Spiel - Theater Verband Tirol
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darstellendes Österreichische Post AG spiel MZ 02Z0300004 M Theater Verband Tirol, Stadlweg 25, 6020 Innsbruck Nr. 04 | 2020 Lust auf Theater Interviews Besprechungen Informationen „die mutprobe“ Teresa waas, manuel wenda Koproduktion: spectACT, Dekanat Wilten, katholische Frauenbewegung
Editorial Liebe Theaterkolleginnen und -kollegen! Das Jahr 2020 wird wohl in die Geschichte eingehen. Es sind Dinge passiert, die niemand für möglich gehal- ten hätte. Damit meine ich weniger die Tatsache, dass eine weitere Seuche die Erde heimsucht. Das hatten wir in usnerer Historie leider schon öfter. Vielmehr meine ich die Maßnahmen, die weltweit politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich und kulturell vollzogen wurden. Seit mittlerweile Jahrzehnten forderten Umweltschützer ein Herunterfahren des Wachstums. Diese wurden als weltfremde Spinner in ein sozialromantisches Eck ge- Über das definieren wir uns primär, egal ob im nichtpro- stellt. Und jetzt schafft es ein kleiner Virus, die gesamte fessionellen oder im professionellen Bereich. Welt lahmzulegen. In vielen Gesprächen merke ich bereits einen gewissen Unmittelbare gesundheitliche Folgen wurden versucht Rückzug. Leute widmen sich anderen Hobbies, gehen in abzuwenden. Wirtschaftliche Folgen werden kommen. ihre ursprünglichen Berufe zurück, lassen sich umschulen Die gesamte Kulturbranche wurde auf Null herunter- oder nehmen irgendwelche anderen Jobs an. Es droht gefahren. Über Systemrelevanz wurde diskutiert. Über ein empfindlicher Aderlass! Langzeitfolgen einer kulturlosen Zeit schon weniger und über die persönlichen Konsequenzen der Kulturschaffen- Deshalb wird es Zeit, eine Perspektive zu entwickeln, eine den beinahe nichts. mittelfristige Planung zu starten und uns das zu erhalten, Abgesehen von den finanziellen Hilfen, die gut funktionie- was die Uressenz unserer Kreativität ist - ren, haben wir Künstler*innen ja eine ganz hohe Identifi- Lust auf Theater! kation mit unserem Schaffen. Wir wollen spielen, schrei- ben, inszenieren, bauen, konzipieren, proben, technisch Bleibt cool und alles Liebe! begleiten. Unserem Publikum eine Geschichte erzählen. Euer Thomas Gassner Impressum: Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: Theater Verband Tirol, Stadlweg 25, 6020 Innsbruck, www.theaterverbandtirol.at; thomas@theaterverbandtirol.at Redaktion, graphische Gestaltung: Thomas Gassner, Redaktionsmitarbeit: Almud Magis, Stephanie Larcher-Senn, Benjamin Nicolussi Castellan, Julia Jenewein und Sarah Milena Rendel Titelfoto: spectACT; Foto-Editoral: Arnold Weißenbach Druck: Gutenberg/Werbering; Auflage: 4.000 Stück Blattrichtung: Das Theatermagazin „Darstellendes Spiel“ ist eine unabhängige und kostenlose Zeitung des Theater Verbands Tirol und erscheint viermal jähr- lich. Kein Teil des Magazins darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung des Verbands reproduziert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Für eventuelle Fehler wird nicht gehaftet. Für zur Verfügung gestellte Fotos, Texte usw. liegt das Copyright beim Auftraggeber. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge entsprechen nicht zwangsläufig der Meinung des Vorstandes des TVT. darstellendes spiel | 3
MIT ROSA- Inhalt 01 mit rosaroter brille Mini-interviews 04 Dies & DAS Berichte vom Verband Marco Schmitzer Hermann Freudenschuss in Funktionärspension Christian Riml Die neue Hängetasche des Verbandes Juliana Haider Neuwahl 2020 Dominik Kapferer Licht an - Licht aus, ein Gedicht zum Lockdown Nora Winkler Ein Nachruf - Reda Roshdy Priska Zimmermann Benjamin Nicolussi Castellans Gedanken 05 abgespielt besprechungen 02 nah & fern „Die Reise der Verlorenen“ Westbahntheater Berichte aus den bezirken „Nur Kinder, Küche, Kirche“ Triebwerk 7 Theatergruppe Oberlienz „Fern von Europa“ Stadttheater Kufstein Kolping-Volksbühne Weissenbach „111 Jahre Fern von Europa“ Institut kultureller Kompostierung „Mein Freund Kurt“ Steudltenn „Das Haus auf Monkey Island“ Lendbräukeller 03 dies & das Berichte von den Fachverbänden „Nur ein Tag“ Kühne Bühne „Der verliebte Großvater“ Dorfbühne Itter Die Mutprobe - „Komödie im Dunkeln“ Theater Rum Ein Projekt von spectACT, Dekanat Wilten, „Zwei, Vier, Sex“ Kellertheater Innsbruck Katholische Frauenbewegung „Godot kommt“ Bogentheater Innsbruck „Dunkel lockende Welt“ theater praesent 4 | darstellendes spiel
ROTER BRILLE MIT ROSAROTER BRILLE Mini-Interviews Wir haben uns einmal umgehört, wie es den Theaterleuten in Zeiten der Plage so geht. Hier ein paar Interviews von unserem Redaktionsteam: Marco Schmitzer spielt auf vielen Bühnen landab - landauf. 1. Welchen Stellenwert hatte das Wenn wir ein Stück vorbereiten, ein In meinem Beruf spiele ich ein, zwei Rol- Theater im Lockdown oder hat es neues Team für zwei, drei Monate zu- len - auf der Bühne kann ich unzählige jetzt in der Corona-Krise für dich? sammengewürfelt wird, freu ich mich Rollen spielen und wenn wir mit dem auf die Dynamik, die dieses Team dann Publikum gemeinsam träumen, werden Ein österreichischer Theatermacher hat entwickelt. sie für einen Abend oder auch nur einen dieses Jahr gemeint, wenn Kunst und Diese Erfahrungen kann ich im Beruf Augenblick Realität. Kultur schweigen müssen, schweigt gleich mitnehmen. auch ein Teil des kritischen Denkens. Danke für das Gespräch. Das konnte ich so beobachten, und 3. Welche Rolle aus Theater, Film, ich war auch richtig sauer, als ich die Fernsehen wolltest du schon immer Gleichgültigkeit der Politik darüber mal spielen? wahrgenommen habe. Foto: privat Ich habe es genossen, im September Meine Traumrolle ist eigentlich immer und Oktober spielen zu dürfen und The- die aktuelle. ater zu besuchen. Das war Balsam für Was mich reizen würde - ein zynisch- die Seele. verschlossener Charakter in einer Fa- milienschlacht um Liebe: Brick aus „Die 2. Welchen Zusammenhang gibt es Katze auf dem heißen Blechdach“. zwischen deinem Beruf und deiner Lust am Theaterspielen? 4. Wie würdest du das Verhältnis zwischen Beruf und Theaterarbeit In meinem Beruf schule ich unter an- gestalten, wenn du keinen wirt- derem auch Mitarbeiter*innen, und ich schaftlichen Druck hättest? habe schon beobachtet, dass Bühnen- präsenz mein Selbstbewusstsein ge- Ohne wirtschaftlichen Druck würde ich stärkt hat. sofort das Verhältnis ändern - von jetzt Ich gehe nun viel souveräner mit Kon- Vollzeit Bürojob auf Vollzeit Theaterspie- flikten und neuen Situationen um. len und Theater „schaffen“. darstellendes spiel | 5
MIT ROSA- Christian Riml alias „Hagi“ Volksschauspieler aus Leidenschaft 1. Welchen Stellenwert hatte das Foto: Dino Bossmini Theater im Lockdown oder hat es jetzt in der Corona-Krise für dich? (Also, hat es dir gefehlt oder hat es nichts ausgemacht,...) Einen sehr großen Stellenwert, wenn nicht den größten. Es macht mir sehr viel aus, dass nichts stattfinden kann, bzw. auch, wenn ich nicht spielen darf. Ich stehe seit meinem siebten Lebens- jahr, also mittlerweile 50 Jahre, auf der Bühne und habe durch die Krise umso mehr gemerkt, wie wichtig mir Theater ist. Vor allem auch, weil es in den letzten sechs Jahren so gut lief: Ich habe mich persönlich weiterentwickelt und auch größere Rollen bekommen. Online habe ich kaum kaum etwas verfolgt, außer Fernsehen wolltest du schon immer schauspielern und alles langsamer an- ziemlich fleißig die Kulturquarantäne. mal spielen? gehen, mehr eigene Projekte realisieren und Träume verwirklichen. Es ist leich- Ich würde gern mal, auf deutsch ge- ter, wenn man nicht ständig den Druck 2. Welchen Zusammenhang gibt es sagt, ein „richtiges Schwein“ spielen, hat, ob/wann das nächste Engagement zwischen deinem Beruf und deiner das „größte Schwein, dass es über- kommt. Auch die Wintersaison würde Lust am Theaterspielen? haupt gibt“. Interessant wäre eine Rolle ich wahrscheinlich anders gestalten, angesiedelt um 1933-1945. Aber egal wenn es z.B. das Angebot gäbe, von Also, ich bin ja in der Sommersaison ob Täter oder Opfer, einen Nazi zu spie- Jänner bis März irgendwo zu spielen, hauptberuflich Schauspieler und im len oder auch einen KZ-Insassen oder ich würde meine Tasche packen - „und Winter als Skilehrer und auch im Après- Verfolgten würde mich reizen. tschüss!“. Theater ist einfach mein Le- Ski tätig. Aber Zusammenhang gibt es ben. Aber schauen wir mal, wie jetzt al- da keinen, da bin ich ein völlig anderer les weitergeht. Ich hoffe einfach, etwas Mensch. Ich denk mir immer „Reiß dich 4. Wie würdest du das Verhältnis mehr als sonst, auf den Sommer. zamm Hagi, zieh es durch, im Sommer zwischen Beruf und Theaterarbeit kannst du ja dann wieder spielen (lacht). gestalten, wenn du keinen wirt- Danke für das Gespräch. schaftlichen Druck hättest? 3. Welche Rolle aus Theater, Film, Ich würde natürlich hauptberuflich 6 | darstellendes spiel
ROTER BRILLE Juliana „Tschulie“ Haider Vollblutmusikerin & ebensolche Schauspielerin 1. Welchen Stellenwert hatte das anstaltung konnte natürlich nicht statt- 3. Welche Rolle aus Theater, Film, Theater im Lockdown oder hat es finden, soll aber im Dezember über das Fernsehen wolltest du schon immer jetzt in der Corona-Krise für dich? Stromboli als Stream online gehen und mal spielen? (Also, hat es dir gefehlt oder hat es bald live nachgeholt werden. nichts ausgemacht,...) „Die eine Wunschrolle“ gibt es für mich 2. Welchen Zusammenhang gibt es nicht. Wenn ich eine Rolle lese, dann Ob Theater mir fehlt - JA!!! Vor und auf zwischen deinem Beruf und deiner entstehen bei mir Bilder dazu im Kopf, der Bühne! Ich finde die Situation richtig Lust am Theaterspielen? ich werde neugierig und kriege Lust, schlimm, nicht nur, dass es kein Thea- mir die Figur zu erarbeiten (überlegt). ter gibt, sondern auch keine Konzerte. Ich bin ja doppelt von der Krise betrof- Obwohl, was mich sehr reizen würde, Ohne Kultur ist es schwer auszuhalten. fen, da ich in der Musikschule „Musika- wäre einmal einen Schwarzweißfilm zu Im ersten Lockdown war ich noch recht lische Früherziehung“ mit 4- bis 6-Jäh- drehen. Einen Stummfilm à la Charlie kreativ, aber schön langsam verlässt ei- rigen und die „Musikwerkstatt“ mit den Chaplin, was Clowneskes. nen die Lust. Zusammen mit meinem größeren Kids unterrichte und zugleich Papa Siggi, Jochen Hampl und Samuel regelmäßig Theater spiele, beides liegt 4. Wie würdest du das Verhältnis Plieger proben wir gerade das Konzert- nun auf Eis. Meine Tätigkeiten sind sehr zwischen Beruf und Theaterarbeit format „Lockdown Paradise“, in dem artverwandt, das Darstellende Spiel gestalten, wenn du keinen wirt- wir uns die emotionalen Höhen und Tie- fließt in den Unterricht ein, im Gegenzug schaftlichen Druck hättest? fen, die man während eines Lockdowns inspiriert mich die Arbeit mit den Kin- durchwandert, von der Seele spielen dern sehr als Schauspielerin. Ich mache beides sehr gern und will und musikalisch verarbeiten. Die Ver- auch beides machen. Dabei geht es nicht nur um die finanzielle Absiche- Foto: Katharina Klotz rung, mir würde einfach etwas fehlen. Die Musik und das Theater inspirieren sich an- und voneinander, das eine ist wie ein nährender Boden für das jeweils andere. Es ist nicht schön, wenn man ständig das Gefühl vermittelt bekommt, dass der eigene Beruf „nicht gebraucht“ wird. Wie schön wäre es, wenn diese Krise Verbesserungen für die Kunst- und Kulturszene mit sich brächte - ein Ministerium für „UNS“?! Um Joseph Beys zu zitieren: „Kunst = Mensch = Kreativität = Freiheit“. Danke für das Gespräch. darstellendes spiel | 7
MIT ROSA- Dominik Kapferer ist jugendliche 31 und ursprünglich aus Gries im Sellrain, lebt aber seit bald neun Jahren in Innsbruck. Er arbeitet als Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger bei den Tirol Kliniken. Zum ersten Mal Theaterluft geschnuppert hat er bei der Heimatbühne Gries im Sellrain und ist später über den Verein PureRuhe zu seinem jetzigen Hauptverein Theater.Rum gekommen. Zwischendurch hat er auch schon einmal im BogenTheater gespielt. Welchen Stellenwert hatte das den Alltag zu vergessen oder beiseite Theater im Lockdown oder hat es zu schieben, und um wieder eine neue jetzt in der Corona-Krise für dich? Facette von sich selbst zu entdecken. Da eigentlich im Mai unsere Premie- Welche Rolle aus Theater, Film, re stattfinden hätte sollen, steckten Fernsehen wolltest du schon immer wir beim ersten Lockdown mitten in mal spielen? der Probezeit, und es fiel dann schon schwer, einfach aufzuhören. Ach, da würde es in jedem Bereich ei- Wir probierten es anfangs mit Zoom- nige geben, sodass ich mich für keine Konferenzen. Aber es wurde schnell spezielle entscheiden könnte. Ich finde klar, dass sie nur für Spaß und Aus- vor allem Serien auch sehr spannend. tausch genützt werden können. Mir Am meisten interessiert mich eine Figur, hat das Theater in dieser Zeit wirklich die sich in einer psychischen oder phy- sehr gefehlt, weil wir bis zum ersten sischen Ausnahmesituation befindet. Lockdown intensiven Kontakt hatten, der dann von heute auf morgen nicht Wie würdest du das Verhältnis zwi- mehr möglich war. schen Beruf und Theaterarbeit ge- stalten, wenn du keinen wirtschaft- Welchen Zusammenhang gibt es lichen Druck hättest? zwischen deinem Beruf und deiner Lust am Theaterspielen? Wenn dies möglich wäre, würde ich sicher mehr im kreativen Bereich ma- Für mich persönlich gibt es immer chen. Ich könnte mir da auch die ver- Zusammenhänge. In jeder Lebensla- schiedensten Möglichkeiten vorstellen. ge, sei es privat oder beruflich, nimmt Trotzdem bin ich sehr froh, einen fixen man immer wieder gewisse Rollen Arbeitsplatz zu haben und genieße die Foto: privat ein und verkörpert diese, so auch im Möglichkeit, in meiner Freizeit und ohne Theater. Das Schöne ist, dass Theater wirtschaftlichen oder finanziellen Druck einfach ein großartiger Ausgleich ist. zu spielen. Wenn man sich darauf einlassen kann und will, ist dies ein perfekter Weg, um Danke für das Gespräch. 8 | darstellendes spiel
ROTER BRILLE Nora Winkler Nora ist 22 Jahre alt, kommt aus Imst und studiert Vergleichende Literaturwissenschaften in Innsbruck. Theater spielt sie seit ihrem 16. Lebensjahr und ist normalerweise zweimal im Jahr auf der Bühne zu sehen. Sie ist Mitglied bei der Bühne Imst Mitte und der Theatergruppe Vorderes Ötztal. 1. Welchen Stellenwert hatte das schen, den Hamlet zu spielen. Ich muss gestalten, wenn du keinen wirt- Theater im Lockdown oder hat es zugeben, da hab ich mich irgendwie er- schaftlichen Druck hättest? jetzt in der Corona-Krise für dich? tappt gefühlt… Auf jeden Fall 100% Darstellende Kunst! Ich habe es wirklich sehr vermisst. Ich 4. Wie würdest du das Verhältnis hätte in zwei Produktionen gespielt, die zwischen Beruf und Theaterarbeit Danke für das Gespräch. beide abgesagt werden mussten. Aber ich habe die Theaterszene im Foto: Alexandra Rangger Lockdown als sehr solidarisch erlebt. Und zum Glück gab es ja viele Online- Angebote, wie die Kulturquarantäne usw. 2. Welchen Zusammenhang gibt es zwischen deinem Beruf und deiner Lust am Theaterspielen? Einen sehr großen Zusammenhang, würde ich sagen. Denn in meinem Stu- dium geht es zum Beispiel auch um Ver- gleiche zwischen verschiedenen Medi- en und Theatertheorien. Ich überlege auch, nach Wien zu gehen und Schau- spiel zu studieren. 3. Welche Rolle aus Theater, Film, Fernsehen wolltest du schon immer mal spielen? Meine Uni-Professorin erklärte mal den sogenannten Hamlet-Komplex. Da geht es darum, dass viele Künstler sich wün- darstellendes spiel | 9
MIT ROSA- Priska Zimmermann Gebürtige Hallerin und mit kurzem Intermezzo wieder zurück nach Hall i. T. gezogen, spielt bei der Kolpingbühne Hall. Welchen Stellenwert hatte das The- Foto: privat ater im Lockdown oder hat es jetzt in der Corona-Krise für dich? (Also, hat es dir gefehlt oder hat es nichts ausgemacht,...) Ich vermisse es! Als Zuschauerin und als Beteiligte. Theater ist so viel mehr als nur Unterhaltung! Für mich hat es eine unfassbar soziale Komponente, sei es, dass man mit Freunden und Familie sich eine Auszeit vom Alltag nimmt und einfach genießt oder gemeinsam mit anderen ein Projekt erarbeitet. Die ge- meinsame Zeit mit den Beteiligten und die Faszination, was entstehen kann, die Entwicklung von der ersten Probe bis zur letzten Vorstellung, einfach das ganze Drum und Dran. Natürlich habe ich jede sich bietende Gelegenheit ge- nützt, um ein Stück zu besuchen bzw. glücklicherweise mit einer Gleitzeitver- würde wohl den Umfang des Interviews hat unser Verein, selbstverständlich un- einbarung auch meinem Theaterver- sprengen… ter Einhaltung aller Auflagen, versucht, langen sehr entgegenkommt. Daher ein Kinderstück für diesen Winter auf ergibt sich für mich genügend Zeit, Wie würdest du das Verhältnis zwi- die Beine zu stellen. Wir haben noch um der Leidenschaft des Theaterspie- schen Beruf und Theaterarbeit ge- nicht aufgegeben und hoffen, wenigs- lens nachzugehen und meiner Kreativi- stalten, wenn du keinen wirtschaft- tens im Dezember zu etwas Abwechs- tät freien Lauf lassen zu können. Und lichen Druck hättest? lung und Normalität beitragen zu kön- ehrlich gesagt, kann es im Büro auch nen. manchmal ein ziemliches Theater sein ;) Ein bisschen mehr Theater, ein biss- chen weniger Arbeit. Vielleicht so 50:50. Welchen Zusammenhang gibt es Welche Rolle aus Theater, Film, Und dann schauen, wie’s läuft. Anpas- zwischen deinem Beruf und deiner Fernsehen wolltest du schon immer sen könnte man‘s dann ja immer noch. Lust am Theaterspielen? mal spielen? In alphabetischer Rei- Denn erstens kommt es anders und henfolge oder nach Erscheinungs- zweitens als man denkt. Und schlauer Ich bin als Sekretärin in der technischen jahr? ist man immer erst hinterher. ;) Abteilung eines Bauträgers tätig. Ein klassischer Nine-to-five-Job, der ei- Es gibt so viele interessante Charakte- Danke für das Gespräch. gentlich von 8 bis 17 Uhr geht, aber re… hier eine kurze Auswahl zu treffen 10 | darstellendes spiel
ROTER BRILLE Benjamin Nicolussi Castellans regelmäßige Dialoggedanken Der Teufel im Detail Das Behandlungszimmer einer Psychotherapeutin. Sie sitzt im Sessel neben der Couch und macht sich Notizen. Vor der Couch erscheint in einer Flammensäule der Teufel. Psychotherapeutin: Ah, der Herr Teufel. T: Wie ich schon sagte: Der „Vater“ hat schön eindeutig. Heute ist das Spek- Nehmen wieder einmal die letzten fünf auch kein Geschlecht. Aber zu Ihrer trum so divers wie bei euren Ge- Minuten ihrer Einheit in Anspruch? Frage: Auch wenn ich kein Geschlecht schlechtern. Ihr feiert Leute, die euch habe, so hab ich es doch mit euch al- Leid verursachen und ausbeuten. Ihr Teufel: Entschuldigen Sie bitte, hab die len in allen möglichen und unmöglichen erhebt Geiz und Maßlosigkeit zu Idea- Zeit übersehen. Und wegen der Anre- Stellungen schon getrieben. Alltag in len. Wie sollen meine Mitarbeiter und de: Ich habe kein Geschlecht. der Hölle. ich da noch effizient arbeiten? P: Wie soll ich Sie dann ansprechen? P: Wie fühlen Sie sich als oberster Höl- P: Aber was interessiert Sie denn unse- lenfürst? re Ordnung der Dinge? T: Teufel. Einfach Teufel. Oder … ach egal, nennen Sie mich, wie Sie wollen. T: Im Endeffekt ist es eine Leitungsposi- T: Von der ist doch alles abhängig. Ihr Menschen seid doch sowieso erst tion wie jede andere. Und das mit dem Ihr habt doch uns und diese Konzep- zufrieden, wenn ihr allem euren Stem- Zerwürfnis zwischen Gott und mir ist te erschaffen. Nicht umgekehrt. Und pel aufgedrückt habt. Gott hat übrigens auch mehr eine Marketingstrategie als ihr passt sie an eure Weltsicht an, wie auch kein Geschlecht. sonst was. Nachdem wir das nämlich es euch beliebt. Ich bin ein einfacher von den Mehrgötterpantheons über- Dienstleister und meine Klientel erodiert P: Warum haben WIR dann mindestens nommen hatten, stellte sich die Frage, meine Arbeitsgrundlage. Geht denen zwei biologische und etliche soziale? wer die Unterwelt organisiert. Bei meh- im Himmel übrigens genauso. Wir ver- reren Göttern findet sich normalerweise suchen uns ja anzupassen und entwi- T: Was weiß ich. Wegen dem Sex ver- schon einer, der den Job übernimmt. ckeln immer neue Bewertungssysteme. mutlich. Aber ein Gott allein, der muss auch aufs Aber der Aufwand ist die Hölle. Image achten. Also haben wir euch ein P: Damit wir uns versündigen? bisschen Drama geboten und ich hab P: Berufliche Neuorientierung? unten angefangen. Hat auch Spaß ge- T: Kaum. Bis auf Extremfälle, wie Verge- macht, die erste Zeit zumindest. T: In meinem Alter? Nein, danke. waltigung und so, interessiert es mich herzlich wenig, wen und wie jemand P: Was ist passiert? P: Okay, gut. Die Zeit ist ohnehin um. pudert. Danke, Herr Teufel. Nächste Woche zur T: Ihr seid passiert. Ihr Menschen, die selben Zeit? P: Aber das Thema scheint Sie zu be- ihr alles in Frage stellen müsst und kei- schäftigen. Stört es Sie, dass ihr Vater ne natürliche Ordnung auf sich beruhen T: Gern. Und im Vertrauen: Achten Sie Sie ohne Geschlecht erschaffen hat? lassen könnt. Früher war die Unter- auf Ihren Ausdruck. Die kleinen Gender- scheidung zwischen gut und böse so sünden bestraf ich irgendwann doch. darstellendes spiel | 11
Nah & Fern NAH & FERN Berichte aus den Bezirken Theatergruppe Theater - Oberlienz Mehr als eine Leidenschaft Die Theatergruppe Oberlienz gibt es seit dem Jahr 2000. osttirol Sie ist wohl eine der jüngsten im Bezirk. E nde der 1950er- bis 60iger-Jahre spielte die Landjugend einige The- aterstücke, meistens bäuerliche Stücke und einmalige Auf- führungen im Dorfgasthaus oder im kleinen alten Gemeindesaal. Dann wur- de es wieder still ums Theater. Unsere Obfrau, Unterassinger Sieglin- de, hat selbst nie gespielt, war aber flei- ßige Theaterbesucherin. Im Jahr 1999 verspürte sie den Wunsch, selbst eine Gruppe zu gründen, da es zu jener Zeit und viele Jahre zuvor keine Theater- gruppe gab. Um Wissen für das Vorha- ben einzuholen, kehrte sie bei der Hin- terbergler - Theatergruppe in Ainet ein, wo man mit Ratschlägen sehr behilflich war. Das große Volksbühnenhandbuch wurde bestellt und Tag und Nacht gele- sen. Die Obfrau entschied sich dann für ein Stück mit sechs Personen: „Das emanzipierte Dorf“. Die Suche und das Werben um geeig- nete Spieler gestaltete sich nicht so Foto: Theatergruppe Oberlienz 12 | darstellendes spiel
Nah & fern Foto: Theatergruppe Oberlienz einfach. Zwei ältere Originale aus den noch gar nichts und bekamen die Büh- Besondere Aktivitäten haben wir nicht. 50er-Jahren holte sie zuerst ins Boot, ne als Leihgabe von den Hinterberg- Wir sind ein gemeinnütziger Verein, der dann noch weitere vier, die zu überzeu- lern. Bekleidung und Maske waren uns Bedürftigen im Notfall helfend zur Seite gen waren. Alle besaßen viel Talent. Zu- von Beginn an sehr wichtig. Wir spiel- steht. Nach der Spielsaison gibt es im- dem gelang es ihr, eine mehr als qualifi- ten zuerst jährlich und seit einiger Zeit mer ein gemeinsames Essen, auch mit zierte Frau für die Maske zu gewinnen. alle zwei Jahre. Die Gruppe hat sich den freiwilligen Helfern rund ums Thea- Als vor ungefähr 20 Jahren das Ge- selbstverständlich durch die verschie- ter. Ausflüge werden ebenso absolviert, meindezentrum gebaut wurde, dachte denen Stücke vergrößert, besteht aus aber nicht jährlich. Wir besuchen auch, man nicht an eine Theatergruppe, und maximal zehn bis elf aktiven Spielern. wenn möglich, andere Aufführungen wir mussten ohne eigene Räumlich- Auch Trauriges hat es gegeben. Be- und Gruppen im Bezirk. keiten auskommen. Im April 2000 war sonders erschüttert waren wir, als die dann die erste Aufführung mit großem zwei vorher genannten Originale inner- Unsere Motivation ist der Spaß am Erfolg, denn es war ja sozusagen al- halb von zwei Jahren krankheitshalber Spielen – unser Ziel, dem Publikum les neu für die Bevölkerung, und alle verstorben sind. Eine große Lücke hat eine entspannte Atmosphäre zu bie- waren sehr neugierig. Es folgten dann sich aufgetan. Auch einen kurzfristigen ten und für kurze Zeit aus dem Alltag dreizehn Stücke, alles Bauernstücke Spielerausfall am vorletzten Tag einer zu entführen. Der größte Lohn ist der und Lustspiele: „Drei Eisbären“, „Die ausverkauften Aufführung gab es. Ein Applaus und die lächelnden Gesichter Ledigensteuer“, „Die Männerwallfahrt“, erfahrener Schauspieler aus der Nach- des Publikums. „Das Heiratsgenie“ und weitere publi- bargemeinde Debant lernte in zwanzig kumswirksame Stücke. Stunden den Text und rettete somit die Theatergruppe Oberlienz Bei der ersten Aufführung hatten wir Aufführung meisterhaft. darstellendes spiel | 13
Nah & Fern Kolping-Volksbühne Leidenschaftliche „Theaterla“ Weissenbach aus dem Außerfern Die sympathische Truppe unterhält seit mittlerweile 45 Jahren reutte ihr Publikum mit abwechslungsreicher Theaterkost. I Ferdinand Kerle bewog im Jahre Schulgebäude, welche 232 Arbeits- gend gebraucht! 1976 Walter Rotter und Johann stunden in Anspruch nahm. Die Kolpingbühne war wieder geboren Alber, der Kolpingbühne Weis- Die Mitwirkenden verbuchten damit und begann jährlich ein neues Stück senbach wieder neues Leben einen Riesenerfolg auf den Brettern, zur Aufführung zu bringen. Spieler fan- einzuhauchen. Sie begannen mit Hilfe die die Welt bedeuten … und das im den sich zu der Zeit noch genug. tatkräftiger Unterstützer mit der sofor- wahrsten Sinne des Wortes, denn Bret- 1985 übersiedelten „Die Theaterla“ in tigen Renovierung der Bühne im alten ter wurden bei der Renovierung genü- den Mehrzwecksaal des neu errich- Foto: Kolping-Volksbühne Weissenbach 14 | darstellendes spiel
Nah & fern Foto: Kolping-Volksbühne Weissenbach; 40 Jahre Mitgliedschaft; Walter Rotter Wilhelm Köhler Verlag teten Gemeindehauses, wo wir noch heute unser Publikum begeistern dür- nen leidenschaftlichen Theaterspieler und wunderbaren Kollegen. NEUE ADRESSE: fen. 2007, zum 30-jährigen Bühnenjubilä- D-81825 München 1991 wagten sich die Spieler mit Ob- um, wagten wir uns an das Stück „Ver- Rauschbergstr. 3a, mann Elmar Schwarzenbrunner, Clau- giss nicht, dort ist die Tür“. Wir waren Tel.: 0049/89/3605489-0 dia Lang als Regisseurin (mit Unter- die Ersten, die nach dessen Urauffüh- stützung Ekkehard Schönwieses) und rung das Stück spielten. Von hervorra- Telefax 0049/89/3615196 Spielerin mit dem Stück „Boot ohne genden Spielern voller Emotionen und wilhelm-koehler-verlag.de Fischer“ ins ernste Metier. Gefühl gespielt und mit einem wunder- Diese Herausforderung meisterten sie vollen Bühnenbild war es nach der Pre- Volksstücke, Komödien, mit Bravour und wurden auf Grund ih- miere vor dem tosenden Applaus sehr rer schauspielerischen Leistungen vom still im Saal geworden. Liegengebliebe- Lustspiele, Schwänke Landesverband der Tiroler Volksbüh- nen für schulische Zwecke ins Bier- ne Taschentücher sprachen Bände. 2013 wurde zu Ehren des verstorbenen und Boulevard stindl eingeladen. Gründungsmitglied Ferdl Kerle noch- in Dialekt und 1992 wurden „Die geputzten Schuhe“, mals „Die geputzten Schuhe“ (seine mit dem Bühnengründer Ferdinand Rolle spielte sein Schwiegersohn und Hochdeutsch Kerle in der Hauptrolle zu einem Publi- Obmann Niels Gerhardt) aufgeführt. kumsmagneten. Er lehrte uns, in jedem Mit einer guten Ausgewogenheit von Bräutigam, Kaspari, Stück unser Bestes zu geben. Mit Spielern der Bühnen Höfen, Reutte, lustigen und ernsten Stücken schafften wir es bis heute, unser Publikum immer Kling, Landstorfer, Lex Heiterwang und Bach nahmen wir an wieder aufs Neue von unserem Kön- Pfaus, Pohl, Santl, Aufführungen der Theaterwerkstatt wie nen zu überzeugen. Es dankt uns jedes z.B. „Die hölzerne Schüssel“, „Teile der Jahr mit zahlreichen Besuchen unserer Schaurer, Vitus 7 Todsünden“ (die Eav) und „Nur Gott allein war Zeuge“ teil. Aufführungen. Großer Dank gilt natürlich denen, die Wallner, Willinger 1997 verabschiedete sich unser letz- die Bühne wiederbelebt haben - die wir u.v.m. tes Gründungsmitglied Ferdl Kerle aus in ihrem Sinne so weiterführen wollen. gesundheitlichen Gründen vom aktiven suche auch unter: Theaterleben. Wir verloren dadurch ei- Kolping-Volksbühne Weissenbach theatertexte.de theaterverbandtirol.at darstellendes spiel | 15
dIES & DAS DIES & DAS Berichte aus den Fachbereichen Die Mutprobe. Was, wenn wir es mit der Angst zu tun bekommen? Von Sonja Prieth und Armin Staffler Ein Projekt von spectACT – Verein für politisches und soziales Theater - gemeinsam mit dem Dekanat Wilten Land und der kfb – Katholische Frauenbewegung Tirol und Österreich. „Die Geschichte, die Sie gleich sehen scheidung werden sie und ihr Umfeld gegnen können – und bietet Gelegen- werden, ist erfunden. Sie ist Fiktion.“ So mit Entscheidungen, Enttäuschungen heit zum Ausprobieren. Nachdem das wichtig dieser Hinweis des Theaterpä- und Mustern aus der eigenen Ver- Stück einmal durchgespielt wurde, be- dagogen Armin Staffler vor Beginn der gangenheit konfrontiert. Für Mitgefühl ginnt es von Neuem, diesmal allerdings Aufführung ist, so unvollständig ist er scheint dabei kein Raum zu sein: Mari- mit Unterbrechungen. Jede Person im ohne die Ergänzung, die er gleich dran- as beste Freundin Bernie (Irina Kapavik) Publikum kann jederzeit eingreifen, sich hängt: „Und die Geschichte hat mit un- sieht ihren Lebenstraum zerbrechen, ihr für einen Moment in eine der Rollen serem Leben zu tun.“ Wie fiktiv ist sie Sohn Paul (Manuel Wenda) ist in alten begeben und damit neue Prozesse in also wirklich? Kränkungen gefangen. Selbst der So- Gang setzen. Die Schauspieler*innen Das kann jede Zuseherin, jeder Zuse- zialarbeiter Toni (Ossi Hundegger) wid- reagieren flexibel, feinfühlig und mutig her bald für sich beantworten – im Stil- met sich mehr der Dokumentation des auf die Richtungsänderung. Verän- len oder auch im Austausch mit den Gesprächs als der Frau, die bei ihm Rat derung wird möglich, etwa wenn eine anderen Anwesenden, die eingeladen sucht. Lauter Egoisten? Person der anderen plötzlich zuhört, sind „mit offenen Augen, Ohren und „Menschen bekommen es mit der ohne gleich wieder über sich selbst zu vor allem mit offenem Herzen“ der Dar- Angst zu tun, wenn Veränderungen an- reden. „Es geht im Forumtheater nicht bietung zu folgen. Rund zwanzig Minu- stehen“, sagt Armin Staffler. „In unse- nur um die individuellen Geschichten ten dauert das Stück „Die Mutprobe. rem Stück begegnen Menschen ihren der Figuren“, sagt Projektleiter Armin Was, wenn wir es mit der Angst zu Ängsten auf unterschiedliche Art und Staffler, „sondern um uns Menschen tun bekommen?“, das die Gruppe Weise, finden ihren Weg, mit ihnen um- als soziale Wesen, die gemeinsam die um Armin Staffler gemeinsam erarbei- zugehen – scheitern allerdings dabei.“ Gesellschaft bilden und diese auch ge- tet hat und nun dem Publikum in bes- Ja, die Geschichte hat mit unserem Le- stalten können.“ ter Forumtheater-Manier zur Verfügung ben zu tun. Wer hat noch nie eine Situ- stellt: zum Mitfühlen und Weiterdenken, ation erlebt, in der er/sie unfähig war, Beteiligung eröffnet Räume zum Hinterfragen und Experimentieren. auf ein Gegenüber adäquat einzuge- hen? Wer war noch nie damit konfron- Auch wenn es schwierig scheinen mag, Egoistisch oder überfordert? tiert, aus Angst und Überforderung zu aus dem Publikum heraus auf die Büh- erstarren oder auch zu flüchten? ne zu gehen – es gelingt, unter ande- Maria (Petra Unterberger), eine Frau, rem durch die umsichtige und wert- die nach Jahren den Kampf gegen den Veränderung ermöglichen schätzende Art, in der Armin Staffler als Krebs aufgibt und eine Vielfalt an Ängs- Moderator einen sicheren und „angst- ten, die damit für sie und ihr Umfeld Das Forumtheater „Die Mutprobe“ freien“ Rahmen zu schaffen weiß. verbunden sind, stehen im Zentrum stellt die Frage, wie wir einander und Vier Vorstellungen konnten noch statt- des Stücks. Im Zuge von Marias Ent- unseren Ängsten lebensbejahender be- finden – in Innsbruck, Völs, Schönberg 16 | darstellendes spiel
DIES & DAs und Lienz. Die Premiere am Dienstag, 29. September 2020, im Haus der Begegnung in Innsbruck war ein viel- versprechender Auftakt, der Auf- und Umbrüche erahnbar gemacht und Möglichkeitsräume eröffnet hat. Dies zeigt unter anderem die Rückmeldung einer Frau aus dem Publikum: „Die ge- samte Thematik sprach mich sehr an, und es war eine starke, aber gut be- wältigbare Herausforderung. Einzelne Aspekte haben bei mir noch sehr nach- gewirkt. Der Moderator ging mit viel Re- spekt auf die neuen Spieler*innen ein. Foto: spectACT Auch die Rückfragen an das Publikum fand ich gut, denn so wurde es noch sollen noch mehrere Aufführungen in Zusammenleben zu ermöglichen? Das mehr miteinbezogen, und es wurden ganz Österreich stattfinden. Theater bietet dabei die Möglichkeit, sehr viele Denkprozesse angeregt. Da Aufgrund der nicht vorhersehbaren Ent- genau hinzuschauen und hinzuspüren, konnte sicher jede*r etwas mitnehmen. wicklung kann es zu kurzfristigen Ände- um anschließend einen lebendigen Dia- Die Wirksamkeit dieses Stückes und rungen kommen. Auch deshalb bitten log zu führen, der das Geschehen und die Art der gemeinsamen Bearbeitung wir darum, dass Sie bei der Anmeldung das Gesehene von mehreren Blickwin- ist verblüffend!“ unter info@spectACT.at Name, E-Mail- keln her beleuchtet. Veränderungen In Völs, Schönberg und Lienz waren Adresse und Telefonnummer hinterlas- werden dabei auf der Bühne sicht- und die Rückmeldungen ähnlich, nur wur- sen. Danke! Wir treffen Maßnahmen, erlebbar. Forumtheater geht als Metho- de das Publikum verständlicherweise um Theater und Begegnung stattfinden de auf den Brasilianer Augusto Boal immer weniger, bis schließlich klar war, lassen zu können. (1931–2009) zurück und wird von Ar- dass zu den geplanten Terminen in Sis- min Staffler im Sinne des Theaters zum trans, Kufstein und Telfs niemand mehr Mitwirkende Leben nach David Diamond praktiziert. kommen dürfe. Es gibt aber den Pas- Sandra Aufhammer (Cafébetreiberin sus, dass „Proben und künstlerische Giulia), Ossi Hundegger (Sozialarbei- Projektleitung, Workshopleitung Darbietungen ohne Publikum, die zu ter Toni), Irina Kapavik (Marias Freun- und Regie beruflichen Zwecken erfolgen (mit CO- din Bernie), Michael Heiss (Pauls Vater Mag. Armin Staffler, Theaterpädagoge VID-19-Präventionskonzept)“ (https:// Leonhard), Petra Unterberger (Maria), und Politologe www.bmkoes.gv.at/Themen/Corona/ Teresa Waas (Pauls Lebensgefährtin Maßnahmen-für-Veranstaltungen.html) Sarah), Manuel Wenda (Marias Sohn stattfinden dürfen. „Also findet Theater Paul), Moderation (sog. „Joker“ im Kontakt und weitere Infos statt. Theater findet, statt nur zu su- Forumtheater) Mag. Armin Staffler, The- spectACT - Verein für politisches und chen.“ So hat es Armin Staffler bei allen aterpädagoge und Politologe. soziales Theater Aufführungen gesagt und so wird es c/o Haus der Begegnung bleiben. „Wer etwas will, findet Wege. Hintergrund zur Methode: Rennweg 12 Wer etwas nicht will, findet Gründe.“ Forumtheater 6020 Innsbruck (angeblich: Albert Camus) Forumtheater ist eine in theatrale Form ZVR 398841684 gegossenen Frage. Wie sollte die im www.spectact.at Infos Stück gezeigte Realität verändert wer- Mag. Armin Staffler, Obmann Für alle, die sich verblüffen, berühren den, um ein friedlicheres/respektvol- armin.staffler@spectACT.at und anregen lassen wollen, planen wir leres/heilsameres – und im Falle von 0664 53 06 012 Termine für 2021 in Tirol, anschließend „Die Mutprobe“ lebensbejahenderes – darstellendes spiel | 17
Kurz & Bündig KURZ & BÜNDIG Berichte vom Verband Hermann Freudenschuss, Obmann-Stellvertreter Langjähriger Funktionär und Visionär des Theater Verbandes Tirol, geht in Funktionärspension und widmet sich ab nun der Familie und der Freizeit. Hermann H heldenhaft E Entdeckergeist/Entwicklungen initiieren R risikobereit M mutig A aktiver kreativer Theatermann N nachdenklich N neue Wegen gehen Foto: privat H ermann ist für mich ihn dafür am liebsten aus dem Verband Mut, da muss man das Risiko eingehen, ein Held, nicht nur, ausgeschlossen, denn man mag diejeni- dass manche nicht mehr mit einem oder weil er so heldenhafte gen nicht, die unangenehme Wahrheiten schlecht über einen reden. Das ist hel- Projekte initiiert hat, wie zur Sprache bringen. Daher geschieht denhaft. Held/-in Tirol, bei dem es um die Ver- es ja so selten. Hermann hat eben die- breitung von Theatermethoden in Tiroler sen Seltenheitswert und nahm die Ag- Hermann ist einer, der Entwicklun- Schulen im Andreas-Hofer-Jahr 2009 gressionen, die ihm entgegenschlugen, gen in Gang brachte und dranblieb, ging, sondern weil er trotz seines grund- in Kauf, weil es ihm um die Sache ging wenn es darum ging, ein neues Projekt sätzlichen Harmoniebedürfnisses die und ihm die Weiterentwicklung des The- in die Welt zu bringen. Er hat die Initia- Stimme erhebt, wenn es gilt, Missstän- ater Verbandes zu einer modernen Ser- tive für die Organisation von vielen für de aufzuzeigen. Er ist keiner der hinten- vicestelle für die Mitgliedsbühnen, die die Theaterlandschaft Tirol sehr wich- herum schimpft, sondern er bringt die tatsächliche Vernetzung der Theater- tigen Projekten gesetzt. Hermann hat Kritik dort an, wo sie hingehört. Er macht spielenden in Stadt und Land und eine mehrere nationale und internationale das ruhig und sachlich. Und er muss- sichtbare Qualitätsentwicklung im Ama- Jugendtheaterfestivals in Hall organi- te dafür in einer Krisenzeit des Theater teurtheaterbereich am Herzen lag. Jetzt, siert, er war der Motor für das grundvig- Verbands Tirol mit der Missbilligung von nachdem die Verbandsarbeit auf ruhigen Projekt „Teatro forma. Theater bildet“, denen leben, die es nicht mögen, wenn Schienen läuft, nehmen viele für sich in bei dem Vertreter*innen von Schulen, Autoritäten in Frage gestellt werden und Anspruch, den Impuls dazu gegeben zu Theater und Therapieeinrichtungen aus lieber den Kopf in den Sand stecken, haben. Den Stein ins Rollen gebracht Zwickau, Rom, Hall in Tirol und Inns- als sich zu exponieren. Manche hätten hat aber Hermann. Dafür braucht es bruck über zwei Jahre lang voneinander 18 | darstellendes spiel
Kurz & Bündig lernten und in einen intensiven fachlichen Austausch miteinander traten. Hermann verstand es, viele unterschiedliche Men- schen einzubinden und gab Impulse für verschiedenste Aktivitäten: Er hat bei- spielsweise Daniel Pöhacker eingeladen, das Projekt „Teatro forma“ als Filmema- cher zu begleiten. Pöhackers Film doku- mentiert auf wunderbare Weise die Arbeit der Projektbeteiligten. Hermann engagierte sich jahrelang im Theater Service Tirol, vor allem als die Ge- fahr bestand, dass diese Einrichtung für die Unterstützung von Theaterleuten aus verschiedensten Sparten von Kulturpoliti- kern geschlossen werden sollte. Hermann war auch Mitglied im Team, das die Fusion der zwei existierenden Theaterverbände zu einem Verband vorbereitete. In seiner gelassenen Art brachte er Sachverhalte auf den Punkt und blieb hartnäckig, wenn es darum ging, breitgefächerte Fort- und Ausbildungsangebote in der neuen Ver- bandsstruktur zu verankern und der Viel- falt der Theaterlandschaft zu erhalten und zu fördern. Hermann hat wesentlich bei der Entwicklung von neuen Formaten für Austausch im Rahmen des Theater Net- zes Tirol mitgewirkt. Er selbst hat als ers- ter mehrere Regisseure*innen aus ganz Tirol dafür gewonnen, Kurzstücke für ei- nen gemeinsamen Aufführungsabend zu entwickeln und über diese Arbeit in einen Dialog hinsichtlich Qualitätskriterien für den Amateurtheaterbereich zu kommen. Der dabei entstandene Todsündenzyklus von Kranewitter in der Burg Hasegg bleibt mir unvergesslich. Um all das zu realisieren, braucht es ei- nen langen Atem, Entdeckergeist, den Glauben daran, dass sich Ideen und Vor- stellungen in die gewünschte Richtung entwickeln, braucht es vor allem auch die Fähigkeit, Menschen einzubinden, sie für eine Idee zu begeistern, sie für das Foto: privat Mitmachen zu gewinnen und auch das darstellendes spiel | 19
Vertrauen darauf, dass die jeweiligen Oft entwickelten die Theatergruppen Menschen auch ihren Mann oder ihre auch Stücke zu eigenen Ideen oder Frau stehen werden. Hermann gibt al- Anliegen. Hermann wurde Experte da- len das Gefühl, die richtige Wahl für die rin, Spielprozesse mit verschiedensten jeweilige Aufgabe zu sein. Methoden und Übungen so zu gestal- ten, dass sie von einer Idee zu einem Hermann ist ein aktiver, kreativer Stück führten. Seine diesbezüglichen Theatermann. Es ist sein Verdienst, Erfahrungen hat er auch in Workshops dass das Schultheater ab Ende der und Seminaren weitervermittelt. Viele 1980er-Jahre in Tirol neue Wege ehemalige Spieler*innen aus Hermanns ging, dass es neben dem herkömm- Theatergruppen haben nach der Matu- lichen „Germanisten-Theater“, in dem ra künstlerische Wege eingeschlagen, Schüler*innen auf der Bühne sich im sind heute im Theaterbereich tätig oder Aufsagen von ungekürzten Theater- Mitglieder des Projekttheaters Hall, ei- stücken übten, plötzlich jugendgemä- ner von Hermann gegründeten Theater- ße Stücke gab, ein frischer Wind von gruppe. Hier werden seit einigen Jahren der Bühne her wehte, weil die Jugend- unter seiner Regie alljährlich Stücke auf- lichen dort ihre Spielfreude, ihre Zeige- geführt, die sonst selten oder gar nicht lust ausleben durften. Hermann ent- auf Bühnen zu sehen sind. wickelte mit seinen Theatergruppen Hermann ist nachdenklich. Im Nachden- am Franziskanergymnasium Hall einen ken entwickelt er neue Inszenierungs- neuen Stil, in denen sich die Spielen- methoden oder auch Lösungswege für den Texte der Weltliteratur aneigneten, Herausforderungen und Probleme im d.h. sich zu eigen machten, sich im Verband. Er ist kein Grübler, er ist ein Spiel fremde Rollen erarbeiteten und Nachdenker und beschreitet gerne neue sie mit ihren persönlichen Eigenheiten Wege. versahen. Das machte ihre Darstel- lung lebendig: Sie agierten frei und Hermann war jahrzehntelang mein ungezwungen auf der Bühne, und sie Wegbegleiter im Theater. Seine machten auch deutlich, wie sie selbst Freundschaft schätze ich sehr. Er ist das Stück interpretierten. Nie werde für mich ein Held, einer dessen muti- ich den Abend am Innsbrucker Gü- ge Stimme mir im Theater Verband Tirol terbahnhof vergessen, an dem Her- sehr fehlen wird. Sein klarer Blick, sein manns Theatergruppe, die DileTtan- wacher Geist, sein offener Sinn jedoch ten, „Im Osten geht die Sonne unter“ haben in der Amateurtheaterlandschaft aufführten, ein Stück, das sich mit der in Tirol Spuren hinterlassen und werden Todesfuge von Paul Celan beschäftig- in vielerlei Hinsicht weiterleben. te. Ich sehe heute noch die Bilder vor mir, spüre die Beklemmung, die sich in mir damals breitmachte, aber auch Irmi Bibermann den Respekt, den ich für die Gruppe empfand, die sich mit größter Konzen- Schriftführerin des Verbandes tration und Ernsthaftigkeit dem Spiel Fachbereichsvertreterin hingab. Theaterpädagogik
Kurz & Bündig Lockdown und Kreativität Es gibt nun vom Theater Verband Umhängetaschen, nicht nur um was reinzugeben, sondern auch um den Theater Verband in die Straßen zu tragen. Bedruckt mit einem Spruch. And the winner is: „Lieber Hängetasche als Texthänger“ von Magdalena Zorn - KuHlturstall Axams. I ch weiß ja nicht, wie es euch tigend. In kürzester Zeit trudelten an die Gewinnerin vorgestellt und ihr der während des ersten Lockdowns 60 Vorschläge bei mir ein. Nach Ablauf Preis (10 Taschen) in einem offiziel- ergangen ist. Ich für meinen Teil der Einreichfrist hatten wir somit die Qual len Akt übergeben werden. Auch alle habe endlich meine Overlock Näh- der Wahl. Insgesamt vergaben sechs Teilnehmer*innen der Vollversamm- maschine ausgepackt. Na ja, immerhin Personen Punkte von 1 bis 3. Das er- lung sollten eine Tasche erhalten. Lei- fristete diese bereits seit drei Jahren, gab auf Anhieb einen klaren Gewinner- der machte uns Covid-19 einen Strich originalverpackt wohlgemerkt, ihr Da- spruch. Magdalena Zorn vom „KuHltur- durch die Rechnung, und so luden wir sein bei mir. Dann noch schnell Stoffe, stall“ aus Axams setzte sich gegen ihre Magdalena zur Übergabe der Hänge- Schneideplatte, Rollschneider und Garn Konkurrenz mit „Lieber Hängetasche als taschen zu uns ins Büro. bestellt, selbstverständlich vom österrei- Texthänger“ durch. Wir bedanken uns bei allen kreativen chischen Händler, und schon glich mein So, das war nun geschafft. Die Ta- Köpfen für die Teilnahme! Wohnzimmer eher einer Schneiderwerk- schen wurden produziert, und im Rah- statt und das große Experimentieren men der Vollversammlung sollte die Priska Teràn konnte starten. Nachdem eine Freundin von mir in dieser Zeit Geburtstag hatte, Foto: TVT; Magdalena Zorn, Obmann Klaus Mayramhof machte ich mich daran, verschiedene Taschen für sie zu nähen, unter anderem eine Hängetasche, und da kam sie – die Idee. Schon länger sprachen wir im Büro darüber, dass Umwelttaschen öf- ters einmal recht praktisch wären. Aber nur eine einfache Umwelttasche – FAD. Ein cooler Spruch musste also her. Das wäre doch was. Und was lag da näher, als unsere vielen kreativen Mitglieder einzubinden und einen Sprüchewettbe- werb auszuschreiben. Schnell wurde die Idee in unserer wöchentlichen Dienstbe- sprechung präsentiert, für gut befunden, und schon ging der Aufruf über unseren Newsletter raus. Das Echo war überwäl- darstellendes spiel | 21
Kurz & Bündig INFOS AUS DEM BÜRO WAHL 2020 Liebe Mitglieder des TVT! Nachdem die geplante Vollver- ner anderen Lösung. Der Wahlvorschlag des Vor- sammlung des TVT im März dem stands erhielt eine große Zu- Lockdown zum Opfer gefallen Nachdem im Lauf des Som- stimmung. Über die Detailer- war, haben wir versucht, wäh- mers der Gesetzgeber auch die gebnisse wurden die Mitglieder rend des Sommers Lösungen schriftliche Wahl, auch in Fällen, ja bereits informiert. für die anstehenden Wahlen zu in denen das in Statuten nicht finden. Am sinnvollsten erschien vorgesehen war, für zulässig Namens des gesamten Vor- uns eine Neuanberaumung. Mit erklärte, haben wir uns für die stands bedanke ich mich für dem damit verbundenen Vorlauf Durchführung einer Briefwahl das Vertrauen. Wir werden alles erschien uns ein Termin im Ok- entschieden. Unter tatkräftiger daransetzen, dieses zu rechtfer- tober geeignet. Mithilfe unseres Büros haben tigen und werden in der neuen Ein von der Vereinsbehörde auf- wir diese logistische Heraus- Periode unsere Engergie weiter gebauter Druck (Androhung von forderung bewältigt. Der Lohn für den Theater Verband Tirol Strafen und Vereinsauflösung) dafür war die für uns sehr über- einsetzen. und die neuerliche schwierige raschende und erfreulich hohe Coronalage zwangen uns zu ei- Wahlbeteiligung. Klaus Mayramhof Landesobmann 22 | darstellendes spiel
Kurz & Bündig Stephanie Larcher-Senns lyrische Gedanken zum Lockdown LICHT AN - LICHT AUS wohlig aufgeregt die herzen als das Licht erlischt alle schon bereit herrscht plötzlich dunkelheit glitzernd aller augen schon still ist´s auch und gleich ist auftrittszeit nichts zu sehen weit und breit rasch die plätze eingenommen leere stühle schon vergessen jede zeit stille förmlich schreit still, gespannt auf was da kommt niemand kommt schenken volle aufmerksamkeit alles nur zur sicherheit licht erleuchtet nun die Bretter die figuren sind erstarrt ganz egal ob´s draußen schneit weder freud noch wahres leid die figuren begeistern alle applaus ist nicht mehr vorstellbar das zu feiern uns befreit weit entfernt die bühnenzeit Foto: Kühne Bühne darstellendes spiel | 23
EIN LEBEN FÜR TANZ UND THEATER Reda Roshdy ist nicht mehr unter uns. Schauspiele Kauns trauert - der Theater Verband Tirol schließt sich an. Es gibt im Leben für alles eine Zeit, eine Zeit der Freude, der Stille, der Trauer und eine Zeit der dankbaren ERINNERUNGEN!! R eda Roshdy, für viele Wir sind alle schockiert und sehr trau- Danke Reda für Alles. Mir wera di nia unvergessliche, lusti- rig über das Ableben von Reda. Er ver- vergessa und stets mit am Lächeln an ge und lehrreiche Mo- starb am 22. November 2020 im Alter di denka! mente möchten wir dir von 65 Jahren. danken! Mit deiner speziellen und kre- Wir werden dich in Ehren halten und RUHE IN FRIEDEN! ativen Art hast du dein Können und in positiver Erinnerung an dich denken. Unser herzliches Beileid ergeht an dei- Wissen an uns Schauspieler weiter- Ruhe in Frieden! Das Können, das du ne Familie. gegeben. uns vermittelt hast, werden wir versu- Dein unverwechselbares Lächeln und chen, in Demut und Anerkennung wei- Josef Falkeis (Schauspiele Kauns) dein Schmäh werden uns in positiver terzutragen. Erinnerung bleiben. Bei zahlreichen Großproduktionen wie „Wiesejaggl“, „xxxAlpin - Der Berg ruft“, „Pfarrer Maaß“, „Talkönig“, „Simba – König der Tiere“ und zuletzt beim „Kaiser Max“ warst du nicht nur unser Choreograph, sondern auch unser Mentor und standest uns mit Rat und Tat zur Seite. (Bild bei der Probe 2018 in Kauns) Sein besonderes Verdienst war, dass Reda seine Arbeit und seine Bega- bung zu großen Teilen unentgeltlich im Amateurtheater einbrachte. Foto: TVT; Schauspiele Kauns 24 | darstellendes spiel
A m 22.11.2020 starb Seither waren wir Partner bei zahl- rung hervorgerufen für darstellerische nach längerer Krankheit reichen Projekten, zunächst im Kul- Leistungen, bei denen Darsteller über der Tänzer, Regisseur, turgasthaus Bierstindl, wo er päda- sich hinausgewachsen sind. Tanzpädagoge und bis gogisch, als Coach und Choreograf zuletzt auch Lehrkraft am Konservato- zahlreiche Produktionen mitgestalte- Dies haben auch die Schauspiele rium in Innsbruck. Er hat nie viel Wind te, wie z. B. beim „Schüler Gerber“ im Kauns sehr schnell zu schätzen ge- um sich gemacht, wenig ist von ihm im Rahmen des Festivals „finale 1999“. wusst und ihm zum Coachen der Frei- Netz zu finden. In seiner Lebendigkeit Dem Bierstindl ist er bis zuletzt treu lichtaufführungen bei den Schlosshäu- und der Freude an Unmittelbarkeit in geblieben und bescherte den Ritter- sern geholt. Redas Arbeiten hier waren der Begegnung, auf der Bühne, hinter spielen besonders erfolgreiche Kin- nach der Uraufführungsserie vom der Bühne und im Alltag hatte er immer dertheaterproduktionen. „Wiesejaggl“, „Pfarrer Maß“, „Talkönig“, einen Witz auf Lager, aber nicht zum „xxxalpin“ und schließlich „Simba“ eine Selbstzweck, sondern gepaart mit der Ein treuer Begleiter und Erfolgsga- Musterleistung der Zusammenschau Herausforderung zu künstlerischer Dis- rant war für mich Reda besonders von Tanz, Musik, Gesang, Maske und ziplin. bei Großproduktionen. Auf seine Be- Ausstattung. Mit Redas letzter Arbeit gabung hinkonzipiert gestaltete er die in Kauns drückte er der Produktion Reda Roshdy wurde in Kairo geboren, Umsetzung des Volksschauspielmu- „Der nackte Kaiser Max“ den Stempel wo er mit Auszeichnung die Russische sicals „Kleiner Mann bleib dran“. Für seiner choreografischen Visionen auf Ballettschule absolvierte und sich dar- sein Konzept einer regionalen Fas- und hinterließ Impulse für eine Urauf- aufhin in Moskau zum Tanzpädagogen sung von „Romeo und Julia“ schrieb führung, die aus Coronagründen noch ausbilden ließ. Seine außergewöhnliche ich nach seinen Vorstellungen „Ro- nicht stattgefunden hat. Begabung als klassischer Solotänzer med und Julia“ für die Freilichtspiele bestätigte sich zunächst an der Oper in Tulfes. Glänzend gelang ihm die Ekkehard Schönwiese in Kairo und den weiteren Stationen: Regie von „Vollmond, ein Mitsommer- an der Staatsoper und an der Deut- nachtstraum“ im Thaurer Schloss. schen Oper in Berlin. An der Staats- Nicht minder begeisterte er bei „Ti- oper in Wien ließ er sich daraufhin als roler Freiheit“ in Grinzens mit seinen Publikumsliebling verehren. Dann holte großen choreografischen Bildern, ihn Helmut Wlasak als Tänzer, Choreo- ganz gegen die Tradition mit schönen grafen und Pädagogen an das Tiroler Schlachtgemälden. Mehrfach holte Landestheater. Danach widmete er ihn auch die Theaterwerkstatt Döl- sich als Tanzpädagoge und Regisseur sach, wenn es beim „modernen The- der Erziehung von TänzerInnennach- ater“ um die Umsetzung heikler Stoffe wuchs und der Professionalisierung ging. Beim Kosakendrama „Lauf, Kat- des außerberuflichen Theaters in Tirol inka“ etwa hatte das Ensemble Pferde und Südtirol. Er war bis zuletzt mit sei- zu spielen. Gewaltig war auch, was nem kritischen Blick bei internationalen er beim „Das Erler Faustspiel“ für die Tanz-Ausscheidungsveranstaltungen Passionsspiele Erl 1997 beitrug. ein gefragter Juror. Er hatte die Fähigkeit, spontan große, Ich lernte Reda 1988 bei seiner Einstu- heterogene Spielgemeinschaften in dierung meiner Revue „I wer narrisch – kürzester Zeit zu exemplarischen und Szenen der Entmündigung“ am Tiroler unkonventionellen Schaubildern zu Landestheater kennen und schätzen. motivieren und hat mit Witz Begeiste- darstellendes spiel | 25
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