Strategisches Gesamtkonzept - Smart Urban Logistics Effizienter Güterverkehr in Ballungszentren - Smart Cities

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Strategisches Gesamtkonzept - Smart Urban Logistics Effizienter Güterverkehr in Ballungszentren - Smart Cities
Strategisches
Gesamtkonzept
Smart Urban Logistics
Effizienter Güterverkehr
in Ballungszentren
Von Mag. Jürgen Schrampf, Mag. Alexander Zvokelj, Mag.a Gerda Hartmann

Wien, Juli 2013
Strategisches Gesamtkonzept - Smart Urban Logistics Effizienter Güterverkehr in Ballungszentren - Smart Cities
Inhaltsverzeichnis
             Vorworte                                                   4

    1.       Einleitung                                                12
             1.1      Zielsetzungen „Smart Urban Logistics“            12
             1.2      Steuerungs- und Koordinations-Plattform          12

    2.       Grundlagen                                                13
             2.1     Gütermobilität                                    13
             2.2     Effizienz als Handlungsgrundsatz                  13
             2.3     Metatrends                                        15
             2.4     Logistiktrends                                    16
             2.5     Spezifischer Handlungsbedarf in Ballungszentren   17

    3.       Herausforderungen und Entwicklungen                       18
             3.1     Verkehrsflächenknappheit                          18
             3.2     Lieferzeitbeschränkungen                          18
             3.3     Lieferortbeschränkungen                           18
             3.4     Schnittstellenproblem bei der Warenübergabe       19
             3.5     Veränderung der Sendungsstruktur                  19
             3.6     Wettbewerb, Differenzierung und USP               19
             3.7     Kostensituation                                   20
             3.8     Emissionsreduktion                                20
             3.9     Wohnqualität und Lärmbelastung                    20
             3.10    Interdependenz zur Individualmobilität            20

    4.       Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren                    22
             4.1    Infrastruktur                                      22
             4.2    Energieversorgung                                  22
             4.3    Lebensqualität                                     22
             4.4    Arbeitsmarkt                                       22
             4.5    Sicherheit                                         23
             4.6    Innovation                                         23
             4.7    Ökonomische Effizienz                              23
             4.8    Kulturelle Aspekte                                 23

    5.       Strategischer Fokus                                       24
             5.1      Zeithorizont                                     24
             5.2      Akteure                                          24
             5.3      Handlungsfelder                                  26
             5.4      Zielsetzungen                                    26

    6.       Systeme & Komponenten                                     28
             6.1     Logistiknachfrage                                 28
             6.2     Logistikangebot                                   29
             6.3     Leistungsprozesse                                 31
             6.4     Leistungsspezifikation                            32
             6.5     Instrumente                                       33

    7.       Systemlandkarte und Aktionsbereiche                       38
             7.1     Die Systemlandkarte als Orientierungsgrundlage    38
             7.2     Ideen und Impulse für künftige Prozesse           38
             7.3     Beispielhafte Instrumente und Handlungsansätze    40

             Abkürzungsverzeichnis                                     42

2   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics
Strategisches Gesamtkonzept - Smart Urban Logistics Effizienter Güterverkehr in Ballungszentren - Smart Cities
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Smart Urban Logistics
Effizienter Güterverkehr in Ballungszentren
                                                                  Strategie
    Bis 2030 ist die Erreichung einer im wesentlichen CO2-freien Stadtlogistik in größeren, städtischen Zentren vorgesehen.
 Alle Aktivitäten zur Emissionsreduktion bis 2050 um 60% werden unter der Vision „Zero Emission Austria“ zusammengefasst.

   Zeithorizont                                                    Akteure                                                        Handlungsfelder
                                                                      Forschung, Technologie,           Verbände und
     2013 – 2020        Verladende Wirtschaft           Politik             Innovation                     Vereine                 Fließender Verkehr

                            Logistik- und                                     Interessens-
                         Transportwirtschaft        Bevölkerung               vertretungen              Intermediäre
         2030                                                                                                                       Ruhender Verkehr

                                                                  Zielsetzung                                                         Organisation &
         2050                                                                                                                          Supply Chain
                                                                                                                                       Management
                                        Reduktion                 Sicherstellung             Verbesserung
                                        Emission                  Nachhaltigkeit              Integration

                                        Optimierung                 Steigerung                   Erhöhung
                                     Ressourceneinsatz               Effizienz                  Transparenz

                                                  Systeme & Komponenten
        Der Güterverkehr in Ballungszentren ist ein komplexes Netzwerk aus teilweise eigenständigen Sub-Systemen
     und Komponenten. Nachhaltige Maßnahmen müssen sowohl insgesamt als auch in den einzelnen Aktionsbereichen
      identifiziert, entwickelt und umgesetzt werden. Bestehende und neue Instrumente sollen künftig Schritt für Schritt
               dazu beitragen, Logistik und Güterverkehr in Ballungszentren smarter und effizienter zu gestalten.

Logistik Nachfrage                                         Leistungsprozesse                                                      Logistik Angebot
                                                        Systeme und              Reverse
    KonsumentIn                Belieferung               Kreisläufe              Logistics             Entsorgung                      Filiallogistik

                                                                                                                                     Kurier, Express,
       Handel                                            Leistungsspezifikation                                                        Paket (KEP)

                                               Objekt                                           Ort
     Gastronomie                                                                                                                      Werksverkehr

                                       Qualität                        Zeit                           Kosten
     Produktion                                                                                                                     Speditionsverkehr

      Baustellen
                        SMART URBAN LOGISTICS                                                                                      Entsorgungslogistik

   Dienstleister und
     Handwerker                                                                                                                     Baustellenlogistik
                                                                  Instrumente
     Wartung und
    Instandhaltung                Logistische Ansätze                           Technologische Ansätze                               Service-Verkehr

    Kranken- und
  Betreuungsdienste              Kooperative Ansätze                               Regulative Ansätze                               Sondertransporte

                                       Rahmenbedingungen & Einflussfaktoren
                           Energie                                                                             Infrastruktur

  Lebensqualität        Arbeitsmarkt                Sicherheit                     Innovation            Ökonomische Effizienz              Kultur

                                                                                                   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics     3
Strategisches Gesamtkonzept - Smart Urban Logistics Effizienter Güterverkehr in Ballungszentren - Smart Cities
Vorworte

                                                        Emissionsreduktionen um mindestens 80% in
                                                        Europa – das fordert die Energy Roadmap 2050 der
                                                        Europäischen Kommission. Ein ambitionierter Pfad,
                                                        der im Klima- und Energiefonds bereits beschritten
                                                        wurde – mehr als 57.000 geförderte Projekte zeigen
                                                        Wirkung.
                                                        Im Rahmen unserer Initiative „Smart Urban
                                                        Logistics“ stellen wir die Frage, wie effizienter
                                                        Güterverkehr in Ballungszentren künftig organisiert
                                                        und umgesetzt werden kann. Wir vertrauen bei den
                                                        Lösungsansätzen auf innovative und intelligente
                                                        Strukturen, um die Lebensqualität der Menschen
                                                        zu verbessern und dabei die Stadtregion als
                                                        Wirtschaftsraum zu stärken.
                                                        Das vorliegende strategische Gesamtkonzept stellt
                                                        Rahmenbedingungen, Grundlagen und Anforderun-
                                                        gen in Bezug auf den städtischen Güterverkehr
                                                        dar. Wir haben damit einen wesentlichen Schritt in
                                                        Richtung einer Systemabgrenzung innerhalb dieses
                                                        umfassenden Themas gesetzt, damit ExpertInnen
                                                        daraus konkrete Themenstellungen und Schwer-
                                                        punkte für künftige Pilot- und Demoprojekte
                                                        ableiten können.

                                                        DIin Theresia Vogel
                                                        Geschäftsführerin
                                                        Klima- und Energiefonds

4   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics
Strategisches Gesamtkonzept - Smart Urban Logistics Effizienter Güterverkehr in Ballungszentren - Smart Cities
Die Erbringung von Logistik- und Transportdienst-     Vor diesem Hintergrund hat sich das Bundesministe-
leistungen in den historisch gewachsenen mitteleu-    rium für Verkehr, Innovation und Technologie ge-
ropäischen Städten stellt Transporteure, Gewerbe-     meinsam mit dem Klima- und Energiefonds ent-
treibende, aber auch BewohnerInnen und                schlossen, Problemlösungskapazität bereit zu stellen
KonsumentInnen bereits seit Jahrzehnten vor           und die gegenständliche Initiative „Smart Urban
erhebliche Herausforderungen und Probleme.            Logistics“ ins Leben zu rufen, weil nur eine intelli­
Auf engem Raum müssen die Versorgung der Bevöl-       gente, eine „smarte“ Kombinationen von Maßnahmen,
kerung mit Gütern des täglichen und des erweiterten   seien es Verbote oder Gebote, verkehrslenkende oder
Bedarfs ebenso sichergestellt werden, wie die von     fiskalpolitische Maßnahmen oder Förderungen von
Gewerbe, Handel und Industrie mit Produktionsmit-     Innovation und Technologie die logistischen Heraus-
teln. Dabei übertrifft die Nachfrage an Raum meist    forderungen im urbanen Umfeld bewältigbar
das Angebot und führt zu Mangelzuständen in allen     erscheinen lassen.
Bereichen, sei es Wohnraum, Erholungsraum, Park­-     Ich möchte allen Prozessbeteiligten für Ihr Engage-
raum, aber auch Raum für Gewerbe und Handel wie       ment danken und darf versichern, dass die gewonnen
Lagerraum und Raum für Manipulation, Transport        Erkenntnisse mit aller Kraft in positive Veränderun-
und Anlieferung. Und die Ansprüche an die Versor-     gen der Rahmenbedingungen gegossen werden
gung Qualität und Quantität betreffend sind in den    sollen.
letzten Jahren enorm gestiegen. Gerade im gewerb-
lichen Bereich konnten die Anforderungen mitunter     DI Herbert Kasser
nicht mehr erfüllt werden, was auch zur Abwande-      Generalsekretär des Bundesministeriums
rung von Betrieben ins Stadt-Umland geführt hat.      für Verkehr, Innovation und Technologie
Gleich­zeitig wird den städtischen Agglomerations-
räumen ein weiteres Bevölkerungswachstum voraus-
gesagt. Auf der anderen Seite steht der nationale
Anspruch gemeinsam mit den europäischen Zielset-
zungen, die durch Verkehr und eben auch Transport
verursachten negativen Auswirkungen im städti-
schen Raum erheblich zu reduzieren. Im Jahre 2050
soll der Verkehr im Ballungsraum gar emissionsfrei
abgewickelt werden.

                                                                     Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics   5
Strategisches Gesamtkonzept - Smart Urban Logistics Effizienter Güterverkehr in Ballungszentren - Smart Cities
Statements Lenkungsausschuss-Mitglieder

    Eine „Smart City“ zu sein heißt auch, eine ent­         Städte müssen einer wachsenden Vielfalt von
    sprechend smarte Logistik anzubieten, um die            Anforderungen an den nur begrenzt verfügbaren
    wachsenden Anforderungen an die Ver- und                öffentlichen Raum gerecht werden. Als Wirt-
    Entsorgung von städtischen Räumen nachhaltig            schaftszentren sind Städte zudem abhängig von
    abdecken zu können. Städte sind immer auch              einem reibungslosen Warenverkehr. Gerade die
    Handelsplätze und Produktionsstätten mit beson-         historischen Innenstädte stellen dabei eine beson-
    deren logistischen Anforderungen, auf jeden Fall        dere Herausforderung dar.
    aber Orte, die Waren- und Personenströme zu             Mit neuen Bestimmungen soll ein lebenswerter
    bewältigen haben. Und diese brauchen eine               und gleichzeitig florierender städtischer Lebens-
    funktionierende Logistik mit entsprechender             raum gewährleistet werden: Auf nationaler Ebene
    Infrastruktur, Informationsnetzwerken und               werden der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs
    effizienten Spielregeln.                                sowie verkehrsreduzierende Maßnahmen wie
    Bei städtischen Greenfield-Projekten erscheint          Fußgänger- und Begegnungszonen forciert.
    dies eine grundsätzlich lösbare, bis dato aber leider   Die EU sieht in ihrem Weißbuch Verkehr emissions-
    vernachlässigte Aufgabe, in bestehenden städti-         freie Stadtzentren bis 2050 vor und bereits 2030
    schen Räumen stellt sich damit aber eine äußerst        soll die Stadtlogistik CO2-neutral abgewickelt
    komplexe Herausforderung. Gerade um smarter             werden.
    und nachhaltiger zu werden, müssen Städte in            Solche Ziele können nur durch moderne Technik,
    Zukunft viel stärker auch logistisch gedacht            visionäre Planungskonzepte und einen eindeutigen
    werden!                                                 politischen Willen bewerkstelligt werden.
                                                            Die derzeit sehr aktive Smart-City-Bewegung muss
    DI Gerald Gregori                                       daher auch die Stadtlogistik in ihre Konzepte
    Vizepräsident der                                       mit einbeziehen. Die Bemühungen werden
    Bundesvereinigung Logistik Österreich                   sich lohnen!
    Initiator und Herausgeber des
    „Grünbuch der Nachhaltigen Logistik“                    DIin Melanie Lutz
                                                            Referentin für Stadtplanung und Verkehr
                                                            Österreichischer Städtebund

6   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics
Strategisches Gesamtkonzept - Smart Urban Logistics Effizienter Güterverkehr in Ballungszentren - Smart Cities
Die Aussagen vieler Studien besagen, dass in            Der ecoplus Logistik Cluster Niederösterreich
Zukunft die Ballungszentren immer größer werden,        verfolgt das primäre Ziel, kooperative Logistikpro-
zum Teil auch sogenannte Megacities weltweit            jekte gemeinsam mit den Partnerbetrieben zu
entstehen, und man sich diesem Trend nur sehr           deren Effizienzsteigerung und letztlich zur Stär-
schwer widersetzen kann.                                kung des Wirtschaftsstandortes NÖ zu initiieren.
Auch für Österreich sehen wir diese Entwicklung in      Transportoptimierung durch Bündelung und
den nächsten Jahren auf uns zukommen, daher ist         Vermeidung von Leerfahrten – also „Effizienzstei-
es besonders wichtig, schon heute auf den Trend         gerung im Güterverkehr“ – sind ganz wichtige
der Zukunft zu reagieren. Da wir als Rewe Interna-      Arbeitsschwerpunkte, die aber vorrangig nur durch
tional AG im Lebensmittelhandel und Drogerie-           ganzheitliche Ansätze mit starkem Fokus auf
fachhandel österreichweit als Nummer 1 operieren,       regionale Wirtschaftsagglomerationen und der
sind wir auch eine wichtige Säule für die Nahver-       Kooperationsbereitschaft der Betriebe realisiert
sorgung der BewohnerInnen eben dieser Ballungs-         werden können.
zentren. Für unsere Filialen, die wir in den großen     In der Auslegung von „urban“ im Sinne „regionaler
Städten betreiben, ist natürlich die Versorgung mit     Ballungsräume“ sehen wir die Bedeutung des
Ware aus unseren Lägern lebensnotwendig.                Gesamtkonzepts für den Wirtschaftsstandort NÖ.
Aus diesem Grunde unterstützen wir die Initiative       Der Cluster fungiert als Kommunikationsschnitt-
Smart Urban Logistics, um auch langfristig und          stelle und Projektplattform, um die theoretischen
nachhaltig Strukturen zu schaffen, gemeinsam mit        Erkenntnisse in praktische Umsetzung zu transfe-
anderen Branchen zu denken, um die logistische          rieren. Ein strategischer Fahrplan, in dem sich alle
Sicherstellung aller Versorgungsaktivitäten einer       Player dieses komplexen Systems wieder finden, ist
Großstadt zu sichern.                                   eine notwendige Voraussetzung, um über die
Für mich persönlich bedeutet das Ergebnis dieser        Diskussion und den Dialog operative Maßnahmen
Initiative eine kosteneffiziente und auch ökologische   mit angestrebten Effekten ableiten zu können. Ich
Lösung der sehr komplexen Anforderungen aller           sehe auch die Partizipation an diesem fachlichen
Logistikströme von städtischen Bereichen. Wir           Diskurs als Verpflichtung und Chance, um nachhal-
erwarten uns klare Strategien auch von politischer      tige Wirkungen mitbeeinflussen zu können.
Seite, um die Weichen heute schon zu stellen,
sodass unsere Waren des täglichen Bedarfs in            Mag. Christian Ecker
Zukunft auf gesicherten Transportwegen                  Clustermanager -
unterwegs sein können.                                  Logistik Cluster Niederösterreich
                                                        ecoplus. Niederösterreichs
DI Andreas Bayer                                        Wirtschaftsagentur GmbH
Geschäftsführer REWE International
Lager und TransportgesmbH

                                                                      Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics   7
Strategisches Gesamtkonzept - Smart Urban Logistics Effizienter Güterverkehr in Ballungszentren - Smart Cities
Wenn die globale Wirtschaft weiter wachsen soll,       Schon der Begriff Smart Urban Logistics zeigt,
    die globale Bevölkerung weiter wächst, werden          dass wir in die richtige Richtung zu denken begin-
    zwangsläufig auch die Transportmengen insgesamt        nen. Die spannende Herausforderung wird die
    grösser. Verstärkt durch die Megatrends der            Verbindung von Distributionslogistik mit Reverse
    Globalisierung und Urbanisierung bringt das für die    Logistics und der Entsorgungslogistik in verdichte-
    Zukunft große Herausforderungen vor allem für die      ten Agglomerationen sein. Wir können es uns in
    städtischen Ballungsräume mit sich. Berücksich-        Zukunft gleich auf mehreren Ebenen schlicht nicht
    tigt man noch die zunehmende Ressourcenknapp-          leisten, die bisherige und prognostizierte Menge an
    heit wird klar, dass neue, innovative und nachhalti-   Fahrten beizubehalten. Neue Konzepte und Ideen
    ge Lösungen für die Zukunft gefragt sind, um die       sind gefragt, und das in Logistikbereichen, für die
    urbanen Räume auch weiterhin entsprechend              wir bisher immer vollkommen getrennte Abläufe
    ver- und entsorgen zu können.                          gesehen haben.
    In diesem Sinn wünsche ich mir, dass in der            Klar ist, dass dies vielleicht nicht gleich für alle zu
    Initiative Smart Urban Logistics wertvolle Beiträge    entsorgende Materialien gelingen kann, im Bereich
    zur Bewältigung dieser Herausforderungen               der Wertstoffe bin ich zuversichtlich, dass wir hier
    erarbeitet werden!                                     die ersten Erfolge in den nächsten Jahren sehen
                                                           werden.
    Mag. Wolfgang Fischer
    Tender & Project Manager                               Dr. Ferdinand Koch
    Contract Logistics                                     Managing Director Logistics
    Schenker & Co AG                                       Saubermacher Dienstleistungs AG

8   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics
Strategisches Gesamtkonzept - Smart Urban Logistics Effizienter Güterverkehr in Ballungszentren - Smart Cities
Um den Lieferstrom weitestgehend vom                 Nachhaltige Schwerpunkte scheinen auf den ersten
Personenverkehr in der „Last Mile“ zu entkoppeln,    Blick nur schwer mit unseren klassischen trans-
bedarf es für die Filialbelieferung einer Optimie-   portlogistischen Herausforderungen in Einklang zu
rung der Lieferzeitbeschränkungen, einer Auswei-     bringen sein. Dabei bilden die permanente Optimie-
tung der Ladetätigkeitszonen und einer dement-       rung und damit Reduktion von Transporten in der
sprechenden Überwachung.                             Supply Chain wesentliche Zielsetzungen moderner
                                                     Logistik.
Hubert Krabichler                                    Kooperatives Wirtschaften und Innovationsbereit-
Geschäftsführer Logistik                             schaft werden zunehmend zum Erfolgsgarant
dm drogerie markt GmbH                               unserer Ökonomie. Speziell im urbanen Umfeld gilt
                                                     es, den Anforderungen durch die intelligente
                                                     Nutzung der neuen technischen und infrastruktu-
                                                     rellen Möglichkeiten zu begegnen. Dabei kann auch
                                                     die Adaptierung des legistischen Rahmens – unter
                                                     Einbeziehung der involvierten Stakeholder – einen
                                                     Beitrag leisten.
                                                     Für Gebrüder Weiss bildet die Nachhaltigkeit einen
                                                     unserer vier Kernwerte, auf deren Basis operative
                                                     und strategische Entscheidungen getroffen werden.
                                                     Wir sind stolz, unsere Gestaltungskraft auch im
                                                     Rahmen eines Projekts des Klima- und Energie-
                                                     fonds einbringen zu dürfen.

                                                     Mag. Daniel Neumann
                                                     Geschäftsführer
                                                     Gebrüder Weiss
                                                     Paketdienst Gesellschaft m.b.H.

                                                                   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics   9
Strategisches Gesamtkonzept - Smart Urban Logistics Effizienter Güterverkehr in Ballungszentren - Smart Cities
Ich plädiere für Lösungen anstelle von              Der globale Trend der Urbanisierung führt
     Restriktionen und Verbote. Lösungen,                zu einer Konzentration von Menschen, die die
     die gemeinsam an einem Tisch mit Politik,           Infrastruktur und damit auch die urbane Logistik
     Logistikpartnern und Produzenten erarbeitet         vor neue Herausforderungen stellt.
     werden. Eine sinnvolle Aufsplittung von             Die Optimierung der Services und Leistungen der
     Transporten in fristgerecht und zeitunabhängig      Logistik bei gleichzeitig steigenden Kosten erfor-
     wäre für mich dafür ein guter Ansatz.               dert eine Integration in die städtischen Konzepte
                                                         der Nachhaltigkeit und Resilienz. Diese sind
     Andreas Raub                                        notwendig, um die vorhandenen urbanen
     Prokurist, Leitung Einkauf und Logistik             Ressourcen effizienter zu nutzen und um Städte
     Ankerbrot                                           widerstandsfähiger gegenüber Veränderungen
                                                         zu gestalten.

                                                         Dr. DI Bernd Wachmann
                                                         Leiter des Technologie- und Innovations­
                                                         projektes Nachhaltige Städte
                                                         Siemens AG

10   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics
Straßen, Wege, Plätze und Platzl’n - der öffent­liche
Raum in unseren Städten ist begrenzt und steht
im Spannungsfeld von gesellschaftlichen und
ökonomischen Interessen. Die Nutzungs­
anforderungen überlagern sich: Aufenthalt,
Begegnung und Bewegung, Orte der Identität
für BewohnerInnen und Gäste, Schau- und Ver-
kaufsraum ebenso wie der Transport von Waren
und Gütern. Der öffentlicher Raum ist soziale und
technische Infrastruktur zugleich, die Funktionali-
tät, Vielfalt, Lebendigkeit und Annehmlichkeit der
öffentlichen Räume bestimmen schlussendlich
die Urbanität einer Stadt.
„Smart Urban Logistics“ wählt unter den unter-
schiedlichen Transportmöglichkeit aus, kombiniert
diese pfiffig und passt sich flexibel und individuell
an die (nicht nur räumlichen) Gegebenheiten an.
Alte Transportmuster werden über den Haufen
geworfen und neue Lösungen entwickelt.
Es braucht somit nicht nur technologische
Innovationen im Güterverkehr, sondern kreative
Kombinationen von Produktions- und Vermark-
tungslösungen, städtebaulicher Gestaltung und
Transportlogistik.

Univ. Prof.in DIin Sibylla Zech
TU Wien Department für Raumplanung
stadtland GmbH

                                                        Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics   11
1. Einleitung
     1.1 Zielsetzungen                                     1.2 Steuerungs- und
     „Smart Urban Logistics“                               Koordinations-Plattform
     Zur Erreichung der im „Weißbuch Verkehr“ defi-        In den Jahresprogrammen 2012 bis 2014 des
     nierten Zielsetzung – der Emissionsreduktion bis      Klima- und Energiefonds sind vorbereitende
     2050 um 60 Prozent – werden in Österreich alle        Arbeiten für eine neue Programmlinie „Smart
     Aktivitäten zu der Vision „Zero Emission Austria“     Urban Logistics“ bzw. „Effizienter Güterverkehr
     zusammengefasst. Dabei spielt der Klima- und          in Ballungszentren“ vorgesehen.
     Energiefonds eine zentrale Rolle. Mit zirka 600
     Millionen Euro wurden bereits 57.000 Projekte         Ein thematischer Schwerpunkt der Arbeit des
     (Stand Juli 2013) für den Klimaschutz und für eine    Klima- und Energiefonds ist die „Stadt der
     nachhaltige Energiezukunft initiiert und gefördert.   Zukunft“. Das ständige Wachstum unserer Städte
                                                           bei gleichzeitiger Verknappung von Ressourcen
     Die Logistik- und Güterverkehrsbranche ist aktiv      macht ein Umdenken in der Stadtplanung mittel-
     beteiligt und leistet einen wesentlichen Beitrag      fristig unumgänglich. Einer der Kernbereiche einer
     zur Zielerreichung. Durch die zunehmende              „Smart City“ ist ihr Umgang mit Mobilität und
     Urbanisierung und den daraus resultierenden           Verkehr und hier speziell mit dem Güterverkehr.
     Folgen für die Bevölkerung und die Wirtschaft         In diesem Bereich sind neue, intelligente Struk­
     wird die Notwendigkeit einer Neugestaltung der        turen notwendig, um die Lebensqualität der
     urbanen Lebensräume sichtbar. In diesem               Menschen zu verbessern und dabei als Stadt
     Zusammenhang werden speziell im urbanen               Wirtschaftlichkeit zu garantieren.
     Raum innovative und nachhaltige Logistikkonzepte
     und -systeme erforderlich sein.                       Im Rahmen einer Plattform für „Smart Urban
                                                           Logistics“ sollen Aktivitäten zur Förderung und
     Im vorliegenden strategischen Gesamtkonzept           Entwicklung eines effizienten Güterverkehrs in
     sind hierfür Rahmenbedingungen, Grundlagen            Ballungszentren initiiert und unterstützt werden.
     und Anforderungen in Bezug auf den städtischen        Die Plattform wird Koordinations- und Steuerungs-
     Güterverkehr dargestellt. Wesentliche Zielsetzung     aufgaben wahrnehmen. Ebenso wird hier die
     ist eine Systemabgrenzung innerhalb dieses            Vernetzung mit anderen laufenden oder geplanten
     umfassenden Themas und die Schaffung eines            Programmen, Initiativen und Aktivitäten angestrebt.
     einheitlichen Systemrahmens. Dieser soll künftig      In der ersten Phase wird die Plattform seitens des
     als Diskussionsgrundlage und Handlungsleitfaden       Klima- und Energiefonds, des Bundesministeriums
     für die inhaltliche Weiterentwicklung sowie für       für Verkehr, Innovation und Technologie und der
     die Ableitung konkreter Themenstellungen und          Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft
     Schwerpunkte dienen.                                  mbH koordiniert.

12   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics
2. Grundlagen
2.1 Gütermobilität                                   Die Ergebnisse der Verkehrsprognose 2025+ im
Gütermobilität umschreibt die Beweglichkeit von      Gesamtverkehrsplan für Österreich4 unterstrei-
Personen und Gütern in physischen Räumen zum         chen, dass ohne verkehrspolitisches Gegensteuern
Zwecke der Ortsveränderung samt der Fähigkeit        der Energieaufwand für das Verkehrssystem
und Bereitschaft zur Bewegung, womit dieser          steigen wird und der CO2-Ausstoß nicht wesentlich
Begriff deutlich über die tatsächlich realisierte    reduziert werden kann. Beides ist nach österreichi-
physische Mobilität (Verkehr) hinaus reicht.1        schen und europäischen Zielsetzungen nicht
                                                     akzeptabel. Die Verkehrsentwicklung ist jedoch von
Mobilität stellt ein wichtiges Merkmal bzw. eine     zahlreichen Rahmenbedingungen und der Gestal-
wichtige Voraussetzung für das Wachstum von          tung der zukünftigen Verkehrspolitik abhängig.5
Städten dar. Sie wird als Grundbedürfnis aus den
Beweglichkeitswünschen von Personen, Gütern          Speziell im städtischen Güterverkehr soll nun
und Nachrichten abgeleitet, welche wiederum die      frühzeitig begonnen werden, Strategien und
Nachfrage nach Verkehrsleistungen auslösen.2         Möglichkeiten zu entwickeln, um Vorbereitungen
Deshalb kann die Raumüberwindung als bestim-         für die Umsetzung künftiger Systeme zu treffen.
mendes Element für den Handel, den Warenaus-
tausch sowie für die Produktion und Distribution     2.2 Effizienz als Handlungsgrundsatz
von Gütern identifiziert werden.3 In dieser Rolle    Die Öffentliche Hand auf der einen und die Logistik-
hat die Mobilität einen elementaren Einfluss auf     und Transportindustrie auf der anderen Seite
die wertschöpfende Volkswirtschaft.                  verfolgen gleichermaßen das Ziel, die bestehende
                                                     Verkehrsnachfrage effizienter abzuwickeln, die
Die Güterverkehrsleistung wird weiter zunehmen.      negativen Effekte zu reduzieren und die positiven
Innovationen im Bereich der Fahrzeug- und Ver-       Effekte eines qualitativ hochwertigen Verkehrsan-
kehrstechnologie werden dazu führen, dass sich die   gebots bestmöglich zu nutzen. Worin sich die
Entwicklung der Emissionen von jener der Ver-        beiden Bereiche mitunter erheblich unterscheiden
kehrsleistungen entkoppelt.                          sind insbesondere der Bezugszeitraum und der
                                                     Nutznießer. So steht im privaten Sektor naturge-
                                                     mäß der kurzfristige eigene, interne Nutzen im
                                                     Vordergrund, im öffentlichen hingegen der langfris-
                                                     tige, externe Nutzen. Mitunter stehen die beiden
                                                     Sektoren dadurch in einem systemimmanenten
                                                     Konflikt.

Quelle: Statistik Austria/BMVIT

                                                     1
                                                      ) BMVIT: Programmdokument „Mobilität der Zukunft“ –
                                                        das FTI-Programm für Mobilität, Wien 2012
                                                     2
                                                      ) Kummer, Sebastian (2006): Einführung in die
                                                        Verkehrswirtschaft, Wien, S. 35
                                                     3
                                                      ) Nuhn, Helmut/Hesse, Markus (2006): Verkehrsgeo­
Quelle: Verkehrsprognose 2025+                          graphie, Paderborn–München–Wien–Zürich, S. 183
                                                     4
                                                      ) BMVIT: Gesamtverkehrsplan für Österreich, Wien 2012
                                                     5
                                                      ) BMVIT: Gesamtverkehrsplan für Österreich, Wien 2012

                                                                     Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics   13
Die Praxis zeigt, dass die Effizienz des Gesamt­        Diese sollen eine effizientere Nutzung der öffentli-
     systems durch natürliche Prinzipien wie den             chen Infrastruktur ermöglichen und Energie- und
     Skaleneffekt sowie durch unterschiedliche               Ressourcenverbrauch erheblich reduzieren. Die
     Maßnahmen und Rahmenbedingungen positiv                 gerade in Umsetzung befindliche Graphenintegrati-
     beeinflusst werden kann, womit der spezifische          onsplattform GIP ist gemeinsam mit den darauf
     Verbrauch an natürlichen Ressourcen, insbeson­          aufbauenden weiterführenden Informationsdiens-
     dere an Energie, Umwelt und Raum, in der Vergan-        ten, etwa der Verkehrsauskunft Österreich (VAO),
     genheit bereits erheblich zurückgegangen ist.           ein wesentlicher Meilenstein in diesem Bereich und
                                                             Stütze eines innovativen Marktes für effiziente
     Effizienz durch Wettbewerb                              Verkehrsangebote.
     und Konkurrenz
     Um in einem intensiven Wettbewerb bestehen zu           Effizienz durch Spezialisierung
     können, müssen Anbieter innovativ, kostensensibel       und Kooperation
     und zielorientiert sein. Konkurrenz erweist sich seit   Das ökonomische Grundprinzip des Skaleneffekts
     Jahrtausenden als die bestimmende Triebfeder von        führt dazu, dass Anbieter von Transport- und
     Innovation, ökonomischem Wachstum und gesell-           Verkehrsdienstleistungen im globalen Wettbewerb
     schaftlicher Weiterentwicklung. Dies trifft – in        Kooperationen eingehen müssen, um im Konkur-
     einem funktionierenden Markt - insbesondere auch        renzverhältnis bestehen zu können. Einerseits
     auf die Reduktion der negativen externen Effekte        kommt es zu Spezialisierung und Differenzierung,
     zu, weil Energiebedarf und Umweltbelastung              andererseits zu Zusammenschlüssen in immer
     langfristig reduziert werden.                           größeren konkurrierenden Einheiten. Mit diesen
                                                             Veränderungen sind stets auch Effizienz­
     Effizienz durch Infrastruktur und                       steigerungen verbunden.
     Management des öffentlichen Raums
     Ein geeignetes Angebot an Infrastruktur hilft, die      Effizienz durch Regulierung
     beschränkte Ressource Raum besser zu nutzen.            und Lenkung
     Aktivitäten können gebündelt und dort angesiedelt       In gewissen Situationen muss die öffentliche Hand
     werden, wo sie höheren Nutzen bringen und               mit Zwangsmaßnahmen eingreifen, um Effizienz
     geringere Kosten verursachen. Die Preisgestaltung       durchsetzen zu können. Diese sensiblen Maßnah-
     für die Nutzung der Infrastruktur durch die öffentli-   men können schnell einen gegenteiligen Effekt
     che Hand ist ein hochwirksamer Hebel, um effizi-        erzielen und müssen daher behutsam eingesetzt
     enzsteigernd im privaten Sektor zu wirken.              und sorgsam abgewogen werden. Die mit diesen
                                                             Maßnahmen verbundenen bürokratischen Struk­
     Effizienz durch Information                             turen haben stets eine Tendenz, Prozesse in Gang
     und Kommunikation                                       zu setzen, welche die Effizienz negativ beeinflussen
     Die konsequente Weiterentwicklung der internen          können. Allerdings ist es auch dezidiert Aufgabe
     Kommunikationsinstrumente der Logistik- und             der öffentlichen Hand, im Umgang mit natürlichen
     Transportindustrie hat wesentlich zur Senkung           Ressourcen, öffentlichem Raum und Energie
     der spezifischen Transportkosten und damit zur          einzugreifen, um zur Erreichung gesellschafts­
     Globalisierung des Handels beigetragen.                 übergreifend vereinbarter Ziele wie Nachhaltigkeit,
     Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit des Trans-          Umweltschutz und Daseinsvorsorge beizutragen.
     ports und des Umschlags konnten damit um ein
     Vielfaches erhöht werden. Die öffentliche Hand hat
     durch den längerfristigen Zeithorizont und die
     damit verbundenen längeren Erneuerungs- und
     Entscheidungszyklen hier einen gewissen Nachhol-
     bedarf und ist erst dabei, ihre Informationssysteme
     für die Transport- und Logistikindustrie zur Steige-
     rung der Nachhaltigkeit des Verkehrs einzubringen.

14   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics
2.3 Metatrends                                          Metatrend 3:
Die Bundesvereinigung Logistik Österreich hat im        Re-Regionalisierung
„Grünbuch der nachhaltigen Logistik“6 die Meta­         Der Lebensmittelhandel macht es vor, andere
trends mit Relevanz für die Logistik sowie die direk-   Branchen ziehen nach: Angebot und Nachfrage
ten Logistiktrends zusammengefasst dargestellt.         rücken wieder näher zusammen. Die Gründe dafür
Nachfolgend sind absehbare Entwicklungen                sind vielfältig. Meist handelt es sich um eine
aufgelistet, welche die Logistik der Zukunft voraus-    Mischung aus wirtschaftlichen Fakten – etwa
sichtlich prägen werden und in Strategien zu            steigenden Transportkosten oder qualitativen
berücksichtigen sind:                                   Anforderungen – und persönlichen Wünschen
                                                        der KundInnen – etwa genau zu wissen, was man
Metatrend 1:                                            isst. Auch scheint bei vielen Entscheidungsträgern
Internalisierung der Kosten                             die Überzeugung zu reifen, dass Outsourcing von
Aufwendungen zur Beseitigung negativer Auswir-          Produktion Outsourcing von Wissen und wichtigen
kungen werden internalisiert. Dies gilt für dauer-      Kompetenzen bedeuten kann: Letztlich reicht die
hafte Auswirkungen ebenso wie für einmalige             Verlagerung von Produktionsprozessen für einige
Ereignisse: Einerseits werden etwa Verkehrsteil-        Jahrzehnte aus, um jahrhundertelang erworbene
nehmerInnen im innerstädtischen Bereich Unter-          Fähigkeiten in einer Region in Vergessenheit
tunnelungen zur Lärmreduzierung oder die Benut-         geraten zu lassen.
zerInnen von Autobahnen die dort errichteten
Schallschutzmauern direkt über Mauten finanzie-         Metratend 4:
ren. Andererseits leisten die Verursacher beispiels-    Prozess-Know-how
weise von Erdölkatastrophen Kompensations­              vor Produktions-Know-how
zahlungen für Schäden an Mensch und Natur.              Singuläre Produktions- und Dienstleistungspro­
Kurzfristige Profitmöglichkeiten auf Kosten der         zesse sind vielfach an den Optimierungsgrenzen
Umwelt oder der Gesellschaft werden einge-              angelangt. Nur anhand der gesamten Supply Chain
schränkt und gesellschaftspolitisch geächtet.           bieten sich noch Verbesserungsmöglichkeiten, die
                                                        durch konsequente Kooperation über die einzelnen
Metatrend 2:                                            Schritte hinweg genutzt werden können. Da die
Rechnen mit der Unberechenbarkeit,                      Vernetzung von Prozessen die Vernetzung von
Zeit als Potenzial                                      Informationen erfordert, steigt die Bedeutung von
Absätze werden volatiler, Prognosen unsicherer,         Informationsprovidern weiter. Ebenso erhöht sich
Planungen unmöglich: Die Krise 2009 hat gezeigt,        die Anforderung an die Transparenz vernetzter
wie unbeständig vermeintlich stabile Strukturen         Prozesse, damit sich Aufwand und Ertrag auf alle
sind. Flexibilität gilt künftig als Vorgabe für die     beteiligten Partner fair aufteilen lassen.
Entwicklung neuer Prozesse und Strukturen, ohne
dass sich dabei die hohen Anforderungen bezüglich       Metatrend 5:
Effizienz reduzieren. Auch der Faktor Zeit wird neu     Dienstleistung vor Produkt
bewertet: Eng getaktete Prozesse, z.B. Just-in-         Die Verfügbarkeit von Produkten wird erwartet,
Time-Lieferungen oder 24h-Zustellungen in ganz          differenzierend wirkt die Dienstleistung: Tankstel-
Europa werden kritisch hinterfragt und die verfüg-      len werden zu Backstuben, Backstuben werden zu
baren Ressourcen durch die Lockerung zeitlicher         Bankfilialen. Der Handel muss mehr können als
Restriktionen besser genutzt.                           Produkte zu präsentieren, um gegen die Online-
                                                        Konkurrenz zu bestehen. Der Online-Handel
                                                        wiederum muss die Lieferung perfektionieren,
                                                        um auf Dauer als verlässliche Bezugsquelle
                                                        wahrgenommen zu werden.

                                                        ) Gerald Gregori, Thomas Wimmer (Hrsg.), BVL:
                                                        6

                                                          Grünbuch der nachhaltigen Logistik, Wien/Bremen
                                                          März 2011

                                                                      Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics   15
Metatrend 6:                                          Der Straßengütertransport wird weiterhin stärker
     Zertifikate statt Maut                                als andere Transportwege wachsen. Dies bedeutet,
     Fixe Tarife für die Benutzung von Straßen, Schienen   dass die Bestrebungen von Bahn und Binnenschiff-
     oder Flugkorridoren gehören der Vergangenheit an.     fahrt, die deutlich Boden gut zu machen haben,
     Zeitabhängige Nutzungszertifikate für die immer       nicht ausreichen. Entsprechend wird der Bestand
     knapper werdende Logistikinfrastruktur gehen in       an Nutzfahrzeugen weiter zunehmen. Das Trans-
     das Cash Management von Logistikdienstleistern        portvolumen wird stärker steigen als das Trans-
     ein. Logistikunternehmen bauen dazu verstärkt         portgewicht.
     Banken-Know-how auf und erbringen die bisher
     von Finanzdienstleistern bezogenen Services selbst    Logistiktrend 2:
     oder in Gemeinschaftsunternehmen.                     Logistikkosten steigen stark
                                                           Standards für Lärm- und Schmutzemissionen
     Metatrend 7:                                          werden weiter verschärft, die Straßenmaut wird
     Nachhaltigkeit als Voraussetzung                      deutlich steigen. Die Betrachtung der Total Costs
     am Kapitalmarkt                                       of Ownership wird die der reinen Benutzungskosten
     Nachhaltiges Wirtschaften von Unternehmen wird        ablösen. Die verursachergerechte Zuordnung von
     sich langfristig positiv am Kapitalmarkt auswirken.   Kosten wird vor allem den Straßengüterverkehr
     Nachhaltigkeitsberichte sind jedoch zur Zeit noch     weiter verteuern.
     kaum vergleichbar. An Standardisierungen und
     Ratingmöglichkeiten wird intensiv gearbeitet.         Logistiktrend 3:
     Sobald vergleichbare Kennzahlen über mehrere          Digitale Güter werden global,
     Jahre vorliegen, werden diese Eingang in die          physische Güter regional produziert
     Unternehmensbewertung an Finanzmärkten                Forschung und Entwicklung werden überall
     finden. Nachhaltig agierende Unternehmen kom-         stattfinden. Die Herstellung digitaler Güter erfolgt
     munizieren oftmals offen und transparent und          weiterhin weltweit, physische Güter jedoch werden
     stellen damit für InvestorInnen ein gering(er)es      stärker regional produziert und verteilt. Material
     Risiko dar.                                           und Arbeitskraft stammen dabei aus dem stark
                                                           begrenzten Angebot vor Ort. Aufgrund der geringe-
     2.4 Logistiktrends                                    ren Mengen gibt es eine enge Zusammenarbeit mit
     Auch aus eigenem Antrieb wird sich die Logistik       sogenannten regionalen „Ausgleichsbörsen“.
     weiterentwickeln. Die nachfolgend vorgestellten       Mehrere Firmen teilen sich Fabriken.
     Trends entstammen aktuellen Studien und Delphi-
     Umfragen mit dem Schwerpunkt „Entwicklung der         Logistiktrend 4:
     Logistik“. Den Betrachtungszeitraum bilden die        Informationstechnologie
     nächsten 15 bis 20 Jahre. Alle Studien sehen          vor Produktionstechnologie
     Logistik im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit als       Informationstechnologie wird die Produktion
     den Erfolgsfaktor der Zukunft. Diese Logistiktrends   durchdringen. Fabriken werden digital, in der Folge
     wurden ebenfalls im „Grünbuch der nachhaltigen        sogar virtuell und können sich schließlich in
     Logistik“7 zusammengefasst dargestellt.               Richtung Remote Factory entwickeln. Dabei ist das
                                                           Wissen entscheidend, wie man einen Prozess am
     Logistiktrend 1:                                      besten durchführt. Die Weiterentwicklung der Infor-
     Transport auf der Straße nimmt weiter zu              mationstechnologie wird dazu führen, dass die
     Der Bedarf an Transportleistungen wird entspre-       Wertschöpfung nicht am Standort der Maschine
     chend der zu erwartenden wirtschaftlichen Ent-        erbracht wird, sondern dort, von wo aus man sie
     wicklung steigen. Dadurch kommt es zu einer           steuert. Damit wird es auch leichter, räumlich
     Verknappung des Raums für den Verkehr. In den         näher an der Nachfrage zu produzieren.
     vergangenen 50 Jahren stand einer Verzehnfa-
     chung des Transportaufkommens nur eine
     Vervierfachung der Straßennetze gegenüber.

                                                           ) Gerald Gregori, Thomas Wimmer (Hrsg.), BVL:
                                                           7

                                                             Grünbuch der nachhaltigen Logistik, Wien/Bremen
                                                             März 2011

16   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics
Logistiktrend 5:                                      Die städtische Logistik beinhaltet die Zustellung
Nachhaltige Aspekte prägen die Logistik               eines Pakets an Online-KundInnen, die Belieferung
Die Produktion der Zukunft hat „lean, clean und       des Supermarkts mit Frischgemüse, den
green“ zu sein, sagt E. Westkämper, Leiter des        Materialtransport von und zu Baustellen,
Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und       die Abholung von Rest- und Wertstoffen, den
Automatisierung in Stuttgart. „Lean“ bedeutet die     Produktversand aus innerstädtischen Produktions-
Konzentration auf wertschöpfende Prozesse,            standorten, den Botendienst zwischen Büros
„clean“ die Vermeidung schädlicher Abfälle oder       und vieles andere mehr.
Emissionen und „green“ den effizienteren Umgang
mit Material und Energie. Ballungszentren mit bis     Die eingangs dargestellten Handlungsgrundsätze
zu 10 Mio. EinwohnerInnen werden immer größere        und Trends haben zwar allgemeinen Geltungsbe-
Bedeutung haben, sodass Logistik dort unter           reich in der Logistik, speziell im urbanen Bereich
ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten         ergeben sich hier jedoch teilweise noch intensivere
aktueller denn je sein wird. Der Transportsektor      Spannungsfelder. Auch in Hinblick auf die zuneh-
wird in Zukunft einen noch höheren Anteil an          mende Vielfältigkeit und Komplexität der Anforde-
Emissionen verursachen, somit werden ökologisch       rungen und Strukturen in der städtischen Logistik
verträgliche Lösungen für den Transport weiter in     ist hier Handlungsbedarf gegeben.
den Vordergrund rücken.
                                                      In Anbetracht der Herausforderungen und Entwick-
2.5 Spezifischer Handlungsbedarf                      lungen sollte die Zielsetzung eine aktive Gestaltung
in Ballungszentren                                    künftiger urbaner Logistiksysteme sein.
Unter dem Begriff der Ballungszentren werden im
Rahmen dieser Betrachtung sowohl die urbanen
Kernzonen und Stadtgebiete verstanden als auch
deren angrenzende Agglomerationen, gemeinhin
als „Speckgürtel“ bezeichnet. Warum gerade in
diesen Gebieten Transport und Logistik eine
besondere Rolle spielen bzw. künftig spielen
werden, erklärt sich vor allem durch den prognosti-
zierten Verkehrszuwachs. Die bereits beschränkten
Ressourcen für die Logistik (z.B. Verkehrs-, Park-
und Ladeflächen) werden sich durch neue und
alternative Nutzungskonzepte weiter reduzieren,
gleichzeitig entwickeln sich die Marktanfor­
derungen in Richtung höhere Leistungsfähigkeit
und Zuverlässigkeit. Die Herausforderungen für
Transport und Logistik werden demnach
insgesamt steigen.

Die „Logistik in Ballungsräumen“ und der
„städtische Güterverkehr“ umfassen einen breiten
und schwer abzugrenzenden Aktionsbereich.
Die Versorgung und Entsorgung im städtischen
Kontext als zentrale Aufgaben sind aber bereits
in dieser Betrachtungsebene nicht mehr als
Gesamtsystem zu verstehen, sondern umfassen
unzählige, differenzierte Sub-Systeme.

                                                                    Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics   17
3. Herausforderungen und Entwicklungen
     3.1 Verkehrsflächenknappheit                           Filialen, eine wesentliche Rolle hinsichtlich der
     Eine steigende Verkehrsflächenknappheit kann auf       Möglichkeiten von Logistiksystemen.
     ein zunehmendes Verkehrswachstum bei begrenzt
     erweiterbaren Verkehrsflächen zurückgeführt                • Ladenöffnungszeiten
     werden. In städtischen Gebieten wird ein Zuwachs           • Personalpolitik
     des Verkehrsaufkommens im Individual- und
     Wirtschaftsverkehr verzeichnet. Während die            3.3 Lieferortbeschränkungen
     Zunahme des Individualverkehrs auf den steigen-        Die Lieferortbeschränkungen bei Transportleistun-
     den Freizeitverkehr zurückgeführt wird, erhöht sich    gen fallen in den Verantwortungsbereich der
     der Wirtschaftsverkehr durch den kontinuierlichen      öffentlichen Verwaltung und lassen sich, im
     Anstieg der Transportmenge.8                           Gegensatz zu den Lieferzeitbeschränkungen,
                                                            durch den dauerhaften Charakter der Restriktion
      • Knapp verfügbare Be- oder Entladezonen             beschreiben.

     Aufgrund der relativ geringen Verkehrsflächen-             • allgemeine Fahrverbote
     wachstumsrate in den Städten kann hier von einem           • Einbahnführungen
     logistischen Transportproblem gesprochen werden,           • Gewichtsbeschränkungen
     das sich durch eine erhöhte Konkurrenz der                 • straßenbauliche Maßnahmen
     Verkehrsteilnehmer um die Verkehrsinfrastruktur            • generelle Verbote zur Durchführung
     im städtischen Verkehr beschreiben lässt.9                   von Ladetätigkeiten

      • Steigende Stehzeiten durch Staus                   Derartige Restriktionen können als die geläufigsten
        im inner­städtischen Verkehr                        Maßnahmen bezeichnet werden.11 Zeitlichen und
                                                            örtlichen Beschränkungen muss selbstverständlich
     Bei knapperen Infrastrukturen – sowohl für den         ein übergeordneter Gesamtnutzen zugrunde liegen.
     Fließverkehr als auch für den ruhenden Verkehr –
     verringert sich die Effizienz in der Logistik. Aus     Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass jede
     betrieblicher Sicht gilt es, einen höheren Anteil an   Einschränkung entsprechende Auswirkungen auf
     Stehzeiten und höhere Kilometerleistungen zu           die Optimierungsmöglichkeiten des jeweiligen
     kompensieren.                                          Logistiksystems hat (z.B. Fahrzeugeinsatz,
                                                            Tourenplanung etc.). Ist ein Logistiksystem mit
     3.2 Lieferzeitbeschränkungen                           einer Vielzahl an unterschiedlichen Einschrän­
     Durch Lieferzeitbeschränkungen sind Transport-         kungen konfrontiert, verliert es in der Regel an
     planung bzw. -durchführung nur eingeschränkt           Effizienz, wenn es alle alle Restriktionen erfüllen
     optimierbar. Diese Einschränkungen bzgl. der           soll. Eine Konsequenz sind ggf. auch Verletzungen
     Transportzeit werden von der öffentlichen              von Restriktionen, um wirtschaftlichen bzw. markt-
     Verwaltung erlassen.10                                 seitigen Erfordernissen zu entsprechen.

      • Nachtfahrverbote
      • Fahrverbot an Wochenenden und an Feiertagen
                                                            8
                                                             )	Zach, Christine (1999), Zukunft der Mobilität –
                                                                 Projektbeschreibung und Ergebnispräsentation
      • Fußgängerzonen                                          der Delphi-Studie, in: www.oeamtc.at/netautor/download/
                                                                 document/aka/AKA_Kurzfassung%20Delphi_Presse.pdf
                                                                 (Abfrage: 27.11.2008)
     Lieferzeitbeschränkungen ergeben sich aber auch        9
                                                             )	Wittenbrink, Paul (1995), Bündelungsstrategien der Spedi­
                                                                 tionen im Bereich der City-Logistik – Eine ökonomische
     direkt aus den Logistik- und Wirtschaftskreisläufen         Analyse, erschienen in der Reihe: Ewers Hans-Jürgen (Hrsg.):
     der Unternehmen. Betrachtet man beispielsweise              Beiträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft an der
                                                                 Universität Münster, Heft 136, Göttingen 1995, S. 15
     die Frische- oder Tiefkühllogistik, dann muss der      10
                                                              ) 	Wittenbrink, Paul (1995), Bündelungsstrategien
     Handel aufgrund der Anforderungen zu bestimm-               der Speditionen im Bereich der City-Logistik –
                                                                 Eine ökonomische Analyse, erschienen in der Reihe: Ewers
     ten Zeiten versorgt werden. Auch spielt die                 Hans- Jürgen (Hrsg.): Beiträge aus dem Institut für Verkehrs-
     operative Planung der Unternehmen, z.B. in                  wissenschaft an der Universität Münster, Heft 136, Göttingen
                                                                 1995, S. 18
                                                            11
                                                              )	Kunisch, Peter (2008), Lieferverkehr in Wien –
                                                                 Fakten, Probleme, Lösungsansätze, Vortrag anlässlich des
                                                                 BESTUFS II Seminars mit dem Titel „Fachenquete Lieferver-
                                                                 kehr Quo Vadis“, Wien 2008.

18   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics
3.4 Schnittstellenproblem                              eine Reduktion der Sendungsgrößen und eine
bei der Warenübergabe                                  steigende Anzahl an Liefer- bzw. Abholstellen.
Im Gegensatz zu den zeitlichen und räumlichen          Diese Entwicklungen müssen von Logistiksystemen
Beschränkungen behandelt das Schnittstellen­pro­       berücksichtigt und entsprechend effizient behan-
blem den teilweise ineffizienten Be- oder Entlade-     delt werden.
prozess, wenn der letzte Schritt der Warenüber­
gabe nicht optimal stattfinden kann.                        • steigende Zahl an Liefer- bzw. Abholstellen
                                                            • Reduktion der Sendungsgrößen
Der Grund dafür liegt oftmals in Kapazitätsengpäs-            („Atomisierung der Sendungen“)
sen bei der Be- oder Entladung der Lieferfahrzeuge
sowie in nicht ausreichend verfügbaren Waren­          3.6 Wettbewerb, Differenzierung
annahme- bzw. Übergabeflächen.12                       und USP
                                                       Der Wettbewerb in der Logistik- und Transport-
 • Koordination der Warenübergabezeiten               branche wird durch die Veränderung der Sen-
   (Ankunftsaviso etc.)                                dungsstruktur, die erhöhten KundInnenanforderun-
 • begrenzte infrastrukturelle Kapazitäten             gen und die zunehmende Komplexität der
 • Problem der letzten Meile bzw. der letzten Meter   Wertschöpfungsketten weiter verstärkt. Unabhän-
 • fehlende bzw. unzureichende Entladetechnik         gig von den Ursachen hierfür kann eine Zunahme
 • notwendiges Umpacken der Sendung                   des Preiskampfes festgestellt werden, welcher sich
   erfolgt bei der Übergabe                            negativ auf die Wirtschaftlichkeit und somit auch
 • defekte oder fehlerhafte Lademittel                auf die Nachhaltigkeit der Transportbranche
   (z.B. Tauschpaletten)13                             insgesamt auswirken kann. Kostendruck und
 • erforderliche Tätigkeit der Ladungssicherung       geringe Margen behindern auch die Umsetzung von
                                                       Innovationen und Investitionen, welche aus diesem
3.5 Veränderung der Sendungsstruktur                   Grund oftmals nur in Absprache bzw. gemeinsam
Die steigende Zahl an Bestell- und Absatzmöglich-      mit den KundInnen langfristig realisiert werden
keiten (z.B. e-Commerce) bewirkt eine Veränderung      können.
der Sendungsstruktur und fordert eine zuneh­
mende Flexibilisierung der Güterbewegungen im               • Innovation nur durch Kooperation
Wertschöpfungsprozess. Hinzu kommt eine hohe                  (z.B. Dienstleister und KundInnen)
Anforderung an die Warenverfügbarkeit sowie eine            • mittel- bis langfristige Maßnahmen erforderlich
immer größere Breite und Tiefe der Sortimente.                (Investitionssicherheit)
Die Zunahme von Sendungen mit geringen Güter-
mengen bedingt eine Erhöhung der Lieferfrequenz.       Die Entwicklung weiterer Alleinstellungsmerkmale
                                                       bzw. USPs („unique selling proposition“) ist auch
 • Angebotswachstum in Sortimentsbreite               in der Logistik gefordert. Systemdienstleister
   und -tiefe                                          erfüllen vielerlei Aufgaben zusätzlich zum reinen
 • uneingeschränkte Produktverfügbarkeit              Gütertransport und entwickeln Mehrwertdienst­
   (zeitlich & räumlich)                               leistungen („Value Added Services“) für ihre
 • Eröffnung neuer Absatz- und Vertriebskanäle      KundInnen. Speziell in urbanen Gebieten wird hier
 • Atomisierung von Sendungen                          neben der immer stärker vernetzten business-
                                                       to-business-Logistik (B2B) ein rasant steigender
Gründe für diese Strukturveränderung sind auch         Anteil an business-to-consumer-Logistik (B2C)
Strategien zur Reduktion von Kapitalbindungskos-       erwartet. Immer mehr ist das Verkaufsargument
ten und Maßnahmen als Reaktion auf steigende
Mietkosten in urbanen Gebieten, wo Logistik- und
Lagerflächen den umsatzbringenden Verkaufsflä-         12
                                                         )	Berg, Claus (1999), City-Logistik, Das Münchner Modell,
                                                            erschienen in der Reihe: Berg, Claus (Hrsg):
chen weichen müssen. Marktseitig ergeben sich               Verkehr und Logistik, Band 1, München 1999, S. 98
                                                       13
                                                         )	Wittenbrink, Paul (1995), Bündelungsstrategien
                                                            der Speditionen im Bereich der City-Logistik – Eine ökonomi-
                                                            sche Analyse, erschienen in der Reihe: Ewers Hans-Jürgen
                                                            (Hrsg.): Beiträge aus dem Institut für Verkehrswissenschaft
                                                            an der Universität Münster, Heft 136, Göttingen 1995, S. 16

                                                                         Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics   19
im Direktabsatz auch die kostenlose Möglichkeit       3.9 Wohnqualität und Lärmbelastung
     der Retournierung, womit auch hier mehr Trans-        Neben der Staubbelastung ist die Lärmbelästigung
     portaufkommen ausgelöst wird.                         ein wesentlicher Faktor in der Beurteilung der
                                                           Wohnqualität. Die Wohnqualität der Bevölkerung
      • Entwicklung von Value Added Services (VAS)        wird in den überwiegenden Fällen durch den Lärm
      • Entwicklung von Logistik-USPs                     von PKW, LKW, Mopeds und Motorrädern beein-
      • Logistik- und Transportunternehmen werden         trächtigt. Unabhängig von der Lärmquelle sind
        „Systemdienstleister“                              beispielsweise zwischen 31% und 36% (je nach
      • Wachstum im Bereich B2C-Konzepte                  Tageszeit) der Wiener Bevölkerung Lärmbelästi-
        und B2C-Logistik                                   gungen ausgesetzt, die als unangenehm bis sehr
      • Wachstum in der Retourenlogistik                  störend empfunden werden.15 Der gewerbliche
                                                           Liefer- und Entsorgungsverkehr wird in diesem
     3.7 Kostensituation                                   Bereich ggf. auch intensiver wahrgenommen als
     Als einer der stärksten Kostentreiber im Transport-   der Fließverkehr bzw. der Individualverkehr.
     bereich kann neben den Personalkosten die             Aufgrund der direkten Nähe zu den BewohnerInnen
     Treibstoff- bzw. Energiepreisentwicklung identifi-    sind speziell hier Maßnahmen gefordert, um die
     ziert werden. Dies bedeutet für die Logistik eine     Situation zu verbessern und die Akzeptanz
     entsprechende Herausforderung, da die Treibstoff-     zu erhöhen.
     kosten einen signifikant hohen Anteil an den
     Gesamtkosten ausmachen.                                    • Verringerung der Lärmbelastung im Liefer-
                                                                  und Entsorgungsverkehr
     Die ökonomische Situation in der Transportwirt-            • höhere Akzeptanz der Transportlogistik
     schaft ist geprägt durch differenzierte Marktanfor-          durch weniger Lärm
     derungen und steigende Restriktionen bei gleich-
     zeitig steigenden Kosten, wodurch die Produktivität   3.10 Interdependenz
     immer stärker unter Druck gerät. Die wesentlichen     zur Individualmobilität
     Faktoren sind die Problematik der Fahrzeugauslas-     Die soziale Ausgrenzung durch mangelnde
     tung, die Personalintensität der Leistungserstel-     Mobilität beschreibt das Problem der fehlenden
     lung und der sinkende Kostendeckungsgrad.             Nahversorgung in ländlichen Gebieten, eine
                                                           Tendenz, die auch in urbanen Gebieten festgestellt
      • steigende Kosten, insbesonders bei Treibstoffen    werden kann. Bezogen auf die Standorte und die
      • steigender Druck auf die Produktivität            Größe der Handelsunternehmen findet eine
                                                           Polarisierung bzw. eine Konzentration statt.
     3.8 Emissionsreduktion
     Der Verkehr ist Verursacher von Emissionen, wobei
     Stickoxide (NOX), Kohlenmonoxid (CO), Kohlendioxid
     (CO2) und der Feinstaub (TSP, PM10 und PM2,5) als
     die wesentlichen verkehrsinduzierten Schadstoffe
     betrachtet werden.14 Weitere Schadstoffe sind die
     polyzyklisch aromatischen Kohlenwasserstoffe
     (PAK), die Kohlenwasserstoffe ohne Methan
     (NMVOC), das Schwermetall Kadmium (Cd) und das
     Lachgas (N2O). Die Reduktion von Emissionen steht
     an oberster Stelle der EU-Zielsetzungen und findet    14
                                                             )	Zehle, Ines (1997), City-Logistik: Chancen der koordinierten
     sich in allen nationalen und regionalen Agenden            Versorgung von Städten, 1. Auflage, Sinzheim 1997, S. 22ff;
                                                           	Lothar, Thoma (1995), City-Logistik: Konzeption – Organi­sation
     zur Verkehrs- Logistik- und Transportorganisation          – Implementierung, Wiesbaden 1995, S. 15ff;
     der Zukunft.                                               Umweltbundesamt (2008c), Umweltthemen\Luft, in: www.
                                                                umweltbundesamt.at/umweltschutz/luft (Abfrage 14.10.2008);
                                                                Österreichisches Institut für Raumplanung (1997), City-Logistik:
                                                                Ein Ausweg aus der Wiener Verkehrsmisere, Wien 1997, S. 4
      • Emissionsreduktion als prioritäre Zielsetzung     15
                                                             )	Fellner, Georg/Gielge, Johannes/Hansely, Hans-Jörg (2007),
                                                                Leben und Lebensqualität in Wien – Kommentierte
                                                                Ergebnisse und Sonderauswertung der Großstudien „Leben
                                                                in Wien“ und „Leben und Lebensqualität in Wien“, S. 17

20   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics
Ein weiterer Trend ist die Verschiebung der
Standortpräferenzen zugunsten künstlicher
Handelsagglomerationen in peripheren Gebieten.
Ausschlaggebend für das Kaufverhalten ist u.a.
die individuelle Mobilität der Menschen. Durch
einen Einkauf wird eine individuelle Logistikleistung
erbracht, der Transport vom Geschäft zum Wohn-
ort. Auch diese Transportleistung ist gewissen
Kapazitäts- und Planungsrestriktionen unter­
worfen: Welches Verkehrs- bzw. Transportmittel
steht zur Verfügung, in welcher Zeit kann bzw.
soll der Transport erfolgen, welches Gewicht bzw.
Volumen kann transportiert werden? Wenn durch
ein effizientes Logistiksystem eine vielfältige
Handels- und Versorgungslandschaft sicher
gestellt werden kann, dann beeinflusst dies
auch die individuellen Mobilitätsbedürfnisse
und -anforderungen.

 • Logistik ist eine Basis der Handels-
   und Versorgungsentwicklung
 • Logistik beeinflusst die Anforderungen
   an die Individualmobilität

                                                        Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics   21
4. Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren
     Smarte, urbane Logistik beinhaltet eine Reihe von      4.3 Lebensqualität
     logistischen Systemen und Komponenten, die in          Die Lebensqualität wird durch subjektive, psycho­
     der Planung zu berücksichtigen sind. Darüber           logische und medizinische Faktoren bestimmt.
     hinaus existieren jedoch Rahmenbedingungen und         Die Wohlergehenskomponente beschreibt hierbei
     Einflussfaktoren, die nicht direkt im Wirkungs- und    das Verhältnis zwischen der Bedürfnisbefriedigung
     Handlungsbereich der Logistik liegen.                  und der Verkehrsleistung.

     Hier gibt es Anforderungen und Entwicklungstrei-       Mobilität bedeutet hierbei ganz allgemein das
     ber, welche in unmittelbarem Zusammenhang mit          Erreichen von Orten, um dort durch Aktivitäten die
     logistischen Aufgabenstellungen stehen und somit       Bedürfnisse zu befriedigen. Die Logistikwirtschaft
     eine große Relevanz hinsichtlich der Planung und       gewährleistet eine entsprechende Lebensqualität,
     Ausrichtung von Logistiksystemen haben. Diese          wird aber natürlich auch als beeinträchtigendes
     Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren sind            Element wahrgenommen.
     nachfolgend kurz hinsichtlich ihres Bezugs zur
     Logistik dargestellt.                                  Problemfelder mit Einfluss auf die Lebensqualität
                                                            der Bevölkerung sind:
     4.1 Infrastruktur                                      • 	Emissionsverursacher
     Die Qualität des städtischen Lebens wird wesent-           (CO2, Feinstaub, Lärm etc.)
     lich durch die Verfügbarkeit von Infrastrukturen       • 	Wahrnehmung als Sicherheitsrisiko und
     bestimmt. Aufbauend auf einer effektiven Verkehrs-         als Ursache für Verkehrsunfälle
     infrastruktur ist daher die Erreichbarkeit einer       • 	Beeinträchtigung der Wohnqualität durch
     Region ein bestimmender Treiber für die wirt-              Lieferungen und Transporte
     schaftliche Leistung. Die Erreichbarkeit stellt        • 	Einschränkung der persönlichen Mobilität durch
     das Beziehungsverhältnis zwischen Gesellschaft,            gewerbliche Mobilität
     Raum und Verkehr dar und beschreibt das Maß
     der möglichen Interaktionen.                           4.4 Arbeitsmarkt
                                                            Der Arbeitsmarkt ist ein wesentlicher Standort-
     Eine bessere Erreichbarkeit wirkt sich positiv auf     und Entwicklungsfaktor in urbanen Regionen und
     die Wirtschaftsdynamik und daher auf das Wirt-         setzt sich aus Teilaspekten wie Arbeits-, Wohn- und
     schaftswachstum aus. Kritisch betrachtet ist daher     Lebensraum zusammen.
     nicht die bloße Existenz von Verkehrsinfrastruktur     Die Grundintention der österreichischen Standort-
     wesentlich, sondern viel mehr die effektive und        politik ist die Schaffung und Neugestaltung unter-
     zweckmäßige Verbindung zwischen den                    nehmensfreundlicher Rahmenbedingungen mit
     Akteuren.                                              langfristigen Vorteilen für Unternehmer und
                                                            Beschäftigte.16 Daraus lässt sich die Interdepen-
     4.2 Energieversorgung                                  denz zwischen den Anforderungen der Unterneh-
     Die Verfügbarkeit und Qualität der Energieversor-      mer und jener der Beschäftigten erkennen. Eine
     gung ist, ebenso wie die Infrastruktur, als wichtige   funktionierende Logistik als Wettbewerbsfaktor
     Grundlage und als verbindendes Element des             dient auch dazu, urbane Arbeitsplätze und somit
     Logistiksystems zu betrachten.                         einen urbanen Arbeitsmarkt langfristig zu sichern.

     Eine effiziente und nachhaltige Erzeugungs- und
     Verteilungsfunktion im Energiebereich dient der
     Systemaufrechterhaltung auch für Logistik und
     Transport. Dies gilt speziell unter Berücksichtigung
     künftiger Nutzungsmöglichkeiten alternativer
     Technologien in Smart City Konzepten.

                                                             )	Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend
                                                            16

                                                                - Standportpolitik (2013), in: www.bmwfj.gv.at/Wirtschaftspo-
                                                                litik/Standortpolitik/Seiten/default.aspx (Abfrage: 20.03.2013)

22   Strategisches Gesamtkonzept Smart Urban Logistics
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