SPRECHEN FÖRDERN - Mercator-Institut

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SPRECHEN FÖRDERN
        Hintergrund: Bildungssprachliche Kompetenzen in allen Fächern mit digitalen Medien entwickeln
        Unterricht ist in weiten Teilen sprachlich-kommunikativ organisiert: Schülerinnen und Schüler sprechen und
        hören, lesen und schreiben, sie tauschen sich im Medium der gesprochenen und geschriebenen Sprache aus
        und nutzen sie zum Lernen. Zu den bildungssprachlichen Kompetenzen zählen zum einen die mündlichen
        Fähigkeiten und Fertigkeiten, ohne die kein Unterricht auskommt. Das bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler
        in der Lage sind, in monolo­­­gischen und dialogischen Gesprächssituationen zuzuhören und sich im Gespräch über
        Sachverhalte mit anderen zu verständigen. Dafür ist es erforderlich, dass sie eigene Ideen und Gedanken
        verständlich und zusammenhängend formulieren können. In der Schule kommt dabei dem Sprechen über
        absente und abstrakte Sachverhalte eine besondere Bedeutung zu. Darunter versteht man unter anderem
        die Kompetenz, etwas erklären oder für die eigene Position argumentieren zu können. Zum anderen gehört
        die Textkompetenz zu den bildungssprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Damit ist die Lese- und
        Schreibkompetenz gemeint, also dass Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, Texte für eigene Ziele
        zu nutzen und zu produzieren. Texte lesen und verfassen gehört in fast allen Fächern zu den zentralen
        Aufgabenformaten, weil es sowohl selbstständiges und vertieftes Lernen als auch Aneignen von Wissen ermöglicht.
        In    den       Handreichungen                zum     Themenbereich            Bildungssprachliche            Kompetenzen          in   allen   Fächern   mit
        digitalen Medien entwickeln zeigen die Autorinnen und Autoren auf, wie Lehrkräfte die unterschiedlichen
        bildungssprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die in allen Fächern benötigt und gefördert werden, gezielt
        auch durch digitale Medien unterstützen können. Konkret geht es darum, wie Lehrkräfte das Zuhören und das
        Sprechen schulen können, wie sich die Lesekompetenz und die Schreibkompetenz entwickeln lässt und wie
        Lernende ihren Wortschatz auch fachspezifisch erweitern und lernen können, mit Sprache bewusst umzugehen.

        Zusammenfassung
        Gesprochene Sprache ist ein essentielles Lernmedium im Unterricht und gleichzeitig­­­
        Lerngegenstand und Lernziel. Um dieses Lernziel zu erreichen, benötigen Schülerinnen und Schü-
        ler im Unterricht vielfältige Gelegenheiten mit anderen mündlich zu ­k
                                                                             ­­ omm­unizieren. ­­Die Kommu-
        nikation sollte dabei sowohl dialogisch als auch monologisch ausgerichtet sein. Das gilt gleicher-
        maßen für den Präsenz- wie für den Distanzunterricht.

        Werden keine technischen Übertragungs- und Speichermedien verwendet, ist die mündliche
        Kommunikation an die örtliche und zeitliche Kopräsenz der Teilnehmenden gebunden; mithilfe
        von Kommunikationsmedien lässt sich die Gebundenheit der Gesprächssituation jedoch aufhe-
        ben. Dadurch erweitert sich das Spektrum der Kommunikations­formen und es ergeben sich teil-
        weise veränderte Anforderungen an das Sprechen und Zuhören. Bei einer didaktischen Konzeption
        zur Förderung produktiver mündlicher Kompetenzen mithilfe digitaler Medien sollten Lehrkräfte
        die Adressaten, die Zielsetzung und Funktion, die kommunikative Ausrichtung und die Zeitlichkeit
        berücksichtigen, sodass verschiedene Kommunikationsformen gezielt genutzt werden können.
        Diese Handreichung zeigt, wie dies im (Distanz-)Unterricht gelingen kann und stellt hilfreiche
        Tools dafür vor.

                                                                                                                                                                        1
                                                            © 2021 Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
                                                            Autorin: Michaela Mörs
Ein Institut der Universität zu Köln, initiiert und         Redaktion: Michael Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Frauke König, Till Woerfel
gefördert durch die Stiftung Mercator.                      www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
Didaktische Einordnung
        Schülerinnen und Schüler lernen fachlich, indem                                     Gesprächskompetenz                       umfasst   verschiedene
        sie sich aktiv am Unterrichtsdiskurs beteiligen. Sie                                Fähigkeiten
        können ihre Wissensbestände ausbauen, festigen
                                                                                            Die verschiedenen Gesprächsformen sollen wei-
        und reflektieren, wenn sie diese mündlich wei-
                                                                                            terhin mit einer möglichst authentischen kom-
        tererzählen, erklären oder sinnvoll in einer Argu-
                                                                                            munikativen Funktion verbunden sein. Hat eine
        mentation einbringen. Voraussetzung hierfür ist,
                                                                                            Schülerin oder ein Schüler beispielsweise die Auf-
        dass Schülerinnen und Schüler über ausreichende
                                                                                            gabe, etwas mündlich zu erzählen, erfüllt dies nur
        Gesprächskompetenzen verfügen. Dazu gehören
                                                                                            eine authentische Funktion, wenn die Geschichte
        die Fähigkeiten und Fertigkeiten zum Sprechen
                                                                                            für die Mitschülerinnen und Mitschüler neu ist.
        und Zuhören. Häufig wird vorausgesetzt, dass
                                                                                            Damit eine sprachliche Handlung ihr kommuni-
        Kinder – insbesondere mit Deutsch als Erstspra-
                                                                                            katives Ziel erreicht, müssen Sprechende nicht nur
        che – beim Schuleintritt über diese Kompetenzen
                                                                                            ihre eigenen Wissensbestände aktivieren, sondern
        bereits verfügen; schließlich können sie zu die-
                                                                                            auch die der Zuhörenden berücksichtigen. Als
        sem Zeitpunkt im Regelfall (Deutsch) sprechen
                                                                                            zentrale Faktoren von ­Gesprächsituationen gelten
        und verstehen, was sie hören. Gesprächskompe-
                                                                                            darum zum einen die jeweils in einem Gespräch
        tenzen werden jedoch erst im Laufe der Schulzeit
                                                                                            verfolgten kommunikativen Ziele und zum ande-
        voll ausgebaut. Die gesprochene Sprache als Lern-
                                                                                            ren „die beteiligten Personen mit ihren Identitä-
        medium ist also gleichzeitig Lerngegenstand und
                                                                                            ten, ihren Affekten, ihrer sozialen Beziehung und
        Lernziel (Becker-Mrotzek, 2009a, S. 104).
                                                                                            ihren Kognitionen (Wissen und Können)” (Becker-
        Vielfältige Sprechanlässe im Unterricht schaffen                                    Mrotzek & Brünner, 2004, S. 30). Das Wissen und
                                                                                            Können der Gesprächsteilnehmenden bezieht sich
        Damit der Ausbau der erforderlichen Kompeten-
                                                                                            dabei sowohl auf das jeweilige Gesprächsthema
        zen gelingt, sollen Schülerinnen und Schüler viel-
                                                                                            als auch auf sprachliche Aspekte. Zur Gesprächs-
        fältige Gelegenheiten zur mündlichen Sprachpro-
                                                                                            kompetenz zählen die Fähigkeiten, thematisches
        duktion erhalten – nicht nur im Deutschunterricht,
                                                                                            Wissen sprechend einzubringen bzw. hörend
        sondern in allen Fächern. Wichtig ist, dass Lehr-
                                                                                            zu verarbeiten, die eigene Identität zum Aus-
        kräfte ihren Unterricht grundsätzlich kommuni-
                                                                                            druck zu bringen, Beziehungen zu gestalten und
        kativ und in einem stärkeren Maße schülerzen-
                                                                                            Handlungsmuster zu realisieren. Dazu wird auch
        triert ausrichten, um verschiedene Sozial- und
                                                                                            explizites Wissen über Gesprächsstrukturen und
        Gesprächsformen nutzen zu können. So sollen
                                                                                            -konventionen benötigt (Becker-Mrotzek, 2009b,
        Grundschulkinder als Gesprächsform das Erzäh-
                                                                                            S. 74–75). Dass Schülerinnen und Schüler in der
        len, Beschreiben, Erklären, Informieren und
                                                                                            Lage sein sollen, Gesprächsregeln zu beachten
        Argumentieren beherrschen. Den Bildungsstan-
                                                                                            und auf Gesprächsbeiträge anderer einzugehen,
        dards zufolge sollen die Schülerinnen und Schü-
                                                                                            wird bis zum Ende der Primarstufe vorausgesetzt
        ler für den Mittleren Schulabschluss in der Lage
                                                                                            (KMK, 2005, S. 9). Eine weitere Teilkompetenz
        sein, Dialoge, Diskussionen und Debatten zu
                                                                                            besteht darin, durch die Nutzung verschiedener
        führen, aber auch monologische Kommunika-
                                                                                            Unterstützungsverfahren sicherzustellen, dass
        tionsformen, wie zum Beispiel Referate, umzu-
                                                                                            eine Verständigung stattfindet (Becker-Mrotzek,
        setzen (vgl. KMK, 2004, S. 10–11; 2005, S. 10).
                                                                                            2009b, S. 76). Seitens der Sprechenden gehört

                                                                                                                                                              2
                                                      © 2021 Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
                                                      Autorin: Michaela Mörs
Ein Institut der Universität zu Köln, initiiert und   Redaktion: Michael Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Frauke König, Till Woerfel
gefördert durch die Stiftung Mercator.                www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
dazu, Verstehensprobleme zu antizipieren, hörer-                                    Synchrone und asynchrone Kommunikation mit-
        seitige Signale für diese zu erkennen und ziel-                                     hilfe digitaler Medien
        gerichtet darauf zu reagieren. Hier spielen auch
                                                                                            Erfolgt synchrone Kommunikation über das
        para- und nonverbale Signale eine wichtige Rolle.
                                                                                            Internet, ist die räumliche Kopräsenz der Teil-
        Die Fähigkeit, diese bewusst einsetzen bzw. bei
                                                                                            nehmenden aufgehoben. Unterrichts­­gespräche,
        anderen richtig deuten zu können, gilt – nicht
                                                                                            Referate oder Präsentationen lassen sich auch
        nur im Hinblick auf die Verständnissicherung – als
                                                                                            im Distanzunterricht abhalten – allerdings sind
        weitere Teilkomponente der Gesprächskompetenz
                                                                                            mit der Mediennutzung spezifische Einschrän-
        (KMK, 2004, S. 10; 2005, S. 9).
                                                                                            kungen verbunden, insbesondere mit Blick auf
        Hohe Anforderungen durch Flüchtigkeit                                               die non-verbale Kommunikation. Beispielsweise
                                                                                            ist es nur dann sinnvoll, bei einem Vortrag auf
        Gespräche, aber auch Vorträge sind in der Regel
                                                                                            Objekte zu zeigen, wenn diese inner­­­halb des
        in synchrone Kommunikationssituationen ein-
                                                                                            übertragenen Kamerabildes gut zu erkennen sind.
        gebunden. Das bedeutet, dass ein unmittel-
                                                                                            Erbitten Schülerinnen und Schüler per Handzei-
        barer Kontakt zwischen den Kommunizieren-
                                                                                            chen das Rederecht, bleibt dies in einer größe-
        den in einem gemeinsamen „Sprechzeit-Raum“
                                                                                            ren Runde unter Umständen unbemerkt, da die
        (Becker-Mrotzek, 2009b, S. 69) besteht. Das kann
                                                                                            Anzahl der Personen, die in einem Fenster auf
        die Kommunikation erleichtern, weil Sprechende
                                                                                            dem Bildschirm angezeigt werden, bei den ver-
        auf konkrete Objekte zeigen können, statt sie
                                                                                            schiedenen Videokonferenzsystemen begrenzt ist.
        benennen oder beschreiben zu müssen. Bleiben
                                                                                            Das hat auch zur Folge, dass Sprechende die non-
        dennoch Unklarheiten bestehen, können Zuhö-
                                                                                            verbalen Zeichen, die zuhörende (Mit-)Schülerin-
        rende zudem unmittelbar Rückfragen stellen.
                                                                                            nen und (Mit-)­Schü­­­­ler bei Unverständnis senden,­­­­­
        Eine besondere Herausforderung mündlicher                                           möglich­­­­­­er­­­­weise nicht wahrnehmen. Zudem ist
        Kommunikation ist jedoch in der Flüchtigkeit                                        nicht ersichtlich, wohin andere Gesprächsteil-
        der gesprochenen Sprache begründet: Nach-                                           nehmende auf ihren Bildschirmen schauen;
        dem Sprechende sich geäußert haben, hat das                                         die Organisation von Sprecherwechseln mit-
        gesprochene Wort nur noch im Gedächtnis der                                         tels ­
                                                                                                 Blickkontakt ist darum im virtuellen Raum
        ­anwes­­enden Personen Bestand – vorausgesetzt,                                     nicht möglich. Folglich gilt es, die beschriebe-
         sie haben aufmerksam zugehört. Diese Flüchtig-                                     nen Unterstützungsverfahren sowie Gesprächs-
         keit stellt mitunter hohe Anforderungen an die                                     regeln und -konventionen bei der synchro-
         Gedächtnis- und Konzentrationsfähigkeit sowie                                      nen Kommunikation über digitale Medien an
         an die Fähigkeiten von Gesprächsteilnehmenden,                                     die medialen Gegebenheiten anzupassen.
         ihr eigenes Zuhörverhalten zu kontrollieren (vgl.
                                                                                            Digitale Medien können aber nicht nur für syn-
         Imhof, 2010). Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich
                                                                                            chrone Kommunikation genutzt werden: Sie
         daraus, dass für die Planung eines Gesprächsbei-
                                                                                            ermöglichen auch die Produktion, Speicherung,
         trags zumeist nur wenig Zeit zur Verfügung steht;
                                                                                            Übertragung und zeitversetzte Rezeption münd-
         wer spricht, muss äußerst schnell auf Wissens-
                                                                                            licher Sprache, sodass sich asynchrone Kommu-
         bestände und Formulierungsmuster zugreifen
                                                                                            nikationsformen ergeben (vgl. Weger, 2016, S.
         können. Zudem sind nachträgliche Korrekturen
                                                                                            84). Damit entfällt die räumliche und zeitliche
         in der gesprochenen Sprache zwar möglich, aber
                                                                                            Kopräsenz als generelles Merkmal mündlicher
         immer offensichtlich (vgl. Auer, 2000, S. 44–45).
                                                                                            Kommunikation. Das Spektrum der asynchro-

                                                                                                                                                        3
                                                      © 2021 Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
                                                      Autorin: Michaela Mörs
Ein Institut der Universität zu Köln, initiiert und   Redaktion: Michael Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Frauke König, Till Woerfel
gefördert durch die Stiftung Mercator.                www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
nen Kommunikationsformen reicht dabei von                                           ­­
                                                                                            Vergleich  zu einer Nachricht, die auf einer Mailbox
        kurzen, eher dialogischen Sprachnachrichten bis                                     hinterlassen wird, mehr Kontrolle über die eigenen
        zu umfangreichen, monologisch ausgerichteten                                        Beiträge: Es besteht die Möglichkeit, Auf­nahmen
        Podcasts oder Videos. Diese Kommunikations-                                         abzubrechen und neu zu starten und sie erst zu
        formen sind nicht gänzlich neu – ein Novum                                          verschicken, wenn die oder der Sprechende selber
        sind jedoch die einfach zu nutzenden Mög-                                           damit zufrieden ist. Nach dem ­Versenden können
        lichkeiten, um die selbst erstellten Audio- und                                     Nachrichten noch einmal angehört und gegebe-
        Videodateien zu editieren und zu verbreiten.                                        nenfalls gelöscht werden. So entsteht die Mög-
                                                                                            lichkeit, (unbemerkt) Korrekturen a  ­ n ­mündlichen
        Digitale Medien bieten Korrekturmöglichkeiten
                                                                                            Äußerungen vorzunehmen oder diese komplett
        Durch die Speicherung von Redebeiträgen wird die                                    zurückzunehmen (vgl. Howind, 2020, S. 17).
        Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes überwun-
                                                                                            Während Jugendliche Studien zufolge in ihrer
        den (vgl. Auer, 2000, S. 44). Das kann einerseits
                                                                                            Freizeit häufig Sprachnachrichten nutzen ­     (vgl.
        den Druck auf Sprechende erhöhen (man denke
                                                                                            Schlobinski & Siever, 2018, S. 6; JIM, 2019, S. 31),
        an Hemmungen, eine Nachricht auf einer Mail-
                                                                                            spielen diese im Unterricht bislang kaum eine
        box zu hinterlassen), es kann aber auch – beson-
                                                                                            Rolle – obwohl sie durchaus ein didaktisches
        ders für Lernende auf unteren Sprach­niveaus oder
                                                                                            Potenzial bieten. Denn bis die Hörtexte veröffent-
        Schülerinnen und Schüler mit Sprechhemmungen
                                                                                            licht werden, überarbeiten die Sprechenden diese
        – entlastend wirken (Weger, 2016, S. 85). Denn
                                                                                            meist mehrfach, was einen intensiven und nach-
        ihnen steht im Gegensatz zum Sprechen in syn-
                                                                                            haltigen Lernprozess mit sich bringt (Weger, 2016,
        chronen Kommunikationssituationen mehr Pla-
                                                                                            S. 85). Das gilt insbesondere für die Produktion
        nungszeit zur Verfügung (vgl. Kovács & Czinglar,
                                                                                            von Erklärvideos: Um diese erstellen zu können,
        2009, S. 19–20). Außerdem haben sie die Mög-
                                                                                            müssen sich die Sprechenden mit der Thematik
        lichkeit, ihre mündlichen Sprachbeiträge zu edi-
                                                                                            auseinandersetzen und die Inhalte fachlich rich-
        tieren. Bei der Produktion längerer, monologisch
                                                                                            tig, adressatengerecht und unterhaltsam aufbe-
        ausgerichteter mündlicher Beiträge können sie
                                                                                            reiten (vgl. Findeisen, Horn & Seifried, 2019). Ver-
        dazu verschiedene Schnittprogramme verwen-
                                                                                            gleichbares ist für die Produktion von Podcasts zu
        den. Aber auch beim Versenden einfacher Sprach-
                                                                                            erwarten.
        nachrichten,­­z. B. über eine Lernplattform oder
        einen ­Messen­ger­-Dienst, haben Sprechende im

        Methodische Umsetzung
        Die Hinweise zur methodischen Umsetzung werden                                      ren können. Zudem können Lehrkräfte die Hin-
        entlang der Kategorien kommunikative Ausrich-                                       weise für unterschiedlich komplexe Inhalte nutzen,
        tung (monologisch oder dialogisch) und Zeitlich-                                    sodass vor allem an dieser Stelle eine schwierig-
        keit (synchron oder asynchron) dargestellt (siehe                                   keitsgenerierende (bzw. -vermindernde) Stell-
        Abbildung auf Seite 5). An wenigen Stellen gibt es                                  schraube besteht. ­Die Hinweise sind v. a. auf den
        Hinweise zur Eignung für bestimmte Jahrgangs-                                       Distanzunterricht bezogen, sie eigenen sich teil-
        stufen, da die Medienkompetenzen von Schüle-                                        weise auch für Arbeitsphasen im Präsenzunterricht
                                                                                                                            ­­
        rinnen und Schülern je nach Vorkenntnissen auch                                     oder die Bearbeitung von Hausaufgaben sowie
        innerhalb ­derselben Jahrgangsstufen stark variie-                                  für die Arbeit innerhalb von P     ­rojektwochen.

                                                                                                                                                   4
                                                      © 2021 Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
                                                      Autorin: Michaela Mörs
Ein Institut der Universität zu Köln, initiiert und   Redaktion: Michael Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Frauke König, Till Woerfel
gefördert durch die Stiftung Mercator.                www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
Synchrone Kommunikation                                       Asynchrone Kommunikation

        Dialogisches Sprechen                         Unterrichtsgespräch,              Gespräche           in Austausch von ­Sprachnachrichten/münd-
                                                      Kleingruppen und Partnerarbeit                              liches Kommentieren eines Videos oder
                                                                                                                  eines Dokuments; Gespräch/Interview in
                                                                                                                  einem Podcast

        Monologisches Sprechen                        Referat/Präsentation                                        Erklärvideo, aufgezeichnete Präsentation/
                                                                                                                  aufgenommener Vortrag, Podcast

         Abbildung: Beispiele für Kommunikationsformen mit unterschiedlicher kommunikativer Ausrichtung und Zeitlichkeit

        Im kommunikativ ausgerichteten, synchronen                                           Unterricht über Videokonferenztools ist, dass
        Präsenzunterricht sind Wechsel zwischen stär-                                        Lehrkräfte den Redeanteil der Schülerinnen und
        ker monologisch und dialogisch ausgerichteter                                        Schüler ­insgesamt erhöhen und dass Gelegenheit
        Kommunikation selbstverständlich: So schließt                                        besteht, sich untereinander auszutauschen –
        sich an eine Präsentation beispielsweise eine                                        z. B. durch die Aufteilung der Klasse in Kleingrup-
        ­Feedbackrunde oder eine Diskussion an. Zudem                                        pen. ­In sogenannten Break-out-Sessions können
         sind die Übergänge zwischen einer monologi-                                         Schülerinnen und Schüler gemeinsam Aufgaben
         schen und einer dialogischen Ausrichtung mit-                                       mündlich bearbeiten. Lernende können bei-
                                                                                             ­
         unter fließend. Auch digitale Medien ermögli-                                       spielsweise über eine bestimmte Thematik oder
         chen beide Kommunikationsformen, die zudem                                          eine Fragestellung diskutieren und sich entweder
         auf synchronem und asynchronem Wege erfolgen                                        innerhalb der Gruppe auf einen gemeinsamen,
         können.                                                                             begründeten ­­­Standpunkt bzw. eine Lösung eini-
                                                                                             gen oder aber in der Gruppe Pro- und/oder Kon-
        Dialogisches Sprechen
                                                                                             tra-Argumente ­zusammen­zutragen. Mithilfe von
        Synchrone, dialogisch ausgerichtete Kommunika-                                       digitalen Schreibtools können dabei kollaborativ
        tion zwischen Schülerinnen, Schülern und Lehr-                                       Notizen angefertigt werden – es besteht aber auch
        kräften kann im Distanzunterricht mithilfe von                                       die Möglichkeit, mit Papier ­­und Stift zu schreiben
        Videokonferenztools erfolgen. Geeignete Tools                                        und das Ergebnis zu fotografieren. Bei der Rück-
        gibt es sowohl von kommerziellen Anbietern,                                          kehr ins Plenum k ­ önnen eine Sprecherin oder ein
        z. B. Zoom oder Skype, als auch als freie Software,                                  Sprecher die ­Diskussions-­ bzw. ­A­­rbeits­­­­­­ergebnisse
        etwa Jitsi Meet oder BigBlueButton. In einige                                        ihrer jeweiligen Gruppe ­­präsentieren. Besonders
        Lernplattformen (beispielsweise MS Teams, ILIAS                                      interessant und authentisch ist eine solche Prä-
        und Moodle) können Videokonferenztools direkt                                        sentation, wenn Lehrkräfte den ­      Arbeitsgruppen
        eingebunden werden, was die Orientierung der                                         unterschiedliche oder ­­ergebnisoffene ­­A        ­­­ ufgaben
        Lernenden erleichtern kann (g Handreichung                                           ­gestellt haben, sodass die zuhörenden Schülerin-
        Kommunikationskanäle für den Austausch im                                             nen und Schüler aus den anderen Arbeits­­gruppen
        Unterricht). Wichtig bei der Gestaltung von Online-                                   tatsächlich etwas Neues erfahren.

                                                                                                                                                              5
                                                       © 2021 Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
                                                       Autorin: Michaela Mörs
Ein Institut der Universität zu Köln, initiiert und    Redaktion: Michael Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Frauke König, Till Woerfel
gefördert durch die Stiftung Mercator.                 www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
Unterschiede zwischen analoger und digitaler                                        nen und Schüler sich mündlich zu Lerninhalten
        Kommunikation thematisieren                                                         äußern können. Mündliches Feedback zu Schü-
                                                                                            lertexten kann mithilfe des Add-ons Kaizena für
        Weil in Videokonferenzen einige der herkömm-
                                                                                            GoogleDocs gegeben werden. Auf Kommentare
        lichen Unterstützungsverfahren sowie Gesprächs-
                                                                                            zu einzelnen Textstellen lässt sich wiederum eine
        regeln und -konventionen nicht mehr greifen,
                                                                                            Antwort aufnehmen, sodass Gesprächsstrukturen
        bietet es sich an, gemeinsam über die Unter-
                                                                                            entstehen.
        schiede zwischen analoger und digital übermit-
        telter synchroner Kommunikation zu reflektie-                                       Podcasts und Hörspiele als dialogische Kommu-
        ren. Anschließend können neue bzw. zusätzliche                                      nikation
        Gesprächsregeln vereinbart werden, beispiels-
                                                                                            Auch Podcasts können aus aufgenommenen
        weise wie man um das Rederecht bittet. Hilfreich
                                                                                            Gesprächen oder Interviews bestehen, und Hör-
        kann auch der Einsatz von Co-Moderationskarten
                                                                                            spiele beinhalten ebenfalls Dialogsequenzen. Für
        – z. B. mit einem Symbol und der Aufforderung
                                                                                            die Grundschule und den Beginn der Sekundar-
        „Bitte wiederholen!“ – sein, die bei Bedarf vor
                                                                                            stufe ermöglicht die Website AUDIOYOUkids einen
        die Kamera gehalten werden. Dies ist aber nur in
                                                                                            kindgerechten Einstieg in die Produktion eigener
        Gesprächskonstellationen sinnvoll, in denen alle
                                                                                            Hörspiele. Hier können Schülerinnen und Schü-
        Teilnehmenden einander sehen können. Zudem
                                                                                            ler zunächst kurze Sequenzen in einen kleinen
        können einzelne Schülerinnen und Schüler
                                                                                            Trickfilm und ein kurzes Hörspiel einsprechen.
        Gespräche im Plenum moderieren. Voraussetzung
                                                                                            Die aufgenommenen Sequenzen können unmit-
        hierfür ist, dass Lehrkräfte mit den Lernenden
                                                                                            telbar nach der Aufnahme einzeln angehört und
        zuvor anhand von Beispielen Besprechungsmus-
                                                                                            bei Bedarf neu aufgenommen werden. Das fertige
        ter identifiziert sowie Kriterien für eine gelungene
                                                                                            Hörspiel lässt sich abschließend herunterladen.
        Moderation erarbeitet haben (Becker-Mrotzek &
        Mörs, 2015, S. 46).                                                                 Für die Aufnahme dialogisch ausgerichteter Pod-
                                                                                            casts gibt es verschiedene Möglichkeiten: Zum
        Mithilfe digitaler Tools können mündliche Bei-
                                                                                            einen können Gespräche und Interviews in einer
        träge von Schülerinnen und Schülern aber auch
                                                                                            synchronen Kommunikationssituation mithilfe
        in asynchroner Kommunikation eine dialogische
                                                                                            eines Videokonferenztools aufgenommen wer-
        Ausrichtung annehmen. Das ist zum Beispiel der
                                                                                            den; mit einigen Videokonferenztools ist es auch
        Fall, wenn Schülerinnen und Schüler Sprach-
                                                                                            möglich, ein Gespräch als reine Audiodatei auf-
        nachrichten über eine Lernplattform, einen Mes-
                                                                                            zuzeichnen. Die Tonspur kann anschließend in
        senger-Dienst oder ein Padlet versenden und
                                                                                            einen Audio-Editor importiert und weiterverar-
        sich dabei auf vorausgegangene Beiträge ihrer
                                                                                            beitet werden.
        Mitschülerinnen und Mitschüler beziehen oder
        mündliches Peer-Feedback geben. So können                                           Wichtig bei der Produktion eines solchen Pod-
        sie etwa gemeinsam eine Bandwurmgeschichte                                          casts ist, dass Schülerinnen und Schüler, die diese
        erzählen, eine erste Ideensammlung zu einem                                         Gespräche moderieren oder die Interviews füh-
        Thema erstellen und Vorwissen austauschen. In                                       ren, vorab Leitfragen oder einige Stichpunkte zu
        Moodle, ILIAS, Drupal oder WordPress lassen sich                                    den Themen notiert haben, die sie während die-
        mit dort verfügbaren H5P-Plugins interaktive                                        ses Gesprächs berücksichtigen sollen. Hilfreich für
        Lerninhalte mit einem Audio Recorder oder dem                                       die Vorbereitung können die Tipps zur Gestaltung
        Tool Speak the Words versehen, sodass Schülerin-                                    von Interviews sein, die vom Bayerischen Rund-

                                                                                                                                                  6
                                                      © 2021 Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
                                                      Autorin: Michaela Mörs
Ein Institut der Universität zu Köln, initiiert und   Redaktion: Michael Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Frauke König, Till Woerfel
gefördert durch die Stiftung Mercator.                www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
funk auf der medienpädagogischen Projektseite                                       tation halten. Weil ein vor die Kamera gehaltenes
        So geht Medien für die Jahrgangsstufen 5 bis 10                                     Poster für Mitschülerinnen und Mitschüler sowie
        zusammengestellt wurden.                                                            für die Lehrkraft kaum im Detail lesbar ist, kann
                                                                                            das Poster aus verschiedenen Post-its und gegebe-
        Interviews können gegebenenfalls auch in asyn-
                                                                                            nenfalls mit wieder ablösbaren Klebepunkten ver-
        chronen Kommunikationssituationen aufge-
                                                                                            sehenen Fotos zusammengestellt werden. Bei der
        zeichnet werden: Gesprächsteilnehmende stel-
                                                                                            Präsentation halten die Vortragenden das Poster
        len räumlich und zeitlich getrennt voneinander
                                                                                            zunächst mit etwas Abstand vor die Kamera und
        Fragen bzw. antworten auf diese. Die einzelnen
                                                                                            zeigen es als Ganzes. Anschließend ziehen sie die
        Gesprächsbeiträge werden als separate Audioda-
                                                                                            Post-its (und Fotos) nach und nach vom Poster ab,
        teien z. B. mithilfe eines Messengers aufgenom-
                                                                                            halten sie vor die Kamera, erläutern sie und kleben
        men und anschließend von einer oder einem der
                                                                                            sie wieder auf das Poster. Neben der Erstellung von
        Teilnehmenden gesammelt und zusammenge-
                                                                                            Präsentationsfolien oder einem Poster gehört zur
        fügt. Hierbei lassen sich Korrekturen an einzelnen
                                                                                            Vorbereitung einer Präsentation auch, einen Spre-
        Redebeiträgen durchführen, bevor der zusam-
                                                                                            chertext bzw. Stichworte zu notieren. Es ist ratsam,
        mengeschnittene Beitrag weiteren Zuhören-
                                                                                            dass Lehrkräfte dies in die Arbeitsanweisungen für
        den zur Verfügung gestellt wird. Das Tool Anchor
                                                                                            Schülerinnen und Schüler aufnehmen.
        ermöglicht angemeldeten Nutzerinnen und Nut-
        zern darüber hinaus, auf bereits veröffentlichte                                    Eine Präsentation während des synchronen Online-
        Podcasts mündliche Repliken aufzunehmen und                                         unterrichts hat den Vorteil, dass unmittelbar im
        hochzuladen. Diese kann die Person, die diesen                                      Anschluss Verständnisfragen gestellt und Feed-
        Podcast angelegt hat, in spätere Folgen einbauen.                                   back gegeben werden sowie eine Anschlusskom-
                                                                                            munikation erfolgen kann. Allerdings ist mit einer
        Monologisches Sprechen
                                                                                            Livepräsentation ein höherer Performanzdruck
        Monologisches Sprechen in synchroner, digital                                       verbunden. Schülerinnen und Schüler können und
        vermittelter Kommunikation liegt beispielsweise                                     sollten ihren Vortrag deswegen vorab üben, z. B.
        vor, wenn Schülerinnen und Schüler mithilfe eines                                   im Rahmen von Videokonferenzen in Kleingrup-
        geteilten Bildschirmes eine Präsentation halten.                                    pen. Für ein lernförderliches Feedback – sowohl
        Diese können sie im Vorfeld auch kollaborativ                                       im Anschluss an einen Probevortrag als auch nach
        erstellen. Dazu können sie einen Foliensatz per                                     dem eigentlichen Vortrag im Plenum – kann ein
        Mail oder über eine Lernplattform austauschen                                       Beobachtungsbogen verwendet werden. Diesen
        und arbeitsteilig ergänzen. Zudem gibt es verschie-                                 können Lehrkräfte zuvor gemeinsam mit der Klasse
        dene Tools, die es erlauben, dass mehrere Perso-                                    erarbeiten. Zusätzlich zu den genannten Kriterien
        nen zeitgleich an einer Präsentation arbeiten, wie                                  – inhaltliche Richtigkeit, nachvollziehbare Struk-
        z. B. Prezi, GoogleSlides, Canva oder Book Creator.                                 turierung, freie Sprechweise und angemessene
        Auch mit Office 365 ist die kollaborative Bearbei-                                  Redemittel – kann auch die Gestaltung der Präsen-
        tung einer Powerpoint-Datei möglich, wenn diese                                     tationsfolien bzw. des Posters berücksichtigt wer-
        auf OneDrive oder SharePoint hochgeladen wurde.                                     den. Zudem ist es möglich, dass Mitschülerinnen
        Schülerinnen und Schüler in der Primarstufe und zu                                  und Mitschüler die einzelnen Kriterien arbeitsteilig
        Beginn der Sekundarstufe I, die mit der Erstellung                                  bewerten. Nach dem Vortrag können einige Mit-
        digitaler Präsentationsfolien noch überfordert sind,                                schülerinnen und Mitschüler ihr Feedback auch in
        können im Distanzunterricht eine Poster-Präsen-                                     Form eines kurzen Blitzlichts äußern („Gut gefallen

                                                                                                                                                   7
                                                      © 2021 Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
                                                      Autorin: Michaela Mörs
Ein Institut der Universität zu Köln, initiiert und   Redaktion: Michael Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Frauke König, Till Woerfel
gefördert durch die Stiftung Mercator.                www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
hat mir...“, „Das habe ich noch nicht ganz ver-                                     sprachliche Gestaltung von mündlichen Texten
        standen...“, „Mein Tipp für deine nächste Präsen-                                   können Schülerinnen und Schüler in diesem Tuto-
        tation...“).                                                                        rial erhalten. Vor allem wenn Schülerinnen und
                                                                                            Schüler vergleichsweise aufwendige Audio- oder
        Monologe mithilfe von Podcasts und Erklärvideos
                                                                                            Videobeiträge herstellen sollen, ist es wichtig,
        trainieren
                                                                                            dass sie zu den Vorprodukten zunächst Feedback
        Der beschriebene Performanzdruck lässt sich redu-                                   von der Lehrkraft und/oder Mitschülerinnen und
        zieren, wenn Schülerinnen und Schüler monologi-                                     Mitschülern einholen, bevor sie mit der eigent-
        sches Sprechen in asynchronen Kommunikations-                                       lichen Produktion beginnen.
        formen üben können, z. B. bei der Produktion von
                                                                                            Das gilt auch für kurze Probeaufnahmen, anhand
        Podcasts oder Erklärvideos. Solche Eigenproduk-
                                                                                            derer Schülerinnen und Schüler ihre eigene
        tionen sind relativ zeitaufwendig, darum erfolgen
                                                                                            Sprechweise sowie – bei Videoproduktionen, in
        sie selten im herkömmlichen Unterricht mit einer
                                                                                            denen sie selber zu sehen sind – ihre Mimik und
        45 bzw. 90-minütigen Taktung, sondern vor allem
                                                                                            Gestik überprüfen und ein Feedback von Mitschü-
        in Projektwochen. Das veränderte Lernsetting beim
                                                                                            lerinnen und Mitschülern einholen können. Zuvor
        Distanzunterricht hat den Vorteil, dass Lernende
                                                                                            sollten Lehrkräfte mit den Lernenden Kriterien für
        mehr Zeit am Stück für die Produktion aufwenden
                                                                                            einen angemessenen und zielführenden Einsatz
        können. Bevor Schülerinnen und Schüler individu-
                                                                                            von para- und nonverbalen Kommunikations-
        ell oder in Kleingruppen mit der Produktion eige-
                                                                                            mitteln erarbeiten. Tipps für das Sprechen vor der
        ner Video- oder Audiodateien beginnen, sollten
                                                                                            Kamera und den bewussten Einsatz von Körper-
        im Klassenverband – anhand von sowohl gelun-
                                                                                            sprache können Schülerinnen und Schüler in ver-
        genen als auch weniger gelungenen Beispielen –
                                                                                            schiedenen Tutorials finden. Mithilfe von Probe-
        zunächst Kriterien für gute Erklärvideos und/oder
                                                                                            aufnahmen kann zudem überprüft werden, ob
        Podcasts erarbeitet werden. Diese lassen sich in ein
                                                                                            die Aufnahmequalität ausreichend gut ist.
        Kriterienraster bzw. eine Checkliste überführen, die
        Schülerinnen und Schüler als Orientierung für die                                   Zur Podcast- und Videoproduktion existieren
        Produktion eigener Beiträge und als Grundlage für                                   zahlreiche Tools
        die formative Beurteilung der Produkte ihrer Mit-
                                                                                            Für die eigentliche Produktion von Podcasts und
        schülerinnen und Mitschüler heranziehen können.
                                                                                            (Erklär-)Videos können verschiedene und unter-
        Ausreichend Vorbereitungszeit einplanen                                             schiedlich komplexe Tools verwendet werden.
                                                                                            Audio-Dateien lassen sich mit dem Smartphone
        Vor der eigentlichen Produktion werden der Auf-
                                                                                            aufnehmen: Ein Diktiergerät ist sowohl in And-
        bau von Erklärvideos oder Podcasts sowie die
                                                                                            roid als auch auf dem iPhone bereits vorinstal-
        einzelnen Produktionsschritte besprochen. Eine
                                                                                            liert. Die Möglichkeiten zum Editieren solcher
        Zusammenstellung von Tipps zur Planung von
                                                                                            Aufnahmen sind jedoch in diesen Apps begrenzt.
        Erklärvideos gibt es hier. Eine wichtige Vorarbeit
                                                                                            Weitreichendere Bearbeitungsmöglichkeiten bie-
        besteht in der Erstellung eines Drehbuchs und/
                                                                                            ten beispielsweise Ferrite Recording Studio sowie
        oder Sprechertextes oder Stichwortzettels (für
                                                                                            Anchor und Auphonic Edit. Am Computer können
        die freiere Sprachproduktion). Insbesondere für
                                                                                            die Aufnahmen mit einem Audio-Editor – wie
        jüngere Schülerinnen und Schüler ist es ratsam,
                                                                                            z. B. Audacity – aufgenommen und editiert wer-
        eine Vorlage für ein solches Drehbuch bereitzu-
                                                                                            den. Bei der Bearbeitung lassen sich weitere Ton-
        stellen (vgl. Ebnet & Huller, 2020). Tipps für die

                                                                                                                                                 8
                                                      © 2021 Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
                                                      Autorin: Michaela Mörs
Ein Institut der Universität zu Köln, initiiert und   Redaktion: Michael Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Frauke König, Till Woerfel
gefördert durch die Stiftung Mercator.                www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
spuren, ­ beispielsweise mit Hintergrundgeräu-                                      tudio, Apowersoft oder Loom) benötigt; teilweise
        schen, hinzufügen. Geräusche, Hintergrundmusik                                      sind diese bereits in Standardprogrammen wie
        und Jingles stehen u. a. in der Hörspielbox oder in                                 z. B. VLC integriert. Auch für Smartphones sind
        der AUDIOyou Audiothek kostenlos zur Verfügung.                                     Video-Screen-Recorder erhältlich. Als Themen
        Das Tool Anchor beinhaltet bereits Jingles und                                      eigenen sich u. a. ­ Vorstellungen beliebter Com-
        Musikstücke, mit denen die Sprachbeiträge hinter-                                   puterspiele, nützlicher Apps oder Programme bzw.
        legt werden können. Auch das Tool Book Creator                                      Anleitungen für einzelne ihrer Funktionen.
        ermöglicht das Einbinden von Audiodateien. So
                                                                                            Weiterhin ist es mit Präsentationstools wie bei-
        können Schülerinnen und Schüler selbst erstellte
                                                                                            spielsweise Powerpoint oder Prezi möglich, Prä-
        digitale (Bilder-)Bücher vertonen und beispiels-
                                                                                            sentationen aufzuzeichnen und als Videodateien
        weise Geschichten erzählen, Gedichte vorgetra-
                                                                                            abzuspeichern. Sowohl bei der Verwendung von
        gen oder auch sprechende Wörterbücher anlegen
                                                                                            Video-Screen-Recordern als auch bei Präsenta-
        (vgl. Knoblauch, 2020).
                                                                                            tionstools kann eine begleitende Tonaufnahme
        Auch Videos lassen sich einfach mit dem Smart-                                      direkt während der Aufzeichnung aufgenommen
        phone erstellen. Zur weiteren Bearbeitung gibt                                      oder später mithilfe eines Video-Bearbeitungspro-
        es verschiedene Handy-Apps (z. B. KineMaster,                                       gramms hinzugefügt werden. Eine Vereinfachung
        PowerDirector oder YouCut), Programme (z. B.                                        besteht darin, dass die Lehrkraft den Schülerin-
        imovie für macOS, Videopad und Windows Movie                                        nen und Schülern eine Videoaufnahme ohne Ton
        Maker für Windows oder Shortcut) oder browserba-                                    zur Verfügung stellt (beispielsweise von der Durch-
        sierte Tools (z. B. AdobeSpark). Tutorials zur Erstel-                              führung eines Experiments), zu dem die Lernen-
        lung von Videos sowie weitere Begleitmaterialien                                    den einen Audiokommentar einsprechen. Dadurch
        für Schülerinnen und Schüler sowie für Lehrkräfte                                   können sie ihre Konzentration stärker auf sprach-
        stehen auf der Seite So geht Medien zur Verfügung.                                  liche und inhaltliche Aspekte richten, gleichzeitig
        Eine einfache Umsetzungsmöglichkeit für Videos                                      findet eine visuelle Unterstützung ihres monolo-
        besteht darin, dass Schülerinnen und Schüler eine                                   gischen Vortrags statt. Um die Mehrsprachigkeit
        Handlung (z. B. ein einfaches Experiment) ausfüh-                                   der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen,
        ren und diese dabei beschreiben. Ist keine zweite                                   können sie ihre selbst erstellten Videos auch mit
        Person vor Ort, die filmen kann, ist ein Stativ hilf-                               Untertiteln in einer anderen Sprache versehen.
        reich. Eine weitere Option besteht darin, dass
                                                                                            Darüber hinaus lassen sich Videos auch mit der
        die Kinder und Jugendlichen ein Plakat gestalten
                                                                                            Aufnahmefunktion eines Videokonferenztools
        und dieses präsentieren. Etwas aufwendiger sind
                                                                                            erstellen. Dabei können auch virtuelle Hinter-
        Videos, bei denen die sogenannte Lege-Technik
                                                                                            gründe eingefügt werden. Schülerinnen und
        verwendet wird. Dabei wird aus der Vogelperspek-
                                                                                            Schüler können beispielsweise ein Hintergrund-
        tive eine Tischplatte gefilmt, auf der gezeichnete
                                                                                            foto oder -video von einem Reiseziel oder einem
        Elemente mit den Händen verschoben werden. Die
                                                                                            bekannten Ort auswählen und ihren Traumurlaub
        Visualisierung wird durch mündliche Erklärungen
                                                                                            beschreiben oder als Reporterin oder Repor-
        oder Erzählungen ergänzt. Komplett digital kön-
                                                                                            ter über E­reignisse am jeweiligen Ort berichten.
        nen solche Videos auch mit der browserbasier-
                                                                                            Hintergrundbilder oder -videos können sie kos-
                                                                                            ­­
        ten Software my simple show erstellt werden. Für
                                                                                            tenfrei über die Bilddatenbank Pixabay beziehen
        Screencasts wird ein Video-Screen-Recorder (z. B.
                                                                                            (vgl. Knoblauch, 2020).
        Open Broadcaster Software Studio (OBS), CamS-

                                                                                                                                                  9
                                                      © 2021 Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
                                                      Autorin: Michaela Mörs
Ein Institut der Universität zu Köln, initiiert und   Redaktion: Michael Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Frauke König, Till Woerfel
gefördert durch die Stiftung Mercator.                www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
Die von Schülerinnen und Schülern produzierten                                      Feedbackverfahren sowie eine Anschlusskom-
        Videos bzw. Podcasts können über eine Lernplatt-                                    munikation wichtig, die über die Lernplattform
        form oder beispielsweise über das Tool Voicethread                                  erfolgen können. Einige Lernplattformen erlauben
        (für Videos) oder Anchor (für Podcasts) zur Ver-                                    es, gezielt schriftliche Kommentare zu einzelnen
        fügung gestellt werden. Weil in der asynchronen                                     Videosequenzen einzufügen. Die Tools Voicethread
        Rezeptionssituation im Distanzunterricht keine                                      und Anchor ermöglichen zudem auch mündliches
        direkte Rückmeldung seitens der Lehrkräfte sowie                                    Feedback, das wiederum kriteriengeleitet sein
        Mitschülerinnen und Mitschüler möglich ist, sind                                    sollte.

                                                                                                                                               10
                                                      © 2021 Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
                                                      Autorin: Michaela Mörs
Ein Institut der Universität zu Köln, initiiert und   Redaktion: Michael Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Frauke König, Till Woerfel
gefördert durch die Stiftung Mercator.                www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
Quellen
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                                                      © 2021 Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache
                                                      Autorin: Michaela Mörs
Ein Institut der Universität zu Köln, initiiert und   Redaktion: Michael Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Frauke König, Till Woerfel
gefördert durch die Stiftung Mercator.                www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
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        Die Handreichungen Unterricht und sprachliches Lernen digital sind das Ergebnis einer Arbeitsgruppe
        am Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, die sich mit den Anforde-
        rungen an sprachliche Bildung in der digitalisierten Welt während und nach der Corona-Pandemie
        beschäftigt hat. Mitglieder der Arbeitsgruppe (in alphabetischer Reihenfolge) sind: Prof. Dr. Michael
        Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Michaela Mörs, Dr. Till Woerfel.

        Diese Publikation darf, unter Einhaltung der gängigen Zitierregeln und mit Angabe der Quelle, gern
        weiterverwendet werden: Mörs, Michaela (2021): Bildungssprachliche Kompetenzen in allen Fächern
        mit digitalen Medien entwickeln. Sprechen fördern. Köln: Mercator-Institut für Sprachförderung und
        Deutsch als Zweitsprache.

                                                                                                                                     12
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                                                      Autorin: Michaela Mörs
Ein Institut der Universität zu Köln, initiiert und   Redaktion: Michael Becker-Mrotzek, Ilka Huesmann, Frauke König, Till Woerfel
gefördert durch die Stiftung Mercator.                www.mercator-institut-sprachfoerderung.de
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