SRG SSR Wahl-barometer - Studienbericht 15. Oktober 2021 - Sotomo
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SRG SSR Wahl- barometer Studienbericht 15. Oktober 2021
1 Aktuelle Wahlabsicht 3 1.1 Dreikampf um den dritten Platz 3 1.2 SVP findet aus ihrem Tief 5 1.3 Motive der Wählenden 6 2 Themen und Herausforderungen 8 2.1 Klimawandel schlägt Pandemie 8 2.2 Soziale Themen verlieren an Gewicht 10 2.3 Freiheitsrechte als Thema der SVP-Wählerschaft 12 2.4 Themen und Wählerschaft 15 3 Profil der Wählenden 19 3.1 Demographie: Geschlecht und Alter 19 3.2 Soziale Schichtung: Bildung und Einkommen 21 3.3 Selbstpositionierung auf der Links-rechts-Achse 24 4 Einschätzung von Bundesrat und Parlament 26 4.1 Ausrichtung der Räte 26 4.2 Bundesrats-Rating: Einfluss 30 4.3 Bundesrats-Rating: Sympathie 34 5 Datenerhebung und Methode 36
IMPRESSUM SRG SSR Wahlbarometer, 10/2021 Auftraggeber_in: SRG SSR Auftragnehmer_in: Sotomo, Dolderstrasse 24, 8032 Zürich. Autor_innen: Michael Hermann, Sarah Bütikofer, David Krähenbühl
3 SRG SSR Wahlbarometer Aktuelle Wahlabsicht Das 2. SRG SSR Wahlbarometer zeigt die Wahlabsicht zwei Jahre vor den nationalen Wahlen. An der Online-Befragung zwischen dem 29. September und dem 3. Oktober 2021 haben insgesamt knapp 28 000 Personen teilgenommen. Die folgenden Ergebnisse sind repräsentativ für die aktive Stimmbevölkerung der Schweiz. 1.1. DREIKAMPF UM DEN DRITTEN PLATZ Zwei Jahre sind seit den eidgenössischen Wahlen vom 20. Okto- ber 2019 vergangen. In zwei Jahren finden in der Schweiz die nächsten Parlamentswahlen statt. Das 2. SRG SSR Wahlbarome- ter zeigt den Formstand der Parteien zur Halbzeit der Legisla- tur. Trotz Covid-19-Pandemie werden dabei sehr stabile Verhält- nisse sichtbar. Gemäss aktueller Wahlabsicht ist weiterhin die SVP klar stärkste Partei. Auf den Plätzen zwei bis fünf hat aller- dings eine Annäherung der Wähleranteile stattgefunden. Insbe- sondere die drei Parteien FDP, Die Mitte sowie die Grünen lie- gen momentan praktisch gleichauf und stehen damit in einem Dreikampf um Platz drei. Ein Grund für dieses Kopf-an-Kopf- Rennen ist der aktuelle Rückgang des Wähleranteils der FDP um 1,5 Prozentpunkte. Gleichzeitig hat die Fusion von CVP und BDP dazu geführt, dass die gemeinsame neue Partei «Die Mitte» an Grösse gewonnen hat. Dazu kommen die stabilen Wahlabsich- ten für die Grünen. Damit liegen diese drei Parteien, die sich
SRG SSR Wahlbarometer 4 in der Zahl der Bundesratssitze deutlich unterscheiden (zwei, eins, null Bundesratssitz) zumindest gemäss Wahlabsicht gleich- auf bei etwas mehr als 13 Prozent. Wähleranteile der Parteien gemäss aktueller Wahlabsicht (Abb. 1) Die fehlenden Prozentwerte entfallen auf übrige Parteien 26.6 20 Anteil [%] 15.8 13.6 13.3 13.2 10 9.8 2.1 0 SVP SP FDP Die Mitte Grüne GLP EVP Gewinne und Verluste im Vergleich zu den Nationalratswahlen 2019 (Abb. 2) 2 +2.0 1 Prozentpunkte +1.0 +/-0 +/-0 0 -1.0 -0.5 -1 -1.5 -2 SVP SP FDP Die Mitte Grüne GLP EVP Der grösste Zuwachs im Vergleich zu den Wahlen 2019 er- zielt gemäss aktueller Wahlumfrage die GLP mit einem Plus von 2 Prozentpunkten. Weil die Sozialdemokraten gleichzeitig
5 SRG SSR Wahlbarometer einen Punkt einbüssen, liegen zwischen der zweit- und der sechstgrössten Partei momentan nur noch 6 Prozentpunkte. Die SVP erzielt einen leichten Zuwachs (+1). Stabil sind die Wahl- absichten für die Grünen, die EVP sowie die Mitte. Letztere erreichet allerdings nicht ganz die Summe der Wähleranteile ihrer Herkunftsparteien CVP und BDP (-0.5). Insgesamt gilt es zu berücksichtigen, dass die Schätzgenauigkeit dieser Umfra- ge einer Zufallsstichprobe mit einem Strichprobenfehler von +/-1,3 Prozentpunkten entspricht. 1.2. SVP FINDET AUS IHREM TIEF Entwicklung der nationalen Wähleranteile (Abb. 3) Nationalratswahlen 2015, 2019, SRG Wahlbarometer 2020, SRG Wahlbarometer 2021 29.4 30 SVP 26.6 25.6 24.1 Wählerstärke [%] 20 18.8 SP 16.8 16.8 16.4 15.8 FDP 15.1 15.1 15.8 13.8 13.6 Die Mitte 13.8 (CVP+BDP) 13.2 13.2 12.2 10 7.1 Grüne 9.8 9.8 7.8 GLP 4.6 0 Wahlen 2015 Wahlen 2019 WB 2020 WB 2021 Die SVP hatte bei den Wahlen 2019 fast 3 Prozentpunkte verlo- ren. Dieser negative Trend setzte sich beim 1. SRG SSR Wahlba- rometer von Herbst 2020 fort. Nun hat sich die Partei innerhalb
SRG SSR Wahlbarometer 6 eines Jahres um 2,5 Prozentpunkte verbessert. Dies entspricht der grössten Veränderung aller Parteien seit der letzten Wahl- umfrage. Seit damals hat sich der Streit über den Umgang mit der Covid-19-Pandemie zugespitzt und die SVP hat sich als be- sonders massnahmenkritisch positioniert. Der Bundesrat hat im Frühsommer 2021 das Institutionelle Abkommen mit der EU im Sinn der SVP für gescheitert erklärt und die SVP sich bei der Ab- stimmung zum CO2-Gesetz knapp gegen alle grösseren Parteien durchgesetzt. In der Gesamtbilanz haben diese Entwicklungen die rechtskonservative Partei offenbar wieder etwas stärker in den Fokus der Wähler:innen gerückt. 1.3. MOTIVE DER WÄHLENDEN Wichtigster Grund für die aktuelle Wahlabsicht (Abb. 4) «Was ist der wichtigste Grund für Ihre Wahl?» Gesamt 60 22 14 5 Nach Parteipräferenz Grüne 71 19 7 Politische Ausrichtung SP 69 16 10 5 Lösungskompetenz GLP 53 27 17 Art des Politisierens Persönlichkeiten in der Partei Die Mitte 34 30 28 7 FDP 53 24 15 8 SVP 69 18 9 4 0% 25% 50% 75% 100% Da die eidgenössischen Wahlen in der Schweiz keinen unmit- telbaren Einfluss auf die personelle Zusammensetzung der Re- gierung haben, steht die politische Ausrichtung der Parteien als Motiv für den Wahlentscheid klar im Vordergrund. 60 Prozent der aktiven Stimmberechtigten entscheiden sich für eine Partei primär aufgrund ihrer Ausrichtung. Für 22 Prozent steht die Lö- sungskompetenz im Vordergrund. Die politische Ausrichtung ist
7 SRG SSR Wahlbarometer insbesondere für den Wahlentscheid zugunsten der Polparteien auf der linken und der rechten Seite ausschlaggebend. Etwas we- niger stark im Vordergrund steht er bei einem Entscheid für die FDP oder die GLP ( je 53 %). Einzig die Die Mitte wird wie ihre Vorgängerparteien (CVP und BDP) hauptsächlich aus anderen Gründen gewählt. Art der aktuellen Wahlabsicht (Abb. 5) «Wie würden Sie den Entscheid für diese Partei beschreiben?» Gesamt 47 34 8 12 Nach Parteipräferenz Grüne 57 21 4 19 ... aus voller Überzeugung. SP 53 25 15 7 ... aus Mangel an besseren Alternativen. GLP 37 34 28 ... aufgrund langjähriger Bindung. ... aus einem Bedürfnis nach Neuem. Die Mitte 29 46 11 15 FDP 36 42 13 9 SVP 54 36 3 7 0% 25% 50% 75% 100% Knapp die Hälfte der Befragten gibt an, sich aus voller Überzeu- gung für die bevorzugte Partei zu entscheiden. Es sind insbeson- dere Wählende der Polparteien, die dies tun. Im Unterschied zu den linken Parteien entscheiden sich aber relativ viele Wählen- de der SVP aus Mangel an besseren Alternativen für diese Partei. Das Bedürfnis nach Neuem wir am häufigsten bei der GLP an- gegeben (28 %). Die Partei profitiert offenbar noch immer vom Image einer neuen Kraft. Zu etwas geringerem Mass gilt dies auch für die Grünen (19 %). Auch bei Die Mitte geben 15 Prozent an, dass sie diese Partei wählen, weil sie für etwas Neues steht. Dies deutet darauf hin, dass das Rebranding bei der Fusion der Traditionspartei CVP mit der BDP die erwünschte Wirkung er- zielt.
SRG SSR Wahlbarometer 8 Themen und Herausforderungen In der Schweiz erfolgt die Wahl der Regierung weitgehend unabhängig von den Ergebnissen der Parlamentswahlen. Statt Führungskompetenz stehen deshalb beim Wahlentscheid vor allem Sachthemen im Vordergrund. Die Entwicklung der wahrgenommenen politischen Herausforderungen ist ein wichtiger Faktor für den Formstand der Parteien. 2.1. KLIMAWANDEL SCHLÄGT PANDEMIE Seit Frühjahr 2020 dominiert die Covid-19-Pandemie Gesell- schaft und Politik. Die Fortschritte der Impfkampagne haben mittlerweile zu einer gewissen Normalisierung des Alltags beigetragen. Aus Sicht der Stimmberechtigen bleibt die Pande- miebekämpfung eine zentrale Herausforderung der Schweizer Politik. 32 Prozent zählen sie zu den drei wichtigsten politischen Herausforderungen. Nur eine Herausforderung wird noch häu- figer genannt: Der Klimawandel mit 44 Prozent Nennungen. Die Pandemie wirkt sich allerdings nicht nur direkt, sondern auch indirekt auf die Politik aus. Die vom Bundesrat beschlosse- nen Schutzmassnahmen haben zu Kritik an der Einschränkung der persönlichen Freiheiten geführt. Immerhin 17 Prozent der Stimmberechtigten zählen heute den Schutz der Freiheitsrechte zu den drei wichtigsten politischen Herausforderungen.
9 SRG SSR Wahlbarometer Wichtigste politische Herausforderungen (Abb. 6) «Welches sind Ihrer Meinung nach gegenwärtig die wichtigsten politischen Herausforderungen in unserem Land? (Maximal 3 Antworten)» Klimawandel, CO2-Ausstoss 33 11 44 Pandemiebekämpfung 14 18 32 Reform Altersvorsorge 14 16 30 Gute Beziehungen zur EU 14 9 24 Zuwanderung, Ausländer 15 4 20 Soziale Sicherheit 10 7 18 Freiheitsrechte 12 5 17 Unabhängigkeit, Souveränität 12 4 16 Natur- und Landschaftsschutz 9 6 16 Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaft 9 6 15 Krankenkassenprämien 6 8 14 Steuerbelastung, Staatsausgaben 6 6 12 Kriminalität, Sicherheit 6 5 11 Gleichstellung der Geschlechter 5 7 Arbeitslosigkeit, Lohndruck 3 4 7 0% 10% 20% 30% 40% 50% Relevant für Wahlentscheid Wichtig, aber nicht relevant für Wahlentscheid Die Freiheitsrechte werden damit fast ebenso oft genannt wie die soziale Sicherheit. Das Freiheitsthema bildet insbesondere für die SVP eine willkommene Ergänzung zu ihren traditionel- len Kernthemen Zuwanderung und Europa, die in den letzten Jahren eher an Bedeutung verloren haben.
SRG SSR Wahlbarometer 10 2.2. SOZIALE THEMEN VERLIEREN AN GEWICHT Abbildung 7 zeigt die Entwicklung der wichtigsten politischen Herausforderungen aus Sicht der Stimmberechtigen seit 2018. Es sind insbesondere die beiden Themen Wirtschaft sowie Arbeitslosigkeit/Lohndruck, die im Vergleich zum vergangenen Jahr weniger oft genannt werden. Vor einem Jahr war die Furcht gross vor Arbeitslosigkeit und einer Wirtschaftskrise als Folge der Pandemie. Heute sind die Sorgen um die Wirtschaft und die Beschäftigungslage offenbar weitgehend verflogen. Auswirkun- gen hat dies vor allem für die FDP und die SP. Die Wirtschaft bzw. das Soziale sind die Kernthemen dieser beiden Parteien. Es erstaunt deshalb nicht, dass diese im Vergleich zur letzten Befragung eher an Zuspruch verloren haben. Im Vergleich zu den Wahlen 2019 haben die Krankenkassenprämien am mei- sten an Bedeutung verloren. Noch vor zwei Jahren zählten 43 Prozent der Befragten die Prämienlast zu den drei wichtigsten politischen Herausforderungen. Heute tun diese nur noch 14 Prozent. Mit 44 Prozent wird dagegen das Klimathema sogar noch etwas häufiger genannt als 2019 im Jahr der grünen Welle und der Klimawahl. Auch wenn das CO2-Gesetz im Juni 2021 knapp gescheitert ist, bleibt der Klimawandel für annähernd die Hälfte der Befragten eine zentrale Herausforderung. Dazu dürften auch die Wetterextreme im Sommer beigetragen haben. Die weiterhin verbreitete Sorge um das Klima ist die wichtigste Erklärung für das anhaltend gute Abschneiden von Grünen und Grünliberalen, die 2019 die Wahlsieger waren.
11 SRG SSR Wahlbarometer Wichtigste politische Herausforderungen – Zeitverlauf (Abb. 7) «Welches sind Ihrer Meinung nach gegenwärtig die wichtigsten politischen Herausforderungen in unserem Land? (Maximal 3 Antworten)» . 8 . 9 .2 0 1 . 8 . 9 .2 0 1 . 8 . 9 .2 0 1 . 8 . 9 .2 0 1 . 8 . 9 .2 0 1 O 201 O 201 O 202 02 O 201 O 201 O 202 02 O 201 O 201 O 202 02 O 201 O 201 O 202 02 O 201 O 201 O 202 02 . . . . . kt kt kt kt kt kt kt kt kt kt kt kt kt kt kt kt kt kt kt kt O O O O O 60% 42 44 40% 37 34 32 33 34 30 30 31 28 26 24 20% 20 16 16 13 0% Klimawandel, Reform Zuwanderung, Pandemiebekämpfung Beziehungen zur EU CO2-Ausstoss Altersvorsorge Ausländer 60% 40% 30 20% 19 18 17 19 16 16 16 16 15 11 13 13 11 11 0% Unabhängigkeit, Natur- und Soziale Sicherheit Freiheitsrechte Wirtschaft Souveränität Landschaftsschutz 60% 42 43 40% 29 20% 22 14 12 12 14 13 13 11 11 11 11 9 8 9 7 7 7 0% Steuerbelastung, Kriminalität, Gleichstellung der Arbeitslosigkeit, Krankenkassenprämien Staatsausgaben Sicherheit Geschlechter Lohndruck Die wichtigsten politischen Herausforderungen unterscheiden sich nicht grundlegend zwischen den Sprachregionen. Die Pandemiebekämpfung steht aus Sicht der Stimmberechtigten der Romandie etwas weniger stark im Zentrum. Demgegen- über wird in der frankofonen Schweiz der Klimawandel am häufigsten als wichtige Herausforderung genannt. In der ita-
SRG SSR Wahlbarometer 12 Wichtigste politische Herausforderungen – Sprachregionen (Abb. 8) Klimawandel, CO2-Ausstoss Pandemiebekämpfung Deutschschweiz 44 34 Franz. Schweiz 45 19 Ital. Schweiz 37 28 Reform Altersvorsorge Gute Beziehungen zur EU Deutschschweiz 30 23 Franz. Schweiz 26 25 Ital. Schweiz 24 15 Zuwanderung, Ausländer Soziale Sicherheit Deutschschweiz 20 19 Franz. Schweiz 21 13 Ital. Schweiz 20 15 Freiheitsrechte Unabhängigkeit, Souveränität Deutschschweiz 17 16 Franz. Schweiz 17 17 Ital. Schweiz 18 28 0% 20% 40% 60% 0% 20% 40% 60% lienischsprachigen Schweiz gelten demgegenüber Unabhängig- keit/Souveränität vermehrt als Herausforderungen. 2.3. FREIHEITSRECHTE ALS THEMA DER SVP-WÄHLERSCHAFT Abbildung 9 zeigt welche Themen und Herausforderungen für die Wählenden der sechs grösseren Parteien besonders wichtig sind. Die dargestellte Reihenfolge entspricht der Wichtigkeit für den Wahlentscheid. Eine wichtige Erkenntnis, die sich aus die- ser Abbildung ableiten lässt: Die Freiheitsrechte sind ein neues Thema, mit dem sich die SVP von ihrer Konkurrenz abheben kann. Das Thema Freiheit ist für ihre Basis eines der drei wichtig- sten Argumente für den Wahlentscheid – neben Migration und Unabhängigkeit/Souveränität. Nur bei der SVP tauchen die Frei-
13 SRG SSR Wahlbarometer heitsrechte unter den sechs wichtigsten Themen auf. Diese The- matik hat als Reaktion auf die Covid-19-Massnahmen in der poli- tischen Debatte stark an Bedeutung gewonnen. Die SVP konnte sich hier mit ihrer Kritik an den Massnahmen zur Pandemiebe- kämpfung offenbar Profil verschaffen. Dies dürfe eine Erklärung dafür sein, dass sich die Partei in dieser Wahlumfrage gefangen hat, obwohl ihre alten Kernthemen Migration und Europa ge- genwärtig nur eine untergeordnete Rolle in der Problemwahr- nehmung der Bevölkerung spielen. Wahlrelevante Herausforderungen nach Partei (Abb. 9) «Welche der folgenden Faktoren sind besonders wichtig für Ihren Wahlentscheid?» SVP SP Zuwanderung, Ausländer 44 Klimawandel, CO2−Ausstoss 49 18 Freiheitsrechte 34 8 Soziale Sicherheit 27 6 Unabhängigkeit, Souveränität 34 6 Gute Beziehungen zur EU 23 11 Kriminalität, Sicherheit 15 8 Pandemiebekämpfung 19 21 Pandemiebekämpfung 12 7 Reform Altersvorsorge 18 13 Steuerbelastung, Staatsausgaben 11 10 Natur− und Landschaftsschutz 10 10 0% 25% 50% 75% 0% 25% 50% 75% FDP Die Mitte Wirtschaft 30 7 Reform Altersvorsorge 24 16 Reform Altersvorsorge 23 16 Gute Beziehungen zur EU 22 11 Gute Beziehungen zur EU 22 10 Pandemiebekämpfung 20 26 Pandemiebekämpfung 17 19 Klimawandel, CO2−Ausstoss 19 23 Zuwanderung, Ausländer 12 11 Krankenkassenprämien 10 8 Klimawandel, CO2−Ausstoss 11 16 Soziale Sicherheit 10 10 0% 25% 50% 75% 0% 25% 50% 75% Grüne GLP Klimawandel, CO2−Ausstoss 88 Klimawandel, CO2−Ausstoss 65 6 Natur− und Landschaftsschutz 34 7 Gute Beziehungen zur EU 27 12 Soziale Sicherheit 12 11 Pandemiebekämpfung 15 25 Gute Beziehungen zur EU 10 16 Natur− und Landschaftsschutz 14 7 Reform Altersvorsorge 8 18 Reform Altersvorsorge 13 26 Pandemiebekämpfung 8 21 Soziale Sicherheit 6 9 0% 25% 50% 75% 0% 25% 50% 75%
SRG SSR Wahlbarometer 14 Für die FDP und die Sozialdemokraten besteht demgegen- über die Herausforderung, dass wirtschaftliche und soziale Themen im Vergleich zum ersten Jahr der Pandemie in der Wahrnehmung der Bevölkerung deutlich an Dringlichkeit verlo- ren haben. Die beiden Parteien, die für Wirtschaft und Soziales stehen, sind gewissermassen Opfer des Erfolgs der wirtschaftli- chen Krisenpolitik des Bundes. Wenn Wirtschaft und Soziales an Dringlichkeit verlieren, dann schafft dies Raum für die Klimathematik und davon profitieren am ehesten die beiden grünen Kräfte, die momentan ihren Wahlerfolg von 2019 bestä- tigen oder sogar steigern können. Seit den Wahlen am meisten Bedeutung verloren haben die Krankenkassenprämien. Dieses Thema wurde neben der SP vor allem von der CVP besetzt. Da für die CVP und nun für Die Mitte Themen und Positionen weniger wichtig für die anderen Parteien, ist deren Formstand tendenziell auch weniger an die Themenkonjunktur geknüpft. Gefragt wurde nicht nur nach den relevanten Themen für den Wahlentscheid, sondern auch nach den Themen, bei denen Vor- behalte über den Kurs der eigenen Partei bestehen. Bei der SVP wird dabei die Pandemiebekämpfung am häufigsten genannt. Es sind dies allerdings nur halb so viele, wie jene, welche Freiheits- rechte positiv erwähnen. Dennoch zeigt diese Kritik, dass die Covid-19-Politik der SVP durchaus parteiinternes Spannungspo- tenzial besitzt. Insgesamt fällt auf, dass es bei GLP und Grünen deutlich mehr Befragte gibt als bei den anderen, die nirgendwo mit dem Kurs der eigenen Partei unzufrieden sind.
15 SRG SSR Wahlbarometer Unzufriedenheit mit der eigenen Partei (Abb. 10) «Bei welchen Herausforderungen sind Sie am wenigsten zufrieden mit dem Kurs der Partei, die Sie aktuell wählen wür- den?» SVP SP Pandemiebekämpfung 17 Klimawandel, CO2−Ausstoss 19 Zuwanderung, Ausländer 16 Reform Altersvorsorge 17 Krankenkassenprämien 14 Gute Beziehungen zur EU 16 Reform Altersvorsorge 12 Krankenkassenprämien 13 Klimawandel, CO2−Ausstoss 12 Wohnungspreise 13 Nirgendwo 26 Nirgendwo 29 0% 10% 20% 30% 40% 0% 10% 20% 30% 40% FDP Die Mitte Klimawandel, CO2−Ausstoss 20 Klimawandel, CO2−Ausstoss 19 Reform Altersvorsorge 19 Reform Altersvorsorge 17 Zuwanderung, Ausländer 18 Krankenkassenprämien 15 Krankenkassenprämien 18 Gute Beziehungen zur EU 14 Gute Beziehungen zur EU 16 Zuwanderung, Ausländer 13 Nirgendwo 21 Nirgendwo 27 0% 10% 20% 30% 40% 0% 10% 20% 30% 40% Grüne GLP Pandemiebekämpfung 14 Reform Altersvorsorge 13 Klimawandel, CO2−Ausstoss 13 Krankenkassenprämien 11 Gute Beziehungen zur EU 12 Gute Beziehungen zur EU 10 Reform Altersvorsorge 12 Klimawandel, CO2−Ausstoss 10 Wohnungspreise 11 Wohnungspreise 8 Nirgendwo 37 Nirgendwo 41 0% 10% 20% 30% 40% 0% 10% 20% 30% 40% 2.4. THEMEN UND WÄHLERSCHAFT Alle wichtigen Themen und Herausforderungen werden abhän- gig von der Position der Befragten im Links-rechts-Spektrum unterschiedlich beurteilt (Abb. 11). Die Klimafrage ist noch immer ein Thema, das links der Mitte als weit dringlicher an-
SRG SSR Wahlbarometer 16 gesehen wird als rechts davon. Die Pandemiebekämpfung wird besonders im Bereich Mitte-Mittelinks als zentrale Heraus- forderung wahrgenommen. Demgegenüber beschäftigen die Freiheitsrechte vor allem Personen rechts der Mitte. Dieses Thema ist jedoch weniger rechts geprägt als Migration und Sou- veränität. Einen etwas erhöhten Wert haben die Freiheitsrechte ausserdem ganz links aussen. Dies deutet darauf hin, dass die SVP mit der Freiheitsthematik Wähler:innen ausserhalb ihrer angestammten Basis ansprechen könnte. Relevanteste Herausforderungen nach Selbstpositionierung im Links-Rechts-Spektrum (Abb. 11) links 2 3 Mitte 5 6 rechts links 2 3 Mitte 5 6 rechts 80% 80 79 60% 66 40% 41 36 38 38 20% 30 30 33 23 13 16 0% 8 Klimawandel, CO2-Ausstoss Pandemiebekämpfung 80% 60% 40% 36 34 32 33 20% 27 27 29 31 18 17 20 21 0% 12 Reform Altersvorsorge Gute Beziehungen zur EU 80% 60% 61 40% 45 20% 31 29 24 22 19 0% 11 12 Zuwanderung, Ausländer Soziale Sicherheit 80% 60% 40% 44 20% 34 22 27 27 22 16 0% 10 10 12 Freiheitsrechte Unabhängigkeit, Souveränität Das Alter spielt für die Bewertung der wichtigsten politischen Herausforderung eine weniger wichtige Rolle als die Position im Links-rechts-Spektrum. Trotz entsprechender Irritationen
17 SRG SSR Wahlbarometer im Nachgang der CO2-Abstimmung bleibt der Klimawandel ein Thema, das besonders junge Wählende als zentral erachten. Gute Beziehungen zur EU halten dagegen vermehrt die Älte- ren für dringlich. Auffällig ist die Altersverteilung beim neuen Thema Freiheitsrechte. Dieses bewegt insbesondere die 18- bis 44-Jährigen. Relevanteste Herausforderungen nach Alter (Abb. 12) 18-24 25-34 35-44 45-64 65-75 75+ 18-24 25-34 35-44 45-64 65-75 75+ 60% 61 40% 49 45 42 39 33 33 36 34 20% 31 30 26 0% Klimawandel, CO2-Ausstoss Pandemiebekämpfung 60% 40% 34 32 31 32 20% 28 30 29 23 25 18 17 18 0% Reform Altersvorsorge Gute Beziehungen zur EU 60% 40% 20% 25 21 19 23 19 19 18 15 16 16 18 13 0% Zuwanderung, Ausländer Soziale Sicherheit 60% 40% 20% 22 22 22 17 16 18 17 16 17 10 13 0% 9 Freiheitsrechte Unabhängigkeit, Souveränität In der unterschiedlichen Bewertung der politischen Herausfor- derungen durch Männer und Frauen kommt nicht zuletzt die Tatsache zum Ausdruck, dass Frauen im Durchschnitt etwas lin- ker positioniert sind als Männer. Auffällig ist dennoch der sehr grosse Bewertungsunterschied des Klimawandels. Ebenfalls auf- fällig ist, dass wesentlich mehr Frauen (40 %) die Pandemiebe-
SRG SSR Wahlbarometer 18 kämpfung als eine der drei zentralen Herausforderungen anse- hen als Männer (25 %). Relevanteste Herausforderungen nach Geschlecht (Abb. 13) Klimawandel, CO2-Ausstoss Pandemiebekämpfung Weiblich 52 40 Männlich 36 25 Reform Altersvorsorge Gute Beziehungen zur EU Weiblich 30 26 Männlich 29 21 Zuwanderung, Ausländer Soziale Sicherheit Weiblich 14 21 Männlich 25 14 Freiheitsrechte Unabhängigkeit, Souveränität Weiblich 15 11 Männlich 19 21 0% 20% 40% 60% 0% 20% 40% 60% Demgegenüber ist der Geschlechterunterschied beim Thema Freiheitsrechte kaum ausgeprägt. Dieses Thema ist weniger männlich geprägt als die traditionellen Kernthemen der SVP (Migration, Sourveränität).
19 SRG SSR Wahlbarometer Profil der Wählenden Wer setzt sich die Wählerschaft der einzelnen Parteien nach demographischen und sozioökonomischen Kriterien zusammen? Wie sieht ihre ideologische Ausrichtung aus? Im folgenden Kapitel wird das Profil der Parteianhängerschaften unter die Lupe genommen. Das stabile Parteiengefüge der Schweiz bringt es mit sich, dass sich bei der aktuellen Wahlabsicht auch in soziodemographischer Hinsicht vergleichsweise stabile Muster zeigen. Dennoch zeigen sich ein paar ungewohnte Veränderungen. 3.1. DEMOGRAPHIE: GESCHLECHT UND ALTER Die Mitte und die GLP werden zu fast gleichen Teilen von Män- nern und Frauen unterstützt, während dies sowohl bei links wie rechts der Mitte stehenden Parteien nicht zutrifft. Abbildung 14 zeigt, dass Männer eher Parteien des rechten Spektrums wählen, während Frauen eher dazu tendieren, die Parteien auf der lin- ken Seite zu unterstützen. Knapp dreissig Prozent der Männer würden heute die SVP wählen und 15 Prozent die FDP, d.h. über vierzig Prozent der männlichen Wählerschaft unterstützt eine Partei, die deutlich rechts der Mitte angesiedelt ist, aber nur gut dreissig Prozent der weiblichen Wählerschaft. Dafür würden 36 Prozent der Frauen eine Partei des links-grünen Spektrums wäh- len, während dies nur auf 28 Prozent der Männer zutrifft.
SRG SSR Wahlbarometer 20 Wähleranteile nach aktueller Wahlabsicht – Nach Geschlecht (Abb. 14) «Welche Partei würden Sie hauptsächlich wählen, wenn am kommenden Wochenende in der Schweiz Nationalratswahlen wären?» 30% 28 23 20% 20 15 16 14 14 12 12 10% 10 9 8 0% SVP SP FDP Die Mitte Grüne GLP Weiblich Männlich Die GLP ist die einzige Partei, die zur Zeit in allen Altersgrup- pen einen ungefähr gleich hohen Wähleranteil hat, bei der SP fallen die Unterschiede zwischen den Altersgruppen ebenfalls nicht gross aus. Die Mitte hingegen – und etwas weniger ausgeprägt auch die FDP – wird von älteren Wähler:innen wesentlich mehr unter- stützt als von jüngeren. Die Mitte hat einen gut doppelt so gro- ssen Wähleranteil unter Personen über 66 als bei den unter drei- ssig Jährigen. Genau umgekehrt zeigt sich das Bild bei den Grü- nen. Die Partei behält ihre Attraktivität für junge Wählersegmen- te, sie hat fast doppelt so viele Unterstützer:innen unter dreissig als im Rentenalter. Veränderungen zu früheren Jahren zeigen sich bei der SVP. So- wohl ihre Anziehungskraft auf junge Wählende als auch die star- ke Unterstützung durch ältere Wählersegmente haben sich re- duziert, dafür ist die SVP nun in den mittleren Altersgruppen klar die Nummer eins. Dreissig Prozent der Wähler:innen zwi- schen 30 und 65 würden heute SVP wählen.
21 SRG SSR Wahlbarometer Wähleranteile gemäss aktueller Wahlabsicht – Nach Alter (Abb. 15) «Welche Partei würden Sie hauptsächlich wählen, wenn am kommenden Wochenende in der Schweiz Nationalratswahlen wären?» 30% 30 30 22 22 20% 18 18 18 17 16 15 15 15 13 13 13 10% 12 11 10 10 10 10 10 9 8 0% SVP SP FDP Die Mitte Grüne GLP 18-29 30-45 46-65 66+ 3.2. SOZIALE SCHICHTUNG: BILDUNG UND EINKOMMEN Bildungsabschluss und Haushaltseinkommen sind die beiden wichtigsten Merkmale der sozialen Schichtung. Die Auswertung der Profile der einzelnen Wählerschaften zeigt, dass diese bei- den Merkmale zwischen den einzelnen Parteiwählerschaften sehr unterschiedlich verteilt sind. Wie Abbildung 16 zeigt, ist die Verteilung nach Bildungsniveau bei der Mitte und der SVP gleich und beide Parteien weisen ei- nen viel grösseren Anteil an Wählenden mit tieferer Bildung aus als mit höherer Bildung. Umgekehrt ist es bei der Wählerschaft der GLP und am ausgeprägtesten bei den Grünen, denn unter ih- ren Parteiwählerschaften sind Personen mit höheren Bildungs- abschlüssen deutlich übervertreten. Bei der SP, die wie die Grü- nen ebenfalls dem linken politischen Spektrum zuzuordnen ist, sind hingegen nur kleine Unterschiede nach Bildungsniveau in- nerhalb ihrer Wählerschaft festzustellen, ebenso bei der FDP.
SRG SSR Wahlbarometer 22 Wähleranteile gemäss aktueller Wahlabsicht – Nach Bildungsabschluss (Abb. 16) «Welche Partei würden Sie hauptsächlich wählen, wenn am kommenden Wochenende in der Schweiz Nationalratswahlen wären?» 40% 34 30% 30 20% 20 17 18 16 16 14 15 15 13 13 10% 12 11 10 10 10 7 0% SVP SP FDP Die Mitte Grüne GLP obgl. Schule / Berufsschule Höhere Berufsbildung, Mittelschule FH, Universität, ETH Aufgeschlüsselt nach Einkommensgruppen, zeigen sich eben- falls deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung der einzelnen Parteiwählerschaften. Die klare Nummer eins für Personen mit einem monatlichen Haushaltseinkommen von über 10’000 Franken ist die SVP mit einem Wähleranteil in dieser Einkommensklasse von 26 Prozent. Allerdings ist die Wählerschaft der SVP relativ gleichmässig aus allen Einkom- mensklassen zusammengesetzt. Ganz im Gegensatz zur FDP, die deutlich mehr als zwei Mal so viele gut verdienende Wähler:innen wie Wähler:innen aus tie- fen Einkommensklassen hat. Auch die Grünliberalen stossen bei Wähler:innen aus der höchsten Einkommensklasse auf doppelt so viel Zuspruch wie in tieferen Einkommensklassen. Genau um- gekehrt ist die Wählerschaft der Grünen zusammengesetzt. Die Personen aus tieferen Einkommensklassen sind deutlich stärker vertreten als diejenigen aus hohen. Ähnlich ist es bei der SP, die ebenfalls stärker von Wähler:innen mit tiefen und mittlerem Ein- kommen gewählt wird als von Personen mit hohem Einkommen.
23 SRG SSR Wahlbarometer Und auch Die Mitte setzt sich stärker aus Wähler:innen aus mitt- leren Einkommensklassen zusammen als aus hohen. Abschliessend kann festgehalten werden, dass die Schere zwi- schen Bildung und Einkommen bei den Grünen am stärksten auseinanderdriftet. Ihre Wählerschaft ist zwar überdurch- schnittlich gebildet, viele ihner Wähler:innen gehören jedoch auch der untersten Einkommensklasse an. Dies ist damit zu erklären, dass es sich bei der Wählerschaft der Grünen auch um eine besonders junge Wählerschaft handelt und auch die postmateriell orientierten Wähler:innen überdurchschnittlich vertreten sind. Die Wählerschaft der SVP weist im Schnitt zwar ein eher tiefes Bildungsniveau auf, was sich in der Einkommens- verteilung aber nicht widerspiegelt, während es bei der FDP gerade umgekehrt ist. Sie hat eine Wählerschaft, die sich relativ ausgegliechen auf alle Bildungsmilieus verteilt, aber überdurch- schnittlich viele Gutverdienende in ihren Reihen. Und unter der GLP-Wählerschaft sind viele überdurchschnittlich Gebildete und gut Verdienende anzutreffen. Wähleranteile gemäss aktueller Wahlabsicht; nach monatlichem Haushaltseinkommen (Abb. 17) «Welche Partei würden Sie hauptsächlich wählen, wenn am kommenden Wochenende in der Schweiz Nationalratswahlen wären?» 30% 26 26 24 23 20% 20 19 19 18 17 15 15 15 13 12 13 13 10% 12 12 10 10 9 8 7 6 0% SVP SP FDP Die Mitte Grüne GLP > 10000 CHF 6001 - 10000 CHF 4000 - 6000 CHF < 4000 CHF
SRG SSR Wahlbarometer 24 3.3. SELBSTPOSITIONIERUNG AUF DER LINKS-RECHTS-ACHSE Verteilung der Wählenden der Parteien im Links-rechts-Spektrum (Abb. 18) «Wo würden Sie sich auf einer Skala zwischen «links» und «rechts» einstufen?» -1.6 SP -1.6 Grüne -0.5 GLP 0.2 Die Mitte 1.1 FDP 1.7 SVP -3 -2 -1 0 1 2 3 Links Mitte Rechts Die Teilnehmenden der Befragung wurden gebeten, sich im politischen Spektrum zwischen links und rechts einzuordnen. Abbildung 18 zeigt das politische Profil der Wählerschaft der einzelnen Parteien. Identisch fällt die Selbstpositionierung der Wählerschaft der Grünen und der SP aus. Im Spektrum zwi- schen links (-3) und rechts (+3) positioniert sich die Basis der beiden Parteien bei -1,6. Die Anhängerschaft der GLP ist mit -0,5 leicht links der Mitte positioniert, während Die Mitte mit +0,2 tatsächlich ziemlich genau in der Mitte angesiedelt ist. Klar
25 SRG SSR Wahlbarometer rechts der Mitte befindet sich die Wählerschaft der FDP. Ihre mittlere Position liegt bei 1,1. Die FDP hat einen leichten Rechts- rutsch erlebt und unterscheidet sich dadurch heute stärker von der ehemaligen CVP und der BDP bzw. der Mitte als von der SVP-Wählerschaft. Diese ist mit 1.7 die Partei, die am weitesten rechts im politischen Spektrum der Schweiz zu verorten ist.
SRG SSR Wahlbarometer 26 Einschätzung von Bundesrat und Parlament Parlamentswahlen haben in der Schweiz keine direkten Einflussauf die Regierungszusammensetzung. Sie wirken sich jedoch unmittelbar auf die die Mehrheitsverhältnisse in den beiden Parlamentskammern bei Sachfragen aus. Von besonderem Interesse ist deshalb die Einschätzung der politischen Ausrichtung des aktuellen Parlaments durch die Wählenden. Die Bundesratsmitglieder stehen nicht zur Wahl. Die Wählenden können deren Einfluss und ihre Sympathie jedoch im Rahmen des SRG SSR Wahlbarometers regelmässig bewerten. 4.1. AUSRICHTUNG DER RÄTE Wie schätzen die Wähler:innen die politische Ausrichtung der beiden Parlamentskammern und der Regierung ein? Sind diese Organe ihrer Meinung nach politisch gerade richtig, oder eher zu links bzw. eher zu rechts ausgerichtet? Die Einschätzungen für den Nationalrat zu drei Zeitpunkten sind in Abbildung 19 dargestellt. In der letzten Legislatur waren jeweils deutlich mehr Wählende der Ansicht, dass der Nationalrat politisch zu weit rechts stehe als zu links. So gaben unmittelbar vor den Wahlen im Oktober 2019 46 Prozent an, der Nationalrat stehe
27 SRG SSR Wahlbarometer zu weit rechts und nur 30 Prozent schätzen ihn als zu links ein. In der Folge kam es zu einem für Schweizer Verhältnisse markanten Linksrutsch. Beurteilung der Ausrichtung des Nationalrats – Zeitvergleich (Abb. 19) «Wie schätzen Sie die politische Ausrichtung des Nationalrats in dieser Legislatur ein?» Nationalrat Okt. 2021 39 28 34 Eher zu links Okt. 2019 30 24 46 Gerade richtig Eher zu rechts Okt. 2018 32 20 48 0% 25% 50% 75% 100% Das neue Parlament wird nun ausgeglichener eingeschätzt. Et- was mehr Befragte empfinden den aktuellen Nationalrat als eher zu links (39 %) als zu rechts (34 %). Passend dazu zeigen sich bei der aktuellen Wahlabsichten kaum Bewegungen zwischen den politischen Lagern und nur eine leichte Tendenz nach rechts. Beurteilung der Ausrichtung des Nationalrats – nach Partei (Abb. 20) «Wie schätzen Sie die politische Ausrichtung des Nationalrats in dieser Legislatur ein?» Gesamt 39 28 34 Nach Parteipräferenz Grüne 21 78 Eher zu links SP 24 73 Gerade richtig GLP 13 45 42 Eher zu rechts Die Mitte 28 49 23 FDP 55 38 7 SVP 86 11 3 0% 25% 50% 75% 100% Wenig erstaunlich ist, dass unter den Wählenden der Polpartei- en der Nationalrat jeweils in grossen Mehrheiten als zu rechts
SRG SSR Wahlbarometer 28 oder als zu links wahrgenommen wird. Dennoch gibt es Unter- schiede: Während fast neun von zehn SVP-Wählenden die gro- sse Kammer als zu links betrachten, empfinden lediglich drei Viertel der Wählerschaft der SP und der Grünen den National- rat als zu rechts. Auch eine Mehrheit der FDP-Wählenden er- achtet den aktuellen Nationalrat als zu links. Bei der GLP findet keine Mehrheit, aber immerhin 42 Prozent, dass der aktuelle Na- tionalrat zu rechts sei. Insgesamt klar auf Linie mit der grossen Kammer sind die Wählenden von Die Mitte. Beurteilung der Ausrichtung des Ständerats – Zeitvergleich (Abb. 21) «Wie schätzen Sie die politische Ausrichtung des Ständerats in dieser Legislatur ein?» Ständerat Eher zu links Okt. 2021 28 38 34 Gerade richtig Okt. 2019 30 39 31 Eher zu rechts 0% 25% 50% 75% 100% Der Ständerat wurde in der letzten Legslatur als sehr ausgegli- chen einschätzt. In der aktuellen Befragung ist die Zahl derer, die ihn als zu rechts einschätzen im Vergleich zu jenen, die das Gegenteil tun, leicht gestiegen. Die Mitglieder des Ständerats werden in fast allen Kantonen im Majorzwahlrecht gewählt. Nach wie vor haben im Ständerat die FDP und Die Mitte die deutliche Mehrheit der Sitze inne. Das wirkt sich auf das Profil und die Wahrnehmung des Ständerats aus. Der Anteil der Befragten, der zufrieden mit der Ausrichtung ist, ist deutlich grösser als beim Nationalrat. Dies gilt in besonde- rem Mass für die Wählerschaft von Mitte und FDP. Die weniger polarisierte Einschätzung dürfte auch damit zu tun haben, dass die Lager und die Abstimmungsresultate im Ständerat weniger sichtbar sind als im Nationalrat.
29 SRG SSR Wahlbarometer Beurteilung der Position des Ständerats – nach Partei (Abb. 22) «Wie schätzen Sie die politische Ausrichtung des Ständerats in dieser Legislatur ein?» Gesamt 28 38 34 Nach Parteipräferenz Grüne 22 77 Eher zu links SP 21 76 Gerade richtig GLP 5 50 45 Eher zu rechts Die Mitte 13 69 19 FDP 31 61 7 SVP 71 25 4 0% 25% 50% 75% 100% Noch weniger durch das Links-rechts-Schema als der Ständerat wird der Bundesrat beurteilt. 45 Prozent der Wählenden sind der Ansicht, dass dieser weder zu links noch zu rechts ausgerich- tet sei. Diese Gruppe hat im Vergleich zur vergangenen Legisla- tur noch einmal stark zugenommen. Hier spielt möglicherweise die durch die Pandemie verursachte Krise eine Rolle, die zu ei- ner überparteilichen Wahrnehmung des Bundesrats beigetragen hat. Obwohl im Bundesrat mit zwei SVP und zwei FDP das rech- te Spektrum eher übervertreten ist, finden etwas mehr Befragte, dass der Bundesrat eher zu links als zu rechts sei. Beurteilung der Ausrichtung des Bundesrats – Zeitvergleich (Abb. 23) «Wie schätzen Sie die politische Ausrichtung des Bundesrats in dieser Legislatur ein?» Bundesrat Okt. 2021 31 45 24 Eher zu links Okt. 2019 28 38 34 Gerade richtig Eher zu rechts Okt. 2018 35 30 36 0% 25% 50% 75% 100%
SRG SSR Wahlbarometer 30 Interessant ist, dass trotz seiner aktuellen parteipolitischen Zu- sammensetzung nur 50 Prozent der SP Wählenden der Ansicht sind, der Bundesrat sei zu rechts positioniert. Die Ansicht, er sei zu links wird hauptsächlich durch SVP-Wähler:innen geteilt. Beurteilung der Ausrichtung des Bundesrats – nach Partei (Abb. 24) «Wie schätzen Sie die politische Ausrichtung des Bundesrats in dieser Legislatur ein?» Gesamt 31 45 24 Nach Parteipräferenz Grüne 4 35 61 Eher zu links SP 48 50 Gerade richtig Eher zu rechts GLP 10 64 25 Die Mitte 15 71 14 FDP 31 65 4 SVP 79 19 0% 25% 50% 75% 100% 4.2. BUNDESRATS-RATING: EINFLUSS Ein fester Bestandteil des SRG SSR Wahlbarometers bildet das Rating der Bundesratsmitglieder. Diese zeigt, welche Bun- desratsmitglieder aus Sicht der Bevölkerung als einflussreich und welche als sympathisch eingeschätzt werden. Geht es um den Einfluss der Bundesrät:innen, zeigt sich eine enorme, wahrgenommene Dominanz von Alain Berset (SP). 76 Prozent zählen ihn gegenwärtig zu den zwei Mächtigsten im Amt. Fast ebenso viele (70 %) zählen Ignazio Cassis (FDP) zu den zwei Ratsmitgliedern mit dem geringsten Einfluss.
31 SRG SSR Wahlbarometer Einschätzung des Einflusses der Bundesratsmitglieder (Abb. 25) «Was denken Sie: Welche beiden Bundesräte oder Bundesrätinnen üben am meisten Einfluss aus?» und «Was denken Sie: Welche beiden Bundesräte oder Bundesrätinnen können am wenigsten Einfluss ausüben?» Alain Berset 74 Karin Keller-Sutter -14 31 Ueli Maurer -20 29 viel Einfluss Simonetta Sommaruga -19 25 wenig Einfluss Guy Parmelin -24 21 Viola Amherd -36 8 Ignazio Cassis -70 -80% -40% 0% 40% 80% Ihn der Wahrnehmung der Stimmberechtigten galt Bundesrat Alain Berset (SP) bereits vor Beginn der Covid-19-Pandemie als besonders einflussreich. Es erstaunt nicht, dass der Gesundheits- minister nach 20 Monaten Pandemie noch einmal einen deut- lichen Sprung im Rating gemacht hat. Neben Berset hat einzig Bundespräsident Guy Parmelin (SVP) hat aus Sicht der Befrag- ten seit 2019 an Einfluss gewonnen. Deutlich zurückgefallen ist dagegen Karin Keller-Sutter (FDP). Als am wenigsten Einfluss- reich gelten allerdings Viola Amherd (Die Mitte) sowie Ignazio Cassis (FDP).
SRG SSR Wahlbarometer 32 Einfluss der Bundesratsmitglieder – Zeitvergleich. (Abb. 26) Bundesräte mit besonders grossem Einfluss. Maximal zwei Nennungen. 9 9 1 9 9 1 9 9 1 9 9 1 01 01 02 01 01 02 01 01 02 01 01 02 -2 -2 -2 -2 -2 -2 -2 -2 -2 -2 -2 -2 02 10 10 02 10 10 02 10 10 02 10 10 74 60% 56 50 51 46 40% 39 31 31 29 29 24 25 20% 0% Alain Berset Karin Keller-Sutter Ueli Maurer Simonetta Sommaruga 60% 40% 20% 21 19 14 8 10 4 4 5 3 0% Guy Parmelin Viola Amherd Ignazio Cassis Die Anhängerschaften der Parteien unterscheiden sich in Vie- lem. Nicht jedoch in ihrer Einschätzung darüber, wer der Mäch- tigste im Bundesrat ist und wer am wenigsten Einfluss hat. Für die Anhängerschaften aller Parteien ist Alain Berset der Einfluss- reichste und Ignazio Cassis jener mit dem geringsten Einfluss.
33 SRG SSR Wahlbarometer Einfluss der Bundesratsmitglieder – nach Partei (Abb. 27) «Was denken Sie: Welche beiden Bundesräte oder Bundesrätinnen üben am meisten Einfluss aus?» und «Was denken Sie: Welche beiden Bundesräte oder Bundesrätinnen können am wenigsten Einfluss ausüben?» SVP SP Alain Berset 65 Alain Berset 80 Ueli Maurer 43 Simonetta Sommaruga 35 Guy Parmelin −18 29 Karin Keller−Sutter 31 Karin Keller−Sutter 22 Ueli Maurer −25 21 Simonetta Sommaruga −27 20 Guy Parmelin −26 15 Viola Amherd −44 Viola Amherd −34 Ignazio Cassis −58 Ignazio Cassis −77 −100% −50% 0% 50% 100% −100% −50% 0% 50% 100% FDP Die Mitte Alain Berset 72 Alain Berset 75 Karin Keller−Sutter 44 Karin Keller−Sutter 38 Ueli Maurer 25 Simonetta Sommaruga 22 Simonetta Sommaruga −22 18 Viola Amherd −25 18 Guy Parmelin −26 21 Ueli Maurer −28 19 Viola Amherd −37 Guy Parmelin −27 18 Ignazio Cassis −70 Ignazio Cassis −79 −100% −50% 0% 50% 100% −100% −50% 0% 50% 100% Ansonsten kommen zumindest in der Tendenz auch parteipoliti- sche Optiken zum Ausdruck. Die Bundesräte der eigenen Partei werden tendenziell eher als einflussreicher eingeschätzt.
SRG SSR Wahlbarometer 34 4.3. BUNDESRATS-RATING: SYMPATHIE Einschätzung der Bundesratsmitglieder nach Sympathie (Abb. 28) «Welche Bundesräte und Bundesrätinnen sind Ihrer Meinung nach besonders sympathisch?» Alain Berset 32 27 15 8 18 Viola Amherd 22 35 28 9 5 sehr sympathisch Simonetta Sommaruga 24 28 17 13 18 eher sympathisch Karin Keller-Sutter 14 32 30 15 10 teils / teils eher nicht sympathisch Guy Parmelin 10 32 34 16 8 gar nicht sympathisch Ueli Maurer 17 18 20 19 27 Ignazio Cassis 4 19 37 23 17 0% 25% 50% 75% 100% Weniger unausgeglichen als die wahrgenommene Verteilung des Einflusses im Bundesrat ist die Verteilung der Sympathie auf die Ratsmitglieder. Zwar sind an den beiden Enden der Sympathie-Rangliste dieselben Exponenten finden wie beim Einfluss-Rating. Alain Berset liegt jedoch nur wenig vor Viola Amherd (Die Mitte). Wobei letztere im Unterschied zu ersterem fast niemand hat, der als nicht so symphytisch einschätzt. Wenig neutrale Einschätzungen gibt es zu Alain Berset, aber auch zu Simonetta Sommaruga sowie zu Ueli Maurer.
35 SRG SSR Wahlbarometer Sympathie der Bundesratsmitglieder– Zeitvergleich (Abb. 29) Anteil sehr und eher symphatich 9 9 1 9 9 1 9 9 1 9 9 1 01 01 02 01 01 02 01 01 02 01 01 02 -2 -2 -2 -2 -2 -2 -2 -2 -2 -2 -2 -2 02 10 10 02 10 10 02 10 10 02 10 10 70 64 64 60% 60 61 59 57 58 52 50 48 45 40% 20% 0% Alain Berset Viola Amherd Simonetta Sommaruga Karin Keller-Sutter 60% 42 42 40% 38 35 27 26 22 24 24 20% 0% Guy Parmelin Ueli Maurer Ignazio Cassis Die Sympathiewerte der meisten Bundesratsmitglieder haben sich seit 2019 nur wenig verändert. Ein deutliches Plus weisst einzig Guy Parmelin auf. Er hat seine Rolle als Bundespräsident des zweiten Pandemiejahres genutzt, um seinen Rückhalt in der Bevölkerung deutlich zu verbessern. Demgegenüber hat die Anfang 2019 mit viel Vorschusslorbeeren ins Amt gestartete Karin Keller-Sutter weiter an Sympathiewerten eingebüsst.
Datenerhebung und Methode Die Datenerhebung des SRG SSR Wahlbarometers fand zwischen dem 29. September und dem 3. Oktober 2021 statt. Die Befragung erfolgte online, die Teilnehmenden wurden einerseits über die Webportale von SRG SSR, andererseits via Online-Panel von Sotomo rekrutiert. Nach der Bereinigung und Kontrolle der Daten konnten die Angaben von 27‘976 Stimmberechtigten für die Auswertung verwendet werden (Deutschschweiz: 23‘611, Franz. Schweiz: 3‘828, Ital. Schweiz: 537). Da sich die Teilnehmenden der Umfrage selber rekrutieren (opt- in), ist die Zusammensetzung der Stichprobe nicht repräsentativ für die Grundgesamtheit. So nehmen typischerweise mehr Män- ner als Frauen an politischen Umfragen teil. Den Verzerrungen in der Stichprobe wird mittels statistischer Gewichtungsver- fahren entgegengewirkt. Die Gewichtung erfolgt dabei mittels IPF-Verfahren (Iterative Proportional Fitting). Neben räumli- chen (Wohnort) und soziodemographischen (Alter, Geschlecht, Bildung) Gewichtungskriterien werden dabei auch politische Gewichtungskriterien beigezogen (Stimm- und Wahlverhalten, regionale Parteienstruktur usw.). Durch die Gewichtung wird eine hohe Repräsentativität für die aktive Stimmbevölkerung erzielt. Der Stichprobenfehler, wie er für Zufallsstichproben berechnet wird, lässt sich nicht direkt auf politisch gewichtete opt-in Umfragen übertragen. Die Repräsentativität dieser Be- fragung ist jedoch vergleichbar mit einer Zufallsstichprobe mit einem Stichprobenfehler von +/-1,3 Prozentpunkten. 36
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