GLOBAL MACRO SHIFTS LATEINAMERIKA: AUFSTIEG UND FALL DES POPULISMUS - mit Dr. Michael Hasenstab - TRANSLATION PURPOSES ONLY
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GLOBAL MACRO SHIFTS mit Dr. Michael Hasenstab Ausgabe 6 | Januar 2017 LATEINAMERIKA: AUFSTIEG UND FALL DES POPULISMUS
Inhalt Überblick 2 Die Sirenen des Populismus 4 Der angerichtete Schaden 12 Kurskorrektur 14 Ausblick für das kommende Jahrzehnt 17 Fazit 21
Global Macro Shifts Lateinamerika: Aufstieg und Fall von Populismus Global Macro Shifts ist eine researchbasierte Veröffentlichung über die globalen Volkswirtschaften mit Analysen und Einschätzungen von Dr. Michael Hasenstab und leitenden Mitgliedern von Templeton Global Macro. Dr. Hasenstab verwaltet mit seinem Team die globalen Anleihestrategien von Templeton (z. B. uneingeschränkte festverzinsliche Anlagen, Währungen und Global Macro). Das an führenden Universitäten weltweit ausgebildete Team von Wirtschaftsexperten integriert globale makroökonomische Analysen in eingehendes Dr. Michael Hasenstab Länderresearch, um langfristige Ungleichgewichte zu Executive Vice President, Portfolio Manager, Chief Investment Officer identifizieren, die Anlagechancen eröffnen. Templeton Global Macro Dr. Sonal Desai Dr. Calvin Ho Dr. Hyung C. Shin Dr. Diego Valderrama Dr. Attila Korpos Dr. Shlomi Kramer Senior Vice President, Vice President, Senior Global Vice President, Senior Global Senior Global Macro & Research Analyst Research Analyst Portfolio Manager, Macro & Research Analyst Macro & Research Analyst Research Analyst Templeton Global Macro Templeton Global Macro Director of Research Templeton Global Macro Templeton Global Macro Templeton Global Macro Templeton Global Macro WICHTIGE HINWEISE Dieses Dokument beruht auf den Analysen und Einschätzungen der Autoren zum 5. Januar 2017 und weicht möglicherweise von den Einschätzungen anderer Portfoliomanager, Investmentteams oder Anlageplattformen bei Franklin Templeton Investments ab. Es wurde zur allgemeinen Information erstellt und ist nicht als Rechts-, Steuer- oder Anlageberatung bzw. -empfehlung anzusehen; es handelt sich hierbei auch um kein Angebot von Anteilen, keine Aufforderung zur Zeichnung von Anteilen oder zur Anwendung einer Anlagestrategie. Es stellt keine juristische oder steuerrechtliche Beratung dar. Die zum Ausdruck gebrachten Meinungen sowie die Kommentare, Ansichten und Analysen entsprechen dem Datum der Veröffentlichung und können sich ohne Ankündigung ändern. Die hierin aufgeführten Informationen stellen keine vollständige Analyse aller wesentlichen Fakten in Bezug auf ein Land, eine Region, einen Markt, eine Branche oder eine Strategie dar. Alle Anlagen sind mit Risiken behaftet, inklusive des möglichen Verlusts der Anlagesumme. Anlagen im Ausland sind mit besonderen Risiken verbunden, z. B. Währungsschwankungen, wirtschaftlicher Instabilität und politischen Entwicklungen. Anlagen in Schwellenländern, zu denen als Untergruppe auch die Grenzmärkte gehören, sind mit erhöhten Risiken in Bezug auf dieselben Faktoren verbunden. Hinzu kommen die durch ihre kleinere Größe, ihre geringere Liquidität und die nicht so fest gefügten rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen zur Stützung der Wertpapiermärkte bedingten Gefahren. Da diese Rahmenbedingungen in Grenzländern in der Regel noch geringer ausgeprägt sind und diverse Faktoren vorliegen, wie gesteigertes Potenzial für extreme Preisschwankungen, Illiquidität und Handelsbarrieren und Wechselkurskontrollen, werden die mit Schwellenländern verbundenen Risiken in Grenzländern verstärkt. Anleihenkurse entwickeln sich im Allgemeinen gegenläufig zu den Zinsen. Wenn sich also die Anleihenkurse in einem Investmentportfolio an steigende Zinsen anpassen, kann der Wert des Portfolios sinken. Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus 1
Überblick Das Ergebnis der jüngsten US-Präsidentschaftswahl hat die Herkömmliche politische Empfehlungen tendieren dazu, meisten Analysten und Beobachter überrascht. Zudem ist makroökonomische Ungleichgewichte anhand eines hierdurch die Unsicherheit bezüglich der künftigen politischen makroökonomischen Instrumentariums in Angriff zu nehmen, Entwicklungen auf ein ungewöhnlich hohes Niveau gestiegen. das unter anderem Faktoren wie eine besonnene Haushalts- Der neu gewählte Präsident Donald Trump arbeitet derzeit und Geldpolitik, Offenheit für internationalen Handel, daran, sein Kabinett zusammenzustellen, und im Laufe der Deregulierung und eine Entwicklung hin zu einer verstärkten nächsten Wochen sollten wir mehr Klarheit bezüglich des weltweiten wirtschaftlichen Integration umfasst. weiteren politischen Ausblicks erhalten. Im Nachgang der verschiedenen globalen Krisen des Einige Parameter haben sich bereits herauskristallisiert, und vergangenen Jahrzehnts sind diese herkömmlichen Mittel diese untermauern unsere seit langem gehaltene Einschätzung jedoch bedrohlich unbeliebt geworden. Dies gilt insbesondere bezüglich des Ausblicks für das Wirtschaftswachstum, die für einige der weiter entwickelten Wirtschaftsräume. So leistete Inflation und die Anlagenpreise in den USA. Die politischen diese Strömung beispielsweise einen erheblichen Beitrag zum Vorgaben der neuen Regierung dürften aller Wahrscheinlichkeit Brexit, bei dem sich eine Mehrheit britischer Wähler dafür nach eine Steigerung der öffentlichen Infrastrukturausgaben aussprach, das Land aus der Europäischen Union (EU) sowie eine Senkung der Körperschaftsteuern umfassen. Diese herauszuführen, um so die Einwanderung zu beschränken und Kombination würde das Wirtschaftswachstum - zumindest ein stärkeres Maß an nationaler Kontrolle im Hinblick auf kurzfristig - stützen. Ein robusterer Wachstumsausblick für eine politische Maßnahmen und Regulierungen zu erlangen. Auch in Wirtschaft, in der bereits Vollbeschäftigung herrscht (die verschiedenen anderen EU-Ländern haben populistische und Arbeitslosenquote hat im November mit 4,6 % ein Neun-Jahres- nationalistische Parteien an Beliebtheit gewonnen, was die Tief erreicht), und die Stabilisierung der Rohstoffpreise Unsicherheit bezüglich der 2017 anstehenden Wahlen erhöht. verstärken die Argumente für einen Anstieg der Inflation, den Während der jüngsten US-Präsidentschaftswahlen haben sich wir bereits in unserer ersten Ausgabe von Global Macro Shifts populistische Elemente ebenfalls auf sowohl republikanischer (GMS) des Jahres 2016 vorhergesagt hatten. Die Rhetorik als auch demokratischer Seite deutlich bemerkbar gemacht. Sie während der jüngsten Wahlkampagne lässt auf zusätzliche haben für einen stärker inländisch orientierten, inflationssteigernde Impulse durch potenzielle Zölle und eine interventionistischen wirtschaftlichen Fokus plädiert sowie für expansive Fiskalpolitik schließen. So haben sich die einen stärker isolationistischen Ansatz im Hinblick auf den vorherrschenden Erwartungen an den Finanzmärkten nun von globalen Handel. Die Vorschläge umfassen unter anderem Deflation bzw. geringer Inflation hin zu Reflation verlagert, was Maßnahmen wie hohe Importzölle, die Kündigung oder auch unserer seit langem vertretenen Einschätzung entspricht. Neuverhandlung von Handelsabkommen und die Beschränkung Die Renditen auf US-Schatzanleihen haben entsprechend der Einwanderung. Eine scharfe Kritik am nordamerikanischen reagiert: die Rendite auf 10-jährige Schatzanleihen stieg Freihandelsabkommen (NAFTA) sowie an der Immigration aus innerhalb der ersten beiden Wochen nach der Wahl um 0,6 Mexiko signalisieren, wie verlockend es für die USA erscheinen Prozentpunkte und liegt nun 1,0 Prozentpunkte über dem im kann, Lateinamerika den Rücken zuzukehren. Dies würde der vergangenen Juli verzeichneten Stand. US-Wirtschaft schaden und ist insbesondere angesichts der Tatsache ironisch, dass sich lateinamerikanische Länder derzeit Unsere nächste Ausgabe von GMS für das Jahr 2017 wird eine in die entgegengesetzte Richtung entwickeln - weg von einer ausführliche Analyse des politischen Ausblicks für die USA populistischen Wirtschaftspolitik und hin zur freien sowie der entsprechenden weltweiten Implikationen umfassen. Marktwirtschaft und wirtschaftsfreundlichen Reformen. Hierbei werden wir Informationen einbinden, die verfügbar sein dürften, sobald die neue Regierung ihr Amt antritt. Zum jetzigen In dieser Studie analysieren wir die Erfahrungen Zeitpunkt ist es unserer Ansicht nach jedoch besonders lateinamerikanischer Länder während der letzten Jahre. Wir relevant, einen Trend näher zu beleuchten, der während des konzentrieren uns vor allem auf drei Länder, die auf eine vergangenen Jahres zunehmend an Bedeutung gewonnen hat: populistische Wirtschaftspolitik gesetzt hatten: Argentinien, den zunehmenden Einfluss populistischer Strömungen. Brasilien und Venezuela. Die ersteren beiden steuern inzwischen in die entgegengesetzte Richtung, Venezuela In den letzten Jahren haben sich populistische Tendenzen in jedoch nicht. Unserer Ansicht nach liefert ein Vergleich der verschiedensten Ländern verstärkt. Populismus kann natürlich jeweiligen Erfahrungen einige wertvolle Lektionen für politische je nach Standpunkt etwas anderes bedeuten. Wir verwenden Entscheidungsträger, die derzeit Gefahr laufen, dem den Begriff, um politische Strömungen zu beschreiben, die eine Sirenengesang des Populismus zu verfallen. Natürlich befinden schnelle Lösung von (häufig wirtschaftlichen) Problemen sich fortgeschrittene Volkswirtschaften in Bezug auf sowohl versprechen, und zwar ohne die schmerzlichen Folgen, die makroökonomische Fundamentaldaten als auch Institutionen in normalerweise mit orthodoxeren Methoden einhergehen. einer sehr viel stärkeren Position als die in dieser Studie 2 Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus
besprochenen Länder. Dennoch sind wir der Ansicht, dass die Region durch den Preisschock bei Rohstoffen in Mitleidenschaft wirtschaftlichen Folgen einer fehlgeleiteten Politik aus gezogen wurde. Abschnitt 2 beurteilt den Schaden, den diese qualitativer Sicht ähnlich ausfallen würden. In einer Situation, in politischen Maßnahmen angerichtet haben, und liefert einen der die Versuchung insbesondere einer protektionistischen Vergleich zu Ländern wie Kolumbien, die stattdessen eine Politik stark ist, kann diese Analyse daher unserer tragfähige Politik beibehalten haben. Abschnitt 3 beschreibt, wie Einschätzung nach hilfreiche Hinweise liefern. Darüber hinaus das Versagen des Populismus aus unserer Sicht Argentinien unterstreicht diese Studie die potenzielle Attraktivität von und Brasilien bereits dazu gebracht hat, einen Anlagechancen in Argentinien und Brasilien sowie allgemein in entgegengerichteten Kurs einzuschlagen, während sich Ländern mit einer soliden, orthodoxen makroökonomischen Venezuela weiterhin in die falsche Richtung bewegt. Abschnitt Wirtschaftspolitik. 4 zeigt die Vorteile, die durch die Verbesserung der politischen Ausrichtung in Argentinien und Brasilien bereits erzielt wurden, Der Rest dieser Abhandlung ist wie folgt strukturiert: Abschnitt 1 und unterstreicht, wie wichtig es ist, einen steten Kurs liefert nähere Einzelheiten darüber, wie einige beizubehalten. lateinamerikanische Länder zu einer populistischen Politik hin abgedriftet sind - eine Entwicklung, die verschärft wurde, als die Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus 3
1. Die Sirenen des Populismus Die jüngsten Erfahrungen in Lateinamerika bieten wertvolle zu einer zunehmen staatlich gesteuerten und Lektionen für politische Entscheidungsträger, die Gefahr laufen, interventionistischen Politik hin abgedriftet. Venezuelas dem Sirenengesang des Populismus zu verfallen. Wir Experiment läuft bereits am längsten, nämlich seit dem untersuchen vier Länder, von denen sich drei in Amtsantritt von Hugo Chavez im Jahr 1999. Alle vier Länder unterschiedlichem Maße populistischen Strömungen gebeugt sind in unterschiedlichem Maße Rohstoffexporteure. In haben, während das vierte (Kolumbien) konsequent bei einer Argentinien, Brasilien und Venezuela wurde der an der orthodoxen Wirtschaftspolitik geblieben ist. Argentinien hatte Volkswirtschaft und den Institutionen des Landes angerichtete sich im Nachgang des Staatsbankrotts von 2001 systematisch Schaden teilweise durch den Anstieg der Rohstoffpreise von einer orthodoxen Politik wegbewegt, und den Institutionen verschleiert. Alle Länder wurden jedoch vom starken Einbruch des Landes schließlich alle Zähne gezogen. Brasilien war der Rohstoffpreise, mit dem der Rohstoff-Superzyklus sein während der ersten Amtszeit von Präsidentin Dilma Rousseff Ende fand, in Mitleidenschaft gezogen (siehe Abbildungen 1 und 2). Der Rückgang der Rohstoffpreise machte die Externer Schock: Einbruch der Rohstoffpreise mangelnde Nachhaltigkeit der zugrundeliegenden Politik mehr Abbildung 1: Terms of Trade in Südamerika als deutlich. Kolumbien hebt sich als bemerkenswerter Fall ab, März 2000 bis September 2016 Indexniveau (2003 Q1 = 100) da sich das Land nicht von einer populistischen 250 Wirtschaftspolitik hat verführen lassen. Durch den Einbruch der Rohstoffpreise gingen auch die Export- 200 und Steuereinnahmen zurück. Das Ergebnis: Die Länder sahen sich einem schwächeren Wirtschaftswachstum ausgesetzt und verfügten gleichzeitig über geringere finanzielle Ressourcen, 150 mit denen sie diesem Trend hätten entgegenwirken können. Gleichzeitig wurde angesichts des langsameren 100 Wirtschaftswachstums der Druck der Öffentlichkeit größer, unterstützende staatliche Maßnahmen zu ergreifen - ganz ähnlich dem Druck, der sich in den USA und Europa nach 50 Beginn der anhaltend schwachen Erholung im Jahr 2010 eingestellt hatte. 0 3.00 9.01 3.03 9.04 3.06 9.07 3.09 9.10 3.12 9.13 3.15 9.16 Die Regierungen Argentiniens, Brasiliens und Venezuelas begannen, mit verschiedenen Maßnahmen in ihre jeweilige Argentinien Brasilien Peru Chile Kolumbien Wirtschaft einzugreifen. Kolumbien ließ hingegen eine Quelle: Die Berechnungen von Templeton Global Macro basieren auf Daten vom Abwertung seiner Währung zu, um den negativen externen nationalen Amt für Statistik (Kolumbien), der Zentralbank von Chile, der Zentralbank von Peru, dem Foundation Center for the Study of Foreign Trade (Brasilien) und dem Schock abzufedern. Gleichzeitig behielt das Land derweil eine nationalen Amt für Statistik und Zählungen (Argentinien). weitgehend umsichtige Haushalts- und Geldpolitik bei. Abbildung 3 unten bietet einen Überblick über die Abbildung 2: Rohstoffpreisindizes Januar 2000 bis November 2016 verschiedenen Arten von Maßnahmen, die von den stärker Indexniveau Indexniveau interventionistisch ausgerichteten Regierungen umgesetzt 700 140 wurden. Eine Zusammenfassung der 600 120 interventionistischen politischen Maßnahmen 500 100 Abbildung 3: Fehlgeschlagene umgesetzte politische Maßnahmen je Land 400 80 Stand: 5. Dezember 2016 Argentinien Brasilien Kolumbien Venezuela 300 60 Preiskontrollen X X X 200 40 Devisenkontrollen und - X X manipulation 100 20 Übertrieben ehrgeizige X X X Sozialprogramme 0 0 Dominanz der 1.00 3.04 6.08 9.12 11.16 X X X Haushaltspolitik CRB All Commodities (linke Seite) IMF Non-Fuel Commodities (rechte Seite) Einmischung in den X X X Privatsektor Quelle: Bloomberg; Commodity Research Bureau (CRB), US Bureau of Labor Statistics; Quelle: Templeton Global Macro. Stand: 2016 für Argentinien, 2015-2016 für Brasilien, Internationaler Währungsfonds (IWF). IWF-Daten ohne Berücksichtigung von heute für Venezuela und Kolumbien. Kraftstoffpreisen bis Oktober 2016. 4 Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus
Argentinien Wie nachfolgend dargestellt, entschied sich Argentinien für eine Eine der merkwürdigeren Konsequenzen des Staatsbankrotts strikte Kontrolle des Wechselkurses, was eine erhebliche und Argentiniens und der darauffolgenden tiefen wirtschaftlichen kontinuierlich wachsende Lücke zwischen dem offiziellen Krise war die Entscheidung der Regierung, Statistiken zu Wechselkurs und dem Parallelmarktkurs verursachte, ebenso fälschen und deren Veröffentlichung in einigen Fällen wie eine unvermeidliche Devisenknappheit, unter der schließlich sogar vollständig einzustellen.1 So hörte Importeure zu leiden hatten insbesondere das nationale statistische Amt INDEC auf, (Abbildung 4). Der untenstehende Kasten zeigt die Inflationsdaten zu veröffentlichen, nachdem eine äußerst Verschärfung der Kapitalkontrollen im Zeitablauf. lockere Politik eine noch höhere Inflation nach sich gezogen hatte. Zur Eindämmung der Kapitalabflüsse, die eine hohe Inflation nach sich gezogen hätte, setzte die Regierung alles daran, ihre Reserveverluste zu beschränken. Argentiniens Kontrolle der Wechselkurse löst Verzerrungen aus Abbildung 4: Argentinische Wechselkurse Januar 2006 bis November 2016 ARS/USD 20 Aufgrund dieser zunehmend belastenden Maßnahmen erhöhte sich die Differenz zwischen dem offiziellen Kurs 5.1.15 18 und dem Parallelkurs. Diese Abbildung zeigt eine solche 25.5.13 parallele Kennzahl, den Blue Chip-Swap. Dies ist der 16 implizite Wechselkurs, der sich aus dem Kauf von 7.9.12 Unternehmensaktien am argentinischen Markt und dem 27.1.14 14 Verkauf derselben Aktien über American Depositary 30.8.12 Receipt-Instrumente in den USA ergeben würde. 12 15.6.12 10 28.5.12 8 9.2.12 6 28.10.11 4 18.3.13 2 5.5.12 27.7.12 0 1.06 10.08 7.11 3.14 11.16 Cepo ARS/USD Spotkurs Blue Chip 28.10.11: Steuerbehörde AFIP erlaubt Devisenkäufe ausschließlich Personen und Unternehmen, die über entsprechende steuerpflichtige Erträge zur Finanzierung dieser verfügen. 9.2.12: Unternehmen, die Devisen kaufen, um diese ins Ausland zu versenden (z.B. zur Bezahlung von Importen) müssen zuvor die Genehmigung der Zentralbank einholen. 5.5.12: AFIP führt Kontrollen für Personen ein, die Devisen kaufen, um ins Ausland zu reisen. 28.5.12: Devisenkontrollen auf sämtliche Immobilientransaktionen ausgeweitet. Genehmigung der AFIP für Devisenkäufe zur Abwicklung von Immobiliengeschäften erforderlich. 15.6.12: „Sparen“ gilt gemäß AFIP nicht mehr als triftiger Grund für den Kauf von Devisen durch Privatpersonen. 27.7.12: AFIP verschickt Bescheide an alle Personen, die Devisen für Reisezwecke gekauft, ihre Reise jedoch nicht angetreten haben. 30.8.12: Eine Gebühr von 15 % wird als Quellensteuer auf ausländische Kredit- oder Debitkartentransaktionen erhoben. 7.9.12: Die Regierung verbietet die Geschäftstätigkeit von Privatbanken und Wechselstuben in Häfen und Flughäfen. 18.3.13: Die Kreditkartengebühr wird auf 20 % angehoben. Die (als Tourismus-FX bezeichnete) Gebühr wird auf den Kauf von Flugtickets, Pauschalreisen und andere reisebezogene Ausgaben ausgeweitet. 25.5.13: Kreditkartenunternehmen melden neue Höchstgrenzen für Barabhebungen (50 USD pro Monat für an Argentinien angrenzende Länder und 800 USD für andere Ländern). 27.1.14: Einführung eines separaten Wechselkurses für Ersparnisse. Bei natürlichen Personen, die US-Dollar zu Sparzwecken kaufen wollen, wird ein Einbehalt von 20 % vorgenommen. 5.1.15: Um den Kapitalabfluss zu bremsen, schränkt die Regierung die Verwendung von Devisen für den Kauf von Aktien und Anleihen ein. Quelle: Bloomberg. Der schattierte Bereich entspricht dem im Text besprochenen Zeitraum von Oktober 2011 bis Dezember 2015. Cepo steht für Cepo Cambiario (Zeitraum der Währungskontrollen). 1. 2007 brachte die Kirchner-Regierung das statistische Amt INDEC unter seine Kontrolle, löste den technischen Direktor des Instituts ab und setzte die Methode zur Berechnung des Verbraucherpreisindex (VPI) aus. Es wurde weitläufig angenommen, die Regierung würde damit beginnen, eine zu niedrige Inflationsrate auszuweisen. Privatwirtschaftliche Beratungsfirmen begannen, ihre eigenen Schätzungen zu veröffentlichen, erhielten hierfür von der Regierung jedoch Drohungen und Geldbußen. Als Reaktion hierauf begann eine Gruppe von Oppositionsmitgliedern im Kongress im Juni 2011, eigene Inflationszahlen unter dem Titel „IPC Congreso“ oder „Oppositions-VPI“ zu veröffentlichen. Dank ihrer parlamentarischen Immunität waren sie teilweise vor einer Bedrohung von offizieller Seite her geschützt. 2013 beschloss das Exekutivdirektorium des IWF, Argentinien aufgrund der Nichterfüllung seiner Pflicht zur Lieferung qualitativ hochwertiger Daten zu rügen. Dies war das erste Mal, dass ein Land auf dieser Grundlage gerügt wurde. Etwa zur gleichen Zeit begannen einzelne Provinzen des Landes sowie die Stadt Buenos Aires, eigene offizielle Schätzungen zur VPI-Inflation zu veröffentlichen. Der Bürgermeister von Buenos Aires war damals Mauricio Macri, der heutige Präsident des Landes. Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus 5
Ein Jahrzehnt populistischer Politik hinterlässt seine Spuren Abbildung 5: Argentinien: Leistungsbilanz (in % des BIP) Abbildung 6: Argentinien: Warenhandelsbilanz Januar 2000 bis Januar 2015 Januar 2000 bis Januar 2015 % des BIP % des BIP 10% 18% 16% 8% 14% 6% 12% 10% 4% 8% 2% 6% 0% 4% 2% -2% 0% -4% -2% 1.00 7.01 1.03 7.04 1.06 7.07 1.09 7.10 1.12 7.13 1.15 1.00 7.01 1.03 7.04 1.06 7.07 1.09 7.10 1.12 7.13 1.15 Leistungsbilanz Warenhandelsbilanz Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro basierend auf Angaben des Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro basierend auf Angaben des Ministeriums für Finanzen und öffentliche Finanzen (Argentinien) sowie auf Daten, die Ministeriums für Finanzen und öffentliche Finanzen (Argentinien) sowie auf Daten, die dem Weltwirtschaftsausblick des IWF, Oktober 2016, entnommen wurden. dem Weltwirtschaftsausblick des IWF, Oktober 2016, entnommen wurden. Die argentinische Regierung begann mit einer massiven, sowie des verarbeitenden Gewerbes innerhalb des Landes. inländisch orientierten Initiative, im Zuge derer sie versuchte, 2002 hatte Argentinien noch einen Handelsüberschuss in Höhe ihren Bedarf voll und ganz durch inländische Produzenten zu von 16 % seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) erzielt, wie decken, während sowohl Importeure als auch Exporteure Abbildung 6 oben zeigt. Nach mehr als einem Jahrzehnt des abgestraft wurden. 2008 stiegen die Exportzölle auf Soja auf Populismus hatte sich dieser Überschuss vollständig aufgelöst, 50 %, wodurch das Kronjuwel des vormals florierenden und 2015 wurde ein Defizit verbucht. Dies war größtenteils landwirtschaftlichen Sektors in Argentinien endgültig dezimiert populistischen und unbeholfenen staatlichen Eingriffen wurde. 2012 führte die Regierung ein „nichtautomatisches zuzuschreiben, teilweise jedoch auch den niedrigeren Importlizenzsystem“ ein, nach dem Unternehmen für jeglichen Rohstoffpreisen. Import eine Genehmigung einholen mussten. Die Gleichzeitig nahm die Regierung eine massive Ausweitung ihrer Konsequenzen waren desaströs. Die Exportbeschränkungen Haushaltsausgaben vor, um das Wachstum zu stützen, unter richteten zudem bei inländischen Produzenten von Fleisch, anderem durch eine drastische Expansion ihrer Milcherzeugnissen, Weizen und Mais verheerenden Schaden Sozialprogramme. Darüber hinaus kontrollierte sie an. Die Importbeschränkungen lösten kleinere Handelskriege Versorgungs- und Transporttarife sehr genau und erhöhte die mit benachbarten Ländern aus, die von Zellstoffproduzenten in Subventionen auf bis zu 5 % des BIP. Die Haushaltsausgaben Uruguay bis hin zu Autoteileherstellern in Brasilien reichten. überstiegen schon bald die Einnahmen des Staates, wodurch Bis 2015 hatte Argentinien Handelskonflikte mit mehr als 40 sich das Haushaltsdefizit erhöhte, während die verschiedenen Ländern begonnen. Das Ergebnis war ein Bruttoersparnisse des Landes zurückgingen (Abbildungen 7 völliges Chaos innerhalb des landwirtschaftlichen Sektors und 8). Die massive Ausweitung der Haushaltsausgaben erwies sich ebenfalls als nachteilig Abbildung 7: Argentinien: Einnahmen und Ausgaben der Regierung Abbildung 8: Argentinien: Gesamtwirtschaftliche Bruttoersparnisse Dezember 2010 bis Dezember 2015 (in % des BIP) % des BIP Dezember 2005 bis Dezember 2015 % des BIP 45% 24% 40% 22% 35% 20% 30% 18% 25% 16% 20% 14% 15% 12% 10% 12.00 6.02 12.03 6.05 12.06 6.08 12.09 6.11 12.12 6.14 12.15 10% Allgemeine Regierungseinnahmen Allgemeine Regierungsausgaben 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Gross National Savings Quelle: Weltwirtschaftsausblick des IWF, Oktober 2016. Quelle: Weltwirtschaftsausblick des IWF, Oktober 2016. 6 Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus
Dieser hohe Grad an fiskalpolitischer Dominanz wiederum hatte jedoch eingebrochen waren, wurde die Zentralbank zur ein massives Wachstum der Geldschöpfung zur Folge, wodurch Hauptfinanzierungsquelle für das kontinuierlich steigende die Inflation auf ein extremes Niveau anstieg. In der Tat ist Haushaltsdefizit der Regierung. Die Regierung war nicht bereit, Argentinien ein ausgezeichnetes Anschauungsbeispiel für ihr Defizit durch entweder höhere Steuern oder niedrigere Befürworter eines auf geldpolitische Verschuldung Ausgaben zu senken und wandte sich stattdessen an die ausgerichteten Zentralbankprogramms. Im Rahmen eines Zentralbank, um für die Finanzierung der eigenen Ausgaben solchen Programms druckt eine Zentralbank explizit Geld, um buchstäblich Geld zu drucken. Die derart angeworfenen erhöhte Haushaltsdefizite direkt zu finanzieren. Wie in Gelddruckmaschinen lösten genau den Effekt aus, den die Abbildung 9 dargestellt, war dies letzten Endes genau das, was Wirtschaftstheorie vorhersagt: die Inflation schnellte in die die argentinische Zentralbank tat. Nachdem das Land 2001 mit Höhe. Wie Abbildung 10 zeigt, lässt sich nur schwerlich seinen externen Schulden in Verzug gekommen war, erhielt es einschätzen, um wie viel genau die Inflation anstieg. Wie zu keinen Zugang mehr zu den internationalen Rentenmärkten. Beginn dieses Abschnitts bereits angemerkt, hatte die vorherige Vor dem Ende des Rohstoff-Superzyklus war der fehlende Präsidentin, Cristina Kirchner, die Veröffentlichung offizieller Zugang zu Finanzierungsquellen kein allzu großes Problem. Inflationsstatistiken ausgesetzt, nachdem diese zuvor über Nachdem die Rohstoffpreise längere Zeit hinweg manipuliert worden waren.1 Argentiniens Experiment einer monetären Schuldenfinanzierung hatte eine starke Inflation zur Folge Abbildung 9: Argentinien: Primärdefizit und Geldschöpfung Abbildung 10: Argentinien: Verbraucherpreise Dezember 2006 bis Dezember 2015 Januar 2003 bis Oktober 2016 Argentinische Pesos (Mio.) % des VPI im Vorjahresvergleich 250.000 50% 45% 200.000 40% 150.000 35% 30% 100.000 25% 20% 50.000 15% 0 10% 5% -50.000 12.06 12.07 12.08 12.09 12.10 12.11 12.12 12.13 12.14 12.15 0% 1.03 7.04 2.06 8.07 2.09 9.10 3.12 9.13 4.15 10.16 Primary Deficit Adjusted Primary Deficit INDEC GBA CPI Inflation INDEC National CPI Inflation Monetary Impact of Public Sector Debt City of Buenos Aires CPI "Opposition" CPI Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro basierend auf Angaben des Quelle: Amt für Statistik und Zählung (Argentinien), Generaldirektion für Statistik und Ministeriums für Finanzen und öffentliche Finanzen (Argentinien) und der Zentralbank Zählung der Stadt Buenos Aires; „Oppositions“-VPI, von Bloomberg erfasst. INDEC Argentiniens. GBA VPI-Inflationsdaten bis 12/13. INDEC Nationale VPI-Inflationsdaten ab 12/14 bis 10/15. VPI-Daten der Stadt Buenos Aires ab 7/13. „Oppositions“-VPI-Daten ab 5/11. Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus 7
Brasilien (Abbildungen 11 und 12). Hierdurch kam die Stromerzeugungsbranche unter Druck, was zur Folge hatte, In Brasilien war Präsident Luiz Inácio Lula da Silva dank hoher dass die Stromlieferung an Verbraucher um 18 % und an die Rohstoffpreise kurz nach der Jahrtausendwende in der Lage, Industrie um 32 % zurückging.2 Gleichzeitig entstand hierdurch expansive Sozialprogramme umzusetzen, wobei seine ein erhebliches Maß an unterdrückter Inflation, die auf etwa 30 Regierung jedoch eine relativ orthodoxe Geld- und % bei den Strompreisen, 20 % bei den Fahrkarten für städtische Haushaltspolitik und eine offene Haltung zu ausländischen Busse und 15 % bei Benzin geschätzt wurde.2 Die Direktinvestitionen beibehielt. Die erste Amtszeit Lulas, die 2002 Gesamtinflation wurde zwar gesenkt, allerdings auf eine nicht begann, war von enormem Optimismus bezüglich des Ausblicks nachhaltige Art und Weise, die der Industrie schadete. für Brasilien geprägt. Bis zur Amtseinführung von Präsidentin Gleichzeitig blieb sie auch hiermit noch oberhalb des Ziels der Dilma Rousseff im Jahr 2011 hatte die Wirtschaftspolitik bereits Zentralbank. begonnen, sich zu verschlechtern - noch vor dem Einbruch der Rohstoffpreise. Es gab erste Anzeichen auf ein Abdriften hin zu Darüber hinaus behielt Brasilien eine enge Kontrolle der Populismus, bevor die Regierung als Reaktion auf den Kreditströme bei: Bis Ende 2015 machten staatlich Rohstoffschock ihr Mikromanagement der Wirtschaft schließlich bezuschusste Kredite die Hälfte aller Finanzkredite aus - ein verschärfte. deutlicher Anstieg gegenüber einem Anteil von etwa 30 % im Jahr 2009. Der Großteil des Gesamtkreditwachstums war Mit einer Dürre, einem Konjunkturabschwung und hoher hierauf zurückzuführen (Abbildung 13). Das geregelte Inflation konfrontiert, senkte die Regierung 2013 die Kreditwachstum war unverhältnismäßig stark auf den Strompreise und begrenzte die Transporttarife, um den Anstieg Haushaltssektor ausgerichtet (Abbildung 14). der Verbraucherpreise insgesamt zu verlangsamen Brasiliens Versuch, steigende Preise zu bremsen Abbildung 11: Brasilien: Breite Inflation Abbildung 12: Brasilien: Inflation im Wohnimmobilien- und Januar 2012 bis Oktober 2016 Transportsektor % Inflation (gegenüber dem Vorjahr) Januar 2014 bis Oktober 2016 12% % Inflation (gegenüber dem Vorjahr) 20% 10% 18% 16% 8% 14% 12% 6% 10% 8% 4% 6% 2% 4% 2% 0% 0% 1.12 1.13 12.13 12.14 11.15 10.16 1.14 12.14 11.15 10.16 Inflation ex Regulated Prices Headline Inflation Housing Inflation Transportation Inflation Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro basierend auf Daten der Quelle: Brasilianische Zentralbank. brasilianischen Zentralbank. Verschärfung der Kreditkontrollen in Brasilien Abbildung 14: Brasilien: Anteil der Haushalte an subventionierten Abbildung 13: Brasilien: Kredite des Finanzsystems (in % des BIP) Krediten Januar 2009 bis September 2016 Januar 2009 bis September 2016 % des BIP % der subventionierten Kredite 35% 50% 30% 45% 25% 20% 40% 15% 35% 10% 30% 5% 0% 25% 1.09 12.10 11.12 10.14 9.16 1.09 12.10 11.12 10.14 9.16 Non-Subsidized Subsidized Household Share of Subsidized Credit Quelle: Brasilianische Zentralbank. Quelle: Brasilianische Zentralbank. 2. Quelle: Bloomberg, Stand: Juli 2014. 8 Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus
Ähnlich wie Argentinien verfolgte auch Brasilien zur Beschränkung der Devisen und Verzerrung der Finanzierung seiner Sozialausgaben eine extrem lockere Währungsbewertungen durch den kontrollierten Haushaltspolitik, wodurch das Haushaltsdefizit auf ein Wechselkurs Venezuelas zweistelliges Niveau anstieg (Abbildung 15). Im Zuge der Abbildung 16: Venezuelas verschiedene offizielle Wechselkurse Wahlkampagne für ihre zweite Amtszeit versprach Präsidentin 16. Januar 2009 bis 25. November 2016 Rousseff eine marktfeindlichere Politik mit verstärkten Eingriffen VEF/USD VEF/USD 200 700 des Staates in die Wirtschaft. Zwischen 2004 und 2013 erhöhten sich die Staatsausgaben in realen Zahlen jährlich um 180 600 fast 8 %, was dem Doppelten der BIP-Wachstumsrate 160 entspricht. 140 500 Das Haushaltsdefizit Brasiliens stieg auf ein 120 zweistelliges Niveau 400 Abbildung 15: Brasilien: Haushaltssaldo und Primärsaldo insgesamt 100 300 Januar 2008 bis Oktober 2016 80 % des BIP 6% 60 200 40 4% 100 20 2% 0 0 1.09 3.10 4.11 5.12 7.13 8.14 10.15 11.16 0% VEF/USD (DIPRO, Preferential Rate) (LHS) SICAD 1 (LHS) -2% SICAD 2 (LHS) DICOM (RHS) -4% Quelle: Bloomberg. SICAD = Venezuelas ergänzendes System für den Erwerb von Devisen; SIMADI = Venezuelas marginales Währungssystem (individueller Marktkurs). -6% SICAD 1-Daten ab 12/13. SICAD 2-Daten von 3/14 bis 2/15. DICOM-Daten ab 12/15. Diese Politik war bereits vor dem 2014 einsetzenden Einbruch -8% der Ölpreise untragbar geworden. Der Wechselkurs wurde eng -10% kontrolliert, was einen extremen Mangel an Devisen und aufgrund dessen letztlich sogar eine Knappheit von -12% Grunderzeugnissen zur Folge hatte. Abbildung 16 oben zeigt 1.08 4.10 6.12 8.14 10.16 die verschiedenen Wechselkurse, die während des letzten Overall Balance as % of GDP Primary Balance as % of GDP Jahrzehnts in Venezuela eingeführt wurden - und diese Grafik Quelle: Brasilianische Zentralbank. enthält nicht einmal den Parallelmarktkurs, für den uns keine Zeitreihe vorliegt. Derzeit werden die meisten offiziellen Venezuela Transaktionen (vor allem diejenigen öffentlicher sowie als Beobachtet man heute die Wirtschaft Venezuelas, so lässt es essenziell angesehener Institutionen) über offizielle Kanäle zu sich nur schwerlich vorstellen, dass dies in den 1970er Jahren einem als „DIPRO“ bezeichneten Vorzugskurs von 10,0 eines der wohlhabendsten Länder Lateinamerikas war und als venezolanischen Bolivar (VEF) je US-Dollar (USD) abgewickelt, eine der stabilsten Demokratien der Region angesehen wurde. während vereinzelte Transaktionen zu anderen, stärker Als Hugo Chavez 1999 an die Macht kam, hatte das Land drei abgewerteten Kursen (SICAD 1 und - kurzzeitig - SICAD 2) Putschversuche hinter sich, der Präsident war seines Amtes durchgeführt werden. Zuletzt ließ die Regierung vereinzelte enthoben worden, und das Wachstum des Pro-Kopf- Verkäufe an bestimmte Firmen des privaten Sektors zum Einkommens war eingebrochen. „DICOM“-Satz zu. Dieser notierte zum Unter Chavez setzte Venezuela auf all die fehlgeleiteten 5. Dezember 2016 bei 665,5 VEF/USD. Um diese offiziellen politischen Maßnahmen, die schon am Beispiel Brasiliens und Kurse einmal in Perspektive zu rücken: der illegale Argentiniens erläutert wurden - jedoch in verstärktem Umfang. Parallelmarktkurs lag am selben Tag bei 4138 VEF/USD. Den Nach seinem Amtsantritt setzte er Petrodollar ein, um Gipfel der Ironie bildeten im April 2016 Meldungen, die verschiedenste Produkte, von Lebensmitteln bis hin zu Regierung könne nicht einmal mehr den Druck von Medikamenten, massiv zu subventionieren. Dieser Schritt Geldscheinen bezahlen. Aufgrund der galoppierenden Inflation machte ihn zwar äußerst beliebt, eliminierte jedoch sämtliche mussten zu viele Geldscheine gedruckt werden, und das Land Anreize für die Produktion. Gleichzeitig entstanden hierdurch war nicht mehr in der Lage, den Hersteller der Banknoten zu eine hohe Abhängigkeit sowie ein florierender Schwarzmarkt. bezahlen.3 3. Wie oben erwähnt, umfasst der Markt derzeit ein System mit mehreren Wechselkursen für offizielle Transaktionen sowie einen illegalen aber äußerst aktiven parallelen Wechselkurs. Die meisten offiziellen Transaktionen (vor allem diejenigen öffentlicher sowie als essenziell angesehener Institutionen) werden über offizielle Kanäle zum Vorzugskurs von 10,0 venezolanischen Bolivar (VEF) je US-Dollar (USD) (im März von zuvor 6,29 abgewertet) abgewickelt. Dieser Kurs wird als der DIPRO-Kurs bezeichnet. Seit 2013 wurden mehrere Transaktionen zum SICAD-Kurs (auch als SICAD 1 bezeichnet) durchgeführt, der zum 5. Dezember 2016 bei 13,5 VEF/USD lag. Die Regierung hatte kurzzeitig auch mit einem weiteren, als SICAD 2 bezeichneten Auktionsmechanismus experimentiert, der jedoch in der Praxis niemals wirklich angewandt wurde. Der im Text erwähnte illegale Parallelkurs wurde am 5. Dezember 2016 auf der beliebten Website dollartoday.com mit 4138 VEF/USD angesetzt. Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus 9
Die Auswirkungen des Einbruchs der Erdöleinnahmen auf das Haushaltssaldo Venezuelas Abbildung 17: Venezuela: Gesamtstaatliches Haushaltssaldo Abbildung 18: Venezuela: Allgemeine Einnahmen und Ausgaben der Juni 1990 bis Juni 2016 Regierung % des BIP Juni 1990 bis Juni 2016 15% % des BIP 60% 10% 5% 50% 0% 40% -5% -10% 30% -15% 20% -20% 10% -25% -30% 0% 1990 1994 1998 2002 2006 2010 2014 2016 1990 1997 2004 2011 2016 General Government Balance Primary Balance Revenue Expenditures Quelle: Weltwirtschaftsausblick des IWF, Oktober 2016. Quelle: Weltwirtschaftsausblick des IWF, Oktober 2016. Die Abbildungen 17 und 18 zeigen den jähen Anstieg des Die außenwirtschaftliche Position Venezuelas verschlechterte Haushaltsdefizits, der mit einem Einbruch der Öleinnahmen sich in ähnlich dramatischer Weise, wie die Abbildungen 20 bis zusammenfiel und sich trotz der jüngsten zögerlichen 22 zeigen. Die inländische Ölproduktion geht kontinuierlich Versuche, die Ausgaben zu kürzen, fortsetzt. Die zurück. Der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) Finanzrepression wurde ebenfalls auf ein extremes Maß zufolge ist die Ölproduktion von etwa 3,0 Mio. Barrel pro Tag (m verstärkt: die Geldmengenaggregate stiegen extrem schnell an, bpd) Ende 2000 um etwa ein Drittel auf 2,1 m bpd im November während die Einlagen- und Kreditzinsen künstlich niedrig 2016 zurückgegangen. gehalten wurden. Die Inflation Venezuelas überstieg sehr schnell die Inflationsraten der meisten regionalen Partner des Landes, wie Abbildung 19 zeigt. Die Inflation Venezuelas liegt deutlich über der Inflation innerhalb der Region Abbildung 19: Jährliche Inflationsraten ausgewählter lateinamerikanischer Länder Januar 2007 bis Oktober 2016 % des VPI im Vorjahresvergleich % CPI (YOY) 20% 200% 18% 180% 16% 160% 14% 140% 12% 120% 10% 100% 8% 80% 6% 60% 4% 40% 2% 20% 0% 0% -2% -20% -4% -40% -6% -60% 1.07 12.08 12.10 11.12 10.14 10.16 Chile (LHS) Colombia (LHS) Peru (LHS) Brazil (LHS) Venezuela (RHS) Quelle: Nationales Amt für Statistik (Chile), nationales administratives Amt für Statistik (Kolumbien), nationales Institut für Statistik und Informatik (Peru), Zentralbank von Venezuela, brasilianisches Institut für Geografie und Statistik. Daten zu Venezuela bis 12/15. 10 Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus
Die außenwirtschaftliche Position Venezuelas hat sich durch den Rückgang der Ölproduktion verschlechtert Abbildung 20: Venezuela: Leistungsbilanz Abbildung 21: Venezuela: Zahlungsbilanz Exporte Februar 2005 bis August 2015 Februar 1993 bis August 2015 USD (Millions) USD (Millions) Oil Share of Exports $20.000 $120.000 100% 95% $15.000 $100.000 90% 85% $10.000 $80.000 80% $5.000 $60.000 75% 70% $40.000 $0 65% 60% $20.000 -$5.000 55% $0 50% -$10.000 2.93 10.98 5.04 12.09 8.15 2.05 11.06 8.08 5.10 2.12 11.13 8.15 Oil Exports (LHS) Non-Oil Exports (LHS) Current Account Oil Share of Exports (RHS) Quelle: Venezolanische Zentralbank. Quelle: Venezolanische Zentralbank. Abbildung 22: OPEC-Fördermengen und venezolanische Ölpreise Kolumbien Januar 2000 bis November 2016 Bevor wir diesen Abschnitt beenden, sollte noch einmal darauf Mio. Barrel pro Tag (M BPD) USD per Barrel hingewiesen werden, dass die Politik in Kolumbien während des 3,3 $140 Zeitraums, in dem Rohstoffpreise zunächst zu einem Höhenflug ansetzten und anschließend einbrachen, sehr konstant gehalten 3 wurde. Es lässt sich durchaus sagen, dass Kolumbien seit Ende $120 der 1960er Jahre im Wesentlichen dieselbe Wirtschaftspolitik 2,7 verfolgt. Dies ist angesichts der Tatsache, dass die Regierung $100 2,4 während fast des gesamten Zeitraums einen bewaffneten Konflikt mit der Guerilla-Gruppe „Revolutionäre Streitkräfte 2,1 $80 Kolumbiens - Nationale Armee“ (FARC-EP) geführt hat, besonders beeindruckend. Die FARC-EP wurde während des 1,8 $60 kalten Krieges als marxistisch-leninistische Bauernbewegung gegründet und verfolgt eine auf Agrarianismus und Anti- 1,5 $40 Imperialisums ausgerichtete Politik. Im Laufe der Zeit 1,2 entwickelte sich die FARC-EP weiter und setzte zusätzlich zu Entführungen und Terrorismus auch auf Angriffe auf die $20 0,9 Energieinfrastruktur. Der laufende Konflikt hatte kaum Auswirkungen auf die Haushalts- oder Geldpolitik der 0,6 $0 Regierung. 1.00 4.04 6.08 9.12 11.16 OPEC Oil Production Index PDVSA Crude Oil Basket (Venezuelan Price of Oil) Quelle: Bloomberg. Petróleos de Venezuela, S.A (PDVSA) ist das staatliche Öl- und Erdgasunternehmen Venezuelas. Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus 11
2. Der Schaden In allen drei Ländern, in denen populistische politische Kolumbien, das eine umsichtige makroökonomische Politik Maßnahmen umgesetzt wurden, waren die negativen Folgen beibehielt, lediglich unter dem durch die Abwertung des erheblich: Die Inflation stieg auf ein sehr hohes Maß, das Wechselkurses herbeigeführten Anstieg der Inflation litt. Wirtschaftssystem wurde stark verzerrt, das In Brasilien stieg der reale effektive Wechselkurs zwischen Produktivitätswachstum wurde belastet, die Manipulation des 2011 und 2014 um mehr als 32 % (Abbildung 25); 2015, als die Wechselkurses führte in Kombination mit der hohen Inflation zu Regierung ihre Preiskontrollen lockerte, führte der rapide einer deutlichen Aufwertung des realen Wechselkurses Anstieg der Inflation zu einer zusätzlichen realen Aufwertung (wodurch die Wettbewerbsfähigkeit zurückging), und in einigen um 24 %. Fällen stieg zudem die öffentliche Verschuldung rasant an. Abbildung 23 bietet einen Überblick über die Schäden, die die einzelnen Länder davongetragen haben. Es ist beachtlich, dass Die Folgen des Populismus Abbildung 23: Folgen der politischen Maßnahmen je Land Stand: 5. Dezember 2016 Argentinien Brasilien Kolumbien Venezuela Steigende Inflation X X X X Wachsende Schulden X X X Übermäßiger Anstieg des realen Wechselkurses X X X Geringe Produktivität X X X Wirtschaftliche Verzerrungen X X X Quelle: Templeton Global Macro. Anstieg der Inflation verursacht rapide Der reale effektive Wechselkurs Brasiliens ist Erhöhung der realen Wechselkurse stark angestiegen, inzwischen setzt eine Abbildung 24: VPI-basierte multilaterale reale Wechselkurse Korrektur ein Januar 2000 bis Oktober 2016 Abbildung 25: Brasilien: Realer effektiver Wechselkurs Index Level Januar 2011 bis Oktober 2016 200 REER Index Level (IPCA) 140 180 160 120 140 100 120 80 100 60 80 40 60 20 40 1.00 6.02 10.04 3.07 8.09 1.12 5.14 10.16 0 1.11 10.11 8.12 6.13 4.14 2.15 12.15 10.16 Brazil Chile Colombia Argentina Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro basierend auf Daten des REER internationalen Finanzstatistikdienstes des IWF sowie der argentinischen Zentralbank. Quelle: Brasilianische Zentralbank. IPCA = brasilianischer Verbraucherpreisindex Daten zu Brasilien, Chile und Kolumbien bis 9/16. 12 Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus
Durch eine populistische Politik ging die Wettbewerbsfähigkeit von Argentinien, Brasilien und Venezuela zurück Abbildung 26: Anteil lateinamerikanischer Länder am weltweiten Güterhandel 1996–2015 % Share of World Trade 1,6% 1,4% 1,2% 1,0% 0,8% 0,6% 0,4% 0,2% 0,0% 1996 2000 2004 2008 2012 2015 Argentina Brazil Chile Colombia Peru Venezuela Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro basierend auf Daten der Welthandelsorganisation. Die Wettbewerbsfähigkeit Argentiniens, Brasiliens und Der Anstieg der öffentlichen Verschuldung spiegelte sich in Venezuelas ist in den letzten Jahren gesunken, so dass ihr einer im Vergleich zu anderen Ländern der Region deutlich Anteil am weltweiten Warenhandel stärker zurückgegangen ist höheren Ausfallswahrscheinlichkeit in Argentinien und als der von anderen Ländern der Region, wo der Rückgang Venezuela wider, wobei sich dieser Trend im Fall Argentiniens lediglich auf die negativen Folgen des Rohstoffschocks zuletzt umgekehrt hat. zurückzuführen war (Abbildung 26). Durch die steigende öffentliche Verschuldung sind die Risiken eines Staatsbankrotts in Argentinien und Venezuela gestiegen Abbildung 27: Fünfjährige Credit-Default-Swaps Abbildung 28: Fünfjährige Credit-Default-Swaps Januar 2008 bis November 2016 Januar 2008 bis November 2016 Basis Points of Credit Spread Basis Points of Credit Spread 600 7000 500 6000 5000 400 4000 300 3000 200 2000 100 1000 0 0 1.08 2.09 3.10 5.11 6.12 7.13 9.14 10.15 11.16 1.08 2.09 3.10 5.11 6.12 7.13 9.14 10.15 11.16 Chile Colombia Peru Brazil Argentina Venezuela Quelle: Bloomberg. Quelle: Bloomberg. Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus 13
3. Kurskorrektur In Argentinien führte die anhaltende Verschlechterung der Fiskalpolitische Konsolidierung und Normalisierung der Wirtschaftslage schließlich im November 2015 zu einer Währungspolitik Ablösung Cristina Kirchners durch Mauricio Macri. Präsident • Die neue Regierung hat einen Kurs der fiskalpolitischen Macri hatte im Zuge seiner Wahlkampagne eine starke Anpassung eingeschlagen, und das Haushaltsbudget für wirtschaftliche Liberalisierung versprochen. 2017 wurde vom Kongress genehmigt. Die neue Regierung führte schnell eine breite Palette von • Einer der größten Schritte war die unmittelbare Freigabe des Reformen ein: argentinischen Peso. Die daraufhin einsetzende starke Abwertung ermöglichte eine Annäherung der offiziellen und Stärkung der Institutionen parallelen Wechselkurse und ebnete den Weg für eine • Die neue Regierung stellte die Unabhängigkeit der Eliminierung der Devisenkontrollen, die den Import wichtiger Zentralbank wieder her, vor allem um bezüglich ihrer Politik Inputs beschränkt hatten. der Inflationsbekämpfung an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Regularisierung der internationalen Beziehungen • Darüber hinaus führte sie erneut ein solideres System von Argentiniens Kontrollmechanismen ein: • Die neue Regierung führte Argentinien aus der • Sie bestellte unabhängige und qualifizierte Richter, internationalen Isolierung, indem sie erfolgreich ein Gesetz unter anderem für den obersten Gerichtshof des über die Verhandlung einer Vereinbarung mit verbleibenden Landes. Gläubigern verabschiedete. • Sie nahm eine Umgestaltung des INDEC und anderer Diese starke und weitläufige Reformmaßnahme stellt eine Institutionen vor, um die Transparenz zu steigern und eindeutige Abkehr von der Vergangenheit dar und sendet ein die Effizienz der Staatsausgaben zu verstärken. starkes Signal an internationale Anleger, dass die Regierung unbedingt an ihrem neuen wirtschaftspolitischen Kurs festhalten • Sie beugte sich richterlichen Urteilen - selbst in Fällen, will. Unserer Ansicht nach ist die Bereitschaft, viele der in denen diese die ehrgeizigen Maßnahmen zur schwierigsten Herausforderungen unmittelbar in Angriff zu fiskalpolitischen Reform komplizierter machten, wie nehmen, die überzeugendste Art und Weise, um die beispielsweise im Fall der gemäß Glaubwürdigkeit des Landes wiederherzustellen. Mitbeteiligungsvorschriften erforderlichen Rückerstattung von Pensionsgeldern für Provinzen. In Brasilien wurde die ehemalige Präsidentin Dilma Rousseff zu einem politischen Kurswechsel gezwungen, da sich der • Genauso wichtig ist die Tatsache, dass die erforderlichen Markt zunehmend weigerte, ihr die für ihren unhaltbaren Kurs legislativen Maßnahmen von einem gespaltenen Kongress benötigte Finanzierung zu gewähren. Ihre Fähigkeit, eine verabschiedet werden, in dem die peronistische politische Korrektur umzusetzen, wurde durch ihre zeitweise bis Oppositionspartei stark vertreten ist. Dies ist aus unserer Sicht auf 9 % einbrechenden Zustimmungswerte stark beeinträchtigt.4 ein Signal, dass weitläufig anerkannt wird, dass die zuvor Dies wiederum war das Ergebnis einer schmerzlichen und verfolgte Politik das Land in eine Sackgasse geführt hatte. langwierigen politischen Krise, die durch einen massiven Korruptionsskandal ausgelöst wurden und letztlich zu ihrer Geldpolitische Straffung Amtsenthebung aufgrund illegaler Fiskalausgaben während • Die erneut unabhängige Zentralbank nahm im Dezember ihrer ersten Amtszeit führte. 2015 eine aggressive Anhebung ihrer Zinsen (von 29 % Ende November) auf 38 % vor. Nachdem sie im Februar Die neue brasilianische Regierung unter Präsident Michel 2016 ihren Leitzins kurzzeitig auf 30,5% gesenkt hatte, hob Temer hat mit der Absenkung der Höchstgrenze für öffentliche sie ihn im März wieder auf 38 % an, um die Ausgaben und der Vorbereitung einer möglichen Reform des Inflationserwartungen zu verankern. Sozialhilfesystems die ersten Schritte hin zu einer fiskalpolitischen Konsolidierung unternommen. Die Regierung • Die neue Regierung hat damit begonnen, frühere hat zudem begonnen, das vorherige Mikromanagement der Preisverzerrungen rückgängig zu machen. Sie hat einen Wirtschaft einzustellen, um so die politisch verursachten glaubhaften Plan für eine Anhebung der Gas- und Verzerrungen abzuschwächen. Einer der größten Schritte war Strompreise vorgelegt und es Städten und Provinzen die 2015 eingeleitete Deregulierung kontrollierter Preise. Wie erlaubt, die Preise im öffentlichen Transport zu erhöhen. Die die Abbildungen 11 und 12 auf Seite 7 zeigen, waren Steuern auf Soja wurden von 50 % auf 30 % gesenkt, und kontrollierte Preise eingesetzt worden, um die Inflation künstlich Pläne für weitere Senkungen wurden angekündigt, sobald niedrig zu halten, so dass das Wachstum des Gesamt-VPI diese im Rahmen der haushaltspolitischen Kapazitäten niedriger war als das der nichtregulierten Preise. 2015 wurde möglich werden. dieses Verhältnis umgekehrt, da durch die Deregulierung eine 4. Quelle: Umfrageinstitut IBOPE, Brasilien, Juli 2015. 14 Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus
Erholung der bislang vorgeschriebenen Preise ermöglicht Angesichts der weiterhin steigenden Inflation und der wurde. 2015 hatte dies natürlich einen vorübergehenden anhaltenden Rezession musste die Zentralbank 2015 einen sprunghaften Anstieg der Gesamtinflation zur Folge, der 2016 schwierigen Kompromiss eingehen. Nachdem sie die jedoch wieder verebbte, da die Basiseffekte inzwischen Realzinsen bis Mitte 2015 stabil gehalten hatte, erlaubte sie günstiger geworden waren. Hierdurch ist die Inflation vor dem schließlich einen leichten Anstieg (begann gleichzeitig jedoch Hintergrund eines sehr viel nachhaltigeren und weniger eine Senkung der Nominalzinsen), um einen Rückgang der verzerrten Umfelds zurückgegangen. Inflation im Jahr 2016 sicherzustellen (Abbildung 29). Brasilien hat seinen Leitzins erhöht, um die Die umsichtigere Geldpolitik schlug sich auch in einer Umkehr Inflation in den Griff zu bekommen der bis dahin vorherrschenden Kreditexpansion nieder: So ist Abbildung 29: Brasilien: Nominaler Leitzins der Zentralbank und beispielsweise die Vergabe von staatlich subventionierten Realzinssatz Krediten seit Anfang 2016 gegenüber dem Vorjahr um 20 % Dezember 2010 bis Oktober 2016 zurückgegangen (Abbildungen 30 und 31). % Rate 16% Derweil hat eine erhebliche Abwertung des nominalen Wechselkurses dazu beigetragen, die vorherige reale effektive 14% Aufwertung umzukehren. In Kombination mit den Auswirkungen der Rezession auf Importe hat dies dazu beigetragen, das 12% Leistungsbilanzdefizit von 4,5 % des BIP Mitte 2015 auf lediglich 1,25 % gegen Ende 2016 zu verringern. Die knappe 10% Zahlungsbilanz verzeichnete eine Verbesserung auf einen soliden Stand von +2,5 % des BIP (Abbildung 32). 8% Um noch kurz auf Kolumbien zu sprechen zu kommen: auch 6% wenn es zu keinerlei ernsthafter Verschlechterung der politischen Ausrichtung gekommen ist, hat die Regierung 4% Schritte eingeleitet, um die sich aus der Abwertung des Wechselkurses ergebende Inflation in den Griff zu bekommen. 2% Die Geldpolitik wurde gestrafft, und es wurden Schritte unternommen, um die Haushaltslage weiter zu konsolidieren, 0% um so auf potenzielle Auswirkungen niedrigerer Einnahmen 12.10 3.12 5.13 7.14 8.15 10.16 aufgrund der gesunkenen Ölpreise eingehen zu können. Brazil Policy Rate Real Rate Zudem wurden gleichzeitig Verhandlungen mit der FARC-EP Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro basierend auf Daten der geführt, um den langjährigen Konflikt mit der Guerilla-Gruppe brasilianischen Zentralbank. zu beenden, was die demokratischen Institutionen des Landes zusätzlich stärken und absichern würde. Kreditwachstum verlangsamt sich deutlich Abbildung 30: Brasilien: Veränderung der ausstehenden Kredite des Abbildung 31: Brasilien: Finanzierungsformen des Finanzsystems Kreditwachstums: Neue Kredite Januar 2009 bis September 2016 Januar 2013 bis September 2016 Change in Outstanding Credit (% YOY) Change in Outstanding Credit (% YOY) 40% 80% 35% 30% 60% 25% 40% 20% 15% 20% 10% 0% 5% 0% -20% -5% -40% -10% 1.13 12.13 11.14 10.15 9.16 1.09 3.10 4.11 5.12 6.13 7.14 8.15 9.16 Non-Subsidized Subsidized Non-Subsidized Subsidized Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro basierend auf Daten der Quelle: Brasilianische Zentralbank. brasilianischen Zentralbank. Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus 15
Schnelle Verbesserung der Außenbilanz im Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Studie setzt Venezuela Gange seine populistische Politik ungebrochen fort. An der Abbildung 32: Brasilien: Enge Zahlungsbilanz (Leistungsbilanz plus Währungsfront liegt der Schwarzmarktkurs inzwischen bei 4300 ausländische Netto-Direktinvestitionen) VEF,3 während der primäre Wechselkurs unverändert bei 9,99 Dezember 2010 bis Oktober 2016 VEF notiert.5 Die Bevölkerung ist inzwischen äußerst % des BIP schwierigen Bedingungen ausgesetzt: die Arbeitslosigkeit ist 3,0% hoch, und es herrscht ein gravierender Mangel an 2,5% 2,0% Lebensmitteln und anderen Dingen des täglichen Bedarfs. Dies 1,5% hat Proteste ausgelöst und das Risiko sozialer Instabilität 1,0% erhöht. Eine politische Änderung oder gar eine politische 0,5% Kurskorrektur hat es jedoch noch nicht gegeben. 0,0% -0,5% -1,0% Die nominale Verschuldung in Venezuela steigt kontinuierlich -1,5% weiter an. Angesichts der Verzerrungen bei den Wechselkursen -2,0% ist es schwierig, die Höhe des BIP in US-Dollar zu schätzen und -2,5% eine entsprechende Quote zu berechnen. Wir können jedoch 12.10 6.12 11.13 5.15 10.16 NBOP (Current Account + Net Foreign Direct Investment) beobachten, dass sich die Reserven schnell auflösen, während Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro basierend auf Daten der das Verhältnis von Schulden zu Reserven rapide steigt. Im brasilianischen Zentralbank. November 2016 hatte PDVSA Probleme, Kuponzahlungen auf Anleihen mit einer Laufzeit bis 2021, 2024 und 2035 zu tätigen. Die Zahlungen wurden schließlich geleistet, weitere Verzögerungen erscheinen jedoch sehr wahrscheinlich. Die Verschuldung Venezuelas ist stark angestiegen, während sich die Währungsreserven schnell aufgelöst haben Abbildung 33: Venezuela: Auslandsverschuldung Abbildung 34: Venezuela: Internationale Reserven März 1997 bis September 2015 Januar 2005 bis November 2016 USD (Millions) USD (Millions) $160.000 $50.000 $45.000 $140.000 $40.000 $120.000 $35.000 $100.000 $30.000 $25.000 $80.000 $20.000 $60.000 $15.000 $40.000 $10.000 $20.000 $5.000 $0 $0 1.05 1.07 1.09 12.10 12.12 12.14 11.16 3.97 4.00 5.03 6.06 7.09 8.12 9.15 International Reserves External Debt Public Debt Quelle: Venezolanische Zentralbank. Quelle: Venezolanische Zentralbank. Abbildung 35: Venezuela: Verhältnis von Auslandsverschuldung zu Wir können diesen Abschnitt in der folgenden Tabelle internationalen Reserven zusammenfassen: März 1997 bis September 2015 Ratio of External Debt to International Reserves Zusammenfassung der politischen Anpassungen 8 Abbildung 36: Politische Anpassungen je Land 7 Stand: 5. Dezember 2016 Argentinien Brasilien Kolumbie Venezuela 6 n 5 Deregulierung von Preisen + + 4 Deregulierung der 3 Wechselkurse + 2 Konsolidierung der Haushaltslage + + + 1 Stärkung der 0 Institutionen + + + 3.97 4.005.03 6.06 7.09 8.12 9.15 External Public Debt to International Reserves Quelle: Berechnungen von Templeton Global Macro basierend auf Daten der Quelle: Templeton Global Macro. venezolanischen Zentralbank. 5. Quelle: Bloomberg. Stand: 30. November 2016. 16 Global Macro Shifts: Lateinamerika: Aufstieg und Fall des Populismus
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