Nutzung an: https:// Das 1914 gegründete American Institute of es auf den Sachverhalt, dass wir die Abbilder des www.aiga.org/symbol-signs Graphic Arts (AIGA)6 ist die älteste und größte Menschen streng geometrisiert hatten. Das sieht 6
5.2 Kleiner Ausflug in die Zeichentheorie 179 nach Einschränkung der Darstellungsmöglichkeit Semiotisches Dreieck aus, ist es aber nicht. Auch wenn es an sich schon schwierig sein mag, Sportarten durch Bewegungs- Bereits Aristoteles beschäftigte sich mit den Zei- form zu charakterisieren, ist es uns auch bei zu- chen: Für ihn war ein Zeichen ein Wort (se- sätzlichen formalen Einschränkungen immer ge- meion) als ein Symptom für eine „Seelenregung“ lungen, auch für absonderliche Disziplinen ein (Emotion) des Sprechers sowie der Vorstellung Zeichen zu finden, das man ohne großen Lernpro- des Sprechers, die Aristoteles als Ikon für eine zess sofort verstehen kann. Gleichzeitig mit den Sache (Ding) ansah. Olympischen Spielen bearbeiteten wir das Infor- Aristoteles ging von dem Grundgedanken aus, mationssystem des Flughafens in Frankfurt, wo dass Zeichen eine stellvertretende Funktion ein- wir ein umfangreiches Repertoire an Zeichen für nehmen, denn sie sind nie der Gegenstand Flugverkehr und Touristik nach ähnlichen Krite- selbst: „Aliquid stat pro aliquo“ bedeutet so viel rien zu schaffen hatten. Dieser Umstand gestat- wie „etwas steht für etwas anderes“. Der ge- tete es, ein umfangreiches Zeichensystem anzu- zeichnete Baum oder die Schriftzeichen für das bieten, das heute in der ganzen Welt gebräuchlich Wort Baum sind nie ein realer Baum. Zeichen er- ist.“ 7 möglichen etwas Abwesendes, nicht Reales, ge- Otl Aicher hat über 700 Piktogramme genwärtig und real erscheinen zu lassen und so- geschaffen. Sie sind auf folgender Website mit in eine Kommunikation einfließen zu lassen. zu finden: http://www.piktogramm.de/de/ Hätten wir keine Zeichen für den Baum, könnten wir nur über ihn sprechen, wenn er anwesend wäre und wir auf ihn deuten könnten. Seither wird die Meinung vertreten, dass Zei- chen Dinge der Welt nicht unvermittelt, sondern vermittelt über einen „Begriff“, eine „Vorstel- lung“ und mehr bezeichnen. Dies bedeutet eine 7 Zitat von Otl Aicher auf: http://www.piktogramm.de/ Differenzierung gegenüber dem einfachen Kon- de/lizenzierung zept „etwas steht für etwas anderes“.
5 Visuals als wiederentdeckte Zeichensprache 180 Als ein einfaches linguistisches Instrument beispielsweise den konkreten Kastanienbaum, zeigt das semiotische Dreieck Beziehungen zwi- den wir in einem Biergarten sehen. schen Denken, Sprache (Symbolen) und der Welt der Dinge („Wirklichkeit“) auf. Denken wir beispielsweise an einen Baum, ha- Syntaktik, Semantik, Pragmatik ben wir eine Vorstellung von einem bestimmten Baum. Für diese Vorstellung verwenden wir ent- Wie finden Sie auf einem fremden Flughafen weder ein Ikon (eine abstrahierte Abbildung oder auf einem Messegelände schnell den Weg eines Baumes) oder eine Zeichenkette, die das zum gewünschten Raum? Ganz einfach, Sie fol- Wort Baum ausdrückt. Der Begriff beziehungs- gen den Zeichen. Allerdings ist das Lesen von weise das Ikon bezieht sich auf ein reales „Ding“, Zeichen oft nicht einfach, da die Wahrnehmung visueller Elemente meist mehrdeutig ist. Nehmen wir beispielsweise in einem Gebäude mit 12 Etagen das Bildzeichen eines Aufzugs mit einem Pfeil nach oben und der Ziffer „1“: Bedeu- tet dies nun, dass der Aufzug nur vom Erdge- Bild 5.3 schoss bis zum ersten Stock hinauffährt oder ab Die drei Dimensionen von Zeichen nach dem ersten Stock sich zu den weiteren zehn Charles William Morris. Stockwerken bewegt? Nehmen wir das Beispiel einer Ampel: Syntax – Farbe Rot; Drei Dimensionen eines Zeichens Semantik – Stopp, Anhalten; Pragmatik – Folgende drei Dimensionen – Syntaktik, Seman- der Empfänger der Nachricht bleibt stehen. tik sowie Pragmatik – führen nach Charles Wil- (Grafik © Regina liam Morris zum Verständnis von Zeichen und Steiner) Bildern.
5.2 Kleiner Ausflug in die Zeichentheorie 181 • Semantische Dimension: Hier steht immer das fragt werden: Welche Absicht hat der Sender? Erkennen im Vordergrund, also die Frage nach Welche Reaktion soll beim Empfänger ausge- dem Inhalt, der Aussage und Bedeutung des löst werden? Zeichens. Die Frage hierzu lautet: Was wird dargestellt? Die Bedeutung eines Zeichens kann sich je nach Kontext verändern. • Syntaktische Dimension: Bei der syntakti- schen Dimension geht es um die Darstellung, also um Form, Farbe, Helligkeit, Textur, Bewe- gung und Anordnung des Zeichens. Die Frage, die Sie sich stellen sollten, lautet: Wie wird et- was dargestellt? Wikipedia beschreibt Syntak- tik als „diejenige Abteilung der Semiotik (der allgemeinen Zeichenlehre), die mit den Bezie- hungen eines Zeichens zu anderen Zeichen zu tun hat.“8 • Pragmatische Dimension: Die dritte Dimen- sion des Zeichens bestimmt den pragmati- Die drei Dimensionen der Zeichen lassen sich auch am schen Zweck, also die Anwendung und Wir- Smiley-Emoji verdeutlichen: kung des Zeichens. Die Frage lautet: Welchen Zweck und welche Wirkung hat das Zeichen? • Syntax = Semikolon, Bindestrich und Klammer; Hier sollte auch nach dem Kommunikations- • Semantik = Spaß und Humor (Augenzwinkern); zweck des Senders sowie des Empfängers ge- • Pragmatik = Lächeln und Schmunzeln beim Empfänger. Diese besondere Variante entdeckte ich an der Wohnungstür eines Priesters in einer christlichen Kirche in Jordanien. 8 DefinitionSyntaktikaufWikipedia:https:// (Bild © Pia Kleine Wieskamp) de.wikipedia.org/wiki/Syntaktik/
5 Visuals als wiederentdeckte Zeichensprache 182 Experten-Inter- Experten-Interview: Mit Zeichen und Bildern international kommunizieren view: Mit Zeichen und Bildern international kommunizieren Bild 5.4 Regina Steiner (Grafik © Regina Steiner) Regina Steiner (Vorstellung siehe Kapitel 1) arbei- Pia Kleine Wieskamp: Regina, als Diplom-Grafik- tet und gestaltet „schon fast ihr ganzes Leben“ designerin hast du in Städten wie Barcelona und gemeinsam mit ihrem Vater, Professor Peter New York gelebt und gearbeitet. Nun lebst du in Steiner 9. Nach ihrem Grafikdesign-Studium an Stuttgart und visualisierst für diverse Unterneh- der Akademie für Bildende Künste Stuttgart und men verschiedenste visuelle Aufträge. an der Centre Universitari de Disseny i Art (EINA) Regina Steiner: Wo auch immer man geht und in Barcelona zog es sie ins Ausland, genauer ge- steht, nimmt man visuelle Eindrücke wahr. Lebt sagt in eine Designagentur nach New York. Zu- man in einem anderen Land mit einer anderen rück in Stuttgart arbeitete Regina Steiner meh- Sprache, bereichert dies unglaublich die eigene rere Jahre als Art Director sowie als Creative Wahrnehmung. Diese Erfahrungen konnte ich Director Art in verschiedenen Agenturen. 2004 gerade während meines Auslandsstudiums in gründete sie mit „steiner2Design“ ihre eigene Barcelona und während meiner Tätigkeit in Design-Agentur. Seit 2017 arbeitet die Designe- Städten wie New York machen, denn fremde rin zusätzlich als Dozentin für Grafikdesign und Städte bieten eine extrem große Bandbreite an Typografie in Mannheim. Eindrücken. Ich liebe es, das pulsierende Leben zu beobachten. Schon allein, wenn man nur 9 Professor Peter Steiner: https://de.wikipedia.org/wiki/ durch die Straßen läuft (was in neuen, anderen Peter_Steiner_(Grafiker) Städten meine Lieblingsbeschäftigung ist), be-
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