Solide Ausbildung für Sportcracks - Jugendliche, die auf eine Sportkarriere hoffen, müssen nicht auf eine solide Schul- und Berufsausbildung ...

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Solide Ausbildung für Sportcracks - Jugendliche, die auf eine Sportkarriere hoffen, müssen nicht auf eine solide Schul- und Berufsausbildung ...
SCHULBLATT EXTRA                     August 2020

Schwerpunkt

Solide
­Ausbildung für
 Sportcracks
Jugendliche, die auf eine Sportkarriere
­hoffen, müssen nicht auf eine solide Schul-
 und Berufsausbildung verzichten. / ab Seite 2
Solide Ausbildung für Sportcracks - Jugendliche, die auf eine Sportkarriere hoffen, müssen nicht auf eine solide Schul- und Berufsausbildung ...
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Träumen von
Gold, lernen
fürs Leben
Junge Sporttalente, die hart für eine
­spätere Goldmedaille trainieren, be-
 kommen im Kanton St. Gallen gleichzei-
 tig auch eine auf ihre Bedürfnisse an­
gepasste solide Schulausbildung.
Von Philipp Landmark

Es sind unvergessliche Momente, wenn die Nation     Karriere reicht, eine andere gute Perspektive im
gebannt vor dem Fernseher sitzt, Reporter Michael   Leben zu bieten.
Stäuble «Flieg, Simi flieg!» ruft und der Toggen-
burger Simon Ammann dies tatsächlich tut – und      «Für den sportlichen Erfolg ist der jeweilige Sport-
Doppel-Olympiasieger wird. Ein Kunststück, das er   verband und das Talent selbst verantwortlich», be-
acht Jahre später sogar wiederholt. Die Schweiz     tont Ueli Grunder, der kantonale Nachwuchsbeauf-
klopft sich auf die Schulter, wenn die Gossauerin   tragte für junge Sporttalente. «Unser Ziel ist es,
Giulia Steingruber das perfekte Timing zeigt und    dass nebenher auch die Schule erfolgreich abge-
zu olympischem Edelmetall springt oder fünf Euro-   schlossen oder eine Berufsausbildung absolviert
pameister-Titel sammelt. Die Eidgenossen stossen    werden kann.» Die allermeisten jungen Sportta-
an, wenn die Thalerin Jolanda Neff den frischeren   lente werden später ihren Lebensunterhalt nicht
Kopf und die frischeren Beine hat als die Konkur-   mit Sport bestreiten können. «Wenn man weiss,
renz und auf ihrem Mountainbike Weltmeisterin       wie wenige es mit Sport wirklich schaffen, ist klar,
wird oder Gesamtweltcup-Siege einfährt.             dass eine Ausbildung wichtig ist», unterstreicht
                                                    ­Patrik Baumer, Leiter des St. Galler Amts für Sport.
Solche sportliche Erfolge stehen dem Land            «Mehr als 99 Prozent der einstigen Talente sind ein-
gut an, diese Erfolge einzufahren ist aber keine     mal froh, dass sie einen Beruf erlernen konnten.»
Staatsaufgabe. Dennoch tut der Staat vieles, um
einen guten Nährboden für sportliche Höhen­flüge    Die olympischen Ringe über dem Eingang der
zu bereiten – und vor allem, um jenen Sportlerin-   Sportschule Rapperswil-Jona sagen aber auch:
nen und Sportlern, denen es nicht zu einer Profi-   Träumen ist erlaubt. Doch wer seine Ziele so hoch
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                                                             SCHULBLATT EXTRA August 2020   3

                                                                                lastungssteuerung für die einzelnen Schülerinnen
                                                                                und Schüler am sinnvollsten ist.»

                                                                                Geleitet wird das Athletik- und Koordinationstrai-
                                                                                ning, an dem oft 50 Schülerinnen und Schüler teil-
                                                                                nehmen, von Marco Beeler als Headcoach und
                                                                                drei weiteren Coaches. Marco Beeler kommt als
Bild: Benjamin Manser

                                                                                ehemaliger Nati-Volleyballer selbst aus dem Leis-
                                                                                tungssport, er kennt die Grenzen der Trainings in
                                                                                den Vereinen. «Wir stopfen Löcher, wo andernorts
                                                                                die Kapazitäten oder das Know-how fehlen», sagt
                                                                                er. «Viele machen bereits Krafttraining, haben aber
                        Patrik Baumer, Leiter Amt für Sport (rechts), und       oft zu wenig Ahnung davon.» Darum werden die
                        Ueli Grunder, kantonaler Nachwuchsbeauftrag-            Schülerinnen und Schüler beispielsweise im Um-
                        ter für Sporttalente.                                   gang mit Langhanteln geschult, insbesondere wer-
                                                                                den sie auf die richtige Körperhaltung während der
                        steckt, muss bereit sein, viel zu investieren. An der   Übungen sensibilisiert, damit sie sich keinen Rü-
                        Sportschule in Rapperswil-Jona lernen die rund          ckenschaden einhandeln.
                        90 Oberstufen-Schülerinnen und -Schüler deshalb
                        nicht nur, wie man richtig trainiert, sie befassen
                        sich auch mit den theoretischen Grundlagen: Eine        Weniger Lektionen, mehr Freiraum
                        Lektion pro Woche ist für das Fach Athleten-Schu-       Wie in der Sportschule Rapperswil-Jona verfügt
                        lung reserviert. Hier vermittelt Turn- und Sportleh-    der Kanton St. Gallen heute über Strukturen, die
                        rer Marco Beeler Themen von Anatomie, Biome-            es den Sporttalenten ermöglichen, ihre sportli-
                        chanik und Physiologie über Bewegungslehre und          chen Ambitionen optimal mit ihrer schulischen För-
                        Trainingslehre, auch Mind-Set oder «mein Athleten-      derung zu verbinden. Auf dem Niveau Oberstufe
                        weg» werden unterrichtet.                               (Sek I) gibt es im Kanton neun anerkannte Talent-
                                                                                schulen für Sport. Im Anschluss daran bieten auf
                        Grundsätzlich soll die Sportschule den Schülerin-       Stufe Sek II weiterführende Schulen wie die Kan-
                        nen und Schülern den vollumfänglichen Besuch            tonsschulen Heerbrugg, Sargans, Wattwil, Wil so-
                        ­aller Trainings in ihren Verbandsstützpunkten, Re-     wie Burggraben und Brühl in St. Gallen, das Be-
                         gionalzentren und Vereinen ermöglichen.                rufs- und Weiterbildungszentrum Wil-Uzwil und
                                                                                die United School of Sports Wege an, um wäh-
                        Die Sportschule selbst bietet neben der Athleten-       rend der Ausbildung intensiv zu trainieren und an
                        Schulung an drei Vormittagen ein Athletik- und          Wettkämpfen teilzunehmen. An der Kanti Wattwil
                        Koordinationstraining an, das alle Schülerinnen         beispielsweise wird neu eine Talentklasse Sport
                        und Schüler mindestens einmal besuchen müs-             geführt. Bis zur Matura im Schwerpunktfach Wirt-
                        sen. Während die Mannschaftssportler in diesen          schaft und Recht absolvieren die Talente hier eine
                        Zeitfenstern auch ihr spezifisches Training in den      um ein Jahr längere Ausbildungszeit als «norma-
                        Regionalzentren oder im Klub absolvieren, nutzen        le» Absolventen des Gymnasiums. Die Reduktion
                        Jugendliche aus Einzelsportarten von Tennis über        der wöchentlichen Pflichtlektionen ermöglicht mehr
                        Karate bis Dressurreiten dieses Angebot mehrmals        Flexibilität bei der Stundenplanung und gibt mehr
                        wöchentlich. Für die optimale Aufteilung der Trai-      Freiraum für die besonderen Bedürfnisse der jun-
                        nings sorgt David Beglinger, der zusammen mit           gen Sportlerinnen und Sportler.
                        Michael Brunner die Schule leitet und als Sport-
                        koordinator fungiert: «Meine Aufgabe ist, zu klä-       Abgerundet wird das Angebot auf Stufe Sek II mit
                        ren, wie die Wochengestaltung und somit die Be-         den «Leistungssportfreundlichen Lehrbetrieben»:
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4  SCHULBLATT EXTRA August 2020

Der Kanton St. Gallen hat dafür eine Koordina-           Die Versuchung für Sportverbände, Talentcards all-
tionsstelle im Amt für Berufsbildung eingerichtet,       zu grosszügig zu streuen, ist klein, denn der jewei-
die zusammen mit dem Amt für Sport, mit den El-          lige Verband ist auch verpflichtet, die Talente zu
tern und dem Lehrbetrieb auslotet, wie ein Lehr-         trainieren bzw. über regionale Stützpunkte ihnen
vertrag ausgestaltet wird, damit ein Talent auf dem      eine Trainingsmöglichkeit zur Verfügung zu stel-
bisherigen Niveau Sport betreiben oder die Leis-         len. «Dieses Training kostet natürlich Geld, des-
tung sogar noch ausbauen kann. Dies kann inner-          halb fördert ein Verband nicht blindlings Hunder-
halb der vorgegebenen Jahre oder in einer verlän-        te von Jugendlichen», erklärt Patrik Baumer. Und
gerten Lehre geschehen, wie Ueli Grunder darlegt,        Ueli Grunder ergänzt: «Die Verbände sind interes-
«aber da müssen dann alle mitmachen, auch die            siert daran, dass sie die Richtigen fördern.» Je jün-
Berufsfachschule».                                       ger potenzielle Talente sind, desto schwieriger ist
                                                         es, Prognosen zu machen und längerfristige Ten-
                                                         denzen herauszulesen.
Talentcard als Eintritt
Wer eine der neun vom Bildungsdepartement an-
erkannten Talentschulen in Bad Ragaz, Gams,              Davos oder Magglingen
Heerbrugg, Nesslau, Quarten, Rapperswil-­Jona,           Talentschulen werden auch in anderen Kantonen
Wil und Wittenbach oder den Talent Campus                geführt. 2004 ist der Kanton St. Gallen der kurz zu-
St. Gallen besuchen will, muss bestimmte Voraus-         vor geschlossenen interkantonalen Vereinbarung
setzungen erfüllen. Insbesondere muss das Talent         für Hochbegabte beigetreten. Dies ermöglicht es
einer Nachwuchsportlerin oder eines Nachwuchs-           St. Galler Nachwuchshoffnungen, auch ausserkan-
sportlers verbrieft sein. Die jeweiligen Sportver-       tonale Schulen zu besuchen. Ein Ski-Talent etwa
bände geben Swiss Olympic Talentcards in drei            kann das nationale Leistungszentrum in Davos und
Kategorien ab, mindestens die Karte der unters-          das dortige Gymnasium besuchen, das Schulgeld
ten, lokalen Kategorie muss eine Schülerin oder          übernimmt der Kanton St. Gallen. Wenn jemand in
ein Schüler haben. Weiter muss an den Schulta-           Magglingen ins Kunstturnzentrum geht, kann die-
gen ein Sporttraining von insgesamt mindestens           ses Talent in Biel die Schule besuchen oder die
zehn Stunden gewährleistet sein.                         berufliche Ausbildung abschliessen. «Ab der Stu-

1600

1400

1200
                                                                                           631
1000                                                                                562
                                                                             487                  TC-Lokal
 800                                                    542    510    469
                                                 585                                              TC-Regional
 600                                      523                                                     TC-National
       204    242    321    386    331
                                                                                    510    550
 400                                                           390    419    476
                                                 319    375
       222    223    203           226    210
                            186
 200
       180    193    162    155    147    157    154    161    176    187    173    207    212
  0
       2007   2008   2009   2010   2011   2012   2013   2014   2015   2016   2017   2018   2019

Im Jahr 2019 hielten im Kanton St. Gallen total 1393 Jugendliche eine Talentcard. 326 davon besuch-
ten eine Talentschule auf Stufe Sek I im Kanton oder im Geltungsbereich der Interkantonalen Verein-
barung für Schulen mit Angeboten für Hochbegabte, 206 nutzten ein Angebot auf Stufe Sek II.
Solide Ausbildung für Sportcracks - Jugendliche, die auf eine Sportkarriere hoffen, müssen nicht auf eine solide Schul- und Berufsausbildung ...
Bild: Benjamin Manser
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                        Athletik- und Koordinationstraining an der Sportschule Rapperswil-Jona.

                        fe Sek II ist der Kanton in der Pflicht», sagt Ueli      Zusätzliche Förderung
                        Grunder, vorher besuchen die Talente Schulen der         Neben dem schulischen Angebot unterstützt der
                        Gemeinden. Die abgebende Schulgemeinde muss              Kanton St. Gallen den Sport mit rund fünf Millio-
                        dann das Schulgeld von bis zu knapp 20 000 Fran-         nen Franken jährlich aus dem Sport-Toto-Fonds.
                        ken im Jahr übernehmen.                                  Das Gros davon gelangt über die Sportverbände
                                                                                 an den Breitensport.
                        Die Zahl der Jugendlichen, die als anerkannte
                        Sporttalente ein schulisches Angebot nutzen, hat         Gemäss einer Verordnung des Kantons St. Gal-
                        stetig zugenommen. 2014 waren es auf der S  ­ tufe       len wird das Geld vorwiegend für Vereine und Ver-
                        Sek I noch 250 Jugendliche, 2019 dann schon 350          bände verwendet. Der Sport-Toto-Fonds wird von
                        Jugendliche – dies auch, weil neue Sportarten da-        der Interessengemeinschaft St. Galler Sportver-
                        zugekommen sind.                                         bände als Zusammenschluss der Sportverbände
                                                                                 verwaltet, wie Patrik Baumer sagt: «Diese Lösung
                        Auf der Stufe Sek II nutzen 154 Talente eine beson-      hat sich bewährt.»
                        dere schulische Lösung, weitere 52 Sporttalente
                        stecken in der Berufsbildung. Das bedeutet: Von          Patrik Baumer schätzt, dass rund eine Million direkt
                        der dreijährigen Stufe Sek I zur drei- oder vierjäh-     oder indirekt in die Spitzensportförderung fliesst
                        rigen Stufe Sek II halbiert sich die Zahl der Talente.   (Zahlen von 2019). Etwas über 400 000 Franken
                        «Da passiert ein grosser Cut», sagt Ueli Grunder.        davon wurden für direkte Unterstützung einzel-
                        Die Gründe dafür sind vielfältig, manchmal sehen         ner Sportler eingesetzt: Sportlerinnen und Sport-
                        die Jugendlichen, dass die Leistung für eine Spit-       ler können ein Gesuch einreichen und bekommen
                        zensportkarriere nicht reichen wird, andere verlie-      unter gewissen Voraussetzung einen Beitrag von
                        ren das Interesse oder setzen auf einen beruflichen      wenigen tausend Franken für Material, Reisekos-
                        Weg, der sich nicht gut mit den sportlichen Ambi-        ten, Unterkunft oder Verpflegung.
                        tionen verbinden lässt.
                                                                                 Noch im Jahr 2006 wurden lediglich 14 Skifahre-
                        Nicht alle Talentcard-Halter nutzen die speziellen       rinnen und Skifahrer aus diesem Topf gefördert, im
                        schulischen Angebote, das Potenzial wäre noch ei-        Schuljahr 2018/19 waren es bereits fast 80 Fuss-
                        niges grösser. 2019 zählte man im Kanton St. Gal-        baller oder 54 Skifahrer – «Insgesamt zählen wir gut
                        len fast 1400 Jugendliche, die eine lokale, regio-       270 Sporttalente, die von dieser Förderung profi-
                        nale oder nationale Talentcard hielten. Wie auch         tieren», erklärt Patrik Baumer. Im selben Zeitraum
                        die Portraits auf den folgenden Seiten zeigen: Es        hat auch in der Schweizer Bildungslandschaft eine
                        gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Sportkarrie-       grosse Entwicklung stattgefunden. «Überall sind
                        re anzupeilen; der Besuch einer Talentschule ist ein     öffentliche Talentschulen und private Sportschu-
                        nachhaltiger, aber nicht der einzige Weg.                len aufgegangen», sagt Ueli Grunder.
Solide Ausbildung für Sportcracks - Jugendliche, die auf eine Sportkarriere hoffen, müssen nicht auf eine solide Schul- und Berufsausbildung ...
6

Souverän durch die
Schulzeit getanzt
Die Talentschule Blumenau ermöglichte es Elisa Hochuli,
­jahrelang intensiv Rhythmische Gymnastik zu trainieren und
gleichzeitig die Aufnahme in die Kantonsschule zu schaffen.

Von Philipp Landmark

Als sie viereinhalb Jahre alt war, hat Elisa Hochuli   ­ euen Regionalen Leistungszentrum für Rhythmi-
                                                       n
ihre drei Cousinen bei Rhythmischer Gymnastik          sche Gymnastik trainieren – 24 Stunden pro Woche.
beobachtet. Sie war begeistert und begann selbst,
beim Turnverein Teufen Rhythmische Gymnas-             In der Blumenau hatte Elisa Hochuli einen eige-
tik zu trainieren. Seither nimmt der Sport im Le-      nen Stundenplan, im Gegensatz zu den anderen
ben der heute 18-Jährigen eine dominante Rolle         Sporttalenten fehlte sie jeden Nachmittag, um vier
ein. Im ­Alter von 12 Jahren trainierte Elisa Hoch-    Stunden trainieren zu können. Dafür hat sie unter
uli bereits 19 Stunden pro Woche. Nie hat sie re-      anderem während der offiziellen Schulsport-Lek-
klamiert, dass es ihr zu viel würde, im Gegenteil:     tionen Stoff nachgeholt. «Die Struktur der Talent-
«Ich war sehr ehrgeizig und habe mehr trainiert        schule ist eher auf Mannschaftssportler ausge-
als nötig, meine Eltern mussten mich eher brem-        richtet», sagt Elisa Hochuli, «darum bin ich sehr
sen», erinnert sich Elisa Hochuli. Die Eltern stan-    dankbar, dass mir die Lehrpersonen immer stark
den aber immer hinter ihr, «sie haben gemerkt,         entgegengekommen sind.» Hochuli durfte etwa
dass ich selber will.»                                 die Fächer Musik oder Handwerken ganz weg-
                                                       lassen, um sich zu entlasten.
Als Primarschülerin besuchte Elisa Hochuli zwei-
mal wöchentlich das regionale Leistungszentrum         Zwei Ziele hatte sich Elisa Hochuli für ihre Se-
Uster – in St. Gallen wurde erst 2014 ein regiona-     kundarschulzeit gesetzt: Den Weg ans Gym-
les Leistungszentrum für Rhythmische Gymnas-           nasium zu schaffen, und an der Europameis-
tik eröffnet. Schon in der Primarschule wurden         terschaft 2017 mit der Juniorenmannschaft zu
die Ambitionen der jungen Sportlerin unterstützt,      brillieren. Aus diesem Ziel wurde nichts: Hoch-
sie durfte am Donnerstag und am Freitag je-            uli bekam Probleme mit der Wirbelsäule, der
weils nachmittags fehlen – ohne Abstriche bei          Sportarzt hielt sie dazu an, weniger zu trainie-
den ­Erwartungen an ihre schulischen Leistun-          ren. Die Teilnahme an der Europameisterschaft
gen freilich.                                          wurde illusorisch, die Motivation war weg. Auch
                                                       nach ihrem Rücktritt blieb Elisa Hochuli an der
                                                       Talentschule, «ich bekam das Angebot, weiter zu
Eigener Stundenplan                                    bleiben und mit Schülerinnen und Schülern aus
Optimal war dann die nächste Stufe: Die Sekun-         anderen Sportarten zu trainieren, um nicht von
darschule besuchte Elisa Hochuli an der Talent-        100 auf Null herunterfahren zu müssen.» Wobei
schule Blumenau, gleichzeitig konnte sie nun in un-    Null bei Elisa Hochuli ohnehin keine Option zu
mittelbarer Nachbarschaft im Athletik Zentrum am       sein scheint.
Solide Ausbildung für Sportcracks - Jugendliche, die auf eine Sportkarriere hoffen, müssen nicht auf eine solide Schul- und Berufsausbildung ...
                                                           SCHULBLATT EXTRA August 2020   7

                                                                                Elisa Hochuli,
                                                                                Kantons­schülerin,
                                                                                Rhythmische ­Gymnastin
                                                                                und Tänzerin.

                                                                                       Manser      jamin
                                                                                         Bild: Ben

Schon zwei Monate nach ihrem Rücktritt schloss        Schulisch hat Elisa Hochuli ihr Etappenziel erreicht.
sie sich der Tanzgruppe Les Papillons ihres Stamm-    «Ich dachte nicht, dass ich die Kanti schaffe»,
vereins TV Teufen an, wo sie zusammen mit weite-      meint sie rückblickend, doch die Talentschule Blu-
ren ehemaligen Rhythmischen Gymnastinnen ihre         menau hat sie gut vorbereitet, so dass sie nach
Fähigkeiten ausspielen konnte; mit der Tanzgrup-      der dritten Sek in die Kanti Burggraben übertreten
pe nahm sie auch an Schweizer Meisterschaften         konnte. Inzwischen reifen auch mögliche Berufs-
für Bühnengymnastik teil – und gewann mehrfach.       pläne: Neben Physiotherapeutin wäre professio-
Inzwischen ist sie auch selber Trainerin und bildet   nelle Bühnentänzerin eine Option, wofür sie eine
den Nachwuchs in Rhythmischer Gymnastik aus.          Ausbildung in Contemporary Dance an der Zürcher
Und weil das noch nicht genug ist, besucht sie        Hochschule der Künste ins Auge fasst. Ihrem Sport
auch noch Ballettunterricht.                          bleibt Elisa Hochuli auf ihrem Weg treu.
Solide Ausbildung für Sportcracks - Jugendliche, die auf eine Sportkarriere hoffen, müssen nicht auf eine solide Schul- und Berufsausbildung ...
8

Mit Ehrgeiz Richtung
Stammplatz
Alessandro Kräuchi ist ein Eigengewächs des FC St. Gallen
und eine grosse Nachwuchshoffnung. Parallel zum Fussball
 hat der 22-Jährige eine kaufmännische Ausbildung absolviert.
­Beides unter einen Hut zu bringen, war nicht immer einfach.

Von Marion Loher

Fussball oder Ausbildung? Diese Frage stellte sich    hat ihm gefallen, die Schule auch. Doch am An-
für Alessandro Kräuchi nicht. Für den jungen Spie-    fang habe er eine gewisse Zeit gebraucht, um sich
ler des FC St. Gallen gab es kein Entweder-oder,      an den neuen Rhythmus in seinem Leben zu ge-
er wollte beides. «Man ist ja nicht ein Leben lang    wöhnen. «Ich war praktisch jeden Tag von 7 bis 21
Fussballprofi», sagt der 22-Jährige und lacht. «Ich   Uhr unterwegs und kaum mehr zu Hause», sagt er.
bin froh, wenn ich für die Zeit nach dem Fussball     Während der Woche pendelte er zwischen Klas-
schon eine Ausbildung in der Tasche habe.» Kräu-      senzimmer und Trainingsplatz. Nebst der tägli-
chi hat vor gut zwei Jahren die «United School of     chen Schule und dem Berufspraktikum gab es bis
Sports» in St. Gallen abgeschlossen. Die Schu-        zu acht Fussballtrainings pro Woche, dazu kamen
le unweit des Bahnhofs ist auf Spitzensport aus-      die Meisterschaftsspiele an den Wochenenden.
gerichtet und verbindet Training mit einer Kauf-      «Es war eine intensive Zeit», sagt Kräuchi. Schu-
männischen Lehre. Junge Talente sollen so trotz       le und Sport seien aber sehr gut aufeinander ab-
hoher sportlicher Belastung eine Ausbildung ab-       gestimmt gewesen, was das Ganze etwas leichter
solvieren können. Den Standort in St. Gallen gibt     gemacht habe. Die Ausbildung abzubrechen, kam
es seit 2011, gegründet wurde die «United School      für den ehrgeizigen Fussballer nie in Frage. «Ich
of Sports» in Zürich. Erfolgreiche Absolventen sind   hatte mich für diesen Weg entschieden und wollte
unter anderem der ehemalige Fussball-Nationaltor-     ihn auch durchziehen.»
hüter Diego Benaglio, der Dortmund-Spieler Ma-
nuel Akanji und Kräuchis Teamkollege Silvan Hef-
ti, der Captain des FC St. Gallen.                    Stammplatz als grosses Ziel
                                                      Kräuchi ist in Wittenbach aufgewachsen. Die Fuss-
                                                      ballschuhe hat er sich schon als Bub geschnürt.
Eine intensive Zeit                                   Im Alter von zehn Jahren wurde er dann von Ta-
Die Ausbildung an der United School of Sports         lentspähern des FC St. Gallen entdeckt und unter
dauert vier Jahre, ein Jahr länger als die «norma-    Vertrag genommen. Er durchlief die verschiedenen
le» KV-Lehre. In den ersten beiden Jahren liegt der   Juniorenabteilungen und kam danach in die Talent-
Schwerpunkt auf dem schulischen Unterricht, da-       schmiede Future Champs Ostschweiz. Sein Debüt
nach steht das Praktikum in einem sportfreundli-      in der ersten Mannschaft des FC St. Gallen gab er
chen Betrieb an. Alessandro Kräuchi hat sich sein     im August 2017, damals war er 19-jährig und der
kaufmännisches Rüstzeug in der Verwaltung der         Gegner hiess FC Baden. Es war die erste Run-
United School of Sports geholt. Die Arbeit dort       de im Schweizer Cup und St. Gallen gewann mit
Solide Ausbildung für Sportcracks - Jugendliche, die auf eine Sportkarriere hoffen, müssen nicht auf eine solide Schul- und Berufsausbildung ...
                                                            SCHULBLATT EXTRA August 2020   9

Alessandro Kräuchi,
Eigen­gewächs des
FC St. Gallen mit
abgeschlossener
KV-Lehre.
                       Manser
                          jamin
                Bild: Ben

8:3 Toren. Bis Ende Saison 2019/20 hat K   ­ räuchi    gaben die St.Galler Verantwortlichen die Vertrags-
17-mal im Dress der Grün-Weissen gespielt. Meis-       verlängerung mit dem 22-Jährigen bis im Sommer
tens waren es Teil-Einsätze, einen Stammplatz in       2021 bekannt. Kräuchi will die Chance nutzen. «Der
der ersten Mannschaft hat der Mittelfeldspieler, der   Fussball ist ein schnelllebiges Business. Da kann
sowohl auf der linken als auch der rechten Seite       innerhalb kurzer Zeit viel passieren. Ich bin parat.»
eingesetzt werden kann, aktuell nicht. Das aber ist
sein grosses Ziel.

Das Vertrauen des Trainers und des Clubs hat er:
Mitte Juni, kurz bevor die Super League wegen der
coronabedingten Zwangspause fortgesetzt wurde,
Solide Ausbildung für Sportcracks - Jugendliche, die auf eine Sportkarriere hoffen, müssen nicht auf eine solide Schul- und Berufsausbildung ...
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Die gut organisierte
Sprinterin
Als Sprinterin nähert sich Salomé Kora der absoluten Welt­
klasse, obwohl die Spitzensportlerin in den letzten Jahren auch
ihr anspruchsvolles Studium an der PHSG absolvierte.

Von Philipp Landmark

Salomé Kora ist die zweitschnellste Frau des Lan-        Vereinstrainings plus ein individuelles Training pro
des, so stand es auf ihrer Website zu lesen. Was als     Woche, ohne Abstriche am Schulbesuch zu ma-
Ansage zu verstehen ist, denn ihr erklärtes Ziel lau-    chen. Denn auch der war ihr wichtig: «Ich woll-
tet: «Schneller werden». Sie möchte nicht nur auf        te schon immer Lehrerin werden, darum war die-
Schweizer Bahnen glänzen, sondern international          ser Weg klar.» Neben Schule und Sport jobbte sie
als 100-Meter-Sprinterin immer bessere Klassie-          auch noch gut zehn Stunden in der Woche im Sän-
rungen erlaufen. Wenn dieses Schulblatt erscheint,       tispark – «ich habe gelernt, meinen Alltag zu struk-
wäre sie gerade von den Olympischen Spielen in           turieren», antwortet sie lachend auf die Frage, wie
Tokio zurückgekehrt, qualifiziert dafür hatte sie sich   das alles unter einen Hut zu bringen sei. Ausdauer
längst. Nun muss sie sich wie die ganze Sportwelt        hat die 26-Jährige durchaus. Anfang dieses Jahres
ein Jahr gedulden.                                       hatte Salomé Kora ihr Studium an der Pädagogi-
                                                         schen Hochschule St. Gallen (PHSG) abgeschlos-
Wie es ist, auf der grossen Weltbühne zu sprin-          sen, während des Corona-Lockdowns arbeitete sie
ten, hat sie als Mitglied der Schweizer Frauen-          nun zu Hause an ihrer Masterarbeit – und nutzte die
staffel schon 2016 an den Olympischen Spielen            Trainingsmöglichkeiten ihres Wohnorts: «St. Gallen
in Rio de Janeiro erleben dürfen. Inzwischen ge-         ist eine Treppenstadt.»
hören die Schweizer Frauen zur Weltspitze, auch,
weil sich Salomé Kora als Sprinterin weiterentwi-
ckelt hat. Dabei hatte die junge Frau im Gegen-          Die PHSG als Glücksfall
satz zu ihren beiden Schwestern lange mit Sport          Mit ihrem Status als Spitzensportlerin sei die PHSG
nichts am Hut. Als Kind machte die in Ober­arnegg        eine gute Wahl gewesen, blickt die künftige Ober-
aufgewachsene Salomé Kora eine Weile im Leicht-          stufenlehrerin auf ihr Studium zurück. Sie habe vie-
athletikverein Gossau mit, konnte aber mit Wurf-         le aussergewöhnliche Wünsche gehabt und sei von
und Ausdauerdisziplinen nichts anfangen und stieg        der Anwesenheitspflicht befreit worden, etwa, um
wieder aus. Erst im Alter von 17 Jahren wagte            an mehrwöchigen Trainingslagern teilzunehmen.
die gebürtige St. Gallerin nochmals einen Versuch        «Ich hatte riesiges Glück, die PHSG hat mich im-
und schloss sich der Sprintgruppe des LC Brühl           mer unterstützt und ist mir sehr entgegengekom-
an. Dort erkannte man ihr Potenzial, ihr Trainer,        men», sagt Salomé Kora, «auch meine Mitstudie-
­Stephan «Stif» Keller, formulierte die Vision von       renden haben mich sehr unterstützt.» Es war für
 Olympischen Spielen, und Salomé Kora wurde              die PHSG kein Problem, dass Salomé Kora statt an
 motivierter und ehrgeiziger. Als Schülerin absol-       den Semesterprüfungen an der Staffel-WM glänz-
 vierte sie in der 4. Klasse der Kantonsschule drei      te, doch trotz aller Extrawürste hält sie fest: «Mei-
                                                           SCHULBLATT EXTRA August 2020   11

                                                                                 Salomé Kora,
                                                                                 100-Meter-Sprinterin
                                                                                 und angehende
                                                                                 Oberstufenlehrerin.

                                                                                        Manser      jamin
                                                                                          Bild: Ben

ne schulischen Leistungen musste ich erbringen         voll auf die Karte Sport setzen. Im Wissen, dass
wie alle anderen auch.» Dafür müsse man dann           sie dabei nicht reich werden wird: ­«Leichtathletik
eben Opfer bringen, wenn andere in der Badi lie-       eignet sich nicht, um viel Geld zu verdienen. Es ist
gen. Und sich Zeit verschaffen: Die letzten drei Se-   eine Leidenschaft.» Den Kontakt zur anderen Lei-
mester hat S­ tudentin Kora gestreckt, sie hat zuvor   denschaft wird sie nicht abbrechen lassen, wenn
auch ein Zwischenjahr mit einem Sprachaufent-          es der Sport zulässt, wird sie als Lehrerin Stellver-
halt eingelegt.                                        tretungen übernehmen – «ich unterrichte gerne!»

Für Salomé Kora war aber immer klar, dass sie
ihre Ausbildung erfolgreich abschliessen möch-
te, nun aber wird sie die nächsten Jahre als ­Profi
12

Von der Eishalle
ins Klassenzimmer
Mit 17 Jahren debütierte Lukas Sieber als Spieler beim Rekord-
meister HC Davos. Mittlerweile hat der gebürtige Widnauer
­seine Hockeyschuhe an den Nagel gehängt und startet beruf-
 lich neu durch.

Von Marion Loher

Das neue Schuljahr bringt auch für Lukas Sieber           zu spielen. Deshalb kam für mich nie eine ande-
viel Neues: Der 26-jährige Junglehrer betreut zum         re Schule in Frage.» Am Sportgymnasium kann er
ersten Mal eine eigene Schulklasse. Es ist eine           trotz Fokus auf den Sport eine schulische Ausbil-
fünfte Klasse in der Schule Grüsch, etwa 20 Auto-         dung absolvieren.
minuten von seinem Wohnort Felsberg entfernt.
«Ich habe die Mädchen und Buben bereits vor den           Mit 17 Jahren gibt er sein Debüt in der ersten
Sommerferien kennengelernt und ich glaube, das            Mannschaft. «Es war das zweitletzte Freund-
wird gut funktionieren», sagt er und lacht. Ausser        schaftsspiel vor Meisterschaftsstart gegen ein rus-
Italienisch und Musik wird der gebürtige Widnauer         sisches Team. Es gab einige Ausfälle bei uns und
alle Fächer unterrichten. Dazu kommt eine Stun-           ich wurde nachnominiert.» Der Juniorenspieler, der
de mehr Sport. Das passt, denn der Sport spielt           am liebsten als Stürmer eingesetzt wird, nutzt sei-
im Leben von Lukas Sieber seit Kindstagen eine            ne Chance. Die Einsätze häufen sich und er ent-
grosse Rolle. Bevor er in den letzten drei Jahren         wickelt sich zum Stammspieler. Dies hat jedoch
die Pädagogische Hochschule in Chur besuchte,             Auswirkungen auf die Schule. Bei drei Matches in
hatte er während sieben Jahren professionell Eis-         der Woche und dem regelmässigen Training kann
hockey gespielt. Die meiste Zeit beim Rekordmeis-         er immer weniger am Unterricht teilnehmen. «Die
ter HC ­Davos. «Es waren super Jahre, in denen ich        beiden letzten der insgesamt fünf Jahre am Sport-
viel erlebt und gelernt habe», sagt er. «Irgendwann       gymnasium waren die schwierigsten. Ich fehlte oft
aber war ich immer weniger motiviert für die vielen       und musste viele Nachprüfungen schreiben», er-
Trainings und Spiele. Ich spürte, dass es noch et-        zählt er. «Ich weiss nicht, was ich gemacht hätte,
was anderes geben muss als Eishockey.»                    wenn meine Eltern mich nicht dazu gedrängt hät-
                                                          ten, die Schule abzuschliessen.» Heute ist er ih-
                                                          nen dankbar dafür, «sonst wäre die Aufnahme an
Traumziel erreicht                                        die Pädagogische Hochschule wohl etwas kompli-
Im Alter von vier Jahren steht Lukas Sieber – aus-        zierter geworden».
gerüstet mit Helm und Schläger – zum ersten Mal
auf dem Eis. Sein Talent ist schnell entdeckt. Er tritt
seinem Heimklub, dem SC Rheintal, bei und durch-          «Kämpfen lohnt sich»
läuft alle Juniorenabteilungen. Mit 14 Jahren wech-       Während vier Saisons spielte Lukas Sieber mit
selt er ans Sportgymnasium nach Davos. «Es war            ­Davos in der National League A, dazwischen wurde
mein grosser Traum, irgendwann beim HC ­Davos              er für ein Jahr an die SC Rapperswil-Jona ­Lakers
                                                          SCHULBLATT EXTRA August 2020   13

Lukas Sieber,
Primarschullehrer und
früherer Spitzen-­
Eishockeyspieler.
                       Manser
                          jamin
                Bild: Ben

ausgeliehen. Zum Meistertitel reichte es in die-      nicht ausschlaggebend, aber sie bestärkte mich
ser Zeit nicht, dafür gewann er mit seinen Davo-      in meinem Entscheid.» Ein Entscheid, den er bis-
ser Teamkollegen 2011 den Spengler-Cup. Dieser        her nicht bereut hat. «Ich kann meinen Schülerin-
­Titel sowie die beiden Teilnahmen mit der Natio-     nen und Schülern einiges aus meiner Zeit als Profi-
 nalmannschaft an der U20-Weltmeisterschaft sind      sportler mitgeben: Man muss das, was man macht,
 seine Highlights.                                    gerne tun, und es lohnt sich, für das zu kämpfen,
                                                      was man will.»
Von schlimmen Verletzungen blieb er verschont.
Einmal aber erwischte es ihn an der Schulter. Es
war in der Zeit, als er sich bereits ­Gedanken über
sein Karriereende machte. «Die Verletzung war
14

Sporttalente sind
auch im Unterricht fit
Absolventen von Talentschulen betreiben einen enormen Auf-
wand für ihren Sport. Trotzdem können sie bei den schulischen
Leistungen mit Regelklassen mithalten – dies ist eine Erkennt-
nis aus drei PHSG-Diplomarbeiten über Sportschulen.

Von Philipp Landmark

Zwei Masterstudenten und ein Nachdiplomstu-                                   Sebastian Breu, ein Rheintaler Eishockeyspieler,

                                                                                                                                    Bild: Benjamin Manser
dent an der Pädagogischen Hochschule St. Gal-                                 hat zum Abschluss seines PHSG-Studiums eine
len haben Diplomarbeiten zum übergeordneten                                   Analyse der schulischen, beruflichen und sportli-
Thema «Evaluation Talentschulen Kanton St. Gal-                               chen Karrieren ehemaliger Talentschülerinnen und
len» verfasst. Alle drei Arbeiten befassen sich mit                           Talentschüler im Kanton St. Gallen vorgenommen.
den Sportschulen OMR Heerbrugg, Rapperswil-                                   Für ein noch präziseres Bild sei die Rücklaufquo-
Jona und Lindenhof Wil; die Schulleitungen und                                te seiner Fragebogen zu klein, dennoch konnte er
die Sportkoordinatoren dieser Schulen haben die                               einige interessante Aspekte aufzeigen, so etwa,
Arbeiten unterstützt. «Die Schulen haben einen                                dass die Maturitätsquote unter geförderten Sport-
genauen Blick zugelassen», lobte Christian Brüh-                              talenten deutlich höher als im Durchschnitt sei. Zu
wiler, Prorektor Forschung und Entwicklung an                                 Beginn einer Laufbahn sei es letztlich der jeweili-
der PHSG, bei einer Präsentation der Arbeiten. Es                             ge Nachwuchstrainer, der den Entscheid fälle, wer
handle sich um «Masterarbeiten mit Nutzen», die                               in eine Sportschule kommt, während bei Förder-
auch Diskussionen auslösen.                                                   schulen für Musik und Gestaltung die Eltern den
                                                                              grössten Einfluss hätten.

Der Umgang mit Langhanteln will geübt sein.
                                                                              Belastende Reisen
                                                                              Thomas Brändli, Volleyball-Profi und National-
                                                                              spieler, hat zum Ende seines Masterstudiums den
                                                                              Schulerfolg von Sporttalenten unter die Lupe ge-
                                                                              nommen: Trotz grosser Belastung durch den Sport
                                                                              erreichen die Schülerinnen und Schüler die Lern-
                                                                              ziele und die Ziele des Lehrplans. Eine zusätzliche
                                                                              Belastung ergibt sich für die Sporttalente oft nur
                                                                              schon aus den Reisezeiten zwischen Trainingsstät-
                                                      Bild: Benjamin Manser

                                                                              te und Schulhaus. Wer Ende Oberstufenzeit den
                                                                              Cut, die nächste sportliche Selektion, nicht schaf-
                                                                              fe, müsse sich auch eine andere Schullösung über-
                                                                              legen, Anschlusslösungen seien aber oft schwierig
                                                                              zu bewerkstelligen.
                                                           SCHULBLATT EXTRA August 2020   15

Die Treppe vor der Sportschule Rapperswil-Jona ist auch ein Sportgerät.

Im Rahmen seines Nachdiplomstudiums hat                ruflichen und sportlichen Karrieren ihrer ehemali-
­Markus Wiedmer, Co-Schulleiter im thurgauischen       gen Absolventen erfahren könnten. Das Wissen der
 Erlen, den Kompetenzenerwerb an Talentförder-         Eltern als «beste Experten über ihre Kinder» sol-
 schulen untersucht. Aufgrund der Stellwerkresul-      le vermehrt genutzt werden, gleichzeitig habe sich
 tate hat er nachgewiesen, dass die Leistungen         gezeigt, dass Lehrpersonen und Sportkoordinato-
 von Schülerinnen und Schülern von Sportschulen        ren Schlüsselfiguren für das Erreichen schulischer
 gleichwertig sind wie diejenigen von Jugendlichen     wie auch sportlicher Ziele seien. Und auch wenn
 in Regelklassen. Trotzdem sei das politische und      Sporttalente grundsätzlich erfolgreich seien bei
 gesellschaftliche Umfeld Sportschulen gegenüber       der Lehrstellensuche oder beim Suchen einer An-
 kritisch eingestellt, weshalb Wiedmer auf ein Kom-    schlusslösung, bedürfe der Übertritt von der Stufe
 munikationsproblem schloss.                           Sek I zur Sek II besonderer Aufmerksamkeit – aus
                                                       schulischer wie aus sportlicher Sicht.

Mehr Wissen über Ehemalige
Das Amt für Sport hat die drei Arbeiten begleitet
und hat naturgemäss auch ein grosses Interesse
an den daraus gewonnenen Erkenntnissen – die
nicht grundlegend neu sind, bisherige Feststellun-
gen aber bestätigen, wie Patrik Baumer, der Leiter
des Amts für Sport, erklärt. Wertvoll wäre aus Sicht
des Amts für Sport demnach eine Alumni-Vereini-
gung, damit Sportschulen noch mehr über die be-
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