Strategien beim Erlernen neuer Wörter im Fach Deutsch Ein Vergleich zwischen SchülerInnen der neunten Klasse sowie Kurs 4 im Gymnasium - LNU
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Strategien beim Erlernen neuer Wörter im Fach Deutsch Ein Vergleich zwischen SchülerInnen der neunten Klasse sowie Kurs 4 im Gymnasium Författare: Meike Krüger Handledare: Christina Rosén Examinator: Angela Marx Åberg Termin: HT21 Ämne: Tyska Nivå: G3 Kurskod: 2KP61E
Abstract This essay is about vocabulary learning strategies in German as a foreign language among students in two primary schools and one upper secondary school in the south of Sweden. The students in the primary schools were in the 9th grade (15-year-olds) and the other ones in a more advanced language course (17-year-olds). Based on a digital questionnaire (Google Forms) the students were asked to answer questions about how they learn new words in German. Important aspects in this context were for example speaking, reading, writing and listening to new words. Some strategies were I translate the words into Swedish, I compare German, Swedish and English words with the same meaning, I read the words out loud, I read the words quietly, I write my own sentences with the words. The students were also asked to give suggestions about the best way to learn new vocabulary. Answers were then categorized and analyzed. The results show that most of the students in the 9th grade sometimes used strategies like Translating the words, Reading and writing the words several time. The majority of the students in upper secondary school always used these strategies. Most of the students in the 9th grade never used the strategy Writing my own sentences. The majority in all three schools never used the strategy Sorting the words by word class. There were also differences between boys and girls concerning the choice of strategies. Key words German as a foreign language, 9th grade, learning strategies, questionnaire, upper secondary school, vocabulary learning Schlüsselwörter Deutsch als Fremdsprache, 9. Klasse, Lernstrategien, Kurs 4 Gymnasium, Umfrage, Vokabellernen.
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 1 1.1 Zielsetzung 2 1.2 Fragestellungen 2 2. Informanten, Material und Methode 2 2.1 Informanten 2 2.2 Material und Informationen über die Umfrage 3 2.3 Methode 3 2.4 Forschungsethische Überlegungen 4 3. Theoretischer Hintergrund 4 3.1 Zum Fremdsprachenlernen 4 3.2 Der Wortschatz 6 3.3 Wortlernstrategien 8 3.4 Vokabellernen 11 3.5 Zu früheren Studien 11 3.5.1 Wortschatz 11 3.5.2 Wortlernstrategien 12 3.5.3 Vokabellernen 13 4. Ergebnisse und Analyse 16 4.1 Die Ansichten der Schüler beim Vokabellernen 16 4.2 Strategien beim Vokabellernen 19 4.2.1 Indirekte Strategien 19 4.2.2 Direkte Strategien 20 4.3 Zusammenfassende Analyse der Ergebnisse 27 5. Diskussion und didaktische Implikationen 30 6. Literaturverzeichnis Anlage 1 Fragebogen Anlage 2 Schule 1 Tabellen 1 bis 5 Anlage 3 Gymnasium Tabellen 6 bis 8
1 Einleitung Die menschliche Sprache stellt das wichtigste Werkzeug zum Denken, Kommunizieren und Lernen dar. Außerdem erhöht die Kenntnis verschiedener Sprachen „[…] die Möglichkeiten eines jeden Individuums in verschiedenen sozialen und kulturellen Zusammenhängen zu wirken sowie in verschiedenen Ländern zu studieren und zu arbeiten“ (Skolverket 2011:1) (Meine Übersetzung).1 Um in einer Fremdsprache kommunizieren zu können, benötigt der Lerner eine Vielzahl an Wörtern und Phrasen, die er/sie wieder abrufen und mit denen er/sie kommunizieren kann. Von der schwedischen Schulbehörde (Skolverket) (2019:4–5) wird unter anderem hervorgehoben, dass ein direkter Zusammenhang zwischen den Aspekten Wortschatz und Texte schreiben besteht, d.h. Lernende mit einem avancierten Wortschatz können ihre Aufmerksamkeit mehr auf den eigentlichen Schreibprozess richten und weniger auf die Suche nach geeigneten Wörtern. Die primäre Intention im Zusammenhang mit dem Lernen von Fremdsprachen ist es, die Bereitschaft zu einer Auseinandersetzung mit anderen Kulturen, d.h. mit anderen Perspektiven und Denkweisen zu fördern. Die Kenntnis von Wörtern und Phrasen in einer Fremdsprache soll bei Schülern sowohl das Weltwissen erweitern als auch die Grundlagen für die Fähigkeiten zum Denken und einem bewussten Verstehen legen (vgl. Decke-Cornill & Küster 2015:223–225). Voraussetzung dafür ist ein vielfältiges Vokabular, welches mit Hilfe von unterschiedlichen Lernstrategien aufgebaut werden kann. Dies setzt bei LernerInnen ein Bewusstsein über die Wichtigkeit verschiedener Wortlernstrategien im Fremdsprachenunterricht voraus. Um Strategien beim Vokabellernen in einer Fremdsprache zu untersuchen, wurde eine Umfrage unter schwedischen 15jährigen und 17jährigen Schülern, die Deutsch als ihre zweite Fremdsprache (L3) haben, in Schweden Moderna språk,2 durchgeführt. Im Folgenden 1 Der Originaltext lautet ” […] individens möjligheter att ingå i olika sociala och kulturella sammanhang och att delta i internationellt studie- och arbetsliv” (Skolverket 2011:1). 2 In Schweden wählt man mit 12 Jahren die zweite Fremdsprache. Hier können die Schüler vor allem Französisch, Spanisch oder Deutsch wählen. 1
werden zuerst Zielsetzung und Fragestellung präsentiert. In Kapitel 2 werden Daten und Methode aufgegriffen und im darauffolgenden Theorieteil werden Wortschatzarbeit sowie verschiedene Lernstrategien in Bezug auf das Vokabellernen diskutiert. Hier wird auch frühere Forschung präsentiert. Anschließend werden die Ergebnisse der Umfrageuntersuchung analysiert, welche Strategien die Schüler in den jeweiligen Schulformen angewendet haben sowie Ähnlichkeiten beziehungsweise Unterschiede zwischen den Schülergruppen untersucht. Der Aufsatz schließt mit einer zusammenfassenden Diskussion und didaktischen Implikationen. 1.1 Zielsetzung Ziel des Aufsatzes ist es an ausgewählten Schülern zweier unterschiedlicher Schulformen aufzuzeigen, welche Strategien verschiedene Lernende beim Erwerb neuer deutscher Wörter im Fremdsprachenunterricht anwenden. 1.2 Fragestellungen 1. Welche Lernstrategien wenden Schüler der 9. Klasse bzw. Schüler des Kurses 4 im Gymnasium beim Lernen deutscher Vokabeln an? 2. Inwiefern zeigen sich Unterschiede im Hinblick auf die Anwendung der verschiedenen Lernstrategien bei den jeweiligen Schülergruppen? 2. Informanten, Material und Methode In dem nachfolgenden Kapitel werden Daten und Methode beschrieben, mit der die oben genannte Untersuchung durchgeführt wurde. 2.1 Informanten Zielgruppen der Umfrage waren 15jährige Schüler an zwei verschiedenen Grundschulen beziehungsweise 17jährige Schüler eines Gymnasiums in Südschweden. Bei der Untersuchung in den Grundschulen antworteten insgesamt 53 Informanten und die Befragung im Gymnasium ergab insgesamt 45 Antworten. In der Grundschule 1 waren Mädchen und Jungen ungefähr gleich verteilt (20 Schüler und 21 Schülerinnen). In 2
Grundschule 2 antworteten etwas mehr Jungen (7) als Mädchen (5). Im Gymnasium gab es einen deutlich höheren Anteil an Schülerinnen (27) als an Schülern (18). 2.2 Material und Informationen über die Umfrage Die Untersuchung wurde mit Hilfe eines digitalen Fragebogens, Google Forms, durchgeführt. Der gesamte Fragebogen enthält 15 verschiedene Fragen, welche quantitativ sind (geschlossene Fragen, siehe Anlage 1). Davon beziehen sich die ersten sechs Fragen auf die Aspekte Geschlecht, Hintergrundinformationen zur Sprache, die Bedeutung der Teilfertigkeiten Sprechen, Lesen, Schreiben und Hören sowie eines guten Wortschatzes beim Lernen des Deutschen. Befragt wurde auch wie viele Wörter die SchülerInnen jede Woche lernen. In dem darauffolgenden Teil geht es um neun verschiedene Strategien, welche die SchülerInnen beim Erlernen neuer Wörter nutzen. Dabei mussten sich die Informanten jeweils für eine der Antwortalternativen Immer, Manchmal beziehungsweise Nie entscheiden. Die beiden letzten Fragen sind offene Fragen und haben damit qualitativen Charakter. Bei Punkt 10 der Umfrage geht es um die Möglichkeit alternative Lernstrategien anzugeben, die bisher nicht genannt wurden. Im Zusammenhang mit Punkt 11 können die SchülerInnen Tipps geben, wie man neue Wörter am besten lernen kann. 2.3 Methode Um die Untersuchung durchführen zu können, wurden drei verschiedene neunte Klassen an zwei verschiedenen Grundschulen sowie zwei Klassen auf dem Niveau Kurs 4 an einem Gymnasium in Südschweden ausgewählt. Die Auswahl der TeilnehmerInnen erfolgte mit Hilfe von Kontakten zu Lehrern an den entsprechenden Schulen. Da ich die Klassen nicht persönlich besucht habe, konnte ich auch keine speziellen Kriterien entwickeln, um diese zu vergleichen. Daher habe ich beschlossen, die Schulen miteinander zu vergleichen und sie als Grundschulen sowie Gymnasium einzuteilen. Die Befragung der Schüler erfolgte anonym mit Hilfe einer digitalen Umfrage (siehe Anlage 1). An die jeweiligen LehrerInnen wurde eine E-Mail mit einem Link zu dem Formular geschickt, um es von den Schülern ausfüllen zu lassen. In Google Forms werden die 3
Antworten in Kreisdiagramme beziehungsweise Stapeldiagramme umgewandelt. Zudem existiert die Möglichkeit, die Ergebnisse in einer Excel-Tabelle einzusehen. Die gesamte Untersuchung ist zum größten Teil quantitativ. Da die beiden letzten Fragen offen sind, ist die Untersuchung zum Teil auch qualitativ. Die Antworten auf diese Fragen wurden manuell zusammengestellt und analysiert. Dies wird zum Beispiel von Trost & Hultåker (2016:75) empfohlen, um weitere Hinweise zu den Denkweisen und Erfahrungen der Informanten zu bekommen. Die Untersuchungsergebnisse der Grundschulen beziehungsweise dem Gymnasium werden zuerst als je eine Gruppe präsentiert und in einem weiteren Schritt dann miteinander verglichen. 2.4 Forschungsethische Überlegungen Um die Reliabilität und Validität der Befragung zu gewährleisten, wurde zuerst eine Testversion an andere Lehrer geschickt. Dabei zeigte sich, dass Frage 3 im ersten Teil nicht verständlich genug war und die Frage wurde entsprechend verbessert. Die Informanten wurden ausreichend und verständlich über die Untersuchung informiert sowie die Anonymität der Befragung zugesichert (vgl. Johansson & Svedner 2010:22). Die LehrerInnen haben die SchülerInnen darüber informiert, dass die Teilnahme freiwillig sei. Nach Ejlertsson (2019:36) ist zudem keine Einwilligung der Erziehungsberechtigten erforderlich, wenn die Teilnehmer mindestens 15 Jahre alt sind. 3. Theoretischer Hintergrund In diesem Kapitel wird zuerst der theoretische Hintergrund in Bezug auf die Themenbereiche Wortschatz, Lernstrategien sowie Vokabellernen dargestellt und dann auf die frühere Forschung eingegangen. 3.1 Zum Fremdsprachenlernen Ein Fremdsprachenunterricht, der motivieren will, muss so gestaltet sein, dass der jeweilige Inhalt dem Lerner als sinnvoll erscheint. Ohne einen sinnvollen Zusammenhang wird der gesamte Lernprozess erschwert im Sinne einer Verbindung von bereits Bekanntem mit neuen Informationen (vgl. Tornberg 2020:20). Als wichtige 4
Grundlage der Motivation beim fremdsprachlichen Lernen nennen Decke-Cornill & Küster (2015:52) das Zusammenspiel sowohl kognitiver als auch affektiver Faktoren. Danach kann der Lerner seine Aussicht auf Erfolg durch Selbstbestärkung im Sinne eines „[…] Ich schaff das schon“ (Decke-Cornill & Küster 2015:52) erhöhen. Auch der sprachlich schwächere Schüler benötigt somit einen Fremdsprachenunterricht, welcher für den einzelnen Lerner persönlich positive Erfahrungen ermöglicht. Lundahl (2019:226) betont vor diesem Hintergrund, dass es gerade für die oben genannte Gruppe von Lernern wichtig ist, neue Wörter aus dem Textzusammenhang zu verstehen. Der Grund liegt darin, dass diese Schüler oft dazu neigen, auf das Verständnis einzelner Wörter anstatt auf die Gesamtheit des Textes zu fokussieren. In diesem Zusammenhang weist Koeppel (2016:42–43) auf die Möglichkeit hin, im Fremdsprachenunterricht fertige zusammenhängende Phrasen zu vermitteln, die auch als Formeln und Routinen oder, im Englischen, als Chunks bezeichnet werden. Der Vorteil liegt laut Koeppel (2016:43) darin, dass LernerInnen Sprachbausteine zur Verfügung gestellt werden, welche sowohl die Kommunikationsfähigkeit als auch die Motivation positiv beeinflusst. Diese zusammenhängenden Sprachelemente können dann später aufgebrochen werden (Koeppel 2016:43), um die LernerInnen zu einem produktiven Umgang mit der neuen Sprache zu führen. Laut Decke-Cornill & Küster (2015:24–27) existieren verschiedene Theorien zum Spracherwerb. Nach behavioristischem Verständnis erfolgt Lernen, indem Kinder die Sprache ihrer Umwelt imitieren und wenn dieses Verhalten durch zum Beispiel Lob verstärkt wird. Zudem hat sich, bezogen auf den Erwerb einer Fremdsprache, die sogenannte Kontrastivhypothese (Decke-Cornill & Küster 2015:25) entwickelt, die besagt, dass der Lerner Gemeinsamkeiten beziehungsweise Abweichungen zwischen der ersten und der neu zu erlernenden Sprache realisiert. Gemeinsamkeiten werden nach dieser Theorie als positiver Transfer eher übernommen, während abweichende sprachliche Elemente dem Lerner oft Schwierigkeiten bereiten und somit zu Fehlern führen kann. Im Kontrast dazu steht die von Noam Chomsky entwickelte Theorie von der angeborenen Spracherwerbskompetenz (Decke-Cornill & Küster 2015:25–26). Dabei wird von einer genetisch festgelegten Fähigkeit zur Sprachkompetenz und einer 5
Art angeborenen Universalgrammatik beim Menschen ausgegangen. Eine weitere Theorie ist die Learning-Acquisition-Hypothese von Stephen Krashen (Decke-Cornill & Küster 2015:27–28), nach der zwischen einem natürlichen Spracherwerb und einem bewussten Lernen unterschieden werden kann. Bei dem natürlichen Spracherwerb handelt es sich um die Aneignung fremdsprachlicher Kompetenz durch Hören und Verstehen sowie durch Lesen und Verstehen. Der Erwerb von formalen sprachlichen Regeln tritt hier in den Hintergrund. Bei dem bewussten Lernen dagegen dominieren sprachliche Regeln, welche nach der oben genannten Theorie zwar zu einem Wissen über Sprache, jedoch nicht zu einem expliziten Sprachkönnen führt. 3.2 Der Wortschatz Die fremdsprachige Kommunikation in verschiedenen Zusammenhängen setzt einen reichhaltigen und differenzierten Wortschatz voraus. Der Begriff Wort bezieht sich dabei auf die „[…] Benennung von Gegenständen und Sachverhalten in der außersprachlichen Welt […]“ (Surkamp 2017:378). Wörter sind selbständige sprachliche Grundeinheiten mit einer Form- und Ausdrucksseite, d.h. sie haben sowohl eine orthographische Gestalt als auch eine Bedeutung (vgl. Surkamp 2017:378). Eine wichtige Voraussetzung für den Erwerb eines guten Wortschatzes ist das bewusste Fokussieren des Lerners auf die Ordnung einer Sprache in bestimmte Wortfelder beziehungsweise Begriffsfelder (Decke-Cornill & Küster 2015:162), d.h. die Vernetzung von Wörtern als zum Beispiel Synonyme (bedeutungsähnliche beziehungsweise bedeutungsgleiche Wörter), Antonyme (Wörter mit entgegengesetzter Bedeutung) oder Kollokationen (Wörter, die als Wortpaare gemeinsam auftreten). Der Aufbau des Wortschatzes in einer fremden Sprache bedeutet für den Lerner Form und Inhalt von Wortstrukturen zu vergleichen und somit Wörter der neuen Sprache richtig anzuwenden. Wörter einer neuen Sprache müssen nach Storch (1999:53) adäquat verknüpft und damit schnell abrufbar sein, um in neuen Kommunikationssituationen verwendet werden zu können. Zudem weist Storch (1999:58) darauf hin, dass das selbständige Erschließen neuer Wörter aus dem Kontext, zum Beispiel durch Raten, als besonders lernfördernd angesehen werden kann, da der 6
Lernende Verbindungen zwischen der Wortform sowie dem Kontext und den eigenen Kenntnissen herstellen kann. Bei dem Erlernen einer fremden Sprache stellt das Gedächtnis einen grundlegenden Aspekt dar. Eine Vielzahl an neuen Wörtern und Wortverbindungen müssen vom Kurzzeitgedächtnis (auch Arbeitsgedächtnis genannt) in das Langzeitgedächtnis überführt und dort gelagert werden (vgl. Tornberg 2020:133). Der neu erworbene Wortschatz soll auf diese Weise langfristig vor dem Vergessen geschützt werden. Tornberg (2020:139) hebt zudem hervor, dass unter anderem gute Sprachkenntnisse, sowohl der Muttersprache als auch anderer Sprachen, sowie gute Vorkenntnisse im Hinblick auf die zu behandelnden Unterrichtsinhalte wichtige Grundlagen für die Erarbeitung eines fremdsprachigen Wortschatzes darstellen. Ein anderer wichtiger Aspekt ist eine zielgerichtete Planung des Lehrers in Bezug auf die Auswahl der neuen Wörter (vgl. Hallin 2020:2). Laut Hallin (2020:3–4) ist bei der Wortschatzarbeit von Bedeutung, den Lernenden ein Bewusstsein für die Möglichkeiten der Anwendung der neuen Wörter zu vermitteln. Dabei sind sowohl semantische Netzwerke als auch Diskussionen und Schreibaktivitäten von großer Wichtigkeit. In diesem Zusammenhang ist auch Skrandies (2015) zu nennen, der die Lernerautonomie bei der Wortschatzarbeit hervorhebt. Lernerautonomie bezieht sich nach Skrandies (2015:3) auf die selbständige Verwendung elektronischer Wörterbücher und Korpora als Hilfsmittel bei der Erweiterung des rezeptiven und produktiven Wortschatzes. Die bereits thematisierten semantischen Netzwerke spricht auch Rühl (2021:1–2) an, die hier auf die Verknüpfung von Wörtern hinweist, welche als Chunks im mentalen Lexikon gespeichert werden. „Lernen bedeutet die Vermehrung und Stabilisierung von Verknüpfungen zwischen Neuronen im Gehirn, das Gehirn sucht von sich aus kontinuierlich Anregungen und neue Reize“ (Rühl 2021:2). Darüber hinaus betont Rühl (2021:1) jedoch auch die Notwendigkeit zahlreicher Wiederholungen, da der Aufbau und die Erweiterung des Wortschatzes einen zeitintensiven sowie komplexen Prozess darstellen. Einen weiteren Aspekt beschreiben Decke-Cornill & Küster (2015) mit dem Konzept „Das mentale Lexikon“ (2015:162), welches auf die Struktur hinzielt, die jeder Lernende mit Hilfe der jeweiligen Synonyme des Wortes, den Antonymen, den Kollokationen 7
sowie den zusammengesetzten Wörtern aufbauen muss. Dieselben Autoren beziehen sich auch auf den Begriff „vernetzendes Denken“ (Decke-Cornill &Küster 2015:168), der unter anderem die Unabhängigkeit des Schülers betont, einen aktiven Wortschatz aufzubauen. Des Weiteren wird die Funktion von Mindmaps in Frage gestellt, da es sich primär um einzelne Wörter oder Phrasen ohne Zusammenhang handelt (vgl. Decke- Cornill & Küster 2015:168). Darüber hinaus erwähnt Storch (1999:70), dass jeder Lernende ein konnotatives mentales Netzwerk entwickeln muss, da ein einzelnes Konzept unterschiedliche Bedeutungsstrukturen für verschiedene Schüler haben kann. Er schlägt vor, ein Assoziogramm (Storch 1999:72) zu entwerfen, um die jeweiligen individuellen Assoziationen im Zusammenhang mit dem Wort zu verdeutlichen. „Der Vorteil liegt darin, dass in ein Assoziogramm das kollektive sprachliche Wissen einer Klasse eingehen kann, wodurch Defizite einzelner Schüler ausgeglichen werden; [...]“ (Storch 1999:73). Der Autor verweist hier auf das Potenzial von Assoziogrammen, mehr Gleichheit zwischen den Schülern zu schaffen. Hier könnte die Frage gestellt werden, inwieweit das Lernen beziehungsweise das Vermitteln eines neuen Wortschatzes auf aktuelle Bedürfnisse einer bestimmten Gruppe (in diesem Fall einer Klasse) begrenzt werden kann. Weiterhin stellen Decke-Cornill & Küster (2015:168) den Einsatz von zweisprachigen Vokabellisten im Fremdsprachenunterricht in Frage, da diese aufgrund der Präsentation zusammenhangsloser Begriffe nicht geeignet sind, den Wortschatz zu erweitern. 3.3 Wortlernstrategien Der Aspekt der Wortlernstrategien ist in engem Zusammenhang mit der Vorstellung des autonomen Lerners zu sehen. Dies bedeutet primär, „[…] dass der Einzelne Verantwortung über seinen Lernprozess gewinnen kann“ (Decke-Cornill & Küster 2015:202). Grundsätzlich stellen Wortlernstrategien bewusste Handlungen dar, die auf Lösungen bei der Bewältigung des komplexen Problems Erlernen einer Fremdsprache hinzielen. In diesem Zusammenhang ist auch die Bedeutung eines Bewusstseins für die verschiedenen Funktionen von Sprache zu nennen. Wortlernstrategien beziehen sich nicht nur auf die Sprache, sondern beinhalten auch affektive und soziale Aspekte. 8
Koeppel (2016:74–75) verweist hier auf Rebecca Oxford (1990), die zwischen direkten und indirekten Lernstrategien unterscheidet. Direkte Strategien sind zum Beispiel - Wortgruppen bilden - Kontexte erfinden - Bilder verwenden - Vokabelkartei anwenden - Sprachen miteinander vergleichen - Kenntnisse der Muttersprache nutzen - Strukturen in Wörtern erkennen - Wörterbücher verwenden. Als indirekte Strategien sind unter anderem zu nennen - eigene Lernziele bestimmen - den eigenen Lernprozess kontrollieren - Entspannungstechniken anwenden und sich eigener Gefühle bewusst werden - um Erklärungen und Korrekturen bitten - mit anderen Schülern zusammenarbeiten. Darüber hinaus hat das Gedächtnis eine wichtige Funktion im Zusammenhang mit dem Lernen von Wörtern und in diesem Zusammenhang betont Tornberg (2020:134) die Bedeutung des Langzeitgedächtnisses, damit Wörter und Phrasen bei Bedarf aufgegriffen werden können. Der Lernende benötigt Kenntnisse in verschiedenen Sprachen, einschließlich der Muttersprache, und er muss Wortstämme oder Teile von Wörtern erkennen. Der Lerner muss darüber hinaus den Inhalt der Wörter im Kontext verstehen. Außerdem erwähnt Tornberg (2020:141) verschiedene Intelligenzen wie die linguistische, die logisch-mathematische, die visuell-räumliche, die musikalische und die körperlich-kinästhetische Intelligenz. In diesem Zusammenhang besteht laut Tornberg (2020:141–142) für den jeweiligen Lernenden die Möglichkeit, Strategien zu entwickeln, die mit seinen persönlichen Stärken harmonieren. Aber unabhängig von diesem Aspekt sagt Tornberg (2020:145), dass Wörter in einen neuen Kontext gestellt werden können 9
und dass Veränderungen der Form von Wörtern auch vom Schüler verinnerlicht werden müssen. Auch die beiden Forscher Rahiny & Shams (2012:142–144) weisen auf die Bedeutung von Gedächtnisstrategien wie zum Beispiel Wortassoziationen, die Schlüsselwortmethode, das Gruppieren von Wörtern, das laute Sprechen der Wörter sowie die Darstellung von Wörtern mit Hilfe von Gestik und Mimik hin. Nach Ansicht der beiden oben genannten Wissenschaftler (2012:149) kann eine erfolgreiche Anwendung von entsprechenden Lernstrategien schwächeren Schülern helfen, in Prüfungen besser abzuschneiden. Ein anderer wichtiger Autor im Zusammenhang mit Wortlernstrategien ist Paul Nation (2013). Er betont, dass der Lerner ein Bewusstsein dafür entwickeln muss, welches Vokabular gelernt werden muss sowie welche Strategien dabei angewendet werden können (Nation 2013:584). Nation empfiehlt ein intensives Lesen von Texten sowie verschiedene Strategien beim Erlernen der Wörter. Diese sind hauptsächlich die Analyse von Wortteilen, um Verwandtschaften mit anderen Sprachen zu entdecken und somit die Wörter besser zu verstehen sowie die Wörter aus dem Kontext heraus zu verstehen. Nach Nation (2013:350) muss ein Lerner ungefähr 95 Prozent der Wörter verstehen, um diese aus dem Kontext erschließen zu können. Nation (2013:583) weist zudem darauf hin, dass die Entwicklung der Selbständigkeit des Studierenden eine wichtige Voraussetzung für das Erlernen neuer Wörter und Phrasen darstellt. Eine andere Theorie hat Krista Segermann (2003) entwickelt. In ihrem Artikel Wortschatz und Grammatik im Dienst der Kommunikation – Methodische Alternativen zu tradierten Prinzipien des Fremdsprachenunterrichts weist sie auf den geringen Lerneffekt des formbezogenen Übens hin (Segermann 2003:8), da kein übendes Lernen stattfindet. Damit weist sie auf die Notwendigkeit der Verbindung zwischen den Aspekten sprachliche Form, also zum Beispiel Grammatik und Orthographie, sowie sprachlich zusammenhängender Einheiten hin, die der Lerner jeweils situationsbezogen in der fremdsprachigen Kommunikation verwenden und somit einen Bezug zur aktuellen Lebenswelt (vgl. Segermann 2003:10) herstellen kann. Die Relevanz der Lerninhalte steht nach Segermann (2003:11) in engem Zusammenhang mit den persönlichen Interessen der Lernenden. Bei dem übenden Lernen werden sprachliche Form und sprachlicher Inhalt integriert, indem sprachliche 10
Strukturen automatisiert und in für den Lerner sinnvollen kommunikativen Zusammenhängen angewendet werden. Die Forscherin argumentiert mit dem Hinweis auf eine neuronale Verknüpfungstheorie, welche auf der Interaktion zwischen den Aspekten Form, Bedeutung und konkrete Kommunikationssituation (Segermann 2003:8) beruht. Segermann (2003:7–8) stellt dabei in Frage, dass der Lernende zuerst ein Wissen über die Sprache erwerben muss, welches durch Üben in Können umgesetzt werden kann. Das Können bezieht sich ihrer Ansicht nach auf die Anwendung des Wissens, welches als kommunikative Sprachverwendung deutlich wird. 3.4 Vokabellernen Im Zusammenhang mit dem Lernen neuer Vokabeln stellt sich die Frage nach Umfang und Auswahl der Wörter. Lundahl (2019:229) weist darauf hin, dass auch das Interesse der SchülerInnen eine Rolle spielt und die LernerInnen deshalb hin und wieder selbst wählen sollten, welche Vokabeln gelernt werden. Gleichzeitig betont Lundahl (2019:229) die Notwendigkeit der Unterstützung der SchülerInnen durch den Lehrer, sodass neben einzelnen Wörtern auch wichtige Phrasen in die jeweilige Vokabelliste aufgenommen werden. Als wichtige Ziele beim Vokabellernen nennt Nation (2013:584– 585) die Relation von häufig vorkommenden Wörtern zu weniger häufig vorkommenden Wörtern sowie die jeweiligen persönlichen Bedürfnisse der LernerInnen. Laut Nation (2013:584) benötigen die Studierenden ein hinreichendes Wissen sowohl darüber, wie die neuen Wörter gelernt und in einen Zusammenhang gesetzt werden können als auch Informationen in Bezug auf die Überprüfung der Ergebnisse der eigenen Lernanstrengungen. Von Bedeutung ist also auch ein hinreichender Input seitens der Lehrpersonen. 3.5 Zu früheren Studien In den folgenden Abschnitten werden Studien präsentiert, die zu den Themenbereichen Wortschatz, Wortlernstrategien sowie Vokabellernen durchgeführt wurden. 11
3.5.1 Wortschatz Eine wichtige und interessante Studie zum Thema Wortschatz ist von Joanna Targonska (2016) durchgeführt worden. Dabei ging es um die Überprüfung der sprachlichen Kompetenz von 3000 polnischen Gymnasiasten, die Deutsch als Fremdsprache lernen. Bei dieser Untersuchung ging man von Ergebnissen der polnischen Gymnasialprüfung aus, die am Ende der Lernjahre 7 bis 9 erfolgt. Anhand der Ergebnisse der Prüfungsaufgaben aus den Jahren 2013 bis 2015 wurde deutlich, dass die Wortschatzkenntnisse sowie die Fähigkeit, diese in sprachlicher und grammatischer Hinsicht korrekt zu gebrauchen, seit 2013 kontinuierlich abgenommen haben. Bei der ersten Aufgabe musste ein Lückentext mit bestimmten Vokabeln ausgefüllt werden, die, je nach Wortart, zum Beispiel korrekt dekliniert oder konjugiert werden mussten. Hier zeigte sich, dass die meisten Lernenden große Schwierigkeiten hatten und ihre Vorkenntnisse nicht ausreichten. Die zweite Aufgabe bestand darin, zuerst einige auf Polnisch formulierte Phrasen aus dem Grundwortschatz ins Deutsche zu übersetzen, sodass ein deutscher Satz vervollständigt werden konnte. Nur eine Minderheit der Lernenden konnte hier die Phrasen korrekt übersetzen. Angesichts dieser mangelhaften Wortschatzkompetenz kommt Targonska (2016:88–89) zu dem Schluss, dass der einzelne Lehrer den Prozess des Wortschatzerwerbs bewusst steuern sollte. Dies schließt sowohl die Vermittlung von Kenntnissen über Inhalt und Form der Wörter als auch Lernstrategien ein. Targonskas Arbeit zeigt, dass ein guter Grundwortschatz eine wichtige Voraussetzung für das Fremdsprachenlernen ist. Laut Håkansson Ramberg (2016:21–22) sind für den Fremdsprachenlerner sowohl die Korrektheit grammatischer Konstruktionen als auch die lexikalische Kompetenz, d.h. die Breite und Tiefe des Wortschatzes, grundlegende Voraussetzungen für eine gelungene fremdsprachige Kommunikation. Die Aufgabe des Lehrers ist es laut Targonska (2016:889, diesen Prozess des Wortschatzerwerbs bewusst zu steuern. 3.5.2 Wortlernstrategien Im Zusammenhang mit Wortlernstrategien im Fremdsprachenunterricht ist es interessant zu untersuchen, welche Strategien von den Lernenden angewendet werden und ob 12
eventuell noch andere Faktoren beim Sprachlernprozess eine Rolle spielen. In einer Studie von Rahimy & Shams (2012:1) wurden 50 Studenten des Kish English Institute im Iran einem Vokabeltest auf mittlerem Niveau unterzogen, welcher 20 Fragen enthielt. Die Fragen basierten auf dem in der Klasse benutzten Lehrbuch Total English. Außerdem wurde ein Fragebogen an die Studenten verteilt mit dem Ziel, die von ihnen verwendeten Strategien zu ermitteln. Sämtliche Lernstrategien wurden klassifiziert und betrafen die Bereiche Kognition, Gedächtnis, Metakognition, Ermittlung der Wortbedeutung sowie soziale Strategien (Rahimy & Shams 2012:142–144). Lerneraktivitäten waren dabei unter anderem die mündliche und schriftliche Wiederholung des Gelernten, Wörterlisten, das Gruppieren und laute Aussprechen der Wörter, Tests und die Nutzung von englischsprachigen Medien, das bewusste Wahrnehmen verschiedener Wortformen, der Gebrauch von Wörterbüchern sowie das Lernen in der Gruppe. Rahimy & Shams (2012:144–145) heben hervor, dass jede/jeder Fremdsprachenstudierende im Laufe des Lernprozesses sich bewusst werden sollte, welche Strategien von Vorteil sind, um ihre/seine Ziele effektiv zu erreichen. Zudem sollten LehrerInnen gute Voraussetzungen im Klassenraum schaffen, damit die Studierenden in Prüfungen besser abschneiden. Ein wichtiges Ergebnis der vorliegenden Studie (Rahimy & Shams 2012:148–149) ist, dass erfolgreiche Studenten mehrere Strategien testen, primär im Bereich Kognition, Gedächtnis und Ermittlung der Wortbedeutung. Dies steht im Gegensatz zu den weniger erfolgreichen Studierenden, welche die oben genannten Methoden nur selten anwenden. In einer anderen interessanten Studie wurde ein Zusammenhang zwischen Geschlecht und der Anwendung von Wortlernstrategien festgestellt. Bei einer Untersuchung von 990 Mittelschülern in der Türkei fanden Gorgoz & Tican (2019:27), dass Schülerinnen insgesamt mehr Strategien anwenden, unabhängig davon, ob es sich zum Beispiel um Gedächnisstrategien, kognitive, metakognitive, affektive oder soziale Strategien handelt. Ein weiteres Ergebnis dieser Untersuchung (Gorgoz & Tican 2019:34–38) war zudem, dass sowohl das Interesse der Schüler am Fach Englisch als auch eine allgemeine demokratische Werthaltung im Elternhaus sich förderlich auf das Lernverhalten der entsprechenden TeilnehmerInnen auswirken. 13
3.5.3 Vokabellernen Im Zusammenhang mit dem Thema Vokabellernen stellt sich die Frage wie Lernende sich effektiv und langfristig ein umfangreiches Vokabelwissen aneignen können, um eine gute Sprachkompetenz zu erlangen. Einen wichtigen Beitrag zum Thema Vokabelerwerb hat Elisabet Malvebo (2006) geliefert. Die Intention der Forscherin war „[…] die Quantität und Qualität des beiläufigen sowie des intentionalen Vokabelerwerbs am schwedischen Gymnasium zu untersuchen“ (Malvebo 2006:7). Wichtig in diesem Zusammenhang war die Frage nach den Auswirkungen zweier unterschiedlicher didaktischer Ansätze auf den Vokabelerwerb der Schüler, auch vor dem Hintergrund der Lernleistung der Befragten sowie der didaktischen Vorgehensweise im Unterricht. Es wurde mit zwei didaktisch aufbereiteten Zeitungsartikeln gearbeitet, aus denen je acht Testwörter ausgewählt und diese später in fünf sogenannten „self-report Tests“ (Malvebo 2006:99) abgefragt wurden. Bei der Didaktisierung des ersten Textes wurde über den Text diskutiert, bei dem zweiten Text wurden die zu lernenden Wörter als Hausaufgabe gegeben und danach schriftlich abgefragt. Der Unterricht wurde von der Lehrerin im Zusammenhang mit dem zweiten Text bewusst gesteuert, indem unter anderem die Aufgaben zu dem Text gemeinsam durchgegangen wurden sowie einzelne Wörter, im Gegensatz zu anderen Wörtern, hervorgehoben wurden. Darüber hinaus wurden vier der TeilnehmerInnen interviewt und ihre jeweiligen Wortlernstrategien dargelegt. Bei den Strategien handelte es sich um das Übersetzen der Wörter, das Schreiben der Wörter, das selbständige Entschlüsseln der Wörter aus dem Kontext, die Wiederholung der Wörter, die mündliche und schriftliche Verwendung der Wörter in eigenen Sätzen sowie das mehrmalige Lesen der Wörter (Malvebo 2006:78– 83). Eine Schülerin, welche die Wörter nur übersetzt aber keine eigenen Sätze mit den Wörtern schreibt, kann sich besser an die Wörter aus dem zweiten Text erinnern und zeigt hier auch bessere Leistungen im Test. Bei einem Nachtest nach dem ersten Text zeigt sich, dass sie kein einziges Wort von den zu lernenden Wörtern des ersten Textes übersetzen kann und sich nur schwach an die Wortform der Wörter erinnert (Malvebo 2006:79). Eine andere Schülerin (Malvebo 2006:82–83) dagegen lernt eher Phrasen als Wörter, bildet eigene Sätze mit den Wörtern und liest zudem alte Texte zur 14
Wiederholung. Laut Malvebo (2006:83) ist diese Teilnehmerin die Einzige, die sich des Umfangs ihres Wortschatzes bewusst ist und bei den Nachtests waren keine großen Unterschiede in Bezug auf die Kenntnisse der Wörter aus dem ersten beziehungsweise zweiten Text erkennbar. Der gesteuerte Unterricht durch die Lehrerin, d.h. das Hervorheben und Wiederholen bestimmter Wörter sowie das schriftliche Abfragen derselben hat laut Malvebo (2006:88–89) bei einigen Schülern zu einer vertieften Wortkenntnis im Sinne einer Verknüpfung von Form und Inhalt geführt. Malvebo (2006:33) betont in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Aspekte Lernerniveau und Lernerkompetenz zu weiterem Lernen als auch die Faktoren Qualität des Unterrichts, Qualität und Umfang der Übungsaufgaben sowie die sich daraus ergebenden automatisierten Lernprozesse. Letzteres bezieht sich auf die Wiederholung und Bestätigung bereits erworbener Wörter. Eine andere interessante Studie wurde von Steffen Harmel (2010) durchgeführt. Dabei waren die Fragen nach der Bedeutung der wöchentlichen Arbeitszeit, verschiedenen Arbeitsmethoden sowie der Zuschreibung gewisser Vokabeln als einfacher beziehungsweise schwieriger zentral. Zum Zweck der Beantwortung dieser Fragen wurden insgesamt 50 Probanden an drei verschiedenen Gymnasien in Växjö befragt. Gemeinsam für alle drei Gruppen war, dass zuerst ein Text gelesen und dann mündlich und schriftlich zusammengefasst wurde. Die zum Text gehörenden Vokabeln wurden eine Woche später in einem angekündigten Vokabeltest abgefragt. Danach füllten die Teilnehmer den ersten Fragebogen aus. Im darauffolgenden Teil der Untersuchung wurde unterschiedlich vorgegangen. In der ersten Gruppe wurde nicht weiter mit den zuvor getesteten Vokabeln gearbeitet, in Gruppe 2 wurden zwei Wochen nach dem Test die Wörter an der Tafel durchgenommen und in Gruppe 3 schrieben die SchülerInnen nach dem gemeinsamen Durchgang an der Tafel eigene Sätze mit den jeweiligen Wörtern. Anschließend wurden dieselben Probanden über die Theorie und Bedeutung multipler Intelligenzen informiert und auch entsprechende Vokabelübungen durchgeführt. Mit diesen verschiedenen Intelligenzen ist die sprachliche, logisch- mathematische, musikalische, körperlich-kinästhetische sowie die räumliche Intelligenz 15
gemeint. Abschließend wurde vier Wochen nach der ersten Vokabelkontrolle in allen drei Gruppen eine zweite unangekündigte Kontrolle durchgeführt (Harmel 2010:6). Als ein erstes wichtiges Ergebnis der Untersuchung in allen drei Gruppen (Harmel 2010:29–34) kann genannt werden, dass eine alleinige längere Wochenarbeitszeit nicht notwendig zu einem besseren Lernergebnis führt. Von entscheidender Bedeutung war in diesem Zusammenhang, dass die zu lernenden Vokabeln gemeinsam in der Gruppe durchgegangen und mit den Wörtern auch eigene Sätze geschrieben werden. Gruppe 3, die mit dieser Methode arbeitete, hatte somit die besten Ergebnisse. Im Hinblick auf den unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad der zu lernenden Wörter nannten die meisten Probanden, dass leicht zu lernende Vokabeln Ähnlichkeiten mit schwedischen Wörtern und Ausdrücken aufweisen. Bei den als schwierig empfundenen Wörtern betonten die Schüler die Bedeutung des Kontextes, in welchem das gelernte Material zur Anwendung kommen kann. Dem kann nach Harmel (2010:35) noch hinzugefügt werden, dass die praktische Arbeit mit verschiedenen Intelligenztypen im Unterricht sich am positivsten auf die Lernergebnisse ausgewirkt hat. 4. Ergebnisse und Analyse In diesem Kapitel werden die durch die Untersuchung erbrachten Antworten zu den Fragestellungen präsentiert und danach in Kapitel 4.3 analysiert. Die beiden Grundschulen (53 SchülerInnen) sowie das Gymnasium (45 SchülerInnen) werden als je eine Gruppe bei der Präsentation der Untersuchungsergebnisse berücksichtigt. Die Untersuchungsergebnisse dieser beiden Gruppen werden dann direkt miteinander verglichen. Die dargestellten Strategien beim Vokabellernen werden als indirekte beziehungsweise direkte Strategien kategorisiert und die Ergebnisse der entsprechenden Frage werden, nach Grundschulen und Gymnasium getrennt, unter derselben Strategie präsentiert. Zudem werden die Antworten der Schüler auf die offenen Fragen unter der entsprechenden Strategie dargestellt. 16
4.1 Die Ansichten der Schüler beim Vokabellernen In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der beiden Grundschulen sowie des Gymnasiums in einer Tabelle präsentiert. Zudem werden Tendenzen aufgezeigt, welche Einschätzungen die SchülerInnen in Bezug auf die Teilfertigkeiten Sprechen, Lesen, Schreiben und Hören sowie der Bedeutung Ein guter Wortschatz haben. Die Antworten werden im Folgenden in derselben Reihenfolge präsentiert wie die Fragen, welche in der Umfrage gestellt wurden. Helfen dir andere Fremdsprachenkenntnisse beim Deutschlernen? Die Antwort auf diese Frage wird in Tabelle 1 verdeutlicht. Tabelle 1 Helfen dir andere Fremdsprachenkenntnisse beim Deutschlernen? Antwort zu Frage 2 Grundschulen Gymnasium Ja oft 3 (6 %) 7 (16 %) Ja manchmal 39 (74 %) 31 (68 %) Nein 11 (20 %) 7 (16 %) Total 53 (100 %) 45 (100 %) Die Mehrheit der TeilnehmerInnen in den Grundschulen sowie im Gymnasium hatte hier mit Ja manchmal geantwortet. Bei der Option Ja oft war der Anteil im Gymnasium höher und bei der Antwortmöglichkeit Nein war der Anteil in den Grundschulen höher. Was ist deiner Ansicht nach am wichtigsten beim Deutschlernen? Der Aspekt der grundlegenden Teilfertigkeiten Sprechen, Lesen, Schreiben und Hören wird hier aufgegriffen, da die verschiedenen Fertigkeiten von den SchülerInnen in den verschiedenen Schulen bei den entsprechenden Lernstrategien unterschiedlich angewendet wurden. Dieser Gesichtspunkt wird in Kapitel 4.3 noch einmal aufgegriffen. Nach Lundahl (2019:215) sind alle der genannten Teilfähigkeiten für das Erlernen neuer Wörter und Begriffe von Bedeutung. Zudem ist der Aspekt Ein guter Wortschatz wichtig beim Fremdsprachenlernen. Die TeilnehmerInnen bekamen hier 5 Alternativen mit den Rubriken Sprechen, Lesen, Schreiben, Hören und Ein guter Wortschatz (siehe Anlage 1, 17
Frage 3) und gaben hier ihre Einschätzung hinsichtlich der Wichtigkeit der oben beschriebenen Teilfertigkeiten an. Dabei konnten auch mehrere Teilfertigkeiten als gleich wichtig gewertet werden. Die SchülerInnen mussten auf einer Likert-Skala von 1 bis 5 ihre jeweiligen Einschätzungen der Wichtigkeit angeben (1= sehr wichtig, Platz 1 bis 5= nicht so wichtig, Platz 5). Sowohl in den Grundschulen als auch im Gymnasium wurde das Sprechen als am wichtigsten eingeschätzt. Betrachtet man die Ergebnisse in den Grundschulen getrennt nach Schule 1 beziehungsweise Schule 2 kommt man zu interessanten Ergebnissen. Die Teilfertigkeit Lesen belegte in Schule 2 sowie dem Gymnasium Platz 3, in Schule 1 dagegen nur Platz 4. Das Schreiben wurde im Allgemeinen als nicht so wichtig erachtet und kommt in Schule 1 auf Platz 5 und in Schule 2 auf Platz 4. Im Gymnasium wurde diese Teilfertigkeit so bewertet, dass sie sowohl Platz 4 als auch Platz 5 belegte. In Bezug auf die Teilfertigkeit Hören unterschieden sich die beiden Grundschulen dahingehend, dass Hören in Schule 1 Platz 2 belegte, in Schule 2 hingegen nur Platz 5. Auch im Gymnasium kam Hören auf den zweiten Platz, jedoch wurde hier Ein guter Wortschatz als gleich wichtig gewertet. Was den letztgenannten Aspekt angeht, kam dieser in Schule 1 auf Platz 3 und in Schule 2 auf Platz 2. Bei der Frage, welche Teilfertigkeit am leichtesten fällt, wurde in beiden Grundschulen sowie dem Gymnasium Lesen angegeben. Als am schwierigsten empfanden die TeilnehmerInnen in Schule 1 das Schreiben, in Schule 2 sowie im Gymnasium dagegen das Sprechen. Wie viele Wörter lernst du jede Woche? Tabelle 2 Wie viele Wörter lernst du jede Woche? Weniger 5 bis 10 bis 15 bis 20 bis 25 bis Mehr als 5 10 15 20 25 30 als 30 Grundschulen 8 16 11 10 8 0 0 (15%) (30%) (21%) (19%) (15%) Gymnasium 5 19 8 8 3 2 0 (11%) (42%) (18%) (18%) (7%) (4%) 18
Bei dieser Darstellung wird deutlich, dass sowohl in den Grundschulen als auch im Gymnasium eine Majorität der SchülerInnen nur 5 bis 10 Wörter pro Woche lernt. Laut Nation (2013:37–41) ist die Qualität des Wortschatzes wichtiger als die Quantität, d.h.es ist jeweils zu fragen, welche Vokabeln gelernt werden sollen. 4.2 Strategien beim Vokabellernen Nachfolgend werden verschiedene Strategien präsentiert, welche die SchülerInnen in den Grundschulen beziehungsweise im Gymnasium angewendet haben. Bei einigen Strategien wird zudem auf interessante Ergebnisse in Bezug auf den unterschiedlich großen Anteil von Jungen und Mädchen eingegangen. Die Schülerkommentare wurden jeweils auf Deutsch übersetzt und es werden einige Beispiele genannt. In einem Anhang (siehe Anlage 2 und 3) können die Kommentare im Original gelesen werden. 4.2.1 Indirekte Strategien Bei den indirekten Strategien geht es darum, das eigene Lernen zu planen sowie sich der eigenen Gefühle beim Lernprozess bewusst zu werden und diese zu regulieren (vgl. Bimmel & Rampillon 2000:65–66, zitiert nach Koeppel 2016:74–75). Dabei kann hier unter anderem zwischen affektiven Lernstrategien und sozialen Lernstrategien unterschieden werden (Bimmel & Rampillon 2000:65–66, zitiert nach Koeppel 2016:75). Affektive Lernstrategien Dabei geht es unter andrem darum, Stress zu reduzieren und sich selbst Mut zu machen (Bimmel & Rampillon 2000:65–66, zitiert nach Koeppel 2016:75). Nur wenige der befragten SchülerInnen hatten Vorschläge im Hinblick auf die oben genannten Strategien. Ein Mädchen kommentierte „Arbeite hart, du schaffst das! Gib nicht auf!“ und der Tipp eines Jungen war „Hör nie auf es immer wieder zu versuchen“. Im Zusammenhang damit soll noch einmal auf die Bedeutung des Zusammenwirkens sowohl des Kognitiven als auch des Affektiven hingewiesen werden, wie dies bereits unter Punkt 3.1 erwähnt wurde. Laut Decke-Cornill & Küster (2015:52) sind positive 19
Erfahrungen im Fremdsprachenunterricht eine grundlegende Voraussetzung für eine nachhaltige Motivation der Lernenden. Soziale Lernstrategien Bei diesen Strategien ist es zum Beispiel wichtig, Hilfe zu suchen oder um Korrektur zu bitten (Bimmel 2000:65–66, zitiert nach Koeppel 2016:75). Bei den Mädchen wurde im Zusammenhang mit Frage 10 als alternative Strategien genannt „Wenn ich die Wörter einigermaßen gelernt habe, fragt mich sofort jemand aus meiner Familie ab“ sowie „Ich übe meist zusammen mit meinen Geschwistern oder Eltern, ich kann sie zum Beispiel bitten, mich abzuhören“. Bei den Jungen gab es nur den Vorschlag „Mit den Eltern sprechen“. 4.2.2 Direkte Strategien Die direkten Strategien dienen dazu, sprachliche Aufgaben zu bearbeiten, neue Wörter langfristig im Gedächtnis zu speichern und auch wieder abzurufen sowie sprachliches Material analytisch zu bearbeiten (vgl. Bimmel & Rampillon 2000:65–66, zitiert nach Koeppel 2016:74–75). Siriwan (2007, zitiert nach Rahimy & Shams 2012:142) schlägt die Kategorie Die Ermittlung der Wortbedeutung als eine mögliche Kategorie im Hinblick auf das Verstehen der Bedeutung neuer Wörter vor. Die Ermittlung der Wortbedeutung Im Hinblick auf diese Kategorie wurden die SchülerInnen befragt, ob sie die Übersetzung als Strategie anwenden. Tabelle 3 Ich übersetze die Wörter ins Schwedische Strategie 1 Grundschulen Gymnasium Immer 17 (32%) 27 (60%) Manchmal 26 (49%) 17 (38%) Nie 10 (19%) 1 (2%) Total 53 (100%) 45 (100%) 20
Bei diesem Punkt antwortete jeweils die Mehrheit in den Grundschulen mit Manchmal, im Gymnasium dagegen mit Immer. Interessant ist hier, dass die Mädchen in beiden Schulformen mehrheitlich die Option Immer gewählt hatten, während sich die Jungen entsprechend für Manchmal entschieden hatten. Bei den Mädchen in den Grundschulen, die Immer gewählt hatten, lag der Anteil bei 46% (12 Mädchen) und im Gymnasium bei 70% (19 Mädchen). Bei den Jungen hatten in den Grundschulen 55% (15 Jungen) und im Gymnasium 50% (9 Jungen) für Manchmal gestimmt. In Bezug auf die offenen Fragen gab es bei den Mädchen die Aussage „Schreibe die Wörter in die Spalten Schwedisch und Deutsch. Wiederhole die deutschen Wörter, falte das Papier so dass man nicht beide Spalten mit Schwedisch und Deutsch sieht. […] Mach das Gleiche mit der schwedischen Übersetzung. Dann schreibe die Wörter, um die Rechtschreibung zu lernen“. Nur ein Junge antwortete „Schreibe die Wörter mit der Übersetzung auf ein Blatt Papier. Wenn du alle Vokabeln geschrieben hast, lies nur die schwedische Übersetzung und übersetze sie ins Deutsche“. Eine andere Möglichkeit in Bezug auf die Ermittlung der Wortbedeutung war das digitale Tool Quizlet.3 Bei den Mädchen gab es Bewertungen wie „Wende die App quizlet an wo du deine Vokabeln lernen und dich selber auf verschiedene Weise abfragen kannst“ oder „QUIZLET! Toll, man lernt alles schnell und leicht“. Bei den Jungen gab es Aussagen wie zum Beispiel „Die Webseite quizlet kann sehr nützlich sein, um Wörter auf verschiedene Art zu lernen“ oder „Quizlet ist eine sehr gute Webseite zum Lernen“. Darüber hinaus gab es eine Schülerin und zwei Jungen, welche Google Translate beziehungsweise Glosor.eu benutzen. Sprachverarbeitungsstrategien Bei dieser Form von Lernstrategien geht es nach Bimmel & Rampillon (2000:65–66, zitiert nach Koeppel 2016:74) unter anderem um Sprachen miteinander vergleichen. 3 Quizlet ist eine digitale Plattform mit verschiedenen Übungsaufgaben und Lernspielen für den Fremdsprachenunterricht. 21
Tabelle 4 Ich vergleiche deutsche, schwedische und englische Wörter mit der gleichen Bedeutung Strategie 2 Grundschulen Gymnasium Immer 1 (2%) 4 (9%) Manchmal 30 (56%) 21 (47%) Nie 22 (42%) 20 (44%) Total 53 (100%) 45 (100%) Sowohl in den Grundschulen als auch im Gymnasium wählte die Mehrheit der TeilnehmerInnen Manchmal. Ein relativ hoher, in beiden Schulformen fast gleicher, Prozentsatz (42% beziehungsweise 44%) entschied sich für Nie. Hier gab es eine Besonderheit bei den Mädchen im Gymnasium, die zu 55% (15 Mädchen) die Option Nie wählten. Im Zusammenhang mit den offenen Fragen äußerte eine Schülerin „Versuche ein ähnliches Wort im Schwedischen zu finden, zum Beispiel die Katze = katten oder teile das ganze Wort in Einzelwörter auf, zum Beispiel die Bad-Zimmer = badrummet“. Die Schülerin hat hier versucht, den schwedischen Ausdruck badrummet, also die bestimmte Form des zusammengesetzten Substantivs badrum (bad + rum), ins Deutsche zu übersetzen. Das deutsche Substantiv Badezimmer stellt ein Determinativkompositum (vgl. Kürschner 1993:90) dar, d.h. der zweite Teil der Zusammensetzung, Zimmer, wird vom ersten Teil, Bad, bestimmt, also ein Zimmer zum Baden. Hinzu kommt der Fugenlaut e (vgl. Kürschner 1993:91), so dass der deutsche Ausdruck nicht wie die schwedische Zusammensetzung aufgeteilt werden kann. Die richtige Übersetzung lautet zudem das Badezimmer und die Teilnehmerin hat hier den falschen bestimmten Artikel die verwendet. Eine weitere Schülerin begründete ihre fehlenden Tipps mit ihrer Begabung. Sie schrieb „Das Lernen von Vokabeln und Fakten fällt mir sehr leicht, so dass ich mich nicht dafür anstrengen muss. Deshalb habe ich keine Tipps“. Wie bereits in Kapitel 3.1 von Decke-Cornill & Küster (2015:202) verdeutlicht wurde, ist die Entwicklung eines Bewusstseins für die verschiedenen Funktionen von Sprache eine grundlegende Voraussetzung für das Erlernen einer Fremdsprache. Eine Schlussfolgerung aus dem letztgenannten Kommentar wäre, dass bei einem bestimmten 22
Begabungsniveau kognitive Strukturen bestehen, bei denen ein schrittweises und bewusstes Lernen eher erschwert wird. Gedächtnisstrategien Nach Siriwan (2007, zitiert nach Rahimy & Shams 2012:142) hilft das laute Aussprechen der Wörter, diese besser im Gedächtnis zu behalten. Die SchülerInnen wurden befragt, ob sie bei der Wiederholung der Vokabeln die Wörter laut oder leise lesen. Im Hinblick auf die erstgenannte Strategie waren die Antworten wie folgt verteilt: Tabelle 5 Ich lese die Wörter laut Startegie 3 Grundschulen Gymnasium Immer 11 (21%) 14 (31%) Manchmal 27 (51%) 22 (49%) Nie 15 (28%) 9 (20%) Total 53 (100%) 45 (100%) In beiden Schulformen hatte eine Majorität Manchmal gewählt. Hier gab es die Besonderheit, dass die Jungen in den Grundschulen sich mehrheitlich für Nie entschieden hatten (44%, 12 Jungen). Bei der entsprechenden Strategie Ich lese die Wörter leise gab es folgende Verteilung. Tabelle 6 Ich lese die Wörter leise Strategie 4 Grundschulen Gymnasium Immer 22 (41%) 29 (64%) Manchmal 27 (51%) 16 (36%) Nie 4 (8%) 0 Total 53 (100%) 45 (100%) In den Grundschulen gab es eine Majorität bei Manchmal, im Gymnasium dagegen bei Immer. Die meisten der Mädchen im Gymnasium (78%, 21 Mädchen) sowie die Mehrheit der Jungen in den Grundschulen (52%, 14 Jungen) entschieden sich für Immer. Mehrheitlich wählten die Mädchen in den Grundschulen (65%, 17 Mädchen) und die 23
Jungen im Gymnasium (56%, 10 Jungen) Manchmal. Im Zusammenhang mit den offenen Fragen gab es Kommentare von beiden Geschlechtern. Bei den Mädchen gab es Antworten wie „Wenn ich neue Vokabeln lerne, so schreibe ich gerne mit der Hand. […] Danach lese ich die schwierigen Wörter laut“ oder „Die Wörter laut lesen“. Bei den Jungen gab es die Kommentare „Schreibe die Wörter mit der Übersetzung auf ein Blatt Papier und lese die Wörter laut oder leise vor“ sowie „Es ist wichtig oft zu üben und die Wörter laut zu lesen, so dass auch die Aussprache korrekt wird“. Eine andere Strategie im Hinblick auf das Gedächtnis werden von Rubin & Thompson (1994:79–84, zitiert nach Rahimy & Shams 2012:143) vorgeschlagen. Wörter nach ihren jeweiligen Wortklassen gruppieren. In diesem Zusammenhang war es interessant zu erfahren, ob die SchülerInnen die zu lernenden Wörter nach ihren jeweiligen Wortarten einteilen. Tabelle 7 Ich sortiere die Wörter nach Wortklassen, zum Beispiel Substantive, Adjektive und Verben. Strategie 5 Grundschulen Gymnasium Immer 1 (2%) 3 (4%) Manchmal 15 (28%) 11 (27%) Nie 37 (70%) 31 (69%) Total 53 (100%) 45 (100%) Bei diesen Ergebnissen wird deutlich, dass in beiden Schulformen eine Mehrheit der SchülerInnen diese Strategie nie anwendet. Dies trifft auch auf den jeweiligen Anteil an Mädchen und Jungen in den entsprechenden Schulformen zu. Nur eine Schülerin des Gymnasiums kommentierte hier „Ich schreibe die Wörter mit verschiedenen Farben, d.h. wenn es ein Substantiv mit dem Artikel das ist, schreibe ich das Wort mit einem grünen Stift. Das gleiche gilt für die Artikel die und der (rot und blau). Verben schreibe ich immer in der konjugierten Form (ein starkes oder ein schwaches Verb)“. 24
Eine weitere direkte Strategie in Bezug auf die oben genannten Autoren (Rubin & Thompson 1994:79–82, zitiert nach Rahimy & Shams 2012:143) ist die folgende: Sätze mit den zu lernenden Wörtern bilden Tabelle 8 Ich schreibe eigene Sätze mit den Wörtern, die ich lernen möchte. Strategie 6 Grundschulen Gymnasium Immer 0 0 Manchmal 23 (43%) 28 (62%) Nie 30 (57%) 17 (38%) Total 53 (100%) 45 (100%) Hier entschied sich niemand für die Option Immer. Dagegen wählte eine Majorität der Gymnasiasten die Möglichkeit Manchmal, bei den Grundschülern die Antwort Nie. In diesem Zusammenhang entschieden sich die meisten der Jungen in den Grundschulen, d.h. 67 % (18 Jungen) für Nie. Bei den Schülerantworten kommentierten die Mädchen „Manchmal kann man versuchen, die Wörter in einem Satz anzuwenden“ oder „Sätze mit den Vokabeln schreiben“. Bei den Jungen gab es den Tipp „Schreibe Sätze mit den Wörtern“. Der letzte Aspekt wird laut Lawson & Hogben (1996:118–119, zitiert nach Rahimy & Shams 2012:144) wie folgt kategorisiert: Wiederholung: Das wiederholte Lesen und Schreiben von Wörtern Tabelle 9 Ich lese die Wörter mehrmals Strategie 7 Grundschulen Gymnasium Immer 23 (43%) 34 (75%) Manchmal 26 (49%) 11 (25%) Nie 4 (8%) 0 Total 53 (100%) 45 (100%) Hier gibt es eine eindeutige Mehrheit bei den Gymnasiasten, welche diese Strategie immer anwenden. Bei den SchülerInnen der Grundschulen dagegen hatte sich die 25
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