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SHAKESPEARE IN LOVE Nach dem Drehbuch von Marc Norman & Tom Stoppard in einer Bühnenfassung von Lee Hall mit Musik von Paddy Cunneen Deutsch von Corinna Brocher
WENN DIE LIEBE DIE FEDER FÜHRT DELIKATE BALANCE ZWISCHEN GROTESKEM UND WAHRHAFTIGEM Notiz zur Inszenierung Vier Fragen an den Regisseur Gerhard Weber Eine Verbeugung vor dem Theater. Im Mittelpunkt Will, ein großer Dichter, dem „Selten hat sich der Transfer eines Films so gelohnt wie hier. SHAKESPEARE die Liebe die Feder führt. Und Viola, eine junge Frau, die sich von seinen Versen IN LOVE ist ganz großes Kino, das erst im Theater seine wahre Heimat findet“, verzaubern lässt und in Männerkleidern die Bühne erobert. Ein Spiel der Mas- schrieb der Daily Telegraph anlässlich der Bühnenpremiere. Teilst Du diese keraden und Verwechselungen. Ort der Handlung: London. Zeit: Das späte 16. Einschätzung? Jahrhundert. Mit ihrer Liebeskomödie SHAKESPEARE IN LOVE, die erst über Absolut! Es bietet eine grandiose Lovestory – ohne Happy End (!) – zwischen viele Umwege auf die Leinwand fand, trafen Marc Norman, von dem die Idee Will und Viola, seiner Muse und ist gleichfalls eine große Liebeserklärung an das stammt, und Tom Stoppard, der das Drehbuch in die finale Form brachte, einen Theater, mit einem humorvoll-satirischen Blick hinter die Kulissen. Nerv. Der Film, im Dezember 1998 in New York uraufgeführt, spielte weltweit 289 Millionen Dollar ein und wurde mit drei Golden Globe Awards und sieben Oscars Was ist der besondere Reiz, wo liegen die Herausforderungen, das Stück unter ausgezeichnet. freiem Himmel zu zeigen? Open-Air-Theater erfordert einen Regiezugriff mit klaren Konturen und Fi- Um William Shakespeares Leben und die Urheberschaft seiner Stücke ranken sich gurenzeichnungen, ohne ins Plakative abzurutschen. Introvertiertes, filigranes seit jeher Gerüchte. Vieles ist belegt, doch die Leerstellen beflügeln die Phantasie. Kammerspiel wäre da fehl am Platze. „Shakespeare ist das Rätsel“, schrieb der Theaterkritiker Georg Hensel, „in dem wir alle unsere Rätsel wiederfinden. Die Lösung? Sie steht dahin – bei ihm wie bei uns.“ Das Stück spielt in der Shakespeare-Zeit, die kulturell eine sehr lebhafte war. Gibt es Parallelen zum heutigen Unterhaltungsbetrieb? Nicht anders hier: Die Komödie nimmt uns mit in eine Epoche, in der das Theater Gerade unsere aktuelle Situation empfinde ich, trotz oder vielleicht sogar gerade für ein paar Jahrzehnte zum Leitmedium wurde, zu einem Begegnungsort für alle wegen Corona, als ungeheuer produktiv: Sich als Künstler*in nicht in der Krea- Schichten der Gesellschaft. Das Globe-Theater ist bis heute der Inbegriff für eine tivität beschneiden zu lassen und nach neuen Ausdrucksformen und Orten zu Massenkultur, an der Adel und Volk, feine Leute in Logen und „Gründlinge“ im suchen, um das Publikum nicht dauerhaft zu verlieren. Stehparkett gleichermaßen teilhaben. Gespielt wurde, was gefiel. Die Investoren, die hinter dem Theaterboom standen, wollten schließlich auf ihre Kosten kommen. Das Stück changiert zwischen satirischer Zuspitzung und „echten“ Gefühlsmo- James Burbage, Philip Henslowe und Hugh Fennyman stehen für das Netzwerk von menten. Wie bringt man als Regisseur beides zu seinem Recht? Kunst und Kapital, William Shakespeare und Christopher Marlowe sind die krea- Gerade diese delikate Balance zwischen Groteskem, das die Zuschauer*innen tiven Dienstleister. Sie haben den Stoff zu liefern, aus dem die Kundenträume sind zum Schmunzeln und Lachen verführt, und dem Wahrhaftigem, das sie in ihrem – und das am besten über Nacht. Kein Wunder, dass hin und wieder der Schreibfluss Innersten berührt, reizt mich immer sehr – denn im Leben liegt beides ja auch versiegt. Da hilft nur ein beherzter Sprung zurück ins Leben. Die unglückliche häufig sehr nah beieinander. Liebe zu Viola macht Will als Dichter unsterblich. Wo sonst als im Theater ließe sich erfahren, wer Shakespeare zu „Romeo und Julia“ verführte? Die Fragen stellte Matthias Schubert Matthias Schubert Impressum Celler Schlosstheater e.V. | Spielzeit 2020/2021 | Intendant: Andreas Döring Redaktion und Fotos: Matthias Schubert | Gestaltung: Christian Stych
„Mir scheint, die Lady tut gut daran, Eure Liebe auf Distanz zu halten.“ Nachweise Rainer Schmitz: „Was geschah mit Schillers Schädel“, München 2008. Bill Bryson: „Shakespeare – wie ich ihn sehe“, München 2008.
WIE DAS ELISABETHANISCHE THEATERLEBEN FUNKTIONIERTE des Globe) anderen Unterhaltungssparten, insbesondere Tierhatzen, um höhere Einnahmen zu erzielen. Diesem Gaudium frönte man nicht nur in England, doch Henslowes Tagebuch es wurde als englische Besonderheit betrachtet. Königin Elisabeth ließ Besucher Philip Henslowe, der Besitzer des Rose und des Fortune war Zeit seines Lebens aus dem Ausland oft in Whitehall mit Bärenhatzen unterhalten. In der klassischen ein Mann mit vielen Talenten, nicht alle rühmlich. Er war Impresario, Geldver- Form sperrte man einen Bären in eine Arena, band ihn manchmal noch an einen leiher, Immobilienhai, Holzhändler, Färber, Stärkefabrikant, in sehr großem Stil Pfahl, und hetzte dann englische Doggen auf ihn; doch da Bären viel Geld koste- Bordellbetreiber und vieles andere mehr. Er war quasi berühmt dafür, dass er ten, nahm man häufig andere Tiere wie Bullen oder Pferde. Eine weitere Variante Autoren kleine Vorschüsse gab und sie dann in wohldosierter Armut hielt, um der Tierhatz war, einen Schimpansen auf den Rücken eines Pferdes zu setzen und ihnen umso besser Stücke abschwatzen zu können. Doch trotz all seiner Schwä- die Hunde auf beide zu hetzen. Der Anblick eines kreischenden Affen, der sich chen machte er sich um die Theatergeschichte insofern verdient, als er alles haar- verzweifelt an ein bockendes Pferd klammert, während die Hunde ihn von unten genau aufschrieb. Und die Aufzeichnungen von 1592 bis 1603 blieben erhalten. anspringen, wurde als eines der tollsten Vergnügen betrachtet, die man geboten Sein »Tagebuch«, wie es gemeinhin heißt, war weniger ein Tagebuch als vielmehr bekam. Dass ein Publikum, das sich an einem Tag bei einer Vorstellung von Doc- ein Sammelsurium von Dingen: Man findet darin ein Rezept zum Kurieren von tor Faustus zu Tränen rühren lässt, am nächsten an denselben Ort zurückkehrt Taubheit, Notizen zum Verhängen von Zaubersprüchen, selbst Ratschläge, wie und sich am grausamen Tod hilfloser Tiere weidet, sagt viel über ein Zeitalter. und wo man am besten Pferde weidet. Doch es enthielt auch unschätzbar wert- volle Einzelheiten zum tagtäglichen Theaterbetrieb, einschließlich der Titel von Schlupfwinkel für dubioses Gesindel Stücken, die seine Truppe aufführte, mitsamt den eingesetzten Schauspielern, Gleichzeitig wurden immer mehr Menschen Puritaner, die sinnliche Freuden sowie vollständige Listen von Bühnenrequisiten und Kostümen. derart ablehnten, dass sie lieber in der weit entfernten Wildnis in der Neuen Welt leben wollten, als ein wenig Toleranz walten zu lassen. Selbstredend ver- Eine Welt der Gerüche abscheuten sie auch das Theater und behaupteten bei jeder Naturkatastrophe William Shakespeare hätte keinen günstigeren Moment wählen können, um als wie zum Beispiel nach den kurzen, aber erschreckenden Erdbeben von 1580 in Schauspieler und Bühnenschriftsteller zu beginnen. Als er nämlich (vermutlich!) London, die Schauspielhäuser seien schuld. Wegen der anzüglichen Wortspiele Ende der 1580er Jahre nach London kam, gab es überall in den Vororten Theater, und widernatürlichen Kostüme waren sie für die Puritaner die Schlupfwinkel für und während seiner gesamten Laufbahn wurden immer noch neue errichtet. Alle Prostituierte und dubioses Gesindel, Brutstätten für ansteckende Krankheiten, mussten auf Freibezirken stehen, Gebieten, meist außerhalb der Londoner Stadt- Sündenpfuhle, die vom Kirchgang abhielten und ungesunder sexueller Erregung mauern, wo die Stadtgesetze und -verordnungen nicht galten. Dorthin waren sie Vorschub leisteten. Da alle weiblichen Rollen bis zur Restauration in den 1660er ebenso verbannt wie Bordelle, Gefängnisse, Pulvermagazine, ungeweihte Fried- Jahren von Knaben gespielt wurden, hielten die Puritaner die Theater dann zu- höfe, Irrenhäuser (das berüchtigte Bedlam befand sich nicht weit vom Theatre) sätzlich für Horte der Knabenliebe – zu Shakespeares Lebzeiten immer noch ein und übel riechende Werkstätten wie Seifensiedereien, Färbereien und Gerbereien, Kapitalverbrechen – und allen anderen sittenwidrigen Verkehrs. die oft bestialisch stanken. Leim- und Seifensieder verarbeiteten üppige Mengen Bill Bryson Knochen und Tierfett und verbreiteten einen widerwärtig süßen Duft, den man nicht unbedingt als Parfüm erkoren hätte, während die Gerber Leder in Fässern DER FALSCHE BALKON mit Hundeexkrementen einweichten, damit es geschmeidig wurde. Jeder, der in Shakespeares Schauspiel Romeo und Julia spielt in Verona. Und kein Besucher ein Theater ging, musste sich dieser Vielfalt an Gerüchen stellen. der oberitalienischen Stadt kommt umhin, jenen Balkon am Elternhaus Julias, der Casa di Giulietta, in der Via Cappello 27 aufzusuchen und zu bewundern, von Fechtturniere und Tierhatzen dem aus sie ihren Romeo erhörte – das ist pure Fiktion. Der Balkon ist nämlich Die neuen Schauspielhäuser florierten nicht gleichermaßen. Drei Jahre nach sei- nur zu touristischen Zwecken gebaut worden. ner Eröffnung fanden im Curtain schon Fechtturniere statt, und auch alle anderen Rainer Schmitz Londoner Schauspielhäuser öffneten sich (mit letztlich der einzigen Ausnahme
BESETZUNG Will Shakespeare Fabian Lichottka Viola de Lesseps Bérénice Brause Mistress Quickly | Amme | Königin Elisabeth | Molly Tanja Kübler Sir Robert de Lesseps | Tilney | Ralph | Bootsmann Johann Schibli Wessex | Ned Alleyn | Adam Ronny Miersch Christopher Marlowe | Fennyman Alexander von Säbel Henslowe Julian Boine Burbage | Lambert | Wabash Dino Nolting Frees | Robin | Catling | Sam Jannik Süßelbeck Webster | Peter Sebastian M. Jeffré Regie Gerhard Weber Bühne und Kostüm Martin Käser Dramaturgie Matthias Schubert Kampfchoreographie Andreas Döring Tanzchoreographie und Regieassistenz Marlène Jeffré Technische Leitung Roberto Langenhan Stellv. Technischer Leiter und Werkstättenleiter Achim Groffot Ausstattungsassistenz Carina Laskowski Bühnentechnik Markus Dräger, Robert Hausmann, Frank Holtermann, Ortwin Maahs, Christian Pohlmann, Jörg Ritzke Beleuchtung Marcel Sonnemann (Leitung, kommissarisch), Jan Feldmann, Götz Schoof, Kai Peter, Uli Henschel Tonabteilung Moritz Bastam (Leitung), Timo Müller Requisite René Hohnsbein, Olaf Ulherr, Mareike Wilken Maske Carmen Bente (Leitung), Maruschka Friese, Jana Polanski Leitung Kostümabteilung Iris Wuthnow Schneiderei Anette Buhr, Barbara Frantz, Anke Jacobs, Ilse-Kathrin Ohlhof, Georgina Schodlock, Vivien Wojahn, Peter Finzelberg, Mia-Luisa Zühlke (Auszubildende) Ankleiderinnen Christa Brand, Nicole Käser, Lydia Knäusel, Aljona Mielke, Lydia Stammwitz Schlosserei Rainer Lilie Tischlerei Sven Laudien (Leitung), Lutz Taxweiler Malersaal Birgit Bott (Leitung), Jan Wiesnewski, Henry Meine (Jahrespraktikant) Polsterei Hans-Dieter Mehring Premiere am 04.06.2021 im Schlossinnenhof Spieldauer 2½ Stunden, eine Pause Aufführungsrechte Rowohlt Theater Verlag, Hamburg Die Uraufführung war im Londoner West End in einer Produktion von Disney Theatrical Productions & Sonia Friedman Productions, Regie: Declan Donnellan; Bühne: Nick Ormerod Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung sind nicht gestattet.
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