Tagungsdokumentation - Thermo-Recycling als Chance für unsere Kreislaufwirtschaft - Die Stiftung : ZAR
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10 JAHRE Thermo-Recycling als Chance für unsere Kreislaufwirtschaft Jubiläums- und Informationsveranstaltung Donnerstag, 23. Januar 2020, Kursaal Bern Tagungsdokumentation
Programm und Inhaltsverzeichnis Die Veranstaltungssprache ist Deutsch – Simultanübersetzung in die französische Sprache. Kaffee und Gipfeli 8.30 – 9.15 Uhr Begrüssung F. Adam | Stiftungsratspräsident, Stiftung ZAR Grusswort BAFU M. Chardonnens | Direktor Bundesamt für Umwelt, BAFU Kreislaufwirtschaft: Ein Schlüssel zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele? 6 Dr. W. Haas | Institut für Soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur, Wien Das Prinzip thermo-re®: Energie / Metalle / Mineralien und CO2 8 D. Böni | Geschäftsführer, Stiftung ZAR Abfallwirtschaft: Wie schliessen wir den CO2-Kreislauf? 10 Dr. R. Quartier | Geschäftsführer, VBSA Kaffeepause 10.45 – 11.15 Uhr CO2-Potenzial der Abfallwirtschaft – Abschätzungen für die Schweiz und die Aktivitäten des ZAR 12 Dr. H. Gablinger | Head of Sales Anaerobic Digestion, HZ Inova AG Klimaschutz: Die Schlüsselrolle der Schweizer KVA 14 W. Furgler | Geschäftsführer, KVA Linth Stehlunch 12.00 – 13.10 Uhr Phosphor-Mining 17 Dr. S. Schlumberger | Leiter Kompetenzzentrum Hydrometallurgie, Stiftung ZAR Keine Kreislaufwirtschaft ohne thermische Verwertung 20 U. Martin | Geschäftsführer, Martin GmbH Produkte aus dem thermo-re®-Prozess 9 D. Böni | Geschäftsführer, Stiftung ZAR NE-Edelmetalle – Resultate des Upcyclings 22 J. Zervos | Betriebsingenieur Schmelzbetriebe, Recyclingzentrum Lünen, Aurubis AG Kurzpause 14.30 –15.00 Uhr Certirec – Bedeutung für das Eisen-Recycling 24 A. Stäubli | Bereich Verfahrenstechnik und Ökobilanzierung, UMTEC Feinschlacke – ein potenzieller Rohstoff für die Zementherstellung? 26 Prof. Dr. R. Deike | Institut für Technologien der Metalle, Universität Duisburg-Essen thermo-re® 2.0 – Roll-out 19 Dr. S. Schlumberger | Leiter Kompetenzzentrum Hydrometallurgie, Stiftung ZAR Abschluss der Tagung F. Adam | Stiftungsratspräsident, Stiftung ZAR Apéro ab 16.15 Uhr Liste der Donatoren 28 Liste der Teilnehmenden 30
Zum Geleit Die Stiftung Zentrum für nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung ZAR nimmt ihr 10-jähriges Bestehen zum Anlass, um im Rahmen dieser Tagung darüber zu berichten, was Thermo-Recycling bedeutet und was mit diesem Konzept bereits heute bewirkt werden kann. Wir möchten auch aufzeigen, welches Potenzial mit dem Thermo-Re- cycling künftig in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft und den Klimaschutz umgesetzt werden könnte. Es braucht entsprechende Visionen, klare Strategien und konkrete Massnahmen, damit wir den von der Schweiz mitgestalteten und mitunterzeichneten Zielen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung Schritt für Schritt nä- herkommen. Wir haben in unserer Zivilisation über mehrere Jahrzehnte für unsere Immobilien, Infrastrukturbauten, Trans- portmittel, Einrichtungsgegenstände, Bekleidungsstücke usw. Unmengen an Gütern importiert, konsumiert und in unseren «Lagern» angesammelt. Kommt hinzu, dass wir neben den alltäglichen Bedürfnissen wie Nahrung und Kleidung immer wieder dazu neigen, einem «inneren Wertmassstab» folgend, uns für das Neue, Schönere, Bessere und Grössere zu entscheiden. Damit konsumieren wir zusätzliche Güter, für deren Herstellung wiederum die entsprechenden Ressourcen und die erforderliche Energie bereitgestellt werden muss. Diese Güter wiederum legen wir in unser «Lager». Wir alle haben für die Dinge, die wir nicht mehr gebrauchen, ein einfaches Rezept: Wir deklarieren die Gegenstän- de als Abfall. Wenn möglich, führen wir die Abfälle einer direkten Verwertung zu. Mit dem Anteil der direkt verwerte- ten Abfälle sind wir in unserer Zivilisation noch weit weg von der oft formulierten Forderung, wonach einerseits die organischen Güter in den biologischen Kreislauf zurückgeführt und andererseits die technisch hergestellten Güter und Produkte in einem eigenen Kreislauf vollständig stofflich wiederverwertet werden. Es gibt diverse Gründe da- für, warum viele Abfälle nicht mehr direkt stofflich verwertet werden können. Es sind dies zum Beispiel organische Materialien, die mit anthropogenen Schadstoffen belastet sind oder Güter, die im Herstellungsprozess aus den verschiedensten Materialgruppen zusammengesetzt wurden – um nur zwei zu nennen. Auch wenn viele zum «Element Feuer» eine gespaltene Beziehung haben: In kontrollierter Form angewandt ist es der Schlüssel dazu, um aus nicht direkt verwertbaren Abfällen Energie freizusetzen und Stoffe für eine erneute Nutzung zugänglich zu machen. Wichtig ist, dass bei der thermischen Abfallbehandlung mit einem ganzheitlichen Konzept die anfallende Energie effizient genutzt wird und die metallischen und mineralischen Wertstoffe bzw. der Phosphor aus der Klärschlammasche in möglichst hohem Ausmass wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückge- führt werden. Für viele mag der Gedanke, wonach beim «Verbrennen von Abfällen» eine Reduktion der klimaschädlichen Gase erzielt werden kann, geradezu als absurd erscheinen. Dem ist nicht so: • Mit einer effizienten Nutzung der bei der Abfallverbrennung freiwerdenden Energie kann der Einsatz fossiler Brennstoffe substituiert und so indirekt der Ausstoss an CO2 reduziert werden. • Werden Metalle oder Phosphor aus den Verbrennungsrückständen zurückgewonnen und wieder als Wertstoffe genutzt, reduziert dies die Umweltbelastung und damit auch die CO2-Emissionen, weil im Gegensatz zur Pri- märproduktion für die Bereitstellung von Sekundärrohstoffen weniger aufwendige Prozesse erforderlich sind. Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern 3
• Wenn – im Sinne eines Ausblicks – aus der Abluft der thermischen Abfallbehandlung der aus den biogenen Abfällen emittierte CO2-Anteil (ca. 50%) abgeschieden und mit Wasserstoff zu Methan als Brenn- und Treibstoff verarbeitet würde, wäre das ein nicht zu unterschätzender Beitrag an die Strategie des Bundesrats, bis 2030 den Ausstoss von Treibhausgasen gegenüber dem Stand von 1990 zu halbieren und bis 2050 die Emissionen der Schweiz bezüglich CO2 auf «Netto Null» zu setzen. • International könnte im Rahmen eines «Green Deal» die Freisetzung sehr grosser Mengen an klimarelevanten Gasen vermieden werden, wenn nicht verwertbare, brennbare Abfälle dem Thermo-Recycling zugeführt und nicht deponiert würden. Mit der international eingetragenen Marke thermo-re® verfügt die Stiftung ZAR über ein klares Konzept und ein Label, mit dem aufgezeigt wird, wie mit der thermischen Behandlung von nicht direkt verwertbaren Abfällen ein grosser Wertstoffgewinn und eine Reduktion der Gesamtumweltwirkung erzielt werden kann. Eine positive Bot- schaft und ein Beitrag sowohl für die Kreislaufwirtschaft wie auch für den Klimaschutz. Franz Adam, Präsident Stiftung ZAR 4 Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern
Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK Bundesamt für Umwelt BAFU Direktion Aktenzeichen: BAFU-457.245.3-1 Grusswort für die Jubiläums- und Informationsveranstaltung der Stiftung Zent- rum für nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung Sehr geehrte Damen und Herren Liebe Kolleginnen und Kollegen Es ist mir eine Freude, Ihnen zur heutigen Jubiläums- und Informationsveranstal- tung das Grusswort des BAFU zu überbringen. Herzlichen Dank für die Einladung und herzliche Glückwünsche zum 10-jährigen Bestehen der Stiftung Zentrum für nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung. Die 4. Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA 4) hat eine Resolution verabschiedet, die erstmals die mineralischen Ressourcen ganz oben auf die glo- bale umweltpolitische Agenda setzt. Bis Februar 2021 soll ein Bericht vorgelegt werden, der Optionen zur Reduktion der Umweltauswirkungen bei der Rohstoffge- winnung und beim Rohstoffhandel aufzeigt. Die Schweiz setzt sich dabei auch für die Entwicklung internationaler Umweltleitlinien für den Rohstoffsektor ein. Ihre Stiftung setzt sich mit grossem Engagement für den nachhaltigen Umgang mit Abfällen und Rohstoffen ein. Bei der Aufbereitung und der Metallrückgewinnung aus KVA-Schlacken gehört ZAR zu den Pionieren in der Schweiz. Die Erkenntnisse aus den verschiedenen Projekten der letzten 10 Jahre leisten einen erheblichen Beitrag zur Transformation der Abfallwirtschaft Schweiz zur Kreislaufwirtschaft Schweiz. In der Schweiz ist die Metallrückgewinnung aus Verbrennungsrückständen inzwischen Stand der Technik. Der Bundesrat hat denn auch entsprechende Regelungen auf Verordnungsebene festgelegt. Ich wünsche Ihnen für die nächste Dekade weiterhin innovative Ideen und viel Erfolg bei den anstehenden Herausforderungen. Marc Chardonnens Direktor BAFU BAFU-D-B33A3401/55 Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern 5
Referent Dipl. Ing. Dr. phil. Willi Haas Senior Scientist und Lecturer, Univ. Ass. Kontakt Department für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Institut für Soziale Ökologie Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) Schottenfeldgasse 29 A-1070 Wien T +43 1 47654 73720 willi.haas@boku.ac.at Lebenslauf Willi Haas studierte Maschinenbau/Arbeits- und Betriebswissenschaften und promovierte als Dr. phil. Er ist Uni- versitätsassistent am Institut für Soziale Ökologie der Universität für Bodenkultur, Wien. Seine Forschung fokussiert auf gesellschaftliche Natur-Interaktionen auf verschiedenen Skalenebenen einschliess- lich ihrer Interdependenzen. Ein Kernfokus sind Materialströme sowie die biophysische Abschätzung der Möglich- keiten und Grenzen der Kreislaufwirtschaft. Er untersucht auch die Barrieren, die es zu überwinden gilt, soll ein grundlegender Umbau des gesellschaftlichen Stoffwechsels zur Rückkehr in einen sicheren Handlungsraum der Menschheit gelingen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Verhältnis von Gesundheit, Demographie und Klimawandel. Als Koordinator und Co-Chair hat er unter Mitwirkung von 60 WissenschaftlerInnen einen Special Report für Österreich herausgegeben. Willi Haas war Vertragsbediensteter im Sozialministerium, Geschäftsführer des Österreichischen Ökologie-Insti- tuts, Acting Director der Environmental Monitoring Group in Kapstadt und Wissenschafter am Institute of Applied System Analysis (IIASA) in Laxenburg. Weiterführende Links Wissenschaftliche Artikel, englisch ff How circular is the global economy? An assessment of material flows, waste production and recycling in the EU and the world in 2005 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/jiec.12244 ff Global socioeconomic material stocks rise 23-fold over the 20th century and require half of annual resource use https://www.pnas.org/content/114/8/1880.short ff Measuring Progress towards a Circular Economy: A Monitoring Framework for Economy-wide Material Loop Closing in the EU28 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/jiec.12809 ff From resource extraction to outflows of wastes and emissions: The socioeconomic metabolism of the global economy, 1900–2015 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0959378017313031 Wissenschaftliche Artikel, deutsch ff Zurück an den Anfang: Konsequente Kreis- laufführung fordert unser Wirtschaftsmodell heraus – Seite 20 https://www.circularfutures.at/assets/EU-Umweltbuero/Magazin-EUropainfo/EUropainfo-2-18.pdf ff Ressourcen: Läuft die Wirtschaft im Kreis? http://www.ak-umwelt.at/schwerpunkt/?article=620&is- sue=2016-04 ff Kommissionsmitteilung ff Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und So- zialausschuss und den Ausschuss der Regionen über einen Überwachungsrahmen für die Kreislaufwirtschaft {SWD(2018) 17 final} – Seite 3 http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-5478-2018-INIT/de/pdf 6 Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern
Kreislaufwirtschaft – Ein Schlüssel zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele? Dipl. Ing. Dr. phil. Willi Haas, Senior Scientist und Lecturer, Univ. Ass. Die 50iger Jahre haben in Europa und Nordamerika zu einem enormen Wachstum des jährlichen Materialver- brauchs geführt. Ermöglicht wurde dies durch die Nutzung der Fossilenergie. War in den vorangegangen Jahr- hunderten Energie ein knappes und die Entwicklung begrenzendes Gut, so war diese auf einmal im Überfluss und überall vorhanden. Massenproduktion ermöglichte zunächst die Bereitstellung billiger Produkte, für die man in den Jahrhunderten davor schon feudal oder wohlhabend sein musste. Durch den Massenkonsum konnte sich eine Mehrheit der Bevölkerung als «geadelt» fühlen. Zunehmend ist aber fraglich, ob die Bedürfnisse die Produktion be- nötigen, oder sich dies nicht umgekehrt hat, nämlich, dass vielmehr die dem Wachstumsparadigma unterliegende Wirtschaft das Wecken von immer neuen Bedürfnissen und das Erschliessen neuer Märkte dringend erfordert. Das Wachstum könnte jedenfalls unbegrenzt weitergehen, wäre da nicht die Umwelt, die zunehmend der Gesellschaft Krisenphänomene wie den Klimawandel oder den Verlust der Artenvielfalt beschert. Fast zielstrebig überschreitet die Menschheit planetare Grenzen und verlässt damit ihren sicheren Handlungsspielraum. Seit den 70iger Jahren haben Umweltkonferenzen beharrlich auf die Umweltkrisen hingewiesen. Unlängst hat die Staatengemeinschaft die Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung zur Transformation unserer Welt beschlos- sen, die 17 Nachhaltigkeitsziele zu Umwelt, Soziales und Wirtschaft formuliert. Die wichtigste Errungenschaft bei diesen Zielen ist es, dass Entwicklungsfragen des globalen Südens mit «Entwicklungsfragen» des globalen Nor- dens gemeinsam formuliert werden. Es ist klar geworden, dass die Begrenzung von Umweltfolgen auch soziale Fragen verschärft und Lösungen daher neben der wirtschaftlichen Machbarkeit soziale und ökologische Wechsel- wirkungen dringend in den Fokus nehmen muss. Den Umweltkrisen zu Grunde liegt der überbordende Stoffwechsel (Metabolismus) der Gesellschaften. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Kreislaufwirtschaft als Schlüssel zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele gefördert wird. Kann die Kreislaufwirtschaft dieses Versprechen jedoch einlösen? Eine systematische Vermessung aller materiellen Inputs in die global vernetzte Gesellschaft sowie deren Outputs an die Natur von 1900 bis 2015 zeigt, dass wir laufend an Zirkularität verlieren. Während um 1900 noch Biomasse den gesellschaftlichen Metabolismus dominiert, sind es 2015 Mineralstoffe wie Baumaterialien und Metalle. War 1900 eine Durchflussgesellschaft, so ist das Bild in eine Hamstergesellschaft umgeschlagen: Die globale Gesell- schaft baut mit rasendem Tempo enorme Bestände wie Häuser, Strassen, Industrieanlagen oder Kraftwerke auf. Unmengen von kleinen bis grossen Artefakten des täglichen Konsums müssen produziert, betrieben und zuneh- mend vernetzt werden. Sie brauchen hinter der Kulisse des Konsums enorme Infrastrukturen, die ihrerseits gebaut, betrieben und Instand gehalten werden müssen. Technische Lösungen und eine konsequente Kreislaufführung zur Reduktion der Umweltfolgen unserer Abfälle und Emissionen sind unabdingbar, aber um Nachhaltigkeitskrisen zu meistern, braucht es zudem einen Rückbau der menschgemachten materiellen Welt: Mehr Kreislaufschliessung und bessere Emissionsfaktoren helfen nur, wenn die materiellen Inputs und Outputs – absolut gesehen - drastisch sinken. Unter diesen Rahmenbedingungen wird die Kreislaufwirtschaft zum Schlüssel für die Nachhaltigkeit. Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern 7
Referent Daniel Böni Geschäftsführer KEZO und Geschäftsführer Stiftung ZAR Kontakt Stiftung Zentrum für Nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung ZAR Wildbachstrasse 2 CH-8340 Hinwil T +41 44 938 31 02 M +41 79 773 97 82 daniel.boeni@kezo.ch Lebenslauf Daniel Böni hat Maschinenbau an der ETH Zürich studiert und war von 1985 bis 1993 in der Kunststoffindustrie tätig, davon verbrachte er drei Jahre in China. Bis 2002 arbeitete er in der Glasindustrie, zuerst in der Produktions- entwicklung danach als Betriebsleiter mit technischer Verantwortung für vier Werke im In- und Ausland. 2002 wurde Daniel Böni Geschäftsführer des Zweckverband Zürcher Oberland KEZO und engagiert sich seither für die Schweizer Abfallindustrie. Seit 2010 ist er auch Geschäftsführer der Stiftung ZAR. Weiterführende Links ff https://zar-ch.ch/fileadmin/user_upload/Contentdokumente/Oeffentliche_Dokumente/200102_ZAR_Schriften- reihe_001_Schlackenaufbereitung_Erkenntnisse_2019.pdf ff https://zar-ch.ch/fileadmin/user_upload/Contentdokumente/Oeffentliche_Dokumente/2017_Statusbericht_ Aufbereitungsanlage_ZAVRE.pdf ff https://zar-ch.ch/fileadmin/user_upload/Contentdokumente/Oeffentliche_Dokumente/Methodenband_DE.pdf ff https://www.kabeleins.ch/tv/abenteuer-leben/videos/201993-geniale-idee-wie-muell-zu-gold-gemacht-wird- clip Notizen 8 Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern
Das Prinzip thermo-re® Energie / Metalle / Mineralien und CO2 Daniel Böni, Geschäftsführer KEZO und Geschäftsführer ZAR Der Kampf gegen Seuchen, weniger Umweltbelastung, Ressourcenknappheit – das waren und sind die Treiber für die Entwicklungen der thermischen Abfallbehandlung. Bereits in der Mittelsteinzeit verbrannten die Menschen den Abfall, wahrscheinlich wenn die Ausdünstungen un- erträglich wurden – das belegen grosse Deponien mit bis zu 200‘000 m3, in denen sich Schichten von Abfallresten und Aschelagen abwechseln. Mit der Industrialisierung entwickelte sich die thermische Verwertung rasant. 1940 wurden erste KVAs mit Wärmegewinnung gebaut, es folgte die Stromproduktion und die Energiegewinnung aus Abfall wurde zum Standard. In den 90iger Jahren rüstete man die Anlagen mit einer Rauchgasreinigung nach, um die Emissionen zu reduzieren. Gleichzeitig begann man die Wertstoffe im Abfall bzw. in der Schlacke und Elektro- filterasche zu schätzen und baute erste Aufbereitungsanlagen. Parallel zum thermischen Verfahren und der Aufbereitung entwickelte sich der Kunststoffsektor und der Einsatz der Kunststoffe in immer mehr Lebensbereichen nahm stetig zu. In den 60iger Jahren betrug der fossile Anteil im Abfall bald 50%. Der Ruf nach Recycling wurde immer lauter. Schlacke, welche damals noch relativ unbelastet war, wurde z.B. als Isolation und Dämmschutz in Zwischendecken von Häusern eingebaut. Parallel dazu wurden Separatsammlungen und Recycling-Systeme eingeführt, mit dem Ziel die Umwelt zu schützen und Ressourcen zu schonen. Dank der Separatsammlungen und der direkten stofflichen Verwertung von Mono-Materialien (Glas, Papier, Metall, Organik) gelang es, die thermische Verwertung zu entlasten und die jährliche Zunahme der Abfallmengen in die KVAs etwas zu bremsen. Die starke Ausbreitung der Verbundstoffe setzte dem stofflichen Recycling allerdings Grenzen, sowohl wirtschaftlich wie auch technisch. Ein beachtlicher Rest konnte nicht direkt recycliert werden, und solange erlaubt, wurde dieser Rest profitabel exportiert. Inzwischen ist der Export sehr eingeschränkt und der Rest wird thermisch verwertet. Neben dem Vermeiden von Abfällen und dem Recycling von Mono-Materialien ist der thermo-re®-Prozess die beste Alternative zur Entsorgung unseres Kehrichts. Die Anforderungen an die Hygienisierung (Geruchsbelastung und Infektionsrisiko), die Volumenreduktion, die effiziente Energiegewinnung in Form von Wärme und Strom, die Sen- kefunktion für giftige Stoffe sowie die Rückgewinnung von Wertstoffen werden bestens erfüllt. Wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung des thermo-re®-Prinzips ist die ganzheitliche Betrachtung des Systems. Es gilt unnötige Schnittstellen zu vermeiden und die Prozesse optimal aufeinander abzustimmen. Dabei muss die Optimierung des Gesamtsystems und nicht die Optimierung der Teilsysteme im Zentrum stehen. Produkte aus dem thermo-re®-Prozess Der mit Abstand grösste Massenstrom aus dem thermo-re® Prozess ist das CO2, gefolgt von der Schlacke und der Elektrofilterasche. Alle drei Massenströme sind ökologisch und zum Teil auch toxisch relevant. Deren nachhal- tige Nutzung muss noch mehr Beachtung finden, belasten diese drei Massenströme einerseits unser Ökosystem erheblich, sind aber andererseits eine bedeutende Wertstoffquelle. Das Referat beschränkt sich auf die Metall- gewinnung aus der Schlacke. Anhand des Prozesses wird aufgezeigt, wo Verluste entstehen und wie sich diese auf die Gesamteffizienz der Metallrückgewinnung aus dem Abfall auswirken. Anhand des Trockenaustrages und der Aufbereitungsanlage der ZAV Recycling AG wird mit praktischen Beispielen gezeigt, wie diese Metallverluste vermieden werden, indem ganze Prozessschritte optimiert und zum Teil eliminiert werden. Dies ist nicht nur ent- scheidend für die Metallrückgewinnung, sondern auch für die Ertragsoptimierung. In einem kurzen Ausblick wird auf weitere Optimierungspotenziale des mineralischen Anteils der Schlacke eingegangen. Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern 9
Referent Dr. Robin Quartier Direktor VBSA und Direktor SwissZinc AG Kontakt VBSA Wankdorffeldstrasse 102 CH-3014 Bern T +41 31 721 61 61 quartier@vbsa.ch Lebenslauf Robin Quartier hat Werkstoffwissenschaften an der EPFL studiert und in Umweltnaturwissenschaften an der ETHZ promoviert. Nach einer ersten Berufserfahrung als Entwicklungsingenieur in einem Start-up hat er zum Bundesamt für Umwelt gewechselt, wo seine Haupttätigkeit in den Bereichen Luftreinhaltung und Abfallwirtschaft lag. Berufsbegleitend hat Robin Quartier ein Zweitstudium in Rechtswissenschaften absolviert und mit einem Master of Law der Universität Bern abgeschlossen. Seit 2013 ist er Direktor des Verbandes der Betreiber Schweizerischer Abfallverwertungsanlagen VBSA. Gleich- zeitig ist er auch Geschäftsführer der SwissZinc AG. Weiterführende Links ff https://sustec.ethz.ch/suslab.html ff https://ieaghg.org/ ff www.vbsa.ch Notizen 10 Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern
Carbon Hub: Ein wirksamer Ansatz zur Reduktion unserer CO2-Emissionen Dr. Robin Quartier, Direktor VBSA und Direktor SwissZinc Der Carbon-Hub-Ansatz kann in vier Schritte aufgeteilt werden: 1. Concentrate: Emissionen von fossilem CO2 werden auf wenig Punktquellen konzentriert. Kleine CO2-Punktquellen werden ausser Betrieb genommen. Öl- und Gasheizungen werden durch Wärmepumpen oder Fernwärme ersetzt. Fahrzeuge werden elektrisch angetrieben. Nur noch grossen CO2-Punktquellen blei- ben in Betrieb. 2. Capture: Die verbleibenden CO2-Punktquellen werden mit CO2-Abscheidung ausgerüstet. Bei den ver- bleibenden grossen Punktquellen fällt CO2 konzentriert und in grossen Mengen an. Skaleneffekte ermöglichen eine effiziente CO2-Abscheidung. Die CO2-Punktquellen emittieren kein CO2 mehr und werden zu Kohlen- stoff-Drehscheiben: Carbon Hubs. 3. Store: Das abgeschiedene CO2 wird in eine internationale CO2-Infrastruktur eingespeist. Der Transport von CO2 erfolgt in einem nationalen Rohrleitungsnetz. Die Lagerung oder die eventuelle Nutzung des CO2 erfolgt in zentralisierten, grosstechnischen Anlagen. 4. Substitute: Dekarbonisierung wird vorangetrieben: Die mit einer CO2-Abscheidung ausgerüsteten Punkt- quellen werden zunehmend auf fossilfreie Energieträger umgestellt: Biogenes C ersetzt fossiles C. Heizkraft- werke werden durch grosse, mit erneuerbarem Strom getriebene Wärmepumpen ersetzt. KVA als Carbon Hub: Thermische Kehrichtverwertungsanlagen (KVA) sind als künftige Carbon Hubs prädestiniert: KVA sind grosse CO2-Punktquellen. Da eine Abnahme der Abfallmenge zur thermischen Verwertung nicht absehbar ist, werden KVA in den nächsten Jahrzehnten grosse CO2-Punktquellen bleiben. KVA verfügen über fundiertes Wissen über den Betrieb von komplexen Rauchgasreinigungssystemen, die relativ schnell mit einer quantitativen CO2-Abscheidung ergänzt werden könnten. Schliesslich befinden sich die KVA an Knotenpunkten verschiedener Versorgungsnetze. Finanzierbar und ein wirkungsvoller Ansatz: KVA sind im Besitz der öffentlichen Hand. Die CO2-Abscheidung könnte nach dem Verursacherprinzip finanziert werden. Der Aufbau und der Betrieb der CO2-Transportinfrastruktur inklusive Nutzung oder Lagerung wäre als nationale Aufgabe durch den Bund zu finanzieren. Bei einer unverzüglichen Umsetzung des Carbon-Hub-Ansatzes könnte die Schweiz ab 2030 ihre CO2-Emissionen um 10 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr reduzieren. Damit könnte der Carbon-Hub-Ansatz entscheidend zum Ziel des Bundesrates beitragen, die Netto-Emissionen bis 2050 auf null zu reduzieren. Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern 11
Referentin Dr. Helen Gablinger Head of Sales Anaerobic Digestion Kontakt Hitachi Zosen Inova AG Hardturmstrasse 127 CH-8005 Zürich T +41 44 277 13 27 M +41 79 623 51 15 helen.gablinger@hz-inova.com Lebenslauf Helen Gablinger hält ein Chemieingenieurdiplom der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich, Schweiz, wo sie auch promovierte. Sie verfügt zudem über einen Executive MBA des IMD in Lausanne, Schweiz. Ihre Berufslaufbahn begann als Chemieingenieurin mit Prozess-Design und Dimensionierung von Energy-from-Was- te-Anlagen bei HZI (damals Von Roll Umwelttechnik). Nach wenigen Jahren übernahm sie die Leitung der System- einheit Abgasbehandlung und war massgeblich an der Weiterentwicklung diverser HZI-Produkte beteiligt. Sie fungierte weiter als Vice President für Marketing und Vertrieb mit Verantwortung für Schlüsselregionen in Euro- pa und Asien sowie die Koordination der globalen Vertriebsaktivitäten einer deutschen Tochtergesellschaft inner- halb der gleichen Gruppe. Im Anschluss übernahm sie die Leitung der HZI-Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten für thermische und bio- logische Abfallbehandlung. Heute leitet Helen Gablinger den Verkauf von Kompogas®- und Biogasanlagen. Weiterführende Links ff www.hz-inova.com ff https://vbsa.ch/CO2-Report/index.html ff https://zar-ch.ch/fileadmin/user_upload/Contentdokumente/Oeffentliche_Dokumente/2018_ThermoRe_Effizi- ente_Gewinnung_von_Wertstoffen_aus_der_Trockenschlacke_DE.pdf ff https://www.igenass.ch/fileadmin/user_upload/igenass.ch/Dokumente/Factsheets/Factsheet_IGENASS_ TNH.pdf ff Interne HZI- Studie, Aug 2016, Julia Baumann, «Ecological life cycle assessment of HZI DryMining” ff https://www.nsenergybusiness.com/news/gold-climate-change-net-zero-mining/ ff http://www.cemsuisse.ch/cemsuisse/index.html?lang=de&download=NHzLpZeg7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln- 1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCEdIJ5gGym162epYbg2c_JjKbNoKSn6A-- ff https://www.holcim.ch/sites/switzerland/files/atoms/files/holcim_umweltdaten_2017.pdf ff http://datatopics.worldbank.org/what-a-waste/trends_in_solid_waste_management.html ff Dubai Waste Management Center Environmental Impact Assessment Rev 4, Oct. 2019 ff Abfallstatistik-Daten EU: https://www.europarl.europa.eu/resources/library/ima- ges/20180328PHT00736/20180328PHT00736_original.jpg 12 Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern
CO2-Potenzial der Abfallwirtschaft Abschätzungen für die Schweiz und die Aktivitäten des ZAR Dr. Helen Gablinger, Head of Sales Anaerobic Digestion, Hitachi Zosen Inova AG Die Übersicht der Kennzahlen der Schweizer Abfallwirtschaft zeigt, dass jährlich rund 2.1 Mio. Tonnen fossiles CO2 emittiert werden. Eine Verbesserung der Rückgewinnung von Nichteisenmetallen aus der KVA-Schlacke und die Auswirkung daraus auf das CO2 bedeutet eine Vermeidung von mindestens 250‘000 t/a und potenziell sogar noch mehr. Zwei Industrien, die als CO2 -Emittenten in der Kritik stehen, sind Gold- und Zementindustrie. CO2 -Reduktions- oder Vermeidungsmassnahmen könnten dort zu Win-Win-Situationen führen. Grate-for-Riddlings (Nass/trocken-Hybridaustrag): Erfahrungen mit der Verwertung von feiner KVA-Schlacke in Emmenspitz (L4) während der letzten vier Jahre zeigen interessante Tendenzen. Im Rahmen des globalen Dekarbonisierungs-Diskurses kommt der ordnungsgemässen Behandlung von organi- schen Abfällen für klimarelevante Gasemissionen im internationalen Vergleich eine wichtige Bedeutung zu. Zudem werfen wir einen Blick auf die Möglichkeiten im Bereich der erneuerbaren Gase. Schlussfolgerungen: • Die Verbreitung der Wiederverwendung von Metallen und der Nachweis dieses Nutzens steht international noch aus. • Wiederverwendung von Metallen vermeidet CO2. • Es ist einfacher, CO2 aus Biogas für die weitere Verwertung zu nutzen als aus dem Abgas von KVAs. • Unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes ist es effektiver, die globalen Methanemissionen durch Vermei- dung der Deponierung organischer Abfälle zu verhindern. Notizen Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern 13
Referent Walter Furgler Geschäftsführer Kontakt KVA Linth Im Fennen 1a CH-8867 Niederurnen T +41 55 617 27 62 M +41 79 179 79 58 furgler@kva-linth.ch Lebenslauf Nach einer Ausbildung zum Maschinenzeichner / Konstrukteur bei der Firma Elco Energiesysteme AG in Vilters SG arbeitete Walter Furgler als Planer bei Von Roll AG (heute HZI), Zürich. Teilweise berufsbegleitend folgten Studien zum Dipl. Techniker und zum Dipl. Wirtschafts-Ingenieur FH/MAS an der Hochschule Liechtenstein. Später noch ein executive MBA in Unternehmensführung an der Universität Liechtenstein sowie ein Senior Management Pro- gramm an der Universität St. Gallen. Von 1993 an arbeitete Walter Furgler bei der STAG AG, Maienfeld, zuerst als Projektleiter im Bereich thermische Kraftwerke, später als Stv. Geschäftsführer wie auch Leiter Projektierung/ Sales. Im 2013 folgte der berufliche Wechsel als Geschäftsführer zum Kehrichtheizkraftwerk KVA Linth, verbunden mit einem Vorstandssitz im Verbund Thermischer Verwertungsanlagen Ostschweiz. Seit 2016 ist Walter Furgler zudem Verwaltungsrat der SwissZinc AG. Weiterführende Links ff https://www.kva-linth.ch ff https://www.kva-linth.ch/fileadmin/user_upload/Vortrag_PtG_Energie_aus_Abfall_Band_16_259-274_Furgler.pdf Notizen 14 Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern
Klimaschutz: Die Schlüsselrolle der Schweizer KVA Walter Furgler, Geschäftsführer, KVA Linth Ausgangslage Die KVA Linth in Niederurnen (GL) verwertet jährlich ca. 110‘000 t Abfälle primär aus 28 umliegenden Gemeinden der Kantone Glarus, Schwyz und St. Gallen. Mit der Verwertung der Abfälle wird Strom produziert, das Fernwärme- netz stetig ausgebaut und Metall zurückgewonnen. Die Steigerung der Energieabgabe ist ein zentrales Thema. Aus diesem Grund beschäftigte sich die KVA Linth in den Jahren 2013 – 2016 auch mit dem Thema Power-to-Gas. Geplant war, mit dem Anteil an erneuerbarem Strom der KVA mittels Elektrolyse Wasserstoff (H2) zu produzieren. In der nachfolgenden Methanisierung sollte dann mit dem aus dem Abgasstrom abgeschiedenen Kohlendioxid (CO2) synthetisches Erdgas für die lokale Gasversorgung erzeugt werden. Es zeigte sich, dass dieses Verfahren mit den heutigen Rahmenbedingungen nicht sinnvoll be- trieben werden kann. Die ETH (sus.lab) kam später in einer vom VBSA in Auftrag gegebenen Studie zu ähnlichen Resultaten. Trotzdem blieb neben der Produktion von Wasserstoff das Thema CO2-Abscheidung und nachfolgende Nutzung oder Lagerung im Fokus der Geschäftsleitung (Carbon Capture and Storage / Utilization, kurz CCS/CCU). KVA sind heute bezüglich Schadstoffemissionen Vorzeigeunternehmen. Mit der Energieabgabe und der Metall- rückgewinnung werden zudem relevante Mengen an «fossilem» Kohlendioxid indirekt kompensiert – und doch wird bedingt durch den Verbrennungsprozess weiter CO2 über den Kamin ausgestossen. Kohlendioxid liegt im Abgasstrom einer KVA in einer Konzentration von 9-10 Vol.% vor. Dies ist ein Vorteil gegen- über anderen Verfahren wie beispielsweise der Abtrennung direkt aus der Luft mit geringerer Konzentration (Direct Air Capture, 0,04%). Somit bietet sich auch die Prüfung der direkten Minderung des CO2-Ausstosses (CCS/CCU) an. Klimarelevanz der KVA Linth In der Schweiz verursachen alle KVA etwa 4.5% aller CO2-Emissionen. Pro Tonne Abfall wird etwa 1 Tonne Koh- lendioxid emittiert – davon ist etwa die Hälfte biogenen Ursprungs und somit klimaneutral. Die KVA Linth ist mit 52‘000 t «fossilem» Kohlendioxid der zweitgrösste Emittent von CO2 im Kanton Glarus. Im ganzen Kanton werden ca. 220‘000 t ausgestossen. Durch die Stromproduktion, Fernwärme und Metallrückgewinnung werden heute 12‘700 t CO2 indirekt wieder subs- tituiert. Mit der Erneuerung der KVA Linth bis ins Jahr 2025 und dem weiteren Ausbau der Wärmeabgabe ist ge- plant, weitere 20‘000 t zu substituieren. Somit bleibt aus heutiger Sicht noch rund 20‘000 t fossiles CO2 übrig. Das Potenzial zur direkten Abscheidung von Kohlendioxid liegt bei der KVA Linth bei jährlich über 100‘000 t. Aller- dings muss dafür aus technologischen Gründen thermische und elektrische Energie aufgewendet werden. Dies verschlechtert die Bilanz der indirekten Substitutionsmassnahmen, da entsprechend weniger Strom produziert werden kann. Somit müssten aus heutiger Sicht mindestens 25‘000 t CO2 direkt abgeschieden werden, um die KVA Linth im Jahre 2025 komplett klimaneutral zu betreiben. Würde die gesamte Menge an CO2 zurückgewonnen werden, so könnten über 60‘000 t an negativen CO2-Emissio- nen erzeugt werden. Damit würde die KVA Linth den CO2-Ausstoss des Kanton Glarus stark reduzieren. Wohin mit dem CO2? Wenn es gelingt, Tausende von Tonnen CO2 zurückzugewinnen, stellt sich zwangsläufig die Frage, wohin mit dem CO2? Wie am Anfang erwähnt haben eigene Studien ergeben, dass die Nutzung des Kohlendioxids zur Produktion von Treibstoffen usw. heute durch die relativ hohe Energiezufuhr und dem fehlenden Überschussstrom noch nicht sinnvoll ist. Es wird sich in Zukunft zeigen, ob die Verwendung des CO2, beispielsweise in der chemischen Energie möglich wäre (CCU). Aus heutiger Sicht bietet sich aber hauptsächlich die Lagerung in alten Gasfeldern tief unter dem Meeresgrund an (CCS). In Norwegen beispielsweise dürfte in den nächsten Jahren ein solches Endlager entstehen. Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern 15
Konzentration auf Carbon Capture and Storage (CCS) Mit Carbon Capture and Storage könnte ein weiterer wesentlicher Schritt bei der Umweltleistung einer KVA ge- macht werden. Der Unterschied bei CCS ist aber, dass im Vergleich zu Minimierung der klassischen Schadstoffe völlig andere Voraussetzungen bezüglich technischer Umsetzung und Kosten vorliegen. Während die CO2-Ab- scheidung noch als Aufgabe der einzelnen KVA angesehen werden kann, so führen die weiteren Prozessschritte wie die Gestaltung der Logistik sowie die Sicherstellung der Endlagerung zu diversen übergeordneten Fragestel- lungen. Letztlich ist auch der Einfluss auf die Verwertungsgebühren zu klären. Ohne nationale Strategie kann ein Zweckverband wie die KVA Linth keine CO2-Abscheidung mit nachfolgender Nutzung oder Lagerung umsetzen. Es gibt zudem auch Vorbehalte gegenüber CCS. Neben Kostenfragen steht der relativ hohe Energieaufwand oder die Sicherheit bei der Lagerung im Vordergrund. Innosuisse Projekt VBSA, ETH (sus.lab) und KVA Linth Um all diese Fragen zu klären, hat die KVA Linth zusammen mit dem VBSA und der ETH (sus.lab) ein von Innosu- isse gefördertes Projekt lanciert. Während sich der VBSA und die ETH vor allem um Fragen der Logistik, Nutzung und Lagerung, aber auch um politische Themen kümmern werden, wird sich die KVA Linth intensiv mit der Frage der technischen Machbarkeit und der Kosten von Carbon Capture am Standort Niederurnen auseinandersetzen. Im Zuge der Erneuerung der KVA Linth bietet sich die Integration einer CO2-Abscheideanlage als erste Pilotanlage im industriellen Massstab an. Die KVA Linth bearbeitet deshalb zurzeit ein entsprechendes Vorprojekt. Erste Markt- abklärungen zeigen, dass solche Anlagen, welche auf einer sogenannten Aminwäsche basieren, bereits betrieben werden und erste Erfahrungen vorliegen. Im Wesentlichen sollen klare Erkenntnisse über Investitions- und Be- triebskosten, aber auch Betriebsrisiken resultieren. Bis Ende 2020 werden diesbezüglich erste Resultate vorliegen. Projektdimension und Unterstützung Die Umsetzung von CCS ist für die KVA Linth wie schon erwähnt, aber auch generell für die Branche, eine He- rausforderung. Eine KVA kann diese Aufgabe nicht allein bewältigen, dafür sind die Themen, die in der ganzen Prozesskette zu bearbeiten sind, technisch und finanziell zu komplex. Es braucht den politischen Willen und den Einsatz der ganzen Branche – im Wissen, dass die Abfallmengen wohl nicht geringer werden. Andererseits besteht die grosse Chance, dass die schweizerischen KVA im Sinne der nationalen Klimaziele einen relevanten Beitrag leisten können. Für die weitere Planung, aber auch für die spätere Umsetzung ist die KVA Linth auf Unterstützung der Politik, Be- hörden, Branche angewiesen. Die KEZO (Hinwil) hat bereits einen Beitrag von 20‘000 Fr. gesprochen. Weitere Supporter aller Anspruchsgruppen sind herzlich willkommen. 16 Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern
Referent Dr. rer. nat. Stefan Schlumberger Leiter Kompetenzzentrum Hydrometallurgie, Stiftung ZAR Kontakt Stiftung Zentrum für nachhaltige Abfall- und Ressourcennutzung ZAR Kompetenzzentrum Hydrometallurgie Emmenspitz CH-4528 Zuchwil T +41 32 686 54 30 stefan.schlumberger@kebag.ch Lebenslauf Nach seinem Chemiestudium und der Promotion an der Technischen Universität München übte Stefan Schlum- berger von 2005–2014 diverse Tätigkeiten im Anlagenbau, in der Forschung und Entwicklung aus. Seit 2014 leitet er das Kompetenzzentrum für Hydrometallurgie, ZAR, Standort Zuchwil. Er ist ausserdem CTO für das SwissZinc Projekt. Weiterführende Links: ff https://zar-ch.ch/zar/kompetenzenprojekte/phosphormining/ ff https://awel.zh.ch/internet/baudirektion/awel/de/abfall_rohstoffe_altlasten/rohstoffe/rohstoffe_aus_abfaellen/ naehrstoffe.html#a-content ff Video zur Pilotierung: https://youtu.be/47x3epAPDsU Notizen Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern 17
Phosphor-Mining Dr. rer. nat Stefan Schlumberger, Leiter Kompetenzzentrum Hydrometallurgie, Stiftung ZAR Im Klärschlamm aus kommunalen Abwasserreinigungsanlagen findet sich ein grosses Potenzial zur Phosphor- rückgewinnung. Klärschlamm wurde früher von der Landwirtschaft als Nährstoffquelle direkt auf die Böden aus- gebracht. Aufgrund der darin zunehmenden Schadstofffracht ist dies seit 2006 verboten. Klärschlamm wird seitdem thermisch entsorgt. Aus einer wertvollen Ressource ist ein teuer zu entsorgender Abfall geworden, den es nun mittels Phosphor-Mining wieder als Ressource zu nutzen gilt. Mit dem Weg der thermischen Monoverbrennung des Klärschlamms, über den heute ca. 63% des Schweizer Klärschlamms entsorgt wird, kann einerseits der Energieinhalt optimal genutzt und gleichzeitig eine vollständige thermische Zerstörung der enthaltenen organischen Verunreinigungen erreicht werden. Anderseits wird die Res- source Phosphor durch diese Mineralisierung als Klärschlammasche in angereicherter Form für eine nachfolgende Phosphorrückgewinnung konserviert. Die Aufgabe eines nachhaltigen ökoeffizienten Phosphor-Minings besteht nun darin, die weitere stoffliche Fraktionierung der Klärschlammasche so zu gestalten, dass die verbliebenen anorganischen Schadstoffe sowie weitere Nebenprodukte von der Ressource Phosphor isoliert und jeweils als Produkte in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden. Die Stiftung ZAR hat im Auftrag der Baudirektion des Kantons Zürich gemeinsam mit dem spanischen Generalun- ternehmer und Anlagenbauer Técnicas Reunidas das Phos4life-Verfahren zur Fraktionierung und Ressourcenrück- gewinnung entwickelt. Phosphor wird als reine, technische Phosphorsäure zurück gewonnen und für industrielle oder landwirtschaftliche Zwecke weiterverwendet. Eisen, das in den Kläranlagen zur Ausfällung des Phosphates zugegeben wird, wird ebenfalls weitestgehend rezykliert. Weitere Metalle werden abgetrennt und einer Verwertung zugeführt. Der verbleibende, von Schwermetallen befreite mineralische Rohstoff kann in der Baustoffindustrie wie- derverwendet werden. Abb. 1: Thermo-Recycling des ursprünglichen Abfalls Klärschlammasche und Rückgewinnung der darin enthalte- nen Rohstoffe zur Schliessung des Stoffkreislaufes. Der Einsatz von Primärrohstoffen wird minimiert. 18 Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern
Die Kombination aus thermo-Recycling und weiterer Fraktionierung mithilfe des Phos4life-Verfahrens ermöglicht somit eine nahezu vollständige stoffliche Verwertung des ursprünglichen Abfalls «Klärschlamm». Stoffkreisläufe werden nachhaltig geschlossen und der Einsatz von Primärrohstoffen verringert. Aus einem Abfall sind wieder neue, hochwertige Produkte entstanden. thermo-re® 2.0 – Roll-out Mit dem Schweizer Abfallleitbild von 1986 wurde die Vision eines nachhaltigen Umgangs mit Rohstoffen und Ab- fällen manifestiert. Seither wurde der damals eingeleitete Paradigmenwechsel von «möglichst billig» hin zu einer «modernen Abfallwirtschaft» im Sinne der heutigen Kreislaufwirtschaft konsequent vollzogen und umgesetzt. Die Idee, dass Entsorgungssysteme aus Abfällen nur wiederverwertbare Stoffe und endlagerfähige Rückstände produ- zieren, ist auch heute noch eine wichtige und zentrale Vision der modernen Abfallwirtschaft. Mit der 2016 in Kraft getretenen neuen Abfallverordnung VVEA bekommt die Ressourcenschonung und Wert- stoffrückgewinnung noch mehr Bedeutung. Die Verbrennungsrückstände der Kehrichtverwertungsanlagen (KVA) werden zur Quelle für neue Ressourcen. So müssen aus diesen Rückständen Metalle isoliert und einer Verwertung zugeführt werden. Aus phosphorreichen Abfällen, wie beispielsweise Klärschlamm oder Tier- und Knochenmehl, ist Phosphor zukünftig zurückzugewinnen und stofflich zu verwerten. Bereits vor mehr als 25 Jahren etablierte Prozesse, wie zum Beispiel die Metallrückgewinnung aus den KVA-Filter- aschen, wurden sukzessive weiterentwickelt und tragen somit neben der Metallrückgewinnung aus den Schlacken zur weiteren, gesamtheitlichen stofflichen Nutzung der Ressource Abfall bei. Zur effektiven Nutzung dieser Poten- ziale wurden neue Zielvorgaben erlassen und Anforderungen zur Quantifizierung der Metallrückgewinnung nach dem Stand der Technik festgehalten. Neben den Rohstoffen und Ressourcen enthalten die Rückstände der thermischen Abfallverwertung auch Schad- stoffe, die zum Teil in einzelnen Rückstandsfraktionen angereichert vorliegen. Das weitere Management dieser Schadstoffe muss im Hinblick auf die darin enthaltenen Ressourcen und deren Nutzung gezielt entwickelt und abgestimmt werden. So stellen die in den Filteraschen vorliegenden Dioxin- und Furanfrachten, die sich aus den im Rohgas der KVA vorliegenden Komponenten beim Abkühlen des Rauchgases nach der de-novo Synthese bilden, eine Herausforderung zur Minimierung dar, damit die «sauer gewaschenen Aschen» nach der Metallrück- gewinnung weiterhin in der Schweiz deponiert werden können. Etablierte und neue Systeme zur Minimierung bzw. thermischen Zerstörung der enthaltenen Dioxine und Furane müssen im Kontext der Metallrückgewinnung bewertet und zielgerichtet ausgewählt werden, so dass es zu einer Verbesserung der Gesamtperformance kommt. Die ganzheitliche Betrachtung bietet hier eine Chance zur optimierten Ressourcen- und Rohstoffnutzung bei mini- mierter ökologischer Belastung. Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung sind wichtige Konzepte eines modernen Abfallmanagements, die eine sorgfältige und weitsichtige Planung erfordern. Ineinander verzahnte Teilprozesse dürfen dabei nicht nur iso- liert als einzelnes Subsystem betrachtet werden, damit das übergeordnete Ziel nicht aus den Augen verloren wird. Der Fokus sollte stets auf der gesamten thermischen Verwertungskette liegen und anzuwendende, neue (Teil-) Prozesse anhand der gesamtheitlichen Wirkung beurteilt und dementsprechend ausgewählt werden. Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern 19
Referent Ulrich Martin Geschäftsführer Kontakt MARTIN GmbH für Umwelt- und Energietechnik Leopoldstrasse 246 D-80807 München T +49 89 356 17-0 mail@martingmbh.de | ulrich.martin@martingmbh.de Lebenslauf Ulrich Martin erlangte im Studium «Maschinenbau und Management» an der Technischen Universität München im Jahr 2005 den Titel «Diplom-Ingenieur». Seine Laufbahn bei der Martin GmbH für Umwelt- und Energietechnik begann als Trainee in verschiedenen Abteilungen mit dem Schwerpunkt der Inbetriebsetzung von industriellen Anlagen zur thermischen Verwertung von Abfällen. Als Abschluss des Traineeprogramms folgte der Weg in die Geschäftsführung als Junior Board Member. Seit 2015 hat Ulrich Martin die Position des Geschäftsführers der Martin GmbH für Umwelt- und Energietechnik inne. Darüber hinaus ist er ebenfalls als Mitglied des Verwaltungsrats der Martin AG für Umwelt- und Energietech- nik, CH sowie der Explo Engineering AG, CH für diese Unternehmen tätig. Weiterführende Links ff http://www.martin-ag.com/ ff https://www.cewep.eu/wte-roadmap/ (Gremienarbeit CEWEP) ff http://www.eswet.eu/vision-2050.html (Gremienarbeit ESWET) ff https://www.youtube.com/watch?v=1QfHpHJHKXo (IRF International Recovery Foundation) Notizen 20 Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern
Keine Kreislaufwirtschaft ohne thermische Verwertung Ulrich Martin, Geschäftsführer, Martin GmbH, München Tagtäglich verbrauchen wir Nahrungsmittel, Produkte oder Energie um zu überleben, unserer Arbeit nachzugehen, unseren Komfort zu erhöhen oder schlicht Spass zu haben. Jeder Verbrauch erzeugt allerdings auch Reststoffe, die wiederverwendet, verwertet oder behandelt werden können. Im Sinne einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft ist es von höchstem Interesse, die Produkte so oft wie möglich wiederzuverwenden oder zu recyceln. Wie jeder verfahrenstechnische Prozess sind auch Recyclingkreisläufe nicht zu 100% perfekt, was bspw. für den Recyclingprozess das kontrollierte Ausschleusen von Altmaterial und das Zu- führen von neuen Eingangsstoffen nötig macht. Die in einem Recyclingprozess aus technischen oder ökonomischen Gründen nicht nutzbaren Stoffe dürfen nicht unbehandelt bleiben, um negative Umwelteinflüsse zu vermeiden. Für eine Grosszahl der «übrig bleibenden» Materialen bietet sich dafür die thermische Verwertung an, um die darin enthaltene Energie nutzbar zu machen sowie wertvolle Stoffe zu separieren, die in anderen Prozessen verloren wären. Innovative Entwicklungen tragen dabei unter Nutzung von Synergieeffekten erheblich zur erfolgreichen Umsetzung in einer nachhaltigen Kreislauf- wirtschaft bei. Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern 21
Referent Johannes Zervos Betriebsingenieur Schmelzbetriebe Kontakt Recyclingzentrum Lünen Aurubis AG Kupferstrasse 23 D-44532 Lünen T +49 (0)2306 108 - 684 M +49 (0)173 - 3762506 j.zervos@aurubis.com Lebenslauf Sein Studium an der RWTH Aachen, Fachgebiet Metallurgie und Werkstofftechnik, Vertiefungsfach: Prozessmetal- lurgie der NE-Metalle schloss J. Zervos 2010 mit der Diplomarbeit zum Thema «Entwicklung eines Schlackensys- tems für das Recycling von Li-Ionen Automobilbatterien» ab. Danach folgte eine Anstellung als Prozessingenieur Forschung & Entwicklung Pyrometallurgie bei der Aurubis AG Hamburg. Seit 2016 leitet J. Zervos als Betriebs- ingenieur die Schmelzbetriebe Anodenofen & Giessanlage Aurubis AG in Lünen. Weiterführende Links ff www.aurubis.com Notizen 22 Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern
NE-Edelmetalle – Resultate des Upcyclings Johannes Zervos, Betriebsingenieur Schmelzbetriebe, Recyclingzentrum Lünen, Aurubis AG Die Aurubis AG erzeugt neben einer Millionen Tonnen Kupferkathoden pro Jahr rund 50 Tonnen Gold und somit etwa 1% der jährlichen weltweiten Goldproduktion. Bis zu 40% der produzierten Edelmetallmengen werden aus Recycling-Rohstoffen gewonnen, darunter 30‘000 Tonnen Leiterplatten und 25‘000 Tonnen Nicht-Eisen Metallkon- zentraten aus der Aufbereitung von Müllverbrennungsaschen (Kehrrichtaschen). Diese Sekundär-Materialien ent- halten teilweise deutlich höhere Gehalte an Edelmetallen als primäre Erzkonzentrate. Somit leistet die Aurubis AG durch ihre Multi-Metall Strategie einen erheblichen Beitrag zum Schliessen von Edelmetallkreisläufern (Closing- the-Loop). Zudem ist die Gewinnung über die Recyclingroute äusserst energie- und ressourceneffizient und damit im hohen Mass nachhaltig. Um dieses technisch erfolgreich umzusetzen, werden die Sekundärmaterialien zunächst intern weiter aufbereitet und zu möglichst homogenen Mischungen zusammengestellt. Anschliessend erfolgt eine dreistufige pyrometallur- gische Anreicherung deren Endprodukt eine Kupferanode mit einem Cu-Gehalt von ca. 99% ist. Bei der weiteren elektrochemischen Raffination werden alle Elemente, die edler als Kupfer sind im sogenannten Anodenschlamm angereichert. Der Anodenschlamm mit Edelmetallgehalten von bis zu 20% wird mit weiteren edelmetallhalti- gen Zwischenprodukten im weiteren Verlauf in mehreren Raffinationsschritten zu Feinsilber, Feingold und einer PGM-Lösung weiterverarbeitet. Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern 23
Referentin Ariane Stäubli Umweltingenieurin Kontakt HSR Hochschule für Technik Rapperswil Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik (UMTEC) Oberseestrasse 10 CH-8640 Rapperswil-Jona T +41 55 222 48 74 ariane.staeubli@hsr.ch Lebenslauf Ariane Stäubli hat einen Abschluss als M.Sc.ETHZ Environmental Engineering. Sie ist Geschäftsführerin am In- stitut für Umwelt- und Verfahrenstechnik UMTEC an der Hochschule für Technik Rapperswil HSR. Nach dem Bachelorstudium arbeitete Ariane Stäubli zuerst in Basel bei der Gruner AG Ingenieure und Planer, wo sie sich mit Umweltverträglichkeiten, Raumplanung und der Begleitung von Umweltbauten engagierte. Nach dem Master- studium kam sie als Umweltingenieurin zur HSR in Rapperswil mit dem Fokus auf dem Erstellen von Recycling- konzepten für Elektroschrott und deren Umsetzung im Verfahrenstechniklabor, Ökobilanzierung und ökonomische Bewertung von Rohstoff- und Schadstoffkreisläufen sowie Monitoring von Recyclingprojekten z.B. Pilotphase des Farbsack-Trennsystems der Stadt Bern. Gleichzeitig ist Ariane Stäubli passionierte Bergführerin mit eidgenössi- schem Fachausweis. Weiterführende Links ff https://www.umtec.ch/index.php?id=6519&L=300 Notizen 24 Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern
CertiMet – Bedeutung für das Eisen-Recycling Ariane Stäubli, HSR, Institut für Umwelt- und Verfahrenstechnik (UMTEC) Während der Klimawandel in den Medien allgegenwärtig ist, spielt sich eine andere Katastrophe nahezu unbemerkt von der Weltöffentlichkeit ab. Durch die Metallgewinnung aus Erzen werden ganze Landstriche verwüstet und durch Schwermetalle vergiftet. Im Unterschied zur Klimaerwärmung spielt sich diese Umweltzerstörung allerdings vorwiegend in Schwellenländern ab. Da die Metalle in den von uns gekauften Produkten aus diesen Ländern stam- men, tragen wir eine zumindest indirekte Verantwortung auch für dieses Problem. Im Gegensatz zu Bio-Lebens- mitteln, Ökostrom und CO2-Zertifikaten, werden allerdings nirgendwo auf der Welt sozial- und umweltzertifizierte Massenmetalle angeboten. Zur Minderung der gravierenden Umweltauswirkungen des Bergbaus wäre es nahe- liegend – ebenso wie bei Lebensmitteln – eine parallele Handelskette für «physisch saubere» Metalle aufzubauen. Bei den Massenmetallen (Eisen, Aluminium, Kupfer) ist eine physische Rückverfolgung «Mine respektive Recyc- lingwerk Konsument» allerdings angesichts der komplex verzweigten Wertschöpfungsketten und der grossen Anzahl an Legierungen verschiedenster Zusammensetzung nur in Ausnahmefällen möglich. Das UMTEC ist dabei, diese Lücke zu schliessen und entwickelt, unterstützt durch das BAFU und zusammen mit Industriepartnern, ein Gütesiegel mit dem Namen «CertiMet» für metallhaltige Produkte. Kurz gesagt unterstützt CertiMet das Metallrecycling und damit die Schliessung von Stoffkreisläufen in der Schweiz. Um zum CertiMet-Gütesiegel zu gelangen, muss ein Hersteller/Händler von metallhaltigen Produkten den durch die Metallproduktion ausgelösten Umweltschaden durch Zertifikate kompensieren. Ähnlich wie bei CO2-Zertifika- ten wird es in Zukunft auch im Rahmen von CertiMet eine Vielzahl von Projekten geben, mit denen Kompensa- tions-Zertifikate erstellt werden. Ein erstes solches Recycling-Projekt ist das Up-Cycling von KVA-Stahlschrott. Hierbei wird der qualitativ minderwertige Stahlschrott aus KVA-Schlacke nicht, wie sonst üblich, als «Streckmittel» anderen Schrotten beigemischt und exportiert, sondern durch die Entfrachtung der Störstoffe veredelt (auf «Sche- renschrott»-Qualität). und damit in einem Schweizer Stahlwerk verwertbar. Die zusätzlichen Kosten zur Veredelung des KVA-Schrotts werden durch den Verkauf von Kompensations-Zertifikaten gedeckt. Tagungsdokumentation, Jubiläums- und Informationsveranstaltung, 23. Januar 2020, Bern 25
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