Tätigkeitsbericht "Soziale Dienste" - Stadt Frechen

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Tätigkeitsbericht "Soziale Dienste" - Stadt Frechen
Tätigkeitsbericht
       „Soziale Dienste“
         Allgemeiner Sozialer Dienst
         Fachstelle Eingliederungshilfe
         Pflegekinderdienst
         Jugendgerichtshilfe
         Fachstelle Unbegleitete minderjährige Ausländer
         Fachstelle Inklusion und Teilhabe

       Berichtsjahr 2020

Fachdienst Jugend, Familie und Soziales
- Abteilung Soziale Dienste -

Oktober 2021
Tätigkeitsbericht "Soziale Dienste" - Stadt Frechen
Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

IMPRESSUM

Tätigkeitsbericht „Abteilung Soziale Dienste“ – Berichtsjahr 2020

Erste Auflage
Oktober 2021

Herausgeber                        :        Stadt Frechen - Die Bürgermeisterin -
                                            Fachdienst Jugend, Familie und Soziales
                                            - Abteilung Soziale Dienste -
                                            Johann-Schmitz-Platz 1-3
                                            50226 Frechen

Informationen                      :        Abteilung Soziale Dienste
                                            Tel. 02234/501-1618

Öffnungszeiten der Verwaltung      :        Montag - Mittwoch           :    8.30 - 15.30 Uhr
                                            Donnerstag                  :    8.30 - 18.00 Uhr
                                            Freitag                     :    8.30 - 12.30 Uhr

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Tätigkeitsbericht "Soziale Dienste" - Stadt Frechen
Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

Inhaltsverzeichnis

  1.     Vorwort .................................................................................................................... 4
  2.     Personalstruktur und Zuständigkeiten ...................................................................... 4
  3.     SARS-CoV-2 (Covic 19) Pandemielage ................................................................... 8
  3.1.   Auswirkungen auf die Familien: ............................................................................... 8
  3.2.   Aufgabenwahrnehmung der Sozialen Dienste in Zeiten von Corona........................ 9
  3.3.   Angebote der Kinder- und Jugendhilfe in Zeiten von Corona ..................................10
  3.4.   Organisation des ASD in Zeiten von Corona...........................................................11
  4.     Demographische Fakten zum Berichtsjahr..............................................................12
  5.     Sachgebiet Allgemeiner Sozialer Dienst / ASD .......................................................13
  5.1.   Allgemeine Beratungsaufgaben ..............................................................................13
  5.2.   Beratungsanlässe: ..................................................................................................13
  5.3.   Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung ...........................14
  5.4.   Mitwirkung bei familiengerichtlichen Verfahren .......................................................15
  5.5.   Erzieherische Hilfen und Hilfeplanung gemäß §§ 27 - 41 SGB VIII .........................15
  5.6.   Ambulante Hilfen zur Erziehung..............................................................................19
  5.7.   Teilstationäre Hilfen zur Erziehung .........................................................................21
  5.8.   Stationäre Hilfen zur Erziehung ..............................................................................21
  5.9.   Kinderschutz ...........................................................................................................22
  5.10. Inobhutnahmen gemäß § 42 SGB VIII .....................................................................24
  6.     Fachstelle Eingliederungshilfen gemäß § 35 a SGB VIII .........................................25
  7.     Präventiver Kinderschutz: .......................................................................................27
  7.1.   Multiprofessionelle Teams: .....................................................................................27
  7.2.   Netzwerke im Kinderschutz ....................................................................................29
  7.3.   Ausblick auf 2021 ...................................................................................................30
  8.     Sachgebiet Pflegekinderdienst (PKD) .....................................................................31
  8.1.   Familiäre Bereitschaftsbetreuung (FBB) .................................................................31
  8.2.   Kooperation und Öffentlichkeitsarbeit des PKD ......................................................33
  8.3.   Besonderheit Corona und Pflegefamilien: ...............................................................33
  8.4.   Ausblick PKD 2021: ................................................................................................34
  9.     Sachgebiet Jugendgerichtshilfe (JGH) ....................................................................35
  8.5.   Aufgabenwahrnehmung der JGH in Zeiten von Corona ..........................................38
  8.6.   EU-Richtlinie zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im
        Jugendstrafverfahren ..............................................................................................39
  8.7. Ausblick Jugendgerichtshilfe 2021: .........................................................................39
  9.     Unterbringung, Versorgung und Betreuung Unbegleiteter Minderjähriger Ausländer /
        UMA gemäß § 42 und 42a SGB VIII .......................................................................40
  10. Fachstelle für Teilhabe und Inklusion (TuI) .............................................................42
  10.1. Ausblick Fachstelle für Teilhabe und Inklusion 2021: ..............................................45
  11. Langzeitentwicklung Hilfen zur Erziehung ...............................................................46
  12. Öffentliche Ausgaben für Hilfen zur Erziehung und Eingliederungshilfen ................46
  13. Fazit / Ausblick .......................................................................................................48
  14. Tabellen- und Abbildungsverzeichnis.....................................................................49

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1.     Vorwort

Das Achte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) – Kinder und Jugendhilfe bildet die
gesetzliche Grundlage für die Arbeit des Jugendamtes und die Angebote der Ju-
gendhilfe. Es steht im Zusammenhang mit weiteren, ergänzenden gesetzlichen bundes-
und landesrechtlichen Regelungen wie beispielsweise dem Bundeskinderschutzgesetz
(BKG) sowie dem Kinder- und Jugendförderungsgesetz (KJFöG). Die Ausgestaltung
der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe ist Aufgabe des Jugendamtes als öffentli-
cher Träger der Jugendhilfe.

Die Abteilung Soziale Dienste berichtet bereits seit vielen Jahren mit dem jährlichen
Tätigkeitsbericht über fachliche Inhalte und Entwicklungen im Bereich der Hilfen zur
Erziehung, der Eingliederungshilfen, dem Kinderschutz, dem Pflegkinderwesen der Ju-
gendgerichtshilfe sowie über den Arbeitsbereich der unbegleiteten minderjährigen Aus-
länder (UMA) und (seit 2018) die Fachstellen für Eingliederungshilfen und Inklusion und
Teilhabe.

Für die diesjährige Fortschreibung der Fallzahlen werden die Daten zum Stand
31.12.2020 zugrunde gelegt und als Vergleichswerte sind die Fallzahlen der Vorjahre
2015 -2020 aufgeführt. Die Fallzahlen im Bereich der erzieherischen Hilfen zeigen seit
Jahren besonders im Bereich der ambulanten Jugend- und Eingliederungshilfen eine
steigende Tendenz auf. In 2020 gab es einen minimalen Rückgang der Hilfen. Über die
vergangenen 3 Jahre betrachtet ist jedoch eine Fallzahlsteigerung über alle Hilfen ver-
teilt von ca. 22 %, bezogen auf den ambulanten Bereich (incl. Eingliederungshilfen) um
36%, zu verzeichnen.

2. Personalstruktur und Zuständigkeiten

Innerhalb der Organisationsstruktur der Verwaltung bzw. des Fachdienstes Jugend,
Familie und Soziales bildet die Abteilung Soziale Dienste (Abteilung 57) eine der fünf
Fachabteilungen des Fachbereichs. Der Personalstand der Abteilung 5.57 belief sich
zum 31.12.2020 auf 20 Fachkräfte, zwei Teamleitungen und eine Abteilungsleitung.

Ab dem Stellenplan 2020 wurden erstmals zwei Teamleitungsstellen im Bereich All-
gemeiner Sozialer Dienst ausgewiesen. Mit der Anpassung der Führungsspanne inner-
halb der Abteilung ist insbesondere das Ziel des Ausbaus der Fachberatung sowie der
Anpassung und Weiterentwicklung der Prozess- und Ablauforganisation verbunden. Die
dienstliche und fachliche Aufsicht und Anleitung, aber auch die Organisation der Team-
und Fallarbeit, soll dadurch künftig effektiver und praxisnäher gestaltet werden. Die
Teamleitungen sind zu 35 % von der Fallarbeit freigestellte.

Weiter wurde mit dem Stellenplan 2020 die Stellenbemessungsgrundlage angelehnt
an die Hinweise der Gemeindeprüfanstalt GPA fortgeschrieben und ein verbesserter
Fallzahlenschlüssel (28-33 HZE / VZÄ) für den Sozialen Dienst zu Grunde gelegt (sie-
he Bericht 2019). Zusätzlich sind andere Aufgaben, wie insbesondere die Sicherstellung

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des Kinderschutzes und Wahrnehmung der Beratung bei Trennung- und Scheidung, zu
leisten.

Zusammen mit den Teamleitungsanteilen wurde der Stellenplan der Abteilung 5.57
ab 2020 um insgesamt drei neue Stellen erweitert. Diese konnten nach Haushaltsfrei-
gabe ausgeschrieben und zum 01.07 / 01.08.21 besetzt werden. Ihre entlastende Wir-
kung konnten sie jedoch durch parallele Fluktuation noch nicht voll entfalten.

Im Jahr 2020 gab es in der Abteilung 5.57 größere personelle Wechsel. Acht Kolle-
ginnen und Kollegen habe die Stadt Frechen aus unterschiedlichen Gründen verlassen
oder wechselten in anderen Abteilungen/ Tätigkeitsfelder Zwei Kolleginnen kehrten
nach Abschluss ihrer Elternzeit zurück und zehn neue Kolleginnen und Kollegen wur-
den im Jahr 2020 in der Abteilung begrüßt.

Diese hohe Fluktuation zeigt sich insbesondere im Sachgebiet Allgemeiner Sozialer
Dienst (ASD). Dort haben insgesamt 8 der in dem Sachgebiet eingesetzten 13 Mitar-
beitenden ihre Tätigkeit 2020 neu aufgenommen. Nur punktuell konnten kurze Über-
gangszeiten und eine direkte Übergabe der vorher tätigen Fachkräfte ermöglicht wer-
den. Diese bereits seit Jahren in dem Sachgebiet zu beobachtende anhaltend hohe
Fluktuation stellt zudem eine enorme Herausforderung, sowohl für die Einarbeitung und
Integration der neuen Kolleginnen und Kollegen.

Um den spezifischen Anforderungen an die Bedarfsprüfung im Bereich Eingliederungs-
hilfe gem. §35a SGB VIII gerecht zu werden, wurde als Teilbereich des Allgemeinen
Sozialdienstes 2018 eine Fachstelle Eingliederungshilfe geschaffen. Die teilweise
aufwendige Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung von Einglie-
derungshilfen gem. §35a SGB VIII sowie die Begleitung der ambulanten Hilfen, setzten
ein vertieftes Wissen voraus. Aufgrund der Fallzahlensteigerung wurde die Stelle ab
06/2020 von einer halben -, auf eine Vollzeitstelle ausgeweitet und von zwei erfahrenen
ASD Kolleginnen jeweils in Teilzeit besetzt.

Die Jugendgerichtshilfe (JGH) ist weiterhin auskömmlich mit insgesamt 1,5 Stelle
ausgestattet. Auch hier gab es im vergangenem Jahr einen personellen Wechsel.
Die Fachstelle UMA (Unbegleitete Minderjährige Ausländer), die seit Anfang 2016 or-
ganisatorisch und personell dem Sachgebiet Jugendgerichtshilfe (JGH) angegliedert ist,
entwickelte auch im vergangenem Jahr Lösungen im Hinblick auf die Unterbringung,
Versorgung und Betreuung junger Flüchtlinge, Die eingesetzten beiden Fachkräfte sind
mit 2 Vollzeitstellen je zur Hälfte in den Arbeitsfeldern Fachstelle UMA und JGH einge-
setzt.
Im Bereich Pflegekinderdienst (PKD) führten die in den letzten Jahren erfolgten Fall-
zahlsteigerungen und der gesetzlich implizierte hohe Qualitätsanspruch im Pflegekin-
derwesen zum Bedarf der personellen Anpassung. Durch eine erneute Stellenerweite-
rung im Juni 2020 um 0,5 VZÄ, ist der PKD inzwischen mit insgesamt 2,5 VZÄ besetzt.

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Bei der in 2018 an die Abteilung Soziale Dienste mit einer Vollzeitstelle angegliederte
Fachstelle Inklusion und Teilhabe erfolgte im April 2020 ebenfalls ein personeller
Wechsel mit einer vorübergehenden Vakanz von 4 Monaten.

In den Zeiten des Wechsels gehörte in erster Linie die Herausforderung, die sachge-
rechte Aufgabenerfüllung (v.a. kontinuierliche Fallführung, Beratung und Kriseninterven-
tion) weiter zu gewährleisten, aber auch den Einarbeitungsbedarfen der neuen Kolle-
gInnen nachzukommen. Die geplanten Prozesse zur Teamentwicklung konnten bislang
noch nicht wie gewünscht umgesetzt werden.

In den vergangenen Jahren hat es sich bewährt, neuen Mitarbeitenden im ASD, ergän-
zend zu der internen Einarbeitung, zeitnah die Teilnahme an der Fortbildungsreihe
„Neu im ASD“ zu ermöglichen. Diese wurden 2020 coronabedingt teilweise ausgesetzt
und erst ab dem 3 Quartal auf Onlineschulungen umgestellt. Neuanmeldungen waren
erst für das Jahr 2021 möglich. Den neuen Kollegen fehlte so teilweise eine wesentliche
fachliche Vertiefung zur Einarbeitung.

Zum fachlichen Standard in der Beratungsarbeit gehört darüber hinaus zur Reflexion
der Beratungsansätze, zur Erweiterung von Handlungsstrategien und Bearbeitung von
Belastungsfaktoren eine regelmäßig angebotene Fall-Supervision. Von 9 geplanten
Sitzungen konnten coronabedingt 2020 nur 4 Sitzungen tatsächlich stattfinden.

Aufgrund der Fallzahlsteigerungen von ca. 22 % in den vergangenen drei Jahre und
gestiegener Anforderungen an die Tätigkeit im Allgemeinen Sozialen Dienst (hier insbe-
sondere im Kinderschutz und der Eingliederungshilfe) sowie der Fluktuation, lag neben
der Auswahl und Eingliederung neuer Mitarbeitenden auch 2020 der Steuerungsfokus
darin, die Rahmenbedingungen zur Aufgabenwahrnehmung zu verbessern. Hierzu wur-
de die interne fachliche Diskussion zur weiteren Fortschreibung der Stellenbemes-
sung und Prüfung der Aufbauorganisation für Teile der Sozialen Dienste (hier: ASD,
PKD + Eingliederungshilfen) fortgesetzt.

Weiterhin sind die Notwendigkeit der Anpassung der fachlich angemessenen sachli-
chen und räumlichen Ausstattung zur fach- und datenschutzkonformen Sachbe-
arbeitung sowie Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitssicherheit (hier insbeson-
dere im Hinblick auf die Aufgabensicherstellung unter Pandemiebedingungen) regel-
mäßig durch die Abteilungsleitung zu vertreten. Aktuell kann insbesondere die räumli-
che Ausstattung den fachlichen Anforderungen nicht gerecht werden.

Dass trotz des nun seit Jahren andauernden und stetigen Personalwechsels und insbe-
sondere unter Coronabedingungen gelungen ist, die Kernaufgaben, insbesondere die
Wahrnehmung des Kinderschutzes sicherzustellen, ist dem weiterhin sehr hohen En-
gagement der beiden Teamleitungen und dem Einsatz der verbleibenden und
neuen Fachkräfte zuzuschreiben.
Unterstützend waren in der fachlichen Zusammenarbeit auch die Netzwerkpartner (u.a.
Familienhilfe Frechen, Erziehungsberatungsstelle, ambulante freie Jugendhilfeträger).
Sie haben trotz der auch für diese Dienste notwendigen Kontaktbeschränkungen
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Aufträge übernommen und mit hoher Flexibilität teils durch Umstellung der Kontakte ins
Freie sowie mit Telefon- und Videokontakten, Familien durchgängig weiter begleitet und
beraten. Allen gemeinsam sei für den großen Einsatz auch in 2020 ein ausdrücklicher
Dank ausgesprochen!

Abbildung 1   Mitarbeitenden Soziale Dienste/Zuständigkeiten und Erreichbarkeit   Stand: 15.10.2021

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 3.       SARS-CoV-2 (Covic 19) Pandemielage

3.1. Auswirkungen auf die Familien:

 Seit Mitte März 2020 hat sich das Leben für Kinder und Jugendliche in Deutschland
 schlagartig verändert:

 Durch umfassende Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wurden Fami-
 lien innerhalb kurzer Zeit erheblichen Veränderungen ausgesetzt.
      Schulen und Kitas waren zeitweise geschlossen
      Es waren nur eingeschränkte Kontakt zu Freunden und Angehörigen möglich
      Sie konnten ihren gewohnten Freizeitaktivitäten nicht mehr nachgehen

 Abbildung 2 Quelle: Online Fachtag 12.08.2020 Gewichtige Anhaltspunkte in Zeiten der Pandemie in Beratungsanliegen Oliver Bert-
 hold/Vera Clemens www..kinderschutzhotline.de

 Zudem stellen soziale Isolation, Gesundheitsbedrohung, Hausbeschulung und finanziel-
 le Sorgen viele Familien vor große Herausforderungen.

 Erste Studien, wie die COPSY-Längsschnittstudie, untersucht die Auswirkungen und
 Folgen der COVID-19 Pandemie auf die psychische Gesundheit von Kindern und Ju-
 gendlichen in Deutschland.

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 Im Ergebnis können die coronabedingten Veränderungen als kritisches Lebensereignis
 aufgefasst werden. (s.: www.copsy-studie.de)
 Kritische Lebensereignisse können zu psychischen Problemen bei Kindern und Jugend-
 lichen führen (Reiss et al., 2019; Brooks et al., 2020)
 Internationale Studien zeigen weiter, dass die Isolations- und Lockdown-Maßnahmen
 mit psychischen Auffälligkeiten, depressiven Symptomen und Ängsten bei Kindern ein-
 hergehen (Xie et al., 2020; Zhou et al., 2020)

 „Wie sich Kita- und Schulschließungen sowie stark eingeschränkte Kontakte im Früh-
 jahr 2020 auf das Familienklima sowie das Wohlbefinden der Kinder auswirkte und was
 ihnen dabei half, mit den Veränderungen zurechtzukommen, zeigen die Ergebnisse der
 Studie "Kind sein in Zeiten von Corona" des Deutschen Jugendinstituts (DJI).“ 1

3.2. Aufgabenwahrnehmung der Sozialen Dienste in Zeiten von Corona

 Kinderschutz war und ist auch in der Krise eine systemrelevante Aufgabe des Ju-
 gendamtes. Es hat den gesetzlichen Kinderschutzauftrag (gem. §8a SGB VIII) sowie
 von Leistungen (nach §27 ff SGB VIII) zu erfüllen und gleichzeitig die Fürsorge und den
 größtmöglichen Schutz für die Gesundheit von Fachkräften und Adressatinnen und Ad-
 ressaten zu gewährleisten.

 Insbesondere für Familien, die sich zuvor schon in einer Belastungssituation befunden
 haben, steigt der Druck. Der Bedarf an Beratung und Hilfe nimmt zu. Den Kontakt zu
 Beratern, Helfern und Jugendämtern aufrecht zu erhalten, ist daher eine wesentliche
 Unterstützung für die Familien.

 Die Sozialen Dienste der Stadt Frechen
  hielten Kontakt zu Familien, Kooperationspartnern wie Kindergärten, Schul-
      sozialarbeit und Schulen, vermittelten präventive Unterstützungssystem (Online
      Angebote der Kinder- und Jugendförderung der Stadt Frechen, Erziehungsbera-
      tung).
  nutzten die durch die Coronaschutzverordnung gegebene Möglichkeit zur Zuwei-
      sung in die Notbetreuung in Kita und Schulen für Familien im Kinderschutzkon-
      text
  boten selber telefonische Beratung (z.B. im Tagesdienst) an und
  leiteten bei erkennbaren Bedarfen teils im in vereinfachten Verfahren Hilfen zur
      Erziehung zur Unterstützung der Familien ein.
  planten in enger Absprache mit den Trägern der freien Jugendhilfe, wie die
      laufenden ambulanten und (teil-)stationären Leistungen unter den gegebenen
      Umständen bestmöglich fortgesetzt werden können.
  stellten den Kinderschutz durch Überprüfungen, Inaugenscheinnahmen, Bera-
      tungen, Aufstellen von Schutzkonzepten, Vermittlung von Hilfen sicher.

 1
   Quelle: Langmeyer, Alexandra; Guglhör-Rudan, Angelika; Naab, Thorsten; Urlen, Marc; Winklhofer, Ursula (2020):
 Kind sein in Zeiten von Corona. Ergebnisbericht zur Situation von Kindern während des Lockdowns im Frühjahr 2020

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Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

 Bei allen Maßnahmen sind/ waren die Vorgaben des Infektionsschutzes zu berücksich-
 tigen.

 Gerade durch das Wegfallen der regelmäßigen Präsenz der Kinder und Jugendlichen in
 Kindergärten und Schulen und dadurch auch der sonst sichernden Schutzmechanismen
 und Meldesysteme, stellt die Wahrnehmung des Schutzauftrages für Jugendämter
 unter den Pandemiebedingungen eine besondere Herausforderung dar.

 Obwohl es - „weniger Gelegenheiten gab, bei denen mögliche Gefährdungen auffallen
            konnten, und
            - andere Institutionen (außer Jugendämtern) möglicherweise weniger
            eigene Gefährdungseinschätzungen durchgeführt haben (…) “

 verzeichnete das Jugendamt Frechen eine Steigerung der Hinweise und Meldungen
 auf mögliche Kindeswohlgefährdungen um +14%. (siehe Kapitel 2.9). Dass die Fall-
 zahlen durch die potentiell geringeren Meldesysteme dennoch im Rahmen der Vorjah-
 resentwicklung blieben, wird als deutliches Zeichen der angespannten Lage der Fami-
 lien gewertet. Dr. Thomas Mühlmann, von der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfesta-
 tistik kommt im Rahmen einer NRW- weiten Studien angesichts vergleichbarer Be-
 obachtungen in anderen Kommunen zu der Bewertung: „(…) dass die Fallzahlen aber
 nicht „eingebrochen“ sind und auch weiterhin Hinweise an das Jugendamt gegeben
 wurden, deutet aber auch darauf hin, dass Kommunikations- und Kooperationsstruktu-
 ren sowie Arbeitsabläufe des Kinderschutzes insgesamt aufrechterhalten wur-
 den.“2
 Es wird in der Fachwelt davon ausgegangen, dass ein Teil der Kinderschutzfälle
 Corona-bedingt unentdeckt geblieben und das Dunkelfeld somit gewachsen sein könn-
 te. U.a. das Deutschen Jugendinstitutes, veröffentlichte 06/2020 hierzu einen For-
 schungsbericht zum Thema : „Kinder- und Jugendhilfe in Zeiten der Corona-Pandemie“
 siehe: DJI-Jugendhilfebarometer_Corona.pdf (jugendhilfeportal.de)

3.3. Angebote der Kinder- und Jugendhilfe in Zeiten von Corona
 Neben der Sicherung des Kinderschutzes in (teil-) stationären Einrichtungen hat der
 Infektionsschutz eine hohe Bedeutung erhalten. Kinderschutz und Infektionsschutz
 mussten in Einklang gebracht werden.
 Daneben musste die stationäre Kinder- und Jugendhilfe sich an den Schulverordnun-
 gen der Kultusministerien ausrichten und die Alltagsstruktur für Schülerinnen und Schü-
 ler im „Homeschooling“ gewährleisten. Dies war mit einem erhöhten Fachkräfteeinsatz
 verbunden, der i.d.R. den Jugendämtern zusätzlich in Rechnung gestellt wurde.
 Hilfeplangespräche und Elternkontakte wurden wegen des Infektionsschutz anfangs oft
 ausgesetzt, finden inzwischen aber wieder überwiegend persönlich mit Abstand statt.

 Auch für Pflegeverhältnisse ergaben sich gesonderte Belastungen (siehe Kapitel 5)

 2vgl. (Quelle: Dr. Thomas Mühlmann, Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik, Forschungsverbund, DJI/TU
 Dortmund In: „Gefährdungseinschätzungen der Jugendämter in Zeiten von Corona- Kontaktbeschränkungen“)

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Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

 Ambulante Jugendhilfeangebote fanden vielfach digital oder auch im Freien statt. So
 entstanden flexible und kreative Übergangslösungen, um Kinder, Jugendliche und Fa-
 milien so gut es geht durch die Krise zu begleiten.
 Mit großem Engagement stellen sich Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe den Her-
 ausforderungen, organisieren ihre pädagogische Arbeit um, entwickeln zudem Hygie-
 nekonzepte und machen so Vieles möglich            .

3.4. Organisation des ASD in Zeiten von Corona

 Um die eigene Funktionsfähigkeit aufrecht zu erhalten, wurde beginnend zum 16.03.20
 folgende organisatorischen Maßnahmen in der Abteilung Soziale Dienste umgesetzt:

      Um die Kontakte untereinander zu reduzieren und bei einer erfolgten Anste-
       ckung zu verhindern, dass ein gesamter Dienst unter Quarantäne gestellt wird,
       wurden die Teams in mehrere Teilteams (Team A, B) aufgeteilt, die räumlich
       getrennt und zeitlich versetzt aus dem Homeoffice bzw. in Präsenz die Einsatz-
       fähigkeit des Jugendamtes in Frechen sichergestellt haben.
      Das Präsenzteam, durchgehend bestehend aus mindestens 4 Personen plus
       Leitungskraft, war jederzeit einsatzfähig, um bei akuten Kinderschutzmaßnah-
       men persönlich zu beraten und auch vor Ort Termine wahrnehmen zu können
      Auch während des Lockdown und der Beschränkung des Rathauszugangs auf
       vorab vereinbarte Termine, wurde die Erreichbarkeit des Jugendamtes wei-
       terhin telefonisch für die Bürger und Kooperationspartner während der Kernzei-
       ten über zentrale Rufnummer (Stadt Frechen 02234-501-1610) und außerhalb
       der Kernzeiten über die mit der Polizei verknüpfte Rufbereitschaft sichergestellt.
      Nur in Akut- und Kinderschutzfällen und zur persönlichen Inaugenschein-
       nahme gem. §8a SGB VIII wurden weiterhin persönliche Kontakte zu Fami-
       lien wahrgenommen. (z.B. bei erforderlichen Hausbesuchen unter Wahrneh-
       mung von Maßnahmen zum Infektions- und Gesundheitsschutz). Dies erfolgte in
       Risikofällen und selbst bei bestehenden Quarantänemaßnahmen in voller
       Schutzausrüstung.
      Die weitere Hilfeplanung wurde unter Beachtung der auch für die Mitarbeiten-
       den der Jugendämter und freien Träger geltenden Kontaktbeschränkungen weit-
       gehend mit Einwilligung der Eltern per Telefonkonferenz oder in Einzelfällen
       auch im Freien realisiert. Videokonferenzen konnte sowohl wegen fehlender
       technischer Ausstattung, aber auch datenschutzrechtlicher Bedenken im Allge-
       meinen Sozialen Dienst der Stadt Frechen nicht angeboten werden.
      Zur Gewährleitung der Arbeitssicherheit der Mitarbeitenden wurden von der
       Stadt Frechen /Feuerwehr persönliche Schutzausrüstung (FFP 2 Masken,
       Handschuhe, Desinfektionsmittel, Ganzkörperanzüge, Spuckschutz) zur Verfü-
       gung gestellt und in der Abteilung vorgehalten.
      Aussetzen von persönlichen Besprechungen mit mehreren Personen außer
       im Kinderschutz.

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Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

      Sicherstellen von notwendigen Team- und Fallbesprechungen durch Telefon-
       konferenzen
      Die Mitarbeiterinnen der Sachgebiete Pflegekinderdienst, Jugendgerichtshilfe,
       Eingliederungshilfe und Fachstelle für Teilhabe und Inklusion wurden weitgehend
       von der Präsenzpflicht ausgenommen. Sie nahmen ihre Aufgaben soweit mög-
       lich telefonisch und schriftlich war und beschränkten persönliche Kontakte auf
       dringlichste Angelegenheiten (Kinderschutz, Gerichtsterminen). Spezifische
       Auswirkungen werden in den jeweiligen Kapiteln 8-11 aufgegriffen.

Für die Abteilung „Soziale Dienste“ ergab sich pandemiebedingt 2020/2021 insgesamt
ein deutlich erhöhter Koordinations-, Abstimmungs- und Beratungsbedarf mit
Familien, Jugendhilfeträgern, Schulen, Kindergärten. Insbesondere das Sachgebiet des
Allgemeinen Sozialen Dienstes war / ist stark gefordert. Dies erforderte eine klare
Priorisierung und vorrangige Bündelung alle Kapazitäten für Akutberatung und die
Sicherstellung und Wahrnehmung des Schutzauftrags gemäß § 8a SGB VIII und
den damit verbundenen Aufgaben wie z.B. Hilfeeinleitungen und Inobhutnahmen. Ande-
re Aufgaben wie bspw. die Beratung bei Trennung- und Scheidung mussten wegen der
Kontaktbeschränkung und der Priorisierung daher teilweise ausgesetzt werden.

Den MitarbeiterInnen des Jugendamtes war die veränderte und ernste Lage vieler Fa-
milien und Kinder sehr bewusst. Sie zeigten durchgängig ein hohes Maß an Verantwor-
tungsbewusstsein und Flexibilität. Dass trotz der Herausforderungen durch Corona und
der hohen personellen Fluktuation, die Familien durchgängig im Jugendamt einen An-
sprechpartner hatten und jederzeit, selbst bei bestehenden Quarantäneauflagen in den
Familien- der Kinderschutz und sichergestellt wurde, ist dem hohen Einsatz und En-
gagement der Mitarbeitenden der Abteilung zu verdanken. Jeder hat an ihrem/seinen
Platz nach Kräften dazu beigetragen, Kollegen zu beraten und zu unterstützen, im Not-
fall sofort aus dem Homeoffice anzureisen und sich auch teils weit über die Regelar-
beitszeit hinaus einzubringen. Insbesondere ist hier der enorme Einsatz der beiden
neuen Teamleitungen, die in der neuen Aufgabe sofort stark gefordert waren und in
Beratung und Einarbeitung der vielen neuen Kolleginnen und Kollegen eine herausra-
gende Rolle eingenommen haben, zusätzlich hervorzuheben.

4.      Demographische Fakten zum Berichtsjahr

Zum 31.12.2020 waren insgesamt 53003 Einwohner und Einwohnerinnen mit
Hauptwohnsitz in Frechen gemeldet. Hierunter waren 14219 Kinder, Jugendliche und
junge Erwachsene im Alter von 0
Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

5.     Sachgebiet Allgemeiner Sozialer Dienst / ASD

     5.1. Allgemeine Beratungsaufgaben

Die Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die ihnen
obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Nach dem
SGB VIII hat jeder junge Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf
Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit und
Eltern und andere Erziehungsberechtigte sollen bei der Erziehung beraten und unter-
stützt werden. (§1 SGB VIII)

Beratung zu vielfältigen Fragen, Anliegen und Problemstellungen sind dem Jugendamt
damit ins „Stammbuch“ geschrieben und gehört zu den Hauptaufgaben der Fachkräfte
im Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes (ASD).

Die Mitarbeitenden sind täglich zu den Öffnungszeiten des Rathauses im Rahmen einer
„Tagesdienststruktur“, die nach Rotationsprinzip festgelegt ist, persönlich und telefo-
nisch erreichbar. Zur Gewährleistung einer verbesserten Erreichbarkeit wurde im Juni
2019 die zentrale Tagesdienstnummer 02234/501-1610 eingeführt. Die Dokumenta-
tion der jeweiligen Sachverhalte, Anfragen und Bedarfe gehört zum Tagesgeschäft der
Fachkräfte. Bei fortgesetztem Beratungs- oder Hilfebedarf, erfolgt im Rahmen des
Falleingangsmanagements, nach vorheriger Sichtung und inhaltlich-fachlicher Zuord-
nung durch die Abteilungsleitung, eine feste Zuordnung zu einem Mitarbeitenden des
Sozialen Dienstes.

Außerhalb der Öffnungszeiten des Jugendamtes ist für Notfälle eine Rufbereitschaft
(Haus St. Gereon, Bergheim) eingerichtet, die über die Polizei erreichbar und mit der
Abteilungsleitung Soziale Dienste sowie der Jugendamtsleitung gekoppelt ist. Die Auf-
gabe nimmt seit dem 01.01.2021 der Jugendhilfeträger Caritas-Jugendhilfe-
Gesellschaft mbH (CJG), Haus St. Gereon in Bergheim war. Der Träger ist mit seinem
stationären Jugendhilfeangebot und den Inobhutnahmeplätzen seit vielen Jahren ein
bekannter Kooperationspartner der Jugendämter im Rhein –Erft-Kreis.

     5.2. Beratungsanlässe:

Die Lebenswirklichkeit von Eltern, Kindern und Familien hat sich in den letzten Jahren
stark verändert. Schulische und erhöhte erzieherische Anforderungen (zum Beispiel
aufgrund von sozialen Auffälligkeiten der Kinder und Jugendlichen, Medienkonsum,
Mobbing, vielfältigen Familienformen u.a.) und die Zunahme von psychischen Erkran-
kungen, fordern und verunsichern die Eltern verstärkt. Darüber hinaus sind in hohem
Maße Anfragen zu Sozial- und Rehabilitationsleistungen, zu SGB II- Leistungen (Hartz
IV) und zu weiteren Fragen nach Leistungen rund um die Themenfeder Wohnen, Ver-
sorgung und Lebensumstände, allgemein Inhalte der Beratungsgespräche. Das Ju-
gendamt trägt unter anderem mit der Beratungsleistung des Allgemeinen Sozialen

                                                                               Seite 13
Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

Dienstes dazu bei, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien
zu schaffen

Um auf die vielfältigen sozialen Notlagen reagieren zu können, sind von den Mitarbei-
tenden breit gefächerte Kompetenzen v.a. im Umgang mit der Sozial- und Familienge-
setzgebung gefordert. Umfängliche sozialräumliche Kenntnisse der vielfältigen Bera-
tungs- und Unterstützungsangebote freier Träger in Frechen und in der Region ermögli-
chen die Weitervermittlung oder auch Begleitung z.B. zu Schuldnerberatung, Suchtbe-
ratung, Schwangerschaftskonfliktberatung, etc. Dieses Netzwerkwissen und die Koope-
rationsstrukturen im Sozialraum möglichst zu sichern und den neuen Mitarbeitenden zu
vermitteln, gehört zu den Herausforderungen der Personalfluktuation in der Vergangen-
heit und im laufenden Jahr.

    5.3. Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung

Väter und Mütter haben im Rahmen der Jugendhilfe einen Anspruch auf Paarberatung
sowie Trennungs-, Scheidungs- und Umgangsberatung (§§17, 18 SGB VIII). In Fre-
chen wird dieses Angebot sowohl durch den ASD im Jugendamt der Stadt Frechen als
auch durch Beratungsstellen in freier Trägerschaft (Ev. Erziehungs-und Lebensbera-
tungsstelle, SKF, Paritätischer) erbracht. Ziel in solchen Beratungsprozessen ist es, ein
einvernehmliches Konzept für die Wahrnehmung des gemeinsamen Sorgerechts zu
entwickeln.

Trennung und Scheidung der Eltern sind für Kinder belastende Erlebnisse. Umso wich-
tiger ist es, dass Eltern Rat und Unterstützung finden, wenn sie diesen Schritt gehen
wollen. Grundsätzlich informiert das Familiengericht das Jugendamt, wenn ein Schei-
dungsantrag gestellt oder bei Trennung eine Sorgerechtsregelung beantragt wird. In
2020 erhielten die Sozialen Dienste neue 60 Mitteilungen durch das Familiengericht.
Es erfolgt dann ein Beratungsangebot an die Eltern. Eltern können unabhängig von
familiengerichtlichen    Verfahren   Beratung      durch   die   Sozialen    Dienste,
oder geeignete Beratungsstellen in Anspruch nehmen.

Im Berichtsjahr 2020 wurden durch die Fachkräfte im ASD 111 Beratungen im Bereich
Partnerschaft, Trennung, Scheidung und Umgang durchgeführt die darauf abzielt, ein-
vernehmliche Lösungen zum Wohle des Kindes zu finden. Oft gelang es, mit den Eltern
eine Vereinbarung zur Umgangsregelung zu erarbeiten und schriftlich festzuhalten, die
– nach Unterschrift beider Elternteile – für Verbindlichkeit, Sachlichkeit und Beruhigung
sorgen konnte. Häufig sind dazu mehrfache Beratungsgespräche notwendig. In diesem
freiwilligen Arbeitsbereich fielen durch die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen
in Kombination mit der auch in 2020 fast durchgängig sehr hohe Vertretungssituation
und Notwendigkeit zur der Priorisierung der Kinderschutzaufgaben teilweise hohe War-
tezeiten an. Eltern wurden vielfach über die Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Be-
ratungen auch bei freien Trägern (Erziehungsberatungsstellen, SKF) hingewiesen. Dies
ist auch die Erklärung eines Rückgangs der angeboten Beratungen um 13%.

                                                                                 Seite 14
Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

    5.4. Mitwirkung bei familiengerichtlichen Verfahren

Sorgeberechtigte Eltern können bei Trennung oder Scheidung im familiengerichtlichen
Verfahren einen Antrag auf Regelung der elterlichen Sorge bzw. des Umgangs stellen.
Bei diesem Verfahren wirkt das Jugendamt mit. Es berät Eltern und Kinder mit dem Ziel
die Eltern zu befähigen, einvernehmliche Regelungen zu treffen. Es gibt eine Stellung-
nahme ab bzw. nimmt am Anhörungstermin vor Gericht teil. Aufgabe des Jugendamtes
ist es in diesem Zusammenhang das Familiengericht insbesondere über wesentlichen
Punkte zur Entwicklung des Kindes zu informieren und auf weitere Möglichkeiten der
Hilfe hinzuweisen (§50 SGB VIII)

2020 wurden im Rahmen der Mitwirkung im familiengerichtlichen Verfahren gem. § 50
SGB VIII durch die Fachkräfte im ASD und im Pflegkinderdienst 117 Anträge, Berichte
und Stellungnahmen zur Regelung des Sorgerechtes oder zu Teilen des Sorgerechtes
und zu Fragen des Umgangs - sowohl mündlich als auch schriftlich - gegenüber dem
Familiengericht und dem Oberlandesgericht abgegeben. Hierbei ist festzustellen, dass
teilweise mehrere Verfahren bzgl. einzelner Familien geführt werden, die jeweils zu ge-
sonderten Berichten und Stellungnahmen führen. Insgesamt ist ein Rückgang um fast
21 % dieser Tätigkeit im Verhältnis zum Vorjahr (148) zu verzeichnen. Dies wird mit
den pandemiebedingten, seitens des Familiengerichtes stellenweise ausgesetzten
Terminen und Verfahren, in Zusammenhang gebracht. Eine Kompensation dieses
Rückgangs in den Folgejahren ist zu erwarten.

Nicht selten bleiben bei Eltern die sich getrennt haben, die Bemühungen um einver-
nehmliche Lösungen ohne längere Tragfähigkeit. Es handelt sich oft um hochstrittige
und langfristige Verfahren mit entsprechend zeitintensiven Beratungsprozessen, die
eine hohe Fach- und Persönlichkeitskompetenz seitens der Mitarbeitenden erfordern.

    5.5. Erzieherische Hilfen und Hilfeplanung gemäß §§ 27 - 41 SGB VIII

Alle Personensorgeberechtigten im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes Frechen
haben einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, wenn ohne diese eine dem Wohl des
Kindes oder Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet oder gar ge-
fährdet ist (§ 27 Abs. 1 SGB VIII).

Art und Umfang der Hilfe müssen geeignet und notwendig sein, um die Entwicklung
des Kindes positiv zu unterstützen. Die verschiedenen Leistungsformen der Hilfen zur
Erziehung sind in den §§ 27 bis 35 des SGB VIII geregelt.
Jungen Volljährigen (i.d.R. bis zum 21 Lebensjahr), soll zudem dann Hilfe für die Per-
sönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt
werden, wenn und solange die Hilfe auf Grund der individuellen Situation des jungen
Menschen notwendig ist (gem. §41 SGB VIII). Dies setzt eine entsprechende Mitwir-
kung der jungen Menschen voraus.

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Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

Neben den Beratungstätigkeiten gehört damit das Prüfen des erzieherischen Bedarfs
und der jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen, sowie das Planen, Einleiten und
Steuern von Jugendhilfeleistungen im Rahmen der Hilfen zur Erziehung gemäß §§
27 ff SGB VIII zu den weiteren Kernaufgaben der sozialpädagogischen Fachkräfte des
Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) des Jugendamtes.

Voraussetzung für eine Hilfe zur Erziehung ist ein Antrag, die Mitwirkung und freiwil-
lige Teilnahme der Eltern bzw. gesetzlichen Vertreter und der betroffenen Kinder und
Jugendlichen. In der Regel findet im Vorfeld eine umfassende Beratung und Bedarfser-
hebung durch den Sozialen Dienst statt, um die passende Unterstützung zu finden.

Art und der Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf eines
jeden Kindes und Jugendlichen und dem konkreten erzieherischen Bedarf in der Fami-
lie im Einzelfall. Der Hilfebedarf wird durch die Fachkräfte des ASD in Gesprächen mit
den erziehungsberechtigten Eltern und den betroffenen Kindern und Jugendlichen her-
ausgearbeitet. Um diesen zu ermitteln, bedarf es eines oft umfangreichen Klärungspro-
zesses unter Einbeziehung des sozialen Umfeldes des Kindes bzw. der Familie sowie
anderer Beteiligter (z.B. Kindergarten, Schulen).

Die Fachkräfte nehmen im Rahmen der sozialpädagogischen Diagnostik eine Prog-
nose hinsichtlich der Eignung und Wirksamkeit der in Frage stehenden erzieherischen
Hilfe vor. Die Entscheidung, welche Leistungsform die geeignete und notwendige Hilfe
darstellt, wird auf dieser Basis im Fachgespräch unter Einbeziehung der Leitung ge-
troffen und wird abschließend von Seiten des Jugendamtes festgelegt.

Hierzu nachfolgende Beispiele:

Erziehungsberatung nach § 28 SGB VIII:
    für: Personensorgeberechtigte, Kinder, Jugendliche, und sonstige Erziehungsbe-
      rechtigte
    Hilfe zur: Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener
      Probleme und der zugrundeliegenden Faktoren, Lösung von Erziehungs-fragen
      sowie bei Trennung und Scheidung
    weitere Kriterien: insbesondere aktuelle Problemsituationen, die sich bei
      dauernder Beeinträchtigung verfestigen könnten, überwiegend kurz und
      mittelfristig angelegt (selten länger als sechs Monate)

Soziale Gruppenarbeit nach § 29 SGB VIII:
   für: ältere Kinder und Jugendliche
   Hilfe zur: Überwindung von Entwicklungsproblemen und Schwierigkeiten im Ver-
      halten durch soziales Lernen in der Gruppensituation, Freisetzung von Kreativi-
      tät, Aufbau von Lernmotivation, Stärkung konstruktiven Sozial-verhaltens, Ver-
      mittlung von Selbstwerterfahrungen

                                                                              Seite 16
Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

Erziehungsbeistand/Betreuungshelfer/in nach § 30 SGB VIII:
    für: hauptsächlich das Kind bzw. den/die Jugendliche/n (häufig 12- bis 16-
      Jährige), Einbezug der Familie und des sozialen Umfelds
    Hilfe zur: Überwindung von Entwicklungsproblemen und Verselbstständigung des
      Kindes bzw. des/ der Jugendlichen, Erhaltung des Familienbezugs, Unterstüt-
      zung in Beziehungs- und Leistungsproblemen in Familie /Schule/ Ausbildung/
      Arbeit/ Freizeit
    weitere Kriterien: kurzfristige oder niederschwelliger Erziehungshilfen sind nicht
      ausreichend, um negativen Einflüssen des Erziehungsumfeldes zu begegnen
Sozialpädagogische Familienhilfe nach § 31 SGB VIII:
    für: Familien in Form intensiver Betreuung und Begleitung
    Hilfe zur: Bewältigung erzieherischer Aufgaben, Alltagsproblemen, Konflikten
      und Krisen, Unterstützung im Kontakt mit Ämtern und Institutionen
    Weitere Kriterien: längere Dauer, Voraussetzung ist Mitarbeit der Familie, Kom-
      plexität der Problemlagen, zur Vermeidung bzw. zeitlichen Verkürzung
      einer Fremdunterbringung, auch zur Eingliederung nach einer Fremdunterbrin-
      gung, praktische Lebenshilfe, „Hilfe zur Selbsthilfe“

Tagesgruppe nach § 32 SGB VIII:
    für: Kinder bzw. Jugendliche, in Zusammenarbeit mit den Eltern
    Hilfe zur: Sicherung des Verbleibs des Kindes bzw. des/der Jugendlichen in der
     eigenen Familie durch soziales Lernen in einer Gruppe, schulische Förderung,
     Unterstützung in der Entwicklung
    Weitere Kriterien: familiäre Beziehungen sind grundsätzlich tragfähig

Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII:
     für: Kinder bzw. (seltener) Jugendliche
     Hilfe zur: Förderung der Entwicklung außerhalb der Herkunftsfamilie
     Weitere Kriterien: evtl. als dauerhafte Perspektive (von Alter, Entwicklungsstand,
      Bindungen und Erziehungsbedingungen in ursprünglicher Familie
      Abhängig
Heimerziehung und sonstige betreute Wohnformen nach § 34 SGB VIII:
     für: Kinder bzw. Jugendliche
     Hilfe zur: Förderung der Entwicklung durch miteinander verknüpftes Alltagsleben
      und pädagogische sowie therapeutische Maßnahmen, Beratung und Unterstüt-
      zung bezüglich Schule/ Ausbildung/ Beschäftigung/ allgemeiner Lebensführung
     weitere Kriterien: befristet oder auf längere Dauer angelegt als Alternative zum
      Leben in der Herkunftsfamilie
Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII:
     für: ältere Jugendliche und junge Volljährige, die mit mehrfach negativen
      Lebenserfahrungen und Beeinträchtigungen belastet sind
     Hilfe zur: sozialen Integration und Verselbständigung, durch intensive Unterstüt-
      zung, Abstimmung auf individuelle Bedarfslage des jungen Menschen

Die nachfolgende Abbildung dient den Fachkräften als Arbeitshilfe und veranschaulicht
den Prozess des Prüf- und Bewilligungsverfahrens in den erzieherischen Hilfen.
Gegenüber der Vorversion wurden die Entscheidungsebene der Teamleitungen im Be-
reich des „Vereinfachter Verfahren“ und der ambulanter Hilfen angepasst:

                                                                                Seite 17
Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

Abbildung 3 Prozessablauf Bewilligungsverfahren Hilfe zur Erziehung

                                                                      Seite 18
Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

Das Verfahren zur Gewährung einer Hilfe zur Erziehung ist gesetzlich im § 36
SGB VIII verankert und mündet in der Aufstellung eines Hilfeplanes. Im Zusam-
menwirken der beteiligten Fachkräfte, der Erziehungsberechtigten und (je nach Ent-
wicklungsstand) dem Kind/Jugendlichen werden die Ziele der notwendigen Verände-
rung festgelegt und über die Hilfeansätze beraten. Zusammen wird eine Planung für
die Hilfe aufgestellt. In die konkrete Ausgestaltung der Hilfe werden die betroffenen
jungen Menschen und Familien und, in Absprache mit der Familie und unter Beach-
tung des Datenschutzes, auch das soziale Umfeld mit einbezogen.

Der Hilfeplan ist ein Instrument behördlichen Handelns innerhalb des ASD des Ju-
gendamtes nach überwiegend sozialpädagogischen Grundsätzen und stellt die fach-
liche Begründung für den Verwaltungsakt, den Hilfebescheid dar.

Die Durchführung der Hilfen übernehmen i.d.R. freie Träger der Jugendhilfe im
Auftrag des Jugendamtes. Bei der Auswahl wird das Wunsch- und Wahlrecht der
Eltern / Personensorgeberechtigten berücksichtigt, sofern dieses nicht mit unverhält-
nismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Im weiteren Prozess der Hilfe bleibt der ASD
für die Steuerung des Hilfeverlaufs und die Fortschreibung des Hilfeplanes zuständig.

Die Koordination von und die Kommunikation in Helfersystemen stellt eine äußerst
komplexe Aufgabe dar.

    5.6. Ambulante Hilfen zur Erziehung

Allen ambulanten Hilfen ist gemeinsam, dass sie innerhalb des Familiensystems ein-
gesetzt werden. Sie richten sich an die Eltern unter Einbeziehung der Kinder. Die
häufigste Form ist die Sozialpädagogische Familienhilfe. Hier kommen sozialpäda-
gogische Fachkräfte nach Hause und unterstützen Eltern und Alleinerziehende bei
Problemen im Umgang mit den Kindern. Ziel der Unterstützung ist es, die Eltern zu
befähigen, ihren Erziehungsaufgaben gerecht zu werden. Die Erziehungsverantwor-
tung für ihre Kinder bleibt bei den Eltern.

Die Steigerung der Fallzahlen im Bereich der ambulanten erzieherischen Hilfen
setzt sich die seit einigen Jahren mit einer relativ hohen Wachstumsrate für Sozial-
pädagogische Familienhilfen und Erziehungsbeistandschaften auch in 2020 fort. Ihr
Anteil zusammen mit den Einzelfallhilfen gem. § 27.2 SGB VIII an den Gesamthil-
fen beträgt ca. 55%.

Im 4-Jahres- Vergleich ergeben sich die folgenden Werte:

                                                                             Seite 19
Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

Abbildung 4 Ambulante Hilfen zur Erziehung im Vier-Jahres Vergleich

Nicht selten werden auch nebeneinander unterschiedliche Hilfearten, entweder zur
Krisenintervention und Schadensbegrenzung, oder zur dauerhaften Stabilisierung
und Optimierung der Entwicklungsmöglichkeiten in einer Familie erbracht.

Es zeigt sich weiter eine besondere Bedarfslage aufgrund von Überforderungssitua-
tionen junger Eltern oder alleinerziehender Elternteile mit einem oder mehreren Kin-
dern. Fehlende eigene Ressourcen, psychische Probleme oder eine Suchtproblema-
tik hindern sie häufig daran, ihr Familienleben längerfristig ohne Unterstützung zu
bewältigen.

Die Fallzahlen enthalten auch vermehrt Klärungsaufträge an freie Träger der Ju-
gendhilfe („Ambulantes Sozialpädagogisches Clearing“). Diese werden zumeist dann
im Anschluss an eine Krisenintervention eingesetzt, wenn einerseits ein akuter Hand-
lungs- und Hilfebedarf besteht, andererseits aber die Familiensituation sehr komplex
oder die Ressourcen einer Familie sehr unklar bleiben. Das Clearing kann innerhalb
eines fest umrissenen Zeitraumes (3-4 Monate) Antworten auf gezielte Fragestellun-
gen zum Hilfebedarf und zum Potential einer Familie geben und ermöglicht anschlie-
ßend den Einsatz passgenaue Hilfen.

2020 mussten einzelne Jugendliche aufgrund ihres besonders ausgeprägten erzie-
herischen Bedarfs und trotz intensivster, deutschlandweiter Suche wegen fehlender
geeigneter stationärer Angebote über mehrere Monate in ausgesprochen aufwändi-
gen Hilfeprozessen durch Fachkräfte, teilweise unterstützt durch den Einsatz eines
Sicherheitsdienstes 24h an 7 Tage in der Woche betreut werden. Dies führte zu einer
deutlichen Kostensteigerung im Bereich der ambulanten Hilfen in 2020.

                                                                            Seite 20
Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

    5.7. Teilstationäre Hilfen zur Erziehung

Zu den teilstationären Hilfen gehört die Erziehung in einer Tagesgruppe gemäß § 32
SGB VIII als ein lebensweltorientiertes Angebot der Jugendhilfe für Kinder, Jugendli-
che und deren Familien. Mit dieser Hilfe soll Familien, die sich in besonders belaste-
ten Lebenssituationen befinden, der Verbleib des Kindes/des Jugendlichen in der
Familie und in seinem bekannten sozialen Milieu ermöglicht werden, indem die Fami-
lie von der Betreuung und Versorgung des Kindes/des Jugendlichen tagsüber entlas-
tet und das Kind individuell gefördert wird. Intensive Elternarbeit wird angeboten und
gleichzeitig vorausgesetzt, um mittelfristig die Bewältigung der Problemursachen und
eine Neuorientierung der Familie zu erreichen. Die Tagesgruppe Frechen, in Träger-
schaft des Caritasverbandes Rhein-Erft-Kreis (im Trägerverbund Familienhilfe Fre-
chen), stellt seit 2006 eine teilstationäre Einrichtung mit 9 Plätzen im Stadtgebiet
Frechen dar. Die Hilfe kann für Kinder im Schulalter bis max. zum 12. Lebensjahr
eingerichtet werden und ist zumeist auf zwei Jahre angelegt. Die Belegung der Ta-
gesgruppe Frechen durch das Jugendamt Frechen erfolgte im Berichtszeitraum kon-
stant. Durch Fluktuation waren insgesamt unterjährig 13 Kinder dort untergebracht.

                                         2017           2018          2019   2020

  Tagesgruppe §32 SGB VIII                 14             16           14     13
Tabelle 1 Fallzahlen Tagesgruppe

    5.8. Stationäre Hilfen zur Erziehung

In manchen Situationen ist der erzieherischen Bedarf so intensiv, dass selbst ambu-
lante oder teilstationäre Hilfen nicht ausreichen, um ein weiteres Zusammenleben
von Kinder und Jugendlichen in deren Familie zu ermöglichen. Die Gründe können
vielfältig sein und bei den Eltern oder den Kindern oder Jugendlichen liegen. Dann ist
es erforderlich, dass die Kinder und Jugendlichen außerhalb der Familie leben.

Das Jugendamt prüft bei stationären Hilfen zur Erziehung grundsätzlich, ob eine Si-
tuation sich soweit wieder stabilisieren lässt, dass eine Rückkehr in die Familie mög-
lich ist, oder aber – insbesondere bei älteren Jugendlichen – eine Verselbständigung
aus der stationären Hilfe heraus begleitet werden kann.

Die im Berichtsjahr durch den Sozialen Dienst geführten stationären Hilfen gemäß
§34 SGB VIII (Heimerziehung und Betreutes Wohnen) sind in der folgenden Tabelle
in die Bereiche „Kinder und Jugendliche in Heimerziehung“ und „junge Erwachsene
in Heimerziehung bzw. Betreuten Wohnformen“ untergliedert.

                                                                               Seite 21
Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

                                             2017          2018       2019   2020

 Heimerziehung Minderjährige
                                             56              46       57      52
 §§ 34, 35 SGB VIII *

 Heimerziehung/Betreutes Woh-
 nen - Jugendliche und junge
                                             11              9         9      14
 Volljährige
 §§13,2+3,34, 35, 41 SGB VIII*

 Gesamtzahlen                                67              55       66      67
Tabelle 2 Stationäre Hilfen zur Erziehung,

Die Fallzahlen sind seit einigen Jahren zwar relativ konstanten, es lässt sich aber ein
Trend feststellen, dass eine Vermittlung von Kindern und Jugendlichen mit ausge-
prägterem erzieherischen Bedarf in Regelgruppen mit einem Betreuungsschlüssel
von 1:2 stellenweise trotz intensiver, teils bundesweiter Suche kaum mehr realisiert
werden konnte. Es gab daneben einige Hilfeverläufe in denen ein Einrichtungswech-
sel in Intensivgruppen mit einem Betreuungsschlüssel von bis zu 1:1 und entspre-
chend erhöhten Tagessätzen unumgänglich war.

Zur Entwicklung der Fallzahlen (ohne UMA) ist ergänzend folgendes festzuhalten:

       In 20 Fällen handelte es sich zum Stichtag 31.12.2020 um bereits seit
        mindestens 2 Jahren laufende und auf Dauer angelegte stationäre Hilfen. In
        weiteren 3 Fällen wurde die Hilfe im Berichtszeitraum beendet oder
        abgebrochen.
       Ferner wurden 14 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in 2020 neu
        stationär untergebracht.

    5.9. Kinderschutz

Die im Jugendamt eingehenden persönlichen, telefonischen oder schriftlichen Mel-
dungen, die auf eine Kindeswohlgefährdung hindeuten, werden gem. §8a SGB VIII
unmittelbar nach Eingang auf ihren Inhalt, ihre Dringlichkeit und ihren Handlungsbe-
darf eingeschätzt. Dies geschieht im Zusammenwirken der Fachkräfte des Sozialen
Dienstes, der Abteilungsleitung und ggf. unter Hinzuziehung weiterer Beteiligter (z.B.
Vormünder, Pflegekinderdienst). Der Fall wird beraten und es wird unmittelbar über
das anschließende Vorgehen entschieden.

Gemäß der §8a SGB VIII-Verfahrensstandards erfolgt die Überprüfung der Meldung
regelmäßig durch zwei Fachkräfte, indem unmittelbar oder zeitnahe ein Hausbesuch
durchgeführt wird oder das Kind an einem anderen Ort in Augenschein genommen
wird. Das Ergebnis der Prüfung wird dokumentiert und je nach Erfordernis wird mit
den Eltern ein Schutzplan zur Abwendung der Gefährdung erstellt. Dieser kann z.B.

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Tätigkeitsbericht Soziale Dienste Stadt Frechen – Berichtsjahr 2020

Auflagen zu festgestellten gefährdenden Umständen im häuslichen Umfeld, zur Vor-
stellung bei einem Kinderarzt, zur Inanspruchnahme von geeigneten ambulanter
oder sonstiger Hilfen, Beratungsangeboten oder, eine vorübergehende Inobhutnah-
me beinhalten.

Aus der nachfolgenden Tabelle gehen die Anzahl der Meldungen sowie die der be-
troffenen Kinder hervor. Die differenziertere Betrachtung trägt dem Rechnung, dass
die eingehenden Meldungen sich unterschiedlich, je nach Entwicklung und Alter der
Kinder auswirken können und hier eine differenzierte Bewertung und ggfls. unter-
schiedliche Intervention notwendig ist.

       Meldungen Kindeswohlgefährdung / Überprüfungen gemäß § 8a SGBVIII
                      2018            2019                            2020
betr. Familien         91              125                            143
betr. Kinder                           220                             229
Tabelle 3 Meldungen Kindeswohlgefährdungen im 3 - Jahres – Vergleich

Es waren insgesamt 2020 143 Familiensysteme und 229 Kinder von den einge-
gangenen Meldungen betroffen. In den Zahlen sind auch Mehrfachmeldung enthal-
ten.

In der Entwicklung ist eine Steigerung um ca. 57 % im Vergleich zu 2018 zu ver-
zeichnen. Dies ist mit einer geänderten Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, einer
sensibleren Betrachtung auch durch Kindergärten Schulen und Träger zu erklären.
Für das Jahr 2020 ist die Steigerung unter den Pandemiebedingungen nochmals be-
sonders zu werten. (Siehe Kapitel 3.2)

Als akut ist eine Gefährdung dann einzustufen, wenn es sich um eine offensichtlich
bedrohliche Situation oder um offenkundige Mangelversorgung handelt, sodass un-
mittelbare körperliche oder psychische Schäden für ein Kind / einen Jugendlichen
befürchtet werden müssen. Diese Fälle ziehen unmittelbaren Handlungsbedarf nach
sich. Als latent ist eine Gefährdung dann einzustufen, wenn Kinder oder Jugendli-
che durch unzureichende elterliche Betreuung, Versorgung und Förderung (zeitweilig
oder wiederholt) benachteiligt sind und die Erziehungsfähigkeit der Eltern aus unter-
schiedlichen Gründen eingeschränkt ist. Hier erfolgt in der Interaktion mit der Familie
eine Einschätzung des Hilfebedarfes und möglichst die Einleitung einer geeigneten
weitergehenden Beratung oder einer erzieherischen Hilfe. Meldungen, die sich als
unbegründet herausstellen, beruhen nicht selten auf Sorgerechtsstreitigkeiten und
Familien – oder Nachbarschaftskonflikten, was sich oft erst während oder nach er-
folgter Prüfung feststellen lässt.

Das Programm PROSOZ 14 Plus bietet in der derzeitigen Version kein Tool an, um
die Bewertungen und Ergebnisse differenziert auswerten und darstellen zu können.

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