SIW 05/2018: Sturmwarnung! - Smart Investor

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SIW 05/2018: Sturmwarnung! - Smart Investor
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                                SIW 05/2018: Sturmwarnung!
Author : Ralph Malisch

Seemannsgarn

Im aktuellen Smart Investor 2/2018 haben wir „Das Große Bild“ (S. 40ff.) unter den Titel „Sturmwarnung!“ gestellt.
Die Sturmwarnung wird in Deutschland entlang der Küsten gegeben, wenn, genau, wenn ein Sturm heraufzieht.
Bei der ersten Sturm(vor)warnung wird dieser Sturm regelmäßig noch nicht vor Ort sein, allerdings ist er meist
nahe genug, um eine solche Warnung zu rechtfertigen. Übersetzt in die Sprache der Märkte, müssen wir hier eher
in Wochen und Monaten als in Monaten und Jahren rechnen. Auf der 33. ZfU-Kapitalanleger-Tagung war ebenfalls
überwiegend von schwierigerem Fahrwasser für die Anleger im Jahr 2018 die Rede. Ein Argument, aber beileibe
nicht das einzige, sind die italienischen Parlamentswahlen, die für den 4. März anberaumt sind, und schon im
Vorfeld eine erhöhte Volatilität möglich erscheinen lassen. Mehr dazu im nächsten Smart Investor 3/2018.
Allerdings gibt es einen kleinen, aber feinen Unterschied zwischen normalen und Börsenstürmen: Je besser sich
die Marktteilnehmer auf Börsenturbulenzen vorbereiten, desto unwahrscheinlicher wird deren Eintreten. Wer
bereits verkauft hat oder abgesichert ist, kann durch sinkende Kurse kaum noch überrascht werden, wohl aber
durch steigende. Oft blieb den Betroffenen in der Vergangenheit dann nur noch übrig, den Kursen ein weiteres Mal
hinterherzulaufen. Die Funktion der Märkte als Totalisator der Meinungen und Ansichten, sucht man beim Wetter
vergeblich. Ein perfekter Sturm bleibt in der Meteorologie ein perfekter Sturm, auch wenn er im Vorfeld korrekt
„eingepreist“ wurde. Und hier ist es auch absolut sinnvoll, dass „die Boote auf dem Wasser die Nähe eines
schützenden Ufers aufsuchen“, sobald das Herannahen eines Sturmes befürchtet wird. Je nach Warnstufe oder
Vor-Warnstufe handelt es sich bei dieser Aussage übrigens entweder um ein Gebot, das „unverzüglich“ oder um
eine bloße Empfehlung, die „möglichst unverzüglich“ zu befolgen wäre. Wir würden für die Börse im Moment eine
Sturm-Vorwarnung mit Empfehlungs- nicht aber mit Gebotscharakter sehen. Einen Grund panikartig das Boot zu
verlassen, gibt es derzeit also nicht. Lediglich der Aufenthalt in Ufernähe ist empfohlen.

Wer Sturm sät …

Einer, der gerne verbal Sturm sät, ist US-Präsident Donald Trump. Bei den Taten erntet er dann öfter auch schon
mal nur ein laues Lüftchen. Es ist Teil einer Selbstinszenierung, über die man geteilter Meinung sein kann. Die
Sturm-Metapher verwendet er jedenfalls gerne – auch dort, wo man sich noch nicht unbedingt einen Reim darauf
machen kann. So sprach er im letzten Oktober von der „Ruhe vor dem Sturm“, was als eine geradezu klassische
Sturmwarnung interpretiert werden kann. Während dies seinerzeit überwiegend als Teil des Säbelrasselns gegen
Nordkorea wahrgenommen wurde, könnten damit aber auch seine Widersacher im Lande gemeint gewesen sein.
Andererseits brauchen wir definitiv nicht bis nach Amerika zu blicken, um einen Politiker des Typus „Wer nicht für
mich ist, ist gegen mich!“ zu finden. Was Trump unterscheidet: Er kaschiert diese Haltung allerdings nicht durch
die inzwischen üblichen Nebelkerzen, wonach der jeweilige Regierungschef alleine das Wohl der Menschheit und
der Welt als Ganzes im Auge habe. Aus der gestrigen Rede zur Lage der Nation („State of The Union Address“)
erhoffte man sich daher einigen Aufschluss, was Trump gerade umtreibt. Die Angelegenheit blieb für seine
Verhältnisse jedoch vergleichsweise lauwarm. In Richtung der Demokraten machte er zwar Angebote zur
Zusammenarbeit, an deren Ernsthaftigkeit wurde jedoch gezweifelt. Aufregerthema für die hiesige Presse war
beispielsweise, dass das Lager in Guantanamo nun doch weiter betrieben werden soll. Nun gut, es ist zumindest
deutlich ehrlicher, als das was Amtsvorgänger Obama betrieben hatte: Der war bereits in seinem ersten
Wahlkampf mit der festen Absicht einer Schließung des Gefangenenlagers angetreten, vermochte bzw. wollte es
aber über acht lange Jahre dann doch nicht und kippte das ganze Thema letztlich seinem Nachfolger vor die Füße.
Mehr Sorgen sollte man sich dagegen über die verschärften Töne gegenüber Russland machen. Die „Pranger-
Liste“ ist nur ein weiterer Mosaikstein in dieser Richtung. Moskau soll verärgert gewesen sein. Das Ganze ist
schwer zu durchschauen, denn trotz seines Polterns ist Trump selbst – im Gegensatz zu einigen seiner engen
Vertrauten – kein ideologischer Gegner Russlands. Allerdings muss er angesichts der Russlandermittlungen
derzeit jeden Anschein von Nähe zu den Russen vermeiden – dies obwohl er den Schlüssel für eine
Wiederannäherung in Händen hält. Abstrahiert man vom Theaterdonner, dann hat Trump erst vor wenigen Tagen
ein Gesetz des Kongresses durchkreuzt, das wegen der (unbewiesenen ?!) Wahleinmischung Russlands
Sanktionen vorsah. Großer Pluspunkt seiner Amtszeit, der entsprechend weiten Raum in der Rede einnahm, war
dagegen seine erfolgreiche Steuerreform. Auch wenn im neo-sozialistischen Europa da von einer schlimmen

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Bevorzugung der Reichen schwadroniert wird, ist es nun einmal eine schlichte Tatsache, dass man nur dem
Steuern senken kann, der auch welche zahlt – übrigens auch noch nach der Steuersenkung. Selbst CNN,
Haussender der Demokraten, registrierte nach der Rede zähneknirschend eine Zustimmung von 48% der
Amerikaner. Angesichts einer beispiellosen, nun schon mehr als ein Jahr währenden Anti-Trump-Kampagne ein
durchaus respektabler Wert.

Derweil in Deutschland …

Es sieht so aus, als ob auch die Bundesrepublik demnächst wieder eine mehr als nur geschäftsführende
Regierung bekäme. Nicht, dass die Bürger sie vermisst hätten, aber es gibt ja so viele Aufgaben in Europa, vor
allem die, die sich die französische Regierung ausgedacht hat, und an der hängen leider auch einige Ausgaben,
für die die deutsche Regierung vorgesehen ist. Um das Steuerzahlergeld künftig wieder demokratisch legitimiert
und selbstredend CO2-neutral durch den Schornstein zu jagen, muss nun mal eine echte Regierung her. Die
Hürde beim sogenannten Familiennachzug scheint genommen. Wo da künftig die Haken und Ösen genau sein
werden, ist aktuell nicht klar – erfahrungsgemäß wird es sie aber geben und sie werden nicht ganz so an die große
Glocke gehängt, wie die jetzt erzielte Übereinkunft. Innerhalb der SPD wird bereits mit Blick auf das anstehende
Mitgliedervotum Front gegen den Kompromiss gemacht, schließlich kann es ja nicht angehen, dass in der
Regierung etwas anderes als sozialdemokratische Ideen vertreten werden. Wer übrigens beim Mitgliedervotum
über den Koalitionsvertrag noch mitmachen will, der Stichtag für den Eintritt in die Partei ist der 6. Februar –
ausdrücklich keine Empfehlung für irgendwas. Das Koalitionsschiff jedenfalls befindet sich bereits im Sturm,
obwohl es in der Werft noch nicht einmal fertig gebaut wurde.

Zu den Märkten

Ebenfalls nicht gerade unter Volllast segelt derzeit der DAX. Ein Sturm ist auch das noch nicht, aber ebenfalls eine
Vorwarnung. Das Bild veränderte sich vor ziemlich genau einer Woche (vgl. Abb.). Am Dienstag der Vorwoche
(23.1.2018) war der deutsche Leitindex noch vergleichsweise hoffnungsvoll mit einem Aufwärts-Gap auf ein neues
Allzeithoch gesprungen (wir berichteten im SIW 4/2018). Allerdings währte diese Freude nicht lange, denn bereits
am Mittwoch sank der Index zum Börsenschluss bereits wieder unter dieses Ausbruchsniveau. Charttechnisch hat
sich also das vor einer Woche nur als Möglichkeit angedeutete Fehlsignal inzwischen realisiert. Es folgte eine
gewisse Dynamik auf der Abwärtsseite, der es allerdings bislang an echter Dramatik fehlte. Vielmehr ist der Index
nun wieder in die breite Schiebezone eingetaucht, die nach oben durch die beiden Spitzen (rote Waagrechte) und
nach unten durch die Linien bei 13.000 Punkten und ca. 12.800 Punkten begrenzt wird (blaue Waagrechten). Das
Ganze ist im Moment nicht mehr als ein Angebot zur Topbildung. Würde allerdings der Aufwärtstrend, der seit Juni

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2016 intakt ist und aktuell bei ca. 13.000 Punkten verläuft (blaue Aufwärtslinie), gebrochen werden, dann könnte
das ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zu einer ausgedehnteren Korrektur werden. Richtig gefährlich wird es
erst unter ca. 12.800 Punkten. Das allerdings könnte im Zweifel aber auch recht schnell gehen. Denken Sie also
verstärkt darüber nach, die Boote, in Richtung des schützenden Ufers zu bewegen.

Musterdepot Aktien & Fonds

Im Bereich „Highlights/Musterdepot“ auf unserer Homepage geht es dieses Mal darum, wie wir auf die
Sturmwarnung reagieren. Sie können sich dort durch einfaches Blättern einen schnellen Überblick über die letzten
Wochentransaktionen verschaffen.

Veranstaltungshinweise

Am 17. März findet der Börsentag München in den Hallen des MOC statt. Das Team von Smart Investor wird dort
traditionell wieder mit einem eigenen Stand vor Ort sein. Einen knappen Monat später öffnet dann am 13. April die
Invest in Stuttgart für zwei Tage ihre Pforten. Sie ist Leitmesse und Kongress für Finanzen und Geldanlage und
schlicht die größte Veranstaltung ihrer Art im deutschsprachigen Raum.

Smart Investor 02/2018:

Der neue Smart Investor 2/2018 ist da:

Titelstory: Schwellenländer – Auf dem Weg nach oben

Zinsen & Anleihen: Chancen finden im Niedrigzinsumfeld

TV-Welt: Eine Branche im Umbruch

Neue Technologien: Wandel muss nicht immer radikal sein

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                                   Fazit

                                   Sich „sturmfest“ zu machen, könnte eine Vokabel sein, die wir im laufenden Jahr noch häufiger hören werden. Das
                                   liegt nicht nur an dem US-Präsidenten und seiner Vorliebe für die kalkulierte Provokation, auch die Märkte werden
                                   uns voraussichtlich einiges an Kopfzerbrechen bereiten.

                                   Ralph Malisch, Ralf Flierl

                                   Hinweis auf mögliche Interessenkonflikte:
                                   Ein mit “*“ gekennzeichnetes Wertpapier wird zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser Publikation oder der Smart
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                                   Die Charts wurden erstellt mit TradeSignal von www.tradesignal.de und Tai-Pan von Lenz+Partner. Diese Rubrik
                                   erscheint jeden Mittwochnachmittag.

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