INTERNATIONALER VERKEHR - (BGL) eV
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Jahresbericht 2017/2018 SONDERFALL ALPENQUERENDER VERKEHR Lkw-Blockabfertigungen in Tirol führen zu Der BGL wandte sich daraufhin erneut an die EU- erheblichen Behinderungen Kommission und intervenierte gegen den umfang- Seit Oktober 2017 wendet die Tiroler Landes reichen Dosierungskalender. So wurden allein im regierung das Instrument einer „Blockabfertigung“ Monat Mai an zehn Tagen Blockabfertigungen (die Tiroler Behörden sprechen von „Dosierung“) an, durchgeführt. Der BGL wies auf die dadurch ver- um an verkehrsreichen Tagen den Lkw-Verkehr auf ursachten massiven wirtschaftlichen Schäden der der Inntal- und Brennerautobahn in Tirol zu steuern. Transportunternehmen und zusätzlichen Umwelt- So dürfen an entsprechenden Tagen ab 5.00 Uhr belastungen auf deutscher Seite hin. Des Weiteren morgens am Grenzübergang Kufstein maximal sieht der BGL erhebliche Probleme hinsichtlich 250–300 Lkw pro Stunde aus Deutschland nach der Verkehrssicherheit, da die Lkw über längere Tirol einfahren. Nach Angaben der Tiroler Landes- Zeiträume auf dem Standstreifen der Autobahn regierung soll durch diese Maßnahme ein Verkehrs- auf deutscher Seite abgestellt werden müssen. kollaps in Tirol vermieden werden. Die EU-Verkehrskommissarin Bulc informierte In den folgenden Monaten wandte Tirol die Block den BGL in einem Antwortschreiben darüber, abfertigung mehrmals an. An den Tagen mit Blo- dass sie die Tiroler Landesregierung aufgefordert ckabfertigung kam es zu erheblichen Rückstaus habe, Blockabfertigungen an lediglich neun von auf der deutschen Inntalautobahn A93. Der BGL 25 geplanten Terminen durchzuführen, da nur an intervenierte bei der EU-Kommission gegen die neun Tagen im Jahr ein Feiertagsfahrverbot vor- einseitigen Maßnahmen Tirols, die gegen das ausgehe. Die EU-Kommission sieht in der Block- Prinzip des freien Warenverkehrs innerhalb der abfertigung einen Verstoß gegen das Gebot der Europäischen Union verstoßen. Im Rahmen eines Warenverkehrsfreiheit und behielt sich vor, weitere „Brennergipfels“, unter der Beteiligung der Ver- Maßnahmen einzuleiten, sollte Tirol nicht auf die kehrsminister von Deutschland, Österreich, Italien, Forderungen der EU-Kommission eingehen. Bayern, Tirol, Südtirol und des EU-Koordinators Pat Cox, wurde vereinbart, den Verkehr kurzfristig Tirol fordert neue Maßnahmen, um den von der Straße auf die Schiene zu verlagern und Lkw-Transit einzuschränken den alpenquerenden Schienenverkehr stärken zu Zum 01.05.2017 ist die letzte Stufe des Sektoralen wollen. Wenige Wochen nach dem Brennergipfel Fahrverbotes auf der Inntalautobahn in Kraft getre- veröffentlichte die Tiroler Landesregierung einen ten. Dies bedeutet, dass selbst in Euro-V-Fahrzeu- „Dosierungskalender“ mit 25 Tagen, an denen im gen bestimmte Güterarten, die nach Auffassung Jahr 2018 eine Blockabfertigung am Grenzüber- der Tiroler Landesregierung bahnaffin sind, nicht gang Kufstein/Kiefersfelden in Fahrtrichtung mehr auf der Straße befördert werden dürfen. Süden vorgesehen ist. Am 26.04.2018 meldete die So können Fahrzeuge, die Abfall, Steine, Erde, bayerische Polizei auf Grund der Blockabfertigung Aushub, Rundholz, Kork, Kraftfahrzeuge, Nicht einen Lkw-Rückstau auf deutscher Seite von bis eisen- und Eisenerz, Stahl, Marmor, Travertin und zu 65 Kilometern. keramische Fliesen befördern, nicht mehr die Inn- 98 Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V.
Jahresbericht 2017/2018 talautobahn befahren. Ausgenommen vom Sekto- Rahmen des „Brennergipfels“ die Einführung einer ralen Fahrverbot sind lediglich Euro-VI-Fahrzeuge. „Korridormaut“ von München bis Verona. Danach soll auf dieser Gesamtstrecke, also auf dem deut- Das aktuelle Sektorale Fahrverbot war Ergebnis schen, dem österreichischen und dem italieni- des dritten Anlaufs Tirols, ein Sektorales Fahrver- schen Straßenanteil, eine einheitliche Gebühr in bot auf der Inntalautobahn in Österreich einzu- Höhe der Tiroler Mautsätze erhoben werden. Die führen. In der Vergangenheit war das Sektorale Forderungen Tirols nach einer Korridormaut wur- Fahrverbot zweimal nach einer Klage der Euro- den bisher von den Nachbarstaaten strikt abge- päischen Kommission vor dem Europäischen lehnt. Gerichtshof (EuGH) gescheitert. In beiden Fäl- len kam der EuGH zu der Auffassung, dass das Alpenquerende Verkehre in der Schweiz Sektorale Fahrverbot eine unverhältnismäßige rückläufig Beschränkung des freien Warenverkehrs darstelle Entgegen der Verkehrsentwicklung in Tirol ist der und somit gegen EU-Recht verstößt. Der EuGH Straßengüterverkehr im Transit durch die Schweiz verpflichtete Tirol damals zunächst Maßnahmen seit einigen Jahren rückläufig. So überquerten im umzusetzen, die den freien Warenverkehr weniger Jahr 2017 954 000 schwere Nutzfahrzeuge die behindern, bevor ein Sektorales Fahrverbot einge- Schweiz im alpenquerenden Verkehr. Dies bedeu- führt werde. tet einen Rückgang um etwa 0,4 % im Vergleich zum Vorjahr. Neben dem Straßengüterverkehr sind Die Europäische Kommission stimmte dem aktu- allerdings auch die alpenquerenden Bahnverkehre ellen Sektoralen Fahrverbot erst zu, nachdem durch die Schweiz rückläufig. Die Entwicklung Tirol bereit war, Euro-VI-Fahrzeuge dauerhaft wird mit der mehrwöchigen Unterbrechung der davon auszunehmen. Allerdings kündigte die Tiro- Rheintaltrasse bei Rastatt begründet. So sank der ler Landesregierung bereits im Herbst 2016 an, Marktanteil des Verkehrsträgers Bahn am gesam- im Jahr 2018 eine Überprüfung der Luftgüte in ten alpenquerenden Güterverkehr durch die Tirol durchführen zu lassen. In den vergangenen Schweiz im Jahr 2017 leicht von 71 auf knapp 70 %. Monaten wurde von Tiroler Politikern mehrfach gefordert, die Ausnahme für Euro-VI-Fahrzeuge Fahrverbot für Euro-III-Fahrzeuge auf der vom Sektoralen Fahrverbot zu streichen. Da die im Inntalautobahn Österreichverkehr tätigen Transportunternehmen Zum 01.01.2018 führte Tirol auf der Inntalauto- ihre Fahrzeugflotte rasch modernisiert hatten, bahn A12 ein allgemeines Fahrverbot für Euro-III- erfüllen die meisten Fahrzeuge inzwischen die Fahrzeuge über 3,5 t zGM ein. Für die lokalen Schadstoffklasse Euro VI. Wirtschaftsverkehre wurden allerdings großzü- gige Ausnahmeregelungen geschaffen. Da die Vor dem Hintergrund von Verkehrszuwächsen auf im alpenquerenden Verkehr tätigen eingesetz- der Brennerautobahn auf Grund der positiven wirt- ten Fahrzeuge bereits zuvor überwiegend der schaftlichen Lage – so fuhren im Jahr 2017 etwa Euro-VI-Norm entsprachen, ist auf Grund groß- zwei Mio. Lkw über den Brenner – werden die zügiger Ausnahmeregelungen für den lokalen Forderungen nach einer Lkw-Obergrenze in Tirol Wirtschaftsverkehr keine maßgebliche Verbesse- immer lauter. Allerdings wird selbst von vielen rung der Luftqualität in Tirol zu erwarten. So dürfen Politikern in Österreich eine Lkw-Obergrenze als Euro-III-Fahrzeuge ohne Anhänger, die Ziel- und nicht mit EU-Recht vereinbar angesehen. Des Quellverkehre innerhalb Tirols durchführen, bis Weiteren forderte die Tiroler Landesregierung im Ende des Jahres 2019 eingesetzt werden.(ZO/To) Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. 99
Jahresbericht 2017/2018 LÄNDERSPEZIFISCHE INFORMATIONEN Frankreich Die Gebühr soll in Form einer Vignette erhoben werden und nach der Dauer der Nutzung der Neue Regierung stoppt Infrastrukturprojekte im französischen Infrastruktur sowie nach den Fahr- Straßenbau zeugeigenschaften gestaffelt werden. Die vom Die neue französische Regierung, die seit Mai Fahrzeug verursachten Schäden an Infrastruktur 2017 unter Leitung von Präsident Emmanuel Mac- und Umwelt sollen dabei berücksichtigt werden. ron im Amt ist, beschloss auf Grund der hohen Sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Staatsverschuldung Frankreichs, bereits geplante Ebene befürworten immer mehr Politiker in Frank- und genehmigte Straßeninfrastrukturprojekte in reich die Einführung einer solchen Lkw-Abgabe Höhe von 10 Mrd. Euro zunächst auf Eis zu legen. auf den derzeit mautfreien Autobahnen und Nati- Vor dem Hintergrund der im Jahr 2014 nach mas- onalstraßen. Vor allem die Region Elsass möchte siven Protesten in der Bevölkerung gestoppten hier eine Vorreiterrolle spielen, befürwortet aber kilometerabhängigen Maut auf Landstraßen, der die Einführung einer kilometerabhängigen Lkw- so genannten Ecotaxe, „fehlen“ in der Staatskasse Maut. So wird im Elsass geklagt, dass in großem Einnahmen in Höhe von 7,5 Mrd. Euro. Die Devise Umfang Ausweichverkehre von der deutschen der neuen französischen Regierung im Bereich Autobahn A5 auf die linksrheinische mautfreie der Straßeninfrastruktur lautet daher wie in französische Autobahn A35 stattfinden. Deutschland: „Erhalt vor Ausbau“. Als Teilausgleich für die entgangene Ecotaxe hatte die französi- Mehrere Städte führen Umweltzonen ein sche Regierung im Jahr 2015 bereits die Mine- Im vergangenen Jahr wurde in den französischen ralölsteuer auf Dieselkraftstoffe um vier Eurocent Städten Paris, Lyon, Grenoble und Straßburg erst- angehoben. Die neue französische Regierung mals eine Umweltzone eingeführt. So muss an setzte einen Infrastrukturrat ein, der sich mit der Fahrzeugen, die in die Umweltzonen einfahren, Zukunft der Infrastrukturfinanzierung auseinan- eine „Crit-Air-Vignette“, die die Schadstoffklasse dersetzen sollte. Dieser Rat kam zu dem Schluss, des Fahrzeuges ausweist, angebracht sein. Für dass bis auf wenige Ausnahmen in den nächsten ältere Fahrzeuge besteht ein Fahrverbot. Bei Ver- 20 Jahren keine weiteren Großprojekte im Stra- stößen gegen die Bestimmungen der Umweltzone ßenverkehr finanziert werden sollten. wird bei Fahrzeugen ab 3,5 t zGM ein Bußgeld von 135 Euro erhoben. In den kommenden Jahren sol- Einführung einer zeitabhängigen Straßenbenut len in weiteren französischen Städten und Regi- zungsgebühr angekündigt onen Umweltzonen eingerichtet werden. Ähnlich Im Juni 2018 kündigte die französische Regierung wie in Deutschland legen die Städte selbst fest, an, eine zeitabhängige Straßenbenutzungsgebühr welche Fahrzeuge künftig in die Umweltzone für Fahrzeuge ab 3,5 t zGM auf den bisher gebüh- einfahren dürfen. Die Umweltplaketten sind lan- renfreien Autobahnen und Nationalstraßen des desweit gleich und werden in allen französischen französischen Straßennetzes einführen zu wollen. Umweltzonen als Nachweis anerkannt. 100 Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V.
Jahresbericht 2017/2018 Geplante Gebührenpflicht für Entsendemeldun überschreitenden Verkehr im Jahr 1996 noch bei gen gekippt 24,3 % und erreichte 20 Jahre später nur noch 7,5 %. Die zum 01.07.2016 bei Kabotageverkehren und Bereits heute werden nach Erhebungen des CNR bei grenzüberschreitenden Fahrten mit Frank- 6,3 % aller inländischen Transportbeförderungen in reich eingeführte Entsendemeldungspflicht, Frankreich von gebietsfremden Unternehmen als die eine Einhaltung der französischen Tarif- und Kabotagefahrten durchgeführt. Lohnbestimmungen bei entsprechenden Fahrten verlangt, wurde zum 01.01.2017 auf eine elektro- nische Weblösung umgestellt. Seit diesem Zeit- Vereinigtes Königreich punkt müssen alle betroffenen Fahrer in Frankreich bei dem Meldeportal Sispi angemeldet werden. Deutlich weniger Aufgriffe von illegalen Einwan Die Entsendemeldungen für den einzelnen Fahrer derern auf Lkw haben eine Gültigkeit von maximal sechs Monaten. In den vergangenen Jahren versuchte eine große Die französische Regierung kündigte im Laufe des Anzahl von Menschen als blinde Passagiere Jahres 2017 an, zum 01.01.2018 eine Gebühren- auf Lkw in das Vereinigte Königreich zu gelan- pflicht für Anmeldungen beim Meldeportal Sipsi gen. Neben den menschlichen Schicksalen der einzuführen. So sollte für jeden Fahrer eine Gebühr Flüchtlinge waren vor allem Lkw-Fahrer und die in Höhe von 40 Euro pro Entsendemeldung erho- betroffenen Transportlogistikunternehmen die ben werden. Der BGL intervenierte bereits im Vor- Leidtragenden. Bevorzugt in den Nachtstunden feld bei der EU-Kommission gegen die Einführung versuchten Flüchtlinge auf die Ladeflächen von einer solchen Gebührenpflicht. Diese führe zu Lkw zu gelangen, um so ihr Ziel, das Vereinigte einer Einschränkung des freien Warenverkehrs Königreich, zu erreichen. Immer wieder kam es innerhalb der EU und zur Diskriminierung von zu dramatischen Situationen, bei denen sowohl gebietsfremden gegenüber inländischen Unter- Flüchtlinge als auch Lkw-Fahrer zu Schaden nehmen. Auf Druck der EU-Kommission zog das kamen. Teilweise versuchten die Flüchtlinge durch französische Arbeitsministerium per Dekret Nr. Barrikaden auf der französischen Autobahn kurz 2018/82 vom 09.02.2018 die Gebührenpflicht vor Calais die Lkw zum Stoppen zu zwingen. In für Entsendemeldungen endgültig zurück. Zuvor manchen Fällen erkannten die Fahrer die Hinder- hatte die französische Regierung die ursprüng- nisse, wie Baumstämme und größere Äste, erst zu lich zum 01.01.2018 geplante Gebührenpflicht für spät, mit der Folge von Unfällen, die in Einzelfällen Entsendemeldungen beim elektronischen Sipsi- tödlich endeten. Portal mit der Begründung nicht abgeschlosse- ner Ausschreibungsverfahren für die technische Seit Sommer 2017 verzeichnet der BGL eine Ent- Anwendung, zunächst verschoben. spannung der Situation. So meldeten sich deutlich weniger Transportunternehmen, die von Schwie- Französisches Transportgewerbe verliert massiv rigkeiten in Bezug auf illegale Einwanderer berich- Marktanteile teten. Dies ist sicherlich auch auf die Räumung des In einer im Jahr 2017 von dem staatlichen Stra- Flüchtlingscamps „Dschungel von Calais“, in dem ßengüterverkehrskomitee (CNR) durchgeführten Tausende von Flüchtlingen unter menschenun- Analyse über die Entwicklung des Straßengüterver- würdigen Bedingungen in Zelten und einfachen kehrs in Frankreich in den vergangenen 20 Jahren Hütten hausten, zurückzuführen. Ein weiterer wurde festgestellt, dass seit 1996 die Transport- Grund, warum weniger Flüchtlinge aufgegriffen aktivitäten mit in Frankreich zugelassenen Fahr- wurden, sind die engmaschigen Sicherheitsmaß- zeugen im internationalen Verkehr um knapp 74 % nahmen des Eurotunnel-Betreibers und der rückläufig waren. Entsprechend lag der Anteil der Fährgesellschaften. Das deutsche Transport- und französischen Transportunternehmen am grenz- Logistikgewerbe stieß auf Grund der Übergriffe Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. 101
Jahresbericht 2017/2018 von Flüchtlingen auf Lkw und Fahrer zunehmend im Vereinigten Königreich das Verbringen der regel- auf Schwierigkeiten, Fahrer zu finden, die bereit mäßigen Wochenruhezeit in der Fahrerkabine sank- waren, auf der Englandroute tätig zu sein. tioniert. Bei Verstößen gegen die neue Regelung erheben die britischen Kontrollbehörden seit dem Hinzu kommen die erheblichen rechtlichen Kon- 01.11.2017 Bußgelder in Höhe von 300 GBP. Des sequenzen für Fahrer und Transportunternehmen, Weiteren wird bei einem Verstoß die Weiterfahrt des die aus dem britischen Einwanderungsrecht resul- Fahrers bis zu einer vollständigen Ableistung der tieren. So können gemäß dem Code of Practice regelmäßigen Wochenruhezeit an einem geeigneten Bußgelder von bis zu 2 000 britischen Pfund pro Ort untersagt. Anders als in anderen EU-Staaten ist illegalem Einwanderer erhoben werden, sofern das Verbringen der regelmäßigen Wochenruhezeit blinde Passagiere auf dem Fahrzeug entdeckt in der Fahrerkabine nicht grundsätzlich untersagt, werden. Die im Straßengüterverkehr tätigen sofern der Fahrer die regelmäßige Wochenruhe- Unternehmen und Fahrer können sich nur gegen zeit auf einer offiziellen Rastanlage mit Toiletten, die Bußgelder schützen, indem sie den britischen Duschen und Verpflegungsmöglichkeiten verbringt. Behörden nachweisen, dass sie ein System im Wird hingegen das Verbot für öffentlichen Straßen Unternehmen implementiert und angewandt und deren Umgebung, einschließlich Haltebuchten haben, das das Eindringen von blinden Passagie- und Parkplätzen ohne sanitäre Einrichtungen miss- ren in die Fahrzeuge verhindert. achtet, wird ein Bußgeld erhoben. Durch die neue Regelung möchte die Regierung sicherstellen, dass Der BGL hatte in der Vergangenheit angesichts Lkw-Fahrer nicht an ungeeigneten Plätzen (z. B. in des zweifelhaften britischen Einwanderungs- der Nähe von Wohngebieten) ihre Wochenruhezeit rechts, in dem es keine Unschuldsvermutung für verbringen. betroffene Fahrer gibt, mehrfach die politischen Entscheidungsträger darauf hingewiesen, dass in den überwiegenden Fällen weder Fahrer noch Niederlande Unternehmen für illegale Einwanderer auf dem Einführung von Mindestlohnvorschriften bei Fahrzeug haftbar gemacht werden können. Der Kabotagebeförderungen auf den 01.01.2019 ver BGL empfiehlt seinen Mitgliedern dennoch wei- schoben terhin penibel die Vorgaben des Code of Practice einzuhalten und sicherzustellen, dass keine Auf der Grundlage des Gesetzes WagwEU sollen Personen in die Fahrzeuge eindringen können. ausländische Arbeitgeber verpflichtet werden, in Der BGL fordert, dass bei der Festlegung von die Niederlande entsandten Arbeitnehmern den Sanktionen grundsätzlich unterschieden werden niederländischen Mindestlohn, basierend auf der muss, ob die Beförderung illegaler Einwanderer jeweils aktuellen Tarifvereinbarung, zu bezahlen. vom Fahrer bzw. Fahrzeughalter vorsätzlich durch- Vorgesehen ist die Anwendung der Mindestlohn- geführt wurde oder ob die illegalen Einwanderer vorschriften ausschließlich auf Kabotagebeförde- ohne Kenntnis des Fahrers bzw. Halters – mögli- rungen in den Niederlanden. cherweise mit Hilfe von Schleppern – in das Fahr- zeug eingedrungen sind. Derzeit werden Fahrer Die ursprünglich zum 01.01.2018 geplante Ein- unabhängig von dieser Frage rechtlich belangt, führung des WagwEU für ausländische Fahrer im sobald illegale Einwanderer in dem Fahrzeug auf- Transportgewerbe wurde auf den 01.01.2019 ver- gefunden werden. schoben. Anders als in anderen EU-Staaten sollen in den Niederlanden bilaterale Verkehre und Tran- Verbringen der regelmäßigen Wochenruhezeit in sitverkehre nicht als Entsendung angesehen wer- der Fahrerkabine den und wären somit von den niederländischen Wie bereits zuvor in anderen EU-Staaten wird auch Mindestlohnbestimmungen ausgenommen. 102 Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V.
Jahresbericht 2017/2018 Mit der Begründung, dass die Einrichtung eines derungen, neben den Lkw auch Pkw und Klein elektronischen Melderegisters für die Entsen- transporter zu bemauten. dung von Arbeitnehmern im Transportgewerbe nicht rechtzeitig zum 01.01.2018 fertiggestellt wurde, verschob die niederländische Regierung Luxemburg die Einführung der Entsendevorschriften im Trans- Neue Entsendevorschriften behinderten freien portgewerbe auf den 01.01.2019. Vorgesehen ist, Marktzugang dass, sofern es sich um die Entsendung eines Arbeitnehmers handelt, neben dem Mindestlohn Völlig überraschend hatte Luxemburg im Som- auch die niederländischen Arbeitszeitvorschrif- mer 2017 neue Entsenderegelungen für Fahrer ten, Urlaubsanspruch, Überstundenzahlungen, im Transportgewerbe eingeführt. Ausgenommen Gesundheits-, Sicherheits- und Hygienevorschrif- von den Regelungen waren lediglich Transitver- ten anzuwenden sind. Der durchschnittliche Tarif- kehre durch Luxemburg. Die neuen Entsendere- lohn für einen Fahrer im internationalen Verkehr gelungen in Luxemburg führten zu unzumutbaren betrug in den Niederlanden im Jahr 2016 13,91 Euro bürokratischen Hürden für die betroffenen Trans- pro Stunde. Abhängig vom Einsatzgebiet, der portunternehmen, da die Besonderheiten des Qualifikation und der Betriebszugehörigkeit des mobilen Personals im Verkehr nicht berücksichtigt Fahrers können die durchschnittlichen Tariflöhne wurden. So musste, im Gegensatz zu den Entsen- nach oben und unten abweichen. Sollten sich die devorschriften in Frankreich, in Luxemburg jede Tarifpartner auf keinen allgemeinverbindlichen einzelne Beförderung angemeldet werden. Eine Tarifvertrag im Transportgewerbe einigen, würde Entsendemeldung für einen längeren Zeitraum der allgemeine niederländische Mindestlohn von war nicht möglich. derzeit 9,11 Euro pro Stunde angewandt. Die bürokratischen Hemmnisse sorgten dafür, Regierung plant die Einführung einer kilometer dass kurzfristige Anmeldungen nicht möglich abhängigen Lkw-Maut waren. Eine Hürde für die Anmeldung zum elekt- Die im Herbst 2017 neu gewählte niederländische ronischen Entsendeportal war, dass ausländische Regierungskoalition hat in ihrer Regierungsver- Transportunternehmen über eine luxemburgische einbarung festgelegt, eine kilometerabhängige Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer verfü- Lkw-Maut einzuführen. Bisher zahlen Lkw ab gen müssten. Für die Durchführung von grenz- 12 t zGM eine zeitbezogene Straßenbenutzungs- überschreitenden Beförderungen ist eine solche gebühr, abhängig von der Schadstoffklasse des Nummer normalerweise nicht nötig. Des Weite- Fahrzeuges, als Tages-, Wochen-, Monats- oder ren waren die betroffenen Transportunternehmen Jahresvignette. Um die neue Maut für Lkw sorg- dazu verpflichtet, vor einer Unternehmensre- fältig planen zu können, wird mit einer Einführung gistrierung im elektronischen Entsendeportal frühestens in fünf Jahren gerechnet. beim luxemburgischen Mittelstandsministerium eine Meldung von „gelegentlichen und vorüber- Für Verwirrungen sorgten Aussagen der nieder- gehenden Dienstleistungen“ einzureichen. Erst ländischen Verkehrsministerin, entgegen der nach Überwindung dieser Hürden der Unter- Regierungsvereinbarung kein elektronisches nehmensanmeldung konnten die eigentlichen Lkw-Mautsystem in den Niederlanden einführen Entsendemeldungen für den Fahrer im luxem- zu wollen. Die niederländische Regierungsko- burgischen Entsendeportal durchgeführt werden. alition, die sich aus mehreren Parteien zusam- Der BGL intervenierte angesichts der erheblichen mensetzt, war sich vor der Wahl in der Frage Marktzugangshemmnisse bei der EU-Kommission der Einführung einer Lkw-Maut nicht einig. Auch sowie bei den zuständigen Ministerien in Luxem- bestehen in der niederländischen Politik For- burg und Deutschland. Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. 103
Jahresbericht 2017/2018 Von im Luxemburgverkehr tätigen Unternehmen in Belgien die Verpflichtung, die belgischen Min- erreichten den BGL massive Klagen bezüglich der destlohn- und Arbeitsvorschriften anzuwenden. überbordenden Anforderungen bei den Entsen- Weiterhin muss bei der elektronischen Anmeldung demeldungen. So war die Einhaltung der luxem- ein Repräsentant benannt werden, der den belgi- burgischen Vorschriften von den Unternehmen schen Behörden, falls erforderlich, Information über der Transportlogistikbranche nur mit unverhält- die angewandten Lohn- und Arbeitsbedingungen nismäßig hohem Aufwand zu leisten. Kurzfristig in zukommen lassen kann. Nach derzeitigem Stand Auftrag gegebene Beförderungen waren unmög- beträgt der belgische Mindestlohn für einen Fahrer lich. Der BGL ersuchte die luxemburgischen eines Fahrzeuges von mehr als 15 t zGM 11,65 Euro Behörden, bürokratische Anforderungen, die den pro Stunde bei einer 38 -Stunden-Woche. freien Warenverkehr in der Europäischen Union gefährden, dringend auf das zu Kontrollzwe- Neue Bußgeldstruktur bei Verstößen gegen das cken notwendige Maß zu begrenzen. Nachdem belgische Mautsystem auch von den luxemburgischen Behörden keine Hinsichtlich des zum 01.04.2016 in Belgien lan- Erleichterungen für das mobile Personal im Trans- desweit eingeführten elektronischen Mautsystems portbereich in Aussicht gestellt wurden, forderte erreichten den BGL immer wieder Klagen deutscher der BGL die EU-Kommission auf, gegebenenfalls Transportunternehmen, die von den belgischen ein Vertragsverletzungsverfahren wegen Versto- Behörden wegen angeblicher Mautverstöße ange- ßes gegen EU-Recht einzuleiten. schrieben wurden. Die Maut in Belgien wird über eine obligatorische On-Board-Unit (OBU) erfasst. Im Frühjahr 2018 setzte auf Druck der EU-Kom- Der BGL kritisierte die unangemessen hohen Buß- mission die luxemburgische Regierung schließlich gelder in Höhe von über 1 000 Euro pro Mautver- die Meldepflichten betreffend der Entsendung stoß, gleichgültig ob ein Fahrzeug mit einer OBU und die Einhaltung der luxemburgischen Min- ausgerüstet war oder nicht. In vielen Fällen lag destlohnvorschriften für Fahrer im Straßengü- keine vorsätzliche Mautprellerei vor, sondern es war ter- und -personenverkehr bis auf Weiteres aus. davon auszugehen, dass die OBU kurzfristig nicht Die luxemburgische Regierung sicherte zu, bis zu einsatzbereit war und somit auf Teilstrecken keine einer Einigung über die Festlegung neuer Entsen- Maut abbuchte. devorschriften für mobiles Personal auf EU-Ebene die Entsendemeldepflichten und die Einhaltung Der BGL hatte in der Vergangenheit stets die hohen der luxemburgischen Mindestlohnvorschriften für Bußgelder bei Mautverstößen in Belgien kritisiert, Fahrer im Straßengüter- und -personenverkehr zumal das Mautsystem offensichtlich störanfällig auszusetzen. war. Nach der Kritik des BGL und anderer euro- päischer Verbände hinsichtlich der technischen Probleme und hohen Geldbußen beim belgischen Belgien Mautsystem wurde zum 01.01.2018 anstelle des Pauschalbetrages von 1 000 Euro pro festgestell- Anwendung von Mindestlohnvorschriften für tem Verstoß eine variable Geldbuße eingeführt, Fahrer bei Kabotagebeförderungen in Belgien die von der Schwere des Verstoßes abhängt. So Bereits seit 01.04.2007 besteht für Fahrer, die wird jetzt nur noch bei einem vorsätzlichen Verstoß, Kabotagebeförderungen in Belgien durchführen, z. B. Manipulation oder Fälschung der Emissions- die Verpflichtung, Entsendemeldungen im Inter- norm in den Fahrzeugpapieren, die Höchststrafe netportal LIMOSA abzugeben. Die belgischen Min- von 1 000 Euro erhoben. Bei leichteren Verstößen destlohnvorschriften mussten dabei bisher nicht werden Bußgelder zwischen 100 und 800 Euro beachtet werden. Seit 01.10.2017 besteht jedoch verlangt. bei der Durchführung von K abotagebeförderungen 104 Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V.
Jahresbericht 2017/2018 Dänemark auf deutscher Seite finanzieren. Die Gesamtkosten für die Fehmarnbelt-Querung sollen bei ca. sieben Baubeginn für Fehmarnbelt-Querung im Jahr Mrd. Euro liegen. 2020 angekündigt Bereits seit vielen Jahren besteht ein Staatsvertrag Dänemark begrenzt Parkdauer auf öffentlichen zwischen Dänemark und Deutschland über den Autobahnrastplätzen auf maximal 25 Stunden Bau einer festen Querung über den 19 Kilometer Das dänische Transportministerium hat zum breiten Fehmarnbelt sowie über den Ausbau der 01.07.2018 für die öffentlichen Autobahnrast- notwendigen Hinterlandanbindungen in Däne- plätze entlang der Autobahnen eine Begrenzung mark und Deutschland. Ursprünglich sollte das der Parkdauer von Lkw auf maximal 25 Stunden Bauwerk bereits im Jahre 2018 eröffnet werden. festgelegt. Nach einer Übergangsfrist sollen ab Nach zahlreichen Verzögerungen, vor allem hin- dem 01.01.2019 Verstöße gegen die Parkdauer- sichtlich des Planungsfeststellungsverfahrens in begrenzung mit hohen Bußgeldern geahndet Deutschland, rechnet die Planungs- und Betrei- werden. Ziel des dänischen Transportministeriums bergesellschaft Femern AS mit einem Baubeginn ist es, durch diese Maßnahmen den vor allem an im Jahre 2020, so dass das Bauwerk voraussicht- den Wochenenden bestehenden „campingähnli- lich im Jahre 2028 für den Verkehr freigegeben chen Verhältnissen“ auf den Autobahnrastplätzen werden könnte. Bei einem Treffen von Bundes- entgegen zuwirken. Einzelne dänische Verbände kanzlerin Angela Merkel und dem dänischen befürchten, dass durch diese Maßnahmen Lkw- Ministerpräsidenten Lars Løkke Rasmussen im Fahrer ihre Wochenendruhezeiten vermehrt in April 2018 wurde nochmals von beiden Seiten der Gewerbe- oder Wohngebieten abseits der Auto- Wille zum Bau der Fehmarnbelt-Querung betont. bahn durchführen werden. Die Bundeskanzlerin sicherte dabei zu, dass die Fehmarnbelt-Querung, die vor allem für Däne- Die EU-Kommission forderte die dänische Regie- mark von großer Bedeutung ist, so zügig wie mög- rung auf, die Beschränkung der Parkdauer auf lich vorangebracht werden soll. maximal 25 Stunden wieder aufzuheben, da eine solche Regelung nicht im Einklang mit EU-Recht Auf Grund der vielen Einwände im Planungsfest- stehe. stellungsverfahren kam es allerdings zu erheb- lichen Verzögerungen auf deutscher Seite. Mit Österreich einem Abschluss des Planungsfeststellungsver- fahrens wird Ende des Jahres 2018 gerechnet. In Grenzkontrollen führen zu Behinderungen des Deutschland waren mehr als 10 000 Einwendun- freien Warenverkehrs gen von Bürgern gegen den Fehmarnbelt-Tunnel Vor dem Hintergrund des Anstiegs der Flüchtlings- sowie dessen Hinterlandanbindungen vorgebracht zahlen über die Balkanroute im Sommer 2015 wur- worden. Nach Abschluss des Planungsfeststel- den an den österreichischen Grenzen zu Ungarn lungsverfahrens wird damit gerechnet, dass die und Kroatien Personenkontrollen eingeführt. Auch Klagen von Gegnern der Fehmarnbelt-Querung an den deutsch-österreichischen Grenzen führt von den Gerichten innerhalb von zwei Jahren die deutsche Polizei seit Sommer 2015 regel- abgeschlossen sein werden, so dass ein Baube- mäßig Personenkontrollen durch. Zwar zielen ginn im Jahr 2020 möglich wäre. die Grenzkontrollen in erster Linie nicht auf den Schwerverkehr ab, sondern auf die Kontrolle von Die Kosten für die Fehmarnbelt-Querung und Personenfahrzeugen und Kleinbussen, dennoch die Hinterlandanbindungen in Dänemark werden berichten betroffene Transportunternehmen von komplett von dänischer Seite getragen. Deutsch- regelmäßigen Wartezeiten an den Grenzen. land muss lediglich die Hinterlandanbindungen Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. 105
Jahresbericht 2017/2018 Weiterhin ist festzustellen, dass sich die Flücht- nen, sondern künftig auch Landstraßen bemautet lingsströme aus Italien in Richtung Mitteleuropa werden sollen. Das elektronische Mautsystem, zunehmend auf die Bahn verlagert haben. So das von der österreichischen Firma Kapsch aufge- führen die italienischen Behörden regelmäßig am baut und betrieben wurde, sollte Ende des Jahres Brenner bei der Ausreise in Richtung Österreich 2018 neu ausgeschrieben werden. Das Ausschrei- Kontrollen durch. Ebenso werden in Bayern ankom- bungsverfahren wurde jedoch zwischenzeitlich mende Güterzüge hinsichtlich illegaler Flüchtlinge nach einem Beschluss der nationalkonservativen kontrolliert. Dies führt im Kombinierten Verkehr zu Regierung Polens, das Mautsystem viaTOLL zu Verzögerungen im Transportablauf. Die teilweise verstaatlichen, gestoppt. Die Mautverwaltung soll mehrstündigen Verspätungen der Züge durch die künftig die Hauptinspektion für den Straßenver- Grenzkontrollen verursachen erhebliche Mehrkos- kehr in Polen übernehmen. Zahlreiche Experten ten bei den betroffenen Wirtschaftsbeteiligten. befürchten erhebliche praktische Schwierigkeiten, sollte das Mautsystem viaTOLL tatsächlich ver- Da die Grenzkontrollen innerhalb des Schengen- staatlicht werden, da bei der Behörde das entspre- Raums bereits seit dem Jahr 2015 andauern, wer- chende Know-how bisher nicht vorhanden sei. den diese von der EU-Kommission äußerst kritisch gesehen. Grundsätzlich bedürfen Grenzkontrollen Fahrermangel in Polen im Schengen-Raum der Zustimmung des EU- Bereits seit einigen Jahren können auf dem euro- Ministerrates. Die Grenzkontrollen wurden in der päischen Verkehrsmarkt polnische Transportun- Vergangenheit alle drei Monate durch dieses Gre- ternehmen die höchsten Marktanteile für sich mium verlängert. Derzeit kontrollieren im eigentlich verzeichnen. Allerdings kämpfen auch polnische offenen Schengen-Raum neben Deutschland und Transportunternehmen, wie Transportunterneh- Österreich auch Frankreich, Dänemark, Schwe- men in ganz Europa, mit dem Problem des Fahrer- den und Norwegen ihre Grenzen, die mit Sicher- mangels. Zwar steigen die Mautanteile polnischer heitsproblemen bezüglich der Flüchtlingsströme Unternehmer auf den mautpflichtigen Strecken in begründet werden. Zuletzt hatte die Bundesrepu- Deutschland seit Jahren kontinuierlich und betru- blik Deutschland im Mai 2018 eine Verlängerung gen im Jahr 2017 über 17 %, dennoch reicht nach der Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Angaben des polnischen Gewerbes die Anzahl der Österreich für weitere sechs Monate angemeldet. zur Verfügung stehenden Fahrer in Polen nicht aus, um den Bedarf zu decken. Der Fahrerberuf zählt in Polen im Vergleich zu anderen Berufsgruppen Polen zwar eher zu den besser bezahlten, dennoch Ausweitung des mautpflichtigen Straßennetzes scheint der Beruf gerade im grenzüberschreiten- Das 2011 in Polen eingeführte mautpflichtige den Verkehr nicht attraktiv zu sein. Bisher konnte Straßennetz des Mautbetreibers viaTOLL umfasst Polen erfolgreich Fahrer vor allem aus der Ukraine inzwischen mehr als 3 600 Straßenkilometer. In und Weißrussland anwerben, um die Lücken teil- den nächsten Jahren soll das Streckennetz wei- weise zu schließen. ter ausgebaut werden, wobei nicht nur Autobah- 106 Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V.
Jahresbericht 2017/2018 Tschechische Republik sind. Lediglich Transitfahrten durch die Tschechi- Neue Entsendevorschriften verunsichern das sche Republik seien von den Entsendevorschrif- Straßentransportgewerbe ten ausgenommen. Ohne vorherige Ankündigung führte die tsche- chische Regierung im vergangenen Jahr Entsen- Vor allem die Verpflichtung der Mitführung einer devorschriften für Fahrer im Straßengüterverkehr Übersetzung des Arbeitsvertrages in tschechi- ein. So wurde im Rahmen von Straßenkontrollen scher Sprache verursachte bei den betroffenen im Herbst 2017, bei denen vor allem westeuropä- Transportunternehmen einen unverhältnismäßig ische Fahrzeuge kontrolliert wurden, erstmals die hohen Verwaltungs- und Kostenaufwand. (To) fehlende Einhaltung der tschechischen Entsende- vorschriften beanstandet. Erst auf Nachfrage des BGL wiesen die tschechischen Behörden darauf hin, dass gemäß einer gesetzlichen Regelung, die bereits am 01.04.2017 in Kraft getreten war, bei der Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen der grenzüberschreitenden Beförderungen Arbeit- geber dazu verpflichtet sind, für den entsandten Arbeitnehmer am Arbeitsort ein Dokument über das arbeitsrechtliche Verhältnis wie z. B. einen Arbeitsvertrag sowie eine Übersetzung des Doku- mentes in tschechischer Sprache bereitzuhalten. Werden die entsprechenden Dokumente über das arbeitsrechtliche Verhältnis bei einer Kont- rolle nicht vorgelegt, können die Ordnungsbe- hörden eine Geldstrafe in der Höhe von bis zu 500 000 tschechischen Kronen (ca. 20 000 Euro) verhängen. Die Veröffentlichung dieser Informa- tion, wonach die tschechischen Entsendevor- schriften auch auf Fahrer im Straßengüterverkehr anzuwenden sind, überraschte die im Tschechi- enverkehr tätigen Transportunternehmen und führte zu einer erheblichen Verunsicherung. Erst auf Nachfrage des BGL wurde von Seiten der tschechischen Behörden mitgeteilt, dass alle bila- teralen Verkehre mit der Tschechischen Republik, aber auch Kabotageverkehre in der Tschechischen Republik von den Entsendevorschriften betroffen Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. 107
Jahresbericht 2017/2018 CARNET TIR Palais des Nations Das „Zollabkommen über den sind, muss in jedem Vertrags- internationalen Warentransport staat des Übereinkommens ein mit TIR-Heften“ – üblicherweise Verband die Rolle des Zollbür- als TIR-Übereinkommen bezeich- gen übernehmen. In Deutschland net – bildet die Grundlage für die hat der BGL diese Aufgabe inne. vereinfachte Zollabwicklung von Er hat damit auch das Recht zur Zollgrenzen überschreitenden Ausgabe von Carnets TIR an Beförderungen auf der Straße. deutsche Transportunternehmen. Damit TIR-Transporte möglich 108 Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V.
Jahresbericht 2017/2018 Rechtliche Rahmenbedingungen für der elektronischen Authentifizierung des Carnet- Änderungen des TIR-Übereinkommens Inhabers stellt dabei eine Herausforderung dar. Auch für internationale Übereinkommen gibt es Heute legitimiert sich der Carnet-Inhaber durch regelmäßig Verbesserungs- bzw. Modernisie- seine Unterschrift auf dem Carnet TIR. Für elektro- rungsbedarf. Den rechtlichen und organisatori- nische Signaturen gibt es jedoch noch keine inter- schen Rahmen für derartige Änderungen bieten national gültigen Lösungen. Die Anforderungen die Vereinten Nationen, deren Generalsekretär sind national unterschiedlich, manche TIR-Ver- als Depositar des TIR-Übereinkommens auftritt. tragsstaaten stellen e-Signaturen nur an eigene Änderungen des Übereinkommens werden von Staatsbürger aus. Ausländische Transportunter- Vertretern der Vertragsparteien in diversen UN- nehmer könnten dort schlicht keine e-TIR-Verfah- Gremien diskutiert und beschlossen. Der BGL übt ren eröffnen, falls keine anderweitige Lösung zur als deutscher Zollbürge sein Recht zur Teilnahme Authentifizierung gefunden wird. an entsprechenden Sitzungen aus, hat allerdings selbst kein Stimmrecht. Technische Probleme von e-TIR Digitalisierung des TIR-Verfahrens: „e-TIR“ Mindestens ebenso schwer wiegt die Notwendig- Aktuell arbeiten die zuständigen UN-Gremien keit, alle nötigen elektronischen Nachrichten im an der Übersetzung des bislang papiergebun- Rahmen eines TIR-Transports nicht nur exakt zu denen TIR-Verfahrens in ein vollständig digitales definieren, sondern in den völlig unterschiedlichen Umfeld. Dabei sind sich alle Seiten grundsätzlich IT-Systemen der nationalen Zollbehörden umzu- einig darüber, dass dieses Ziel schnellstmöglich setzen. Zudem gilt es, die nötigen elektronischen erreicht werden muss. Wenn das elektronische Kommunikationsmöglichkeiten für alle Beteilig- TIR-Verfahren (e-TIR) Wirklichkeit wird, soll es ten zu schaffen, also neben den Zollbehörden dem Transportunternehmer möglich sein, seine vor allem für Transportunternehmer, bürgende „e-Garantie“ (das digitale Pendant des heutigen Verbände und die International Road Union (IRU) Carnet TIR) nach Bestellung bei seinem Verband als internationale Organisation im TIR-Verfahren. sofort elektronisch freigeschaltet zu bekommen – Schließlich stellt sich die Frage, wie, wo und durch ohne Verzögerungen durch den Postweg und an wen ein TIR-Transport künftig dokumentiert wer- jeden gewünschten Ort. Er nimmt dann die Über- den soll, wenn kein Papierdokument zur Archivie- mittlung der Transportdaten an die betroffenen rung mehr existiert. Zollbehörden auf elektronischem Weg vor. Auch die Kommunikation zwischen den nationalen Zoll- Klar ist bereits jetzt, dass der Weg über die Ein- behörden, den Vereinten Nationen und den Zoll- richtung einer zentralen, bei der Europäischen bürgen wird im e-TIR ausschließlich elektronisch Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen stattfinden. Das System wird deutlich schneller (UNECE) in Genf angesiedelten Datenbank führen und flexibler. wird. Über diese Datenbank werden alle Kom- munikationen an die Beteiligten vermittelt, in ihr Rechtliche Probleme von e-TIR laufen entsprechend auch alle Informationen zu Allerdings muss eine Lösung gefunden werden, einem e-TIR-Transport zusammen. Auf diese Art die mit den unterschiedlichen nationalen Gesetz- und Weise wird vermieden, dass jede nationale gebungen von gegenwärtig 71 TIR-Vertragsstaaten Zollbehörde Schnittstellen zu den Behörden kompatibel ist. Insbesondere die Notwendigkeit aller anderen Vertragsstaaten aufbauen muss. Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. 109
Jahresbericht 2017/2018 Stattdessen kommuniziert jede Zollbehörde aus- den Staaten ermöglicht werden, zu einem Zeit- schließlich mit der UNECE-Datenbank. punkt eigener Wahl in das elektronische Verfah- ren zu wechseln. Dazu sollen die Vorschriften des Auch die Transportunternehmer können die Daten e-TIR-Verfahrens in einem zusätzlichen Anhang ihres Transports mittels verschiedener Instrumente 11 zum TIR-Übereinkommen niedergelegt werden. in die in die UNECE-Datenbank übermitteln. Staaten, die bei Inkrafttreten dieses Anhangs noch Schwierig wird es allerdings, wenn die Zollbehör- nicht für das e-TIR-Verfahren bereit sind, müssen den der vom Transport berührten Länder natio- dies dem Generalsekretär der Vereinten Nationen nale Daten-Sonderwünsche für die elektronische rechtzeitig schriftlich anzeigen. Sie können eTIR Anmeldung haben. Solche Informationen können dann zu einem späteren Zeitpunkt annehmen und nicht über die UNECE-Datenbank gemeldet wer- umsetzen. Die Durchführung eines e-TIR-Trans- den. Hier könnte das IRU-Webportal TIR-EPD hel- ports ist nur möglich, wenn alle vom Transport fen, das im selben Arbeitsgang die Erfassung und berührten Staaten bereits e-TIR praktizieren. Ist Übermittlung des TIR-Basisdatensatzes an die dies nicht der Fall, muss weiterhin ein Papier-Car- UNECE und die Übermittlung von Sondererforder- net TIR benutzt werden. Die EU, deren Zollbehör- nissen an nationale Behörden ermöglicht. Die nati- den bekanntlich aktuell mit den selbstgestellten onalen TIR-Verbände arbeiten daher zusammen digitalen Anforderungen des Unionszollkodex mit der IRU daran, dass TIR-EPD mit Einführung ringen, dürfte nicht zur vordersten Front der e-TIR- des eTIR-Verfahrens in allen Vertragsstaaten zuge- Staaten zählen, hat aber mittlerweile zumindest lassen bzw. sogar Teil des e-TIR-Systems wird. Interesse an Pilotverfahren bekundet. Finanzierung von e-TIR Geografische Ausbreitung Für den Aufbau der TIR-Datenbank bei der UNECE Die Arbeiten an der Digitalisierung des TIR-Verfah- und die Durchführung von Pilotprojekten stellte die rens haben das Übereinkommen wieder interes- IRU im Herbst 2017 im Rahmen eines „Memoran- sant gemacht für neue Vertragsstaaten. China und dum of Understanding“ mit der UNECE einen Mil- die Vereinigten Arabischen Emirate können seit lionenbetrag zur Verfügung. Mittelfristig wird sich kurzem unter TIR angefahren werden. Für Pakistan das Verfahren jedoch selbst tragen müssen. Das steht der erste TIR-Transport in Kürze bevor. Indien könnte bedeuten, dass z. B. die Kosten für Wartung und Palästina sind bereits Vertragsstaaten, arbei- und Unterhalt der UNECE-Datenbank den End- ten jedoch noch an der praktischen Umsetzung. kunden – also den Carnet-Inhabern – angelastet In letzter Vergangenheit haben Katar und Saudi- werden müssen. Zugleich würde der Verzicht auf Arabien das TIR-Übereinkommen gezeichnet, das das Papier allerdings auch Einsparpotenzial mit mit Inkrafttreten ihres Beitritts dann 74 Vertrags- sich bringen. Aktuell ist noch keine abschließende staaten umfassen wird. Weiteres Interesse kommt Lösung für die Finanzierung in Sicht. aus Afrika, Südamerika und weiteren asiatischen Ländern. Auch wenn die neuen TIR-Staaten sich in Verfahren bei der Implementierung der Regel eher nicht für TIR-Beförderungen durch von e-TIR deutsche Transportunternehmer anbieten, trägt 72 oder mehr TIR-Vertragsstaaten werden auf kei- die räumliche Expansion des TIR-Verfahrens zu nen Fall eine gleichzeitige Einführung („Big bang“) dessen Stabilisierung bei und ist damit auch für von e-TIR gewährleisten können. Vielmehr soll es das deutsche Transportgewerbe von Nutzen. (Ni) 110 Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V.
Jahresbericht 2017/2018 A1 -BESCHEINIGUNG – AKTUELLE ENTWICKLUNG Bereits im letzten Berichtszeitraum wurde darüber Das BMAS teilte dem BGL mit, dass kurzfristig eine berichtet, dass infolge langer Bearbeitungszeiten EU-weit koordinierte behördliche Umsetzung der auf Seiten der Behörden viele Mitgliedsunterneh- Systeme der sozialen Sicherheit nicht durchsetz- men nicht in der Lage sind, die vom EU-Recht bar sei. geforderten A1 -Bescheinigungen zum Nachweis der sozialen Absicherung der Fahrer im Ausland Ganz im Gegenteil sei die Kommission bei der vorzulegen. Frage der kurzfristigen Aufenthalte der Fah- rer im EU-Ausland in einer rechtlichen Prüfung Der BGL hat sich inzwischen ein weiteres Mal an zum Ergebnis gekommen, dass die Pflicht, vor die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversi- Grenzübertritt – auch bei kurzfristigen Entsen cherung – Ausland (DVKA) sowie an das BMAS dungen – A1 -Bescheinigungen zu beantragen, gewandt und um eine Abhilfe der für die Trans- mit EU-Recht vereinbar sei. portlogistikunternehmen nicht einfachen Situa- tion ersucht. Der BGL wies in den Schreiben unter Das BMAS konnte dem BGL gegenüber lediglich anderem auf die Notwendigkeit einer EU-weiten zusagen, dass in Verbindung mit der DVKA wei- Koordinierung der Systeme der sozialen Sicher- ter an der Entwicklung praktikabler Lösungen heit und deren behördlicher Umsetzung hin. Aus gearbeitet werde. Der BGL wird die Möglichkeit Sicht des BGL ist nur so eine effektive verwal- weiterer verbandspolitischer Maßnahmen für die tungsseitige Umsetzung der EU-Bestimmungen Zukunft eruieren müssen. (Dn) zur A1 -Bescheinigung möglich. Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e. V. 111
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