KLIMASCHUTZ - MEHR STEUERN ALLEIN RETTEN DAS KLIMA NICHT. ES BRAUCHT ANREIZE FÜR EINEN KLAREN LENKUNGSEFFEKT UND UM DIE BEVÖLKERUNG MITZUNEHMEN.
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DER REPORT 2021 Sonderheft der Bewusstseinsbildung bei Unternehmern, Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten KLIMASCHUTZ Steuern steuern nicht! MEHR STEUERN ALLEIN RETTEN DAS KLIMA NICHT. ES BRAUCHT ANREIZE FÜR EINEN KLAREN LENKUNGSEFFEKT UND UM DIE BEVÖLKERUNG MITZUNEHMEN. Foto: iStock.com/themacx
EDiTORial Etikettenschwindel beim Klimaschutz Foto: Christian Plach V or Kurzem machte der schwedische Hoch- zent. Das geht so weit, dass überhaupt kein CO2 schulprofessor Magnus Söderland den mehr ausgestoßen werden soll. Die latte wird im- durchaus ernst verpackten Vorschlag, man mer höher gesetzt und mit dem vermeintlichen solle doch darüber nachdenken, für den Klima- Endzeitszenario argumentiert. Doch was dabei völ- schutz zukünftig auch menschliche leichen zu ver- lig aus dem Blick gerät, ist der Sinn für das Mach- speisen. Das sei effizient und würde helfen, den bare und das Vernünftige. ist es vernünftig, große tierischen Fleischkonsum zu reduzieren. Seine aus- anstrengungen für den Klimaschutz zu machen? führungen wurden auch in namhaften Fachzeit- Ja, definitiv. Doch nicht alles, was Klimaaktivisten schriften besprochen. So absurd und verwerflich fordern, ist dieser Vernunft unterworfen. dieser Vorschlag ist, die große Empörung darüber blieb aus. aus der Klimabewegung kam sogar ver- Beim Klimaschutz müssen wir daher wieder ein ge- haltene Zustimmung. Wenn es dem Klima nützt, sundes Urteilsvermögen entwickeln. Wir müssen wird man wohl irgendwann darüber nachdenken darüber diskutieren, welche Maßnahmen wirklich müssen. effektiv sind und vor allem auch effizient. ansons- ten laufen wir Gefahr, uns in Sackgassen zu verren- Nun, ernst gemeint hat Söderland das natürlich nen, indem wir voller Zuversicht Maßnahmen tref- nicht, denn er forscht zu Marketingstrategien und fen, die am Ende dem Klima nichts nützen. Die Wis- er ließ mit seinem unappetitlichen Vorschlag einen senschaft ist hier durchaus ein guter anhaltspunkt, Testballon los, wie die Öffentlichkeit auf scheinbar der ideologische Klimaaktivismus eher nicht. Denn absurdes und komplett Verwerfliches reagiert, mit letzterem ist es wie mit der Pharmaindustrie, wenn man es nur mit den richtigen Framings und deren Geschäftsmodell darauf beruht, dass die Pa- Narrativen verbindet. Damit entlarvt er eine mitt- tienten nie „ganz“ gesund werden. Genauso hat lerweile sehr ernst zu nehmende Urteilsschwäche der ideologische Klimaaktivismus eigentlich kein der öffentlichen Meinung, wenn es um den Klima- interesse daran, das Klima „ganz“ zu retten, denn schutz geht. Unter dem Etikett „Klimaschutz“ lässt dann würde der aktivismus ja seine Daseinsbe- sich inzwischen so ziemlich alles wirtschaftlich und rechtigung verlieren. auch politisch verkaufen. Sind die argumente ei- nigermaßen logisch gestrickt und mit einigen abs- Genauso wie wir das Greenwashing der Konzerne trakten Messdaten vermischt, wird auch der absur- durchschauen müssen, müssen wir auch den Eti- deste Vorschlag schon einmal durchgenickt. kettenschwindel der Klima-ideologen durschauen. Nämlich dort, wo es nicht ums Klima, sondern um Es ist nie genug Machtinteressen geht. Denn dafür haben wir wirk- Bei genauerer Betrachtung gibt es innerhalb der lich keine Zeit mehr! aktivistischen Klimabewegung bereits eine Vielzahl solcher absurden Forderungen, die man argumen- tativ mit dem Klimaschutz verbindet, die aber na- Meint wohlwollend ihr türlich gänzlich in die falsche Richtung gehen wür- den. Z.B. sollten klimabewusste Frauen darüber Stefan Rothbart nachdenken, keine Kinder mehr zu bekommen Chefredakteur (luisa Neubauer). Egal welches Ziel die Politik an- Wirtschaftsnachrichten Süd peilt, für die Klimaaktivisten wird es nie genug sein. Wenn die EU die CO2-Emissionen um 55 Prozent reduzieren will, fordern aktivisten sofort 70 Pro- 54 Klimaschutz DER REPORT 2021
Ein erster schritt – aber wohin? im märz wurde das Erneuerbaren-ausbau-Gesetz, kurz EaG, durch minis- terin leonore Gewessler vorgestellt. Endlich. Doch der spießrutenlauf beginnt damit erst. Jetzt muss das wichtige Gesetz zum Erreichen der Energieziele im Parlament beschlossen werden. Für Energieversorger wie der EVN ein erster wichtiger schritt, dem weitere folgen müssen. Von stefan Rothbart D as EaG gilt als der große Wurf für die Ener- giepolitik in Österreich. Nach langer Eva- luierungsphase und zahlreichen Einwen- dungen soll das Gesetzt nun durch den Nationalrat gehen und schließlich beschlossen werden. Um das Ziel, bis 2030 die Stromproduktion in Öster- reich auf 100 Prozent erneuerbare Energien um- zustellen, zu erreichen, ist das EaG von zentraler Bedeutung. Es schafft die Rahmenbedingungen, damit die investments in die Energiewirtschaft flie- ßen können. Doch es bleiben viele Fragen nach wie vor offen. Es wird als nächsten Schritt einen mit der Energiewirtschaft abgestimmten ausbauplan benötigen, denn bislang ist noch nicht hinreichend geklärt, wo und vor allem von wem die benötigten Kapazitäten ausgebaut werden sollen. Klimaminis- terin leonore Gewessler will hier auch die Bundes- ten Flächen für eine Energienutzung freihalten. Foto: iStock.com/Hartmut Kosig länder stärker in die Pflicht nehmen. Das würde mehr überregionale Planung erlauben. Raumordnung für Energienutzung Netz- und speicherausbau Neben zahlreichen technischen Fragen stellt sich Die niederösterreichische EVN war im Jänner der vor allem jene des Platzbedarfs. Für große Foto- erste Energieversorger, der nach dem „Beinahe- voltaikanlagen oder Windräder braucht es die nö- Blackout“ im europäischen Energienetz mehr Ver- tigen Flächen. Die österreichischen Solar- und sorgungssicherheit einmahnte. Wie beurteilt man Windkataster zeigen an, wo die Errichtung von er- bei der EVN nun das neue ausbau-Gesetz? „Das neuerbaren Energien günstig ist. Erst recht spät Gesetzespaket schafft die Grundlage für ein künf- hat die Politik begriffen, dass man dafür auch mas- tig weitgehend erneuerbares Energiesystem in siv und dringend in die Raumordnungspolitik der Österreich. Wichtig ist jedoch, dass der dafür er- Gemeinden und Bundesländer eingreifen muss, forderliche massive ausbau der erneuerbaren um die geeigneten Flächen auch zu sichern. Bei Energien Hand in Hand mit der Versorgungssicher- Fotovoltaik soll der Dachausbau Vorrang bekom- heit geht“, heißt es dazu von der EVN. Um das künf- men. auf landwirtschaftlichen Flächen soll eine tige Energiesystem erneuerbar, leistbar und vor al- Doppelnutzung kommen. Die grüne Wiese soll lem sicher zu gestalten, brauche es ein ganzes wenn möglich verschont werden. Bündel an sinnvollen Begleitmaßnahmen – etwa flexible Kapazitäten wie schnellstartende kleine Nicht den ländern und Gemeinden Gasturbinen, mit denen die Schwankungen von überlassen Wind- und Sonnenstrom ausgeglichen und nach Da die länder und Kommunen vielerorts schon einem ausfall die Netze rasch wieder aufgebaut jetzt keine vernünftige Raumplanung hinbekom- werden können. „Speziell das österreichische men, sollte man ihnen den ausbau der Erneuer- Stromnetz ist extrem sicher und gut auf alle arten baren besser nicht überantworten. Der Bund hätte von Störfällen vorbereitet. Ein europaweites Black- die Möglichkeit, die Raumordnung zu steuern. Zur out kann aber trotzdem niemand zu 100 Prozent Sicherung wichtiger Rohstoffe kann jetzt schon die ausschließen. Unsere Sorge gilt in erster linie dem Bundesregierung sogenannte Rohstoffvorrangzo- Netzwiederaufbau danach. Hier sehen wir großen nen einrichten, um die Flächen vor Verbauung zu Handlungsbedarf und halten einen runden Tisch sichern. Ähnlich könnten auch Energievorrangzo- mit allen Verantwortlichen für ein Gebot der nen angedacht werden, die sich am Solar- und Stunde“, berichtet EVN-Pressesprecher Stefan Windkataster orientieren und die die ertragreichs- Zach. l DER REPORT 2021 Klimaschutz 55
Foto: iStock.com/acilo Klimaschutz: ein statusbericht Das Klimaabkommen von Paris hat sich zum ziel gesetzt, die globale Er- wärmung unter zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten. Dafür muss sich unser cO2-ausstoß bis 2050 mehr als halbieren. Europa ist auf einem guten Weg, doch wie sieht es im Rest der Welt aus? Von stefan Rothbart i n Europa bekommt man leicht den Eindruck, für Klima- und Umweltschutz ist weltweit genauso Klimaschutz sei ein zentrales weltweites ungleich verteilt, wie es die Verursacher der Klima- Thema. Die Dichte der medialen Berichterstat- krise sind. Das Handlungsbewusstsein in den meis- tung hierzulande lässt einem diese annahme sehr ten westlichen industrieländern ist inzwischen sehr leicht treffen. Und obwohl der Klimaschutz auf ei- hoch, in Entwicklungsländern hingegen leider ner politischen Ebene definitiv ein weltweites zen- nicht. Dabei sind letztere ausgerechnet jene, die trales Thema ist, ist er in der breiten, globalen Be- die Probleme der Klimakrise als erstes spüren. völkerung längst nicht angekommen. in vielen län- Doch der Klimawandel ist oft nicht ihr dringendstes dern ist der Kampf gegen die Klimakrise lediglich Problem. Die tägliche Portion Nahrung oder Was- ein weiteres Problem von vielen. Das Bewusstsein ser, Zugang zu Hygiene und Gesundheit sind drän- 56 Klimaschutz DER REPORT 2021
gender. Bewusstsein für Klimaschutz ist ter, Milliarden in eine von vornherein dekarboni- ein Wohlstandsphänomen, wenn sonst sierte Entwicklung ärmerer länder zu stecken? Wo keine existenziellen Nöte im alltag vor- ist eine Klimaschutzmilliarde daher am effizientes- handen sind. Diese Erkenntnis ist insofern ten investiert? Darauf gibt es bislang keine befrie- wichtig, denn sie zeigt auf, dass die Klima- digende antwort. Die komplette Dekarbonisierung krise keineswegs nur mit der Vermeidung aller Wirtschaftssektoren in Deutschland würde ge- von CO2 zu lösen ist, sondern eine umfas- schätzt 4.000 Milliarden Euro an Kosten verursa- sende soziale Krise darstellt. Ginge es nur chen. 2019 lag die weltweite investitionssumme in um die Vermeidung von CO2, dann wäre erneuerbare Energien nur bei 301,7 Milliarden US- es ein logischer Schluss, die armen länder Dollar. Derweil lebt rund die Hälfe aller 1,3 Milliar- möglichst arm und unterentwickelt zu hal- den afrikaner noch ohne Strom. laut Schätzungen ten. Weil das niemand will, sollen die rei- der african Development Bank würde eine Elektri- chen industriestaaten die Hauptlast der fizierung des Kontinents mit erneuerbarem Strom CO2-Einsparung übernehmen, während für 80 Prozent der Bewohner lediglich rund 500 Mil- sich die Entwicklungsländer, nun ja, ent- liarden US-Dollar kosten. Vier Billionen für die De- wickeln können. Wenn aber Europa (das karbonisierung eines industrielandes gegen eine nur rund sieben Prozent der Weltbevölke- halbe Billion für die komplette erneuerbare Elek- rung ausmacht) 55 Prozent seiner Treib- trifizierung eines Kontinents. Nun, durchgerechnet hausgasemissionen einspart, dann ist das hat sich das noch niemand genau. Doch vielleicht global ein Tropfen auf den heißen Stein. sollten wir den Mitteleinsatz im Kampf gegen den Zielführend kann daher nur sein, das Klimawandel neu bewerten. Klimabewusstsein in den Schwellen- und Entwicklungsländern radikal zu steigern cO2-statusbericht und deren Wohlstand von vornherein Die Europäische Union plus Großbritannien und nachhaltig zu gestalten. die USa haben von 1990 bis 2019 etwa gleich viel CO2 ausgestoßen, wie China seitdem zusätzlich Klimasünden der Vergangenheit emittiert hat. Das zeigt der CO2-Report des Joint Bisweilen argumentiert man in der Klima- Research Centers (JRC) der Europäischen Kommis- politik so: Die reichen industriestaaten sind sion. Die Einsparungen westlicher industriestaaten die größten Verursacher von Treibhausga- seit 1990 sind durch die Zuwächse an Treibhaus- sen. Sie haben in der Vergangenheit am gasen in ländern wie indien und China vollständig meisten zur Klimaerwärmung beigetra- kompensiert worden. Klimapolitik verkommt zur gen, daher müssen sie jetzt auch die größ- Sisyphusarbeit. Der JRC-Bericht für das Jahr 2020 ten anstrengungen zur CO2-Einsparung zeigt, dass global über alle industriesektoren der treffen. Diese argumentation ist aber inef- CO2-ausstoß von 1990 bis 2019 um 68 Prozent zu- fizient. Die industriestaaten haben sich an- genommen hat. Die EU27 plus Großbritannien ha- hand der damals verfügbaren vorrangig ben im selben Zeitraum ihre CO2-Emissionen um fossilen Technologien entwickelt. Entwick- 25 Prozent verringert, während sie in China um lungsländer hätten aber heute die Chance, das fos- ganze 380 Prozent, in indien um 333 Prozent, in in- sile Zeitalter zu überspringen und ihre industriali- donesien um 282 Prozent und in Staaten wie Kam- sierung gleich mit erneuerbaren Technologien zu bodscha sogar um satte 3.951 Prozent gestiegen gestalten. Das passiert aber vielerorts nicht, weil er- sind. Wenn wir nicht bald mehr auf eine nachhal- neuerbare Technologien angeblich für viele länder tige Entwicklung der Schwellenländer setzen, wird nicht leistbar sind. Deshalb bauen China und indien das mit dem Zwei-Grad-Ziel garantiert nichts. Üb- weiterhin Kohlekraftwerke, während der Westen rigens: Österreich ist kein Klima-Musterschüler. im Milliarden dafür einsetzt, seine industrie unter gro- Gegensatz zu vielen EU-ländern haben wir von ßen anstrengungen zu dekarbonisieren. Global be- 1990 bis 2019 um 15 Prozent mehr CO2 ver- trachtet, ist das effizient? Wäre es nicht viel effizien- braucht. l CO2-Emissionen von 1990 bis 2019 in Prozent: Quelle: JRC-Bericht 2020 der EU Kommission EU27 + GB: -25 % China: +380 % Indien: +333 % USA: + 1 % Großbritannien: -38 % Dänemark: -42 % Deutschland: -31 % Österreich: +15 % DER REPORT 2021 Klimaschutz 57
„Keine ausreden, nur handeln“ Klimaschutzministerin leonore Gewessler (Die Grünen) führt das wichtigste ministe- rium für die Konjunkturbelebung nach co- rona. Ob Energie, mobilität, umwelt oder infrastruktur, für die transformation der Wirtschaft führt kein Weg an ihr vorbei. Das birgt chancen, schürt aber auch Wider- stand. Wie weit sind die Pläne der super- ministerin bereits und wo ist sie zu Kom- promissen bereit? interview von stefan Rothbart Frau Ministerin Gewessler, die Wirtschaft möchte die NoVA-Erhöhung für gewerbliche Fahrzeuge aufschieben. War die Erhöhung mit- ten in einer massiven Wirtschaftskrise wirklich der beste Zeitpunkt und wird es Nachbesserun- gen bei der NoVA-Erhöhung geben? Mit diesem Teil der ökosozialen Steuerreform be- lohnen wir all jene, die Öffis, Fahrräder und E-au- Kürzlich haben Sie das wichtige und von der tos nutzen. Mit der Sachbezugsbefreiung auf Netz- Wirtschaft heißerwartete EAG auf den Weg ge- und Zeitkarten und auf Diensträder. Und – beson- bracht. Wie kann sichergestellt werden, dass die ders hochpreisige und umweltschädliche Spritfres- Ausbauziele in den nächsten Jahren bis 2030 ser werden teurer. Wer unser Klima besonders be- auch wirklich erreicht werden? lastet, soll einen fairen Beitrag leisten. Das stellen Wir haben eines der größten, manche sagen das wir damit sicher. Die Klimakrise ist die große Frage größte, Gesetzespakete im Energiebereich auf den unserer Zeit – da gelten keine ausreden, nur Han- Weg gebracht. Das Erneuerbaren-ausbau-Gesetz deln. Uns war dabei auch wichtig, den CO2-aus- (EaG) ist nun im parlamentarischen Prozess. Mit stoß als Kriterium noch stärker zu gewichten und diesem Gesetz schaffen wir die Grundlage für 100 bestehende Schlupflöcher zu schließen. Dazu zäh- Prozent erneuerbaren Strom bis 2030. Jetzt geht len etwa die leichten Nutzfahrzeuge, wobei hier es einerseits um die Umsetzung der vielen Punkte auch häufig privat genutzte Pick-ups und Gelän- darin, sei es bei der Regulierung durch Verordnun- defahrzeuge hineinfallen. Bislang hat CO2 in der gen oder aber auch einfach für die vielen akteure. Kaufentscheidung in diesem Bereich keine Rolle Beispielsweise Netzbetreiber, die vor wirklich gro- gespielt. Das ändert sich nun schrittweise. Für wirk- ßen Herausforderungen stehen, etwa ihre Kommu- samen Klimaschutz ist es zentral, die richtigen Rah- nikationseinrichtungen und abläufe anzupassen menbedingungen und damit auch Preissignale zu und viel mehr. aber auch Unternehmen und setzen. Viele Hersteller werden hier auch reagieren Stromvermarkter, die neue Geschäftsmodelle ent- und vermehrt sparsame Modellvarianten anbieten. wickeln können und sollen. Wir ermöglichen hier Wir beobachten darüber hinaus schon jetzt bei E- wirklich viel Neues, und das ist erst der anfang. Um Fahrzeugen eine enorme Dynamik in der Markt- für 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien entwicklung, auch im Bereich der Nutzfahrzeuge, zu sorgen, müssen auch die Fotovoltaikanlagen, die wir ebenfalls mit Förderungen und steuerli- Windkraftanlagen und andere Kraftwerke gebaut chen anreizen stimulieren. werden können. Hier muss an vielen Schrauben 58 Klimaschutz DER REPORT 2021
Klimaschutz- und Innovationsministerin Leonore Gewessler Foto: andy Wenzel/BKa gedreht werden. auch die Bundesländer sind hier Kraftwerke errichtet werden können. Einige Bun- gefordert. Mit ihren wesentlichen gesetzlichen Ver- desländer wie das Burgenland, die Steiermark antwortlichkeiten bei Bau- und Raumordnung kön- oder Niederösterreich haben das bereits vorge- nen sie jedes einzelne Bundesland zum Vorreiter zeigt. in Sachen Klimaschutz und ausbau der Erneuer- baren machen. Das sorgt auch für regionale Wert- Die steirischen Grünen haben kürzlich einen An- schöpfung und sichere arbeitsplätze. Denn Klima- trag eingebracht, um Fotovoltaikflächen in der schutz ist der absolute Job- und Wirtschaftsmotor. Raumordnung entsprechend widmen zu kön- nen. Dies sei notwendig, um dem Wildwuchs Wird es noch einen mit der E-Wirtschaft abge- bei großen PV-Anlagen vorzubeugen und die stimmten Fahrplan geben, der genau definiert, Energiewende in geordnete Bahnen zu lenken. wer wie viel Erneuerbare und vor allem wo aus- Ist angedacht, hier seitens des Bundes den Län- bauen wird? dern raumplanerische Vorgaben zu geben, da- Mit dem EaG schaffen wir die Rahmenbedingun- mit der Flächenbedarf für den EE-Ausbau auch gen, die etwa auch die Marktakteure und die E- gesichert ist? Wirtschaft brauchen. Wir legen damit den Grund- Was wir tun wollen und machen, ist gemeinsam stein für die Möglichkeit, diese Bedingungen zu mit den Bundesländern daran zu arbeiten, dass wir nutzen, um Geschäftsmodelle und erneuerbare Energien zu entwickeln. Wir unterstützen mit mit dem EaG etwa investieren wir bis 2030 jährlich höchstem Engagement solche Projekte dann, da- mit sie realisiert werden. Was die Planung und Er- eine milliarde Euro in den ausbau der erneuerbaren richtung von infrastruktur und Erzeugungsanlagen Energien. Damit lösen wir in den kommenden zehn für Erneuerbare betrifft, ist es natürlich sinnvoll, Jahren Gesamtinvestitionen von insgesamt 30 milliar- dass Bundesländer Zonenpläne entwerfen, wo etwa Windenergieanlagen oder Sonnenstrom- den Euro aus. DER REPORT 2021 Klimaschutz 59
Bundesministerin Gewessler im Gespräch über NoVA-Erhöhung, EAG und Co. Foto: Cajetan Perwein den großen und notwendigen ausbau möglichst Wie kann sichergestellt werden, dass bei der sinnvoll weiterentwickeln. Grundsätzlich liegt die Einführung der CO2-Besteuerung auch schon Kompetenz bei Raumordnungen jedoch auf lan- genügend Alternativen für die Menschen vor- desebene. handen sind? Die Bereitstellung der klimafreundlichen alterna- Heuer soll die ökosoziale Steuerreform erfol- tiven ist natürlich ein wichtiger Punkt. Daher haben gen. Können Sie uns schon einen Ausblick ge- wir frühzeitig auf entsprechende infrastrukturmaß- ben, wie ein sinnvolles Gesamtpaket aussehen nahmen gesetzt, etwa im Bereich öffentlicher Ver- wird und wo Sie die größten Hebel für einen kehr und Energie. Mit klaren Zielen, Strategien und ökosozialen Lenkungseffekt sehen? budgetär verankerten Maßnahmen geben wir den Wir haben immer davon gesprochen, die Umset- Menschen in Österreich, aber auch den Märkten zung der ökosozialen Steuerreform stufenweise eine klare und längerfristige Perspektive und er- anzugehen. Wir haben im Sommer letzten Jahres möglichen damit Planungssicherheit. Wir durch- mit der Flugticketabgabe den ersten Schritt ge- brechen damit die in vielen Bereichen praktizierte macht und mit einer umfassenden Reform der Stop-and-go-Politik, die klimafreundliche Markt- NoVa weitergemacht, dabei auch erste Schritte im entwicklungen und damit auch Jobpotenziale ge- Kampf gegen den Tanktourismus gesetzt und ei- bremst hat. Genau dadurch erwarten wir auch nen Bonus auf Reparaturen geschaffen. Es ist aber deutlich mehr Jobs durch Klimaschutz und Ener- auch völlig klar – wir werden weitermachen, und giewende. Mit dem EaG etwa investieren wir bis das Schritt für Schritt bis zur CO2-Bepreisung 2022. 2030 jährlich eine Milliarde Euro in den ausbau Ein klimafittes Steuersystem ist eine zentrale Rah- der erneuerbaren Energien. Damit lösen wir in den menbedingung für die Klimaneutralität 2040. Wir kommenden zehn Jahren Gesamtinvestitionen setzen auf der einen Seite investitionsanreize in von insgesamt 30 Milliarden Euro aus. Und gleich- den Klimaschutz, etwa durch deutlich erhöhte Bud- zeitig schaffen und sichern wir mit diesen investi- gets für Förderungen, wie etwa die Sanierungsof- tionen in Österreich fast 70.000 arbeitsplätze. 100 fensive und den Heizkesseltausch, den ausbau er- Prozent heimischer Ökostrom bedeutet also auch neuerbarer Energie, die E-Mobilitätsförderung 70.000 Green Jobs in Österreich. Und der Umstieg und den ausbau des öffentlichen Verkehrs. Stich- auf die Erneuerbaren bedeutet auch jährliche BiP- wort Klimamilliarden des Konjunkturpakets. Zu- Zuwächse von 5,5 Milliarden Euro. gleich wird Klimaneutralität immer mehr zum Stan- dard und damit auch der schrittweise ausstieg aus Ihr Ministerium wird für den Konjunkturauf- der Nutzung fossiler Energie. Hier wird die Wär- schwung nach der Corona-Pandemie eine zen- mestrategie, an der wir als Bund und länder im in- trale Rolle spielen. Wie kann eine Öko-Standort- tensiven Dialog stehen, eine tragende Rolle spie- politik in Zusammenarbeit mit dem Wirtschafts- len. Kernelement der ökosozialen Steuerreform ist ministerium am besten gelingen? dabei die CO2-Bepreisung. im Sinne erhöhter Kos- Die Kreislaufwirtschaft ist entscheidender Hebel, tenwahrheit werden klimaschädliche Emissionen um die Klimaneutralität in der EU bis 2050, national wirksam bepreist. Gleichzeitig werden Unterneh- bis 2040 zu realisieren und Umweltbelastungen men und Private entlastet. Konkrete Modelle dazu deutlich zu reduzieren. Die Kreislaufwirtschaft ist werden gerade erarbeitet. für den Konjunkturaufschwung nach der Pandemie 60 Klimaschutz DER REPORT 2021
genauso wichtig wie die investitionen in den Kli- maschutz. Gleichzeitig sind innovationen, Techno- logien und Forschung wesentliche Pfeiler einer kli- mafreundlich ausgerichteten Wirtschaft der Zu- kunft. Denn nur mit den grünsten Produkten und Produktionsweisen werden wir künftig wettbe- werbsfähig bleiben können. Besonders für Unter- nehmen ist Klimaschutz nicht nur ein besonders wichtiges Handlungsfeld, sondern auch ein ent- sprechender wirtschaftlicher Faktor, der mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Genau das zeigt zum Beispiel die äußerst erfolgreiche Öko-investitions- prämie, die wir mit dem BMDW gemeinsam auf den Weg gebracht haben. Wir unterstützen aber etwa auch grüne Start-ups und sind mit Schlüssel- unternehmen der Technologiebranche vielfach im austausch. Zum Abschluss: Welche Klimaschutzvorhaben möchten Sie unbedingt am Ende dieses Jahres umgesetzt haben? Wir haben mit dem Umbau unseres Steuersystems der Verdoppelung der Förderung für die E-Mobi- Die Politik von Leonore in eine ökologische Richtung begonnen. Und mit lität sind uns hier schon einige wichtige Schritte Gewessler steht besonders dem Erneuerbaren-ausbau-Gesetz schaffen wir es, gelungen. Für dieses Jahr sind viele weitere Maß- im Fokus. Sie wird sich mit eine Million Dächer mit Fotovoltaik-anlagen aus- nahmen und initiativen geplant, die darauf abzie- Kritik weiterhin auseinan- zustatten und den ausbau der erneuerbaren Ener- len, Klimaneutralität in Österreich 2040 zu errei- dersetzen müssen. Ihre gien voranzutreiben. im Verkehr bauen wir sukzes- chen, vom neuen Klimaschutzgesetz bis zum Ener- Agenden sind zu bedeu- sive die Bahnverbindungen aus und sorgen so für gieeffizienzgesetz, dem Wärmegesetz oder dem tend, um Reibungsverluste ein besseres angebot. So gelingt der Umstieg auf abfallwirtschaftsgesetz. So werden wir Österreich zu riskieren. Wobei: Rei- klimafreundliche Verkehrssysteme für die Kundin- in den nächsten Jahren umbauen. all das bedeutet bung erzeugt Energie. nen und Kunden. Mit dem ausbau des Nachtzug- mehr lebensqualität für uns alle – ein grüner und Foto: Christopher Dunker/BKa angebots und der Verzehnfachung des Förder- klimafreundlicher Umbau, den wir alle spüren wer- budgets für Radverkehr und saubere Mobilität und den. zz INDUSTRIE + INNOVATION = KLIMASCHUTZ, DER WIRKT Dank ihrer Technologie gehören Österreichs Unternehmen zu den klimafreundlichsten der Welt. www.iv.at Die Industriellenvereinigung
Foto: iStock.com/sharply_done Die Grenzen von cO2-steuern Die überwiegende mehrheit der Klimaökonomen sieht eine Besteuerung des cO2-ausstoßes als unverzichtbares mittel im Kampf gegen die Klima- krise an. Doch hat diese auch einen technologischen lenkungseffekt? Da- rüber herrscht zunehmend skepsis in der Wissenschaft. Die Wirtschafts- wissenschaftlerinnen margit schratzenstaller und angela Köppl vom WiFO haben ebenfalls zu den Effekten von cO2-steuern geforscht und deren Grenzen ausgelotet. Von stefan Rothbart D ie Besteuerung des CO2-ausstoßes gilt der Preis nur 27 Euro pro Tonne CO2. 2019 wurde den Klimaökonomen weltweit als geeig- der Preis auf 120 Euro pro Tonne angehoben. Da- netes instrument, um Kostenwahrheit bei mit hat das skandinavische land den mit abstand Produkten und Dienstleistungen herzustellen. Seit höchsten CO2-Preis weltweit. auch etwa in Frank- den 1990er-Jahren gibt es in einigen ländern der reich, Deutschland, Großbritannien und Slowenien Welt eine sogenannte CO2-Steuer. am längsten existieren CO2-Steuern. Eine einheitliche Regelung existiert eine solche in Schweden, das bereits 1991 gibt es in der EU allerdings noch nicht. Was es als erstes land der Welt eine direkte Steuer auf schwierig macht, die Effekte von CO2-Steuern ge- CO2-Emissionen eingeführt hat. anfänglich betrug nau zu evaluieren. 62 Klimaschutz DER REPORT 2021
sinkende Emissionen, pelten Dividende, also einem ökonomischen Nut- schwache lenkungswirkung? zen und einer ökologischen Wirksamkeit, ist die Dass es aber mit CO2-Steuern nicht so einfach ist, Verwendung der Einnahmen aus CO2-Steuern von zeigen immer mehr wissenschaftliche Untersu- großer Relevanz“, ergänzt angela Köppl. Hier chungen auf. Eine Studie der ETH Zürich und des komme es ganz darauf an, wie sinnvoll eine Be- instituts für transformative Nachhaltigkeitsfor- steuerung der CO2-Emissionen in ein Gesamtpa- schung (iaSS Potsdam) zeigten kürzlich auf, dass ket integriert wird. „CO2-Steuern dürfen nicht als durch eine CO2-Bepreisung zwar eine Senkungen Einzelmaßnahmen betrachtet werden, sondern der Emissionen erkennbar ist, aber der technolo- müssen in ein ökonomisches und politisches Ge- gische lenkungseffekt wesentlich geringer ausfällt samtpaket einfließen. Die Umschichtung der Ein- als erhofft. „Wir beobachten zum Teil beachtliche nahmen über eine Senkung von Sozialversiche- Senkungen der Emissionen, allerdings nicht durch rungsbeträgen oder von arbeitsbezogenen Steu- die dringend nötigen investitionen in CO2-freie ern ist im Gegensatz zu pauschalen Transfers oft Technologien, sondern durch einen Umstieg auf wirkungsvoller“, erklärt Schratzenstaller. andere, etwas weniger CO2-intensive Nutzungen. Für die angestrebte Klimaneutralität ist ein Um- unterschiedliche Effekte Dr. Margit Schratzenstaller stieg von Benzin auf Diesel oder von Kohle- auf laut den beiden WiFO-Ökonominnen besteht Foto: alexander Müller/WiFO Gasstrom aber praktisch irrelevant“, so leitautor auch ein empirischer Konsens darüber, dass Um- weltsteuern differenzierte Verteilungseffekte ha- ben. Die Besteuerung von Kraftstoffen wirke in der Regel eher progressiv, während Steuern auf Heiz- stoffe leicht regressiv und Steuern auf Strom deut- cO2-steuern beeinflussen die Wettbe- lich regressiv wirken. Modellsimulationen zeigen, werbsfähigkeit von unternehmen nur dass pauschale Transfers besser geeignet sind, die regressiven Effekte für niedrigere Einkommen ab- in geringem maße. zumildern, während höhere Einkommen stärker von einer Reduktion der abgaben auf arbeit pro- fitieren. „Für die öffentliche akzeptanz spielen Kli- maschutzinvestitionen aus den Mitteln der Steuer- Johan lilliestam vom iaSS. Ein zu niedriger CO2- einnahmen eine Rolle. insgesamt hängt die öffent- Preis ist laut den iaSS-Wissenschaftlern dafür keine liche akzeptanz von CO2-Steuern von einer Reihe hinreichende Erklärung. Denn selbst in den nordi- von Faktoren ab und kann durch öffentliche infor- schen ländern, wo verhältnismäßig hohe CO2- mation, die Vermeidung negativer Verteilungsef- Preise existieren, sei keine lenkungswirkung in fekte und die Zweckbindung eines Teils der Ein- Richtung eines technologischen Wandels beob- nahmen für Umweltprojekte erhöht werden. Paket- Dr. Angela Köppl achtbar. Die Energiewende werde dagegen viel lösungen, die mehrere klimapolitische Maßnah- Foto: alexander Müller/WiFO mehr durch andere Politikmaßnahmen, wie etwa men im allgemeinen und preisbasierte instru- Förderprogramme für erneuerbare Energien, in mente im Besonderen kombinieren, können effek- Schwung gebracht. Dadurch habe es für investo- tiver sein als Einzelmaßnahmen“, so das Fazit von ren viel stärkere investitionsanreize gegeben, was Schratzenstaller und Köppl. Generell sehen beide bei der Wind- und Solarenergie in starken Kosten- senkungen resultierte. Eine CO2-Bepreisung kann damit als Teil eines breit angelegten Maßnahmen- paketes durchaus einen wichtigen Beitrag zum Er- reichen der Klimaziele leisten. Sie darf jedoch nicht Der schlüssel zum Erreichen einer doppelten Dividende, als zentrales Klimaschutzinstrument angesehen werden, da sie zwar durchaus lenkungswirkungen bestehend aus ökologischer Wirksamkeit und einem erzielen, nicht jedoch einen umfassenden techno- ökonomischen Nutzen, ist die Verwendung der Einnahmen. logischen Wandel forcieren kann, so die Sichtweise schließlich hängt die öffentliche akzeptanz von cO2-steuern der iaSS-Forscher. von einer Reihe von Faktoren ab und kann durch öffentliche Effekte einer cO2-Besteuerung information, die Vermeidung negativer Verteilungseffekte auch die beiden österreichischen Wirtschaftswis- senschaftlerinnen Margit Schratzenstaller und an- und die zweckbindung eines teils der Einnahmen für gela Köppl vom WiFO-institut haben sich kürzlich umweltprojekte erhöht werden. in einem Working Paper mit den Effekten und Grenzen einer CO2-Besteuerung beschäftigt. ihr Fazit fällt ähnlich aus. „Wir sehen noch keine hin- reichenden empirischen Belege für einen signifi- kanten technologischen lenkungseffekt, der für die österreichische Politik mit der Zielsetzung einer eine vollständige Dekarbonisierung der Wirtschaft ökologischen Steuerreform auf dem richtigen und der Gesellschaft erforderlich ist“, so Schratzen- Weg. Hinsichtlich der kommenden ökosozialen staller. Zwar hätte ein Review der empirischen Stu- Steuerreform wird es aber darauf ankommen, wie dien gezeigt, dass CO2-Steuern die Emissionen ef- gut die Maßnahmen mit den sozioökonomischen fektiv reduzieren oder ihr Wachstum dämpfen kön- Bedingungen in Österreich abgestimmt und in ei- nen, die emissionsmindernden Effekte aber oft nen breiten klimapolitischen instrumenten-Mix ein- eher moderat sind. „Für das Erreichen einer dop- gebettet werden. l DER REPORT 2021 Klimaschutz 63
abwärme der aBRG für die Fernwärme Werbung arnoldstein und Villach Die KElaG Energie & Wärme Gmbh stellt die Fernwärmeversorgung von arnoldstein und Villach auf eine noch breitere Basis und bezieht nun von einem weiteren industrieunternehmen in arnoldstein abwärme, von der aBRG – abfall Behandlung & Recycling Gmbh. „Mit der Wärme aus dieser regionalen Energie-Zu- sammenarbeit verringern wir den Einsatz von Erd- gas, schonen Ressourcen, verbessern die Effizienz unserer anlagen sowie die Gesamtumweltbilanz und verfügen über Potenzial für den weiteren aus- bau unserer Fernwärmesysteme.“ industrie und Klimaschutz für eine enkeltaugliche zukunft Reinhard antolitsch, Bürgermeister der Marktge- meinde arnoldstein, freut sich über die neue Koope- ration: „Die Zusammenarbeit zwischen der KElaG Energie & Wärme GmbH und der aBRG als Unter- nehmen am industriestandort EURONOVa ist ein wei- D Reinhard Antolitsch (Bür- ie aBRG betreibt auf dem Standort arnold- terer Schritt für eine positive Umwelt- und Klimapolitik. germeister Arnoldstein), stein zwei Wirbelschichtöfen und verwer- Die Fernwärmeversorgung der Stadt Villach mit ab- Thomas Werner (Ge- tet pro Jahr rund 70.000 Tonnen industrie- wärme aus arnoldstein beweist, dass industrie und schäftsführer ABRG), Adolf und Gewerbeabfall. „Bis jetzt haben wir Dampf Klimaschutz kein Gegensatz sind, sondern, so wie in Melcher (Geschäftsführer und Wärme an benachbarte industrieunterneh- diesem Fall, eine nachhaltige Entscheidung für eine KELAG), Manfred Freitag men geliefert, nun speisen wir auch Wärme in das klimafitte und enkeltaugliche Zukunft darstellen.“ (Sprecher des Vorstandes Fernwärmesystem arnoldstein/Villach der KElaG der KELAG), Günther Albel Energie & Wärme GmbH ein“, erläutert Geschäfts- ziel der stadt Villach: bis 2035 (Bürgermeister Villach) führer Thomas Werner. „Die Wärmelieferung für cO2-neutral und Danny Güthlein (Vor- die Fernwärme ist für uns eine sehr gute Ergän- „Die Stadt Villach möchte bis 2025 alle städtischen stand KELAG) Fotos: KElaG zung unseres Gesamtportfolios, die Vorgespräche Gebäude frei von fossilen Brennstoffen machen für diese Zusammenarbeit haben schon vor eini- und bis 2035 CO2-neutral sein. Bei der Umsetzung gen Jahren begonnen.“ Die aBRG verfügt in ar- dieser Ziele unterstützen uns verlässliche Partner- noldstein über eine thermische leistung von 18 betriebe wie die KElaG Energie & Wärme GmbH, MW, davon stehen nun 4 MW für die Fernwärme mit der wir bereits viele nachhaltige Projekte um- zur Verfügung. „Die auskopplung von Fernwärme gesetzt haben. Die nun beschlossene Zusammen- geht zulasten der Stromerzeugung, verbessert arbeit mit der aBRG macht die Erzeugung von aber den Gesamtwirkungsgrad unserer anlagen“, Fernwärme noch effizienter“, betont der Villacher erklärt Geschäftsführer Werner. Bürgermeister Günther albel. Wirbelschichtöfen bei der ABRG liefern Abwärme für Regionale Energie-zusammenarbeit Freitag: aktiver Klimaschutz in das Fernwärmesystem. „Die Zusammenarbeit mit der aBRG erschließt arnoldstein und Villach eine weitere Wärmequelle „Die Zusammenarbeit mit der aBRG entspricht zu für unsere Fernwärmesys- 100 Prozent der Strategie unseres Unternehmens, teme in arnoldstein und Vil- den Kunden möglichst umweltfreundliche Energie lach“, sagt adolf Melcher, Ge- zu liefern“, erklärt Manfred Freitag, Sprecher des schäftsführer der KElaG Vorstandes der Kelag. „Unser Tochterunternehmen Energie & Wärme GmbH. KElaG Energie & Wärme GmbH geht hier einen „Pro Jahr werden wir voraus- sehr konsequenten Weg und nutzt vorhandene sichtlich rund 16 Millionen Ki- abwärme, wo immer es möglich ist. in zweiter linie lowattstunden abwärme von wird für die Fernwärme Biomasse eingesetzt. Die der aBRG beziehen.“ Diese Fernwärme der KElaG Energie & Wärme GmbH Wärmemenge entspricht in arnoldstein ist zu 90 Prozent abwärme der KRV dem Bedarf der Kunden in und nun auch der aBRG, die Fernwärme in Villach arnoldstein beziehungs- kommt bis zu 90 Prozent aus abwärme und Bio- weise rund 7 Prozent des Be- masse. Erdgas dient nur noch als ausfallsreserve darfes der Kunden in Villach. und für einen Teil der Spitzenabdeckung. l 64 Klimaschutz DER REPORT 2021
Neues BOKu-Gebäude: high-touch meets high-tech F ür die Universität für Bodenkultur in Wien- Döbling wurde von der arbeitsgemeinschaft DElTa SWaP architekten ein neues Biblio- theks- und Seminarzentrum in Holzbauweise ge- plant, das jüngst auch mit dem Green & Blue Buil- ding award für dessen Nachhaltigkeit ausgezeich- net wurde. Das Gebäude erweitert den bestehenden BOKU- Campus und bietet u.a. Platz für ein Seminarzen- trum, eine Bibliothek und institutsräume. Neben den atmosphärischen Qualitäten des Baustoffs Holz trägt hier der hohe Tageslichtanteil zu einer freundlichen lern- und arbeitsumgebung bei. „Die Jury überzeugte die hohe ökologische Qualität durch Verwendung recycelbarer und erneuerbarer Materialien“, so Juryleiter Marc Guido Höhne zu den erfüllten anforderungen an die Nachhaltigkeit und zur Vergabe des Green & Blue Building awards. Wood Products Sensoren eingesetzt, die während Das neue BOKU-Gebäude Ein haus aus Daten des Transports und der Bauphase informationen nach seiner Eröffnung. Modernste digitale Technologien kamen bei der über die aktuellen Temperaturen und Feuchtig- Foto: Florian Voggeneder Planung und dem Bau zum Einsatz. So wurde auf keitswerte übermittelten. Diese Daten wertete das ein integrales BiM-Modell gesetzt, auf das auch in „Track & Trace Tool“, die von den sogenannten Wi- der Fertigung der einzelnen Holzbauteile zurück- iste-Sensoren erfasst wurden, aus. So wurden wich- gegriffen wurde. Um die Qualität der Bauteile zu tige informationen über Transport, lagerung und prüfen, lieferte ein Monitoring der Holzbauteile Verarbeitung der Holzelemente, die auch später vom Werk bis zur Fertigstellung laufend Daten da- für das Facility-Management relevant sein können, rüber. in die Holzbauteile wurden von Stora Enso weitergeleitet. Weitere infos: www.delta.at l algen – mit „Qualität aus Österreich“ algen als gesunden lebensmittel- zusatz regional und nachhaltig in Österreich produzieren. D as ist das Ziel des Projektes „algae4Food“, das vom Kom- petenzzentrum BEST – Bioenergy and Sustainable Tech- nologies GmbH geleitet wird. Bei lebensmitteln sind für Konsumenten hohe Qualität und Nachverfolgbarkeit der Herstellung wichtige Kriterien. aktuell werden algen vorwie- gend in Süd-Ost-asien produziert und erfüllen oft nicht die österreichischen und europäischen Qualitätskriterien. Darüber hinaus haben algen durch die Trocknung einen oft strengen Ge- ruch oder Geschmack. Das Ziel des Projekts „algae4Food“ ist es, einen algenrohstoff in Österreich bereitzustellen, der regio- Algen aus österreichischer Produktion können in vielen Lebensmittelpro- nal und nachhaltig produziert wird und die höchsten Qualitäts- dukten zum Einsatz kommen und erhöhen damit nicht nur die Qualität, standards aufweist. Der neuartig verarbeitete Rohstoff soll dann sondern sind auch ein Beitrag für regionale Wertschöpfung. für die Produktion unterschiedlicher lebensmittel getestet wer- Foto: ROHKRaFT green GmbH den. Regionale Wertschöpfung mit algen talisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) gefördert. Die ab- im Projekt wird die gesamte Wertschöpfungskette von der Be- wicklung erfolgt über die Forschungsförderungsgesellschaft reitstellung des algenrohstoffs über die Verarbeitung, die Pro- (FFG). Das Projektkonsortium besteht aus BEST (Projektleitung), dukterzeugung, Verpackung bis hin zur Vermarktung und zum ROHKRaFTgreen GmbH, ROHKRaFT ing. Karl Pfiel GmbH, Vertrieb abgebildet. Um eine regionale und kosteneffiziente al- Felzl GmbH, JuiceFactory – JuiceBars GmbH, Urbanhealthcon- genproduktion zu ermöglichen, wird diese in eine Biogasanlage cept, NaKu e. U., Universität für Bodenkultur Wien, FH Wiener integriert. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Digi- Neustadt, CleverClover und Zotter Schokolade GmbH. l DER REPORT 2021 Klimaschutz 65
Bodenverbrauch und Baukultur als zukunftsfragen in Österreich wird seit Jahren zu viel Boden zugebaut. längst wird von der Politik ein Gegensteuern gefordert. Doch dieses blieb bislang aus. um den Bodenverbrauch zu stoppen, braucht es nicht zuletzt auch völlig neue ansätze in der Baukultur im land. Von stefan Rothbart Ö sterreich ist beim Zubetonieren europäi- Bodenverbrauch stoppen, aber wie? scher Spitzenreiter. Damit geht immer allein mit dem Verhindern von Verbauung ist dem mehr Naturraum verloren. laut der Öster- Bodenverbrauch nicht beizukommen. Vielmehr reichischen Hagelversicherung wurden in den letz- braucht es auch Strategien zur aktiven Renaturie- ten 50 Jahren so viele Felder und Wiesen verbaut, rung, zur Folgenutzung von bereits bebautem wie Oberösterreich ackerflächen hat. Mit 15 Me- Brachland und wesentlich nachhaltigere Raumord- tern pro Kopf hat Österreich eines der dichtesten nungspläne, um zukünftige Verbauung möglichst Straßennetze Europas. Deutschland hat nur 7,9 effizient und flächenschonend zu gestalten. Dabei Meter pro Kopf. 1950 standen in Österreich zudem gilt: in die Höhe statt in die Breite. laut Umwelt- 2.400m2 ackerfläche pro Einwohner zur Verfü- bundesamt hat Österreich rund 13.000 Hektar in- gung. Heute sind es nur mehr 1.600 m2. „Unsere dustriebrachen. Trotzdem werden immer wieder Böden bilden unsere lebensgrundlage: Sie sind neue Gewerbegebiete und industrieflächen auf die Basis für die lebensmittelsicherheit in unserem der grünen Wiese gebaut. inklusive leerstehender land, sie tragen einen wesentlichen Teil zum Kli- Häuser und Gewerbeflächen wird die verbaute un- maschutz bei und sind als Natur- und Erholungs- genutzte Fläche auf bis zu 40.000 Hektar, also raum für unsere lebensqualität unverzichtbar. Da- 400.000.000 m2 geschätzt. angesichts dieser Zah- her werde ich weiter für das Ziel der Bundesregie- len braucht die Politik dringend gesetzliche Rege- rung, den Bodenverbrauch bis 2030 substanziell lungen zur Renaturierung oder Folgenutzung die- zu reduzieren, kämpfen“, bekräftigt auch die Bun- ser Flächen. Beispielsweise könnte es Subventio- desministerin für landwirtschaft, Regionen und nen für Gemeinden geben, wenn diese sich ent- Tourismus, Elisabeth Köstinger. scheiden, eine industriebrache anzukaufen und wieder zu begrünen. 66 Klimaschutz DER REPORT 2021
Österreich fallen jährlich rund drei Millionen Ton- nen altbeton an. Hiervon werden bereits über 97 Prozent stofflich wieder- verwertet. Um eine per- fekte Kreislaufwirtschaft im Bereich Beton zu er- zielen, ist eine Verwen- dung von altbeton aus- schließlich für die Her- stellung von neuem Be- ton, Recyclingbeton, an- zustreben. Dafür ist in Österreich seit 2018 eine neue Betonnorm in Kraft. Sie dient als Grundlage für eine kreislauffähige Bauweise. Beispiele für erfolgreiches Beton-Re- cycling gibt es zudem Das Bauen auf der grünen Wiese steht in der Kritik. Die bereits. So wurde das Gebäude des ehemaligen Politik braucht Konzepte, um vor allem ungenutzte ver- Coca-Cola-Werks in Wien rückgebaut und für den baute Flächen besser zu nutzen. Foto: iStock.com/Fokusiert Neubau des Biotope City Quartiers an gleicher Stelle zu wesentlichen Teilen wiederverwertet. Der Verein Betonmarketing Österreich engagiert sich Bodenverbrauch auch Frage der Baukultur auch seit Jahren, die Sensibilität für die Wiederver- Schließlich geht es auch um die Frage, wie und wo wertbarkeit des Baustoffes und die Möglichkeiten Foto: iStock.com/ikercelik wird zukünftig gebaut. Österreich ist ein land der für eine Kreislaufwirtschaft zu fördern, denn oft zweistöckigen Häuser. Das Einfamilienhaus wurde muss es in den Köpfen von Verantwortlichen und in Deutschland bereits zum Feindbild erklärt. Doch Planern erst ankommen, welche Möglichkeiten ganz so einfach ist es nicht. Es kommt vor allem da- zum Recycling beim Bau bestehen. rauf an, wie nachhaltig wir Häuser bauen und vor allem wo. in österreichischen Gemeinden mangelt Beton und holz haben zukunft es am Mut zur Verdichtung. Gerade in Gemeinde- in der Kombination haben Beton und Holz eine Unsere Landschaft ist von zentren könnte und sollte inzwischen höher gebaut sehr gute Zukunft. Beide Baustoffe können zu ei- Verkehrsflächen jeglicher werden. Siedlungsstrukturen sollten so angelegt nem hohen Grad wiederverwertet werden und ha- Art durchschnitten. Tat- werden, dass sie kurze Wege ermöglichen und auf ben eine hohe Wertschöpfung in Österreich. Wie sächlich machen Straßen, große Verkehrsflächen verzichten können, denn ein Gebäude nach ablauf seiner lebenszeit also aber auch Parkflächen ei- Straßen machen einen wesentlich Teil der Boden- wieder verwertet werden kann, sollte viel stärker nen Großteil der Flächen- versiegelung in Österreich aus. letztendlich sind in den Fokus der Planungen einbezogen werden. versiegelung aus. Oft be- auch die Baumaterialien entscheidend. Je nach So kann es gelingen, nicht nur den Bodenver- tragen Verkehrsflächen ein Nutzung eines Gebäudes sollten Materialien ver- brauch zu minimieren, sondern die Baubranche zu Vielfaches der Versiege- wendet werden, die nach ablauf der Nutzungs- einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft umzuge- lung in Relation zur reinen dauer auch leicht wieder recycelt werden können. stalten. Darin liegt auch ein beträchtliches Wert- Gebäudefläche. Holz wird daher in Zukunft eine viel stärkere Rolle schöpfungspotenzial, sind sich Experten einig. l Foto: iStock.com/Marcos assis beim Bau von Häusern spielen. Die Wiederver- wertbarkeit von Baumaterialien und die Möglich- keit, diese wieder in eine Kreislaufwirtschaft einzu- bringen, würden die Renaturierung von Flächen stark begünstigen. auch Beton spielt dabei in Zu- kunft eine wichtige Rolle. als sehr flexibler Baustoff wird er praktisch überall und für alle erdenklichen Zweckbauten eingesetzt. Dabei genießt Beton ei- nen eher schlechten Ruf hinsichtlich seiner Klima- bilanz. Dem muss aber nicht so sein. Dank seiner Zusammensetzung aus natürlichen mineralischen Rohstoffen ist Beton nach dem Rückbau und der aufbereitung zu 100 Prozent wiederverwertbar und spielt so eine wichtige Rolle für einen ressour- censchonenden Materialkreislauf. Zur Etablierung von geschlossenen Kreisläufen hat die altstoff Re- cycling austria (aRa) kürzlich die Wiederverwen- dung von Bauten und Baustoffen bei infrastruktur- und Erhaltungsmaßnahmen als zentralen Stellhe- bel bezeichnet. Für den Baustoff Beton gibt es eine beinahe hundertprozentige Kreislaufwirtschaft. in DER REPORT 2021 Klimaschutz 67
Wo die Energiewende Realität wird Die Klima- und Energie-modellregion murau ist seit Jahren Vorreiter bei der Energiewende. in der Region ist man sich der Verantwortung für den Klimaschutz bewusst. Ob Wasserkraft, Wind- oder sonnenenergie, ein Blick in den Bezirk murau lohnt sich, wenn man wissen will, wie Energie- wende geht. Von stefan Rothbart D er Bezirk Murau mit sei- serkraftwerke, die rund 80 Prozent des in der Re- nen rund 28.000 Einwoh- gion erzeugten Stroms liefern. nern ist eine ländlich ge- prägte Region mit einzigartigem holz als Energieträger und intaktem lebens- und Nah- auch an Holz als Rohstoff mangelt es in der Region erholungsraum und überdurch- nicht. Der Waldanteil beträgt im Bezirk Murau rund schnittlich guter luftqualität. Der 58 Prozent. Daraus werden jährlich 333.000 Fest- Tourismus floriert und ein starkes meter Holz gewonnen. Rund ein Viertel des Roh- regionales Handwerk sowie eine stoffes wird für die energetische Nutzung verwen- nachhaltige land- und Forstwirt- det. im Bezirk Murau sind in nahezu jedem Ort bzw. schaft bilden die wirtschaftlichen Ortsteil mit Biomasseheizwerken betriebene Fern- Standbeine der Region. Die lage südlich des al- wärmenetze entstanden – kein einziges wird mit 89 Wasserkraftwerke pro- penhauptkammes mit einer Seehöhe von 654 m fossilen Brennstoffen betrieben. Somit können duzieren 80 Prozent des bis 2.742 m und einer Fläche von 1.384 km2 be- viele fossile Einzelanlagen Zug um Zug durch an- Stroms in der Region. günstigt einen Reichtum an den natürlichen Res- schluss ans Fernwärmenetz ersetzt werden. Fotos: Tom lamm sourcen Wasser, Biomasse, Sonne und Wind. Schon vor Jahrzehnten, als der Klimawandel noch sonne und Wind kein Thema in der breiten Bevölkerung war, hat Die Seehöhe, die günstige lage südlich des al- man im Bezirk Murau begonnen, die Weichen penhauptkammes und wenige Nebeltage sorgen Richtung Energiewende zu stellen. für hohe Sonneneinstrahlung und Wirkungsgrade. Die Region Murau ist im österreichischen Vergleich Wasserkraft Vorreiter bei Fotovoltaik. Mit mehr als 50 anlagen Was man seit den anfängen der Modellregion er- auf 1000 Einwohner sind die Gemeinden St. reicht hat, ist beachtlich. Heute ist die Region Georgen am Kreisch- Netto-Energieexporteur. Der jährliche Stromver- berg und Scheifling brauch der Region beträgt rund 119 GWh. Dem sowie Ranten mit 45 gegenüber steht eine Menge von 417 GWh an er- anlagen absolute neuerbarer Stromerzeugung. aufgrund der Topo- österreichische Spit- grafie ist die Region prädestiniert für die Wasser- zenreiter. in Sachen kraft. Bereits 1906 wurde das erste Murkraftwerk Windkraft ist der Tau- in der Stadt Murau errichtet. Heute sind es 89 Was- ernwindpark am Schönberg ein Volle Energie! Kraftwerke in der Region Murau leuchtturmprojekt. Zehn Windräder mit ‰ 89 Wasserkraftwerke einer leistung von 32 Gesamtleistung: 88.500 kW MW werden ergänzt Jahresstromproduktion: 337.400 MWh (= 337,4 Millionen kWh) von einer Zwei-MWp- ‰ 6 Heizwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung Fotovoltaik-anlage. Gesamtleistung: 2.200 kW Gesamt erzeugt man Strom für umgerechnet Jahresstromproduktion: 14.400 MWh (= 14,4 Millionen kWh) 25.000 E-autos oder 20.000 Haushalte und spart ‰ 45 Heizwerke mit Biomasse damit rund sechs Millionen liter Öl ein. l Gesamtleistung: 41.000 kW Jahreswärmeproduktion: 95.000 MWh (= 95 Millionen kWh) ‰ 973 Photovoltaik-Anlagen n Die Region produziert dreimal mehr Strom, als Gesamtleistung: 12.600 kWpeak sie selbst verbraucht. Jahresstromproduktion: 12.600 MWh (= 12,6 Millionen kWh) n Die Stadt Murau ist inselbetriebsfähig und kann ‰ 10 Windräder sich im Falle eines Blackouts selbst versorgen. Gesamtleistung: 32.000 kW n Erneuerbare Energien locken Touristen an. Mit Jahresstromproduktion: 60.000 MWh (= 60 Millionen kWh) den Murauer Energietouren gibt es einen re- gelrechten Kraftwerks-Tourismus. 68 Klimaschutz DER REPORT 2021
Kann denn Reisen sünde sein? Werbung tourismus im zeitalter des Klimawandels Es ist wieder so weit – das 7. Energiecamp der holzwelt murau und des landes steiermark (ich tu’s) findet am 29. und 30. april 2021 statt und beschäftigt sich mit der Frage, wie umweltverträglich Reisen ist bzw. sein kann. z ur Einleitung der diesjährigen Konferenz auch Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber ist einer nehmen landesrätin Mag.a Ursula lackner der Speaker. Er zählt zu den weltweit führenden und Bundesministerin leonore Gewessler Klimaforschern, bekam von der Queen den briti- Stellung zu den aktuellen Herausforderungen schen Verdienstorden, sitzt im Klimaboard des Va- beim Thema „Klimawandel & Tourismus“. Der Titel tikans und berät nationale Regierungen und glo- „Kann denn Reisen Sünde sein?“ ist vom Gestalter bale Organisationen wie die UNO. insgesamt wer- der gleichnamigen ORF-Dokumentation, Hanno den sich fünfzehn exzellente Referentinnen aus Settele, geliehen. Er ist einer der hochkarätigen dem in- und ausland beim diesjährigen Camp ein- Referenten des Energiecamps. bringen. Ebenfalls mit dabei ist die Pionierin und Vorden- Das Energiecamp 2021 wird als liVE-Stream kos- kerin Michaela Reitterer – sie ist Vorsitzende der tenlos angeboten, damit ein möglichst nieder- Prof. Dr. Hans Joachim ÖHV und inhaberin des ersten Null-Energiebilanz- schwelliger Zugang, vor allem für junge Menschen, Schellnhuber ist einer der Hotels Europas. gewährleistet ist. l führenden Klimaforscher und einer der Speaker alle Programminhalte unter: beim diesjährigen Energie- www.energiecamp.at camp. Foto: Frederic Batier TOURISMUS IM ZEITALTER DES KLIMAWANDELS 29. und 30. April 2021 ONFEREmeN, An LIVESTREAM Z INKL.erfo HYBRIDkos-K tenlose Teilnah me ldung rderlich Weitere Infos unter: www.energiecamp.at DER REPORT 2021 Klimaschutz 69
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