Die Fußball-WM 2010 in Südafrika als Chance für die entwicklungspolitische Informations- und Bildungsarbeit - Strategiepapier von Bella Bello ...

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Die Fußball-WM 2010 in Südafrika
     als Chance für die entwicklungspolitische
           Informations- und Bildungsarbeit

Strategiepapier von Bella Bello Bitugu. Verfasst im Rahmen des Projekts
      „FairPlay Aktionsprogramm 2009: Sport und Entwicklung“

                         Wien, November 2009
Ke Nako Afrika

    Zusammenfassung
    Dieses Papier geht der Frage nach wie Sport und speziell Fußball, für Themen und Anliegen der
    entwicklungspolitischen Bildungsarbeit genutzt werden kann, welche Beziehungen zwischen Sport
    und der Entwicklungszusammenarbeit existieren und welches Potenzial der Sport als Mittel für
    Entwicklungsstrategien, insbesondere bei der Erreichung der Millennium Entwicklungsziele (MDGs)
    besitzt. Anlass des Strategiepapiers ist die erste Fußball-Weltmeisterschaft auf dem afrikanischen
    Kontinent, die 2010 in Südafrika ausgespielt wird.

    Der erste Teil befasst sich mit dem Hintergrund und der theoretischen Analyse, dabei werden
    Definitionen von Sport im Allgemeinen und Sport für Entwicklung und Frieden erarbeitet und
    darauf eingegangen, welche Erfolge vom geplanten Projekt „Ke Nako Afrika“ erwartet werden. Der
    zweite Teil präsentiert die Ergebnisse einer Befragung von insgesamt 15 Organisationen. Im Zuge
    der Recherche wurden relevante Stakeholders im Bereich Sport und Entwicklung konsultiert und
    befragt, dazu zählen VertreterInnen von entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen,
    migrantische Vereine insbesondere aus den afrikanischen Communities in Österreich, Sport- und
    Fußballorganisationen sowie Medien.

    Als Ergebnis des Papiers - aufbauend auf den Erfahrungen und Expertise der Stakeholder - werden
    konkrete Empfehlungen und Vorschläge gemacht, wie der Bereich Sport & Development in Öster-
    reich weiterentwickelt werden kann, insbesondere in der entwicklungspolitischen Informations- und
    Bildungsarbeit.

                                                                                                Impressum

                                                                      Herausgeber und Medieninhaber:

                                                                    Wiener Institut für Internationalen
                                                                    Dialog und Zusammenarbeit – vidc

                                                                                 Möllwaldplatz 5/3. Stock
                                                                                           A–1040 Wien
                                                                                   Tel:+43-(0)1-7133594
                                                                                Fax:+43-(0)1-7133594-73

                                                                                   E-mail: office@vidc.org
                                                                                             www.vidc.org

                                                                               Autor: Bella Bello Bitugu
                                                                          Layout: Wolfgang Mittelberger

                                                                                            (c) VIDC 2009

2                                             Strategiepapier: Die Fußball-WM als entwicklungspolitische Chance
Ke Nako Afrika

1.0 Einführung

Zum ersten Mal wird die FIFA-Fußballweltmeisterschaft              •• Ein Netzwerk von Interessensgruppen im Bereich von
2010 vom 11. Juni bis 11. Juli 2010 in (Süd-) Afrika statt-           Sport und Entwicklung aufzustellen.
finden und die Augen der Medien, der PolitikerInnen, der
EntwicklungsarbeiterInnen und der ganzen Welt werden, in           •• Vorschläge zu machen, die auf den Ergebnissen der
                                                                      Analyse von Sport für Entwicklung im Zusammenhang
jeglicher Hinsicht, auf dieses Megaevent gerichtet sein. Die
                                                                      mit der FIFA-WM in Südafrika basieren.
Weltmeisterschaft wird Afrika in den Vordergrund der Nach-
richten und Diskussionen stellen, jedoch nicht die üblichen        •• Sichtbar machen warum die FIFA-Endrunde in Südaf-
Schlagzeilen von Armut, Konflikten, AIDS, Hunger, Flücht-             rika als Sieg für (Süd-)Afrika über den Bereich des
lingen und Friedensverhandlungen untermauern. Diverse                 Fußballs hinaus betrachtet werden muss, indem ein
Interessensgruppen werden sich auf besondere Aspekte                  weitreichender Prozess gestartet wird, von dem die
konzentrieren, die für sie von Interesse sind.                        Gesellschaft langfristigen Nutzen tragen kann.

Das Projekt Ke Nako Afrika (Ke Nako bedeutet in der So-
                                                                   •• Ermöglichung kritischer und alternativer Sichtweisen
                                                                      auf die Art wie Afrika in der Welt wahrgenommen wird.
tho-Sprache „Es ist Zeit“) sieht es als Ziel dieses Events,
als Plattform zur Sensibilisierung und zur Bewusstseins-
schaffung Aufgaben der Entwicklungspolitik im Bereich der        1.2 Der Umfang der Arbeit
Bildung und Information zu nutzen.
                                                                 Diese Arbeit ist in zwei Teile geteilt.
Sport für Entwicklung und Frieden ist mittlerweile aufgrund
seiner querschneidenden Eigenschaft, seiner Nachhal-             I. Hintergrund und theoretische Analyse von Sport für
tigkeit und Kosteneffizienz als Tool der Entwicklung, als           Entwicklung und Frieden ist der erste Teil. Dieser Aspekt
Zauberformel bekannt. Als relativ neues Tool nutzt diese            beinhaltet:
kreative und innovative Strategie Sport als Plattform, um
Entwicklung und soziale Anliegen diversester Art zu behan-         •• Die Arbeitsdefinitionen von Sport im Allgemeinen und
deln.                                                                 Sport für Entwicklung und Frieden.

Diese Arbeit ist ein Beitrag zu diesem Diskurs und soll kon-       •• Warum Sport ein anwendbares und effektives Mittel
                                                                      für Entwicklung und Frieden ist.
kretisieren wie Sport, Fußball in diesem Fall, für Tasks der
Entwicklungspolitik in Anbetracht der FIFA-WM in Südafrika         •• Die Perspektiven, Grundsätze und Aktivitäten der
genutzt werden kann.                                                  UNO, EU und von staatlichen und nicht-staatlichen
                                                                      Organisationen für Sport für Entwicklung und Frieden.
Diese Arbeit präsentiert den Hintergrund dieser Strategie,
sowie eine Analyse der Interessensvertreter von Organisa-          •• Die FIFA-WM in Südafrika 2010: Wie und warum könn-
                                                                      te dies als potentielle Plattform für Entwicklungszu-
tionen/Interessensgruppen (NGOs, migrantische Organisa-
                                                                      sammenarbeit, Dialog und interkulturelle Aktivitäten
tionen, Sportbehörden, Medien). Dadurch werden Vorschlä-
                                                                      genutzt werden.
ge gemacht, wie man auf Erfahrungen und Erfolge nun die
weitere Entwicklung aufbauen und sich auf die Zukunft vor-         •• Belege aus Forschung und Erfahrung über Erfolge,
bereiten kann.                                                        Potential und Probleme im Sport als Mittel für Frieden
                                                                      und Entwicklung und zum Erlangen der Millennium De-
                                                                      velopment Goals zu nutzen.
1.1 Ziele dieser Arbeit                                            •• Welche Erfolge vom Projekt Ke Nako Afrika erwartet
                                                                      werden.
Diese Arbeit ist einer von vier Programmpunkten im Vor-
feld der FIFA-WM in Südafrika. Wie schon angedeutet sieht
diese Arbeit vor, die Möglichkeiten, die die WM in Südafrika     II. Analyse der Stakeholders ist der zweite Teil dieser
im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit durch Sport                Arbeit.
schafft, zu erforschen. Das übergreifende Ziel ist daher
                                                                 Diese Arbeit soll breit umfassende und einschließende An-
    •• Die Rolle, die Sport im Bereich der Entwicklungszu-       sichten und Perspektiven beinhalten. Um dies zu erreichen,
       sammenarbeit und in den Aufgaben der Entwicklungs-        sind die analysierten Organisationen in Kategorien geteilt,
       politik, in Information und Bildung spielen kann, ange-   wie unten ersichtlich:
       sichts der FIFA-WM in Südafrika zu untersuchen und
       zu untermalen.                                              •• Afrika- und MigrantInnen-Vereine
    •• Den Zusammenhang zwischen Sport und Entwicklung             •• Medien und Medienprojekte
       zu betonen, sowie die Wirksamkeit von Sport als Mit-
       tel für Entwicklungsstrategien, besonders in Bezug auf      •• Fußball- und Sportakteure
       die Millennium Development Goals (MDG) aufzuzeigen.         •• Entwicklungspolitische NGOs und Initiativen

3                                                                  Strategiepapier: Die Fußball-WM als entwicklungspolitische Chance
Ke Nako Afrika

Der Großteil der Organisationen, die hier untersucht werden,       Freizeit, wettbewerbsorientiert, organisiert, traditionell, oder
ist in Österreich angemeldet und/oder ein Department ande-         Spiel und Spaß. Dies suggeriert daher, dass Sport einen we-
rer internationaler Organisationen. Der theoretische Aspekt        sentlichen Teil im Leben von Menschen, sowie in der ganzen
benutzt Informationen über Organisationen, Erfahrungen und         Gesellschaft darstellt.
Studien von Organisationen in der ganzen Welt.
                                                                   So interpretiert, wird der Zugang zu Sport als fundamen-
                                                                   tales Menschenrecht gesehen, mit dem Wirkungsgrad und
1.3 Methodologie                                                   der Macht von vielen individuellen Personen, Gruppen und
                                                                   der Gesellschaft ungeachtet des Alters, der Herkunft, der
I. Hintergrund und theoretischer Aspekt dieser Arbeit              Religion oder des Geschlechts, oder irgendeiner mensch-
                                                                   lichen, ökonomischen oder politischen Zugehörigkeit, Nut-
Das Strategiepapier versucht grundsätzlich eine Analyse            zen zu bringen oder dies zu dürfen.
innerhalb eines qualitativen Bezugsrahmens. Der Autor hat
ausführlichen Gebrauch von Sekundärliteratur gemacht,              Dies wurde 1948 realisiert, als die UNO die allgemeine
sowie eine Überprüfung von Grundsatzberichten, Artikeln            Deklaration der Menschenrechte festlegt, „dass alle Men-
und anderen Publikationen von Organisationen, Einzelper-           schen das Recht auf Erholung und Freizeit 3 und einen Le-
sonen und Gruppen.                                                 bensstandard, der seine und seiner Familie 4, Gesundheit
                                                                   und Wohl gewährleistet, haben, sowie kostenlose und ver-
Ferner hat der Autor, da er seit zehn Jahren im Bereich Fuß-       pflichtende Grundschulbildung 5 und Teilnahme am kulturel-
ball, interkultureller Dialog und Entwicklungspolitik aktiv ist,   len Leben der Gesellschaft 6.“ In der Folge haben nicht we-
die teilnehmende Beobachtung als Methode angewendet                niger als neun internationale Vereinbarungen und Verträge
(a la Flâneur).                                                    diese Rechte bestätigt, untermauert und näher definiert,
                                                                   sowie ihre Einschränkungen festgelegt 7.
II. Analyse der Stakeholders
    Der zweite Aspekt der Arbeit ist eine Analyse von Inter-       Dementsprechend legt die „International Charter of Physi-
    essensgruppen, die folgendes umfasst:                          cal Education and Sports“ laut UNESCO 1978 fest, „dass
                                                                   jede/r das fundamentale Recht auf Zugang zu Leibesübun-
    •• Einen Überblick der Aktivitäten von Organisationen,         gen und Sport hat, die essentiell sind, für die volle Ent-
       die Sport als Medium für Entwicklung und Frieden            wicklung der Persönlichkeit. Die Freiheit physische, intel-
       und für das Erreichen von MDGs in Österreich und            lektuelle und moralische Stärken durch Leibesübungen und
       anderen Teilen Europas, Afrikas, Asiens und Latein-         Sport, muss sowohl innerhalb des Schulsystems als auch
       amerikas nutzen.                                            im sozialen Leben vorhanden sein 8.“
    •• Empfehlungen von diesen Organisationen, die dabei           Also sieht UNICEF Sport- und Freizeitaktivitäten im Artikel
       helfen, einen Weg nach Vorne für das Projekt Ke
                                                                   31 nicht nur als Möglichkeit die zentralen Ziele zu errei-
       Nako Afrika auch in ferner Zukunft zu schaffen.
                                                                   chen, sondern auch das Recht eines Menschen zu spielen
                                                                   abzusichern.
Dieser Teil der Arbeit wendet auch Sekundärliteratur von
den analysierten Organisationen an. Der Autor präsentiert          Sport für Entwicklung und Frieden (Sports and Sports for
Erkenntnisse und Ergebnisse mit Unterstützung offener              Development and Peace – SPD) wird also als „bewusstes
Interviews und Diskussionen mit einigen Organisationen,            Nutzen von Sport, physischer Aktivität/Bewegung und Spiel
sowie einem Internetbericht über diese Organisationen.             definiert, um spezifische Entwicklung- und Friedensziele, wie
Der gesamte Arbeitsrahmen dieses Teils ist im Bereich              im besonderen die Millennium Development Goals (MDGs)
der Entwicklungsprinzipien, wie jene, die in der Paris             zu erreichen 9 .“
Declaration on Aid Effectiveness 1 erläutert werden.
                                                                   Das Programm der Aktivitäten, welches innerhalb dieser Stra-
                                                                   tegie nicht wegzudenken ist, funktioniert mit dem Versuch
1.4 Sport und Sport für Entwicklung und Frieden                    das Recht aller Gesellschaftsmitglieder an Sport und Freizei-
                                                                   taktivitäten teilnehmen zu können zu realisieren. Wirksame
Der Europarat definiert Sport als alle Formen der physi-           Projekte haben daher Entwicklungsziele als Priorität und wer-
schen Aktivität, welche durch gelegentliche oder organi-           den sorgfältig entworfen, damit sie allumfassend sind.
sierte Teilnahme als Ziel sieht, die physische Fitness und
das psychische Wohlbefinden auszudrücken oder zu ver-
bessern, um soziale Beziehungen zu formen, oder Resulta-           1.5 Die einzigartigen Charakteristika des Sports
te in Wettbewerben auf allen Ebenen zu erreichen 2.
                                                                   Diese Strategie als Tool für Entwicklung und Frieden hat von
Diese ganzheitliche Definition postuliert alle Formen von          einigen Organisationen, Einzelpersonen und Literatur über
Aktivitäten, die potentiell zu physischer Aktivität (Fitness),     Entwicklung, Unterstützung und Beifall bekommen. Grund
psychischem Wohlbefinden und sozialer Interaktion beitra-          dafür sind die einzigartigen Attribute, die es ermöglichen,
gen. Diese Interaktion umfasst alle Formen von Sport, ob           dass Sport besondere Werte zum Prozess der Entwicklung

4                                                                    Strategiepapier: Die Fußball-WM als entwicklungspolitische Chance
Ke Nako Afrika

und des Friedens beitragen. Diese basieren auf folgenden         V. Die einzigartige Macht des Sports zu ermächtigen,
fünf Attributen und Charakteristika, die dem Sport zuge-            motivieren und inspirieren
schrieben werden.                                                Sport ist ein sehr starkes Mittel zur Förderung von phy-
                                                                 sischer und psychischer Gesundheit. Dies kommt daher,
I. Die universelle Popularität des Sports                        dass Sport auf die Stärken und Kapazitäten von Menschen
Menschen/TeilnehmerInnen aus allen Gesellschaftsschich-          zurückgreift und diese entwickelt und darstellt. Indem
ten mit unterschiedlicher Herkunft (ZuschauerInnen, freiwil-     der Blick mehr auf das Können als auf das Nichtkönnen
lige HelferInnen, TeilnehmerInnen) sind mehr zu Sport als        gerichtet wird, ermächtigt Sport, motiviert und inspiriert
zu irgendeiner anderen Tätigkeit hingezogen. Die Teilnah-        Einzelpersonen und Communities/Gemeinschaften immer
me und Popularität überschreitet nationale, sozioökono-          wieder aufs Neue. So werden Hoffnungen und ein positiver
mische und politische Grenzen und kann in nahezu jeder           Ausblick auf das Leben und die Zukunft begünstigt: Ein not-
Gesellschaft der Welt Erfolg erlangen.                           wendiges Element, dass bei allen Friedensbestrebungen
                                                                 wesentlich für deren Erfolg ist.
II. Die Fähigkeit des Sports Menschen und
    Communities zu verbinden
Der Sport, ein von Natur aus sozialer Prozess, bringt Spie-      1.6 Die UNO, die EU und andere Interessens-
lerInnen, Teams, TrainerInnen und Freiwillige sowie Zuschau-         gruppen über Sport für Entwicklung und
erInnen zusammen. Dies schafft umfangreiche horizontale              Frieden
Netzwerke von Beziehungen auf Community-Ebene, sowie
vertikale Verbindungen zu Regierungen, Sportverbänden            Übereinstimmend mit den obigen Standpunkten der
und internationalen Organisationen für Finanzierung und an-      UNESCO und UNICEF haben die Vereinten Nationen (UN0)
deren Formen der Unterstützung und Kooperation; es ist           2003 einen behördenübergreifenden Bericht veröffentlich
eine wichtige Quelle des sozialen Vernetzens, die helfen         der zeigt, wie Sport beim Erlangen der Millennium Deve-
kann den Ausschluss zu bekämpfen und die Zusammenar-             lopment Goals (MDGs) 9 behilflich sein kann. Demzufolge
beit der Community zu fördern, um gemeinsam Möglichkei-          hat die Generalversammlung beim 52. Plenum beschlos-
ten zu realisieren, sowie Herausforderungen anzusprechen.        sen die Resolution 58/5 Agenda Artikel 23 (b) mit dem Ti-
                                                                 tel Sport als Mittel Bildung, Gesundheit, Entwicklung
III. Sport als effektive Kommunikationsplattform                 und Frieden zu fördern zu verabschieden und hat Re-
Sport hat sich als Kulturware und als Medium der Massenun-       gierungen, das UNO-System, Sportorganisationen, NGOs,
terhaltung mit einer weitreichenden und starken Kommunika-       den privaten Sektor etc. eingeladen als Partner Sport als
tionsplattform etabliert. Daher dient Sport als Medium für die   Medium für Entwicklung und Frieden 10 zu nutzen.
Bildung der Öffentlichkeit mit einer immensen Kapazität viele
Menschen zu erreichen, sowie eine Möglichkeit die soziale        Im Bericht von 2003 Sport für Entwicklung und Frie-
Mobilisierung auf der ganzen Welt vorantreiben zu können. Die    den: Für das Erreichen der Millennium Development
meisten Superstars (Sportler und Sportlerinnen) sind nun so      Goals „hat die behördenübergreifende Einsatzgruppe für
einflussreich wie BotschafterInnen, SprecherInnen, Vorbilder     Sport für Entwicklung und Frieden festgelegt, dass gut vor-
und VertreterInnen von diversen Entwicklungsfragen, sowie        bereitete sportbezogene Initiativen praktische und kosten-
kulturellen, ökonomischen, politischen und sozialen Anliegen.    effektive Tools sind, um Ziele im Bereich Entwicklung und
                                                                 Frieden zu erreichen. Sport ist ein starkes Vehikel, das von
IV. Die querschneidende Eigenschaft des Sports in                der UNO zunehmend berücksichtigt werden sollte und als
    Bezug auf Entwicklungs- und Friedensfragen                   komplementär zu den existierenden Aktivitäten betrachtet
Sport ist eines der wenigen Entwicklungstools mit Potential      werden sollte 11. Die Eigenschaften und Wirkungsmacht
und Wirkungskraft, die äußerst themenübergreifend sind.          des Sport machen es ein nützliches und praktisches Mittel
Sport wird in fast allen Anliegen in Bezug auf Entwicklung in    zur Erreichung der Millennium Development Goals 12.“
diversen Bereichen angewendet, nämlich das Vorantreiben
von Gesundheit, die Vorbeugung von Krankheiten, die Stär-        In Salt Lake City beim Olympic Aid Round Table 2002,
kung der Kinder- und Jugendentwicklung, sowie Bildung und        hat der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan festge-
sozialen Einschluss, darüber hinaus Menschen mit Behinde-        halten, „dass Sport nicht nur eine Rolle in der Verbesse-
rung zu fördern und zu integrieren, sowie alle Formen der        rung vom Leben von Einzelpersonen, sondern von ganzen
Diskriminierung zu vermindern. Somit wird die Entwicklung        Communities/Gemeinschaften spielen kann. Ich bin davon
am Arbeitsmarkt, sowie die ökonomische Entwicklung ge-           überzeugt, dass es an der Zeit ist, auf dieses Wissen auf-
fördert, Konflikte und Gewalt werden vermindert, der Auf-        zubauen, um Regierungen, Organisationen in der Entwick-
bau des Friedens vorangetrieben, sowie die Förderung der         lungszusammenarbeit, um Communities zu ermutigen zu
Geschlechtergleichheit, des interkulturellen Dialogs und des     überlegen, wie Sport systematisch angewendet werden
Austausches forciert. Die Initiativen von Sport für Entwick-     kann, um Kindern, vor allem die, die in Armut leben und in
lung und Frieden sind daher sehr effektive Strategien, die       Krankheiten und Konflikten, zu helfen.“
eine besondere Rolle in der Prävention, Aufrechthaltung, so-     In mehr als 60 Jahren Geschichte sind die einzigen zwei
wie in der Thematisierung einer breiten Palette von sozialen     UNO-Instrumente und Konventionen, die deutlich die Nut-
und ökonomischen Herausforderungen spielen. Darüber hi-          zung von Sport als Medium für Gesundheit und als Mittel
naus sind diese sehr effektiv, nachhaltig und kostengünstig.     anerkennen, die Millennium Declaration 13, sowie die

5                                                                  Strategiepapier: Die Fußball-WM als entwicklungspolitische Chance
Ke Nako Afrika

Verpflichtungserklärung 14. Diese beinhalten in Bezug        einstimmung mit dem Bericht des Wirtschafts- und Sozial-
auf HIV und AIDS explizite Bezugnahme auf Sport und Be-      rats 1980/Resolution 67, das Internationale Jahr zu einem
wegung.                                                      besseren Verständnis über den Wert des Sports und der
                                                             Bewegung für die menschliche Entwicklung und zu einer
Diese Feststellungen haben den Anstoß dafür gegeben,         systematischeren Instrumentalisierung von Sport in Ent-
dass Sport als wirkungsvolles Tool für Entwicklung und       wicklungsprogrammen beigetragen hat. Eine Evaluierung
Frieden benutzt wird und nicht weniger für das Erreichen     des Jahres zeigt, dass Aktivitäten, die während 2005 initi-
der MDGs.                                                    iert wurden, in vielen Fällen in normalen Programmabläufen
                                                             zu integrieren sind. Es gab schon Bewusstseinsbildung über
Das Jahr 2004 wurde von der Europäischen Union (EU)          den Nutzen von Sport und Leibesübungen in Sozial- und Bil-
zum Europäischen Jahr der Bildung durch Sport (European      dungsprogrammen, sowie Kampagnen und Bestrebungen,
Year of Education through Sports- EYES) erklärt und war      die mit konkreten Aktionen untermauert sind. Über 100
gekennzeichnet von einigen Aktivitäten innerhalb der EU      internationale Organisationen und tausende örtliche Projek-
von Organisationen unterschiedlicher Herkunft innerhalb      te wurden im Internationalen Jahr initiiert, im besonderen
der Teilnehmerländer. Sport wurde ferner im Bereich der      Sport und Bewegung/Leibesübungen als Tools für Bildung,
Bildung für Kinder und Jugendliche eingesetzt. In Öster-     Gesundheit, Entwicklung und Frieden zu etablieren. Sport
reich hat FairPlay-vidc mit FairPlay goes Education 15 und   wurde definiert als (a) ein wesentlicher Bestandteil für eine
der Organisation von Fußball- und Sportevents in Volks-      gute Ausbildung mit verpflichtendem Turnunterricht, der
schulen sowie Hauptschulen und Gymnasien dazu einen          in einigen Ländern als Universalpfeiler anerkannt wird, um
Beitrag geleistet.                                           Bildung, Gesundheit und die persönliche Entwicklung zu
Der oben angeführte Entschluss der UNO und die Prokla-       fördern (b) die Verbesserung des Gesundheitswesens (c)
mation der EYES der EU fand ihren Höhepunkt 2005 im          ein wesentliches Element um nachhaltige Entwicklung zu
Internationalen Jahr des Sports und der Leibeserzie-         erreichen und (d) der Beitrag zum andauernden Frieden…
hung (International Year of Sports and physical education    Sport wird, mit gebührender Betrachtung der kulturellen
– IYSPE), das einen starken Antrieb für Bemühungen, Sport    und traditionellen Dimensionen, als Mittel benutzt um Bil-
besser in der Entwicklungsagenda zu integrieren, schaffte.   dung, Gesundheit, Entwicklung und Frieden zu fördern. Da-
Daraus folgend hat der damalige UN-Generalsekretär Kofi      bei werden die Prinzipien der Menschenrechte – besonders
Annan den ehemaligen Präsidenten der Schweiz, Herrn          die der Kinder und Jugendliche – die Vielfalt der Menschen,
Adolf Ogi zu seinem persönlichen Berater in diesem Be-       Geschlechtergleichheit, sozialer Einschluss und Nachhaltig-
reich gemacht.                                               keit in Umweltfragen respektiert 18.“

Der EC Informationsbericht über Sport besagt, „dass          Im Jahr 2005 hat sich die FIFA Corporate Social Responsi-
Kooperation im Bereich des Sports das Potential hat zu       bility (soziale Verantwortung der Organisation) etabliert, um
besseren internationalen Beziehungen in anderen nicht-       Fußball für unterschiedliche Sozial- und Entwicklungsfragen
themenverwandten Bereichen beizutragen…Sport hat             zu nutzen. Im selben Jahr beim FIFA Confederations Cup in
eine globale Dimension erlangt und hat es verdient in        Deutschland schloss die FIFA eine Partnerschaft mit Unicef
einem politischen Dialog mit einbezogen zu sein…und,         „With Children We Win/Mit Kindern gewinnen wir“,
Sport in externen Unterstützungsprogrammen als Mittel        die Fußball als universelle Sprache nutzte um Aufspaltun-
um Bildung, Gesundheit, sozioökonomischer Entwicklung,       gen zu eliminieren und Brücken zu bauen und zentrale Wer-
Frieden und die Lösung von ethnischen Konflikten zu för-     te für andauernden Frieden, Gewaltlosigkeit und Toleranz
dern/bewerben 16.“                                           zu begünstigen 19.

Demnach wurden einige internationale Events gestartet,       Die zweite Magglingen Konferenz zu Sport und Entwicklung
um ein Bewusstsein für den Wert von Sport und Leibes-        in der Schweiz wurde von über 400 TeilnehmerInnen aus
übungen zu schaffen und für die Förderung der zentralen      70 Ländern besucht und kann als Höhepunkt für die IYSPE
Themen von Bildung, Gesundheit, Entwicklung und Frie-        betrachtet werden. Dort wurde in Bezug auf die Zukunft von
den.                                                         Sport für Entwicklung zum Handeln ermutigt.
Der Beschluss des Europaparlaments über Sport und Ent-       Während der österreichischen EU- Ratspräsidentschaft
wicklung am 1. Dezember 2005 begrüßte die IYSPE und          2006, wurde eine Studie präsentiert, die besagt, dass Sport,
betonte, dass Sportprojekte Grenzen überschreitende          im weiteren Sinne, 2004 Einnahmen von 407 Milliarden
Mittel hätten, um Kapazitäten in der Bildung aufzustellen,   Euro machte, was ca. 3,7% der EU-Schuldenstandsquote
sowie der allgemeinen Gesundheit, HIV/AIDS-Prävention,       ausmachte. Das heißt, dass Sport damit 15 Mill.Menschen
der Friedensschaffung und um sozialen Ausschluss, Ge-        Arbeit gibt, was 5,4% der Erwerbstätigen entspricht 20. Es
walt, Ungleichheiten, Rassismus und Xenophobie zu be-        wird vorgeschlagen, dass der Beitrag des Sports sichtbarer
kämpfen 17.                                                  gemacht werden sollte, sowie mehr Aufmerksamkeit in EU-
                                                             Grundsätzen bekommen sollte.
Dies ist ein klarer Hinweis dafür, dass Sport und Bewegung
stark zum Erreichen der MDGs und anderen Sozial- und         Der Informationsbericht der Europakommission zu Sport
Entwicklungsanliegen beitragen.                              bezieht sich auf die Rolle des Sports in der Verbesserung
Im Endbericht der IYSPE wurde festgelegt, „dass in Über-     des Gesundheitswesens, „als Mittel für Gesundheit, zur

6                                                              Strategiepapier: Die Fußball-WM als entwicklungspolitische Chance
Ke Nako Afrika

Verbesserung der Bewegung… Die Sportbewegung hat               Mädchen in unseren Gesellschaften beitragen. Die Beteili-
mehr Einfluss in diesem Bereich als irgendeine andere so-      gung von Frauen und Mädchen im Sport ermöglicht ihnen
ziale Bewegung in dieser Richtung… Sport wirkt anziehend       ihre Körper zu kennen und zu schätzen und das Recht zu
auf Menschen und hat ein positives Image…jedoch wird           haben auf gleicher Ebene mit Buben und Männern teilzu-
das erkannte Potential nicht gut genützt und muss entwi-       nehmen und mitzuwirken.
ckelt werden 21.“
                                                               Sport ist auch ein effektives Mittel, um Frauen einen ge-
                                                               sunden Lebensstil anzubieten, sowie Botschaften, die sie
1.7 Sport für Entwicklung in Aktion                            ermächtigen und ihnen Zugang zu Bildungseinrichtungen
                                                               und anderen Möglichkeiten im Leben bieten.
Die Erkenntnis ist die, dass Sport ein wirkungsvoller Weg
in Richtung der Umsetzung der MDGs der UNO ist, indem          Laut WHO ist die physische Untätigkeit nach Tabak der
Entwicklungsmöglichkeiten durch die Sportindustrie ge-         häufigste Grund für Sterblichkeit und Krankheit: Schlagan-
schaffen werden. Mit der Organisation großer Sportver-         fälle, Krebs, Fettleibigkeit, chronische Erkrankungen der
anstaltungen und dem essentiell wichtigen Schaffen von         Atemwege, Diabetes und fast alle Herz- und Gefäßkrank-
Lebenskompetenzen, kann ein produktives Leben in einer         heiten. Bewegung wird daher als kostenarme und effektive
Gemeinschaft erreicht werden. Das heißt der Sport schafft      Medizin für das Bekämpfen des weltweiten Problems der
Jobmöglichkeiten und kreiert eine Infrastruktur für ökono-     Fettleibigkeit gesehen. Körperliche Fitness könnte die ef-
mische Aktivitäten und ist somit ein nachhaltiges Mittel zur   fektivste Strategie zur Prävention chronischer Krankheiten
Armutsbekämpfung.                                              sein 23.

Länder wie Kap Verde, Mosambik, Sierra Leone, Tansania         Sport kann auch unterschiedlichste Gesellschaftsschich-
und Uganda haben alle Sport in ihren Poverty Reduction         ten erreichen und positive Vorbilder mit Präventionsbot-
Strategy Papers (PRSP)/Armutsminderungsstrategiepa-            schaften über HIV/AIDS und anderen übertragbaren Krank-
pier 22 integriert. Es wird auch erwartet, das TeilnehmerIn-   heiten vermitteln. Geschätzte 60% aller Todesfälle in der
nen, Freiwillige und TrainerInnen sich Lebenskompeten-         Welt werden von nicht-übertragbaren Krankheiten verur-
zen aneignen, die ihre Beschäftigungsfähigkeit erhöhen;        sacht, 2005 waren es 35 Millionen Menschen, einschließ-
Sportprogramme und die Produktion von Sportequipment           lich jungen Menschen sowie Menschen mittleren Alters.
(geschätzter Wert 60 Milliarden Dollar), schaffen Jobs und     Diese Zahl ist das Doppelte von HIV/AIDS, Tuberkulose
unterstützen die Entwicklung von Fähigkeiten. Fit und ge-      und Malaria. Es wird geschätzt, dass diese Zahlen um 17%
sund zu bleiben und folglich Krankheiten vorzubeugen,          zwischen 2005 und 2015 steigen werden 24. Magic John-
ermöglicht, dass Menschen arbeitsfähig bleiben und be-         sons Ankündigung 1991, dass er HIV positiv ist, wird als
deutet weniger Gesundheitsausgaben für Gemeinschaften          Meilenstein im Kampf gegen HIV und AIDS gesehen. Seine
und ganze Nationen und eine Mobilisierung des Geldes in        Offenheit half im Sport offen über HIV und AIDS zu spre-
anderen Entwicklungsprojekten.                                 chen, was wieder Menschen dazu veranlasste, Information
Sport kann positive Werte bewerben, die einen schnellen        und Beratung in Anspruch zu nehmen 25.
aber zugleich nachhaltigen Einfluss auf junge Menschen
haben. Jugendliche lernen über Fair Play, Disziplin, Team-     Sport ist auch ideal, um ein Bewusstsein für die Erhaltung
work und lernen auch mit Erfolg und Niederlage sowohl im       der Umwelt zu schaffen und bietet Partnerschaften zwi-
Spiel als auch im wirklichen leben umzugehen. Charakteris-     schen entwickelten und weniger entwickelten Ländern an,
tika, die essentielle Elemente einer guten Ausbildung sind.    zusammen am Erreichen der MDGs zu arbeiten.
Bewegung hilft Kindern und Jugendlichen auch bezüglich
ihrer kognitiven Entwicklung und dem Training derselben.       Sport hat für Menschen mit Behinderung viel Positives psy-
Sie schafft alternative Möglichkeiten für viele Jugendliche    chologischer und physiologischer Art zu bieten und durch
und auch Erwachsene sich zu rehabilitieren und sich in die     seine Popularität und das Potential der Integration, kann
Mehrheitsgesellschaft zu integrieren und sich durch die        es zur Bekämpfung von Rassismus, rassistischer Diskrimi-
Möglichkeit des Sports als informelle Bildung Fähigkeiten      nierung, Xenophobie und ähnlicher Intoleranz eingesetzt
anzueignen und weiterzubilden, Wissen auszutauschen            werden.
und neu anzueignen. Diese Chance wäre vielen Menschen
sonst in keiner Form zugänglich. Bewegung hilft Kindern        In den späten 1880er wurde Sport (Gymnastik) als The-
und Jugendlichen bezüglich ihrer kognitiven Entwicklung        rapie für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung ge-
und Training durch das Schaffen von Möglichkeiten, die         nutzt 26. Es wird angenommen, dass Sport die Wahrneh-
Erweiterung ihres Könnens und die Ermöglichung einer           mung über Personen mit Behinderung verändert und mehr
zweiten Chance.                                                Aufmerksamkeit auf ihre Fähigkeiten lenkt 27. Recherchen
                                                               haben auch gezeigt, dass Menschen mit Behinderung
Zunehmender Zugang für Frauen und Mädchen im Sport             durch Sport Stigmen, auferlegt von der Gesellschaft 28,
hilft ihnen ein Selbstbewusstsein und stärkere soziale In-     loswerden können, sowie Fähigkeiten zur Interaktion ver-
tegration aufzubauen, die den Jugendlichen hilft Vorurteile    bessern können, Unabhängigkeit entwickeln und ermäch-
aufgrund des Geschlechtes und Stereotypen zu überwin-          tigt werden ihr Leben selbst zu führen und Veränderung
den, die oft zur sozialen Verwundbarkeit von Frauen und        herbeizubringen 29.

7                                                                Strategiepapier: Die Fußball-WM als entwicklungspolitische Chance
Ke Nako Afrika

Dies ist eine Anekdote meines Landsmannes, Emmanuel           Sports auf die Ruhe und den Frieden zwischen Indien und
Yeboah. Er hat seit seiner Geburt am rechten Bein kei-        Pakistan, sowie das Melbourne Benefizspiel für die Tsuna-
nen Unterschenkel und wurde deshalb von seinem Vater          miopfer und die Euphorie nachdem der Irak das Asienspiel
verlassen, der sich wegen ihm schämte. Als Antwort auf        gewann während dort der Krieg tobte, gesehen. All dies
diese negativen Stigmen und Einstellungen, fuhr Yeboah        ist im Sport und in der Verbindung von Sport mit Kultur
mit dem Rad quer durch Ghana, um Aufmerksamkeit auf           möglich.
Menschen mit Behinderung zu lenken. Dies bewirkte, dass
die ghanaische Regierung das Thema der Behinderung an-        Die Popularität des Fußballs und die Anhängerschaft, aus
sprach. Seine Aktion hat ihn dann mit seinem Landsmann        allen Gesellschaftsschichten und Teilen der Welt, geben
Kofin Annan in Kontakt gebracht, den damaligen UN-Gene-       den SpielerInnen und allen Beteiligten den Status von Ido-
ralsekretär 30.                                               len und Mentoren, vor allem der Jugend, die gerne ihre
MYSA ist ein beispielhaftes Projekt in Afrika, das versucht   Vorbilder nachahmt. Dieses Phänomen ist nicht nur aus-
Jugendliche zu mobilisieren, ihnen ein Ziel vor Augen zu      schließlich im Fußball (geschätzt die populärste sportliche
stellen und Armut, Kriminalität zu bekämpfen und sich für     Disziplin der Welt), sondern auch in anderen Sportarten
Umweltfragen und ähnliche sozialen Anliegen zu engagie-       zu finden.
ren. Aus den über 14 000 Mitgliedern haben sich mehr
als 900 Teams, von denen mehr als 200 weibliche Teams         Kampagnen, die Fußball als Medium für Frieden, Entwick-
sind, gebildet, die in unterschiedlichen Ligen spielen. Die   lung und Bewusstseinsbildung nutzen und die Auseinan-
Aktivitäten von MYSA haben das Thema HIV/AIDS für Mäd-        dersetzung mit Sozialen- und Genderfragen und Integra-
chen thematisiert. Es wird geschätzt, dass das Programm       tion fördern, sind reichlich in der ganzen Welt zu finden
nun 3500 Mädchen umfasst, die in 250 Teams in 40 MYSA         und ihre Zahl steigt. Kampagnen wie Empowerment for
Mädchen Ligen spielen. Die TrainerInnen sind im Bereich       Peace in Africa, Asia, America and Europe über die
HIV/AIDS in der Jugendbildung ausgebildet 31.                 Förderung des Friedens durch Sport, Football for Com-
                                                              munity Development in Kenia, von der Mathare Youth
Die Roll Back Malaria Partnership (Partnerschaft zur          Sports Association (Jugendsportverband) die im Nutzen
Bekämpfung von Malaria), die mit globalen Geldmitteln         von Fußball Kooperation, Selbstwert, Selbstbewusstsein
finanziert wird, bekämpft in Kooperation mit der Sumito-      und körperliche Gesundheit, sowie eine gesunde Umwelt
mo Chemical (Produzent von Anti-Moskitonetzen) AIDS,          in der Mathare-Gemeinde in Kenia fördern, sind federfüh-
Tuberkulose und Malaria. In einer afrikaweiten Kampagne       rend. Die Kalusha Foundation in Sambia integriert Bu-
informieren sie über die Risiken von Malaria, den Nutzen      ben und Mädchen in ländlichen Gebieten und verschafft
der Prävention und die richtige Anwendung von Moskito-        ihnen durch Fußball Zugang zu zielgerichteter Bildung und
netzen. Die TV-Kampagne, die kostenlos in ganz Afrika         Berufsausbildung.
ausgestrahlt wurde, zeigte 12 internationale Top-Spieler
aus Afrika, unter anderem Didier Drogba vom FC Chelsea        Wir sehen Bespiele von früheren und jetzigen Stars wie
und Wilson Oruma von Olympique Marseilles.                    George Weah aus Liberia, der seinen Status als Fuß-
                                                              ballheld noch immer für den Frieden in seinem Land ver-
In Bezug auf die Möglichkeiten, Sport zur Verminderung        wendet. Dasselbe ist über Didier Drogba zu sagen, be-
von den Auswirkungen von Krieg, Konflikt, Trauma und          züglich Aktivitäten in der Elfenbeinküste. Anthony Baffoe
Gewalt zu nutzen, haben einige Projekte und Recherchen        ist aktiv im Kampf gegen Rassismus und den Ausschluss
gezeigt, wie Sport zur Milderung dieser Phänomene beige-      von schwarzen Spielern in Europa. Gemeinsam mit Abedi
tragen hat. Frühe Ergebnisse über Rehabilitationsprojekte     Pele haben sich die beiden SOS-Botschafter der FIFA den
durch Sport und Sporteinrichtungen/Freizeitzentren nach       Kindern in Notsituationen in Ghana verpflichtet. Dies sind
der Schießerei in der Beslan Schule in der russischen Re-     Fußballstars, die in unterschiedlicher Weise ihre Positionen
publik von Nordossetien zeigen zum Beispiel, dass diese       als Vorbilder für Entwicklung und Frieden einsetzen.
Sportprojekte der Jugend helfen mit den Emotionen, die
aus diesem Trauma heraus entstehen, umzugehen und Fäl-        Das Projekt Football for Dafur ist beispielhaft in den Be-
le von Depression zu vermindern 32.                           mühungen, Flüchtlingen ein Ventil für ihre emotionalen und
                                                              physischen Verluste zu geben. Football for HIV/AIDS
Sport hat sich als sehr effektives Mittel zur Bildung glo-    Prevention in Nigeria oder die Kampagne Prevention
baler Partnerschaften zwischen Menschen und Nationen          of HIV/AIDS in Ghana, Botswana, Uganda, Südafri-
bewehrt - und als Beitrag für Frieden und Versöhnung.         ka und Sambia sind weitere solche Beispiele. Kick Polio
Die Ping-Pong-Diplomatie zwischen den USA und China           out of Africa startete nach der Gastgeberschaft Nigerias
während der Spitze des Kalten Krieges, dass Nord - und        und Ghanas beim Afrikacup in 2000. TackleAfrica, Foot-
Südkorea dasselbe Team während den olympischen Spie-          ball Against Smoke, Football for Hope, Go Girls! Edu-
len präsentierten und Fußballmatches zwischen palästini-      cation for every girl, Learn and Play in Afghanistan,
schen und israelischen Teams sind nur ein paar Beispie-       die Partnerschaft zwischen CAF, Ghana und UNICEF,
le von vielen. Die meisten Beispiele, die hier aufgeführt     Sportsausstattungen von SOS Kinderdörfern, die von
sind, sind das Resultat von Kooperationen zwischen Na-        der FIFA zu Verfügung gestellt wurden, Say Yes For Child-
tionen, Gruppen, Völkern, Organisationen und Individuen       ren Campaign, Red Card to Child Labour, Right To
unterschiedlicher Herkunft. Wir haben die Auswirkung des      Play, Play Soccer, FairPlay-vidc, Football Against Ra-

8                                                               Strategiepapier: Die Fußball-WM als entwicklungspolitische Chance
Ke Nako Afrika

cism in Europe-FARE, Jugend eine Welt sind ein paar              Die „Female Athlete Triad“ ist beispielsweise ein Phänomen,
der zahlreichen Beispiele, die Sport und Sport-Stars als         das viele Hochleistungssportlerinnen und physisch aktive
Medium für Friedens- und Entwicklungsfragen in Afrika und        Mädchen und Frauen betrifft. Dieses Syndrom umfasst Ess-
anderen Teilen der Welt nutzen.                                  störungen, verzögerte oder unterbrochene Menstruation
                                                                 und Osteoporose (geringer Knochenaufbau). Dieses Syn-
                                                                 drom wird meistens selbst auferlegt, oder durch äußerlichen
1.8 Die andere Seite des Fußballs                                Druck angetrieben, um ein unrealistisch niedriges Körperge-
                                                                 wicht zu erreichen und zu halten 34.
Nichtsdestotrotz dürfen wir nicht vergessen, dass es auch
negative und problematische Aspekte im Bereich des Fuß-          Im selben oben angeführten Artikel, stimmt Wachter überein,
balls und des Sports gibt, die volle Aufmerksamkeit und          dass Fußball, wie jede andere Form der Populärkultur und
nachhaltige Strategien zur Bekämpfung benötigen.                 bis zu einem gewissen Grad auch Sub-Kultur, ambivalent ist.

Ich sehe Fußball oder Sport im Allgemeinen als zweischnei-       Bis jetzt ist jedoch das größte Problem im Sport, aber be-
diges Schwert. Wir dürfen nicht nur den Nutzen und das           sonders im Fußball, die diversen Formen von Diskriminie-
Potential für die Gesellschaft betrachten, sondern müssen        rung gegen unterschiedliche Gruppen. Deswegen wird mit
auch die Probleme wie Rassismus und Diskriminierung, die         diesem Projekt die Initiative ergriffen und mehrere Gruppen
Bestandteil dessen sind, angehen und gleichzeitig damit die-     von NGOs bis hin zu marginalisierten Gruppen, Flüchtlingen,
se Probleme innerhalb der Gesellschaft bekämpfen. Ich bin        Frauengruppen, Sportorganisationen, Individuen und Grup-
davon überzeugt, weil ich denke, dass die Probleme, die es       peninitiativen an Board geholt.
in Stadien und auf Fußballplätzen gibt, nicht dort entstehen.
Diese sind lediglich ein Spiegel dieser Erscheinungsformen       Überall hören und sehen wir diverse Formen von Diskriminie-
der Gesellschaft. Wenn wir diese Probleme auch behandeln         rung, ob offen, direkt, oder institutionalisiert. Es gibt „Uh Uh
können, verbessern wir nicht nur die Gesellschaft, sondern       Uh“ Affenlaute und rassistische Kommentare gegen Schwar-
garantieren, dass das volle Potential von Sport und Fußball      ze Spieler, gegen Roma, gegen Homosexuelle und Lesben,
ausgeschöpft und von allen genossen werden kann, unge-           bis zu dem Grad, dass Menschen lieber ihre Identität verste-
achtet der Hautfarbe, Herkunft, des Geschlechts, der Reli-       cken, wenn sie dies können. Die Mutigen kommen heraus
gion oder der sexuellen Orientierung…. Wir können darüber        und kämpfen dagegen.
hinaus dadurch auch Fairness, und Gerechtigkeit versichern
und Sport um des Sports Willen betreiben.                        Institutionalisierte Formen von Rassismus existieren in der
                                                                 Einschränkung der Anzahl von gewissen SpielerInnen auf-
Diese zahlreichen Probleme im Fußball und anderen Sport-         grund ihrer Herkunft und darin, dass Marginalisierte sehr
arten müssen ernsthaft angegangen werden und sind Teil           unterrepräsentiert sind in administrativen Positionen und
unseres Projektes. Vielmehr ist es ein Bereich und Thema         in TrainerInnenpositionen. Wenn wir den Prozentsatz von
mit dem sich FairPlay-vidc schon die letzten 12 Jahre aus-       marginalisierten/migrantischen SpielerInnen, die in Europa
einandersetzt und daher wesentlicher Bestandteil dieses          spielen, oder die Preise für den/die Beste/n Spieler/in ge-
Projektes.                                                       wonnen haben ansehen, können wir uns vorstellen, wie viele
                                                                 mehr diese Ebenen hätten erreichen können, aber aufgrund
In unterschiedlichen Sportarten, aber besonders im Fußball,      sozialer und politischer Barrieren daran gehindert wurden.
erschweren die Probleme wie Rassismus, Xenophobie, alle
Formen der Diskriminierung, eingeschränkte Teilnahme und         Ich, als Ghanaer der in der österreichischen Alpenregion
Zugang für bestimmte Gruppen aufgrund der Herkunft oder          Tirol als Schiedsrichter fungierte, beschloss diese Tätig-
Nationalität, Dopingprobleme und exzessive Kommerziali-          keit nicht länger auszuführen und mich in der Rassismus-
sierung, die volle Realisation vom Nutzen des Sports. Diese      bekämpfung zu engagieren als der damalige Vizepräsident
Dinge sind neben der Ausbeutung von SportlerInnen aus            des Tiroler Schiedsrichterverbandes (2004) einen Schwar-
Afrika und anderen weniger entwickelten Ländern, sowie           zen Spieler, vor allen Schiedsrichtern in einem Workshop,
die Ausbeutung von ArbeiterInnen, die Sportartikel in Asien      als einen KOHLENSACK beschrieb.
produzieren, zu nennen.
Wie es Kurt Wachter richtigerweise in seinem Artikel: Sport:     Abgesehen von Männlichkeit, gibt es nichts das erklärt,
Eine neue Methode in der Entwicklungspolitik darlegt,            dass erst in jüngster Zeit, 1970, Deutschland die Sper-
dienen Sport-Superstars in der ganzen Welt, ungeachtet ih-       re über Frauenfußball aufgehoben hat. Dies ist derselbe
rer Disziplin, als Vorbilder für die Öffentlichkeit, besonders   Grund warum Frauenfußball überhaupt erst 1996 aner-
für die Jugend, die so sein möchten wie sie. Dennoch, so         kannt wurde, mehr als ein Jahrhundert nach dem Beginn
Wachter, repräsentieren diese Stars, mehr als irgendeine         der modernen Olympischen Spiele.
andere Gruppe Professioneller, neo-liberale Ideologien des
Erfolgs und der Leistung 33.                                     Dies ist der Grund, warum Organisationen wie FairPlay-Vidc
                                                                 seit 12 Jahren in diversen Projekten und Dialogen mit un-
Der Druck erfolgreich zu sein drängt manche dieser Stars         terschiedlichen Gruppen, Aktivitäten und Organisationen mit
dazu, zu schwindeln um Erwartungen gerecht zu werden.            gemeinsamen Bemühungen involviert ist, um diese negative
Diese Beispiele spiegeln sich in Dopingskandalen wieder.         Seite zu bekämpfen. Dies wird in diesem Projekt fortgeführt.

9                                                                  Strategiepapier: Die Fußball-WM als entwicklungspolitische Chance
Ke Nako Afrika

Solche Initiativen gibt es in zahlreichen europäischen Län-   1.10 Was über die WM gesagt wird
dern, wie die Never Again Vereinigung in Polen, der Sport-
verband UISP in Italien, LICRA in Frankreich, Kick It Out,    In einem Brief an FIFA-Präsident Sepp Blatter in Südaf-
FURD, Show Racism the Red Card in England. Das sind nur       rikas Ausschreibungsbuch/Angebotsbuch, betonte Präsi-
ein paar von vielen Organisationen. Football Against Ra-      dent Thabo Mbeki, dass der „Grund für Südafrikas An-
cism in Europe (FARE), die Dachorganisation in Europa für     gebot für das Turnier die Entschlossenheit ist, dass das
alle, die Rassismus und alle Formen der Diskriminierung       21. Jahrhundert sich als Jahrhundert des Wachstums
im Sport, Fußball im Speziellen, bekämpfen, hat seit sei-     und eines entwickelten Afrikas entfaltet… Dies ist kein
ner Gründung 1999 in Wien, Österreich, einiges erreicht.      Traum, es ist eine praktische Strategie… die erfolgreiche
                                                              Gastgeberschaft der FIFA-WM in Afrika wird einen starken
FARE war bereits an sehr vielen Antirassismusaktionen         unwiderstehlichen Schwung/Impuls für die afrikanische
in ganz Europa in Kooperation mit FIFA, UEFA und ande-        Renaissance liefern… das Turnier würde neuen Stolz brin-
ren Sportinstitutionen und Clubs beteiligt. Gemeinsam         gen, sowie ökonomischen Wachstum für ganz Afrika…
mit mit Football Supporters International (FSI) und KOS in    wir wollen, im Namen unseres Kontinenten, ein Event auf
Deutschland, hat FARE Fan-Embassies und BesucherInnen-        die Beine stellen, das Wellen der Hoffnung vom Kap nach
programme, sowie Streetkick – Aktivitäten (Faktoren, die      Kairo sendet – ein Event, das soziale und ökonomische
achtbar zu einer erfolgreichen WM in Deutschland beige-       Möglichkeiten in ganz Afrika schafft. Wir wollen versi-
tragen haben) bei der FIFA-WM 2006 in Deutschland orga-       chern, dass eines Tages HistorikerInnen auf die WM 2010
nisiert.                                                      zurückblicken als Moment indem Afrika stolz und resolut
                                                              aufstand und das Blatt der Jahrhunderte der Armut und
UEFA und FARE haben auch eine Partnerschaft geformt,          Konflikte wendete. Wir wollen zeigen, dass Afrikas Zeit
die in den letzten Jahren sehr aktiv war; bei der Organisa-   gekommen ist 36.“
tion von Konferenzen über den Kampf gegen Rassismus,
Homophobie und den Ausschluss von Marginalisierten            Die Afrikanische Union (AU) 37 hat bei ihrer 8. Versammlung
im Fußball. Die Werbespots bei den jetzigen Champions         ihre Verpflichtung 2010 wahrlich ein afrikanisches Turnier
League – Matches sind das Resultat von Kooperationen          zu machen untermauert, indem sie ihre Länder zu voller
in diesem Bereich. Während der EURO 2008 in Öster-            und bedeutender Beteiligung an den Vorbereitungen im
reich und der Schweiz, haben FARE, die UEFA und FSI           Vorfeld der 2010 Weltmeisterschaft verpflichten…rundum
auch Streetkick, Fan Embassies und Euroschools 2008           Unterstützung für den Staat und die Menschen Südafrikas
organisiert, das die Teilnahme von allen UEFA-Nationen        für die erfolgreiche und effektive Organisation des Turniers
erforderte, um die Barriere der Vorurteile, des Hasses,       anbieten… Die AU hat ferner die FIFA, die afrikanische Fuß-
der Gewalt und des Rassismus und der Diskriminierung zu       ballkonföderation CAF, die internationale Sportcommunity
durchbrechen.                                                 und FreundInnen Afrikas dringend gebeten die notwendige
                                                              Unterstützung für Südafrika in der Vorbereitung für die WM
                                                              2010 zu leisten und hat Mitgliedsstaaten gebeten, natio-
1.9 Die FIFA-WM in Südafrika: Die Möglichkeit                 nale Programme zu entwickeln und SportbotschafterInnen
                                                              der Afrikanischen Union zu bestimmen, um das Internatio-
Die FIFA-Weltmeisterschaft 2010 ist zum ersten Mal am         nale Jahr des Afrikanischen Fußballs „Sport für alle“ – Pro-
afrikanischen Kontinent. Seit 2000 ist es so zu sagen ein     gramm (Sport for All), sowie das 2010 FIFA-WM Legacy
offenes Geheimnis, dass ein afrikanisches Land, insbeson-     Programm 38 durchzuführen.
dere Südafrika, Gastgeber der WM in naher Zukunft sein
wird. Seit der Vorbereitung für die Ausschreibung (Afrikas    Im Jänner 2007 wurde das Internationale Jahr des Afri-
Zeit ist gekommen und Südafrika ist bereit, besagt            kanischen Fußballs gestartet. Ziele waren Solidarität mit
das Ausschreibungsbuch) war es klar, dass dieser Wettbe-      Südafrika zu bekräftigen, afrikanischen Fußball zu zeleb-
werb zu einem afrikanischem Event gemacht werden wür-         rieren, dem 50. Jubiläum der CAF zu gedenken, sowie die
de, wenn der Antrag erfolgreich ist.                          Geschichte des Fußballs in Afrika zu feiern.

Irgendwie gab es den Glauben, dass diese WM Selbstver-        Das Hauptziel der AU ist es, Sport als Tool für nachhaltige
trauen, ein Bewusstsein der Einheit Afrikas, Wohlstand und    ökonomische Entwicklung, Armutsverminderung, Frieden,
vielleicht ein Umdenken Afrikas Position in der Weltszene     Solidarität und sozialen Zusammenhalt zu bewerben. Das
bringen wird. Kein Wunder, dass nach der Ankündigung Fei-     Legacy Programm (Vermächtnisprogramm), dass vom
ern und Jubel, Hoffnung und ein Gefühl der Akzeptanz am       Organisationskomitee der südafrikanischen Regierung ge-
ganzen Kontinent folgten.                                     startet wurde, bekam daher folgende Arbeitsaufgabe:

Seither, wird der Wettbewerb als die Möglichkeit für Afrika     •• Die Realisation der Afrikanischen Renaissanceziele,
betrachtet. Dieses Event wird als einzigartige und einmali-        einschließlich der Programme der Afrikanischen Uni-
ge Möglichkeit, sowohl auf dem Kontinent Afrika, als auch          on, wie beispielsweise Nepad.
auf der ganzen Welt, beschrieben. Es wird als Chance für
ganz Afrika beworben, vom Turnier zu profitieren, nicht nur     •• Maximale und effektive afrikanische Partizipation an
                                                                   der FIFA-WM 2010 zu gewährleisten.
für das Gastgeberland 35.

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Ke Nako Afrika

  •• Die Stärkung und Verbesserung des afrikanischen           hauptsächlich auf den potentiellen ökonomischen Gewinn
     Fußballs.                                                 für eine Nation, Region oder Volk, welchen Nutzen das
  •• Afrikas globales Image zu verbessern und den Afrika-      Event dem Sport bringt und ob alle Vorbereitungen gut
                                                               laufen.
     Pessimismus zu bekämpfen. 39
                                                               Aber es gab es noch nie ein solches Event in einem Land,
Dies wird als rein afrikanische Angelegenheit betrachtet       das mit dem ganzen Kontinent verbunden ist, wo die Fra-
und ist eigentlich besonders einzigartig für Afrika. Mit der   gen, wie es sein wird und was danach übrig bleibt so groß
Intention durch Partner wie der FIFA, CAF, der UNO und         geschrieben werden, wie bei Südafrika 2010.
AU zusammenzuarbeiten, wird vorgesehen, dass Synergi-
en mit existierenden Programmen und Initiativen gebildet       Südafrika könnte ein Spezialfall sein, nicht wegen der po-
werden, um das folgende zu stärken:                            litischen Geschichte des Landes oder wegen der Wahr-
                                                               heits- und Versöhnungskommission und dem Versuch die
  •• Fußballunterstützung –und Entwicklung                     Geschichte in der Vergangenheit zu belassen, davon zu
  •• Umwelt und Tourismus                                      lernen und einen gemeinsamen Weg nach Vorne zu schaf-
                                                               fen; nicht wegen Nelson Mandela, nicht wegen den demo-
  •• Kultur und Erbe                                           kratischen, ökonomischen und politischen Hoffnungen, die
  •• Kommunikation                                             Südafrika als Model für andere afrikanische Länder vertritt
                                                               und nicht weil Südafrika die ökonomischen Merkmale einer
  •• Telekommunikation                                         entwickelten Welt trägt, aber mit den Institutionen, die cha-
  •• Kontinentale Sicherheitskooperation  40                   rakteristisch sind für unterentwickelte Länder.

Michael Fanizadeh erklärt in seinem Artikel im Kurier vom      Gerade weil dieses Event in Afrika stattfindet, kann man
25. April 2008 mit dem Titel „Football for Hope“ als Mit-      sagen, dass sich der Hype mit der Frage befasst, ob Afri-
tel zur Armutsbekämpfung: Mit der Vergabe der Endrunde         ka dieses moderne Megaevent überhaupt über die Bühne
2010 in Südafrika- der ersten WM auf afrikanischem Bo-         bringen kann. Dies beruht auf die Vorstellung, die die Men-
den- geht die FIFA den Weg der Globalisierung des Pro-         schen außerhalb Afrikas von diesem Kontinent haben. Am
dukts Fußball konsequent weiter 41.                            wichtigsten ist jedoch, wie der Event als afrikanische An-
                                                               gelegenheit gesehen wird und folglich die Fragen: “Können
Die FIFA selbst beschreibt diesen Tag als das größte Spek-     sie dieses Event über die Bühne bringen, ist es überhaupt
takel auf Erden 42 und im Jänner 2009 hat die FIFA in Er-      möglich und sind sie fähig dazu?“ Diese Fragen kommen
innerung an den Tag als das Angebot an Südafrika ging          hauptsächlich von Menschen außerhalb Afrikas, die wenig
gesagt: “Dieser Tag der Auslosung war auch ein histori-        oder gar kein Verständnis oder Wissen über Afrika haben,
scher Meilenstein auf dem Weg hin zu nachhaltigen posi-        außer den Vorurteilen, Stereotypen, Rassismen und völli-
tiven Entwicklungen auf dem afrikanischen Kontinent, die       ger Missachtung der Kultur und Mitmenschen.
im Kielwasser der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Südafrika
2010 ™ erreicht werden sollen 43.“                             Diese Vorstellungen basieren auf einem Eurozentrismus,
                                                               der die Vorstellung, dass ein solcher Event in diesem Teil
                                                               der Welt stattfinden kann, nicht zulässt (Ein Event, der
1.11 Kann Süd(Afrika) Gastgeber sein?                          ohne weiteres als Paradebeispiel der Modernität, des
                                                               Neoliberalismus und des Postindustrialismus genannt
Die Gastgeberschaft von kontinentalen und globalen Sporte-     werden kann). Eine Vorstellung, die größtenteils das Er-
vents wie die FIFA-Weltmeisterschaft, UEFA EURO oder die       gebnis der Medienberichte und Informationen ist, die au-
Olympischen Spiele, sind zu einem sogenannten Megaevent        ßerhalb des Kontinents zugänglich sind. Diese basieren
geworden. Aus diversen Gründen ziehen diese Megaevents         auf der großen ökonomischen Ungleichheit und Armut auf
die Aufmerksamkeit von PolitikerInnen, ForscherInnen,          dem Kontinent, sowie den unterschiedlichen Formen der
AnalytikerInnen, Interessensverbände, Businessleuten,          Gewalt, die wir aus den Medien kennen, der HIV/AIDS-
SportlerInnen, NGOs, sowie die Öffentlichkeit aus allen Ge-    Pandemie und anderen Krankheiten, der Flüchtlingswelle,
sellschaftsschichten an. Dies ist verständlich, wenn man di-   Hunger, Dürre, Konflikte, den neuerlichen innerparteili-
verse Interessen, die Bedeutung und die Potentiale die vor,    chen Streitigkeiten des ANC, sowie den Problemen des
während und nach diesen Events ins Spiel kommen.               benachbarten Simbabwe.

Jedoch, wenn wir die FIFA-WM 2010 in Südafrika betrach-        Ich interpretiere diese Denkweise als Unfähigkeit der Ge-
ten, stellt sich heraus, dass dieses Event noch mehr Auf-      sellschaft diesen Event als Eröffnung zu sehen, um die ver-
merksamkeit, Diskussionen, Spekulationen und sogar             gangen Beziehungen zwischen Afrika und der westlichen
Zweifel hervorbringen wird, als wir es in der Vergangenheit    Welt kritisch zu betrachten. Meiner Meinung nach kann die-
gewohnt waren.                                                 se Plattform für die Neugestaltung von Strategien genützt
                                                               werden, um eine nachhaltigere und symbiotische Form der
Dieses Mal ist es Süd(Afrika) oder Afrika… Normaler-           Kommunikation, des Dialogs und der Interkulturalität zu
weise bezieht sich der Hype rund um ein solches Event          etablieren.

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