THÜRINGER TRACHTENZEITUNG
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG Zeitschrift des Thüringer Landestrachtenverbandes e.V. und der Thüringer Trachtenjugend 25. Jahrgang 1/2021 • www.thueringer-trachtenverband.de ELFHUNDERT JAHRE VOLKSLIED UND VOLKSTANZ IN DEUTSCHLAND. DOCH, KEINER TANZT UND SINGT! Das „Bovoliedchen“ gilt als ältester Hit des deutschen Volkes Kaiser Heinrich II. und Kaiserin Kunigunde ziehen festlich geklei- verloren und somit gar keine Chance neue Töne zu finden. Ältere det im Jahr 1021 in Merseburg ein, denn nach sechsjähriger Bau- Sängerinnen und Sänger haben Angst vor Ansteckung und warten zeit wird der stattliche Dom eingeweiht. Der Herrscher des Heili- sehnlichst auf die erlösende Impfung. Zurück in die Normalität ist gen Römischen Reiches zeichnet viele Urkunden und erwähnt in der Wunsch des Ehrenamts. Die Menschen sehnen sich nach Be- jenem Jahr auch das hessische Dorf Wommen, das über neun Jahr- gegnung, nach gemeinsamen Lachen und dazu gehört eben auch hunderte später, für vier Jahrzehnte ein Ort im Blickpunkt der Ge- das Singen, dazu gehört der jauchzende Schrei und eben ganz be- schichte, direkt an Mauer und Stacheldraht, der innerdeutschen stimmt auch das Tanzen. Grenze sein wird. Der Merseburger Dom mit seiner wertvollen Bi- bliothek ist heute ein bedeutendes Baudenkmal der Romanik, das Ein altes Thüringer Lied Städtchen Wommen erblüht heute im Schatten des „Monte Kali“, eines gigantischen Salzberges. Zwei berühmte Zeugnisse deutscher Lieder haben die Menschheit durch alle Zeiten begleitet und jeder Geschichte. Aber wer erzählt elfhundert Jahre später noch vom äl- deutsche Landstrich hat seine Lieder, oft uralt und hundertfach testen deutschen Volks- und Tanzlied, das ebenfalls im Jahre 1021 bearbeitet. Wer zum Beispiel denkt „Thüringen holdes Land“ oder erstmals aufgeschrieben worden ist? „Ich wandre ja so gerne am Rennsteig durch das Land“, das wären die Lieder Thüringens, der irrt gewaltig. Bereits Anfang des Das älteste Lied des deutschen Volkes? 20. Jahrhunderts machen Musikwissenschaftler darauf aufmerk- sam, das in der „Mansfeldischen Chronica“ von Cyriacus Span- Das bis heute überlieferte „Bovo-Liedchen“ aus dem Jahr 1021 gilt genberg, gedruckt in Eisleben 1572, bereits ein „Thüringer Lied“ als das älteste überlieferte Volkslied der Deutschen und ist älter als veröffentlicht worden ist, dessen Text noch heute aktuell ist: „Aber, der legendäre Minnesang der Wartburg. Aus dem Lateinischen so wollen wir heben an; wie sich’s hat angeschwungen; Es ist unser übertragen lautet seine erste Zeile „Durch den grünen Wald Herr Land so Gestalt; das wir nie treiben groß Gewalt; Darauf haben wir Bovo ritt; Merswind, die Schöne, die führte er mit; Was stehn wir? Auf, gesungen. Thüringer Land, du bist ein feines gutes Land; Wer dich gehen wir!“. Es ist ein typisches altes Volkslied, das zum Tanze auf- mit Treu tut meinen; Du gibst uns Weizen und Wein so viel; du fordert. Der Sänger begann und Herr Bovo und seine Liebste Mers- kannst ein ganzes Volk ernähren; und bist ein Land von den kleinen.“ wind traten in die Kreismitte, bei jeder neuen Strophe kam Lieder, die wie Brücken sind! ein weiteres Pärchen hinzu, bis sich der ganze Platz zum Tanz- Lieder haben uns so oft geholfen reigen füllte. Wir kennen in der nach schweren Schicksalsschlä- deutschen Trachtenfamilie gen oder in aussichtslosen Situa- noch heute viele solche Formen tionen einen Neuanfang zu fin- des Tanzes und es sind Men- den. Unvergessen ein Auftritt des schen wie wir, die Tracht tra- Alexandrow-Ensemble auf dem gen, die über elfhundert Jahre Berliner Gendarmenmarkt im lang Volkslied und Volkstanz Jahr 1948, als der russische Sän- erhalten. Unsere Arbeit liegt ger Viktor Nikitin das Lied „Im nicht zugeklappt zwischen zwei schönsten Wiesengrunde“ an- Buchdeckeln, unsere Arbeit ist stimmte und eine in Trümmern das Miteinander der Gruppen liegende Stadt mitsummte. oder das gemeinsame Lernen Menschen, deren Häuser in mit den Jüngsten. All das, was Schutt und Asche lagen, sangen unsere Arbeit ausmacht, was „… liegt meiner Heimat Haus, ihr ständig neue Impulse ver- von dort ging ich manche Stunde, leiht, das liegt nun schon seit ins Tal hinaus. Dich mein stilles über einem Jahr brach. Das ge- Tal, grüß ich tausendmal …“. Als meinsame Miteinander be- dann noch das „Heidenröslein“ schränkt sich auf SMS und von Johann Wolfgang von Goe- Wh a t s A p p - Na c h r i c h t e n , the erklang, brach wahre Begeis- wenn’s hochkommt auf ein Te- terung aus. Russische Soldaten, lefonat und ganz selten auf ei- deren Familien starben durch nen Brief, wie ich ihn so gerne Hitlers Krieg, sangen deutsches schreibe. Liedgut. Lieder in der Sprache Chöre, die es bereits seit Jahren des ehemaligen Feindes wurden schwer haben junge Mitglieder zu Botschaftern von Frieden zu finden, haben ihre Stimme und Versöhnung.
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG 2 VERBANDSNACHRICHTEN Ähnlich ging es frenetisch kreischenden Frauen, die einer musikalischen Hysterie nahe waren, als ihr Idol Elvis Presley im Jahr 1960 das Lied „Wooden heart“ an- stimmte und jeder mitsang „Muss i denn, muss i denn zum Städtele hinaus“. Noch heute ist dieses uralte deutsche Volkslied, durch diese Interpretation weltbekannt. Es gibt nur noch wenige Bergleute, die Kohle und Erze oder Salze aus der Erde holen. Der schwere Beruf des Bergmannes ist al- ternativlos dem Klimaschutz zum Opfer gefallen. Damit treten auch die Bergmann- schöre von der Bühne ab, aber ihr Lied „Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt …“ wird bleiben und jeder gute Chor wird da- mit sein Publikum zum Mitsingen bewe- gen. Manches Lied braucht auch nur einen berühmten Interpreten und schon heißt es „Alles singt“ und ein ganzes Volk stimmt ein. Er saß nie auf einem gelben Wagen und trotzdem schaffte es 1973 der dama- lige Bundesaußenminister Walter Scheel Gruppe Karat zur Preisverleihung „Der Friedenstein“ am 28. Juni 2016 in Gotha (Foto: Lutz Ebhardt) (1919 – 2016) sich mit dem Lied des Thü- ringers Rudolf Baumbach in die Herzen sicht gab, dass der Weg sich lohnt, denn schwedischen Größen der Pop- und Schla- der Deutschen zu singen. Leidenschaftlich „Über sieben Brücken musst du gehen, sie- gerszene zum „Allsang pa Skansen“ und schmetterte der liberale Politiker „Hoch ben dunkle Jahre überstehn, siebenmal wirst singen mit tausenden Menschen schwe- auf dem gelben Wagen, sitz ich beim Schwa- du die Asche sein, aber einmal auch der hel- dische und internationale Volkslieder, auch ger vorn, vorwärts die Rosse traben, lustig le Schein …“. Die Gruppe „KARAT“ und „Wooden heart“ erklingt dort zum Ab- schmettert das Horn …“ stürmte damit zu- Peter Maffay sorgten weltweit für die Po- schluss. Warum sollte es uns in Deutsch- erst die Hitparaden und kurz danach wur- pularität dieses außergewöhnlich schönen land nicht gelingen Helene Fischer oder de er der vierte Bundespräsident der BRD, Liedes. Max Giesinger, Yvonne Catterfeld oder Jo- was wiederum beweist, das Volkslieder Als Helmut Richter 1975 seinen Text ver- hannes Oerding und viele weitere Stars da- auch bei der Karriere sehr behilflich sind. öffentlichte von zweimal sieben Jahren, von zu begeistern, gemeinsam mit uns den konnte er nicht ahnen, welche Kraft seine Menschen in Tracht zu singen? Wir stehen Zeilen auslösen, denn genau nach sieben für den Erhalt der deutschen Sprache, für Rudolf Baumbach (1840 – 1905) dunklen Jahren und sieben Gängen durch die Verbreitung der deutschen Musik und die Asche brach am 9. November 1989 des deutschen Volkslieds. Wenn uns der Hoch auf dem gelben Wagen durch die Friedliche Revolution im Osten die DDR zusammen. Nicht ohne Grund Spagat gelingt Profis und Laien zusammen zu führen, da wird keiner mehr fragen Sitz’ ich beim Schwager vorn. hat Bundespräsident Joachim Gauck zum „Horch was kommt von draußen rein“, kann Vorwärts die Rosse jagen, Abschied aus dem Amt beim Großen Zap- fenstreich dieses Volkslied gewählt. Zu doch nur das „Ännchen von Tharau“ sein, denn jeder weiß, „Am Brunnen vor dem Lustig schmettert das Horn. Recht bekamen das Lied, sein Texter, sein Tore“ und „Vor meinem Vaterhaus steht ei- Komponist und die Erstinterpreten ne Linde“ sind Werte und Orte unserer Berge und Wälder und Matten, „KARAT“ im Jahr 2016 in Gotha den Heimat. Stellt dann noch einer fest „Ich Wogendes Aehrengold. Preis „Der Friedenstein“. weiß nicht was soll es bedeuten“ wenn „Alle Brünnlein fließen“ dann wird es Zeit, Möchte wohl ruhen im Schatten, vor dem „Ade zur guten Nacht“ zu sagen Perspektiven für Lied und Tanz! Aber der Wagen rollt. „Wahre Freundschaft soll nicht wanken“. Und immer daran denken „Die Gedanken sind frei …“. Auf geht’s. 1778 – Das Volkslied wird benannt! Unsere Welt ist voll Musik, aber wahre Volkslieder gibt es keine mehr, denn es feh- len glaubhafte Komponisten und Interpre- ten. Der Thüringer Johann Gottfried Her- der (1744 – 1803) veröffentlichte im Jahr 1778 erstmals eine Liedersammlung „Stim- men der Völker“ in der er für Lieder aus dem Volke den Titel „Volkslied“ verwende- te. Aber erst im Jahr 1799, als in Gotha „Das Mildenheimsche Liederbuch“ erscheint, ist die erste große Volksliedsammlung auf Am Ende der Pandemie mit neuen Kon- dem Buchmarkt. zepten aufwarten, das muss unser aller Ziel Das bisher wohl letzte glaubhafte Volkslied sein. Dabei müssen wir nicht alles neu er- der Deutschen schrieb der Leipziger Hel- finden, sondern einfach den Blick nach mut Richter (1933 – 2019) und Ulrich Norden schicken. In einem der ältesten Swillms schuf dazu eine Melodie, die be- Freilichtmuseen der Welt, dem SKANSEN sonders den Deutschen in Ost und West im schwedischen Stockholm, gibt es etwas Knut Kreuch Kraft und Halt vermittelte und die Zuver- Tolles. Alljährlich im Sommer kommen die Landesvorsitzender
VERBANDSNACHRICHTEN 3 THÜRINGER TRACHTENZEITUNG HEIMAT MUSS VERTEIDIGT WERDEN! Was wir von Tieren und aus vergangenen Tagen lernen können „Danke, mit welchen einfachen Worten Sie Wechmar vor dem Landhaus Studnitz vergiftet und missbraucht werden kann, die Ewiggestrigen entzaubert haben!“ stand und auf die heran marschierenden sondern immer dort zu Hause ist, wo die schrieb mir kürzlich ein junger Mann, der Wechmarer Mühlenpfeiffer wartete, ließ Menschen Glück empfinden. Heimat kann die Fernsehsendung „Vergiftete Heimat“ das Fernsehteam eine Drohne steigen, um man nicht kaufen, Heimat ist kein Orden, im Südwest Rundfunk gesehen hatte. Ja, Luftbilder zu machen. Nun kam es zu der verliehen wird, Heimat ist ein Gefühl, das war auch nicht einfach, denn ich wuss- einem einzigartigen Naturschauspiel oder das man am besten auf der Haut tragen te nicht, auf was ich mich wirklich einlasse. Spektakel, was leider nicht im Bild festge- muss, denn Heimat lässt sich in tausend Reporter hatten ein ganzes Jahr lang über halten werden konnte. Die Drohne stieg Facetten betrachten. Kürzlich habe ich die sogenannte Identitäre Bewegung ge- auf am Wechmarer Kirchturm, jener spit- Antworten auf viele Fragen gefunden und forscht, einen Zusammenschluss von zen Lanze in der hügeligen Bergland- diese lauten so: Menschen, die von sich behaupten, dass schaft. Man wollte aus 68 Meter Höhe fil- Begriffe wie Heimat, Vaterland und Mut- men. Doch die Fernsehmacher hatten Heimat im 21. Jahrhundert tersprache von ihnen benutzt werden kön- nicht mit den Mietern gerechnet, die seit nen. Dort, wo Etablierte Platz machen, set- Jahren im Kirchturm wohnen. Sie er- Unsere Heimat, das sind nicht zen sich andere drauf und rauben scham- kannten in der Drohne sofort eine Gefahr nur die Städte und Dörfer, los, was allen gehört. unsere Heimat sind auch all Heimat ist unser Volkseigentum die Bäume im Wald. und eigentlich können wir immer Unsere Heimat ist das Gras auf der Wiese, nur von der Natur lernen. Als ich das Korn auf dem Feld, mit diesem Fernsehteam im Regen und die Vögel in der Luft und auf der Hohenkirchenstraße in die Tiere der Erde und die Fische im Fluß sind die Heimat. Und wir lieben die Heimat, die schöne und wir schützen sie, weil sie dem Volke gehört weil sie unserem Volke gehört. und stürzten sich wagemu- tig auf sie, um sie zu vertrei- Wie oft ist dieses Gedicht und Lied ver- ben. Was ihnen auch gelang, spottet und verhöhnt worden, als von denn das Team hatte Angst, Gestern abgetan. Ganz das Gegenteil ist ihr technisches Meisterwerk der Fall. Alle Themen sind in diesen we- könnte kaputt gehen. nigen Zeilen angesprochen. Heimat ist Der Wechmarer Kirchturm eben mehr als Bauwerke, in dem Gedicht gehört den Turmfalken, die steckt die Aufforderung dem Waldster- ich schon seit meiner Kind- ben zu begegnen, den Hunger der Welt zu heit kenne, wie sie täglich bekämpfen, die Schöpfung zu achten und den Turm umkreisen und den Klimawandel zu erkennen. Das Ge- ihre Brut aufziehen. Der dicht ist getragen von der Sorge um eine Kirchturm ist ihr zu Hause, gesunde Ernährung, um sauberes Wasser so wie er Heimat für das und reine Luft. Wir werden aufgefordert ganze Dorf ist. Die Vögel er- die Heimat nicht nur zu lieben, sondern kannten eine Gefahr und in unserem täglichen Handeln für ihren waren sofort bereit ihr zu Schutz einzutreten, denn Heimat gehört Hause, ihre Heimat gegen uns allen! den vermutlichen Feind zu Ist das nicht eine topaktuelle Botschaft? Ich verteidigen. würde sagen ja, hätte ich sie nicht aus Sind wir Menschen auch so meinem Musikbuch der 3. Klasse der Poly- mutig wie die Tiere? Ducken technischen Oberschule abgeschrieben. wir uns nicht viel zu oft weg? „Unsere Heimat“ ist ein Kinderlied aus Wollen doch meist nur hö- dem Jahr 1951 durchdrungen von der ren und nicht entgegnen, großen Friedenssehnsucht nach Jahren des wenn rechte Parolen erklin- Krieges. Übrigens: Ist Frieden der wich- gen? Wird uns die Zunge tigste Humus der Heimat, ist Nährboden nicht auch schon einmal lo- allen Werdens und Wachsens. Noch immer cker nach einem Gläschen, habe ich die tragende Melodie in den Oh- und wir blasen mit ins Horn, ren, und bin fast fünf Jahrzehnte später ohne recht zu überlegen? noch textsicher. Ruhen wir uns nicht viel zu Für mich ist klar: Heimat muss täglich er- oft auf den Erfolgen Anderer kämpft und auch verteidigt werden! aus? Merken wir nicht selbst, wie das fordernde ICH dem gebenden WIR den Platz nimmt? Und warum fehlt uns so oft der Mut? Es lohnt sich jederzeit dafür Knut Kreuch einzutreten, dass Heimat nie Landesvorsitzender
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG 4 VERBANDSNACHRICHTEN ZWEI NEUE RADIERUNGEN FÜR DAS TRACHTENARCHIV Jedes einzelne Stück in der Sammlung des Land. Es war das Interesse an ihrer Umge- Thüringer Landestrachtenverbandes kann bung, was die Maler der Zeit dazu anhielt, Geschichten erzählen. So auch die jüngst alles festzuhalten. Seine ersten Ausbil- erworbenen Radierungen mit Thüringer dungsschritte als Künstler absolvierte Trachtendarstellungen. Dabei knüpfen sich Fiedler an der Städtischen Gewerblichen manchmal interessante Bande und es ver- Fortbildungsschule Gotha bei Max Asper- blüfft, wie eng alles in Beziehung steht. ger im Jahre 1895. Max Asperger war nicht irgendwer, sondern ein bedeutendes Mit- 2018 fand im Wechmarer Landhaus Stud- glied der Weimarer Malerschule und ein nitz eine Ausstellung des Thüringer begnadeter Radierer. So gehörte er auch Landestrachtenverbandes statt, bei der der dem in Fachkreisen bekannten Weimarer Maler Eduard Fiedler (1871 – 1931) im Radierverein an, der mehrere Jahresmap- Mittelpunkt stand. Als Maler der Wachsen- pen herausgab, in denen sich Darstel- burg widmete er sich vielen anderen The- lungen Thüringer Landschaften und auch men, so finden sich im Nachlass einige Bil- Trachten finden, neben vielen anderen der mit Trachtendarstellungen aus seinem Motiven. Die Gothaer Presse dieser Jahre Heimatort Apfelstädt und dem Gothaer spricht bei Ausstellungen von der „freund- nachbarschaftlich verbundenen Schule von Weimar“. Die Künstler beider Städte tausch- ten sich aus, lernten voneinan- der, malten ihre Landschaften. Es gab enge Beziehungen. Oskar Schulz wird unbedingt dierungen für die jährlich erscheinenden zur Weimarer Schule gerech- Mappen. Die Gothaer Schlösser Frie- net, sein Schaffen fand in den denstein und Friedrichsthal hielt er in ein- Jahren 1860 bis 1897 in Wei- drucksvollen Tuschzeichnungen fest. mar seinen Höhepunkt. Ein Der Thüringer Landestrachtenverband Schwerpunkt seiner Tätigkeit konnte nun zwei eindrucksvolle Radie- lag bei der Radierung. Hier rungen von Oscar Schulz für sein Archiv wird das Motiv in eine Platte erwerben. Sie zeigen das bunte Treiben gebracht, von der dann eine nach einer Spinnstube und eine junge Frau endliche Zahl von Drucken in Thüringer Tracht. Die Originale haben abgenommen werden kann. damit einen würdigen Besitzer gefunden. Das macht die Radierung so Es ist allerdings nicht klar, in welchem Zu- wertvoll, jedoch für eine grö- sammenhang sie Schulz fertigte. Waren sie ßere Anzahl von Interessenten in den Mappen des Weimarer Radierver- zugänglich. eins oder zur Illustration der beliebten Oscar Schulz stellte erfolg- Zeitschrift „Gartenlaube“ gedacht? Von reich in ganz Deutschland aus der Spinnstube gibt es zahlreiche normale und wirkte natürlich im Wei- Drucke, sie fand also weitere Verbreitung. marer Radierverein mit. Von 1883 bis 1895 lieferte er 13 Ra- Dirk Koch, Landesjugendleiter ÖSTERLICHER FOTOTERMIN IN BEHRUNGEN IM SCHÖNEN GRABFELD Eigentlich wollten viele Trachtenkinder an der jährlichen Osterferienaktion teilneh- men, aber daraus wurde schon zum zwei- ten Male leider nichts. Trotzdem scheint die Sonne und Ostern kommt. Zeit für einen Fototermin für den neuen Trachtenkalender auf 2022 war trotzdem. Im schönen Behrungen werden wie an vie- len Orten in Südthüringen die Osterbrun- nen geschmückt. Hier absolvierten wir ein Motiv. Danke an alle Beteiligten und an Anneliese Rühle, die alles organisiert hat. Auch an die Kinder, die über eine Stunde im prallen Sonnenschein durchhielten. Behrungen ist eine Reise wert! Wir sehen uns! Dirk Koch, Landesjugendleiter
VERBANDSNACHRICHTEN 5 THÜRINGER TRACHTENZEITUNG SOMMERGEWINN IN MERKERS/RHÖN Sommerzug vor dem Ersten Weltkrieg Sommerzug von Monika Lessing Monika Lessing, Mitglied im Thüringer lichst detailgetreu nach Originalvorlagen Landestrachtenverband, ist nicht nur eine die Trachten nachzunähen. Nun treiben wir den Winter aus, leidenschaftliche Trachtensammlerin, sie Die Darstellung des Winters entstand mit den alten, kalten Krächzer; forscht auch schon seit Jahrzehnten in hi- winterlicher Kindertrachtenkleidung, ei- wir jagen ihn zum Land hinaus, storischen Unterlagen und Dokumenten ner Strohpuppe, ein Mann mit Zepter nach Bildern und Informationen, um (Tannenbaum mit bunten Bändern ge- den Griesgram, Brummbär, Ächzer, Trachten mit den Originalstoffen nachzu- schmückt) und den Mädchen mit den und laden uns den Frühling ein nähen. So entstand über Jahre eine ansehn- Spinnrädern (Spinnstubendarstellung). mit Blumen und mit Sonnenschein. liche Sammlung nicht nur an Original- Die Darstellung des Sommers entspre- Juchhei! juchhei! trachten sondern auch Trachten in Pup- chend mit sommerlicher Kindertrachten- pengröße. Jede Region hat ihre eigenen kleidung, Blumenkränzen im Haar, die O komm herbei, Trachten und nur wenige Orte fehlen in ih- Schultern mit Rosentüchern bedeckt, Ern- o Mai! o Mai! rer Sammlung, die sie schon mehrfach in teutensilien wie Sense, Rechen, Dreschfle- Vorträgen auf den entsprechenden Veran- gel und Heuballen. Das faule Stroh, das dürre Reis staltungen vorgestellt hat. Lt. Überlieferung führte der Umzug durch Monika Lessing wird bei den Recherchen das Dorf beginnend am Ortseingang Rich- und alles, was vermodert, um die Trachten in ihrer Region tatkräftig tung Dorndorf (heute), auf der Wiese das geben wir dem Feuer preis, von ihrem Mann Hans unterstützt. Dabei beim alten Friedhof wurde die Strohpuppe dass hoch die Flamme lodert, sind sie auf Unterlagen gestoßen, die auf verbrannt und das Zepter an den Sommer und laden uns denn Frühling ein den Sommergewinn in Merkers noch bis übergeben. Anschließend ging es zurück zum Beginn des zweiten Weltkrieges hin- zum Dorf, wo es für die Kinder und Ju- mit Blumen und mit Sonnenschein. weisen. Auch Fotos belegen, dass es einen gendlichen eine Zuckerbrezel und eine Juchhei! juchhei! Winter- und Sommerumzug in Merkers Fassbrause gab. Über einen Dialog zwi- O komm herbei, bereits vor dem ersten Weltkrieg gab. schen Winter und Sommer ist leider nichts o Mai! o Mai! Für Monika Lessing war das der Auslöser bekannt. zu der Idee, einen Merkerser Sommerge- Dieser alte Brauch von Merkers wurde winn mit Trachtenpuppen und den Jahres- auch im Buch „Thüringische Volkskunde“ Textvorgabe, Fotos und Repros: zeiten Winter und Sommer darzustellen. aus dem Jahre 1940 beschrieben. In einem Monika und Hans Lessing Natürlich mit Originalstoffen, um mög- Gedicht von Guido Görres heißt es: Winterzug vor dem Ersten Weltkrieg Winterzug von Monika Lessing
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG 6 VERBANDSNACHRICHTEN AKTIVITÄTEN IM TRACHTENVEREIN TABARZ E.V. Auch in dieser schwierigen Zeit wollten die Zum Fototermin trafen sich die Feen mit Thüriade auf der BUGA eine schöne Mitglieder des Trachtenvereins Tabarz der Maikönigin im Winkelhof. Leider Trachtenblüte aus Eurer Tracht. Das war e.V. nicht untätig zu Hause sitzen. Unter konnte in diesem Jahr die traditionelle natürlich eine Herausforderung für die Einhaltung der Hygienevorschriften trafen Walpurgisnacht nur virtuell durchgeführt Mitglieder aus Bad Tabarz und da waren sie sich auf Abstand in der Lesehalle im werden, aber die Verkleidung allein hat al- sie auch sehr aktiv unsere Trachtenfreun- Winkelhofpark in Bad Tabarz, um diese len riesigen Spaß gemacht. Und dann war dinnen, wie man hier sehen kann. Eine österlich zu dekorieren. ja noch dieser Aufruf vom Thüringer Lan- Blüte schöner als die andere. Der Brunnen wurde von den Vereinsmit- destrachtenverband: Bitte stickt für uns zur glieder mit viel Spaß geschmückt, um zu- mindest den wenigen Gästen des Ortes und natürlich den Einwohnern eine öster- liche Freude zu bereiten. Auch ein paar Blumen für den Gedenk- stein von Carl Ferdinand Grübel wurden nicht vergessen. Wir möchten auf diesem Weg an un- ser Ehrenmitglied Christa Baumbach erinnern, die am Donnerstag, dem 21.01.2021, im Alter von 91 Jahren, von uns gegangen ist. Sie war über 65 Jahre in Tracht unter- wegs, hat uns mit ihrer Lebensfreude und ihrem fröhlichen, aufgeschlos- senen Charakter immer Mut gemacht und uns zur Seite gestanden. Für über 6 Jahrzehnte „Trachten- Treue“ wurde ihr vom Präsidenten des Deutschen Trachtenverbandes und Landesvorsitzenden Knut Kreuch im Jahre 2018 zu unserem 110jäh- rigen Jubiläum, die Ehrennadel des Deutschen Trachtenverbandes in Gold verliehen. Auch bei den Jugendlichen war sie be- liebt, weil sie allem Neuen offen ent- gegentrat und auch andere Meinun- gen gelten ließ. Deshalb bekam sie von ihnen den freundlichen Spitzna- men „Sternchen“ verliehen. Nun leuchtet sie als Stern vom Him- mel auf uns herab und wir werden oft und gerne an sie denken. In aufrichtiger Trauer und herzlicher Anteilnahme Deine Tabarzer Trachtler
VERBANDSNACHRICHTEN 7 THÜRINGER TRACHTENZEITUNG EURE BLÜTE FÜR ERFURT Stickt für uns zur Thüriade auf der BUGA! Sucht einfach eine schöne Trachtenblüte aus Eurem Repertoire und stickt sie uns. Auf ein gut gesäumtes Stück Stoff. Eure Blüte sollte nicht größer als ein A5-Blatt sein. Gern können es viele Blüten pro Verein sein, aber auch Einzelpersonen können sticken. Liebe Trachtenfreunde, vielen Dank für Euer Interesse an der Aktion „Blüten für Erfurt“. Die fertigen Exemplare sendet Ihr bitte an unsere Geschäftsstelle Endtermin wäre erst einmal der 30. Juni 2021. Thüringer Landestrachtenverband e.V. Hohenkirchenstraße 13 OT Wechmar 99869 Drei Gleichen Nachfragen bitte direkt an mich: Tel. 01747410645 Euer Dirk Koch So lautete unser Aufruf zum Sticken einer Trachtenblüte für unser großes Teppich- projekt, denn Eure Blüten werden zu einem Blütenteppich, den wir zur Thüriade am 11. September 2021 präsentieren wollen. Und viele sind unserem Aufruf gefolgt. Gerne wollen wir Euch eine kleine Auswahl davon vorab zeigen und bedanken uns ganz herzlich bei folgenden fleißigen Un- terstützern unseres Projektes: – Original Trachtengruppe „Dachsberg- gemeinde“ Ernstroda e.V. – Folkloretanzgruppe Kalten- lengsfeld e.V. – Freundeskreis „Luise Gerbing“ Friedrichroda – Trachten- und Traditionsverein – Trachtenverein Tabarz e.V. Oberschönau/Thüringer Wald e.V. – Heimatverein Mosbach e.V. – Winjereder Hernzen e.V. Wingerode – Christa Bayer, Gotha – Ursula Dippe, Erfurt – Heidrun Diringer, Waltershausen – Elisabeth Rudoph, Suhl – Roswitha Frosch, Sonneberg Danke auch an eine unbekannte Person bzw. Verein, die in den Briefkasten der Geschäftsstelle im Landhaus Studnitz acht wunderschön bestickte Blüten eingewor- fen hat.
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG 8 VERBANDSNACHRICHTEN KEINE EUROPEADE 2021 IN KLAIPEDA Große Frage: Wie geht es weiter mit Europas größtem Festival? Wie der Thüringen-Vertreter im Deut- Die thüringische Stadt Gotha hatte sich be- peda sehr gut verstehen, habe davor groß- schen Europeade-Komitee Marcel Andreß reits vor Jahren um die Ausrichtung der en Respekt, denn alles ist zu unsicher. Die aus Gotha den Gothaer Oberbürger- 60. EUROPEADE im Jahr 2023 beworben Covid 19-Pandemie zwingt den Gedanken meister Knut Kreuch informierte, wird und den Zuschlag erhalten. Noch ist aber der EUROPEADE in die Knie und wenn es auch im Jahr 2021 im litauischen Klaipeda nicht sicher, wann dies sein wird, denn erst uns nicht gelingt, gemeinsam mit den Eu- keine EUROPEADE stattfinden. Die EU- muss entschieden werden, wie mit den Be- ropäischen Institutionen eine solides Fi- ROPEADE, die 2013 zum ersten Male in werbungen für Klaipeda (2020, 2021), Tra- nanz- und Managementkonzept zu fin- Ostdeutschland in Gotha gastierte, ist das pani/Sizilien (2021) und Kielce/Polen den, wird es schwierig sein, neue Ausrich- größte Folklorefestival des Kontinents, (2022) umgegangen wird. terstädte zu finden. Der Gedanke der EU- was in den Gastgeberstädten in der Regel Gothas immer optimistischer Oberbür- ROPEADE erfüllt sich, wenn Menschen zu einem regelrechten Europeade-Fieber germeister Knut Kreuch, um eine Ein- sich, bei den Händen fassen und tanzen, führt. Bereits für das Jahr 2020 war lange schätzung gebeten, äußerte sich wie folgt: sich umarmen nach einem gelungenen Zeit im Vorfeld die litauische Hafenstadt „Ich kann die Entscheidung der Stadt Klai- Musikauftritt, in engen Turnhallen ins ge- Klaipeda als Ausrichterstadt der 57. EU- meinsame Bett fallen und mit wenigen Sa- ROPEADE ausgewählt worden, denn im nitärräumen zufrieden sind. Eine Euro- Baltikum herrscht eine wahre Tanz- und peade braucht keine Sicherheitsfirma, Folklorebegeisterung. Durch die Auswir- muss aber ein Sicherheitskonzept haben, kungen der Corona-Pandemie konnte das eine Europeade-Familie mag gemein- Festival 2020 nicht stattfinden, wurde ab- sames Essen ohne Schutzwände, beim Ge- gesagt und die sofortige Verschiebung auf tränk miteinander anzustoßen, die Leute das Jahr 2021 durch das Internationale vor Ort ungezwungen anzuquatschen Europeade-Komitee machte Hoffnungen. oder, um es ganz einfach zu sagen: Eine Diese mussten nun auch begraben werden, Europeade ist ein Festival ohne Zwänge. denn noch lange nicht sind die Auswir- All das wird zukünftig nicht mehr möglich kungen der Pandemie überwunden, so sein, deshalb brauchen wir Antworten, be- dass die Stadt Klaipeda ihren Antrag auf vor die Vorbereitungen zur nächsten EU- Ausrichtung zurückgezogen hat. Wie der ROPEADE beginnen. Ich bin mir fast si- Präsident des Internationalen Europeade- cher, erst 2023 wird Gotha deutliche Si- Komitee, der Bürgermeister der hessischen gnale setzen müssen, dass der europäische Stadt Frankenberg, Rüdiger Heß, infor- Kulturgedanke lebt.“ mierte, wird das Internationale Komitee erst zusammentreten müssen, um über die Knut Kreuch Zukunft der legendären Veranstaltung zu Präsident des DTV beraten. Landesvorsitzender des TLTV
VERBANDSNACHRICHTEN 9 THÜRINGER TRACHTENZEITUNG ROPEADE nerungen an die EU Unvergessliche Erin Jens-Uwe Igel 2013 in Gotha von
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG 10 VERBANDSNACHRICHTEN HOPFGÄRTNER TRACHT UND TRADITION Mein Heimatdorf Hopfgarten konnte man vor 100 Jahren gu t und gern als regionale Hochburg des Trachtenbrauchtums be- zeichnen. Besonders gut nachvollziehbar ist das große Trachtenfest vom 22.05.1910. Außer den Auskünften der ältesten Dorf- bewohner liegen darüber auch eine ganze Anzahl von Fotos und anderen Zeitdoku- menten vor. Die Weimarer Tageszeitung vom 23.05.1910 berichtete in einem aus- führlichen Artikel von diesem Ereignis. Die im nachfolgenden Text kursiv geschrie- benen Zeilen sind Ausschnitte dieser Re- portage. … die Gemeinde war durchweg bemüht, den Tag der Väter würdig zu gestalten, so kam es, daß wir am vergangenen Sonntag nicht, wie es meist der Fall zu sein schein pflegt, ein Maskenfest, sondern ein Trachtenfest, d. h. der Väter Kleid und Art in Wirklichkeit zur Geltung gebracht, sahen. Es ist selten im Nachdem der Zug vollkommen auf der Hö- Nach 6 Uhr gegen Abend gruppierte sich der Umkreis etwas Echteres und Schöneres ge- he des Berges aufgefahren war … begrüßte Zug zum Abmarsch ins Tal um im Gemein- boten worden wie dieser Umzug. Herr Adjunkt Reußner … mit begeisternden degasthof das Fest als Hochzeitsfeier weiter Worten … und betonte, daß dieses Fest kei- zu begehen. Gegen 8 Uhr zogen die Gruppen Es war ein wunderschöner Festzug. Das ei- ne Maskerade, sondern ein echtes Thüringer in dem Saale auf, der Ritter von Hopfgarten gens dazu herausgegebene Urönnerungsblatt Trachtenfest wäre, aus dem Thüringer Le- erschien mit seinem Gefolge. … Die Fest- mit einer hübschen Zeichnung von Herrn bendsfreude und Kraft und Heimatliebe her- freude erreichte hiernach ihre höchsten Wo- Professor Tübbecke gab in Hopfgartener vorträten und durch das der Thüringer Hei- gen. Ritter, Bauernmädchen, Burschen, Zi- Mundart die Anordnung des Zuges … matschutz genährt würde. Ein Fest, durch geuner, … und Winzerinnen, Frauen mit welches die Wertschätzung der dörflichen Bandhaube und Kopftuch, die Männer mit Gegen 1 Uhr war das Leben in vollem Gan- Heimat in der gegenwärtigen Zeit nicht ver- hoher Mütze und Taillenrock tanzten, ge. Burschen, zu Pferde in alter Tracht mit loren ginge. lachten, lärmten… bunten Bändern am Hut sprangen durch die Dorfstraße, Zigeuner und fahrendes Volk zog malerisch einher, Raubritter sammelten ihre Rosse, und Landsknechte zogen auf. Dazwischen hübsche Schnitterinnen mit buntem Mieder und Rock, Burschen und Mädchen und geputzte Kinder. Scharenwei- se versammelte man sich auf der Weimarer Straße bei der Eisenbahnbrücke am Eingang des Dorfes.
VERBANDSNACHRICHTEN 11 THÜRINGER TRACHTENZEITUNG TRACHTEN IN STEIN Grabsteine in Elxleben und Niederzimmern erzählen von vergangenen Kleidungssitten Wohlhabend waren sie, die Bauern um Er- dacht und zeigt zwei Personen. Interessant gam, sondern um ein Geschwisterpaar. furt. Die guten Böden gaben einiges her, die die Kopfbedeckung der sichtlich jungen Vielleicht bedeutet die Darstellung im fest- stattlichen Höfe zeigen es bis heute. Wer Frau. Sie scheint keine Haare auf dem Kopf lichen Hochzeitsstaat die Verehelichung schon länger beim Thüringer Trachtenver- zu haben und die Haube ähnelt der Braut- mit dem Himmel. Unsere Altvorderen band ist, weiß, dass ich 2002 dazu aufrief, haube unserer Tabarzer Trachtenfreun- schufen gerne solche Symboliken. Marga- Thüringer Grabsteine mit Trachtendarstel- dinnen. Ein Sträußchen ragt heraus. Dort rethe Tromlitz starb 1724, ihr Bruder Vic- lungen an den Verband zu melden. Doch ne- wird berichtet, dass der Braut zur Hochzeit tor 1725. Bis heute halten sich ihre zwei benbei entdecken wir auf unseren Touren alle Haare abrasiert wurden und die Hau- steinernen Reliefs in geschwisterlicher Lie- immer wieder einige historische Monu- be dann aufgeklebt wurde. Wurde hier viel- be für die Ewigkeit an den Händen. mente, so bei den Recherchen für den Wehr- leicht eine Braut bestattet? Vor dem gefin- Nördlich von Erfurt liegt Elxleben an der kirchenkalender. Nicht immer kann man gerten Mieder hält die Frau eine Blume Gera. Hier hat die Zeit dem historischen noch viel über die alten Grabsteine erfahren, oder Pflanze in der Hand. Auf Grabmalen Trachtengrabstein schon deutlich zuge- jedoch sprechen sie zu uns mit ihren Bildern. dieser Zeit tragen Dargestellte manchmal setzt, aber trotzdem zeichnen sich die De- Grabsteine dieser Art konnten sich nur bes- Blumen oder Früchte, die den Verwesungs- tails gut ab. Der Herr trägt wieder einen ser situierte Personen leisten. geruch bannen sollten. Symbolisch auf längeren Gehrock mit stattlichen Knöpfen, dem Grabstein! Eng um den Hals ist ein dazu langes Haar. Die Frau hat auf dem Östlich von Erfurt, am Fuße des Etters- Band gewunden. Der junge Mann trägt ei- Kopf eine Haube mit Stirnschneppe, eine berges liegt Niederzimmern. Hier fällt nen Gehrock mit Stofflappen über den Ta- völlig andere Kopfbedeckung als in Nie- nicht nur der zinnenbekrönte Kirchturm schen, seine Frisur erinnert an eine Perücke derzimmern. Sie hat ein sichtlich höheres ins Auge, sondern auch die zahlreichen hi- und soll wohl auch eine darstellen. Es han- Lebensalter. Das Mieder gestaltet sich ein- storischen Grabdenkmäler. Einer ist über- delt sich hier nicht um Braut und Bräuti- fach, das Halstuch scheint relativ klein. Nun, dieser Grabstein könnte in einen weiter zu fassenden Zeitraum um 1750 eingeordnet werden, durchaus noch bis kurz vor 1800. Er spricht die Formensprache des Ro- koko. Auf dem Dorf hielten sich tradierte Kunstformen lange. Es kann nicht genau gesagt werden, ob die Darge- stellten wirklich regional- typisch gekleidet sind. Si- cher tragen sie die einst in diesem Raum übliche Mode, die allerdings dem Musterbuch entnommen sein könnte. Genauso gut kann es sich aber um reale Abbildungen handeln. Wir wissen es nicht, eben- so wie bei dem Nieder- zimmerner Stein. Text: Dirk Koch Fotos: Michael Fiebig INTERESSE AN DEN NEWSLETTER DES THÜRINGER LANDESTRACHTENVERBANDES E.V.? Einmal im Monat werden die neuesten Informa- Wir sind aber auch auf Eure Zuarbeit angewie- tionen über die Arbeit im Thüringer Landes- sen und freuen uns auf Eure Hinweise, Beiträge trachtenverband e.V. sowie Veranstaltungshin- und Fotos zur Veröffentlichung per E-Mail an: weise, Einladungen usw. über Newsletter ver- info@thueringer-trachtenverband.de schickt. Die Anmeldung dafür ist auf unserer Homepage Vielen Dank und herzliche Heimat- https://thueringer-trachtenverband.de und Trachtengrüße in einer Box auf der rechten Seite möglich. Der Vorstand des Thüringer Schneller geht es über den beigefügten QR-Code. Landestrachtenverbandes e.V.
THÜRINGER TRACHTENZEITUNG 12 VERBANDSNACHRICHTEN RÜCKBLICK 2020 VON DORIS KEPPLER, VORSITZENDE DES WINGERÖDER HEIMATVEREIN „WINJEREDER HERNZEN“ Der Heimatverein „Winjeröder Hernzen“ überraschte seine Mit- glieder mit dem Besuch des Nikolauses und einem kleinen Ge- schenk. Mit weihnachtlicher Musik von Peter Berthold und dem Ni- kolaus Doris Keppler besuchten sie im festlich geschmückten Ex- press die Kinder im Dorf, die ein Bild vom Nikolaus gemalt hatten. Für jeden hatten sie ein schönes Geschenk dabei. Der Nachmittag war eine tolle Werbung für unseren Heimatverein, da die Situation nun ja sehr schwierig ist. Zwischen den Jahren wurden noch die äl- teren Bewohner des Dorfes, die nicht mehr rausgehen können, mit einem Fensterkonzert überrascht. Eine weitere Aktion des Heimatvereins Wingerode war im Frühjahr „Der Baum der Hoffnung“, der mit über 300 in Handarbeit gefer- tigte Blüten von Rosi Bertold mit Hilfe der Vereinsmitglieder deko- riert wurde und auf die derzeitige Situation des Vereins aufmerksam machen sollte, aber auch gleichzeitig Hoffnung geben soll auf das Licht am Ende des Tunnels. Anzeigen Die Thüringer Trachtenzeitung wird gefördert vom IMPRESSUM Herausgeber: Thüringer Landestrachtenverband e.V. Hohenkirchenstr. 13, 99869 Günthersleben-Wechmar Druck: Druckmedienzentrum Gotha GmbH Erscheinung: 3 x jährlich Redaktion: Knut Kreuch, Landesvorsitzender Telefon: 03 62 56 / 8 65 60 Telefax: 03 62 56 / 2 26 58 Internet: www.thueringer-trachtenverband.de E-Mail: info@thueringer-trachtenverband.de
Sie können auch lesen